Inhalt

BayObLG, Beschluss v. 18.09.2024 – 102 VA 83/24
Titel:

Ausbildung eines Berufsbetreuers an der Fachschule für Bekleidungstechnik genügt nicht der Einordung in Vergütungstabelle C

Normenketten:
VBVG § 7 Abs. 1, § 8 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, Nr. 3, Abs. 3
EGGVG Art. 23 Abs. 1, Abs. 2
Leitsätze:
1. Die Entscheidung, welche Vergütungstabelle für einen berufsmäßig tätigen Betreuer gilt, ergeht als Justizverwaltungsakt iSd § 23 Abs. 1 EGGVG. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Einordnung des beruflichen Betreuers in die einschlägige Vergütungstabelle erfolgt nach geltendem Recht ausschließlich anhand des formal erworbenen Abschlusses und nicht mehr auch anhand der Sachkunde. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
3. Einer Hochschulausbildung vergleichbar ist eine Ausbildung, die in ihrer Wertigkeit einer Hochschulausbildung entspricht und einen formalen Abschluss aufweist. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Ausbildung an der Fachschule für Bekleidungstechnik ist nicht vergleichbar mit einem Bachelor-Studiengang. Das bloße Verleihen der Hochschulzugangsberechtigung ist gerade nicht mit einem abgeschlossenen Studium vergleichbar. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
5. Der Einstufung im Rahmen des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) kommt keine rechtliche Verbindlichkeit zu. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
6. Grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 8 Abs. 2 VBVG werden nicht gesehen. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Antrag auf gerichtliche Entscheidung, Berufsbetreuer, Vergütungsstufe, Fallpauschale, Vergütungstabelle, Hochschulausbildung, DQR
Fundstellen:
BtPrax 2025, 33
JurBüro 2024, 541
RPfleger 2025, 29
BeckRS 2024, 24306
LSK 2024, 24306

Tenor

1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 27. Mai 2024 wird zurückgewiesen.
2. Der Geschäftswert wird auf 7.500,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller, ein Berufsbetreuer, wendet sich mit einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen seine Einstufung in die Vergütungsstufe B der Anlage zu § 8 Abs. 1 des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz – VBVG).
2
Mit Bescheid vom 21. Dezember 2023 wurde der Antragsteller mit Wirkung ab 1. Januar 2024 als beruflicher Betreuer registriert. Mit Schreiben vom 26. Dezember 2023 beantragte er die Festsetzung der Vergütungsstufe C nach § 8 Abs. 2 Nr. 3 VBVG. Zum Nachweis „des abgeschlossenen Studiums“ fügte der Antragsteller eine Urkunde der Regierung … vom 27. Juli 1994 bei, wonach er berechtigt sei, die Berufsbezeichnung „Staatlich geprüfter Bekleidungstechniker“ zu führen. Im weiteren Verfahren übersandte er ein von der Staatlichen Fachschule für Bekleidungstechnik … ausgestelltes Abschlusszeugnis über das Bestehen der staatlichen Abschlussprüfung und die Berechtigung, die Berufsbezeichnung „Staatlich geprüfter Bekleidungstechniker“ zu führen. Des Weiteren werde „die Fachschulreife“ verliehen. Der Antragsteller ist der Ansicht, seine zweijährige Vollzeitausbildung zum staatlich geprüften Techniker sei einem Hochschulabschluss nach § 8 Abs. 2 Nr. 3 VBVG gleichwertig.
3
Zulassungsvoraussetzung seien eine dreijährige Berufsausbildung und mindestens zwei Jahre fachliche Berufserfahrung gewesen, die er erfüllt habe. Pflichtfächer seien unter anderem Mathematik, Physik, Wirtschafts- und Sozialkunde, Deutsch, Englisch, Datenverarbeitung, Betriebliches Rechnungswesen und Betriebsorganisation gewesen. Der staatlich geprüfte Techniker werde wie der Bachelor auf der Stufe 6 des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) eingeordnet. Außerdem könne es für die Vergleichbarkeit einer beruflichen Ausbildung mit einer Hochschulausbildung sprechen, wenn die Qualifikation Zugang zu beruflichen Tätigkeiten ermögliche, deren Ausübung üblicherweise Hochschulabsolventen vorbehalten sei. Diese Voraussetzung erfülle er ebenfalls. Er sei vom 1. Februar 2014 bis 31. August 2020 Mitglied der Geschäftsleitung und damit des obersten Leitungskreises der … GmbH gewesen und habe direkt an den Geschäftsführer berichtet. Diese Position sei üblicherweise Hochschulabsolventen vorbehalten. Die weiteren Mitglieder der Geschäftsleitung seien ausschließlich Hochschulabsolventen gewesen. Zum Nachweis fügte der Antragsteller ein Arbeitszeugnis und eine Lohnsteuerbescheinigung bei, ausweislich deren der Antragsteller im Jahr 2018 von der … GmbH einen Bruttolohn von knapp 231.000,00 € bezogen hatte. Ferner verwies er auf seine über zehn Jahre ehrenamtliche Mitwirkung im Prüfungswesen der Beruflichen Bildung bei der IHK … und seine fünfjährige Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter beim Arbeitsgericht ….
4
Die Direktorin des Amtsgerichts … stufte den Antragsteller mit „Beschluss zur Festsetzung der Vergütung“ vom 29. April 2024 in die Vergütungstabelle B gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 VBVG ein. Zur Begründung schloss sich das Amtsgericht den Ausführungen der Bezirksrevisorin an. Auf die Einordnung in Stufe 6 des DQR komme es nach der Rechtsprechung nicht an. Maßgebliche Bedeutung für die Frage, ob die Ausbildung zum staatlich geprüften Techniker einem Hochschulstudium vergleichbar sei, habe vor allem der zeitliche Umfang. Bacherlorstudiengänge umfassten meist eine Regelstudiendauer von sechs Fachsemestern bzw. 5.400 Stunden. Die zweijährige Ausbildung an der Fachschule entspreche damit schon zeitlich keinem Studium. Selbst wenn mit der Fachschulreife in Bayern seit einigen Jahren unter Umständen der Besuch einer Hochschule ermöglicht werde, reiche die Fachschulreife aber allenfalls an eine Hoch- oder Fachhochschulreife heran. Die Ausbildung eröffne nicht den Zugang zu beruflichen Tätigkeiten, deren Ausübung üblicherweise Hochschulabsolventen vorbehalten sei. Eine Qualifikation, die auf Berufserfahrung oder Fortbildungsmaßnahmen zurückzuführen sei, wirke sich nach der gesetzlichen Regelung nicht vergütungserhöhend aus. Eine Gesamtbetrachtung mehrerer Ausbildungs- und Fortbildungsmaßnahmen scheide aus. Es werde nicht bestritten, dass der Antragsteller eine offensichtlich herausgehobene Stellung mit überdurchschnittlichem Gehalt gehabt habe. Aber die Ausbildung zum Bekleidungstechniker eröffne diese oder eine vergleichbare berufliche Stellung gerade nicht regelmäßig oder üblicherweise. Vielmehr ergebe sich aus dem Internet ein durchschnittliches Gehalt von höchstens 59.550,00 € pro Jahr. Die ausgeübte Position dürfte daher auf seine persönlichen Fähigkeiten oder individuelle Merkmale, aber nicht auf seine Ausbildung zurückzuführen sein.
5
Der „Beschluss“ vom 29. April 2024 wurde dem Antragsteller am 7. Mai 2024 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 27. Mai 2024, beim Bayerischen Obersten Landesgericht eingegangen am 28. Mai 2024, hat der Antragsteller Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 EGGVG gestellt. Er begehrt die Festsetzung der Vergütung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 VBVG nach der Vergütungstabelle C, rückwirkend zum 26. Dezember 2023. Zur Begründung wiederholt und vertieft der Antragsteller seinen bisherigen Vortrag. Der staatlich geprüfte Techniker sei in der Wertigkeit mit einem Bachelor-Abschluss vergleichbar, wie sich auch aus der Einordnung in Stufe 6 des DQR ergebe. Im Übrigen werde die oberste Führungsebene der … GmbH bevorzugt mit Personen besetzt, die einen Hochschul- oder einen gleichwertigen höheren Bildungsabschluss hätten. Seine Position habe der Antragsteller daher nur aufgrund der Gleichwertigkeit seiner Ausbildung zum staatlich geprüften Techniker erhalten. Ansonsten wäre er noch nicht einmal zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden. Maßgeblich für die Beurteilung der Vergleichbarkeit seien die in den Jahren 1992/1993 und 1994 geltenden, nicht die aktuellen Zulassungsvoraussetzungen. Damals seien eine dreijährige fachliche Berufsausbildung und mindestens zwei Jahre fachliche Berufserfahrung (Gesellenzeit) gefordert worden. Das anschließende zweijährige Vollzeitstudium gehe nach Inhalt und Umfang über das normale, für die Einstufung in die Vergütungstabelle B ausreichende, Grundwissen hinaus und befähige den Antragsteller, die Aufgabe als Berufsbetreuer besser und effektiver zu erfüllen. Zudem sei das Gebot der Gleichbehandlung zu wahren; viele Kollegen seien auch ohne Hochschulstudium in die Vergütungstabelle C eingestuft. Im Übrigen werde von Politikern in Presserklärungen betont, dass die berufliche und die akademische Bildung gleichwertig seien.
6
Der Antragsgegner beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Maßgeblich für die Einstufung sei nur der formal erworbene Abschluss, nicht die konkret erworbene Sachkunde. Die Einordnung in den DQR sei rechtlich unverbindlich und lasse auch keine Rückschlüsse zu, ob eine nach Art und Umfang vergleichbare Wissensvermittlung stattgefunden habe. Aus der sehr erfolgreichen Laufbahn des Antragstellers lasse sich ebenfalls nicht auf die Gleichwertigkeit des Abschlusses schließen. Der Antragsteller verfüge offensichtlich neben gewissem Können auch über sonstige Sozial-, Leitungs- und Organisationsfähigkeiten, die ihm das berufliche Fortkommen gesichert hätten. Ausweislich des Internetauftritts der staatlichen Fachschule für Bekleidungstechnik sei Zulassungsvoraussetzung außer einer abgeschlossenen Ausbildung im Bekleidungsbereich nur eine Berufszeit von mindestens einem Jahr. Das Studium betrage dann nur zwei Jahre Vollzeitunterricht. Der Antragsteller habe auch nur die Fachschulreife erlangt. Dies sei eine Ausbildung, die allenfalls den Zugang zu einer Hochschule ermögliche, aber nicht mit einer Hochschulausbildung ende und mit einer solchen vergleichbar sei.
II.
7
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig, aber unbegründet. Die erfolgte Festsetzung verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten, da die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in die Vergütungstabelle C nicht erfüllt sind.
8
1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig.
9
a) Der Antrag ist nach § 23 Abs. 1 und 2 EGGVG als Verpflichtungsantrag in Form des Versagungsgegenantrags statthaft.
10
Die Vergütung der berufsmäßig tätigen Betreuer erfolgt grundsätzlich nach monatlichen Fallpauschalen, die in den Vergütungstabellen A bis C der Anlage zu § 8 Abs. 1 VBVG festgelegt sind, § 7 Abs. 1, § 8 Abs. 1 und 2 VBVG. Mit der seit 1. Januar 2023 in Kraft getretenen Regelung in § 8 Abs. 3 VBVG besteht für einen registrierten Berufsbetreuer, wie vorliegend den Antragsteller, die Möglichkeit, eine einmalige und rechtssichere Feststellung der für ihn einschlägigen Vergütungstabelle mit bundesweit bindender Wirkung zu erlangen (ausführlich BayObLG, Beschluss vom 6. Juni 2024, 101 VA 36/24, juris Rn. 16). Die anzuwendende Vergütungstabelle soll nur noch einmal zu Beginn der Betreuertätigkeit im Anschluss an das Registrierungsverfahren festgestellt werden. Dies soll zum einen die Gerichte entlasten, die anders als bislang nicht mehr in jedem einzelnen Verfahren zu prüfen haben, welche Vergütungstabelle jeweils anwendbar ist. Zum anderen soll dies aber auch den beruflichen Betreuern Planungs- und Rechtssicherheit geben, damit diese sich für ihre gesamte Betreuertätigkeit auf eine sichere finanzielle Grundlage verlassen können (BT-Drs. 19/24445 S. 395). Gemäß § 8 Abs. 3 VBVG stellt das für den Sitz oder Wohnsitz des Betreuers zuständige Amtsgericht auf Antrag fest, welche Vergütungstabelle Anwendung findet. Die Entscheidung ergeht als Justizverwaltungsakt i. S. d. § 23 Abs. 1 EGGVG (BayObLG, Beschluss vom 6. Juni 2024, 101 VA 36/24, juris Rn. 16; BT-Drs. 19/24445 S. 394 f.). Etwaige Unklarheiten über die Einstufung eines Betreuers können auf diese Weise einmalig im Rechtsweg nach §§ 23 ff. EGGVG geklärt werden (Luther in Jürgens, Betreuungsrecht, 7. Aufl. 2023, VBVG § 8 Rn. 15; BT-Drs. 19/24445 S. 395; BayObLG, Beschluss vom 6. Juni 2024, 101 VA 36/24, juris Rn. 16).
11
Der von der Direktorin des Amtsgerichts … erlassene „Beschluss zur Festsetzung der Vergütung“ vom 29. April 2024 ist trotz dieser Bezeichnung als Justizverwaltungsakt anzusehen. Zum einen wurde er unter einem „AR“-Aktenzeichen von der Direktorin des Amtsgerichts erlassen. Zum anderen wird die Entscheidung in der Rechtsbehelfsbelehrungausdrücklich als „Bescheid“ bezeichnet und als zulässiger Rechtsbehelf der, nur gegen Justizverwaltungsakte mögliche, Antrag auf gerichtliche Entscheidung zum Bayerischen Obersten Landesgericht angeführt. Mithin ist der gestellte Antrag auf gerichtliche Entscheidung statthaft.
12
b) Der Antrag ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgemäß (§§ 24, 26 Abs. 1 EGGVG) beim Bayerischen Obersten Landesgericht eingereicht worden. Der Antragsteller hat die Entscheidung des Amtsgerichts … vorgelegt und erläutert, aus welchen sachlichen Gründen er eine Einstufung in die Vergütungstabelle C anstelle der festgestellten niedrigeren Vergütungstabelle B für geboten erachtet. Er hat damit eine unmittelbare Verletzung eigener Rechte dargetan, § 24 EGGVG. Ob die Voraussetzungen für eine höhere Eingruppierung tatsächlich vorliegen, ist eine Frage der Begründetheit. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist gemäß § 25 Abs. 1 und 2 EGGVG i. V. m. Art. 12 Nr. 3 AGGVG zuständig.
13
2. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Vorbringen des Antragstellers ist nicht geeignet, eine Zuordnung zur Vergütungstabelle C zu rechtfertigen und somit eine Rechtsverletzung des Antragstellers zu begründen. Die Entscheidung des Amtsgerichts … vom 29. April 2024 ist weder aufzuheben noch ist das Amtsgericht zu einer Höherstufung des Antragstellers anzuhalten, § 28 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 EGGVG.
14
a) Gemäß § 8 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 VBVG richtet sich die Vergütung des beruflichen Betreuers nach der Vergütungstabelle B, wenn der Betreuer eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung absolviert hat, und nach der Vergütungstabelle C, wenn der Betreuer über eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung verfügt. Die Einordnung erfolgt ausschließlich anhand des formal erworbenen Abschlusses (BayObLG, Beschluss vom 6. Juni 2024, 101 VA 36/24, juris Rn. 20; Beschluss vom 6. Oktober 2023, 101 VA 153/23, FamRZ 2024, 301 [juris Rn. 26]; Felix in Toussaint, Kostenrecht, 54. Aufl. 2024, VBVG § 8 Rn. 2 und 7; BT-Drs. 19/24445 S. 393). Die Einstufung der Ausbildung in die Vergütungstabellen wird damit nicht mehr durch den Erwerb von für die Betreuung nutzbaren Fachkenntnissen (vgl. § 4 VBVG a. F.) bestimmt. Die Sachkunde hat nach geltendem Recht zwar Einfluss auf die Registrierung und damit auf die Eigenschaft als Berufsbetreuer, aber nicht mehr auf die Einordnung in die Vergütungstabellen A, B oder C (Felix in Toussaint, Kostenrecht a. a. O.).
15
Weil bei der Einführung der entsprechenden Fallpauschalen durch Artikel 10 des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 4. Mai 2021 (BGBl. I S. 925) aber die bereits nach altem Recht maßgeblichen beruflichen und akademischen Qualifikationen übernommen worden sind, kann diesbezüglich auf die von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien zur Bewertung der Vergleichbarkeit zurückgegriffen werden (Felix in Toussaint, Kostenrecht, VBVG § 8 Rn. 1), auch soweit Entscheidungen zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG in der vom 1. Juli 2005 bis 26. Juli 2019 bzw. zu § 4 Abs. 3 Nr. 2 VBVG in der vom 27. Juli 2019 bis zum 31. Dezember 2022 geltenden Fassung ergangen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 4. November 2020, XII ZB 230/20, FamRZ 2021, 306 Rn. 10; BayObLG, Beschluss vom 6. Juni 2024, 101 VA 36/24, juris Rn. 21).
16
b) Eine Hochschulausbildung liegt dann vor, wenn ein staatlich reglementiertes oder zumindest anerkanntes Studium an einer Universität oder Fachhochschule mit einem formalen Abschluss beendet worden ist (BGH, Beschluss vom 15. November 2023, XII ZB 575/21, juris Rn. 9). Einer Hochschulausbildung vergleichbar ist nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung eine Ausbildung, die in ihrer Wertigkeit einer Hochschulausbildung entspricht und einen formalen Abschluss aufweist. Als gleichwertig ist eine Ausbildung mithin anzuerkennen, wenn sie staatlich reglementiert oder zumindest staatlich anerkannt ist und der durch sie vermittelte Wissensstand nach Art und Umfang dem eines Hochschulstudiums entspricht. Als Kriterien können insbesondere der mit der Ausbildung verbundene Zeitaufwand, der Umfang und Inhalt des Lehrstoffs und die Zulassungsvoraussetzungen herangezogen werden. Für die Annahme der Vergleichbarkeit einer Ausbildung mit einer Hochschulausbildung kann auch sprechen, wenn die durch die Abschlussprüfung erworbene Qualifikation Zugang zu beruflichen Tätigkeiten ermöglicht, deren Ausübung üblicherweise Hochschulabsolventen vorbehalten ist (BGH, Beschluss vom 9. Februar 2022, XII ZB 378/21, NJW-RR 2022, 866 Rn. 15; FamRZ 2021, 306 Rn. 10; Beschluss vom 12. April 2017, XII ZB 86/16, NJW-RR 2017, 900 Rn. 9 jeweils m. w. N.; BayObLG, Beschl. v. 6. Juni 2024, 101 VA 36/24, juris Rn. 22; FamRZ 2024, 301 [juris Rn. 28]). Dabei kann die Vergleichbarkeit der Ausbildung bereits an dem einem Hochschulstudium nicht ansatzweise vergleichbaren zeitlichen Umfang scheitern (BGH FamRZ 2021, 306 Rn. 13 [dort: 640 bis 860 Stunden]). Bei der Prüfung der Vergleichbarkeit ist ein strenger Maßstab anzulegen (BGH, Beschluss vom 31. Mai 2017, XII ZB 590/16, NJW-RR 2017, 965 Rn. 10; NJW-RR 2017, 900 Rn. 9; Beschluss vom 14. Oktober 2015, XII ZB 186/15, NJW-RR 2016, 8 Rn. 6).
17
c) Nach diesen Grundsätzen fehlt es vorliegend an den Voraussetzungen für eine Anwendung der Vergütungstabelle C.
18
aa) Entsprechend dem eigenen Vortrag des Antragstellers umfasste die Ausbildung an der Fachschule für Bekleidungstechnik … lediglich einen Zeitraum von zwei Jahren (was 120 Punkten nach dem European Credit Transfer System [ECTS] entspreche). Ein Bachelor-Studiengang an einer Hochschule erstreckt sich hingegen in der Regel auf mindestens 180 ECTS-Punkte bei sechs Studiensemestern (BGH, Beschluss vom 9. Februar 2022, XII ZB 378/21, NJW-RR 2022, 866 Rn. 19; NJW-RR 2017, 965 Rn. 10). Der deutlich geringere zeitliche Umfang spricht vorliegend bereits gegen die Gleichwertigkeit der Ausbildung. Eine deutlich kürzere Dauer der Ausbildung bedingt in aller Regel auch inhaltlich einen geringeren Umfang bzw. eine geringere Tiefe des vermittelten Wissens. Zwar kann auch bei einer Ausbildung von nur vier Semestern die Vergleichbarkeit zu bejahen sein, wenn die Ausbildung zusätzlich noch andere Kriterien erfüllt, die für die Vergleichbarkeit mit einem Hochschulstudium kennzeichnend sind (BGH NJW-RR 2022, 866 Rn. 19; NJW-RR 2017, 900 Rn. 15). So hat die Rechtsprechung es im Rahmen des § 4 VBGV a. F. genügen lassen, dass die Ausbildung nur vier Semester dauerte, aber ausschließlich betreuungsrechtlich relevante Inhalte vermittelt wurden, die Ausbildungsinhalte und Prüfungsaufgaben von einer Hochschule verantwortet und ein „Hochschulzertifikat“ verliehen wurde (BGH NJW-RR 2022, 866 Rn. 20 i. V. m. Rn. 7 und Rn. 9). In einem anderen Fall wurde es als ausreichender Ausgleich für den geringeren zeitlichen Umfang von nur vier Semestern angesehen, dass die Ausbildung von einer technischen Hochschule durchgeführt, der Studienplan von dieser erstellt, ausschließlich für die Betreuung nutzbare Kenntnisse vermittelt und eine Abschlussarbeit gefordert wurde, die sich auf dem wissenschaftlichen Niveau einer Masterarbeit bewegte (BGH NJW-RR 2017, 900 Rn. 12 ff.). Derartige Umstände, die trotz des geringeren zeitlichen Umfangs eine Vergleichbarkeit rechtfertigen könnten, sind vorliegend aber nicht ersichtlich. Anders als im Rahmen des § 4 VBVG a. F. kommt es für die Einstufung in die Vergütungstabellen nicht mehr auf den Erwerb von betreuungsrechtlich relevanten Kenntnissen an. Dementsprechend hat dieses Kriterium im Rahmen des § 8 Abs. 2 Nr. 3 VBVG für die Gleichwertigkeit der Ausbildung keine Bedeutung mehr. Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, dass bei der Ausbildung zum staatlich geprüften Bekleidungstechniker schwerpunktmäßig betreuungsrechtlich relevante Kenntnisse vermittelt würden. Sonstige Aspekte, die die Vergleichbarkeit rechtfertigen könnten, sind vorliegend nicht ersichtlich. Insbesondere ist dem Vortrag des Antragstellers oder sonstigen Unterlagen nicht zu entnehmen, dass die Ausbildung zum staatlich geprüften Bekleidungstechniker an der Fachschule … in enger Kooperation mit einer Hochschule erfolgen würde, dass Lehrinhalte, Studienpläne oder Prüfungen von einer Hochschule bestimmt oder wissenschaftlich geprägt oder eine Abschlussarbeit auf dem wissenschaftlichen Niveau einer Masterarbeit gefordert worden wäre. Ausweislich des vorgelegten Abschlusszeugnisses wurde auch nur die „Fachschulreife“ verliehen. Ob diese den Zugang zu einem Studium an einer Hochschule eröffnete, kann dahingestellt bleiben. Das bloße Verleihen der Hochschulzugangsberechtigung ist gerade nicht mit einem abgeschlossenen Studium vergleichbar (BayObLG FamRZ 2024, 301 [juris Rn. 40]). Letztlich sind keine Anhaltspunkte erkennbar, die den deutlich geringeren zeitlichen Umfang der Ausbildung im Hinblick auf Art, Reichweite und Tiefe der vermittelten Kenntnisse ausgleichen könnten.
19
Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang der Verweis des Antragstellers auf die Fächer, die zum Lehrinhalt gehörten. Dass es sich dabei um Ausbildungsinhalte handelte, die per se eine Vergleichbarkeit der Ausbildung mit einem Hochschulstudium bedingten, ist nicht ersichtlich.
20
bb) Auf den zeitlichen Umfang der für die Zulassung zur Fachschule notwendigen vorherigen Ausbildungen des Antragstellers kommt es nicht an. Dabei kann zugunsten des Antragstellers davon ausgegangen werden, dass die von ihm absolvierte dreijährige Ausbildung zum Bekleidungsschneider und die anschließende zweijährige Gesellenzeit jedenfalls in den Jahren 1992/1993 und 1994 Zugangsvoraussetzungen waren. Auch dies rechtfertigt nicht die Anwendung der Vergütungstabelle C. Mit dem nach Art der Ausbildung gestaffelten Stundensatz wollte der Gesetzgeber den Gerichten eine leicht zu handhabende Regelung zur Verfügung stellen und auf diese Weise eine einheitliche Vergütungspraxis sichern. Wortlaut und Zweck der Vorschrift stehen deshalb einer Gesamtbetrachtung dahingehend entgegen, dass mehrere Ausbildungen und Fortbildungsmaßnahmen insgesamt einer Hochschulausbildung vergleichbar sind (vgl. BGH NJW-RR 2016, 8 Rn. 7 m. w. N.; BayObLG, Beschl. 6. Juni 2024, 101 VA 36/24, juris Rn. 27 f.; Beschluss vom 23. Januar 2024, 102 VA 160/23, juris Rn. 24; FamRZ 2024, 301 [juris Rn. 43 ff.]).
21
cc) Entgegen der Ansicht des Antragstellers kommt es nicht darauf an, ob der Abschluss als staatlich geprüfter (Bekleidungs-)Techniker in die sechste Niveaustufe des DQR eingeordnet wird und insoweit einem Bachelor-Abschluss gleichgestellt ist. Der Einstufung im Rahmen des DQR kommt keine rechtliche Verbindlichkeit zu; sie vermag daher die vom Gesetzgeber vorgegebene eigenständige Prüfung im Verfahren nach § 8 Abs. 3 VBVG nicht zu ersetzen. Im Übrigen sind die für die Einstufung des nationalen Abschlusses in eine bestimmte Niveaustufe tragenden Erwägungen im DQR nicht im Einzelnen offengelegt. Der DQR beschränkt sich insoweit auf den Hinweis, dass die Zuordnung nach dem Konsensprinzip im Arbeitskreis DQR erfolge (BGH NJW-RR 2016, 8 Rn. 10). Aus der Einordnung in die sechste Niveaustufe lassen sich daher keine besonderen Erkenntnisse für die im Rahmen des § 8 VBVG (bzw. § 4 VBVG a. F.) zu beurteilende Frage gewinnen, ob in der zum Abschluss führenden Ausbildung eine der Hochschulausbildung nach Art und Umfang entsprechende Wissensvermittlung stattgefunden hat (BGH NJW-RR 2016, 8 Rn. 11; BayObLG FamRZ 2024, 301 [juris Rn. 39]).
22
dd) Eine Vergleichbarkeit der Ausbildung zum staatlich geprüften Bekleidungstechniker mit einem Hochschulstudium folgt entgegen der Ansicht des Antragstellers auch nicht aus seiner letzten beruflichen Stellung in der Geschäftsleitung der … GmbH. Zwar kann es, wie ausgeführt (siehe oben b]), für die Vergleichbarkeit einer Ausbildung mit einem Hochschulstudium auch sprechen, wenn die durch die Abschlussprüfung erworbene Qualifikation Zugang zu beruflichen Tätigkeiten ermöglicht, deren Ausübung üblicherweise Hochschulabsolventen vorbehalten ist. Jedoch lässt sich aus der tatsächlich vom Antragsteller erworbenen Position bei der … GmbH nicht ableiten, dass der Abschluss eines staatlich geprüften Bekleidungstechnikers regelmäßig Zugang zu Tätigkeiten ermögliche, die üblicherweise von Hochschulabsolventen wahrgenommen werden. Dabei kann zugunsten des Antragstellers angenommen werden, dass in der Geschäftsleitung jedenfalls großer Unternehmen üblicherweise Hochschulabsolventen beschäftigt werden. Es ist aber nicht ersichtlich, dass der Abschluss eines staatlich geprüften Technikers regelmäßig den Zugang zur Geschäftsleitung eröffnen würde. Dass der Antragsteller im konkreten Fall eine derartige Position erhalten hat, ist nicht maßgeblich. § 8 Abs. 2 VBVG verlangt nach Wortlaut und Zweck eine typisierende Betrachtung, kein Abstellen auf die besonderen Umstände im Einzelfall (vgl. schon oben bb]).
23
Zudem blendet der Antragsteller aus, dass er die herausgehobene Position im Unternehmen ausweislich des von ihm vorgelegten Lebenslaufs gerade nicht unmittelbar nach seinem Abschluss zum staatlich geprüften Bekleidungstechniker erhalten hat, sondern zuvor Tätigkeiten bei zwei anderen Firmen ausübte. Insgesamt verfügte der Antragsteller, als er die Stelle bei der … GmbH antrat, bereits über mehr als 19 Jahre Berufserfahrung nach seinem Abschluss zum staatlich geprüften Bekleidungstechniker. Somit hat die Tatsache, dass er tatsächlich eine Position in der Geschäftsleitung erlangte, auch keine Indizwirkung dafür, welche berufliche Stellungen der Abschluss des staatlich geprüften Bekleidungstechnikers üblicherweise eröffnet.
24
d) Ein Verstoß gegen das „Gebot der Gleichbehandlung“ oder der „Nichtdiskriminierung“ ist nicht ersichtlich. Soweit der Antragsteller ausführt, er kenne viele Kollegen, für die die Vergütungstabelle C auch ohne Hochschulstudium angewendet würde, ist dies unbehelflich. Selbst wenn für einige Berufsbetreuer eine Einordnung in die Vergütungstabelle C erfolgt wäre, ohne dass die gesetzlichen Voraussetzungen vorlägen, hätte der Antragsteller keinen Anspruch auf eine gleiche, ebenfalls rechtwidrige, Einstufung (vgl. BFH, Urt. v. 23. Januar 2013, X R 43/09, BFHE 240, 147 [juris Rn. 38]). Grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 8 Abs. 2 VBVG sieht der Senat nicht (ausführlich BayObLG, Beschluss vom 6. Juni 2024, 101 VA 36/24, juris Rn. 27 ff.).
25
e) Anderes ergibt sich ferner nicht aus den vom Antragsteller zitierten ministeriellen Presseerklärungen. Allein die politische Aussage, berufliche und akademische Bildung seien „gleichwertig“, erlaubt es dem Senat nicht, sich über gesetzliche Vorgaben hinwegzusetzen.
III.
26
Ein Ausspruch zur Kostentragung ist nicht veranlasst, weil der Antragsteller bereits nach den gesetzlichen Bestimmungen (§ 1 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 19, § 22 Abs. 1 GNotKG) verpflichtet ist, die gerichtlichen Kosten des Verfahrens zu tragen.
27
Die nach § 3 Abs. 2 GNotKG i. V. m. Nr. 15301 KV GNotKG erforderliche Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 36 Abs. 1 und 3 GNotKG. Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit im Sinne dieser Vorschrift. Vermögensrechtlichen Charakter haben unter anderem alle Angelegenheiten, die – zumindest auch – unmittelbar materielle Auswirkungen haben oder haben sollen, sowie Ansprüche, die im Wesentlichen der Wahrung wirtschaftlicher Belange dienen. Der Wert des Verfahrens kann allerdings mangels tauglicher Anhaltspunkte, auf die eine Schätzung nach billigem Ermessen aufsetzen könnte, nicht nach § 36 Abs. 1 GNotKG bestimmt werden. Der Feststellungsbescheid über die Zuordnung zur Vergütungstabelle hat Dauerwirkung. Die im Einzelfall zu beanspruchende Vergütung für die Führung der Betreuung richtet sich nach weiteren Kriterien (Dauer der Betreuung, Wohnsituation und Vermögensstatus der betreuten Person). Ein Vergleich der monatlichen Pauschalen liefert in Anbetracht dieser Umstände keine brauchbare Schätzgrundlage, um die Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers, mithin sein wirtschaftliches Interesse am Verfahren betragsmäßig zu beziffern.
28
In dieser Situation ist auf den Auffangwert des § 36 Abs. 3 GNotKG von 5.000,00 € zurückzugreifen. An den dort normierten Ausgangswert von 5.000,00 € sind wiederum Ermessensüberlegungen in Bezug auf seine Erhöhung oder Herabsetzung anzulegen (vgl. Zivier in Toussaint, Kostenrecht, GNotKG § 36 Rn. 31 ff.; Bormann in Korintenberg, GNotKG, 22. Aufl. 2022, § 36 Rn. 23; Diehn in Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 4. Aufl. 2021, § 36 Rn. 20 ff.; a. A. Heinemann in Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 3. Aufl. 2021, § 36 Rn. 40). Insbesondere der Gesichtspunkt der Dauerwirkung rechtfertigt vorliegend eine Erhöhung des Auffangwerts (vgl. näher BayObLG FamRZ 2024, 301 [juris Rn. 48]). Ausgehend hiervon erscheint eine maßvolle Anhebung des Auffangwerts um die Hälfte auf 7.500,00 € sachgerecht.
29
Die gesetzlichen Voraussetzungen, unter denen die Rechtsbeschwerde zuzulassen ist (§ 29 EGGVG), liegen nicht vor.