Titel:
Haftungsprivilegierung bei Buskollision
Normenkette:
SGB VII § 2 Abs. 1, § 8 Abs. 2, § 104
Leitsätze:
1. Die Frage, ob ein Unfall in gleicher Weise auch unabhängig von der betrieblichen Tätigkeit hätte erfolgen können, spielt bei der gesetzlichen Regelung zur Entsperrung der Haftung in §§ 104 ff. SGB VII keine Rolle (hier: Haftungsprivilegierung beim Zusammenstoß zweier Omnibusse). (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Umstand, dass im Falle eines Verkehrsunfalls der Arbeitgeber für das unfallbeteiligte Fahrzeug eine Haftpflichtversicherung hat, ändert nichts daran, dass diese nur dann in Anspruch genommen werden kann, wenn eine Haftung des Halters bejaht wird; die Haftung der Haftpflichtversicherung ist akzessorisch zu der des Halters (Anschluss BGH BeckRS 2009, 87044). (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Haftungsprivilegierung, Omnibus, Haftpflichtversicherung, Wegeunfall, Betriebsweg
Vorinstanz:
LG Nürnberg-Fürth, Endurteil vom 29.12.2022 – 8 O 8286/21
Rechtsmittelinstanz:
OLG Nürnberg, Beschluss vom 15.04.2024 – 13 U 196/23
Fundstellen:
VersR 2025, 443
LSK 2024, 24277
BeckRS 2024, 24277
r+s 2024, 1090
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 29. Dezember 2022 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.
Entscheidungsgründe
1
Der Kläger begehrte mit seiner Klage Schmerzensgeld sowie die Feststellung, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch auch alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden aus einem Verkehrsunfall vom … 2018 zu ersetzen haben, bei dem der von der Beklagten zu 1) gehaltene und bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherte Omnibus (künftig: „Beklagtenfahrzeug“) auf die vom Kläger mit seinem, ebenfalls von der Beklagten zu 1) gehaltenen Omnibus (künftig: „Klägerfahrzeug“) befahrene Gegenfahrbahn geraten ist.
2
Sowohl der Kläger als auch der Fahrer des Beklagtenfahrzeugs waren bei der Beklagten zu 1) angestellt und befuhren im Rahmen ihrer betrieblichen Tätigkeit für die Beklagte zu 1) mit den von der Beklagten zu 1) gehaltenen Omnibussen die Staatsstraße … . Der Kläger befuhr die Staatsstraße 2 … in Richtung … . Das Beklagtenfahrzeug befuhr die Staatsstraße … in der Gegenrichtung. Der Führer des Beklagtenfahrzeugs erlitt vermutlich während der Fahrt einen Herzinfarkt und geriet daher in einer Rechtskurve kontinuierlich auf die Gegenfahrbahn, auf der sich das Klägerfahrzeug befand. Hierdurch kam es zu einer Frontalkollision mit 40%-iger Überlappung der Fahrzeuge. Durch die Kollision erlitt der Kläger nicht unerhebliche Verletzungen.
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Der Kläger behauptet, durch die Verletzungen massiv in seiner täglichen Lebensführung eingeschränkt zu sein. Er könne seinen Beruf nicht mehr ausüben und sei nach wie vor traumatisiert.
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Er ist der Ansicht, einen Anspruch auf Schmerzensgeld von mindestens 55.000,00 € zu haben. Ferner begehrt er die Feststellung der gesamtschuldnerischen Verpflichtung der Beklagten bezüglich der entstandenen und künftig noch entstehenden materiellen Schäden sowie nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden. Für den rückständigen materiellen Schaden sei von einem Gesamtbetrag in Höhe von 25.000,00 € auszugehen, für den künftigen materiellen Schaden ebenfalls von 25.000,00 € und für den künftigen immateriellen Schaden von 7.500,00 €.
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Der Kläger hat daher erstinstanzlich beantragt zu erkennen:
- 1.
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Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage.
- 2.
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Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, dem Kläger den aus dem Verkehrsunfall vom 15. November 2018 gegen 13:30 Uhr auf der Staatsstraße 2245 zwischen Ammerndorf und Zirndorf bereits entstandenen und künftig noch entstehenden materiellen Schaden sowie den zukünftig noch entstehenden, nicht vorhersehbaren immateriellen Schaden zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger und/oder sonstige Dritte übergegangen sind oder noch übergehen werden.
- 3.
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Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren zu zahlen in Höhe von € 2.706,66 zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage.
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Die Beklagten haben beantragt,
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Die Beklagten sind der Ansicht, dass die Haftung der Beklagten nach § 104 SGB VII ausgeschlossen sei.
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Das Erstgericht hat keinen Beweis erhoben.
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Es hat mit Urteil vom 29. Dezember 2022 die Klage abgewiesen. Es seien die Voraussetzungen des § 104 Abs. 1 SGB VII erfüllt, da der Kläger bei der Beklagten zu 1) als Beschäftigter tätig war und der Unfall weder vorsätzlich herbeigeführt wurde noch es sich um einen Wegeunfall nach § 8 Abs. 2 SGB VII handele. Eine einschränkende Auslegung der Vorschrift, wie vom Kläger vertreten, sei hier nicht veranlasst. Hier habe sich der Unfall gerade auf einem Betriebsweg ereignet.
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Gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth hat der Kläger Berufung eingelegt.
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Der Kläger hat diese im Wesentlichen damit begründet, dass §§104, 8 SGB VII dahingehend auszulegen seien, dass ein Fall wie der vorliegende aus der Haftungsprivilegierung ausgenommen sei.
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Nach Sinn und Zweck der Vorschriften solle der Geschädigte keine Ansprüche verlieren, die jeder andere im Straßenverkehr Geschädigte auch hätte. Der hiesige Unfall habe gerade nicht auf einem Betriebsgelände stattgefunden. Es seien zwei Fahrzeuge im allgemeinen Straßenverkehr kollidiert, deren Fahrer zufälligerweise bei demselben Unternehmen beschäftigt sind. Normzweck des § 8 Abs. 2 Nr. 1 – 4 SGB VII sei es, dem Verletzten Ansprüche gegen Arbeitgeber und Kollegen zu belassen, wenn er außerhalb betrieblicher Gegebenheiten unter solchen Umständen geschädigt wird, die ihn auch als normalen Verkehrsteilnehmer hätten treffen können. Zwar sei die streitgegenständliche Fahrt in Ausübung der versicherten Tätigkeit erfolgt. Jedoch habe sich ausschließlich das allgemeine Straßenverkehrsrisiko verwirklicht und gerade nicht das spezifische Risiko einer Tätigkeit für den jeweils gleichen Betrieb.
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Sinn und Zweck der §§ 104, 105 SGB VII sei es, das durch die gemeinsame Tätigkeit von Arbeitskollegen für dasselbe Unternehmen immanente Risiko einer Schädigung während der betrieblichen Tätigkeit zu reduzieren. Die Beschäftigten sollten ihrer Tätigkeit nachgehen können, ohne sich Sorgen machen zu müssen, ggf. wegen einer fahrlässigen Schädigung von Kollegen deren Ansprüchen ausgesetzt zu sein. Dem streitgegenständlichen Fall liege jedoch ein rein zufälliges Zusammentreffen des Klägers und des ebenfalls bei der Beklagten zu 1) beschäftigten Fahrers des Beklagtenfahrzeugs zugrunde. Es stelle ein unbilliges Ergebnis dar, wenn der Kläger in einem solchen Fall seine Ansprüche verliere. Der ansonsten von den §§ 104, 105 SGB VII intendierten Schutzwirkung für den Arbeitgeber bedürfe es in Konstellationen wie der vorliegenden nicht aufgrund der Haftpflichtversicherung. Das Erstgericht habe die Sonderkonstellation nicht ausreichend gewürdigt.
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Der Kläger hat im Berufungsverfahren angekündigt zu beantragen,
- 1.
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die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen,
- 2.
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festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, dem Kläger den aus dem Verkehrsunfall vom … 2018 gegen 13:30 Uhr auf der Staatsstraße … zwischen … und … bereits entstandenen und zukünftig noch entstehenden materiellen Schaden sowie den künftig noch entstehenden immateriellen Schaden zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger und/oder sonstige Dritte übergegangen sind oder noch übergehen werden.
- 3.
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die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren zu zahlen in Höhe von € 2.706,66 zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage.
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Die Beklagten haben beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
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Wegen weiterer Einzelheiten des beiderseitigen Parteivortrags im Berufungsverfahren wird auf die in dieser Instanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen,
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Die Berufung des Klägers ist offensichtlich unbegründet. Das Landgericht hat zu Recht einen Haftungsausschluss der Beklagten nach § 104 Abs. 1 SGB VII bejaht und die Klage abgewiesen.
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Der Senat nimmt zunächst auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils Bezug.
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Ergänzend ist im Hinblick auf die Berufungsbegründung auszuführen:
1. Die Voraussetzungen der in § 104 Abs. 1 SGB VII genannten Ausnahmen von der „Sperre“ für die Haftung nach anderen gesetzlichen Vorschriften als dem SGB VII sind nicht gegeben. Bei dem bei der Beklagten zu 1) angestellten Kläger handelt es sich um einen Beschäftigten im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII und bei der Beklagten zu 1) um einen Unternehmer. Der Versicherungsfall wurde weder vorsätzlich herbeigeführt noch liegt ein Wegeunfall nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII vor.
a) Diese von der Haftungsprivilegierung gemachten Ausnahmen nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII sind eng auszulegen. Der Gesetzgeber hat sich bewusst dafür entschieden, dem Unternehmer bei der Haftung gegenüber seinen Beschäftigten das Haftungsprivileg des § 104 Abs. 1 SGB VII zukommen zu lassen. Hintergrund dieser Regelung ist, dass bei einem Arbeitsunfall die gesetzliche Unfallversicherung eintritt, in die der Unternehmer Beiträge einzahlt und dafür im Gegenzug in der Regel von der Haftung befreit ist. Im Versicherungsfall tritt an die Stelle der privatrechtlichen Haftung des Arbeitgebers die sozialversicherungsrechtliche Gesamthaftung der in der Berufsgenossenschaft zusammengeschlossenen Unternehmer. Damit verlagert die gesetzliche Unfallversicherung den Schadensausgleich bei Arbeitsunfällen aus dem individualrechtlichen in den sozialrechtlichen Bereich. Durch die Haftungsersetzung wird das Haftungsrisiko für den Arbeitgeber kalkulierbar. Die gesetzliche Regelung dient daneben auch dem Schutz des Geschädigten durch Einräumung eines vom Verschulden unabhängigen Anspruchs gegen einen stets leistungsfähigen Schuldner. Der Geschädigte muss weder ein Verschulden des Schädigers nachweisen noch sich ein eigenes Mitverschulden auf seine Ansprüche anrechnen lassen. Diese werden vielmehr von Amts wegen im sozialrechtlichen Verfahren festgestellt. Ferner sollen die Haftungsprivilegierungen der §§ 104, 105 SGB VII sicherstellen, dass gerichtliche Auseinandersetzungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer oder zwischen Arbeitnehmern um die Haftung aus Arbeitsunfällen nicht den Betriebsfrieden gefährden (vgl. BGH, Urteil vom 8. Februar 2022 – VI ZR 3/21, Rn. 28; Urteil vom 9. März 2004 – VI ZR 439/02, Rn. 14; Urteil vom 2. Dezember 2003 – VI ZR 349/02, Rn. 18).
b) Als Betriebsweg, der der Haftungsprivilegierung des § 104 Abs. 1 SGB VII unterfällt, ist eine Fahrt anzusehen, wenn sie maßgeblich durch die betriebliche Organisation geprägt ist, insbesondere indem sie durch die Organisation als innerbetrieblicher bzw. innerdienstlicher Vorgang gekennzeichnet oder durch Anordnung des Dienstherrn zur innerbetrieblichen bzw. innerdienstlichen Aufgabe erklärt worden ist (so BGH, Urteil vom 9. März 2004 – VI ZR 439/02, Rn. 15; Urteil vom 2. Dezember 2003 – VI ZR 349/02, Rn. 19).
Die streitgegenständliche Fahrt des Klägers stellte einen derartigen Betriebsweg dar. Es ist nicht erforderlich, dass sich der Unfall auf dem Betriebsgelände ereignet (vgl. z.B. die Fälle, bei denen der Arbeitgeber die Möglichkeit zur Mitfahrt im betriebseigenen Fahrzeug ermöglicht: BGH, Urteil vom 9. März 2004 – VI ZR 439/02; Urteil vom 2. Dezember 2003 – VI ZR 349/02). Auch war die Fahrt hier gerade der Berufsausübung des Klägers zuzuordnen und es hat sich ein typisches Risiko dieser Berufsausübung und kein privates Haftungsrisiko in dem Verkehrsunfall verwirklicht. Im vorliegenden Fall gehörte die Teilnahme am Straßenverkehr mit dem von der Beklagten zu 1) gehaltenen Omnibus gerade einer der betrieblichen Risikosphäre unterfallenden Gefahr an.
c) Der Kläger wendet ein, der Unfall hätte sich in gleicher Weise im Straßenverkehr auch mit einem Fahrzeug eines beliebigen Dritten ereignen können, dass der andere Verkehrsteilnehmer hier ein weiterer Beschäftigter der Beklagten zu 1) war, sei letztlich Zufall. Dies steht allerdings einer Anwendung der Haftungsprivilegierung nicht entgegen.
aa) Die Frage, ob ein Unfall in gleicher Weise auch unabhängig von der betrieblichen Tätigkeit hätte erfolgen können, ist in der gesetzlichen Regelung zur Entsperrung der Haftung in §§ 104 ff. SGB VII gerade kein relevantes Kriterium. Der Gesetzgeber hat hieran bewusst nicht angeknüpft. Die Regelung des § 104 SGB VII ist in diesem Punkt vom Gesetzgeber bewusst und gezielt gegenüber der bis 31.12.1996 geltenden Vorgängerregelung in § 636 Abs. 1 Satz 1 RVO geändert worden. In jener Vorgängervorschrift war die Ausnahme von der Haftungsprivilegierung noch vorgesehen für Unfälle, die „bei der Teilnahme am allgemeinen Verkehr eingetreten“ sind. Hiervon ist der Gesetzgeber mit Einführung des SGB VII bewusst abgerückt und hat die Ausnahme – vom Fall des Vorsatzes abgesehen – nur noch für die in § 8 Abs. 2 Nrn. 1 bis 4 SGB VII genannten Wege von und zur Arbeit vorgesehen.
Hintergrund der Ausnahme für letztere Wege ist, dass diese als solche – anders als sog. Betriebswege – nicht der betrieblichen Tätigkeit zuzuordnen sind; es ist grundsätzlich die eigene Sache des Arbeitnehmers, wo er wohnt und wie er sich von dort zu dem Ort begibt, an welchem er jeweils seine Arbeit aufnimmt. § 8 Abs. 2 Nrn. 1 bis 4 SGB VII erweitern also den Schutz der Unfallversicherung auf bestimmte, dort aufgeführte, als solche private Tätigkeiten. Seit Einführung des SGB VII gilt also nur noch für diese – an sich privaten – Tätigkeiten die Sperre für die allgemeine Haftung nicht, während für sämtliche betrieblichen Tätigkeiten – auch bei Betriebswegen im allgemeinen Straßenverkehr – die Haftungsprivilegierung gilt.
Der entsprechende ausdrückliche Wille des Gesetzgebers ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung, wonach die Ausnahme von der Haftungssperre nicht mehr für Betriebswege gelten soll, die nach dem vor der Novellierung geltenden Recht als Teilnahme am öffentlichen Verkehr behandelt wurden (BT-Drucksache 13/2204, S. 100). Der Gesetzgeber hat mit Einführung des SGB VII den Haftungsausschluss mithin gegenüber dem alten Recht bewusst erweitert (LPK-SGB Vll/Bernd Grüner, 5. Aufl. 2018, SGB VH § 104 Rn. 21).
bb) Angesichts des klaren gesetzgeberischen Willens und auch angesichts des Gesetzeszwecks, Streitigkeiten zwischen dem Arbeitgeber und dem Beschäftigten bzw. der Beschäftigten untereinander zu vermeiden, kann hier also nichts anderes gelten als bei den vom BGH mehrfach entschiedenen Fällen, dass ein Beschäftigter einen anderen Beschäftigten auf einer betrieblich veranlassten Fahrt mitnimmt und es sodann zu einem Verkehrsunfall kommt (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 9. März 2004 – VI ZR 439/02; Urteil vom 2. Dezember 2003 – VI ZR 349/02).
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Der Umstand, dass im Falle eines Verkehrsunfalls der Arbeitgeber für das unfallbeteiligte Fahrzeug eine Haftpflichtversicherung hat und haben muss, ändert nichts daran, dass diese nur dann in Anspruch genommen werden kann, wenn eine Haftung des Halters – hier also des Arbeitgebers – bejaht wird, die Haftung der Haftpflichtversicherung ist akzessorisch zu der des Halters (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2009 – VI ZR 296/08, Rn. 14). Die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Kfz-Haftpflichtversicherung schließt also Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten oder der Beschäftigten untereinander nicht aus. Die Bejahung der Sperre des § 104 SGB VII auch für Ansprüche, die aus Unfällen bei auf öffentlichen Straßen stattfindenden Betriebswegen resultieren, entspricht damit entgegen der Klägeransicht auch dem Schutzzweck der Norm. Eine erweiternde Auslegung der Ausnahmevorschriften § 8 Abs. 2 Nr. 1 – 4 SGB VII ist nicht veranlasst.
Am Rande sei noch angemerkt: Die Auffassung des Klägers, er werde durch den Haftungsausschluss unangemessen benachteiligt gegenüber sonstigen Insassen des Busses, weil er gegen die Unfallversicherung keinen Anspruch auf Schmerzensgeld habe, greift zu kurz. Sie lässt unberücksichtigt, dass die Ansprüche gegen die gesetzliche Unfallversicherung an anderer Stelle vorteilhaft sind gegenüber den Ansprüchen nach allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen, auf welche wiederum die übrigen Insassen des Busses beschränkt sind. Im Hinblick darauf hat das Bundesverfassungsgericht die Regelung des § 104 Abs. 1 SGB VII trotz des Ausschlusses von Schmerzensgeld durch die gesetzliche Unfallversicherung als verfassungsgemäß angesehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Februar 2009 – 1 BvR 3505/08, Rn. 11; sowie zu den Vorgängerregelungen: Beschluss vom 8. Februar 1995 – 1 BVR 753/94, Rn. 4; Beschluss vom 7. November 1972 – 1 BvL 4 und 7/71, 1 BvR 355/71).
2. Für eine Analogie ist vorliegend schon mangels planwidriger Regelungslücke kein Raum. Der Gesetzgeber hat die Problematik erkannt, sich jedoch bewusst für die eng gefassten Ausnahmen der Vorsatztaten sowie der Fälle des § 8 Abs. 2 Nm. 1-4 SGB VII entschieden. Im Übrigen spricht gegen eine Analogie auch, dass – wie bereits angeführt – die in § 8 Abs. 2 Nrn. 1-4 SGB VH aufgeführten Wege solche sind, die gerade keine betriebliche Tätigkeit darstellen.
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Der Senat regt daher zur Kostenersparnis die Rücknahme der Berufungen an.