Inhalt

BayObLG, Beschluss v. 13.09.2024 – 101 Sch 146/23 e
Titel:

Versagung der Vollstreckbarerklärung der Kostenentscheidung eines Schiedsspruchs bei unwirksamer Schiedsvereinbarung

Normenketten:
ZPO § 1061 Abs. 1 S. 1
UNÜ Art. V
AEUV Art. 267, Art. 344
Vertrag zwischen der BRD und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen vom 2.10.1990 Art. 7 Abs. 1, Art. 10 Abs. 2
EnergieChV Art. 26 Abs. 2, Abs. 3
BGB § 242
Leitsätze:
1. Der Streitbeilegungsmechanismus in Art. 10 Abs. 2 des Vertrags zwischen der BRD und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen vom 2.10.1990 und in Art. 26 Abs. 2 lit. c, Abs. 3 lit. a EnergieChV verstößt gegen Unionsrecht. (Rn. 48) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bejaht das Schiedsgericht das Vorliegen einer Schiedsvereinbarung, obwohl eine solche unwirksam ist, und entscheidet sodann in der Sache, beruht auch die Kostenentscheidung im Schiedsspruch auf dieser Sachentscheidung und damit auf der unwirksamen Schiedsvereinbarung (Abgrenzung von OLG Hamm BeckRS 2013, 10196). Damit ist aufgrund Art. V Abs. 1 lit. a UNÜ auch die Vollstreckbarerklärung der Kostenentscheidung zu versagen. (Rn. 59 – 66) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Einwand des Fehlens oder der Ungültigkeit einer Schiedsvereinbarung ist wegen eines Verstoßes gegen Treu und Glauben gem. § 242 BGB unbeachtlich, wenn der Schiedskläger, der das Schiedsgericht selbst angerufen hat, sich dann, wenn der Schiedsspruch zu seinen Ungunsten ergangen ist, auf eine Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung beruft (Anschluss u.a. an OLG Frankfurt a.M. BeckRS 2021, 38108; hier abgelehnt). (Rn. 80) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Investitionsschutz, Schiedsspruch, Kostenentscheidung, Antrag auf Vollstreckbarerklärung, Schiedsvereinbarung, Unwirksamkeit, Verstoß gegen Unionsrecht, Sachentscheidung, Treuwidrigkeit, Schiedskläger, Energiechartavertrag
Fundstelle:
BeckRS 2024, 24018

Tenor

I. Die Vollstreckbarerklärung der Kostenentscheidung des am 2. Mai 2018 durch das Schiedsgericht des Permanent Court of Arbitration, Den Haag, Niederlande, unter der PCA Case Number … erlassenen Schiedsspruchs, wonach die Kläger an die Beklagte innerhalb von 28 Tagen nach Zustellung des Schiedsspruchs den Betrag von 1,75 Millionen US-Dollar und 178.125,50 Britischen Pfund zu zahlen haben, wird abgelehnt.
II. Es wird festgestellt, dass der in Ziffer I. bezeichnete Schiedsspruch vom 2. Mai 2018 insoweit im Inland nicht anzuerkennen ist.
III. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
IV. Der Streitwert wird auf 1.844.461,83 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Tschechische Republik begehrt die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs, soweit das Schiedsgericht ihr gegen die Antragsgegner einen Anspruch auf Kostenerstattung zuerkannt hat, verbunden mit der Konkretisierung, dass die ihr zugesprochenen Geldbeträge seit dem 31. Mai 2018 mit fünf Prozent per annum zu verzinsen seien und der Schiedsspruch gegen die Antragsgegner als Gesamtschuldner vollstreckbar sei. Die Antragsgegner sind der Ansicht, dass der Schiedsspruch im Inland nicht anzuerkennen und die begehrte Konkretisierung unzulässig sei.
2
Die Antragsgegnerin zu 1) ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Geschäftsführer der Antragsgegner zu 2) ist. Ihre alleinige Gesellschafterin ist die A Solar GmbH & Co. KG, deren Gesellschafter die A Verwaltungs GmbH als Komplementärin und die B Holding GmbH & Co. KG als Kommanditistin sind. Letztere ist zugleich Alleingesellschafterin der A Verwaltungs GmbH, deren Geschäftsführer der Antragsgegner zu 2) ist. Die Gesellschafter der B Holding GmbH & Co. KG sind der Antragsgegner zu 2) als Kommanditist sowie die B Holding Verwaltungs GmbH als Komplementärin, deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer wiederum der Antragsgegner zu 2) ist. Über die dargestellten Beteiligungen hält der Antragsgegner zu 2) mittelbar sämtliche Geschäftsanteile an der Antragsgegnerin zu 1).
3
Die Antragsgegnerin zu 1) war mittelbare Eigentümerin der Geschäftsanteile folgender Gesellschaften mit beschränkter Haftung nach tschechischem Recht: C1 s.r.o., C2 s.r.o., C3 s.r.o. und C4 s.r.o. Daneben waren beide Antragsgegner unmittelbare Anteilseigner der D s.r.o. Bei den genannten tschechischen Gesellschaften handelte es sich um Zweckgesellschaften, die in der Tschechischen Republik in Solartechnologie zur Energiegewinnung investiert hatten.
4
Im Jahr 2005 hatte die Antragstellerin das Gesetz Nr. 180/2005 über die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen erlassen, durch das feste Subventionen eingeführt wurden. Ferner hatte sie Unternehmen für die ersten fünf Jahre nach der Inbetriebnahme von Solaranlagen zur Stromerzeugung von der Körperschaftssteuer freigestellt. Nach einem starken Preisverfall bei Photovoltaikmodulen und Solarpaneelen ab Ende des Jahres 2008 kam es zu einem massiven Zustrom von Investoren in die Tschechische Republik, die von den hohen Subventionen und den Steuererleichterungen für Photovoltaikanlagen profitieren wollten. Ende 2010 reagierte die Antragstellerin auf diesen – von ihr so genannten – „Solarboom“ mit verschiedenen Gesetzgebungsmaßnahmen, durch die sich die Antragsgegner im Bestandsschutz ihrer Investitionen verletzt sahen.
5
Mit Notice of Arbitration vom 8. Mai 2013 leiteten die Antragsgegner gegen die Antragstellerin ein Schiedsverfahren ein. Dabei stützten sie sich auf Art. 26 Abs. 2 Buchst. c), Abs. 3 Buchst. a) des Vertrags über die Energiecharta vom 17. Dezember 1994 (BGBl. 1997 II S. 5; im Folgenden: VEC) sowie Art. 10 Abs. 2 des Vertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen vom 2. Oktober 1990 (BGBl. 1992 II S. 295; im Folgenden: BIT-CZ).
6
Am 31. Januar 2014 einigten sich die Antragsgegner und die Antragstellerin im Rahmen der Terms of Appointment (Anlage ASt 3) auf die Zusammensetzung des Schiedsgerichts und vereinbarten, dass das Schiedsverfahren der UNCITRAL-Schiedsordnung von 1976 unterliegen und vor dem Permanent Court of Abritration (PCA) in Den Haag, Niederlande, durchgeführt werden sollte. Ziffer 2 der Terms of Appointement „The Dispute and Commencement of Arbitration“ lauten:
2.1 According to the Claimants, a dispute has arisen between the Claimants and the Respondent under the Energy Charter Treaty the („Charter“) and the Agreement between the Federal Republic of Germany and the Czech and Slovak Federal Republic on the Promotion and Reciprocal Protection of Investments signed on 2 October 1990 (the „Treaty“).
2.2 On 8 May 2013, the Claimants served upon the Respondent a Notice of Arbitration pursuant to (inter alia) Article 26 of the Charter and Article 10 of the Treaty. By letter dated 10 June 2013 the Respondent agreed to the consolidation of the claims of the first Claimant and the second Claimant.
7
In Ziffern 5.1 und 5.2 der Terms of Appointment „Applicable Procedural Rules“ heißt es:
5.1 The arbitration shall be conducted in accordance with the UNCITRAL Arbitration Rules 1976 (the „Rules“), subject to any mandatory rules at the place of arbitration and to any derogations from the Rules agreed by the parties.
5.2 For issues not addressed by the Rules, the Tribunal shall apply the rules on which the Parties have agreed. In the absence of such agreement, the Tribunal shall apply the rules it considers appropriate, provided that the Parties are treated with equality and that each Party is given a full opportunity of presenting its case at any stage of the proceedings.
8
Das Schiedsgericht bestimmte mit Schreiben vom 26. März 2014 zunächst Den Haag, Niederlande, als Schiedsort. Mit Procedural Order No. 1 vom 4. Dezember 2014 verlegte das Schiedsgericht den Schiedsort von Den Haag nach Genf, Schweiz.
9
Im Schiedsverfahren beantragte die Europäische Kommission ihre Zulassung als „Non-Disputing Party“. Die beabsichtigte Nebenintervention sollte das Schiedsgericht veranlassen, seine Zuständigkeit aufgrund des BIT-CZ und des VEC mit der Begründung zu verneinen, dass beide Verträge auf die Rechtsbeziehungen zwischen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Angehörigen anderer EU-Mitgliedstaaten nicht anwendbar seien. Nachdem die Antragsgegner dem Antrag auf Zulassung der Nebenintervention widersprochen hatten, wies ihn das Schiedsgericht mit Schreiben vom 5. März 2015 zurück. Mit Schriftsatz vom 16. Mai 2016 (auszugsweise vorgelegt als Anlage ASt 15) wiesen die Antragsgegner die Rechtsansicht der Europäischen Kommission zurück. Sie führten aus, dass sämtliche Argumente, die für eine Unzulässigkeit von bilateralen Investitionsschutzabkommen zwischen Mitgliedstaaten der Europäischen Union sprächen, von der schiedsgerichtlichen Rechtsprechung ausführlich diskutiert und zurückgewiesen worden seien. Die Europäische Kommission habe keine überzeugenden sachlichen oder rechtlichen Gründe darlegen können, warum das Schiedsgericht von dieser gefestigten Rechtsprechung („well-settled case-law“) abweichen sollte.
10
Mit Schriftsatz vom 13. März 2018 (Anlage AG 6) beantragte die Antragstellerin, die Einführung des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 6. März 2018 in der Sache Slowakische Republik gegen Achmea BV und der sich daraus ergebenden Einwände gegen die Zuständigkeit des Schiedsgerichts („jurisdictional objects“) in das Verfahren zuzulassen. Das Schiedsgericht wies diesen Antrag mit Schreiben vom 15. März 2018 als verspätet zurück, zumal die Antragstellerin im „Counter-Memorial“ (Anmerkung des Senats: Schriftsatz vom 29. Januar 2016, vgl. Schiedsspruch Seite 1) auf die Erhebung von Einwendungen unter dem Gesichtspunkt der Jurisdiktion der Europäischen Union ausdrücklich verzichtet habe: „Accordingly, the Czech Republic does not pursue the jurisdictional objection articulated by the Commission before this Tribunal“ (vgl. Schiedsspruch Seite 16 Rn. 73).
11
Mit Schiedsspruch vom 2. Mai 2018, den Antragsgegnern zugestellt am selben Tag, wies das Schiedsgericht des Permanent Court of Arbitration, bestehend aus den Schiedsrichtern X, Y und Z, unter der PCA Case Number … die Schiedsklage der Antragsgegner („Claimants“) ab und sprach der Antragstellerin („Respondent“) eine Kostenerstattung in Höhe von 1,75 Millionen US-Dollar und 178.125,50 Britischen Pfund zu. Diese unter Ziffer XII („Operative Part“) getroffenen Aussprüche haben folgenden Wortlaut:
465. The Claimants‘ claims are dismissed.
466. The Claimants shall pay to the Respondent within 28 days of delivery of this award the sum of US$ 1.75 million and GBP 178,125.50.
12
Die Begründung des Schiedsgerichts für den der Antragstellerin zuerkannten Anspruch auf Kostenerstattung findet sich unter Ziffer XI („Costs“) des Schiedsspruchs. Sie lautet – soweit für das vorliegende Verfahren von Interesse – wie folgt:
„449. The effect of Articles 10 (2) and 9 (5) of the BIT and Article 40 of the UNCITRAL 1976 Rules is that the costs of arbitration are in principle to be borne by the unsuccessful party, but the Tribunal may apportion costs between the parties if it determines that apportionment is reasonable, taking into account the circumstances of the case.
450. The Claimants have prevailed on one important issue, namely the ECT tax carve-out objection, but have failed on the merits.
451. The Claimants claimed their costs in the amount of € 1,659,482.60 including their share of the fees and expenses of the Tribunal and the PCA.
452. The Respondent claimed its costs of $ 3,044,252, and in addition its share of the fees and expenses of the Tribunal and the PCA.
(…)
461. Based on the above figures, the combined Tribunal costs, comprising the items covered in Article 38 (a), (b) and (c) of the UNCITRAL Arbitration Rules, as enumerated above, are fixed at a total of GBP 714,502.00.
462. Finally, under Article 38 (e), the Tribunal finds the costs claimed by the successful Party, the Respondent, to be reasonable in amount and proportionate to the nature and complexity of the matter.
463. In the exercise of its discretion in the light of Article 40 of the UNCITRAL Rules, the Tribunal takes these matters into account: (1) the Respondent prevailed on the merits; (2) the Claimants succeeded on the issue of the tax carve-out; (3) it is reasonable to make some allowance for the Claimants' costs in relation to the adjournment.
464. In the light of all these considerations, the Tribunal's conclusion on legal and arbitration costs is that the Respondent should be awarded US$ 1.75 million in legal costs, and that the Claimants should bear three-quarters of the arbitration costs.“
13
Zur Begründung ihres Antrags führt die Antragstellerin aus, der Schiedsspruch sei nach § 1061 ZPO in Verbindung mit Art. III des New Yorker UN-Übereinkommens vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (UNÜ) für vollstreckbar zu erklären. Ausschlussgründe nach Art. V UNÜ lägen nicht vor.
14
Die Auslegung des Schiedsspruchs ergebe, dass das Schiedsgericht eine Verzinsung in Höhe von fünf Prozent per annum für den Fall der verspäteten Zahlung festgesetzt habe.
15
Bezugnehmend auf die Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 18. Januar 2022 (101 Sch 60/21, juris Rn. 107 f.) vertritt die Antragstellerin außerdem die Meinung, der Kostenentscheid des Schiedsgerichts sei dahin auszulegen, dass die Antragsgegner in Bezug auf die der Antragstellerin zuerkannten Kostenerstattungsansprüche Gesamtschuldner seien.
16
Die Antragstellerin beantragt,
1.
den am 2. Mai 2018 durch das Schiedsgericht des Permanent Court of Arbitration, Den Haag, Niederlande, bestehend aus den Schiedsrichtern X, Y und Z, zum Aktenzeichen … erlassenen Schiedsspruch, durch den die Antragsgegner verurteilt wurden, der Antragstellerin Rechtsverteidigungs- und Verfahrenskosten in Höhe von USD 1.750.000,00 und GBP 178.125,50 zu erstatten, für vollstreckbar zu erklären;
2.
auszusprechen, dass der aus dem vorstehend bezeichneten Schiedsspruch zu vollstreckende Betrag nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent p.a. seit dem 31. Mai 2018 vollstreckbar ist;
3.
auszusprechen,
a) dass der vorstehend bezeichnete Schiedsspruch gegen die Antragsgegner als Gesamtschuldner vollstreckbar ist;
b) hilfsweise, dass der vorstehend bezeichnete Schiedsspruch in Höhe von jeweils 50% des zu vollstreckenden Betrages gegen die Antragsgegner vollstreckbar ist.
17
Die Antragsgegner beantragen,
I.
Der Antrag, den am 2. Mai 2018 durch das Schiedsgericht des Permanent Court of Arbitration, Den Haag, Niederlande, bestehend aus den Schiedsrichtern X, Y und Z, zum Aktenzeichen … erlassenen Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären, wird abgelehnt.
II.
Es wird festgestellt, dass der vorgenannte Schiedsspruch im Inland nicht anzuerkennen ist.
III.
Die weiteren Anträge der Antragstellerin werden abgelehnt.
18
Zur Begründung führen die Antragsgegner im Wesentlichen aus, der Schiedsspruch sei gemäß § 1061 Abs. 1 und 2 ZPO im Inland nicht anzuerkennen, weil er auf der Grundlage zweier Schiedsklauseln ergangen sei, die der Europäische Gerichtshof in seinen Urteilen „Achmea“ und „Komstroy“ für europarechtswidrig erklärt habe. Diese Rechtsprechung habe der Gerichtshof in seinen weiteren Urteilen „PL Holdings“ und „European Food S. A.“ noch einmal ausdrücklich bestätigt.
19
Damit liege der Versagungsgrund der fehlenden objektiven Schiedsfähigkeit gemäß Art. V Abs. 2 Buchst. a) UNÜ vor. Nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland und dem insoweit vorrangig anzuwendenden Primärrecht der Europäischen Union könne der Gegenstand des Streits nicht auf schiedsrichterlichem Weg geklärt werden. Der Europäische Gerichtshof habe in seinem Urteil vom 6. März 2018 (Az.: C-284/16 – Achmea) eine Schiedsklausel in einem bilateralen Investitionsschutzabkommen zwischen zwei Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die der Schiedsklausel des Art. 10 Abs. 2 BIT-CZ inhaltsgleich gewesen sei, für europarechtswidrig erklärt. Der Gerichtshof habe entschieden, dass der von ihm geprüften Schiedsklausel Art. 267 und 344 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) entgegenstünden. Mit seinem „Komstroy“-Urteil vom 2. September 2021 (Az.: C-741/19, NJW 2021, 3243 ff.) habe der Europäische Gerichtshof seine „Achmea“-Rechtsprechung auf die Schiedsklausel in Art. 26 Abs. 2 Buchst. c) und Abs. 3 Buchst. a) VEC erstreckt. Demnach stünden auch dieser Schiedsklausel Art. 267 und 344 AEUV entgegen. Die auf der Grundlage der beiden vorgenannten Schiedsklauseln geschlossene Schiedsvereinbarung sei somit nichtig.
20
Die Anerkennung des Schiedsspruchs würde außerdem gegen den ordre public (Art. V Abs. 2 Buchst. b] UNÜ) verstoßen. Das Schiedsverfahren sei auf der Grundlage zweier europarechtswidriger und damit unwirksamer Schiedsklauseln eingeleitet worden. Damit habe zu keinem Zeitpunkt eine Rechtsgrundlage für die Durchführung des antragsgegenständlichen Schiedsverfahrens bestanden. Durch eine Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs in Deutschland würden die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs missachtet und der Anwendungsvorrang des Primärrechts der Europäischen Union verletzt.
21
Daneben bestehe der Versagungsgrund der ungültigen Schiedsvereinbarung (Art. V Abs. 1 Buchst. a] Var. 2 UNÜ).
22
Das Schiedsgericht habe den Antragsgegnern gerade deswegen teilweise die Kosten des Verfahrens auferlegt, weil es nach umfassender materiell-rechtlicher Prüfung der geltend gemachten Ansprüche aus dem BIT-CZ und dem VEC zu dem Ergebnis gekommen sei, dass hinsichtlich der Frage, ob eine steuerliche Ausnahmeregelung i. S. d. Art. 21 VEC vorliege, die Antragsgegner obsiegten, ihnen die mit der Schiedsklage geltend gemachten Ansprüche aber nicht zustünden. Somit sei auch der Kostenausspruch – wie die Sachentscheidung selbst – auf der Grundlage einer europarechtswidrigen und folglich ungültigen Schiedsvereinbarung ergangen.
23
Die Geltendmachung von Versagungsgründen seitens der Antragsgegner sei nicht treuwidrig. Der Europäische Gerichtshof habe die Schiedsklausel in Art. 26 Abs. 2 Buchst. c), Abs. 3 Buchst. a) VEC erst mit seiner „Komstroy“-Entscheidung vom 2. September 2021, mithin über drei Jahre nach Erlass des antragsgegenständlichen Schiedsspruches am 2. Mai 2018, für europarechtswidrig und damit für nichtig erklärt. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben durch die Geltendmachung der Ungültigkeit der Schiedsvereinbarung im Anerkennungsverfahren liege schon deswegen nicht vor, weil als vermeintlich rechtmäßiges Alternativverhalten von den Antragsgegnern gerade nicht verlangt werden könne, an ihren früheren Rechtsauffassungen nunmehr gegen die insoweit eindeutige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs festzuhalten. Im Übrigen fehle es an dem nach deutschem Recht erforderlichen schutzwürdigen Vertrauen der Antragstellerin darauf, dass die Antragsgegner keine Versagungsgründe geltend machen würden. Vielmehr habe die Antragstellerin mit ihrer Erklärung vom 15. Januar 2019 (Anlage AG 7) einen Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen, dass sie den auf einem Verstoß gegen die „Achmea“- und „Komstroy“- Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs beruhenden antragsgegenständlichen Schiedsspruch einschließlich seiner ebenso auf diesem Verstoß beruhenden Kostenentscheidung nicht vollstrecken werde.
24
Der Schiedsspruch könne nicht um eine Verzinsungspflicht ergänzt werden.
25
Eine Auslegung des Schiedsspruchs zur Haftung der Antragsgegner als Gesamtschuldner oder nach Kopfteilen sei nur durch das Schiedsgericht möglich.
26
Schließlich verhalte sich die Antragstellerin mit ihrem Antrag auf Vollstreckbarerklärung grob selbstwidersprüchlich. In dem verfahrensgegenständlichen Schiedsverfahren habe sie in ihrem Schreiben vom 13. März 2018 selbst zutreffend dargelegt, dass das Schiedsgericht infolge des „Achmea“-Urteils des Europäischen Gerichtshofs aufgrund der unwirksamen Schiedsklausel in Art. 10 Abs. 1 und Abs. 2 BIT-CZ keine Zuständigkeit habe. Diese Unzuständigkeitseinrede der Antragstellerin habe das Schiedsgericht lediglich als verspätet abgewiesen. Darüber hinaus habe die Antragstellerin am 15. Januar 2019 – zusammen mit 21 weiteren Mitgliedsstaaten der Europäischen Union – selbst erklärt, dass sie Investitionsschutzstreitigkeiten unter bilateralen Investitionsschutzabkommen zwischen zwei Mitgliedsstaaten der Europäischen Union – wie das verfahrensgegenständliche Schiedsverfahren – als nicht schiedsfähig erachte (Anlage AG 7). Mit dieser Erklärung habe sich die Antragstellerin sogar ausdrücklich dazu verpflichtet, staatliche Gerichte zu ersuchen, die auf Grundlage solcher unwirksamen Schiedsklauseln ergangenen Schiedssprüche nicht zu vollstrecken.
27
Die Antragstellerin entgegnet, dass die von den Antragsgegnern eingewandten Versagungsgründe nicht vorlägen. Der Einwand der fehlenden objektiven Schiedsfähigkeit sei bereits systematisch verfehlt, was sich daran zeige, dass die Antragsgegner diesen Einwand ausschließlich auf die angebliche Unwirksamkeit der Schiedsabrede im BT-CZ und im VEC stützten. Die Frage nach der Wirksamkeit der Schiedsabrede betreffe nicht Art. V Abs. 2 Buchst. b) UNÜ, sondern die separat zu prüfende Vorschrift des Art. V Abs. 1 Buchst. a) UNÜ. Die Antragsgegner wendeten die von ihnen zitierte Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs unreflektiert auf einen reinen Kostenschiedsspruch an, obwohl sich der Gerichtshof stets nur mit der Entscheidungsbefugnis von Schiedsgerichten in der Sache selbst auseinandergesetzt habe. Dass Fragen des Investitionsschutzes generell nicht schiedsfähig seien, habe der Europäische Gerichtshof nicht ausgesprochen, so dass aus den von den Antragsgegnern zitierten Entscheidungen keine fehlende objektive Schiedsfähigkeit abzuleiten sei.
28
Mit der Vollstreckbarerklärung des verfahrensgegenständlichen Schiedsspruchs wäre kein Verstoß gegen den deutschen ordre public verbunden. Der von den Antragsgegnern behauptete „schwerwiegende Mangel“ des Schiedsverfahrens – dessen Einleitung und Durchführung trotz der Europarechtswidrigkeit der zugrunde liegenden Schiedsvereinbarung – würde sich im Fall einer Vollstreckbarerklärung nicht im Inland auswirken. Der Kostenschiedsspruch sei völlig unabhängig von der Frage nach der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung ergangen. Das Schiedsgericht wäre auch dann zum Erlass eines Kostenschiedsspruchs befugt gewesen, wenn es seine Zuständigkeit mit Blick auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs abgelehnt und die Schiedsklage daher zurückgewiesen hätte. Die Auslegung und Anwendung von EU-Recht habe für die Entscheidung eines Schiedsgerichts, dem unterlegenen Schiedskläger die Kosten einer erfolglos gebliebenen Schiedsklage aufzuerlegen, keinerlei Bedeutung.
29
Entgegen der Auffassung der Antragsgegner sei die maßgebliche Schiedsvereinbarung, auf die sich der Kostenschiedsspruch stütze, nicht diejenige im BIT-CZ oder im VEC. In der von den Parteien einvernehmlich gewählten Schiedsordnung sei eine ausdrückliche Befugnis des Schiedsgerichts zur Kostenentscheidung vorgesehen. Das Schiedsgericht habe sich dementsprechend bei der Festsetzung des Kostenerstattungsanspruchs ausdrücklich auf seine Befugnis nach Art. 38 bis 40 der UNCITRAL-Regeln gestützt. Völlig unabhängig hiervon hänge die Befugnis eines Schiedsgerichts, einer Partei Kostenersatz zuzusprechen, ohnehin nicht von einer ausdrücklichen Ermächtigung ab. Vielmehr sei in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit anerkannt, dass die Befugnis, Kostenerstattung zuzusprechen, dem Schiedsgericht gewissermaßen von Natur aus innewohne (inherent powers), auch ohne, dass es diesbezüglich eine ausdrückliche, wirksame Vereinbarung zwischen den Parteien gäbe.
30
Selbst bei Vorliegen eines Versagungsgrundes nach Art. V Abs. 1 oder 2 UNÜ wäre die Anerkennung des Schiedsspruchs im Inland nicht zu versagen. In der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit sei allgemein anerkannt, dass Schiedssprüche zu Gunsten ihrer Wirksamkeit auszulegen seien. Schiedssprüche könnten im Einzelfall trotz des Vorliegens eines Versagungsgrundes für vollstreckbar erklärt werden, und zwar insbesondere dann, wenn der Schuldner einen Versagungsgrund entgegen Treu und Glauben geltend mache. Eine solche Geltendmachung entgegen Treu und Glauben liege hier vor. Die Antragsgegner versuchten, der Anerkennung und Vollstreckung eines Kostenschiedsspruchs dadurch zu entgehen, dass sie sich auf die Unwirksamkeit einer Schiedsvereinbarung beriefen, auf die sie sich bei Erhebung der Schiedsklage selbst gestützt hätten.
31
Den Antragsgegnern sei es ohnehin versagt, sich auf eine vermeintliche Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung zu berufen. Nach den Grundsätzen des deutschen Rechts sei der Antragsgegner im Anerkennungsverfahren nach § 1061 ZPO mit dem Einwand der Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung präkludiert, wenn er sich rügelos auf das Schiedsverfahren eingelassen habe, weil er anderenfalls gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens verstoßen würde. In besonderer Weise gelte dies, wenn der Antragsgegner das Schiedsverfahren unter Berufung auf dieselbe Schiedsabrede, deren Unwirksamkeit er später geltend machen wolle, selbst eingeleitet habe. Erst als das Schiedsgericht nicht wie gewünscht entschieden habe, hätten die Antragsgegner ihre Rechtsauffassung geändert und versuchten nun, sich darauf zurückzuziehen, dass das von ihnen selbst eingeleitete Schiedsverfahren niemals hätte durchgeführt werden dürfen. Dieses Verhalten könne nur als offensichtlich rechtsmissbräuchlich und selbstwidersprüchlich kategorisiert werden.
32
Der Senat hat die mündliche Verhandlung mit Beschluss vom 22. Mai 2024 angeordnet und am 10. Juli 2024 durchgeführt. Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10. Juli 2024 Bezug genommen.
II.
33
Die Vollstreckbarerklärung der schiedsrichterlichen Kostenentscheidung ist abzulehnen und gleichzeitig ist festzustellen, dass die streitgegenständliche Entscheidung in Rn. 466 des Schiedsspruchs im Inland nicht anzuerkennen ist.
34
1. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist zulässig.
35
a) Die Zuständigkeit des Bayerischen Obersten Landesgerichts für die Vollstreckbarerklärung ergibt sich aus § 1025 Abs. 4, § 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 Var. 1, Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 Var. 2 ZPO in Verbindung mit § 7 GZVJu. Ein deutscher Schiedsort besteht nicht. Die Antragsgegnerin zu 1) hat ihren Sitz in Bayern, der Antragsgegner zu 2) hat dort seinen Wohnsitz.
36
b) Der Antrag bezieht sich auf einen ausländischen Schiedsspruch (Anlage ASt 2), dessen Existenz und Authentizität zwischen den Parteien unstreitig ist.
37
Die Regelungen in Art. IV Abs. 1 Buchst. a) und b), Abs. 2 des vorliegend anwendbaren New Yorker Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (UNÜ), das aufgrund des Zustimmungsgesetzes (Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG) des Bundestags innerhalb der deutschen Rechtsordnung im Rang eines Bundesgesetzes steht (BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2023, I ZB 12/23, ZIP 2024, 777 Rn. 8 unter Verweis auf BGBl. 1961 II S. 121), sind nicht als Zulässigkeitsvoraussetzungen, sondern als Beweisbestimmungen zu verstehen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Februar 2001, III ZB 71/99, WM 2001, 971 [972, juris Rn. 11]; BayObLG, Beschluss vom 26. Juni 2024, 101 Sch 116/23 e, juris Rn. 67 m. w. N.). Gleiches gilt für die gemäß Art. VII Abs. 1 UNÜ zu berücksichtigenden anerkennungsfreundlicheren Anforderungen des nationalen Rechts in § 1064 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 ZPO (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 17. Mai 2021, 26 Sch 1/21, juris Rn. 56; Voit in Musielak/Voit, ZPO, 21. Aufl. 2024, § 1064 Rn. 2 m. w. N.).
38
Dass die Antragstellerin den Schiedsspruch weder im Original noch in beglaubigter Abschrift, sondern nur als – nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehenes – elektronisches Dokument vorgelegt hat, ist mangels eines Bestreitens durch die Antragsgegner daher ohne Bedeutung.
39
2. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist unbegründet.
40
a) Ausweislich seiner Begründung ist der Antrag auf Vollstreckbarerklärung entgegen seinem Wortlaut dahin auszulegen, dass die Antragstellerin eine Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs ausschließlich hinsichtlich des zu ihren Gunsten ergangenen Kostenentscheids begehrt. Sie bezeichnet den Schiedsspruch durchgängig als „Kostenschiedsspruch“.
41
b) Gemäß § 1061 Abs. 1 Satz 1 ZPO richtet sich die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche nach dem UNÜ. Die Bestimmungen der Art. V Abs. 1 Buchst. a) bis d), Abs. 2 Buchst. a) und b) UNÜ regeln die Gründe für die Versagung der Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen Schiedsspruchs (BGH a. a. O.), sie gelten insbesondere auch für schweizerische Schiedssprüche (vgl. Schütze in Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl. 2020, § 1061 Rn. 155).
42
Entgegen seinem Wortlaut räumt Art. V UNÜ nach herrschender Meinung dem Gericht kein Ermessen ein (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Juli 2002, 6 Sch 5/02, juris Rn. 6 – zu Art. V Abs. 2 Buchst. b] UNÜ; Voit in Musielak/Voit, ZPO, § 1061 Rn. 28; Saenger in Saenger, ZPO, 10. Aufl. 2023, § 1061 Rn. 8; Münch in Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2022, § 1061 Rn. 18; Dietrich in Kern/Diehm, ZPO, 2. Aufl. 2020, § 1061 ZPO, Rn. 5; a. A. Schlosser in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. 2014, Anhang zu § 1061 Rn. 147; hinsichtlich des Versagungsgrundes des Art. V Abs. 1 Buchst. e] UNÜ auch Wilske/Markert in BeckOK ZPO, 53. Ed. Stand: 1. Juli 2024, § 1061 Rn. 15). Durch die Inkorporation der Regelungen des UNÜ in § 1061 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass das staatliche Gericht unter den im Übereinkommen zugelassenen Voraussetzungen die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs zu versagen hat. Dies ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass dem deutschen Recht ein Ermessen des Richters bezüglich der Geltung eines Versagungsgrundes fremd wäre (Voit a. a. O.).
43
c) Der Anerkennung des Schiedsspruchs steht das Fehlen einer Schiedsvereinbarung entgegen, § 1061 Abs. 1 ZPO i. V. m. Art. V Abs. 1 Buchst. a) UNÜ. Die Antragstellerin war aus unionsrechtlichen Gründen gehindert, ein Angebot zum Abschluss einer Schiedsvereinbarung mit Investoren aus Deutschland abzugeben, das die Antragsgegner hätten annehmen können. Vorrangige Voraussetzung für die Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche ist jedoch das Vorliegen einer wirksamen Schiedsvereinbarung (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 15. März 2019, 19 Sch 12/18, juris Rn. 22).
44
Das mit dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung befasste Gericht ist befugt, die Anerkennung einer Schiedsvereinbarung zu verweigern, wenn sie gegen die öffentliche Ordnung oder gegen zwingende Bestimmungen des Gerichtsstands verstößt. In dieser Hinsicht kann Art. V Abs. 2 Buchst. b) UNÜ analog angewendet werden. Dass Art. II Abs. 1 und 2 UNÜ eine entsprechende Einschränkung nicht vorsehen, steht dem nicht entgegen (vgl. Solomon in Balthasar, International Commercial Arbitration, 2. Aufl. 2021, Part 2 [International Conventions and Treaties] B [The New York Convention] Rn. 135; Adolphsen in Münchener Kommentar zur ZPO, UNÜ Art. II Rn. 32 [zu Art. II Abs. 3 UNÜ]).
45
aa) Nach der nunmehr ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind Art. 267 und 344 AEUV dahin auszulegen, dass sie einer Bestimmung in einer internationalen Übereinkunft zwischen den Mitgliedstaaten entgegenstehen, nach der ein Investor eines dieser Mitgliedstaaten im Fall einer Streitigkeit über Investitionen in dem anderen Mitgliedstaat gegen diesen ein Verfahren vor einem Schiedsgericht einleiten darf, dessen Gerichtsbarkeit sich dieser Mitgliedstaat unterworfen hat, wenn eine entsprechende Schiedsregelung dazu führen kann, dass solche Investitionsstreitigkeiten nicht in einer Weise entschieden werden, die die volle Wirksamkeit des Unionsrechts gewährleistet (vgl. EuGH, Urt. v. 26. Oktober 2021, C-410/19, EuZW 2021, 1097 Rn. 44 f. – PL Holdings; Urt. v. 2. September 2021, C-741/19, SchiedsVZ 2022, 34 Rn. 42 – Komstroy; Urt. v. 6. März 2018, C-284/16, SchiedsVZ 2018, 186 Rn. 60 – Achmea; vgl. auch BGH, Beschluss vom 27. Juli 2023, I ZB 43/22, SchiedsVZ 2023, 289 Rn. 97).
46
Ob die einem Investor in einem Investitionsschutzabkommen zwischen Mitgliedstaaten eröffnete Möglichkeit zur Anrufung eines Schiedsgerichts mit dem Unionsrecht vereinbar ist, hängt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union erstens davon ab, ob sich die Streitigkeiten, über die das Schiedsgericht zu erkennen hat, auf die Auslegung oder Anwendung des Unionsrechts beziehen können. Bejahendenfalls kommt es zweitens darauf an, ob das Schiedsgericht als ein vorlageberechtigtes Gericht im Sinne von Art. 267 AEUV angesehen werden kann oder ob drittens der Schiedsspruch der Kontrolle durch ein Gericht eines Mitgliedstaats unterliegt, die gewährleistet, dass die unionsrechtlichen Fragen, die das Schiedsgericht zu behandeln haben könnte, eventuell im Wege eines Vorabentscheidungsverfahrens dem Gerichtshof der Europäischen Union vorgelegt werden könnten (vgl. EuGH SchiedsVZ 2022, 34 Rn. 48, 51 und 55 – Komstroy; SchiedsVZ 2018, 186 Rn. 39, 43 und 50 – Achmea; vgl. auch BGH, Beschluss vom 17. November 2021, I ZB 16/21, juris Rn. 11).
47
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat seine Rechtsprechung damit begründet, dass eine internationale Übereinkunft die in den Verträgen festgelegte Zuständigkeitsordnung und damit die Autonomie des Rechtssystems der Union, deren Wahrung der Gerichtshof sichert, nicht beeinträchtigen darf. Dieser Grundsatz ist insbesondere in Art. 344 AEUV verankert, nach dem sich die Mitgliedstaaten verpflichten, Streitigkeiten über die Auslegung oder Anwendung der Verträge nicht anders als hierin vorgesehen zu regeln. Auf der Basis gegenseitigen Vertrauens obliegt es den Mitgliedstaaten nach dem in Art. 4 Abs. 3 Unterabsatz 1 EUV niedergelegten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit, in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet insbesondere für die Anwendung und Wahrung des Unionsrechts zu sorgen und zu diesem Zweck alle geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zur Erfüllung der Verpflichtungen, die sich aus den Verträgen oder den Handlungen der Unionsorgane ergeben, zu ergreifen. Die Verträge haben ein Gerichtssystem geschaffen, in dessen Rahmen es gemäß Art. 19 EUV Sache der nationalen Gerichte und des Gerichtshofs ist, die volle Anwendung des Unionsrechts in allen Mitgliedstaaten und den Schutz der Rechte zu gewährleisten, die den Einzelnen aus ihm erwachsen. Das Schlüsselelement des so gestalteten Gerichtssystems besteht in dem in Art. 267 AEUV vorgesehenen Vorabentscheidungsverfahren, das durch die Einführung eines Dialogs von Gericht zu Gericht gerade zwischen dem Gerichtshof und den Gerichten der Mitgliedstaaten die einheitliche Auslegung des Unionsrechts gewährleisten soll (vgl. EuGH SchiedsVZ 2022, 34 [juris Rn. 42 bis 46] – Komstroy; SchiedsVZ 2018, 186 [juris Rn. 32 bis 37] – Achmea; vgl. auch BGH SchiedsVZ 2023, 289 Rn. 98). Überlegungen zur Handelsschiedsgerichtsbarkeit, die auf Parteiautonomie beruht, lassen sich nicht auf Schiedsverfahren wie sie in bilateralen Investitionsschutzverträgen zwischen den Mitgliedstaaten vorgesehen seien, übertragen (vgl. EuGH SchiedsVZ 2018, 186 Rn. 55 – Achmea; vgl. auch BGH ZIP 2024, 777 Rn. 25).
48
bb) Nach diesen Grundsätzen verstößt der Streitbeilegungsmechanismus, wie er im Streitfall in Art. 10 Abs. 2 BIT-CZ und Art. 26 Abs. 2 Buchst. c), Abs. 3 Buchst. a) VEC geregelt ist, gegen das Unionsrecht.
49
(1) Die Schiedsklausel in Art. 10 Abs. 2 BIT-CZ, auf die sich die Antragsgegner bei der Einleitung des Schiedsverfahrens gegen die Antragstellerin unter anderem gestützt hatten, ist der Schiedsklausel in Art. 8 BIT-NL im Wesentlichen inhaltsgleich und verstößt deshalb nach den Grundsätzen der Achmea-Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union gegen Art. 344 und Art. 267 AEUV.
50
Die von der Schiedsklausel erfassten „Meinungsverschiedenheiten in Bezug auf Kapitalanlagen“ (vgl. Art. 10 Abs. 1 BIT-CZ) können sich mangels inhaltlicher Einschränkungen auch auf die Auslegung oder Anwendung des Unionsrechts, insbesondere die Bestimmungen über die Grundfreiheiten, darunter die Niederlassungsfreiheit und die Kapitalverkehrsfreiheit, beziehen. Dies folgt bereits aus dem in Art. 7 Abs. 1 BIT-CZ zugunsten der Investoren vereinbarten Vorrang einer für diese günstigeren Regelung:
„Ergibt sich aus den Rechtsvorschriften einer Vertragspartei oder aus völkerrechtlichen Verpflichtungen, die neben diesem Vertrag zwischen den Vertragsparteien bestehen oder in Zukunft begründet werden, eine allgemeine oder besondere Regelung, durch die den Kapitalanlagen der Investoren der anderen Vertragspartei eine günstigere Behandlung als nach diesem Vertrag zu gewähren ist, so geht diese Regelung dem vorliegenden Vertrag insoweit vor, als sie günstiger ist.“
51
Mit dem Beitritt der Tschechischen Republik, eines der beiden Nachfolgestaaten der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik, zur Europäischen Union am 1. Mai 2004 wurde das Recht der Europäischen Union, das im Zeitpunkt des Abschlusses des BIT-CZ bereits Bestandteil des deutschen Rechts war, auch Teil des in Tschechien geltenden Rechts.
52
Das Schiedsgericht, das den verfahrensgegenständlichen Schiedsspruch erlassen hat, kann nicht als Gericht eines Mitgliedsstaats der Europäischen Union im Sinne von Art. 267 AEUV eingestuft werden, weil es nicht Bestandteil des Gerichtssystems eines Mitgliedstaats war. Das Schiedsgericht wäre deshalb zur Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens nicht befugt gewesen. Nach dem für die Vollstreckbarerklärung maßgeblichen deutschen Recht findet nur eine eingeschränkte gerichtliche Überprüfung des Schiedsspruchs nach § 1061 Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung mit Art. V Abs. 1 Buchst. a) bis d), Abs. 2 Buchst. a) und b) UNÜ statt.
53
(2) Die Schiedsklausel in Art. 26 Abs. 2 Buchst. c), Abs. 3 Buchst. a) VEC, auf die sich die Antragsgegner bei der Einleitung des Schiedsverfahrens ebenfalls berufen hatten, ist nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 2. September 2021 (SchiedsVZ 2022, 34 – Komstroy) dahin auszulegen, dass sie auf Streitigkeiten zwischen einem Mitgliedstaat und einem Investor aus einem anderen Mitgliedstaat über eine Investition des Investors in diesem Mitgliedstaat nicht anzuwenden ist (a. a. O. Rn. 66).
54
Die vom Gerichtshof vorgenommene Auslegung von Art. 26 Abs. 2 Buchst. c) VEC beruht auf denselben Erwägungen, die für die Achmea-Entscheidung maßgeblich waren. Nach Art. 26 Abs. 6 VEC hat das in Art. 26 Abs. 4 VEC vorgesehene Schiedsgericht über die strittigen Fragen in Übereinstimmung mit dem VEC und den geltenden Regeln und Grundsätzen des Völkerrechts zu entscheiden (a. a. O. Rn. 48). Da der Vertrag über die Energiecharta selbst ein Rechtsakt der Union ist (a. a. O. Rn. 49), hat das Schiedsgericht das Unionsrecht auszulegen oder sogar anzuwenden (a. a. O. Rn. 50). Gemäß Art. 26 Abs. 8 VEC sind die Schiedssprüche für die Parteien der betreffenden Streitigkeit endgültig und bindend (a. a. O. Rn. 55).
55
Die Überprüfung des Schiedsspruchs eines solchen Schiedsgerichts durch das Gericht eines Mitgliedstaats ist demnach nicht geeignet, die umfassende Einhaltung des Unionsrechts sicherzustellen; denn es ist nicht gewährleistet, dass die unionsrechtlichen Fragen, die das Schiedsgericht zu behandeln haben könnte, gegebenenfalls im Wege eines Vorabentscheidungsverfahrens dem Gerichtshof vorgelegt werden können (vgl. a. a. O. Rn. 54 ff.). Ein Ad-hoc-Schiedsgericht im Sinne von Art. 26 Abs. 4 Buchst. b), Abs. 6 VEC bildet keinen Bestandteil des Gerichtssystems eines Mitgliedstaats (vgl. a. a. O. Rn. 52) und ist folglich auch nicht befugt, den Gerichtshof mit einem Vorabentscheidungsverfahren anzurufen (a. a. O. Rn. 53). Eine Überprüfung des Schiedsspruchs durch das staatliche Gericht ist nur insoweit möglich, als das innerstaatliche Recht eines Mitgliedstaats dies gestattet (a. a. O. Rn. 57). Nach deutschem Recht findet – wie oben dargelegt – nur eine eingeschränkte gerichtliche Überprüfung des Schiedsspruchs nach dem Maßstab des Art. V UNÜ statt.
56
cc) Durch die Einleitung des Schiedsverfahrens durch die Antragsgegner kam keine im Forumstaat nzuerkennende Schiedsvereinbarung zustande. Unerheblich ist, ob die Schiedsvereinbarung in Staaten, die nicht der Europäischen Union angehören, als wirksam angesehen wird (vgl. etwa: Schweizerisches Bundesgericht, Urt. v. 3. April 2024, 4 A_244/2023 – Königreich Spanien/EDF, veröffentlicht in französischer Sprache auf der Homepage des Bundesgerichts [www.bger.ch]; dazu Wilske/Krahn, IWRZ 2024, 171). Wegen der Unvereinbarkeit der Schiedsklauseln in Art. 10 Abs. 2 BIT-CZ und Art. 26 VEC mit Unionsrecht, insbesondere mit Art. 267, 344 AEUV, fehlt es an einer wirksamen Einwilligung der Antragstellerin in das Schiedsverfahren und damit an einem Angebot der Antragstellerin zum Abschluss einer Schiedsvereinbarung (vgl. BGH SchiedsVZ 2023, 289 Rn. 100; SchiedsVZ 2019, 46 Rn. 28). Aus den am 31. Januar 2014 in den Terms of Appointment (Anlage ASt 3) getroffenen Regelungen zum Schiedsverfahren ergibt sich nichts anderes. Sie enthalten keine gesonderte Schiedsvereinbarung. Im Übrigen könnte eine Ad-hoc-Schiedsvereinbarung, die auf die Umgehung der Verpflichtungen gerichtet ist, die sich für den Mitgliedstaat aus Art. 4 Abs. 3 EUV sowie Art. 267, 344 AEUV ergeben, aus unionsrechtlichen Gründen ebenfalls keine Wirkung entfalten (vgl. EuGH EuZW 2021, 1097 Rn. 47, 56 – PL-Holdings). Hinsichtlich der Argumentation der Antragstellerin, das Schiedsgericht habe sich bei der Kostenentscheidung ausdrücklich auf seine Befugnis nach den – in Ziffer 5.1 der Terms of Appointment vereinbarten – Art. 38 bis 40 der UNCITRAL-Regeln 1976 gestützt, wird auf die Ausführungen unter dd) verwiesen.
57
dd) Die oben dargestellte Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesgerichtshofs ist auch im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigen, in dem nur die vom Schiedsgericht getroffene Kostenentscheidung streitgegenständlich ist.
58
(1) Zwar ist für jede Regelung des Tenors eines Schiedsspruchs gesondert zu prüfen, ob ein Versagungsgrund gemäß Art. V UNÜ vorliegt. Nur „soweit“ ein Versagungsgrund durchgreift, ist die Vollstreckbarerklärung abzulehnen (vgl. BGH, Beschluss vom 2. März 2017, I ZB 42/16, SchiedsVZ 2017, 200 Rn. 22 m. w. N.).
59
(2) Indes greift vorliegend der Ausschlussgrund des Art. V Abs. 1 Buchst. a) UNÜ auch hinsichtlich der schiedsrichterlichen Kostenentscheidung durch, weil nicht nur die Entscheidung über die Hauptsache (vgl. Schiedsspruch Rn. 465), sondern auch der Kostenentscheid (vgl. Schiedsspruch Rn. 466) auf der unionsrechtswidrigen Schiedsvereinbarung beruht. Es trifft nicht zu, dass die Kostenentscheidung völlig unabhängig von der Frage nach der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung ergangen ist.
60
(a) Nach dem Inhalt des Schiedsspruchs ist die Schiedsklage nicht wegen Fehlens einer Schiedsvereinbarung durch (Prozess-)Schiedsspruch zurückgewiesen worden. Vielmehr hat das Schiedsgericht seine Zuständigkeit angenommen, aber das Bestehen von Investitionsschutzansprüchen der Antragsgegner gegen die Antragstellerin verneint und somit – entgegen der Darstellung der Antragstellerin unter Bejahung der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung eine Entscheidung in der Sache getroffen (vgl. Schiedsspruch Rn. 465).
61
Auf dieser Sachentscheidung beruht auch die Kostenentscheidung; denn das Schiedsgericht hat bei der von ihm vorgenommenen Kostenverteilung vor allem berücksichtigt, in welchem Umfang die Schiedsparteien in Bezug auf die im Schiedsverfahren streitigen Fragen jeweils obsiegt haben (vgl. Schiedsspruch Rn. 463 f.). Im Einzelnen hat das Schiedsgericht unter ausdrücklicher Nennung auch des Art. 10 Abs. 2 BIT-CZ ausgeführt, dass nach dieser Bestimmung und Art. 9 Abs. 5 BIT-CZ sowie Art. 40 der UNCITRAL-Schiedsordnung von 1976 die Kosten des Schiedsverfahrens grundsätzlich von der unterlegenen Partei zu tragen seien, das Gericht aber die Kosten zwischen den Parteien aufteilen könne, wenn es diese Aufteilung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls für angemessen halte (vgl. Schiedsspruch Rn. 449). Bei der Ausübung seines Ermessens „im Lichte von Art. 40 der UNCITRAL-Regeln“ hat es zugunsten der Antragstellerin berücksichtigt, dass diese in der Sache obsiegt habe, die Antragsgegner aber in der (Vor-)Frage der steuerlichen Ausnahmeregelung („tax carve-out“) erfolgreich gewesen seien und es angemessen sei, die den Antragsgegnern im Zusammenhang mit der Vertagung entstandenen Kosten zu berücksichtigen (vgl. Schiedsspruch Rn. 463). In Anbetracht dieser Erwägungen ist das Schiedsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Antragstellerin als Schiedsbeklagter 1,75 Millionen US-Dollar an Prozesskosten zuzusprechen seien und die Antragsgegner als Schiedskläger drei Viertel der Kosten des Schiedsverfahrens zu tragen hätten (vgl. Schiedsspruch Rn. 464). Auf dieser Grundlage lautet der Tenor der schiedsgerichtlichen Kostenentscheidung dahin, dass die Antragsgegner an die Antragstellerin innerhalb von 28 Tagen nach Zustellung des Schiedsspruchs den Betrag von 1,75 Millionen US-Dollar und 178.125,50 GBP zu bezahlen haben (vgl. Schiedsspruch Rn. 466).
62
(b) Der Ansicht der Antragstellerin, die maßgebliche Schiedsvereinbarung, auf die sich der Kostenschiedsspruch stütze, sei nicht diejenige im BIT-CZ oder im VEC, vermag der Senat nicht zu folgen. Der Schiedsspruch beruht insgesamt auf der unwirksamen Schiedsvereinbarung gemäß Art. 26 Abs. 2 Buchst. c) VEC und Art. 10 Abs. 2 BIC-CZ.
63
Nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien und nach dem Inhalt der Terms of Appointment (vgl. dort insbesondere Ziff. 2) sollte die Streitigkeit ausschließlich nach Art. 26 Abs. 3 a) i. V. m. Abs. 2 Buchst. c) VEC und Art. 10 Abs. 2 BIT-CZ einem internationalen Schiedsverfahren (vgl. Art. 26 Abs. 3 a] VEC) bzw. einem Schiedsverfahren (vgl. Art. 10 Abs. 2 VEC) unterworfen sein. Die einem Schiedsgericht eingeräumte Kompetenz, über eine Streitigkeit in einem Schiedsverfahren zu entscheiden, erstreckt sich grundsätzlich auch auf die Kosten. Das Schiedsgericht nimmt in der Begründung der Kostenentscheidung ausdrücklich auch auf Art. 10 Abs. 2 BIT-CZ Bezug.
64
Soweit im Schiedsspruch zudem auf Art. 40 der in Ziffer 5.1 der Terms of Appointment von den Schiedsparteien vereinbarten UNCITRAL-Schiedsordnung von 1976 abgestellt wird, enthalten die Terms of Appointment – wie bereits ausgeführt keine gesonderte Schiedsvereinbarung, sondern nur eine Vereinbarung über das schiedsrichterliche Verfahren im Sinne einer Schiedsgerichtsordnung. Dies folgt unmissverständlich aus Ziffer 2 der zu Beginn des Regelwerks aufgeführten Bestimmung „The Dispute and Commencement of Arbitration“, in der ersichtlich deklaratorisch festgehalten wird, dass die Anrufung des Schiedsgerichts auf den Schiedsklauseln des Art. 26 VEC und Art. 10 BIT-CZ beruhe. Unter Ziffer 5 „Applicable Procedural Rules“ werden unter Bezugnahme auf die UNCITRAL-Schiedsordnung von 1976 sodann nur Vereinbarungen über das schiedsgerichtliche Verfahren getroffen. Zwar enthalten Art. 38 bis 40 der UNCITRAL-Schiedsordnung von 1976 Regelungen zur Festlegung der Kosten eines Schiedsverfahrens in einem Schiedsspruch. Dass das Schiedsgericht seine Kostenentscheidung unter anderem auf Art. 40 dieser Schiedsordnung von 1976 gestützt hat, führt aber nicht dazu, dass sich die Zuständigkeit des Schiedsgerichts für den auf der Entscheidung in der Sache beruhenden kostenrechtlichen Teil des Schiedsspruchs aus einer anderen Schiedsvereinbarung ergäbe als aus den für das Schiedsverfahren insgesamt nach dem Willen der Schiedsparteien allein maßgeblichen, allerdings unionsrechtswidrigen Schiedsklauseln der Art. 10 Abs. 2 BIT-CZ und Art. 26 Abs. 2 Buchst. c) VEC.
65
Eine andere Bewertung folgt auch nicht aus Art. 21 UNCITRAL-Schiedsordnung von 1976, auf die das Oberlandesgericht Hamm in seinem Beschluss vom 13. Juli 2012 (25 Sch 3/11, SchiedsVZ 2013, 182 [juris Rn. 22]) abstellt. Der von der Antragstellerin zur Untermauerung ihrer Rechtsauffassung ins Feld geführten Entscheidung lag ein anderer Sachverhalt zugrunde. Das dortige Schiedsgericht hatte seine Zuständigkeit wegen Fehlens einer Schiedsvereinbarung verneint und eine Kostenentscheidung zu Lasten der Schiedskläger getroffen. Vorliegend ist dies nicht der Fall (vgl. zu der genannten Entscheidung im Übrigen die nachfolgenden Ausführungen unter [d] [cc]).
66
Die Antragstellerin kann sich schließlich nicht mit Erfolg auf eine einem Schiedsgericht „gewissermaßen von Natur aus“ innewohnende Befugnis berufen, Kosten zuzusprechen, ohne dass es eine ausdrückliche, wirksame Vereinbarung zwischen den Parteien gäbe („inherent powers“). Das Schiedsgericht hatte bereits keinen Anlass, von einer derartigen Befugnis Gebrauch zu machen, weil es von seiner Zuständigkeit aufgrund einer nach den Art. 10 Abs. 2 BIT-CZ und Art. 26 Abs. 2 Buchst. c) VEC wirksamen Schiedsvereinbarung ausgegangen ist.
67
(c) Für das Durchgreifen des Versagensgrunds der unwirksamen Schiedsvereinbarung gemäß Art. V Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) UNÜ ist es unerheblich, dass die Schiedsklage in der Sache erfolglos war. Die Antragstellerin kann daher nicht mit ihrer Argumentation durchdringen, bei dem für vollstreckbar zu erklärenden Teil des Schiedsspruchs handele es sich nicht um eine Entscheidung über das (Nicht-)Bestehen von Investitionsschutzansprüchen gegen einen Mitgliedsstaat der Europäischen Union, sondern um einen Kostenschiedsspruch, mit dem den Antragsgegnern die Verfahrenskosten lediglich für ihr im Ergebnis erfolgloses Vorgehen gegen die Antragstellerin auferlegt worden seien.
68
Es ist bereits kein selbständiger Kostenschiedsspruch ergangen. Darüber hinaus hat das Schiedsgericht die Kostenentscheidung vor allem auf der Grundlage der Entscheidung in der Sache, wonach die Schiedsklage abzuweisen sei, und somit nicht völlig unabhängig von der Frage nach der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung getroffen. Die Kompetenz, in dem Intra-EU-Investor-Staat-Schiedsverfahren über die Sache selbst durch Abweisung der Schiedsklage als unbegründet und maßgeblich auf dieser Grundlage über die Kosten zu entscheiden, konnte das Schiedsgericht nur deswegen für sich in Anspruch nehmen, weil es die gegen die Wirksamkeit der Schiedsklauseln im BIT-CZ bzw. VEC sprechenden unionsrechtlichen Erwägungen, die noch vor Erlass des Schiedsspruchs in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Unionsrechtswidrigkeit einer Art. 10 Abs. 2 BIT-CZ entsprechenden Klausel („Achmea“) ihren Niederschlag gefunden haben, unberücksichtigt gelassen oder für nicht durchgreifend erachtet hat (vgl. Schiedsspruch Rn. 73).
69
Die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zum Verstoß der Schiedsklauseln gegen Unionsrecht für Intra-EU-Investor-Staat-Schiedsverfahren betrifft auch nicht lediglich die Entscheidungsbefugnis von Schiedsgerichten in der Sache selbst, sondern bezieht sich auch auf die Vollstreckbarkeit der Schiedssprüche, die unter Verkennung der Unionsrechtswidrigkeit der betreffenden Schiedsklauseln ergangen sind. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist das Unionsrecht, insbesondere Art. 267 und 344 AEUV, dahin auszulegen, dass ein Gericht eines Mitgliedstaats, das mit der Vollstreckbarerklärung eines derartigen Schiedsspruchs befasst ist, die Verpflichtung trifft, diesen „Schiedsspruch“ („une telle sentence [arbitrale]“) unangewendet zu lassen; es darf diesen folglich keinesfalls für vollstreckbar erklären (vgl. EuGH, Beschluss vom 21. September 2022, C-333/19 – Romatsa, BeckRS 2022, 26460 Rn. 43: „Une telle sentence ne saurait donc produire aucun effet et ne peut ainsi être exécutée en vue de procéder au versement de l´indemnisation accordée par celle-ci.“). Ein derart mit dem Unionsrecht unvereinbarer Schiedsspruch kann keine Wirkung entfalten. Dem hat sich der Bundesgerichtshof für Intra-EU-Investor-Staat-Schiedsverfahren nach dem ICSID-Übereinkommen auf der Grundlage des Art. 26 Abs. 2 Buchst. c) VEC angeschlossen (vgl. SchiedsVZ 2023, 289 Rn. 70). Die genannten Erwägungen sind ohne weiteres auf den vorliegenden Schiedsspruch einschließlich der auf der Schiedsklageabweisung beruhenden Kostenentscheidung übertragbar, dem eine Investitionsschutzstreitigkeit nach Art. 10 Abs. 2 BIT-CZ bzw. eine Streitigkeit nach Art. 26 Abs. 2 Buchst. c), Abs. 4 Buchst. b) VEC zugrunde liegt.
70
Es führt auch zu keiner anderen Bewertung, dass das Schiedsgericht die Schiedsklage in der Hauptsache abgewiesen hat, denn der Grund für die Unwirksamkeit einer BIT- und ECT-Schiedsvereinbarung wirkt sich auch in einem für den Investor in der Sache selbst nicht erfolgreichen Schiedsverfahren aus. Ein Schiedsgericht, das in einem Intra-EU-Investor-Staat-Schiedsverfahren die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung und damit seine Zuständigkeit bejaht, erachtet sich im Rahmen der Prüfung der Erfolgsaussichten der Schiedsklage zur Auslegung von EU-Recht ohne Kontrollmöglichkeit durch den Gerichtshof der Europäischen Union befugt. Bereits die durch die Schiedsklauseln eingeräumte bloße Möglichkeit der Auslegung des Unionsrechts durch das Schiedsgericht begründet einen Verstoß gegen die Autonomie des Rechtssystems der Europäischen Union. Der Einwand der Antragstellerin, die Auslegung und Anwendung von EU-Recht habe für die Entscheidung des Schiedsgerichts, dem unterlegenen Schiedskläger die Kosten der als unbegründet abgewiesenen Schiedsklage aufzuerlegen, keine Bedeutung, greift somit nicht durch.
71
(d) Auch auf Erwägungen, wie der Schiedsspruch ausgefallen wäre, wenn das Schiedsgericht richtig entschieden hätte, kommt es nicht an.
72
(aa) Ob ein Versagungsgrund durchgreift, ist vorliegend ausschließlich im Hinblick auf den streitgegenständlichen Schiedsspruch zu prüfen. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob das Schiedsgericht auch dann zum Erlass eines Kostenschiedsspruchs befugt gewesen und wie dieser ausgefallen wäre, wenn es seine Zuständigkeit mit Blick auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union abgelehnt und die Schiedsklage aus unionsrechtlichen Gründen zurückgewiesen hätte. Erst recht kann für den Nichtanerkennungsgrund nach Art. V Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) UNÜ dahinstehen, ob es zutrifft, wie die Antragstellerin meint, dass das Schiedsgericht, hätte es seine Zuständigkeit verneint, den Antragsgegnern sogar die gesamten Kosten des Schiedsverfahrens auferlegt oder zumindest keine für die Antragsgegner günstigere Kostenentscheidung getroffen hätte (vgl. zu einer anderslautenden Kostenentscheidung in einem nach Art. 26 VEC geführten Intra-EU-Investor-Staat-Schiedsverfahren, in dem das nach den Schiedsregeln des Instituts für Schiedsverfahren der Stockholmer Handelskammer [SCC] gebildete Schiedsgericht einstimmig die Zustimmung eines Mitgliedstaats zur Schiedsvereinbarung wegen Verstoßes gegen das Unionsrecht für unwirksam erachtet und dementsprechend seine Zuständigkeit verneint hat: Green Power Partners K/S vs. Spain, SCC Case No. V. [2016/135] Rn. 483 ff., https://www.italaw.com/sites/default/files/case-documents/italaw170301.pdf; erwähnt in BGH SchiedsVZ 2023, 289 Rn. 94). Hypothetische Erwägungen, dass die Antragsgegner die streitgegenständlichen Kosten „sowieso“ bzw. „ohnehin“ hätten tragen müssen, weil in einem fiktiven Schiedsverfahren ein Prozess-Schiedsspruch wegen Unzuständigkeit des Schiedsgerichts und eine möglicherweise für die Antragsgegner ungünstigere Kostenentscheidung ergangen wären, sind für die Frage, ob der streitgegenständlichen Kostenentscheidung die Anerkennung zu versagen ist, weil eine Schiedsvereinbarung fehlt, ohne jede rechtliche Relevanz.
73
(bb) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin, dass eine hypothetische, die Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung berücksichtigende Entscheidung für die Antragsgegner nicht günstiger ausgefallen wäre, kann die schiedsgerichtliche Kostenentscheidung nicht so ausgelegt werden, dass der Schiedsspruch insoweit für vollstreckbar erklärt werden kann. In dem ausländischen Schiedsspruch ist bereits nicht der Wille des Schiedsgerichts zum Ausdruck gekommen, seine Zuständigkeit zu verneinen, weil die Schiedsvereinbarung unwirksam sei. Somit verbietet es sich, den Schiedsspruch in einem anderen Sinne auszulegen. Ein deutsches Gericht darf nicht seine eigene Entscheidung an die Stelle derjenigen des Schiedsgerichts setzen oder diese inhaltlich verändern (vgl. BGH, Beschluss vom 30. November 2011, III ZB 19/11, SchiedsVZ 2012, 41 Rn. 6 am Ende).
74
(cc) Soweit die Antragstellerin schließlich unter Hinweis auf „ausdrückliche“ Ausführungen des Oberlandesgerichts Hamm im Beschluss vom 13. Juli 2012 (SchiedsVZ 2013, 182 [juris Rn. 22]) vorbringt, dass ein EU-Investor – sollte es nicht darauf ankommen, dass er die Kosten eines entsprechenden Schiedsverfahrens ohnehin hätte tragen müssen – in Kenntnis der Unzulässigkeit der Schiedsklage ein Intra-EU-Investitionsschutzverfahren einleiten könne, ohne dass er Gefahr liefe, für die Kosten eines solchen Verfahrens aufkommen zu müssen, kann sie auch hiermit nicht durchdringen.
75
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm betrifft zwar ein nach Art. 10 BIT-CZ geführtes Schiedsverfahren. Das dortige Schiedsgericht hatte jedoch nicht wie im Streitfall seine Zuständigkeit bejaht, sondern die Schiedsklage des Investors durch Schiedsspruch mit der Begründung zurückgewiesen, dass die geltend gemachten Schadensersatzansprüche nicht dem Investitionsschutzabkommen unterfielen; außerdem hat es im Schiedsspruch eine Kostenentscheidung zu Lasten des Investors getroffen (OLG Hamm SchiedsVZ 2013, 182 [juris Rn. 7, 20 und 22]).
76
Das Oberlandesgericht Hamm ist von dem „Bestehen einer Schiedsvereinbarung“ für die schiedsgerichtliche Kostenentscheidung (a. a. O. Rn. 18) mit der Begründung ausgegangen, dass das Schiedsgericht gemäß Art. 21 der „Uncitral Schiedsordnung“ (gemeint ist offenbar die UNCITRAL-Schiedsordnung von 1976) die Möglichkeit habe, darüber zu entscheiden, ob die geltend gemachten Ansprüche in dem Schiedsverfahren geltend gemacht werden können, und die Schiedsklage (wegen Fehlens einer Schiedsvereinbarung) mit einer entsprechenden Kostenfolge zurückzuweisen. Es wäre in sich widersprüchlich, würde man die Vollstreckbarerklärung wegen Fehlens einer Schiedsvereinbarung versagen, da der Gegner des Schiedsverfahrens sonst nie seinen Kostenanspruch realisieren könnte (a. a. O. Rn. 22).
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Die Entscheidung ist für das vorliegende Verfahren auf Vollstreckbarerklärung nicht relevant, da ihr ein anderer Sachverhalt zugrunde liegt. Das hiesige Schiedsgericht hat nicht entschieden, dass es unzuständig sei. Vielmehr ist es von dem Vorliegen einer Schiedsvereinbarung ausgegangen und hat auf dieser Grundlage die Schiedsklage als unbegründet abgewiesen. Ausgehend hiervon hat es gestützt auf die Schiedsklauseln des Art. 26 Abs. 2 Buchst. c) VEC und Art. 10 Abs. 2 BIT-CZ eine Kostenentscheidung für das Schiedsverfahren getroffen, welche wesentlich auf das Ergebnis in der Hauptsache abstellt. Auf eine Kompetenz des Schiedsgerichts für die Kostenentscheidung trotz fehlender Schiedsvereinbarung und Unzuständigkeit des Schiedsgerichts gemäß Art. 21 UNCITRAL-SchiedsUNÜordnung von 1976 kommt es vorliegend nicht an, da das Schiedsgericht nach dem Inhalt seines Schiedsspruchs seine Zuständigkeit vorliegend bejaht und eben gerade nicht verneint hat.
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ff) Es ist den Antragsgegnern nicht verwehrt, sich auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und das sich daraus ergebende Fehlen einer Schiedsvereinbarung zu berufen.
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(1) Seit der Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts durch das Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetz vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3224) bestimmt § 1061 Abs. 1 Satz 1 ZPO, dass sich die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche nach dem UNÜ richtet. Wie bereits oben ausgeführt regeln die Bestimmungen des Art. V Abs. 1 Buchst. a) bis d), Abs. 2 Buchst. a) und b) UNÜ die Gründe für eine Versagung der Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen Schiedsspruchs. Einen Vorbehalt der Geltendmachung ausländischer Rechtsbehelfe gegen den Schiedsspruch enthalten weder § 1061 ZPO noch Art. V UNÜ. Im Rahmen des durch das nationale Recht in Bezug genommenen UNÜ kann deshalb der Einwand eines Anerkennungsversagungsgrunds nicht unter Hinweis auf eine unterlassene Geltendmachung befristeter Rechtsbehelfe im Ausland zurückgewiesen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2023, I ZB 37/23, SchiedsVZ 2024, 311, Rn. 25; zur Rüge der fehlenden [wirksamen] Schiedsvereinbarung gemäß Art. V Abs. 1 Buchst. a] UNÜ vgl. Beschluss vom 16. Dezember 2010, III ZB 100/09, BGHZ 188, 1 [juris Rn. 10]; OLG Köln, Beschluss vom 15. März 2019, 19 Sch 12/18, juris Rn. 38).
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(2) Der Einwand des Fehlens oder der Ungültigkeit einer Schiedsvereinbarung kann allerdings wegen eines Verstoßes gegen Treu und Glauben gemäß § 242 BGB unbeachtlich sein. Ein solcher Verstoß in Form eines treuwidrigen und widersprüchlichen Verhaltens wird insbesondere dann angenommen, wenn der Schiedskläger, der das Schiedsgericht selbst angerufen hat, sich dann, wenn der Schiedsspruch zu seinen Ungunsten ergangen ist, auf eine Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung beruft (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 26. August 2021, 26 Sch 17/20, juris Rn. 39; OLG München, Beschluss vom 5. Februar 2018, 34 Sch 28/16, juris Rn. 41 jeweils m. w. N.).
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Ob es den Antragsgegnern überhaupt nach § 242 BGB verwehrt sein könnte, sich auf die Europarechtswidrigkeit der Schiedsvereinbarung zu berufen, erscheint wegen der Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur effektiven Anwendung des Unionsrechts fraglich (vgl. BGH SchiedsVZ 2019, 46 Rn. 43), bedarf vorliegend aber keiner Entscheidung (s. u. [3]).
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Eine Rechtsausübung kann unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen. Dabei ist zu beachten, dass es sich um einen engen Ausnahmetatbestand handelt (BGH, Beschluss vom 31. Oktober 2018, I ZB 2/15, SchiedsVZ 2019, 46 Rn. 55).
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(3) Hier liegt eine besondere Situation vor, die das Verhalten der Antragsgegner nicht treuwidrig erscheinen lässt. Die Antragsgegner haben im Jahr 2013 das Schiedsgericht angerufen, weil die Antragstellerin ihr Angebot auf Abschluss einer Schiedsvereinbarung trotz ihres zum 1. Mai 2004 erfolgten Beitritts zur Europäischen Union aufrechterhalten hat. Die Investitionen der Antragsgegner sind erst nach dem Beitritt erfolgt (vgl. Anlage ASt 2 Rn. 401 ff.). Die Antragsgegner mussten deshalb zwar in Erwägung ziehen, dass das im Verhältnis der Vertragsparteien nunmehr vorrangig geltende Unionsrecht Einfluss auf die Regelungen des BIT haben konnte (vgl. BGH SchiedsVZ 2019, 46 Rn. 45), für die Antragstellerin gilt aber nichts anderes. Die Antragstellerin hat im Schiedsverfahren indes gegen die Zuständigkeit des Schiedsgerichts zunächst nur eingewandt, bei den von den Schiedsklägern angefochtenen Maßnahmen handele es sich um Steuermaßnahmen im Sinne des Art. 21 VEC, die der Schiedsgerichtsbarkeit nicht zugänglich seien. Nachdem die Europäische Kommission am 22. Juli 2014 beantragt hatte, ihre Ansicht insbesondere zur Zuständigkeit des Schiedsgerichts darlegen zu dürfen (vgl. Anlage ASt 2 Rn. 36), hat die Antragstellerin ausweislich der Darstellung im Schiedsspruch (vgl. Anlage ASt 2 Rn. 73) in ihrem Schriftsatz vom 29. Januar 2016 („Counter-Memorial“) den Einwand der Kommission nicht verfolgt, sondern erklärt „Accordingly, the Czech Republic does not pursue the jurisdictional objection articulated by the Commission before this Tribunal“ und damit – nach Ansicht des Schiedsgerichts – auf die Erhebung von Einwendungen gegen dessen Zuständigkeit aus unionsrechtlichen Gründen verzichtet („it had waived any objection on the EU jurisdictional point“). Der von der Europäischen Kommission vertretenen Rechtsansicht sind die Antragsgegner zwar – ebenfalls noch vor Erlass der Achmea-Entscheidung – entgegengetreten (vgl. als Anlage ASt 15 auszugsweise vorgelegter Schriftsatz vom 16. Mai 2016), auch dies lässt ihr Verhalten jedoch nicht treuwidrig erscheinen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union wäre vielmehr die Antragstellerin als Mitgliedstaat verpflichtet gewesen, vor dem Schiedsgericht dessen Unzuständigkeit mangels einer Schiedsvereinbarung zu rügen, sobald eine Streitigkeit aufgrund einer unionsrechtswidrigen Verpflichtung bei einer Schiedsstelle anhängig gemacht wird (vgl. EuGH EuZW 2021, 1097 Rn. 52 – PL-Holdings; vgl. auch BGH SchiedsVZ 2023, 289 Rn. 80). Die Interessen der Antragstellerin sind im Hinblick auf das Verhalten der Antragsgegner jedenfalls nicht vorrangig schutzwürdig. Ohne Erfolg beruft sich die Antragstellerin auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm (SchiedsVZ 2013, 182 [juris Rn. 24 f.]), die zwar ebenfalls das BIT-CZ betrifft, der aber eine mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbare Konstellation zugrunde lag (s. o. dd] [2] [d] [cc]).
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(4) Aus denselben Gründen kommt auch eine Präklusion nicht in Betracht.
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gg) Aus dem Übereinkommen zur Beendigung bilateraler Investitionsschutzverträge zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (ABl. 2020, L 169, S. 1) ergibt sich keine abweichende Bewertung (vgl. auch Bungenberg EuZW 2020, 445). Wie Art. 4 Abs. 1 dieses Abkommens bestätigt, konnte ab dem Tag des Beitritts der Tschechischen Republik zur Europäischen Union Art. 10 Abs. 2 BIT-CZ nicht mehr als Rechtsgrundlage für ein Schiedsverfahren zwischen einem Investor und diesem Mitgliedstaat dienen (vgl. EuGH EuZW 2021, 1097 Rn. 46 – PL Holdings).
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d) Ob die Vollstreckbarerklärung und Anerkennung der Kostenentscheidung mangels einer Schiedsvereinbarung auch wegen eines Verstoßes gegen den ordre public nach Art. 5 Abs. 2 Buchst. b) UNÜ zu versagen wäre (vgl. Adolphsen in Münchener Kommentar zur ZPO, UNÜ Art. V Rn. 72; allg. offenlassend BGH ZIP 2024, 777 Rn. 26), bedarf vorliegend keiner Entscheidung.
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e) Desgleichen kann dahinstehen, ob – wie die Antragsgegner meinen – der Versagungsgrund der fehlenden objektiven Schiedsfähigkeit gemäß Art. V Abs. 2 Buchst. a) UNÜ gegeben ist (offengelassen in BGH ZIP 2024, 777 Rn. 26; vgl. außerdem EuGH, Gutachten v. 30. April 2019, Gut 1/17, juris Rn. 21 und 106 bis 161 [zu Art. 8.31 CETA-Abkommen EU-Kanada]).
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f) Da die schiedsrichterliche Kostenentscheidung nicht für vollstreckbar zu erklären ist, haben auch die Anträge zu 2. und 3. keinen Erfolg. Es bedarf keiner Entscheidung, inwieweit der Schiedsspruch im Rahmen einer Vollstreckbarerklärung konkretisiert werden könnte.
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3. Da der Antrag auf Vollstreckbarerklärung der schiedsrichterlichen Kostenentscheidung abzulehnen ist, ist zugleich feststellend auszusprechen, dass der Schiedsspruch insoweit im Inland nicht anzuerkennen ist, § 1061 Abs. 2 ZPO.
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Den Antrag der Antragsgegner zu Ziffer II auf Feststellung, dass der verfahrensge-genständliche Schiedsspruch im Inland nicht anzuerkennen sei, legt der Senat nicht als eigenständigen Feststellungsantrag aus, sondern als deklaratorische Wiedergabe der mit der unter Ziffer I beantragten Ablehnung der Vollstreckbarerklärung verbundenen Rechtsfolge des § 1061 Abs. 2 ZPO.
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Nach dieser Vorschrift stellt das Gericht dann, wenn die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs abzulehnen ist, fest, dass der Schiedsspruch im Inland nicht anzuerkennen ist. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung bezieht sich – aus den oben dargelegten Gründen – allein auf die schiedsgerichtliche Kostenentscheidung im Schiedsspruch vom 2. Mai 2018 (Rn. 466). Mit ihrer erstmals im Schriftsatz vom 11. Dezember 2023 vorgebrachten Argumentation, der gesamte Schiedsspruch – einschließlich seines Kostenausspruchs – sei im Inland nicht anzuerkennen, sind die Antragsgegner lediglich der von der Antragstellerin vertretenen Rechtsansicht entgegengetreten. Dafür spricht auch, dass sie in ihren Schriftsätzen vom 26. Juli 2023 und 11. Dezember 2023 jeweils ausgeführt haben, der antragsgegenständliche Schiedsspruch sei gemäß § 1061 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO im Inland nicht anzuerkennen.
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Die Rechtsfolge der Nichtanerkennung tritt unmittelbar kraft Gesetzes ein, ohne dass vorher ein Feststellungsverfahren vor einem staatlichen Gericht durchgeführt werden müsste (Geimer in Zöller, ZPO, § 1061 Rn. 19). Nach Einleitung eines Vollstreckbarerklärungsverfahrens fehlt dem Antragsgegner deshalb für eine entsprechende Feststellungsklage das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 9. März 2023, I ZB 33/22, SchiedsVZ 2023, 228 Leitsatz 3, Rn. 92 ff.).
III.
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1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
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2. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 39 Abs. 1, § 43 Abs. 1, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO.
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In Verfahren auf Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen entspricht der Streitwert dem Wert der zu vollstreckenden Forderungen ohne Nebenforderungen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Januar 2023, I ZB 31/22, juris Rn. 5, 9; Beschluss vom 16. Mai 2019, I ZB 46/18, SchiedsVZ 2019, 351 Rn. 5; Beschluss vom 29. März 2018, I ZB 12/17, juris Rn. 4).
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Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist lediglich der in dem Schiedsspruch enthaltene Kostenentscheid. Die der Antragstellerin vom Schiedsgericht zuerkannten Beträge von 1.750.000,00 US-Dollar und 178.125,50 Britischen Pfund addierten sich auf umgerechnet 1.844.461,83 € (1.636.197,50 € + 208.264,33 €).