Inhalt

VG Bayreuth, Urteil v. 20.02.2024 – B 5 K 22.922
Titel:

Anerkennung der COVID-19-Erkrankung eines Mitarbeiters am Jugendamt als Dienstunfall

Normenketten:
VwGO § 88, § 113 Abs. 1 S. 5
BayBeamtVG Art. 46 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1
Leitsätze:
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist für das für einen Dienstunfall erforderliche Tatbestandsmerkmal "zeitlich bestimmbar" die bloße Eingrenzbarkeit des Zeitraums der Infektion oder die abstrakte Bestimmbarkeit ihres Zeitpunktes nicht ausreichend. Insbesondere reicht bei Infektionen nicht aus, dass die Inkubationszeit und der Ort, an dem sich der Beamte während dieser Zeit aufgehalten hat, bekannt sind. Vielmehr müssen Ort und Zeitpunkt der Infektion feststehen. Deshalb müssen die Angaben zu den Umständen des konkreten Ereignisses in zeitlicher und örtlicher Hinsicht in ihrer Gesamtheit so bestimmt sein, dass das Ereignis Konturen erhält, auf Grund derer es von anderen Geschehnissen eindeutig abgegrenzt werden kann. Jede Verwechslung mit einem anderen Ereignis muss ausgeschlossen sein. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Von einer besonderen Ansteckungsgefahr und damit dem Vorliegen einer Berufserkrankung kann ausgegangen werden bei signifikant gehäuftem Auftreten einer Krankheit im Tätigkeitsbereich des Beamten. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anerkennung, COVID-19-Erkrankung, Mitarbeiter, Jugendamt, Dienstunfall, zeitliche und örtliche Bestimmbarkeit, Ansteckung, Berufskrankheit, Kontakt, Indexperson, Hinzutreten, zusätzliche risikoerhöhende Faktoren, Gelegenheitsursache, Kausalität, Ansteckungszeitpunkt, Nachweis, Hygienemaßnahmen, Aerosole, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, Beweislast, besonderes Ausgesetztsein
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 09.09.2024 – 3 ZB 24.717
Fundstelle:
BeckRS 2024, 23911

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt die Anerkennung seiner Coronainfektion als Dienstunfall.
2
Der am … geborene Kläger war als Regierungsamtmann am Landratsamt … im Amt für Jugend, Familie und Senioren tätig. Seit März 2020 leistete der Kläger seinen Dienst im Homeoffice mit Ausnahme von nicht verschiebbaren Terminen, die mit Besuchern des Jugendamtes nur persönlich abgehalten werden konnten. Am Montag, den 01.03.2021, um 9:00 Uhr befand sich der Kläger bei einem solchen Beurkundungstermin mit einer hochschwangeren Frau und deren Lebenspartner zur Anerkennung der Vaterschaft und gemeinsamen elterlichen Sorge für das erwartete Kind in seinem Dienstzimmer am Landratsamt … Am 04.03.2021 erhielt der Kläger einen Anruf, dass die hochschwangere Frau und ihr Lebenspartner positiv auf das Coronavirus SARS-CoV-2 getestet worden seien. Der beim Kläger am 04.03.2021 durchgeführte PCR-Test ergab ein positives Ergebnis. Zum 01.06.2023 wurde der Kläger wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt.
3
Mit Formblatt vom 09./11.03.2021 beantragte der Kläger die Anerkennung der Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 vom 01.03.2021 als Dienstunfall. Mit Bescheid vom 26.03.2021 lehnte das Landesamt für Finanzen, Dienststelle …, die Anerkennung der Infektion als Dienstunfall ab und verneinte die Gewährung beamtenrechtlicher Unfallfürsorgeleistungen. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass es sich bei der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 um eine Allgemeingefahr gehandelt habe und der unfallrechtlich erforderliche ursächliche Zusammenhang im Sinne von Art. 46 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Beamtenversorgungsgesetz (BayBeamtVG) fehle. Die Infektion sei eine Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos gewesen und es habe bei dem Beurkundungstermin an einer besonderen, über die Allgemeingefahr einer Ansteckung hinausgehenden Infektionsgefahr gefehlt. In Bezug auf die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Art. 46 Abs. 3 BayBeamtVG habe der Kläger den dafür erforderlichen einzelfallbezogenen Nachweis, dass im fraglichen Zeitraum eine Tätigkeit ausgeübt worden sei, bei der die Gefahr an Covid-19 zu erkranken typischerweise besonders erhöht gewesen sei, nicht vorlegen können.
4
Mit Schreiben vom 22.04.2021, beim Beklagten eingegangen am 23.04.2021, legte der Kläger gegen den Bescheid vom 26.03.2021 Widerspruch ein. Aufgrund der Corona-Pandemie sei dem Kläger seit März 2020 die Arbeit im Homeoffice genehmigt worden. Am 01.03.2021 habe er einen Beurkundungstermin, der nach dem Beurkundungsgesetz ein persönliches Erscheinen erfordert habe, mit einer hochschwangeren Frau und deren Lebenspartner wahrgenommen, der von 9:00 bis 10:00 Uhr im Landratsamt … stattgefunden habe. Nach Erledigung kleinerer Büroarbeiten habe der Kläger gegen 12:00 Uhr seine Arbeit vom Homeoffice aus wieder aufgenommen. Für den Rest der Woche hätten keine weiteren Termine im Landratsamt angestanden. Am Donnerstag, den 04.03.2021, habe der Kläger einen Anruf von der werdenden Mutter erhalten mit der Nachricht, dass sie und ihr Lebenspartner sich mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 angesteckt hätten. Das Gesundheitsamt habe dem Kläger kurze Zeit später mitgeteilt, dass er von dem Paar als Kontaktperson angegeben worden sei. Der daraufhin durchgeführte PCR-Test sei beim Kläger positiv ausgefallen. Die Ehefrau und die beiden Kinder des Klägers seien am 18.03.2021 negativ getestet worden. Der Kläger versicherte, dass er sich vor und nach dem Termin am 01.03.2021 im Landratsamt ausschließlich daheim aufgehalten habe und dort zu keiner Person außer seiner Ehefrau und seinen beiden Kindern in Kontakt gewesen sei. Die Ansteckung sei nicht im Rahmen einer Allgemeingemeingefahr erfolgt, sondern nachweislich im Rahmen einer dienstlich angeordneten Ausübung der Dienstpflicht in den Diensträumen des Landratsamtes. Dies bestätige auch eine Bescheinigung des Gesundheitsamtes … vom 26.04.2021, ausgestellt von der Medizinaldirektorin Frau Dr. med. …, wonach aus amtsärztlicher Sicht die Ansteckung am 01.03.2021 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit direkte Ursache für die Erkrankung gewesen sei.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 23.08.2022 wies das Landesamt für Finanzen den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung wurde auf die Ausführungen im Ausgangsverfahren Bezug genommen. Bei der Tätigkeit des Klägers im Jugendamt des Landratsamtes … mit gelegentlichen Kontakten mit Personen bei persönlich abzuhaltenden Terminen habe eine über das allgemeine Lebensrisiko hinausgehende, besonders erhöhte Infektionsgefahr nicht vorgelegen, weshalb es an einer dienstlichen Verursachung fehle.
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Mit Schriftsatz vom 27.09.2022, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag eingegangen, ließ der Kläger um Rechtsschutz nachsuchen und in der mündlichen Verhandlung beantragen,
Der Bescheid vom 26.03.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.08.2022 wird aufgehoben und das Ereignis vom 01.03.2021 als Dienstunfall im Sinne des Art. 46 BayBeamtVG anerkannt.
Hilfsweise, unter Aufhebung des Bescheids vom 26.03.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.08.2022 den Beklagten zu verpflichten, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden über die Anerkennung des Ereignisses vom 01.03.2021 als Dienstunfall im Sinne des Art. 46 BayBeamtVG.
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Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren wird für notwendig erachtet.
8
Zur Begründung wurden im Wesentlichen die im Widerspruchsverfahren vorgebrachten Tatsachen und Rechtsansichten aufgeführt. Die Ansteckung sei allein auf den dienstlichen Kontakt am 01.03.2021 zurückzuführen. Der Kläger habe sich an einem bestimmten Ort zu einem konkret bestimmbaren Zeitpunkt infiziert. Andere Möglichkeiten einer Infizierung seien mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen. Der Kläger habe außer zu seiner Ehefrau und seinen Kindern keinen Kontakt zu sonstigen Personen gehabt, insbesondere keine Versorgungswege vorgenommen oder Besuch empfangen.
9
Mit Schriftsatz vom 26.06.2023 beantragte das Landesamt für Finanzen für den Beklagten,
die Klage abzuweisen.
10
Zur Begründung wurde zunächst auf den Ausgangs- und Widerspruchsbescheid verwiesen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs würden im Dienstunfallrecht die allgemeinen Beweisgrundsätze gelten. Dem Beamten, der den Anspruch geltend mache, obliege die volle Beweislast für die anspruchsbegründenden Voraussetzungen. Der Kläger könne nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit belegen, dass er sich am 01.03.2021 während des Beurkundungstermins mit dem Coronavirus angesteckt habe. Es sei nicht durch Vorlage entsprechender Testergebnisse belegt, dass die behaupteten Kontaktpersonen am 01.03.2021 tatsächlich mit dem Coronavirus infiziert gewesen seien. Die Bestätigung in der Bescheinigung von Frau Dr. med. … vom 26.04.2021 sei allein auf eine Erklärung des Klägers gestützt worden. Es sei weder belegt, dass der Kläger vor der positiven Testung am 04.03.2021 zu keiner anderen Person Kontakt gehabt habe, noch, dass sämtliche Familienmitglieder in der Woche vor und nach dem 04.03.2021 nicht mit dem Coronavirus infiziert gewesen seien. Die vorgelegten Testnachweise der Ehefrau und der Kinder des Klägers würden auf Proben beruhen, die am 18.03.2021 und somit 14 Tage nach der positiven Testung des Klägers entnommen worden seien. Der Kläger sei am 04.03.2021 positiv auf das Coronavirus getestet worden. Rückschlüsse auf den genauen Ansteckungszeitpunkt ließen sich aus diesem Datum nicht ziehen, vielmehr könne die Ansteckung zu jedem beliebigen Zeitpunkt innerhalb der Inkubationszeit erfolgt sein. Diese betrage im Median 5,8 Tage, könne aber auch deutlich über dieser Dauer liegen. Die maximale Inkubationszeit für 95% der Infizierten sei vom RKI mit 11,7 Tagen angegeben worden. Dabei sei die Inkubationszeit nicht einheitlich, sondern könne je nach Fall unterschiedlich lange dauern. Zudem könnten auch symptomlos Infizierte das Virus übertragen. Angesichts der im Landkreis … am 01.03.2021 gemessenen 7-Tage-Inzidenz von 89,5 könne eine (symptomlose) Infektion der Familienangehörigen im maßgeblichen Zeitraum nicht ausgeschlossen werden. Gegen eine Ansteckung des Klägers am 01.03.2021 während des Beratungsgesprächs würden außerdem die im betreffenden Zeitraum bayernweit und konkret für den Besucherverkehr im Landratsamt … geltenden Hygienevorschriften sprechen. Im maßgeblichen Zeitraum sei ein Mindestabstandsgebot von 1,5 m, das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung auf den Begegnungs- und Verkehrsflächen von öffentlichen Gebäuden und das Achten auf ausreichende Belüftung vorgeschrieben gewesen. Laut der Dienstanweisung des Landrats Herrn … … vom 19.02.2021 habe im Landratsamt … am 01.03.2021 das Maskenschutzkonzept vom 16.10.2020 in der Fassung vom 30.10.2020 gegolten. Unter der Überschrift II.2 „Publikumsverkehr/Externe Personen“ sei dort geregelt gewesen, dass von den Beschäftigten und Kunden eine Mund-Nasen-Bedeckung getragen werden müsse, soweit die Mindestabstände von 1,5 m nicht sicher eingehalten werden könnten. Die Erkrankung des Klägers an dem Coronavirus könne auch nicht gemäß Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayBeamtVG als Dienstunfall gelten. Diese könnte nur dann als Infektionskrankheit unter Nr. 3101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) gefasst werden, wenn die erkrankte Person im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig sei oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt gewesen sei. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setze die Annahme der vierten Variante der Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV in einem ersten Schritt voraus, dass der Tätigkeitsbereich des betreffenden Beamten seiner Art nach mit einer abstrakten Gefahrenlage verbunden sei, die mit derjenigen der anderen drei Regelungsvarianten der Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV vergleichbar sei. Im zweiten Schritt sei zu prüfen, ob die im Rahmen der Tätigkeit konkret ausgeübten Verrichtungen zu einem bestimmten Zeitpunkt oder in einem bestimmten Zeitraum mit einer konkreten Gefährdung (d.h. einer erhöhten Infektionsgefahr) verbunden gewesen seien. Diese konkrete Gefährdung sei zum einen abhängig vom Durchseuchungsgrad des Tätigkeitsumfeldes und zum anderen von der Übertragungsgefahr bei den ausgeübten Verrichtungen. Diese Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei auch im Dienstunfallrecht der Beamten maßgeblich. Der Beamte müsse nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung besonders ausgesetzt gewesen sein, es könne nicht alleine auf die Durchseuchung des beruflichen Tätigkeitsumfeldes abgestellt werden. Die Einordnung einer Infektion als Berufskrankheit setze voraus, dass die zur Zeit der Infektion konkret ausgeübte dienstliche Tätigkeit erfahrungsgemäß im Ganzen gesehen ihrer Art nach unter den besonderen, zur Zeit der Krankheitsübertragung bestehenden tatsächlichen Verhältnissen und Begleitumständen eine hohe Wahrscheinlichkeit der Erkrankung in sich berge. Diese besondere Gefährdung müsse für die dienstliche Verrichtung typisch und in erheblich höherem Maße als bei der übrigen Bevölkerung vorhanden sein. Der Kläger sei ein Verwaltungsbeamter, der nach eigenem Vortrag in der Regel im Homeoffice gearbeitet habe. Kontakt zu anderen Personen habe der Kläger nur ausnahmsweise im Rahmen von nicht verschiebbaren Beratungs- und Beurkundungsterminen gehabt, bei denen die Einhaltung sämtlicher Hygienevorgaben (Abstandsgebot, Mund-Nasen-Schutz, Belüftung) unbestritten möglich gewesen sei. Ein besonderer Körperkontakt sei nicht erforderlich gewesen. Der Prozentsatz potentieller Infektionsträger sei bei der Kundschaft des Jugendamtes nicht höher als im Bevölkerungsdurchschnitt.
11
Dazu nahm der Klägerbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 02.08.2023 Stellung. Er regte die Zeugeneinvernahme der Ehefrau und beiden Kinder sowie der beiden bei dem Beurkundungstermin am 01.03.2021 anwesenden Personen an. Die Infektionserkrankung sei bereits als Dienstunfall im Sinne von Art. 46 Abs. 1 BayBeamtVG anzuerkennen. In Bezug auf Art. 46 Abs. 3 BayBeamtVG sei zu erwähnen, dass die Vornahme amtlicher Beurkundungen im Bedarfsfall dienstlich angeordnet gewesen sei. Da die Beurkundung höchstpersönlich vorzunehmen gewesen sei, habe keine Möglichkeit bestanden, diese Tätigkeit im Homeoffice auszuführen. Die Beurkundung habe auch aufgrund der hierzu erforderlichen elektronischen Vorrichtungen im Dienstzimmer des Klägers vorgenommen werden müssen. Das Dienstzimmer des Klägers habe eine Größe von ca. 16 m² und die Beurkundung habe ca. eine Stunde gedauert. Aufgrund der räumlichen Enge sei es nicht möglich gewesen, während der gesamten Beurkundung das vorgeschriebene Abstandsgebot einzuhalten. Des Weiteren sei als bekannt vorauszusetzen, dass ein Mund-Nasen-Schutz ab ca. 20 Minuten keinen ausreichenden Schutz vor einer Infektion mehr bieten würde. Aus diesen Gründen sei die Tätigkeit des Klägers nach ihrer Art mit einer abstrakten Gefahrenlage verbunden gewesen, welche mit derjenigen der anderen drei Varianten der Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV vergleichbar sei.
12
Mit Schriftsatz vom 29.08.2023 nahm der Beklagte erneut Stellung. Die Voraussetzungen eines Dienstunfalles, bei dem der Kläger am 01.03.2021 durch das nicht näher bezeichnete, werdende Elternpaar mit dem Coronavirus infiziert worden sein solle, könne auch nicht durch eine Zeugeneinvernahme der Ehefrau und Kinder des Klägers sowie des Elternpaares belegt werden. Die Behauptung, der Kläger habe sich nicht bei seinen Familienangehörigen angesteckt, ließe sich nur belegen, wenn für die gesamte Inkubationszeit des Klägers vor dem 04.03.2021, dem Tag der positiven Testung, für alle Familienangehörigen eine Infektion ausgeschlossen werden könne. Ein derartiger Ausschluss könne nur durch negative Testergebnisse für den betreffenden Inkubationszeitraum belegt werden. Die vorgelegten negativen Testnachweise der Familienangehörigen beruhten auf Proben, die am 18.03.2021, also 14 Tage nach der positiven Testung des Klägers, entnommen worden seien. Für das als Infektionsquelle angegebene Elternpaar seien keine positiven Testergebnisse vorgelegt worden, die eine Infektion des Elternpaares am 01.03.2021 belegen könnten. Wie in der Klageerwiderung vom 26.06.2023 bereits dargestellt, sei eine Infektion des Klägers durch das Elternpaar am 01.03.2021 darüber hinaus wegen der Sicherheitsvorkehrungen nicht zu belegen. In § 1 und § 24 Abs. 1 der im maßgeblichen Zeitraum geltenden Elften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (BayMBl. 2020 Nr. 737 – 11. BayIfSMV) sei nicht nur das Mindestabstandsgebot von 1,5 m und das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung vorgeschrieben gewesen, sondern sei auch das Achten auf ausreichende Belüftung Teil der Sicherheitsvorkehrungen gewesen. Laut Aussage des Klägers im Dienstunfallantrag vom 09.03.2021 seien die Sicherheitsvorkehrungen eingehalten worden.
13
Hinsichtlich der mündlichen Verhandlung vom 20.02.2024 wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen. Ergänzend wird auf die Gerichts- und Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

14
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger – bei Auslegung seines Begehrens nach § 88 VwGO – die Aufhebung des Bescheides vom 26.03.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.08.2022 und die Verpflichtung des Beklagten, das Ereignis vom 01.03.2021 als Dienstunfall anzuerkennen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO – I.), hilfsweise die Verpflichtung des Beklagten zur (Neu-)Verbescheidung des Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO – II.).
I.
15
Die so verstandene Klage ist zulässig, jedoch in der Sache ohne Erfolg. Der Bescheid des Landesamtes für Finanzen vom 26.03.2021 sowie der Widerspruchsbescheid vom 23.08.2022 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung seiner durch das PCR-Testergebnis vom 04.03.2021 nachgewiesenen Infektion mit SARS-CoV-2 und seiner Erkrankung an Covid-19 als Dienstunfall (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
16
Ein Anspruch des Klägers auf Anerkennung der Infektion als Dienstunfall ergibt sich weder aus Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG (1.) noch aus Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayBeamtVG (2.).
17
1. Nach Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG ist ein Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist. Grundsätzlich kann auch die im Dienst erfolgte Ansteckung mit einer Infektionskrankheit einen Dienstunfall darstellen (vgl. BVerwG, U.v. 28.01.1993 – 2 C 22/90 – juris Rn. 7).
18
Die Ansteckung mit einer Infektionskrankheit stellt keine Folge einer schädlichen Dauerbelastung dar, sondern bildet vielmehr ein plötzliches, auf äußeren Einwirkungen beruhendes Ereignis (vgl. VG Würzburg, U.v. 26.10.2021 – W 1 K 21.536 – juris Rn. 20; VG Augsburg, U.v. 21.10.2021 – Au 2 K 20.2494 – juris Rn. 23). Zwar steigt das Risiko einer Ansteckung mit dem Virus SARS-CoV-2, je länger sich eine Person in einem mit Aerosolen belasteten Raum aufhält und je höher die entsprechende Viruslast in der Luft ist. Jedoch erfolgt die Ansteckung selbst zu einem bestimmten Zeitpunkt, in dem Viren beispielsweise durch respiratorische Aufnahme in den Körper des Betroffenen gelangen und sich dort vermehren (vgl. zu den im März 2021 vorherrschenden Virusvarianten, u.a. auch zu der sich seit Anfang 2021 in Deutschland ausbreitenden Alpha-Virusvariante RKI, Epidemiologischer Steckbrief zu SARS-CoV-2 und COVID-19; Stand: 26.11.2021, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neu-artiges_Coronavirus/Steckbrief.html?nn=13490888#doc13776792bodyText2, zuletzt abgerufen am 20.02.2024).
19
Der Anerkennung als Dienstunfall steht entgegen dem Beklagtenvortrag nicht bereits entgegen, dass sich in dem Schaden lediglich eine allgemeine, letztlich jeden treffende Gefahr realisiert hat. Zwar liegt dann kein Dienstunfall vor, wenn es sich um eine sog. „Gelegenheitsursache“ handelt, bei der zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht. Dies wird vor allem bei Fällen angenommen, in denen aufgrund einer krankhaften Veranlagung des Beamten oder eines anlagebedingten Leidens letztlich auch ein alltäglich vorkommendes Ereignis den Erfolg herbeigeführt hätte. Ein solches Grundleiden des Klägers, welches sich lediglich bei Gelegenheit des Dienstes verwirklicht hat, lag hier jedoch nicht vor. Der Anerkennung als Dienstunfall kann auch nicht entgegengehalten werden, dass sich im Falle des Klägers lediglich das in Zeiten der Pandemie bestehende allgemeine Ansteckungsrisiko realisiert hat und der Kläger kein gegenüber dem normalen Bürger erhöhtes besonders Ansteckungsrisiko aufzuweisen hat. Jedenfalls setzt der Begriff des Dienstunfalls nach Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG gerade nicht voraus, dass der Beamte bei seiner Tätigkeit einer höheren Gefährdung als die übrige Bevölkerung ausgesetzt ist oder sich in dem Körperschaden eine der konkreten dienstlichen Verrichtung innewohnende typische Gefahr realisiert hat (vgl. BVerwG, U.v. 25.02.2010 – 2 C 81/08 – juris Rn. 10 f.; VG Würzburg, U.v. 26.10.2021 – W 1 K 21.536 – juris Rn. 21).
20
Vorliegend kommt eine Anerkennung als Dienstunfall nach Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG jedoch mangels örtlicher und zeitlicher Bestimmbarkeit der Ansteckung des Klägers mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 nicht in Betracht. Es kann kein eindeutiger Ansteckungszeitpunkt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bestimmt werden. Die Forderung eines örtlich und zeitlich bestimmbaren Ereignisses legt zum einen den Schutzbereich der Dienstunfallfürsorge fest und dient zum anderen der Begrenzung des Risikos des Dienstherrn. Dieser soll nur für Schadensereignisse einstehen müssen, die einem Nachweis zugänglich sind (vgl. BVerwG, U.v. 25.02.2010 – 2 C 81/08 – juris Rn. 14 f.). Das Tatbestandsmerkmal der zeitlichen Bestimmbarkeit stellt regelmäßig das Hauptproblem bei der Anerkennung einer Infektionserkrankung als Dienstunfall dar, da sich typischerweise nicht genau feststellen lässt, zu welchem Zeitpunkt eine Ansteckung erfolgt ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist für das Tatbestandsmerkmal „zeitlich bestimmbar“ die bloße Eingrenzbarkeit des Zeitraums der Infektion oder die abstrakte Bestimmbarkeit ihres Zeitpunktes nicht ausreichend. Insbesondere reicht bei Infektionen nicht aus, dass die Inkubationszeit und der Ort, an dem sich der Beamte während dieser Zeit aufgehalten hat, bekannt sind. Vielmehr müssen Ort und Zeitpunkt der Infektion feststehen (vgl. BVerwG, U.v. 25.02.2010 – 2 C 81/08 – juris Rn. 15; BVerwG, B.v. 19.01.2006 – 2 B 46/05 – juris Rn. 6; VG Würzburg, U.v. 26.10.2021 – W 1 K 21.536 – juris Rn. 22; VG Augsburg, U.v. 21.10.2021 – Au 2 K 20.2494 – juris Rn. 24). Deshalb müssen die Angaben zu den Umständen des konkreten Ereignisses in zeitlicher und örtlicher Hinsicht in ihrer Gesamtheit so bestimmt sein, dass das Ereignis Konturen erhält, auf Grund derer es von anderen Geschehnissen eindeutig abgegrenzt werden kann. Jede Verwechslung mit einem anderen Ereignis muss ausgeschlossen sein (vgl. BVerwG, B.v. 19.01.2006 – 2 B 46/06 – juris Rn. 6; VG Regensburg, U.v. 29.11.2022 – Rn 12 K 20.3147 – juris Rn. 30). Es ist daher anzuerkennen, dass sich der Zeitpunkt der Ansteckung mit einer Infektionskrankheit, der eine längere, über mehrere Tage reichende Inkubationszeit anhaftet, fast ausnahmslos nicht mit der gemäß Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG erforderlichen Genauigkeit feststellen lässt (vgl. BVerwG, B.v. 19.01.2006 – 2 B 46/05 – juris Rn. 6; U.v. 25.02.2010 – 2 C 81/08 – NVwZ 2010, 708/709).
21
Eine diesem Maßstab entsprechende, hinreichend genaue Bestimmung des Ortes und des Zeitpunktes der Ansteckung lässt sich im Fall des Klägers nicht vornehmen. Soweit der Kläger meint, er habe sich bei dem Beurkundungstermin am 01.03.2021 angesteckt, kommt dies zwar als Möglichkeit in Betracht, steht aber keineswegs mit der erforderlichen Sicherheit fest. Der Kläger erhielt am 04.03.2021 einen Anruf des Elternpaares, mit dem er den Termin am 01.03.2021 wahrgenommen hatte, und unterzog sich daraufhin einem PCR-Test, der positiv ausfiel. Die Kammer stellt die Infizierung des Elternpaares mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 nicht in Frage. Aus der dem Gericht vorliegenden Einstufung des Klägers als Kontaktperson durch das Gesundheitsamt, die sich auf den Kontakt mit einem positiv bestätigten Covid-19-Erkrankungsfall vom 01.03.2021 bezieht, bestehen an deren Infizierung mit SARS-CoV-2 jedenfalls keine Zweifel. Letztlich kommt es darauf aber auch nicht an. Denn aus diesem Geschehensablauf lassen sich keine Rückschlüsse auf einen genauen Ansteckungszeitpunkt ziehen. Nach dem epidemiologischen Steckbrief zu SARS-CoV-2/Covid-19 beträgt die mittlere Inkubationszeit 5,8 Tage (95% Konfidenzintervall 5,0 bis 6,7 Tage) und die 95%-Perzentile wird mit 11,7 Tagen (95% Konfidenzintervall 9,7 bis 14,2 Tagen) angegeben (vgl. zu den im März 2021 vorherrschenden Virusvarianten, u.a. auch zu der sich seit Anfang 2021 in Deutschland ausbreitenden Alpha-Virusvariante RKI, Epidemiologischer Steckbrief zu SARS-CoV-2 und COVID-19; Stand: 26.11.2021, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/-InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html?nn=13490888#doc13776792bodyText2, zuletzt abgerufen am 20.02.2024). Eine Verwechslung der Ansteckungsmöglichkeit am 01.03.2021 mit jedem anderen Ereignis kann nicht mit der für die Annahme eines Dienstunfalls nach Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Vielmehr kommt auch eine Ansteckung im privaten Bereich in Betracht. Der Kläger gab zwar glaubhaft an, er habe keine Versorgungswege vorgenommen oder Kontakt zu Personen außerhalb seiner Familie wahrgenommen. Dennoch besteht zumindest die Möglichkeit, dass seine Ehefrau oder beiden Kinder symptomlos infiziert gewesen sind. Die negativen PCR-Testergebnisse seiner Familienmitglieder vom 18.03.2021, somit 14 Tage nach dem Infektionsnachweis des Klägers, reichen nicht aus, um diese Wahrscheinlichkeit zu widerlegen. Dies gelingt ebenso wenig durch die Schilderung des Klägers, dass die Familie vor der Infektion des Klägers alle zwei bis drei Tage und nach der Infektion des Klägers tägliche Selbsttests durchführte. Nach Auffassung der Kammer eignen sich Selbsttests, die nicht von medizinisch geschultem Personal durchgeführt wurden, jedenfalls nicht als Nachweis. Aufgrund der beschränkten Sensitivität von Selbsttests ist es nicht ausgeschlossen, dass eine Infektion innerhalb der Familie unerkannt blieb. Eine Zeugeneinvernahme der Ehefrau und der beiden Kinder des Klägers hätte zu dieser Frage zu keinem weiteren Erkenntnisgewinn beitragen können, da es sich bei der Frage der symptomlosen Infizierung der Familie des Klägers um einen medizinischen Zustand handelt, für den sich der Zeugenbeweis einer medizinisch ungeschulten Person nicht eignet (vgl. LSG BW, U.v. 23.06.2016 – L 6 VH 4633/14 – juris Rn. 48). Die Kammer verkennt dabei auch nicht, dass bis einschließlich 07.03.2021 aufgrund der 11. BayIfSMV erhebliche Kontaktbeschränkungen galten, mithin auch die Schulen geschlossen waren, und die Ehefrau des Klägers sich im Homeoffice befunden hat. Obwohl der Kläger dargelegt hat, der Beurkundungstermin am 01.03.2021 von 9:00 bis 10:00 Uhr sei der einzige Kontakt im beruflichen Umfeld während der Inkubationszeit gewesen, lässt sich eine Infektion zu diesem Zeitpunkt nicht zur Überzeugung der Kammer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellen. Vielmehr sprechen auch die Tatsachen, dass die beiden anwesenden Personen nach der glaubhaften Schilderung des Klägers in der mündlichen Verhandlung gesund, also symptomlos, erschienen sind und alle Hygienemaßnahmen umfassend eingehalten wurden, gegen diese Annahme.
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Der Kläger achtete während des Termins sorgfältig auf die Einhaltung aller Hygienemaßnahmen. Der Beurkundungstermin dauerte ca. eine Stunde. Davon nahm die Belehrung durch den Kläger eine halbe Stunde ein und die Erstellung der Urkunde eine Viertelstunde. Lediglich in der letzten Viertelstunde gab es die Möglichkeit für das Elternpaar, Fragen zu stellen. Mithin stießen sie nur in dieser letzten Viertelstunde vermehrt Aerosole aus, während sie aber auch beim Sprechen den Mund-Nasen-Schutz anbehielten. Des Weiteren wurde der Entstehung einer besonders hohen Konzentration infektiöser Aerosole im Besprechungsraum auch durch die Maßnahme des Lüftens vorgebeugt. Der Kläger konnte sich zwar nicht erinnern, ob das Fenster gekippt oder vollständig geöffnet war. Er war sich aber sicher, dass das Bürofenster während des Beurkundungstermins die ganze Zeit geöffnet war. Zwar stellt das Stoßlüften durchaus einen wirksameren Frischluftaustausch sicher als das bloße Kipplüften. Angesichts der Dauer des Termins von einer Stunde und dem durchgehenden Lüften steht zur Überzeugung der Kammer dennoch fest, dass auch ein bloßes Kipplüften das Infektionsrisiko weiter reduzierte. Zwischen dem Kläger und dem anwesenden Elternpaar bestand während des gesamten Termins ein Mindestabstand von 2 m in dem 16 m² großen Büro. Dabei saßen alle anwesenden Personen an einem festen Platz, sodass keine kreuzenden Wege stattgefunden haben. Somit kam es zu keiner deutlich erhöhten Vermischung der Aerosole. Es fand auch kein Körperkontakt statt, da auf den Handschlag zur Begrüßung oder Ähnliches verzichtet wurde. Darüber hinaus wurde das Risiko der Aufnahme infektiöser Aerosole, sollten sie im Besprechungsraum bestanden haben, durch den Kläger durch das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes zumindest reduziert. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass der Schutz eines Mund-Nasen-Schutzes nach circa 20 Minuten nachlassen kann und dass trotz Tragens eines Mund-Nasen-Schutzes ein Restrisiko verleibt, etwa beim Einatmen an der Maske vorbei. Aus diesem verbleibenden Restrisiko kann jedoch keine mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit der Ansteckung während des Beurkundungstermins abgeleitet werden. Nach Beendigung des Termins im Büro des Klägers begleitete dieser das Elternpaar mit einem noch größeren (als die vorherigen 2 m) Abstand zum Ausgang, währenddessen er in seinem Büro stoßlüftete und erst anschließend die Maske abnahm, um dort weitere Arbeiten zu verrichten. Aus diesen Gesamtumständen steht für die Kammer nicht zur Überzeugung fest, dass eine Infizierung des Klägers mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit am 01.03.2021 erfolgte. Ein solcher Nachweis ergibt sich auch nicht aus der vorgelegten Bescheinigung vom 26.04.2021, ausgestellt von der Amtsärztin Dr. med. … vom Gesundheitsamt … Zwar geht sie zunächst von einer Ansteckung des Klägers mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Rahmen des Beratungsgespräches am 01.03.2021 aus. Diese Feststellung relativiert sie im nächsten Absatz wiederum dadurch, dass sie auf den Erklärungen des Klägers bezüglich anderer Ansteckungsmöglichkeiten basiert. Angesichts der oben angeführten allgemeinen wissenschaftlich geklärten Rahmenbedingungen zur Übertragung des Coronavirus ist offensichtlich, dass die Amtsärztin nur Schlussfolgerungen aus dem klägerseits geschilderten Geschehensablauf gezogen hat, ohne die medizinisch unzweifelhaft bestehende Möglichkeit einer Infektion durch eine andere Person in Betracht zu ziehen. Ihre Feststellung der mit an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit der Ansteckung am 01.03.2021 wird trotz des Wortlauts daher von der Kammer nicht als die für die Anerkennung als Dienstunfall nach Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG erforderliche an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit verstanden, sondern als eine in Betracht kommende, die (materielle) Beweislast nicht erfüllende Möglichkeit. Unter Einbeziehung der zwischenzeitlich noch fortentwickelten wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Übertragung des Coronavirus liegt auch auf der Hand und bedarf keiner besonderen medizinischen Fachkunde, dass es nicht möglich ist, im individuellen Fall des Klägers nachträglich die Infektionsquelle und den Infektionszeitpunkt zu ermitteln (vgl. VG Regensburg, U.v. 29.11.2022 – RN 12 K 21.2496 – juris Rn. 21). Diese Bescheinigung erlangt auch aufgrund ihrer Kürze und Pauschalität nicht die Beweiskraft eines amtsärztlichen Gutachtens. Zudem wird darin nur dargelegt, dass eine andere Ansteckung äußerst unwahrscheinlich ist. Alleine die Wahrscheinlichkeit, dass eine Ansteckungsmöglichkeit naheliegender als eine andere ist, erfüllt allerdings die Darlegungs- und Beweislast des Klägers nicht.
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Ist es demnach nicht möglich, mit der erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit nachzuweisen, wann und wo bzw. bei welcher Person der Kläger sich angesteckt hat, geht das im Anwendungsbereich des Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG zu Lasten des Beamten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gelten im Dienstunfallrecht grundsätzlich die allgemeinen Beweisgrundsätze. Dabei ist für das Vorliegen eines Dienstunfalls grundsätzlich der volle Beweis zu erbringen, das heißt er muss mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen (vgl. BVerwG, U.v. 22.10.1981 – 2 C 17/81 – juris Rn. 18 m.w.N.; BVerwG, U.v. 28.04.2011 – 2 C 55/09 – juris Rn. 12 f.). Die Unaufklärbarkeit einer entscheidungserheblichen Tatsache, wie hier der zeitlichen und örtlichen Bestimmbarkeit der Infektion, geht zulasten desjenigen, der die materielle Beweislast dafür trägt (vgl. VG München, U.v. 20.06.2023 – M 5 K 21.4421 – juris Rn. 22; VG Bremen, U.v. 10.11.2023 – 7 K 1101/22 – juris Rn. 25). Der Schwierigkeit, dass sich der Zeitpunkt der Ansteckung mit einer Infektionskrankheit fast ausnahmslos nicht mit der erforderlichen Genauigkeit feststellen lässt, hat der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass Infektionskrankheiten, die in der Anlage 1 der BKV aufgeführt sind, fiktiv als Dienstunfälle nach Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayBeamtVG gelten, wenn die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind (vgl. BVerwG, B.v. 19.01.2006 – 2 B 46/05 – juris Rn. 6).
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Die Kammer sieht daher nicht die Notwendigkeit, dem Kläger bei einer Coronainfektion im Anwendungsbereich von Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG eine Beweiserleichterung in Form des prima-facie-Beweises (Anscheinsbeweis) einzuräumen oder gar eine Umkehr der Beweislast anzunehmen. Dies würde bedeuten, für die Anerkennung eines Dienstunfalls einen eingrenzbaren Zeitraum ausreichen zu lassen. Diese Annahme stünde der gefestigten Rechtsprechung entgegen, wonach es im Hinblick auf den Sinn und Zweck der Unfallfürsorge für die zeitliche Bestimmbarkeit eben nicht genügt, dass sich ein über mehrere Tage erstreckender Zeitraum nach Anfangs- und Schlusstag eingrenzen lässt (vgl. BVerwG, U.v. 25.02.2010 – 2 C 81/08 – juris Rn. 14; VG München, U.v. 20.06.2023 – M 5 K 21.4421 – juris Rn. 23; VG Augsburg, U.v. 21.10.2021 – Au 2 K 20.2494 – juris Rn. 24). Selbst wenn man die Möglichkeit des Anscheinsbeweises einräumen würde, schiede dieser vorliegend aus. Der Anscheinsbeweis kommt grundsätzlich im Rahmen von Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG bei typischen Geschehensabläufen in Betracht, und zwar in Fällen, in denen ein gewisser Tatbestand nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache hinweist und infolgedessen wegen des typischen Charakters des Geschehens die konkreten Umstände des Einzelfalles für die tatsächliche Beurteilung ohne Bedeutung sind (vgl. BVerwG, B.v. 11.03.1997 – 2 B 127/96 – juris Rn. 5; U.v. 22.10.1981 – 2 C 17/81 – juris Rn. 18). Im Hinblick auf die Inkubationszeit und die Möglichkeiten einer anderweitigen Infektion muss es vorliegend nicht typischerweise oder geradezu zwangsläufig zu einer Infektion während des Beurkundungstermins am 01.03.2021 gekommen sein (vgl. ausführlich dazu VG Düsseldorf, U.v. 12.12.2022 – 23 K 8281/21 – juris Rn. 45 ff.).
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2. Darüber hinaus liegen auch die Voraussetzungen für eine Anerkennung der Infektion des Klägers mit SARS-CoV-2 und seiner Erkrankung an Covid-19 als Dienstunfall gemäß Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayBeamtVG nicht vor.
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Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber unter anderem den oben genannten, oftmals bestehenden Beweisschwierigkeiten mit Hinblick auf die erforderliche Genauigkeit bei der Bestimmung des Ansteckungszeitpunktes dadurch Rechnung getragen, dass die Krankheiten in Anlage 1 der BKV unter bestimmten Voraussetzungen als Dienstunfall anerkannt werden können (vgl. BVerwG, B.v. 19.01.2006 – 2 B 46/05 – juris Rn. 6; VG Karlsruhe, U.v. 22.01.2014 – 4 K 1742/11 – juris Rn. 25). Demnach gilt gem. Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayBeamtVG auch die Erkrankung an einer in Anlage 1 der BKV genannten Krankheit als Dienstunfall, wenn der Beamte nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung besonders ausgesetzt war. Die durch den Erreger SARS-CoV-2 ausgelöste Erkrankung Covid-19 fällt als Infektionserkrankung unter Nr. 3101 der Anlage 1 der BKV (vgl. VG Regensburg, U.v. 29.11.2022 – RN 12 K 20.3147 – juris Rn. 39; VG Würzburg, U.v. 26.10.2021 – W 1 K 21.536 – juris Rn. 25; VG Augsburg, U.v. 21.10.2021 – Au 2 K 20.2494 – juris Rn. 25 f.). Nach Nr. 3101 der Anlage 1 der BKV stellen Infektionskrankheiten dann eine Berufserkrankung dar, wenn die betroffene Person im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war.
27
Vorliegend kommt nur eine Anerkennung im Sinne der vierten Variante der Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV in Betracht, wonach der Beamte durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt gewesen sein muss. Die heutige Regelung der Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV wurde durch die Nr. 37 der Anlage 1 zur 7. BKV vom 20.06.1968 (BGBl. I S. 721) geschaffen. Dabei wurde insbesondere die Alternative „durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt“ eingeführt. Zuvor war der sozialversicherungsrechtliche Unfallschutz bei Infektionskrankheiten an die Beschäftigung an bestimmten, in der Verordnung genannten Arbeitsplätzen gebunden (Nr. 37 der 6. BKV vom 28.04.1961, BGBl. I S. 505), was zum Teil zu unbilligen Härten führte. So erhielten beispielsweise Handwerker, die sich bei der Arbeit in einer Lungenheilanstalt mit Tuberkulose infiziert hatten, keine Leistungen aus der Unfallversicherung, weil sie nicht in einem Krankenhaus beschäftigt waren. Deshalb dehnte der Verordnungsgeber den Unfallschutz auf Personen aus, die zwar nicht einem mit besonderen Infektionsgefahren verbundenen Betrieb angehören, aber durch ihre Tätigkeit im Einzelfall einer Ansteckungsgefahr besonders ausgesetzt waren. Aus dieser Zielsetzung lässt sich ableiten, dass die genannte Alternative eine der spezifischen Tätigkeit innewohnende besondere Gefährdung voraussetzt. Der Betroffene muss durch seine Tätigkeit in einem Angehörigen des Gesundheitsdienstes oder der Wohlfahrtspflege vergleichbaren, erheblich höheren Maße als die übrige Bevölkerung einem Ansteckungsrisiko ausgesetzt gewesen sein. Maßgeblich für die Beurteilung, ob es sich um ein derart erhöhtes Ansteckungsrisiko handelt, ist nicht die der Tätigkeit generell anhaftende Gefährdung, sondern sind die Umstände des jeweiligen Einzelfalls (vgl. VGH BW, U.v. 21.01.1986 – 4 S 2468/85; VG Würzburg, U.v. 26.10.2021 – W 1 K 21.536 – juris Rn. 26). Weiterhin ist gerade nicht erforderlich, dass der Betroffene durch die Tätigkeit bestimmungsgemäß mit infizierten Personen in Kontakt kommt. Dies widerspräche zum einen der Zielsetzung der Vorschrift, unbillige Härten zu vermeiden, die sich früher daraus ergaben, dass eine Berufskrankheit nur bei Beschäftigungsverhältnissen in bestimmten Einrichtungen in Betracht kam. Überdies wäre dieses Kriterium, abgesehen von medizinischem Personal, das auf speziellen Covid-Stationen eingesetzt wird, auch bei Angehörigen des Gesundheitsdienstes und der Wohlfahrtspflege nicht zwingend immer erfüllt (vgl. VG Würzburg, U.v. 26.10.2021 – W 1 K 21.536 – juris Rn. 26).
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Mit dem Merkmal des „besonderen Ausgesetztseins“ verlangt die Verordnung, dass die von dem Beamten ausgeübte dienstliche Tätigkeit erfahrungsgemäß eine hohe Wahrscheinlichkeit der Erkrankung gerade an derjenigen Krankheit in sich birgt, an welcher der Beamte erkrankte. Aus der Verwendung des Begriffs „nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung“ in Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayBeamtVG wird auch gefolgert, dass die besondere Gefährdung für die dienstliche Verrichtung typisch sein muss. Ähnlich wie bei Nr. 3101 der Anlage 1 der BKV ist dabei nicht allgemein auf den generellen Inhalt der dienstlichen Verrichtung des Beamten abzustellen. Vielmehr kommt es auch hier darauf an, ob der Beamte durch die konkret von ihm auszuführende dienstliche Verrichtung unter den besonderen zu der fraglichen Zeit bestehenden tatsächlichen Verhältnissen und Begleitumständen der abstrakten Gefahr der betreffenden Erkrankung besonders ausgesetzt war (vgl. BVerwG, U.v. 04.09.1969 – II C 106.67 – juris Rn. 14; VGH BW, U.v. 21.01.1986 – 4 S 2468/85; VG Gießen, U.v. 11.05.2000 – 5 E 1269/98 – juris Rn. 28 f.). Für den insoweit anzusetzenden Wahrscheinlichkeitsmaßstab können etwa auch die von der sozialgerichtlichen Rechtsprechung zum Vorliegen einer Berufskrankheit entwickelten Kriterien entsprechend herangezogen werden. Danach beurteilt sich die Frage, ob die versicherte Person einer besonders erhöhten Infektionsgefahr ausgesetzt ist, entscheidend nach dem Grad der Durchseuchung des Tätigkeitsbereichs und dem Übertragungsrisiko der im Gefahrenbereich vorgenommenen Verrichtungen (vgl. VG Bremen, U.v. 10.11.2023 – 7 K 1101/22 – juris Rn. 37; vgl. VG Würzburg, U.v. 26.10.2021 – W 1 K 21.536 – juris Rn. 30; VG Karlsruhe, U.v. 22.01.2014 – 4 K 1742/11 – juris Rn. 30). Das Übertragungsrisiko wird danach an Häufigkeit, Intensität, Art und Dauer von Kontakten, aber auch an getroffenen Schutzmaßnahmen bemessen (vgl. Günther/Michaelis, NWVBl. 2023, 182/184).
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Entsprechend wird in der Rechtsprechung von einer besonderen Ansteckungsgefahr und damit dem Vorliegen einer Berufserkrankung ausgegangen bei signifikant gehäuftem Auftreten einer Krankheit im Tätigkeitsbereich des Beamten (vgl. BVerwG, U.v. 09.11.1960 – VI C 144/58 – VerwRspr 1961, 557/560; VG Regensburg, U.v. 29.11.2022 – RN 12 K 20.3147 – juris Rn. 55 m.w.N.). Vereinzelte Infektionsfälle reichen hingegen nicht aus, auch wenn es im privaten Umfeld des Beamten keine weiteren Infektionsfälle gab (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 04.09.1969 – II C 106.67: bejaht für einen im militärischen Einsatz befindlichen, an Trichinose erkrankten und daran verstorbenen Soldat infolge trichinenverseuchter Truppenverpflegung; HessVGH, U.v. 14.03.1973 – OS I 70/66: bejaht für einen an Gelbsucht erkrankten Lehrer, in dessen Klasse sechs Schüler erkrankt waren; OVG NW, U.v. 08.11.1973 – VI A 1244/71: bejaht für eine an Röteln erkrankte Grundschullehrerin; VGH BW, U.v. 21.01.1986 – 4 S 2468/85: bejaht für einen an Tuberkulose erkrankten Lehrer, der eine Klasse mit drei Wochenstunden unterrichtet hatte, in der im Verlauf des Schuljahres 14 Tuberkulosefälle auftraten; VG Gießen, U.v. 11.05.2000 – 5 E 1269/98: verneint für eine Lehrerin, die Unterricht in einer Klasse mit ein oder zwei an Mumps erkrankten Schülern gehalten hatte; VG Augsburg, U.v. 21.10.2021 – Au 2 K 20.2494: bejaht für einen an Covid-19 erkrankten Polizisten, der an einem mehrtägigen Sportübungsleiterlehrgang mit massivem Infektionsgeschehen teilnahm; VG Würzburg, U.v. 26.10.2021 – W 1 K 21.536: bejaht für einen an Covid-19 erkrankten Studiendirektor einer Wirtschaftsschule, der Unterricht in einer Klasse mit einer hohen Anzahl an infizierten Schülern gegeben hatte; VG Sigmaringen, U.v. 02.02.2022 – 5 K 1819/21: verneint für einen an Covid-19 erkrankten Lehrer, an dessen Schule im maßgeblichen Zeitpunkt kein massiv erhöhtes Infektionsgeschehen stattgefunden hatte; VG Aachen, U.v. 08.04.2022 – 1 K 450/21: verneint für einen an Covid-19 erkrankten Kriminalkommissar, der anlässlich einer Fahndung im Ausland vorgeblich das Taxi eines infizierten Fahrers genutzt hatte; VG Bayreuth, U.v. 04.10.2022 – B 5 K 21.909: verneint für eine an Covid-19 erkrankte Lehrerin mangels Virusträgern im relevanten Bereich; VG München, U.v. 20.06.2023 – M 5 K 21.4421: verneint für einen an Covid-19 erkrankten Polizeihauptmeister als Streifenpartner einer praktisch-mündlichen Prüfung mangels signifikant gehäuftem Auftreten der Krankheit in dem vom Kläger betreuten Modul und der am Ausbildungsseminar teilnehmenden Bereitschaftspolizeiabteilung; VG Bremen, U.v. 10.11.2023 – 7 K 1101/22: bejaht für einen an Covid-19 erkrankten Beamten nach der Teilnahme an einer Dienstbesprechung, die von dem (unerkannt) infizierten Abteilungsleiter geleitet wurde und von einer Vielzahl risikoerhöhender Faktoren sowie einem intensiven Kontakt mit der Indexperson geprägt war). Ein gehäuftes Auftreten einer Erkrankung im Sinne einer Kleinepidemie kann ein sehr stichhaltiges Indiz dafür sein, dass die Infizierung tatsächlich bei der dienstlichen Verrichtung erfolgte. Je mehr Infektionsfälle in einem eingrenzbaren dienstlichen Bereich auftreten, umso eher lässt sich eine zufällige, voneinander unabhängige Infektion ausschließen und desto wahrscheinlicher ist eine Ansteckung gerade im Dienst (vgl. VG Regensburg, U.v. 29.11.2022 – RN 12 K 20.3147 – juris Rn. 56). Nach dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Unfallfürsorgeregelung, der vor allem in dem besonderen Schutz des Beamten bei Unfällen liegt, die sich außerhalb seiner privaten (eigenwirtschaftlichen) Sphäre, vielmehr im Bereich der in der dienstlichen Sphäre liegenden Risiken ereignen, während er also sozusagen „im Banne des Dienstes“ steht (vgl. BVerwG, U.v. 13.08.1973 – VI C 26.70 – juris Rn. 24), kann der Durchseuchungsgrad jedoch in der Gesamtschau zurücktreten, wenn es sich um eine bereits in der Allgemeinbevölkerung verbreitete Pandemie handelt. Ganz besonders gilt dies für eine so leicht übertragbare Infektion wie das Coronavirus SARS-CoV-2 (vgl. VG Regensburg, U.v. 29.11.2022 – RN 12 K 20.3147: bejaht für einen an Covid-19 erkrankten Hygienekontrolleur im Gesundheitsamt ohne Abstellen auf die konkret vorgetragene Durchseuchung; VG Regensburg, U.v. 29.11.2022 – RN 12 K 21.2496: verneint für einen an Covid-19 erkrankten Beamten der Justizvollzugsanstalt trotz Durchseuchung des Tätigkeitsumfelds). Der Ansicht des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg schließt sich die Kammer jedoch insofern nicht an, als der Durchseuchungsgrad vollständig außer Betracht bleiben soll. Vielmehr kommt es auf den Einzelfall an. Das besondere Ausgesetztsein kann daher auch mangels signifikant gehäuftem Auftreten der Krankheit im Tätigkeitsbereich des Beamten verneint werden (vgl. VG Sigmaringen, U.v. 02.02.2022 – 5 K 1819/21; VG Bayreuth, U.v. 04.10.2022 – B 5 K 21.909; VG München, U.v. 20.06.2023 – M 5 K 21.4421). Die Heranziehung dieses Merkmals soll gerade dazu dienen, eine der konkreten dienstlichen Tätigkeit innewohnende erhöhte Infektionsgefahr von einer nur „allgemeinen Gefahr“ abzugrenzen, der ein Beamter immer ausgesetzt sein kann, der im Dienst mit anderen Personen in Berührung kommt, z.B. bei Parteiverkehr oder in mit mehreren Personen besetzten Dienstzimmern (vgl. VG Augsburg, U.v. 21.10.2021 – Au 2 K 20.2494 – juris Rn. 27). Es kann dem Zufall geschuldet sein, beim Kontakt mit Personen in einem geschlossenen Raum an eine mit dem Coronavirus infizierte Person zu geraten, und haftet nicht immer zwingend als besonderes Risiko der Art der Tätigkeit an (vgl. VG Regensburg, U.v. 29.11.2022 – RN 12 K 21.2496 – juris Rn. 29). Jedenfalls reicht eine generelle Ansteckungsgefahr, der ein Beamter ausgesetzt sein kann, wenn er im Dienst mit anderen Menschen in Kontakt kommt, nicht aus, sondern ist diese dem allgemeinen Lebensrisiko zuzurechnen (vgl. OVG LSA, B.v. 16.12.2022 – 1 L 123/22.Z – juris Rn. 7; VG Würzburg, U.v. 26.10.2021 – W 1 K 21.536 – juris Rn. 28; VG Sigmaringen, U.v. 02.02.2022 – 5 K 1819/21 – juris Rn. 29 f.; VG Aachen, U.v. 08.04.2022 – 1 K 450/21 – juris Rn. 44; VG Düsseldorf, U.v. 12.12.2022 – 23 K 8281/21 – juris Rn. 80; VG Köln, U.v. 03.05.2023 – 15 K 3657/21 – juris Rn. 47 f.). Die Durchseuchung betrifft das Tätigkeitsumfeld des Beamten und steht in einer Wechselbeziehung zur Übertragungsgefahr der dienstlichen Verrichtung, wobei immer die dienstliche Tätigkeit und nicht das Tätigkeitsumfeld im Vordergrund stehen muss (vgl. in diese Richtung VG Regensburg, U.v. 29.11.2022 – RN 12 K 20.3147 – juris Rn. 57 f.). Für die Frage, ob der Beamte einer Infektionsgefahr in besonders höherem Maße ausgesetzt war als die übrige Bevölkerung, ist somit zwischen der Gefährdung, die aus dem Tätigkeitsumfeld des jeweiligen Beamten herrührt, und der Gefährdung, die aus der Tätigkeit selbst herrührt, zu differenzieren. Gesundheitliche Beschwerden, die alleine auf schädliche Dauereinwirkungen, wie die besondere räumliche Beschaffenheit des Dienstzimmers, zurückzuführen sind, können beispielsweise nicht zur Anerkennung als Dienstunfall führen (vgl. BayVGH, U.v. 17.05.1995 – 3 B 94.3181 zur Quecksilberkontaminierung eines Dienstzimmers).
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Unter Zugrundelegung der vorgenannten Maßstäbe war der Kläger unter Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalls bei der Verrichtung seiner dienstlichen Tätigkeit der Gefahr einer Infektion mit dem Virus SARS-CoV-2 nicht in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt, mithin bestand die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung nicht in höherem Maße als bei der übrigen Bevölkerung.
31
Nach dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse (vgl. Empfehlung des RKI zur Kontaktpersonen-Nachverfolgung bei SARS-CoV-2-Infektionen, Stand: 14.01.2022, außer Kraft seit 02.05.2022, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Co-ronavirus/Kontaktperson/Management.html, zuletzt abgerufen am 20.02.2024) werden bzw. wurden Kontaktpersonen zu einem bestätigten Covid-19-Fall bei Vorliegen mindestens einer der folgenden Situationen als enge Kontaktpersonen (mit erhöhtem Infektionsrisiko) definiert:
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1. Aufenthalt im Nahfeld des Falls (<1,5 m) länger als 10 Minuten ohne adäquaten Schutz (adäquater Schutz = Fall und Kontaktperson tragen durchgehend und korrekt Mund-Nasen-Schutz oder FFP2-Maske).
33
2. Gespräch mit dem Fall (Face-to-face-Kontakt, <1,5 m, unabhängig von der Gesprächsdauer) ohne adäquaten Schutz oder direkter Kontakt (mit respiratorischem Sekret).
34
3. Aufenthalt von Kontaktperson (und Fall) im selben Raum mit wahrscheinlich hoher Konzentration infektiöser Aerosole unabhängig vom Abstand für länger als 10 Minuten, auch wenn durchgehend und korrekt Mund-Nasen-Schutz oder FFP2-Maske getragen wurde.
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Zwar wurde der Kläger als enge Kontaktperson nach den Maßstäben des Gesundheitsamtes aufgrund der damals geltenden Allgemeinverfügung vom 25.02.2021, Az. GZ6a-G8000-2021/505-8 (BayMBl. 2021 Nr. 151), die Bezug auf die Empfehlungen des RKI nahm, eingestuft und kann der Kontakt mit einer sog. „Indexperson“ durchaus ein besonders erhöhtes Infektionsrisiko begründen.
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Die Rechtsprechung nimmt eine abstrakte Gefährdungslage im Sinne der vierten Variante der Nr. 3101 der Anlage 1 der BKV allerdings erst nach Prüfung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls an, wenn zu einem intensiven Kontakt mit der „Indexperson“ weitere Faktoren in Bezug auf die Art der Tätigkeit hinzutreten, die das in der Allgemeinbevölkerung bei einer Pandemie bereits bestehende Risiko deutlich erhöhen (vgl. VG Augsburg, U.v. 21.10.2021 – Au 2 K 20.2494: bejaht für die Teilnahme an einem Sportübungsleiterlehrgang, der aus theoretischem Unterricht, Kontaktsportarten einschließlich Partnerübungen und gemeinsamen Mahlzeiten bestand; VG Würzburg, U.v. 26.10.2021 – W 1 K 21.536: bejaht für einen Lehrer, der dienstlich bedingt längeren unmittelbaren Gesprächskontakt zu vier infizierten Kollegen hatte und zwei Unterrichtsstunden in einer Klasse hielt, in der 19 von 23 Schüler infiziert waren, sowie Unterricht in einer Klasse, in der sieben Schüler infiziert waren; VG Sigmaringen, U.v. 02.02.2022 – 5 K 1819/21: verneint für einen Lehrer, der Unterricht in mehreren Schulklassen mit insgesamt zwei nachgewiesenen Infektionsfällen hielt; VG Aachen, U.v. 08.04.2022 – 1 K 450/21: verneint für einen Kriminalhauptkommissar, der bei einem Auslandseinsatz das Taxi eines vorgeblich infizierten Taxifahrers nutzte; VG Regensburg, U.v. 29.11.2022 – RN 12 K 21.2496: verneint für einen Mitarbeiter der Justizvollzugsanstalt aufgrund eines gemeinsamen Aufenthalts im Büro und dort geführten Besprechungen mit einem Kollegen; VG Düsseldorf, U.v. 12.12.2022 – 23 K 8281/21: verneint für die Teilnahme an einer Lehrerkonferenz mit zehn Personen, die alle Mund-Nasen-Schutz trugen, und bei der regelmäßig gelüftet wurde sowie der Mindestabstand eingehalten wurde; OVG LSA, B.v. 16.12.2022 – 1 L 123/22.Z: verneint für einen Streifenpolizisten, der länger als 15 Minuten intensiven Kontakt zu einer kontrollierten Person hatte, die merkliche Erkältungssymptome zeigte und keine Mund-Nasen-Schutz trug; VG Köln, U.v. 03.05.2023 – 15 K 3657/21: verneint für die Teilnahme an einer Arbeitsgemeinschaft mit 16 Personen und Infektion der Sitznachbarin; VG München, U.v. 20.06.2023 – M 5 K 21.4421: verneint für die Teilnahme an einer praktisch-mündlichen Prüfung als Streifenpartner; VG Bremen, U.v. 10.11.2023 – 7 K 1101/22: bejaht für die Teilnahme an einer Dienstbesprechung, die von einem (unerkannt) infizierten Abteilungsleiter geleitet wurde, der den überwiegenden Gesprächsanteil innehatte und seine Maske zum Sprechen abgenommen hatte; VG Bremen, U.v. 10.11.2023 – 7 K 1183/22: bejaht für den mindestens 5-stündigen Aufenthalt eines Polizeibeamten mit einer Indexperson in einem geschlossenen Raum ohne Mindestabstand, bei dem zeitweise für Essens- und Trinkpausen der Mund-Nasen-Schutz abgenommen wurde).
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Es steht aufgrund der glaubhaften Schilderungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung der Kammer fest, dass im Fall des Klägers neben dem Kontakt zu etwaigen Indexpersonen keine zusätzlichen risikoerhöhenden Faktoren vorlagen. Vielmehr trugen die Einhaltung der Hygiene- und Schutzmaßnahmen sowie die Umstände des Einzelfalls zu einer Minimierung des Infektionsrisikos bei. Deshalb bestand im Rahmen der Dienstausübung des Klägers nach der Art seiner Tätigkeit schon keine abstrakte Gefährdungslage.
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Wie bereits oben festgestellt, hat die Kammer keine Zweifel an der Infizierung des bei dem Beurkundungstermin am 01.03.2021 anwesenden Elternpaares. Es ist auch zuzugestehen, dass es sich bei ihnen um infektiöse Personen handelte. Nach Angaben des RKI besteht um den Erkrankungsbeginn (bzw. bei asymptomatischen Fällen um das Probeentnahmedatum) herum eine höhere Infektiosität als im späteren Erkrankungsverlauf (vgl. Empfehlung des RKI zur Kontaktpersonen-Nachverfolgung bei SARS-CoV-2-Infektionen, Stand: 14.01.2022, außer Kraft seit 02.05.2022, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuarti-ges_Coronavirus/Kontaktperson/Management.html, zuletzt abgerufen am 20.02.2024). Darauf kommt es jedoch auch an dieser Stelle mangels Hinzutretens zusätzlich risikoerhöhender Faktoren nicht an. Aufgrund des geringen Gesprächsanteils des anwesenden Elternpaares und deren Tragens eines Mund-Nasen-Schutzes, des durchgehenden Lüftens und des Einhaltens eines Abstands von 2 m (siehe dazu ausführlich oben unter 1.) ist eine besonders hohe Konzentration infektiöser Aerosole im Besprechungsraum zu bezweifeln. Das selbst bei Einhaltung aller Hygiene- und Schutzmaßnahmen dennoch verbleibende Restrisiko ist wiederum dem allgemeinen Lebensrisiko zuzuschreiben. Würde man diesem Restrisiko erhebliches oder überwiegendes Gewicht beimessen, würden dadurch zentrale Hygiene- und Schutzmaßnahmen, die während der Pandemie gegolten haben, in Frage gestellt. Gerade aufgrund des Restrisikos einzelner Maßnahmen wurde deren Kombination – u.a. Mindestabstand, Lüften und Mund-Nasen-Schutz – empfohlen. Aus der Tatsache, dass eine Nichtansteckung nicht mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit garantiert werden kann, folgt nicht im Umkehrschluss, dass mit der Art der Tätigkeit ein erhöhtes Ansteckungsrisiko im Sinne der vierten Variante der Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV verbunden ist. Ebenso ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger sich nach der Rückkehr in sein Büro und dem Abnehmen des Mund-Nasen-Schutzes infizierte, schon deshalb als gering einzustufen, weil das Büro seinen Angaben zufolge zwischenzeitlich für mindestens zehn Minuten stoßgelüftet wurde. Dies hat zu einem ausreichenden Frischluftaustausch geführt, sodass auch nach Rückkehr in sein Büro nicht von einem besonders erhöhten Infektionsrisiko ausgegangen werden kann.
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Es steht somit zur Überzeugung der Kammer fest, dass für den Kläger im Rahmen seiner Dienstausübung nach der Art seiner Tätigkeit kein höheres Infektionsrisiko als aufgrund der bestehenden Pandemielage in der übrigen Bevölkerung bestand. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei Covid-19 um eine Infektionskrankheit handelt, die eine weltweite Pandemie ausgelöst hat, welche von der Weltgesundheitsorganisation am 11.03.2020 ausgerufen wurde. Mithin bestand bereits zum Zeitpunkt der Infektion des Klägers im März 2021 innerhalb der allgemeinen Bevölkerung eine hohe Ansteckungsgefahr (vgl. auch stellv. VG Magdeburg, U.v. 27.09.2022 – 5 A 6/22 MD – juris Rn. 25). Der während des einstündigen Beurkundungstermins am 01.03.2021 stattgefundene Kontakt geht nicht über das Maß des allgemeinen Lebensrisikos hinaus, dem auch ein Beamter, der im Dienst aufgrund Parteiverkehrs mit Personen in Kontakt kommt, ausgesetzt ist. Anders als von der Klägerseite angenommen, kommt es nicht auf die Möglichkeit an, sich der Gefährdungslage entziehen zu können. Einen Anspruch, jeglichen Menschenkontakt während der Dienstausübung meiden zu können, gibt es nicht. Dass gewisse Bestandteile der Dienstverpflichtung oder sogar der Kern der Tätigkeit nur in Präsenz am Dienstort geleistet werden können, trifft auf eine Vielzahl beruflicher Tätigkeiten zu (vgl. für den Lehrerberuf VG Düsseldorf, U.v. 12.12.2022 – 23 K 8281/21 – juris Rn. 90). Insoweit mag das Infektionsrisiko des Klägers durch unmittelbaren Kontakt mit Dritten im Vergleich zur Tätigkeit im Homeoffice erhöht gewesen sein, jedoch nicht derart signifikant, dass die Schwelle des allgemeinen Lebensrisikos überschritten war. Auch wenn zu diesem Zeitpunkt aufgrund der 11. BayIfSMV strenge Kontaktbeschränkungen und Infektionsschutzmaßnahmen im privaten und beruflichen Bereich galten, war die Durchführung des Beurkundungstermins am 01.03.2021 für den Kläger angemessen und zumutbar. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der 11. BayIfSMV war auch in privaten Räumen der gemeinsame Aufenthalt mit Angehörigen eines weiteren Hausstands bis zur Gesamtzahl von insgesamt fünf Personen möglich. Ein besonders erhöhtes Infektionsrisiko nach der Art der Tätigkeit des Klägers ist für die Kammer daher nicht erkennbar. Es widerspräche vielmehr dem Sinn und Zweck der Unfallfürsorge, einen solchen Fall dem Risikobereich des Dienstherrn zuzurechnen. Die Regelung des Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayBeamtVG soll gerade nicht die Folgen jeglicher Krankheit abmildern, die sich der Beamte im Dienst zuzieht, sondern nur besonderen Gefährdungen Rechnung tragen, denen ein Beamter im Vergleich zur Beamtenschaft insgesamt ausgesetzt ist (vgl. BVerwG, U.v. 28.04.2011 – 2 C 55/09 – juris Rn. 17 m.w.N.). Dass der Kläger in seinem privaten Umfeld deutlich höhere Vorsichtsmaßnahmen als vorgeschrieben ergriff und auf jegliche Kontakte verzichtete, spielt für diese Beurteilung keine Rolle. Vielmehr ist auf das durchschnittlich in der allgemeinen Bevölkerung bestehende Infektionsrisiko als Vergleichsmaßstab für die Frage abzustellen, ob der Kläger im Rahmen seiner Dienstausübung einem besonders erhöhten Risiko ausgesetzt war. Sowohl die Art als auch die Intensität des Kontaktes des Klägers mit dem anwesenden Elternpaar ist aufgrund der oben bereits näher beschriebenen Umstände des Einzelfalls als gering einzustufen, während die umfassend getroffenen Hygiene- und Schutzmaßnahmen ein etwaig bestehendes Infektionsrisiko auf ein Mindestmaß reduziert haben. Eine Vergleichbarkeit der Tätigkeit des Klägers mit einer der ersten drei Varianten der Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV ist daher nicht gegeben. Die Vermutung des Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayBeamtVG geht gerade nicht dahin, dass bei Infektionskrankheiten grundsätzlich die Erkrankung als Dienstunfall gilt, wenn wahrscheinlich ist, dass der Beamte sich im Dienst angesteckt hat. Es sind nach der Art der Tätigkeit des Klägers gerade keine gefahrerhöhenden Umstände erkennbar, die das jeden treffende allgemeine Lebensrisiko zu einer besonderen Gefährdung umwandeln würden. Die Folgen schicksalsmäßiger schädlicher Einwirkungen, wie sie im vorliegenden Fall gegeben sind, hat der Beamte selbst zu tragen (vgl. VG Düsseldorf, U.v. 12.12.2022 – 23 K 8281/21 – juris Rn. 64 ff.).
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Auf das Vorliegen einer konkreten Gefährdungslage und somit die Durchseuchung des Tätigkeitsumfelds kommt es daher gar nicht mehr an, da schon die Art der dienstlichen Verrichtung kein erhöhtes Infektionsrisiko mit sich brachte und es somit an einer abstrakten Gefährdungslage fehlt, die sich in einer konkreten Gefährdungslage realisiert haben könnte. Bei einer in der allgemeinen Bevölkerung verbreiteten und vorherrschen Pandemie kann alleine ein hoher Durchseuchungsgrad nicht zur Annahme eines besonderen Ausgesetztseins führen. Insoweit bestand im hier betroffenen Zeitraum ein generelles Infektionsrisiko außerhalb des Dienstes nicht nur theoretisch, sondern praktisch und realistisch wegen der leichten Übertragbarkeit des Coronavirus SARS-CoV-2, der potentiellen Infektiosität auch von Personen ohne Symptomen und dem Verbreitungsgrad der Infektion in der allgemeinen Bevölkerung. Bei dieser Ausgangslage kann anders als bei einer nur örtlich auftretenden Kleinepidemie nicht mehr nur allein deswegen, weil Zahl, Dauer oder Art von Kontakten im dienstlichen Bereich zur Übertragung der Infektion geeignet sind, auf eine so stark erhöhte Wahrscheinlichkeit der Ansteckung im beruflichen Bereich geschlossen werden, dass der Möglichkeit der Ansteckung im privaten Bereich kein relevantes Gewicht mehr zukommt (vgl. VG Regensburg, U.v. 29.11.2022 – RN 12 K 21.2496 – Rn. 27).
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Mangels besonderen Ausgesetztseins im Sinne der vierten Variante der Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV ist auch das Tatbestandsmerkmal des Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayBeamtVG nicht erfüllt, wonach der Beamte nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung besonders ausgesetzt gewesen sein muss. Der Kläger kann sich im Rahmen von Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayBeamtVG auch nicht auf einen Anscheinsbeweis dergestalt berufen, es entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass insbesondere der Beurkundungstermin am 01.03.2021 zu einem (erheblich) erhöhten Ansteckungsrisiko geführt habe. Denn ein Anscheinsbeweis greift nur bei typischen Geschehensabläufen ein, also in Fällen, in denen ein bestimmter Tatbestand nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache für den Eintritt eines bestimmten Erfolgs hinweist. Typizität bedeutet in diesem Zusammenhang allerdings nur, dass der Kausalverlauf so häufig vorkommen muss, dass die Wahrscheinlichkeit, einen solchen Fall vor sich zu haben, sehr groß ist. Eine solche Typizität ist aufgrund der Neuartigkeit und noch nicht vollständigen Erforschung der Covid-19-Erkrankung nicht erkennbar (vgl. BVerwG, U.v. 28.04.2011 – 2 C 55/09 – juris Rn. 18). Darüber hinaus kann alleine aus einem gehäuften Auftreten von Infektionen im Dienstbereich des Klägers nicht auf eine besondere Gefährdungslage im Wege des Anscheinsbeweises geschlossen werden. In diesen Fällen der bloßen Häufung eines Infektionsgeschehens würde die Anwendung eines Anscheinsbeweises, um daraus das besondere Ausgesetztsein im Sinne des Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayBeamtVG abzuleiten, die ausgeführte Zwecksetzung dieser Bestimmung und den gesetzgeberischen Wille unterlaufen, indem der besondere Dienstunfallschutz nicht mehr nur bestimmten – besonders gefährdeten – Beamten zuteil würde, sondern prinzipiell und ohne nähere Prüfung der maßgeblichen Art der dienstlichen Verrichtung allen Beamten, wenn (mitunter zufällig) ein erhöhtes Infektionsgeschehen aufgetreten ist (vgl. VG Düsseldorf, U.v. 12.12.2022 – 23 K 8281/21 – juris Rn. 100).
II.
42
Der erst in der mündlichen Verhandlung formulierte Hilfsantrag stellt nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) keine Klageänderung dar. Aufgrund der Erfolglosigkeit des Hauptantrags ist über ihn zu entscheiden. Diesem Antrag auf Verpflichtung des Beklagten zur (Neu-)Verbescheidung des Antrags auf Anerkennung des Ereignisses vom 01.03.2021 als Dienstunfall unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts i.S.v. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO fehlt aufgrund der gebundenen Entscheidung im Rahmen von Art. 46 BayBeamtVG schon das Rechtsschutzbedürfnis (vgl. OVG Berlin-Bbg, U.v. 06.12.2016 – OVG 3 B 4/16 – LKV 2017, 77/78; Riese in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht – VwGO, Stand: 44. EL März 2023, § 113 Rn. 210). Er ist unzulässig und daher abzuweisen.
III.
43
Der Kläger trägt als unterlegener Beteiligter gem. § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens. Für die Feststellung der Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren i.S.d. § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO besteht kein Raum, da dem Kläger nach der gerichtlichen Kostengrundentscheidung kein Kostenerstattungsanspruch zusteht (vgl. Kunze in Posser/Wolff/Decker, BeckOK VwGO, 68. Edition, Stand: 01.01.2024, § 162 Rn. 85a). Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO. Wegen der allenfalls geringen Höhe der durch den Beklagten vorläufig vollstreckbaren Kosten ist die Einräumung von Vollstreckungsschutz nach § 711 ZPO nicht angezeigt.