Inhalt

VGH München, Beschluss v. 02.09.2024 – 19 ZB 24.464
Titel:

Zulassungsantrag (erfolglos): Aufforstung von Christbäumen unter Auflagen

Normenketten:
VwGO § 86 Abs. 1 S. 1, § 108 Abs. 1 S. 2, § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2
BayWaldG Art. 2 Abs. 4, Art. 16 Abs. 1, Art. 39 Abs. 3 S. 1, S. 2, Art. 42a Abs. 2 S. 3, Art. 43 Abs. 1 Nr. 1
Leitsätze:
1. Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt hat. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Rüge, das Gericht habe für die (Nicht-)Erfüllung eines Tatbestandsmerkmals eine zu schmale Tatsachengrundlage ausreichen lassen, begründet keinen Verstoß gegen den richterlichen Überzeugungsgrundsatz. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Anlage von Kulturen zur Gewinnung von Christbäumen auf nicht forstlich genutzten Grundstücken stellt eine Erstaufforstung iSd Bayerischen Waldgesetzes dar (BeckRS 2005, 39420). (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Aufforstungserlaubnis (Christbaumkultur), Genehmigungsfiktion, Aufforstung verbietender Landschaftsplan, ernstliche Zweifel, Verfahrensmangel, Amtsermittlungspflicht, Überzeugungsgrundsatz, Christbäume, Aufforderungserlaubnis, tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten
Vorinstanz:
VG Bayreuth, Urteil vom 16.01.2024 – B 1 K 23.513
Fundstelle:
BeckRS 2024, 23881

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

1
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.
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Die Klägerin, der mit Bescheid des Beklagten vom 22. Mai 2023 die Erlaubnis zur Anlage einer Christbaumkultur auf den Fl.Nrn. 1..2, 1..3, 1..1 und …, der Gemarkung … (Markt …) unter Auflagen erteilt worden ist, wendet sich gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 16. Januar 2024, soweit darin ihre Klage gegen die Auflagen in Nr. 2 Buchst. a) 2. Absatz (im nördlichen und östlichen Bereich der Fl.Nr. 1..2 ist der Landschaftsplan zu beachten, der eine Aufforstung verbietet), Nr. 2 Buchst. b) (auf der Fl.Nr. 1..3 ist zur Südseite der linearen Hecken und Feldgehölze eine Obstbaumreihe <Obstbaumhochstämme, Pflanzabstand 10 m> anzulegen) und Nr. 2 Buchst. c) (auf der Fl.Nr. …, ist zur Südseite der linearen Hecken und Feldgehölze ebenfalls eine Obstbaumreihe <Obstbaumhochstämme, Pflanzabstand 10 m> anzulegen) abgewiesen worden ist.
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Das der rechtlichen Überprüfung durch den Senat ausschließlich unterliegende Vorbringen in der Begründung des Zulassungsantrags (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) rechtfertigt keine Zulassung der Berufung. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; Nr. 1), der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO; Nr. 2) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO; Nr. 3), deren Beurteilung sich grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs richtet (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 15.1.2013 – 1 C 10.12 – juris Rn. 12), sodass eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage bis zum Zeitpunkt der Entscheidung in dem durch die Darlegung des Rechtsmittelführers vorgegebenen Prüfungsrahmen zu berücksichtigen ist (BayVGH, B.v. 20.2.2017 – 10 ZB 15.1804 – juris Rn. 7), liegen nicht vor oder sind nicht hinreichend dargelegt.
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1. Die Berufung ist nicht aufgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
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Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden dann, wenn im Zulassungsverfahren ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt worden wäre (BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – juris Rn. 11; B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – juris Rn. 16; B.v. 8.5.2019 – 2 BvR 657/19 – juris Rn. 33). Dies ist jedoch nicht der Fall.
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1.1 Soweit die Klägerin betreffend die Auflage in Nr. 2 Buchst. a) 2. Absatz (im nördlichen und östlichen Bereich der Fl.Nr. 1682 ist der Landschaftsplan zu beachten, der eine Aufforstung verbietet) vortragen lässt, das Verwaltungsgericht hätte, beispielsweise durch Befragung des damaligen Bürgermeisters oder sonstiger Gemeinderatsmitglieder als Zeugen, prüfen müssen, ob bei der Festsetzung des Flächennutzungsplanes mit integriertem Landschaftsplan in 2009 für die betroffenen Flächen (die im Flächennutzungsplan samt integriertem Landschaftsplan als „Flächen mit besonderer Bedeutung für Natur, Haushalt und Landschaftsbild (von Bebauung, Auffüllung und Aufforstung freizuhalten)“ dargestellt sind) explizit auch ein Verbot für eine Christbaumkultur gemeint gewesen sei oder eben nicht, rechtfertigt dieses Vorbringen die Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils nicht.
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Soweit die Klägerin insoweit Verfahrensmängel geltend macht (weil das Verwaltungsgericht den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt und sich ohne die Möglichkeit der Sachverhaltsermittlung seine Auffassung gebildet und somit gegen § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO und § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO verstoßen habe), kann dies im Rahmen des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nur geschehen, wenn auch entsprechende Verfahrensrügen gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zur Zulassung führen würden (vgl. HessVGH, B.v. 1.11.2012 – 7 A 1256/11.Z – juris Rn. 9 m.w.N.; VGH BW, B.v. 17.2.2009 – 10 S 3156/08 – juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 11.5.2021 – 10 ZB 20.2326 – juris Rn. 20; B.v. 4.1.2019 – 10 ZB 18.2036 – juris Rn. 9; B.v. 5.2.2018 – 10 ZB 17.2439 – juris Rn. 7; B.v. 23.6.2016 – 10 ZB 14.1058 – juris Rn. 16; Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Januar 2024, § 124 Rn. 26g). Dies ist hier indes nicht der Fall.
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1.1.1 Das Vorbringen begründet keinen Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO).
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Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt hat (§ 86 Abs. 2 VwGO). Die Aufklärungsrüge dient nicht dazu, Versäumnisse Beteiligter, insbesondere das Unterlassen der Stellung von Beweisanträgen, zu kompensieren (BVerwG, B.v. 29.7.2015 – 5 B 36.14 – juris Rn. 7; B.v. 18.12.2006 – 4 BN 30.06 – NVwZ-RR 2007, 285 = juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 1.3.2018 – 8 ZB 17.1486 – juris Rn. 9; B.v. 18.10.2013 – 10 ZB 11.618 – juris Rn. 25). Dass ein Beweisantrag nicht gestellt wurde, ist nur dann unerheblich, wenn sich dem Gericht auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag eine weitere Ermittlung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen. Die Aufklärungsrüge ist dabei nur dann erfolgreich, wenn das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Sachaufklärung hätte sehen müssen. Außerdem muss der Kläger darlegen, welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Aufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer für ihn günstigen Entscheidung geführt hätte (BVerwG, B.v. 16.3.2011 – 6 B 47.10 – juris Rn. 12; BayVGH, B.v. 21.3.2012 – 10 ZB 10.100 – juris Rn. 22).
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Die anwaltlich vertretene Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht keine Beweisanträge stellen lassen. Ausgehend von der maßgeblichen materiell-rechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts, die im Flächennutzungsplan mit integriertem Landschaftsplan angeordnete Freihaltung von Aufforstung innerhalb der beiden Flächen auf der Fl.Nr. 1682 beziehe sich nicht nur auf Wald, sondern auch auf die Anpflanzung von Christbäumen, weil die Anlage von Kulturen zur Gewinnung von Christbäumen unter den Begriff der Aufforstung im Sinne des Art. 16 Abs. 1 Satz 1 BayWaldG falle, die Gemeinde offenbar im Landschaftsplan die Zugrundelegung der in Art. 16 Abs. 1 BayWaldG enthaltenen Normierung einer Aufforstung (ohne Differenzierung zwischen Wald und Christbaumkulturen) gewollt habe und ein Mitarbeiter der Gemeinde gegenüber dem Beklagten bestätigt habe, dass im Rahmen der Planaufstellung gewollt gewesen sei, die Flächen auch von Christbäumen freizuhalten, musste das Verwaltungsgericht keinen Anlass zu einer weiteren Sachaufklärung sehen. Denn das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass es „auf die Festschreibung [Hervorhebung nur hier] in der Landschaftsplanung zum damaligen Zeitpunkt“ ankomme. Aus diesem Grund hat es – entgegen der klägerischen Ansicht – auch nicht entscheidungstragend auf die gemeindliche Stellungnahme vom 9. Februar 2023 abgestellt. Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht die Aussage des Mitarbeiters der Gemeinde in den Entscheidungsgründen des Urteils genannt hat, ändert an dieser verwaltungsgerichtlichen Annahme nichts, da dessen Angaben lediglich ergänzend aufgenommen worden sind („weiterhin“). Daher greift auch die diesbezügliche Rüge, das Verwaltungsgericht habe der Aussage des Mitarbeiters der Gemeinde zu viel Gewicht zugemessen, nicht durch.
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1.1.2 Auch ein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz liegt nicht vor (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es gehört hiernach zur Aufgabe des Tatsachengerichts, sich im Wege der freien Beweiswürdigung seine Überzeugung von dem entscheidungserheblichen Sachverhalt zu bilden. Dem hat es das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde zu legen. Wie es seine Überzeugung bildet, wie es also die ihm vorliegenden Tatsachen und Beweise würdigt, unterliegt seiner „Freiheit“. Die Einhaltung der daraus entstehenden verfahrensrechtlichen Verpflichtungen ist nicht schon dann in Frage gestellt, wenn ein Beteiligter das vorliegende Tatsachenmaterial anders würdigen oder aus ihm andere Schlüsse ziehen will als das Gericht. Die „Freiheit“ des Gerichts ist aber dann überschritten, wenn es entweder seiner Sachverhalts- und Beweiswürdigung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde legt, sondern nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder aktenwidrige Tatsachen annimmt, oder wenn die von ihm gezogenen Schlussfolgerungen gegen die Denkgesetze verstoßen; diese Verstöße gegen den Überzeugungsgrundsatz können als Verfahrensmängel gerügt werden (BVerwG, B.v. 28.3.2012 – 8 B 76.11 – juris Rn. 8 m.w.N.).
13
Ausgehend von diesen Maßgaben legt das Vorbringen, das Verwaltungsgericht habe ohne die Möglichkeit der Sachverhaltsermittlung seine Auffassung gebildet, keinen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz dar, da insoweit weder ein Übergehen entscheidungserheblichen Akteninhalts noch die Annahme von aktenwidrigen Tatsachen geltend gemacht wird (ein Verstoß gegen Denkgesetze wird bereits nicht behauptet). Eine dahingehende – wie auch hier – Rüge, das Gericht habe für die (Nicht-)Erfüllung eines Tatbestandsmerkmals eine zu schmale Tatsachengrundlage ausreichen lassen, begründet keinen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz (Kraft in Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 108 Rn. 53).
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1.2 Die Rüge der Klägerin, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung ergäben sich auch daraus, dass es das Verwaltungsgericht unterlassen habe, sich bei den widersprüchlichen Aussagen hinsichtlich des Landschaftsbildes und des angeblichen Widerspruches gegen Landschaftsplanungen ein eigenes Bild vor Ort zu machen, da von der Klägerseite vorgetragen worden sei, dass sich die einzelnen Flächen auf verschiedenen Ebenen bzw. Höheniveaus befänden, so dass der optische Eindruck für den durchschnittlichen Betrachter gerade nicht störend oder unästhetisch wirke, greift nicht durch.
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Soweit die Klägerin auch insoweit einen Verfahrensmangel geltend macht (weil das Verwaltungsgericht den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt habe), kann dies – wie bereits unter Nr. 1.1 dargelegt – im Rahmen des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nur geschehen, wenn auch eine entsprechende Verfahrensrüge gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zur Zulassung führen würde. Dies ist auch hier nicht der Fall, da das Vorbringen keinen Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht begründet (§ 86 Abs. 1 VwGO).
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Wie bereits unter Nr. 1.1.1 ausgeführt, hat die anwaltlich vertretene Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht keine Beweisanträge stellen lassen. Da der Kammer in der Behörden- und Gerichtsakte Satellitenbilder, Kartenmaterial und Fotos zur Verfügung gestanden haben, musste sich für das Verwaltungsgericht eine weitere Ermittlung des Sachverhalts auch nicht aufdrängen. Warum aus den vorliegenden Materialien die Gegebenheiten vor Ort nicht ausreichend ersichtlich sein sollen, ist in der Zulassungsbegründung weder hinreichend dargelegt noch ersichtlich.
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1.3 Soweit die Klägerin geltend macht, das Verwaltungsgericht hätte hinsichtlich der Auflagen in Nr. 2 Buchst. b) und c) des Bescheids, wonach auf den Fl.Nrn. 1…, und …, zur Südseite der dort jeweilig linear verlaufenden Hecken und Feldgehölze jeweils eine Obstbaumreihe (Obstbaumhochstämme, Pflanzabstand 10 m) anzulegen ist, eine andere einvernehmliche Lösung erzielen müssen (beispielsweise, dass die Klägerin auf Eigentumsflächen in der Nähe für einen ökologischen Ausgleich sorge), weil die Anpflanzung ganzer Obstbaumreihen auf – wie hier – Pachtflächen absolut unüblich sei (weil die Bäume aus naturschutzfachlichen Gründen nach Ablauf des Pachtverhältnisses – was die Erfahrung zeige – nicht wieder problemlos entfernt werden dürften, mit der Folge, dass deren Pflege der Eigentümer übernehmen müsste), ergeben sich aus dem Vorbringen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.
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Das Verwaltungsgericht hat insoweit in nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, dass Anhaltspunkte für eine Unzumutbarkeit der Maßnahme für die Klägerin weder ersichtlich noch vorgetragen seien, die klägerische Behauptung, eine Entfernung der anzulegenden Obstbaumreihen (bzw. Laubgehölze) nach Ablauf des zehnjährigen Pachtvertrages sei notwendig und wäre nicht mehr möglich, im Entscheidungszeitpunkt von keinerlei objektiven Anhaltspunkten getragen sei und es weder garantiert sei, dass der Pachtvertrag nicht verlängert werde, noch, dass der Entfernung der Laubgehölze in zehn Jahren naturschutzrechtliche Belange entgegenstünden. Da sich das Zulassungsvorbringen mit diesen Ausführungen nicht substantiiert auseinandersetzt, genügt es den Darlegungsanforderungen insoweit nicht.
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1.4 Soweit die Klägerin geltend macht, sie habe nach Art. 39 BayWaldG einen Anspruch auf Erteilung einer Erstaufforstungserlaubnis nach Art. 16 Abs. 1 BayWaldG ohne jegliche Auflagen, weil der diesbezügliche Antrag am 23. Dezember 2022 bei der Behörde eingegangen, ein Zwischenbescheid nicht erteilt worden und der streitgegenständliche Bescheid vom 22. Mai 2023 erst am 23. Juni 2023 und damit mehr als sechs Monate nach Antragstellung bei ihr eingegangen sei, begründet das Vorbringen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils.
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Die Voraussetzungen des Art. 39 Abs. 3 Satz 1 BayWaldG, wonach insbesondere über Erlaubnisse nach Art. 16 Abs. 1 BayWaldG binnen drei Monaten nach Eingang des Antrags bei der unteren Forstbehörde zu entscheiden ist, sofern der Antrag im Fall des Art. 16 Abs. 1 BayWaldG die Zustimmung der nach Art. 43 Abs. 1 Satz 1 BayWaldG Beteiligten enthält, liegen nicht vor.
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Die Anlage von Kulturen zur Gewinnung von Christbäumen auf nicht forstlich genutzten Grundstücken stellt zwar eine Erstaufforstung i.S.d. Art. 16 Abs. 1 BayWaldG dar (vgl. dazu bereits BayVGH, B.v. 13.7.2005 – 19 ZB 03.1214 – BeckRS 2005, 39420). Denn die Auffassung, mit der Regelung in Art. 16 Abs. 1 Satz 2 BayWaldG sei eine „Anlage von Kulturen zur Gewinnung von Christbäumen“ lediglich zusätzlich einer Erlaubnispflicht unterworfen worden, trifft nicht zu. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass jede Erstaufforstung der Erlaubnis bedürfe und dies auch für die Anlage von Christbaumkulturen gelten sollte, da durch solche Kulturen unter Umständen ebenso wie bei der Neubegründung von Wald im engeren Sinne (Christbaumkulturen, die in Feld und Flur gelegen sind, sind „nicht Wald im Sinne dieses Gesetzes“ <Art. 2 Abs. 4 BayWaldG>) Belange der Landeskultur und der angrenzenden Nachbarn berührt werden können und bei einer eventuellen Ausnahme solcher Kulturen die Vorschriften über die Erstaufforstungen selbst leicht umgangen werden könnten (LT-Drs. 7/6654 S. 23).
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Der klägerische Antrag enthielt aber die Zustimmungen der von dieser Aufforstung betroffenen Eigentümer und Nutzungsberechtigten gemäß Art. 43 Abs. 1 Nr. 2 BayWaldG nicht. Unter „Ziffer 11: Erklärung der Verfahrensbeteiligten“ des Antragsformblatts sind keine Eintragungen vorgenommen worden. Da es somit bei der Antragstellung an den Zustimmungen der nach Art. 43 Abs. 1 Satz 1 BayWaldG Beteiligten fehlte, musste entgegen der Auffassung der Klägerin über den am 23. Dezember 2022 bei der zuständigen unteren Forstbehörde eingegangenen „Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis nach Art. 16 Abs. 1 BayWaldG“ weder innerhalb der Frist des Art. 39 Abs. 3 Satz 1 BayWaldG entschieden werden noch diese Frist – um den Eintritt der Genehmigungsfiktion (Art. 39 Abs. 3 Satz 3 BayWaldG) zu vermeiden – gemäß Art. 39 Abs. 3 Satz 2 BayWaldG verlängert werden. Daher kommt es auf das Schreiben des Beklagten vom 20. März 2023, mit dem vorsorglich die Bearbeitungsfrist gem. Art. 42a Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG i.V.m. Art. 39 Abs. 3 Satz 2 BayWaldG bis zum 24. Juli 2023 verlängert worden ist, und die damit einhergehenden (jedoch von der Klägerseite nicht aufgeworfenen) Fragen, ob das Schreiben die Anforderungen des Art. 39 Abs. 3 Satz 2 BayWaldG erfüllt, welche Auswirkungen die Verlängerung der Frist über die in Art. 39 Abs. 3 Satz 2 BayWaldG bestimmte Frist („um höchstens drei Monate“) auf das Verlängerungsschreiben hat und ob und ggf. wann der Klägerin das Schreiben zugegangen ist, nicht entscheidungserheblich an. Mangels Vorliegens einer Zustimmung der nach Art. 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayWaldG zu beteiligenden Eigentümer bzw. Nutzungsberechtigten der benachbarten Grundstücke ging somit, da die Nachbarn nicht durch eine Erlaubnisfiktion übergangen werden sollen, der Vorgang in ein normales Verfahren über (Zerle-Hein, Forstrecht in Bayern, Stand November 2021, Erl. 9 zu Art. 39).
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2. Der Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten gem. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt nicht vor.
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Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinne dieser Vorschrift weist eine Rechtssache dann auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, wenn sie sich also wegen der Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt (BayVGH, B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 42 m.w.N.). Besondere tatsächliche Schwierigkeiten einer Rechtssache entstehen durch einen besonders unübersichtlichen und/oder einen schwierig zu ermittelnden Sachverhalt. Ob besondere tatsächliche Schwierigkeiten bestehen, ist unter Würdigung der aufklärenden Tätigkeit des Verwaltungsgerichts zu beurteilen (Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124 Rn. 33). Eine Rechtssache weist besondere rechtliche Schwierigkeiten auf, wenn eine kursorische, aber sorgfältige, die Sache überblickende Prüfung der Erfolgsaussichten einer Berufung keine hinreichend sichere Prognose über den Ausgang des Rechtsstreits erlaubt. Die Offenheit des Ergebnisses charakterisiert die besondere rechtliche Schwierigkeit und rechtfertigt – insbesondere zur Fortentwicklung des Rechts – die Durchführung des Berufungsverfahrens (Happ in Eyermann a.a.O. Rn. 16, 25, 27). Dabei ist der unmittelbare sachliche Zusammenhang des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO mit Abs. 2 Nr. 1 VwGO in den Blick zu nehmen (Happ in Eyermann a.a.O. Rn. 25). Schwierigkeiten solcher Art liegen vor, wenn der Ausgang des Rechtsstreits aufgrund des Zulassungsvorbringens bei summarischer Prüfung als offen erscheint und sich die aufgeworfenen Rechts- und Tatsachenfragen nicht schon ohne Weiteres im Zulassungsverfahren, sondern erst in einem Berufungsverfahren mit der erforderlichen Sicherheit klären und entscheiden lassen.
25
Die Klägerin lässt im Rahmen dieses Zulassungsgrundes vortragen, besondere Schwierigkeiten ergäben sich in tatsächlicher Hinsicht aus dem umstrittenen (und vom Verwaltungsgericht nicht vollumfänglich aufgeklärten) Sachverhalt, ob im Flächennutzungsplan samt integriertem Landschaftsplan von 2009 – zum damaligen Zeitpunkt – explizit der Ausschluss für Christbaumkulturen beschlossen und gemeint gewesen sei, und in rechtlicher Hinsicht, ob dieser Flächennutzungsplan samt integriertem Landschaftsplan nach heutigem „Wunschdenken“ von Seiten der Behörden angepasst und umgedeutet werden könne und ob aufgrund der überlangen Genehmigungsdauer die fiktive Erlaubnis – wie beantragt – ohne die übermäßigen Auflagen zu erteilen gewesen sei.
26
Dieses Zulassungsvorbringen zeigt keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache auf. Die erforderliche Prüfung der Erfolgsaussichten einer Berufung führt hier zur Prognose, dass diese zurückzuweisen wäre. Da die von der Klägerin geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nicht bestehen (vgl. Nr. 1.), ist die Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht besonders schwierig, besondere tatsächliche Schwierigkeiten sind angesichts des überschaubaren Sachverhalts nicht ersichtlich, zumal es entgegen der Auffassung der Klägerin nicht auf die subjektiven Vorstellungen des früheren Bürgermeisters, einzelner Gemeinderatsmitglieder oder der Verwaltung des Beklagten bzw. deren rückschauende Betrachtung ankommt, sondern auf das, was hierzu bei objektiver Würdigung in den maßgeblichen Bestandteilen der Aufstellungsvorgänge dokumentiert ist. Da die Klägerin insoweit selbst davon ausgeht, dass es „einen Erläuterungsbericht oder Erwägungsgründe aus der damaligen Zeit (…) offensichtlich nicht [gibt]“, ist maßgeblich auf den Wortlaut des Flächennutzungsplans samt integriertem Landschaftsplan abzustellen. Es bestehen insoweit keinerlei objektive Anhaltspunkte, dass der Plangeber den Begriff der „Aufforstung“ anders als im Sinne des Art. 16 Abs. 1 BayWaldG (vgl. bereits die Ausführungen unter Nr. 1.4) verstanden hat. Da die Voraussetzungen einer Genehmigungsfiktion nach Art. 39 Abs. 3 BayWaldG nicht gegeben sind, können besondere Schwierigkeiten insoweit gar nicht vorliegen.
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3. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist schon nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend hinreichend dargelegt.
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Um den auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, ausführen, weshalb diese Frage entscheidungserheblich ist, erläutern, weshalb die vorformulierte Frage klärungsbedürftig ist, und darlegen, warum der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (stRspr vgl. z.B. BayVGH, B.v. 17.12.2015 – 10 ZB 15.1394 – juris Rn. 16 m.w.N.).
29
Soweit die Klägerin im Rahmen der Zulassungsbegründung vortragen lässt, „entscheidungserheblich und klärungsbedürftig (weil höchstrichterlich noch nicht entschieden) sind vorliegend die Fragen mit verallgemeinerungsfähigem Inhalt, wie sie in der bisherigen Begründung vorgetragen wurden“, genügt das Vorbringen diesen Darlegungsanforderungen offensichtlich nicht.
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Selbst wenn man das – nach Ablauf der Begründungsfrist eingegangene – Vorbringen im Schriftsatz vom 29. Mai 2024, „unter Ziff. 2.2. der Antragsbegründung vom 13.04.2024 wurden die konkreten Fragen (in indirekter Rede) aufgeworfen und formuliert, „…ob der Flächennutzungsplan samt integriertem Landschaftsplan aus 2009 einfach nach heutigem „Wunschdenken“ von Seiten der Behörden angepasst und umgedeutet werden kann…“, „… und ob aufgrund der überlangen Genehmigungsdauer (s.o.) die fiktive Erlaubnis genau so zu erteilen war, wie die Klägerin sie beantragt hatte – nämlich ohne die übermäßigen Auflagen…“, berücksichtigen würde, genügt dieses Vorbringen den Darlegungsanforderungen ebenfalls nicht. Bei den von der Klägerin aufgeworfenen Fragen handelt es sich nicht um fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfragen. Sie betreffen offensichtlich konkret den Fall der Klägerin.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 47 Abs. 3, Abs. 2, 52 Abs. 2 GKG.
32
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).