Inhalt

VGH München, Urteil v. 17.07.2024 – 14 N 23.1133
Titel:

Fehlende Antragsbefugnis für einen Normenkontrollantrag einer (noch) nicht anerkannten Umweltvereinigung gegen die Bayerische Wolfsverordnung

Normenketten:
GG Art. 19 Abs. 4
GRCh Art. 47 Abs. 1
UmwRG § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, Nr. 5, § 2 Abs. 1, Abs. 3, § 7 Abs. 1 S. 1
BNatSchG § 45 Abs. 7 S. 1, § 63 Abs. 1, Abs. 2, § 64 Abs. 1
AarhusÜ Art. 3 Abs. 4, Art. 9 Abs. 2, Abs. 3
BayVwVfG Art. 35, Art. 41 Abs. 3
FFH-Richtlinie Art. 12, Art. 16
BayUIG Art. 2 Abs. 2 Nr. 3, Art. 5 Abs. 1 S. 1, Art. 7 Abs. 1, Abs. 2
Leitsätze:
Im Hinblick auf die durch § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG eingeräumten Anfechtungsmöglichkeiten gegen auf die Bayerische Wolfsverordnung gestützte und danach zwingend vorgesehene Ausnahmeverwaltungsakte ist es unions-, völker- oder verfassungsrechtlich nicht geboten, entgegen dem klaren Gesetzeswortlaut (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG) noch zusätzliche Normenkontrollmöglichkeiten für nicht vom Freistaat Bayern anerkannte Naturschutzvereinigungen gegen die Bayerische Wolfsverordnung selbst zu eröffnen. (Rn. 54 – 63)
1. § 64 Abs. 1 BNatSchG räumt im Landesbereich Rechtsbehelfsmöglichkeiten nur "anerkannten" Naturschutzvereinigungen ein, die gem. § 64 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG zur Mitwirkung berechtigt "waren", was voraussetzt, dass die Vereinigung bereits als "Naturschutz"- oder als "Umwelt"-Vereinigung anerkannt war. (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die BayWolfV lässt ausnahmslos die dort genannten Maßnahmen gegen Wölfe nicht unmittelbar zu, sondern verlangt dafür jeweils nachfolgende Verwaltungsakte, die § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 UmwRG unterfallen. (Rn. 58) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die BayWolfV als solche wird von keinem der in § 1 Abs. 1 S. 1 UmwRG, § 2 Abs. 1 S. 1 UmwRG genannten Entscheidungstypen erfasst. (Rn. 62) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Unzulässige Normenkontrolle einer nicht für den Freistaat, Bayern als Naturschutzvereinigung anerkannten Unternehmergesellschaft gegen die Bayerische, Wolfsverordnung., Wolfsverordnung, nicht anerkannter Umweltverband, prokuratorische Rechtsstellung, effektiver Zugang zu Gericht, tierbezogener Vorgang, Inzidentkontrolle, nachfolgender Verwaltungsakt, Unionsrecht, Aarhus-Konvention, Auskunftsanspruch, RL 92/43/EWG
Fundstellen:
NuR 2025, 139
BayVBl 2025, 267
UPR 2024, 518
NVwZ-RR 2025, 193
DÖV 2024, 1075
LSK 2024, 23843
BeckRS 2024, 23843

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Antragsgegner vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1
Das Normenkontrollverfahren betrifft die Frage der Wirksamkeit der Bayerischen Wolfsverordnung (BayWolfV) vom 25. April 2023 (BayMBl. Nr. 201 vom 26.4.2023; BayRS 791-1-14-U).
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Die Antragstellerin ist eine Unternehmergesellschaft (UG) mit Sitz in Bayern; sie firmiert mit dem Zusatz „g“ für gemeinnützig, jedoch ohne den in § 5a Abs. 1 GmbHG vorgeschriebenen Zusatz „haftungsbeschränkt“. Die Antragstellerin hat beim Umweltbundesamt eine Anerkennung als bundesweite Umweltvereinigung beantragt; gegen einen diesbezüglichen Ablehnungsbescheid des Umweltbundesamts hat die Antragstellerin zwischenzeitlich Klage erhoben, über die bislang noch nicht entschieden ist.
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Die Bayerische Wolfsverordnung besteht aus folgenden Regelungen:
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§ 1 Schutz des Menschen und der öffentlichen Sicherheit
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(1) 1Im Interesse der Gesundheit des Menschen und der öffentlichen Sicherheit wird nach Maßgabe der nachfolgenden Absätze gestattet, Wölfen (Canis lupus) nachzustellen, sie zu fangen, zu vergrämen oder mit einer geeigneten Schusswaffe zu töten, soweit es keine zumutbare Alternative gibt. 2Voraussetzung ist ferner, dass sich der Erhaltungszustand der Population nicht verschlechtert und die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindert wird.“
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(2) 1Unter Berücksichtigung von § 45a Abs. 2 Satz 3 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) gefährden Wölfe die Gesundheit des Menschen oder die öffentliche Sicherheit insbesondere dann, wenn sie
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1. sich mehrfach Menschen außerhalb von Fahrzeugen auf unter 30 m nähern,
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2. mehrfach die Annäherung von Menschen auf unter 30 m tolerieren,
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3. über mehrere Tage in einem Umkreis von weniger als 200 m von geschlossenen Ortschaften oder von dem Menschen genutzten Gebäuden oder Stallungen gesehen werden,
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4. Menschen trotz Vertreibungsversuchen folgen,
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5. sich Menschen in geschlossenen Ortschaften annähern und nur schwer vertrieben werden können,
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6. Hunde in geschlossenen Ortschaften oder in von Menschen genutzten Gebäuden oder Stallungen töten,
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7. sich Menschen mit Hunden annähern und dabei ein aggressives Verhalten zeigen oder
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8. unprovoziert aggressiv auf Menschen reagieren.
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2Eine Entnahme ist im Rahmen des Satz 1 Nr. 1 bis 3 nur zulässig, wenn eine Vergrämung nicht möglich erscheint oder voraussichtlich erfolglos bleibt. 3Maßnahmen nach Abs. 1 können gegen einen Wolf gerichtet werden, der in räumlichem und zeitlichem Zusammenhang mit einem der in Satz 1 genannten Ereignisse angetroffen wird.
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(3) 1Hält die untere Naturschutzbehörde die obigen Voraussetzungen für gegeben, bestimmt sie unverzüglich die zu ergreifenden Maßnahmen und die zur Ausführung geeigneten und berechtigten Personen. 2Zuständig ist die untere Naturschutzbehörde, in deren Gebiet das in Abs. 2 Satz 1 genannte Ereignis stattgefunden hat.
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§ 2 Abwendung ernster wirtschaftlicher Schäden
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(1) 1Zur Abwendung ernster landwirtschaftlicher oder sonstiger ernster wirtschaftlicher Schäden wird nach Maßgabe der nachfolgenden Absätze gestattet, Wölfen nachzustellen, sie zu fangen, zu vergrämen oder mit einer geeigneten Schusswaffe zu töten, soweit es keine zumutbare Alternative gibt. 2Voraussetzung ist ferner, dass sich der Erhaltungszustand der Population nicht verschlechtert und die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindert wird.
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(2) 1Die Voraussetzungen des Abs. 1 Satz 1 sind unter Berücksichtigung des § 45a Abs. 2 BNatSchG insbesondere gegeben, wenn Wölfe in nicht schützbaren Weidegebieten ein Nutztier oder einen Equiden verletzen oder töten. 2Maßnahmen nach Satz 1 können gegen einen Wolf gerichtet werden, der in räumlichem und zeitlichem Zusammenhang mit dem betreffenden Ereignis angetroffen wird.
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(3) 1Nicht schützbare Weidegebiete sind Gebiete, bei denen ein Herdenschutz entweder nicht möglich oder nicht zumutbar ist. 2Nicht zumutbar zäunbare naturräumliche Untereinheiten, für die die untere Naturschutzbehörde festgestellt hat, dass die Alternative der Behirtung in Verbindung mit einer nächtlichen Einstallung oder Unterbringung in einem wolfsabweisenden Nachtpferch nicht zumutbar ist, stehen nicht schützbaren Weidegebieten gleich. 3Die Ermächtigung nach § 45 Abs. 7 Satz 4 BNatSchG wird insoweit auf das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (Staatsministerium) übertragen, als dieses ermächtigt wird, die nicht schützbaren Weidegebiete nach Satz 1 und die nicht zumutbar zäunbaren naturräumlichen Untereinheiten nach Satz 2 durch Rechtsverordnung festzulegen.
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(4) 1Hält die untere Naturschutzbehörde die obigen Voraussetzungen für gegeben, bestimmt sie die zu ergreifenden Maßnahmen und die zur Ausführung geeigneten und berechtigten Personen. 2§ 1 Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend.
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§ 3 Mitteilungspflicht, Beweissicherung
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(1) Sämtliche Maßnahmen einschließlich Maßnahmeort, -datum und -methode sowie die ausführende Person oder die ausführende beauftragte Gruppe sind unverzüglich dem Staatsministerium sowie der genehmigenden Kreisverwaltungsbehörde mitzuteilen.
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(2) Die auf Grundlage dieser Verordnung getöteten Wölfe sind dem Landesamt für Umwelt zur Verfügung zu stellen.
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§ 4 Inkrafttreten
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Diese Verordnung tritt am 1. Mai 2023 in Kraft.
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Am 3. Mai 2023 trat die Verordnung zur Ausführung der Bayerischen Wolfsverordnung (AVBayWolfV) vom 2. Mai 2023 (BayMBl. Nr. 202 vom 2.5.2023) in Kraft, mit der die Abgrenzung der nicht schützbaren Weidegebiete nach § 2 Abs. 3 Satz 3 BayWolfV sowie die Abgrenzung der nicht zumutbar zäunbaren naturräumlichen Untereinheiten nach § 2 Abs. 3 Satz 3 BayWolfV geregelt wurde.
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Am 26. Juni 2023 ließ die Antragstellerin einen Normenkontrollantrag stellen und beantragt,
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die Bayerische Wolfsverordnung (BayWolfV) vom 25. April 2023 (BayMBl. Nr. 201) für unwirksam zu erklären.
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Zur Zulässigkeit ihres Antrags macht die Antragstellerin eine prokuratorische Rechtsstellung für die Verletzung von Art. 16 Abs. 1 der RL 92/43/EWG (FFH-Richtlinie) durch die Bayerische Wolfsverordnung geltend, wobei § 45 Abs. 7 Satz 2 BNatSchG als unbedingte und hinreichend bestimmte Vorschrift des objektiven Umweltrechts auf die FFH-Richtlinie verweise und für FFH-Gebiete (Art. 4 Abs. 4 FFH-Richtlinie) die Antragsbefugnis anerkannter Naturschutzvereinigungen eröffnet sei. Die von § 2 UmwRG geforderte Anerkennung als Umweltvereinigung sei keine Zugangs-, sondern eine Sachurteilsvoraussetzung, sodass es im vorliegenden Verfahren auf die materielle Anerkennungsfähigkeit als Sachurteilsvoraussetzung ankomme. Sofern eine Anerkennung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts nicht vorliege, seien die Anerkennungsvoraussetzungen durch das erkennende Gericht zu prüfen. In ihrer Satzung und deren Bezug auf „Wildnis“ setze die Antragstellerin die Förderung von Zielen des Umweltschutzes fest, die Naturschutz in seinem originären Sinn beträfen. Die Antragstellerin erfülle die Anerkennungsvoraussetzung einer dreijährigen Tätigkeit; sie bestehe seit ihrer Gründung im Jahr 2016 und habe umfangreiche Aktivitäten entfaltet. In der Coronazeit sei zwar weitgehend auf öffentliche Wahrnehmung verzichtet, die Zeit jedoch für Informationsbeschaffung und Fortbildung genutzt worden. Die Antragstellerin biete Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung als Ein-Personen-Gesellschaft. Sie sei eine typische Kommunikations-NGO (Non Governmental Organisation/Nichtregierungsorganisation) mit verschiedenen Strategien und Darstellungsformen. Das Aufgabengebiet beziehe sich auf den Wildnis- und Wildheitsgedanken als Kommunikationsgegenstand hinsichtlich Lobbytätigkeit, Öffentlichkeits- und Forschungsarbeit, und zwar von der Informationsbeschaffung bis zur Publikation einschließlich Teilnahme an behördlichen Entscheidungsverfahren und Einlegung von Rechtsbehelfen. Vom Umfang der Tätigkeit her sei diese bis 2022 überwiegend idealistisch und mit sehr viel Zeitaufwand aufgrund der kleinteiligen Kommunikation verbunden gewesen. Quantitativ seien in drei Wochen Teilzeitarbeit vier Stellungnahmen eingereicht worden; hinzu komme die Arbeit am Anerkennungsverfahren, an einem großen Fall ein Forsthaus betreffend sowie die Beobachtung eines Aarhus-Verfahrens. Hinsichtlich des Mitgliederkreises sei auf den Geschäftsführer der Antragstellerin abzustellen, wobei die Antragstellerin unter anderem auf dessen Sachkunde durch seine formellen Bildungs- und Berufsabschlüsse hinweist, nämlich Bankkaufmann, Diplom-Verwaltungswirt, Bankfachwirt, Diplomaticus scientiae politicae Univ. sowie Doktor der Philosophie im Fach Publizistik und Kommunikationswissenschaft. Aufgrund der hohen Professionalität des Geschäftsführers seien weitere Gesellschafter nicht erforderlich, zumal sich der Geschäftsführer in Einzelfällen externer Hilfe bediene. Die Leistungsfähigkeit der Antragstellerin sei sowohl von der Arbeitskapazität als auch von den verfügbaren finanziellen Ressourcen her sichergestellt. Die Gemeinnützigkeit sei vom Finanzamt festgestellt worden. Zwar seien die gesetzlichen Anforderungen an Mitgliederbeteiligungen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG) nicht erfüllt. Diese verstießen jedoch gegen die Aarhus-Konvention (AK) und gegen Verfassungsrecht (negative Vereinigungsfreiheit), weshalb eine diesbezügliche Gesetzesänderung erarbeitet werde; insoweit beruft sich die Antragstellerin auf die bei der Siebten Tagung der Aarhus-Vertragsparteien (18. bis 20.10.2021) getroffene Entscheidung VII/8g, mit der die Feststellung ACCC/C/2016/137 des bei der UN-Wirtschaftskommission für Europa eingerichteten Beschwerde-Kommittees gebilligt worden ist, sowie auf den diesbezüglichen ersten Fortschrittsbericht. Angesichts dessen verstoße § 3 UmwRG gegen Art. 9 AK, wobei § 3 UmwRG im Hinblick auf Art. 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie i.V.m. § 45 Abs. 7 Satz 2 BNatSchG unionsrechtskonform auszulegen sei, und weise die Ablehnung der Anerkennung durch das Umweltbundesamt grobe Mängel in der Sachverhaltsermittlung auf und sei willkürlich. Es bestehe ein Rechtschutzbedürfnis daran, die Gesetzesänderung nicht abzuwarten.
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Die Antragsbefugnis ergebe sich zudem aus Art. 9 Abs. 2 AK i.V.m. § 63 Abs. 2 Nr. 4b und 5 BNatSchG; letztere Vorschrift sei eine Bestimmung im Sinne des Art. 9 Abs. 2 AK und müsse unionsrechtskonform ausgelegt werden. Auch aus Art. 3 Abs. 4 AK ergebe sich eine Antragsbefugnis. Bei § 63 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG könne nicht zwischen Gebiets- und Tierbezogenheit unterschieden werden. Auch wenn die Bayerische Wolfsverordnung eine Ausnahme nicht unmittelbar zulasse, sondern dafür noch ein Verwaltungsakt nachfolgen müsse, werde effektiver Rechtschutz nicht ermöglicht, wenn dieser erst auf der Ebene des Verwaltungsakts gewährt werde – insoweit werde eine Vorlage zum Europäischen Gerichtshof und eine Zulassung der Revision angeregt.
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Für begründet hält die Antragstellerin den Normenkontrollantrag unter anderem deshalb, weil bereits die Rechtsgrundlagen des § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 und des § 45a Abs. 2 BNatSchG gegen Unionsrecht verstießen. Außerdem seien § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Satz 3 sowie § 2 Abs. 2 Satz 1, 2 BayWolfV nicht von deren Ermächtigungsgrundlagen gedeckt und nichtig, soweit sie ihrem Inhalt nach außerhalb des Ermächtigungsrahmens lägen.
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Der Antragsgegner beantragt,
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den Normenkontrollantrag abzulehnen.
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Zur Frage der Zulässigkeit des Antrags meint er im Hinblick auf § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UmwRG unter anderem, eine Vereinigung sollte Mitglieder in einer Zahl haben, die kontinuierliche Aktivitäten erwarten lasse, was jedenfalls dann nicht sichergestellt sei, wenn die Tätigkeit, wie bei der Antragstellerin, von einer einzigen Person getragen werde. Zwar werde voraussichtlich nach Mitteilung des Umweltbundesamtes im Hinblick auf die § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 UmwRG betreffende Entscheidung VII/8g der Tagung der Aarhus-Vertragsparteien eine Gesetzesänderung herbeigeführt werden; jedoch sei § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 UmwRG, dem die Antragstellerin nicht genüge, derzeit noch gültig und anzuwenden.
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Zur Antragsbefugnis weist der Antragsgegner darauf hin, § 63 Abs. 2 BNatSchG beziehe sich nur auf vom Land anerkannte Vereinigungen, wogegen die Antragstellerin eine Anerkennung beim Bund beantragt habe. Was Art. 9 Abs. 2 AK betreffe, beziehe sich dieser auf Art. 6 AK und den Anhang I, weshalb dieser vorliegend nicht einschlägig sei.
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Die seitens der Antragstellerin zur Begründetheit geltend gemachten Rügen zur Rechtswidrigkeit der Bayerischen Wolfsverordnung weist der Antragsgegner jeweils zurück.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte einschließlich des Protokolls der mündlichen Verhandlung am 16. Juli 2024 und die vorgelegten Verwaltungsakten zur Bayerischen Wolfsverordnung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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1. Der Normenkontrollantrag ist mangels Antragsbefugnis der Antragstellerin, bei der keine Verletzung in eigenen Rechten im Raum steht, unzulässig, und zwar selbst dann, wenn man zugunsten der Antragstellerin unterstellt, dass sie im Ausgangspunkt auch ohne förmliche Anerkennung als Naturschutz- oder Umweltvereinigung eine sog. prokuratorische Rechtsstellung nicht nur für subjektives, sondern auch für objektives unbedingtes und hinreichend bestimmtes Unionsumweltrecht innehaben kann, um dieses zu ihrem eigenen Anliegen zu machen (vgl. BVerwG, U.v. 5.9.2013 – 7 C 21.12 – BVerwGE 147, 312 Rn. 46 m.w.N.; BayVGH, U.v. 28.7.2016 – 14 N 15.1870 – BayVBl 2017, 125 Rn. 34, 38, 45 m.w.N.). Denn selbst dann eröffnet diese prokuratorische Rechtsstellung keine Antragsbefugnis für das vorliegende Normenkontrollverfahren, weil der Antragstellerin ein hinreichend effektiver Zugang zu Gericht jedenfalls möglich wäre durch ihre Rechtschutzmöglichkeiten gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, § 2 Abs. 1 Satz 1 VwGO gegen spätere, von der Bayerischen Wolfsverordnung zwingend vorgesehene Ausnahmeverwaltungsakte i.S.v. § 45 Abs. 7 Satz 1 BNatSchG. Dabei eröffnen weder § 64 i.V.m. § 63 BNatSchG noch § 1 UmwRG eine Normenkontrollmöglichkeit direkt gegen die Bayerische Wolfsverordnung für die Antragstellerin, was auch unions-, völker- und verfassungsrechtlich nicht geboten ist.
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1.1. Die Antragstellerin ist nicht gemäß § 64 i.V.m. § 63 BNatSchG zur Stellung des Normenkontrollantrags berechtigt.
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1.1.1. Weil die Bayerische Wolfsverordnung eine Landesverordnung ist, scheidet eine Antragsberechtigung nach dem auf Maßnahmen von Stellen des „Bundes“ bezogenen § 63 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 i.V.m. § 64 Abs. 1 BNatSchG von vornherein aus.
42
1.1.2. Nicht in Betracht kommt auch eine Antragsberechtigung nach den auf Maßnahmen der „Länder“ bezogenen § 63 Abs. 2 Nr. 4a bis 7 i.V.m. § 64 Abs. 1 BNatSchG.
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Das ergibt sich schon daraus, dass die Antragstellerin nach ihrem eigenen Vortrag lediglich eine Anerkennung als Umweltvereinigung beim Bund beantragt hat, sodass sie selbst dann, wenn alle Anerkennungsvoraussetzungen i.S.v. § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UmwRG vorliegen sollten, bestenfalls einer vom Bund anerkannten Umweltvereinigung, nicht aber einer vom Freistaat Bayern anerkannten Naturschutzvereinigung gleichgestellt werden könnte.
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Unabhängig davon räumt § 64 Abs. 1 BNatSchG – im hier allein im Raum stehenden Landesbereich – Rechtsbehelfsmöglichkeiten nur „anerkannten“ Naturschutzvereinigungen ein, die gemäß § 64 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG nach § 63 Abs. 2 Nr. 4a bis 5 oder Nr. 6 BNatSchG zur Mitwirkung berechtigt „waren“, was für die Antragstellerin schon deshalb nicht der Fall war, weil sie während des Verordnungserlassverfahrens weder als „Naturschutz“- noch als „Umwelt“-Vereinigung anerkannt war, wobei § 64 Abs. 2 BNatSchG gerade nicht auf § 2 Abs. 2 UmwRG verweist und auch keine eigene Bestimmung enthält, die auch (noch) nicht anerkannten Naturschutzvereinigungen eine Rechtsbehelfsbefugnis bereits dann einräumen würde, wenn lediglich die Anerkennungsvoraussetzungen vorliegen (vgl. BVerwG, U.v 5.9.2013 – 7 C 21.12 – BVerwGE 147, 312 Rn. 50).
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Eine über den Wortlaut der §§ 63, 64 BNatSchG hinausgehende erweiternde Auslegung scheidet aus, weil keine über den Gesetzeswortlaut hinausgehende gesetzgeberische Zielsetzung erkennbar ist; eine Analogie scheitert am Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke (ebenso BayVGH, B.v. 24.5.2024 – 19 NE 23.1521 – juris Rn. 64 m.w.N.).
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1.1.3. Dass §§ 63 f. BNatSchG der Antragstellerin nach ihrem klaren Wortlaut keine Antragsbefugnis für das vorliegende Normenkontrollverfahren vermitteln, steht nicht in Konflikt mit Unions-, Völker- oder Verfassungsrecht, weil die Bayerische Wolfsverordnung zwingend Folgeverwaltungsakte erfordert, gegen die das Umweltrechtsbehelfsgesetz – unabhängig vom Rechtschutzregime der §§ 63 f. BNatSchG – hinreichend effektive Rechtsbehelfe ermöglicht.
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Die Bayerische Wolfsverordnung ist so konstruiert, dass die dort genannten Maßnahmen gegen Wölfe keinesfalls direkt aufgrund dieser Rechtsverordnung vorgenommen werden können. Dafür ist vielmehr stets ein Folgeverwaltungsakt gemäß § 45 Abs. 7 Satz 1 BNatSchG erforderlich (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 1, § 2 Abs. 4 Satz 1 BayWolfV). Solche Folgeverwaltungsakte unterfallen § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG und gegen solche Verwaltungsakte können Umweltvereinigungen, die die dortigen – im Licht höherrangigen Rechts auszulegenden und gegebenenfalls zu modifizierenden (siehe 1.2.3.6.) – Anerkennungsvoraussetzungen erfüllen, nach den Anforderungen des Umweltrechtsbehelfsgesetzes gerichtlichen Rechtschutz erlangen.
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Anlässlich solcher, durch das Umweltrechtsbehelfsgesetz ermöglichter Rechtsbehelfe gegen Folgeverwaltungsakte können die Verwaltungsgerichte aller Instanzen auch die Bayerische Wolfsverordnung inzident auf ihre Wirksamkeit überprüfen, sodass insoweit Art. 3 Abs. 4, Art. 9 Abs. 2 und 3 der Aarhus-Konvention (AK) sowie dem unionsrechtlichen Gebot effektiven Rechtschutzes (Art. 47 GRCh) hinreichend Rechnung getragen ist, und zwar sowohl generell betrachtet als auch im konkreten Fall der Antragstellerin (siehe 1.2.3.).
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1.2. Auch das Umweltrechtsbehelfsgesetz verschafft der Antragstellerin keine Antragsbefugnis, weil die Bayerische Wolfsverordnung keinem der von § 1 (i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1) UmwRG enumerativ genannten Entscheidungstypen entspricht – insbesondere nicht denen gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG (Pläne und Programme) und § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG (Verwaltungsakte oder öffentlich-rechtliche Verträge) –, was weder Unions- noch Völkerrecht widerspricht (siehe 1.2.1. bis 1.2.3.). Dabei unterstellt der Senat zugunsten der Antragstellerin, dass sie die in § 3 i.V.m. § 2 Abs. 2 Satz 1 UmwRG genannten Anerkennungsvoraussetzungen von Vereinigungen – unter Berücksichtigung unions-, völker- und verfassungsrechtlicher Vorgaben – erfüllt; denn selbst dann, wenn die Antragstellerin behandelt wird, als hätte sie eine bestandskräftige Anerkennung inne, müsste der Normenkontrollantrag mangels Antragsbefugnis erfolglos bleiben.
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1.2.1. Es liegt kein Fall von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG vor. Im Sinn dieser Vorschrift unterfällt die Bayerische Wolfsverordnung nicht den Begriffen „Pläne oder Programme“. Normzweck der §§ 1, 2 UmwRG ist die Umsetzung einschlägiger unions- und völkerrechtlicher Vorgaben in innerstaatliches Recht (BVerwG, U.v. 1.6.2017 – 9 C 2.16 – BVerwGE 159, 95 Rn. 17). Unionsrechtlicher Hintergrund des § 2 Abs. 7 UVPG, auf den § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG verweist, ist Art. 2 Buchst. a der RL 2001/42/EG über die Strategische Umweltprüfung (SUP-RL). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist ein Plan oder Programm im Sinn dieser Vorschrift ein Rechtsakt, der die Kriterien und Modalitäten der Nutzung des Gebiets festlegt und Regeln und Verfahren zur Kontrolle bestimmt, denen die Durchführung eines oder mehrerer Vorhaben unterliegt (vgl. EuGH [Große Kammer], U.v. 11.9.2012 – C-43/10 – ECLI:EU:2012:560 Rn. 95 m.w.N.; BayVGH, U.v. 30.4.2024 – 14 N 23.1502 u.a. – NuR 2024, 499 Rn. 41 m.w.N.). An dieser Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG hält der Senat trotz der daran geäußerten Kritik der Antragspartei fest.
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Die Bayerische Wolfsverordnung regelt Voraussetzungen dafür, das Fangen, Vergrämen und Töten von Wölfen zuzulassen, was im Ausgangspunkt kein gebietsbezogener, sondern ein tierbezogener Vorgang ist. Zwar schafft § 2 BayWolfV für diejenigen Teile des Staatsgebiets, die in der durch § 2 BayWolfV ermöglichten Gebietsverordnung jeweils aufgeführt werden, einen örtlichen Rahmen, in dem die tierbezogenen Maßnahmen ausnahmsweise zugelassen werden. Jedoch stehen im Vordergrund der Verordnungsregelung keine Maßnahmen hinsichtlich des Gebiets selbst, sondern die Gestattung menschlicher Maßnahmen gegenüber solchen Tieren, die sich im fraglichen Gebiet befinden, was für den erforderlichen spezifischen Gebietsbezug nicht hinreicht. Würden die Ausnahmen gemäß § 45 Abs. 7 Satz 1 und 2 BNatSchG in Form von Einzelverwaltungsakten ergehen, läge der Gedanke ihrer spezifischen Gebietsbezogenheit im genannten Sinn fern. Sie wären klar tierbezogen, auch wenn sie (selbstverständlich) die jeweilige Ausnahme „auf“ einem bestimmten Teil des Staatsgebiets ermöglichen würden. Dass die streitgegenständliche Rechtsverordnung für bestimmte Gebiete die Anforderungen an tierbezogene Einzelbescheide regelt, ändert nichts daran, dass sie – wie die von ihr nachfolgenden Ausnahmeverwaltungsakte – als solche keinen spezifischen Gebietsbezug aufweist (vgl. BayVGH, U.v. 30.4.2024 – 14 N 23.1502 u.a. – NuR 2024, 499 Rn. 42 f.).
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1.2.2. Es liegt auch kein Fall von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG vor. Die Bayerische Wolfsverordnung ist sowohl formal als auch von ihren abstrakt-generellen Inhalten her Rechtsverordnung und damit weder ein „Verwaltungsakt“ i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG i.V.m. § 35 VwVfG bzw. Art. 35 BayVwVfG noch ein „öffentliche-rechtlicher Vertrag“ i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG i.V.m. §§ 44 ff. VwVfG bzw. Art. 44 ff. BayVwVfG.
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Vielmehr setzt die Bayerische Wolfsverordnung den nachträglichen Erlass eines Ausnahmeverwaltungsakts im jeweiligen Einzelfall voraus, auf den dann seinerseits das Umweltrechtsbehelfsgesetz gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG Anwendung findet, wobei im Zuge entsprechender Rechtsbehelfe die Verwaltungsgerichte „inzident“ auch die Wirksamkeit der Bayerischen Wolfsverordnung überprüfen können.
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1.2.3. Weder Unions- noch Völkerrecht oder Verfassungsrecht gebieten eine abweichende Auslegung.
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1.2.3.1. Die Auffangvorschrift des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG (vgl. BVerwG, U.v. 22.6.2023 – 10 C 4.23 – BVerwGE 179, 256 Rn. 14) verfolgt das Ziel, den völkerrechtlichen Art. 9 Abs. 3 AK, der seinerseits integraler Bestandteil der Unionsrechtsordnung ist (EuGH, U.v. 8.11.2022 – C-873/19 – ECLI:ECLI:EU:C:2022:857 Rn. 48), vollständig umzusetzen (BVerwG, U.v. 19.12.2019 – 7 C 28.18 – BVerwGE 167, 250 Rn. 25). Dabei ist insbesondere dem unionsrechtlichen Gebot effektiven Rechtschutzes (Art. 47 Abs. 1 GRCh) Wirksamkeit zu verschaffen (EuGH, U.v. 8.11.2022 a.a.O. Rn. 79 sowie Rn. 75, 77), wobei es vorliegend um den unionsrechtlich determinierten Vollzug von Artenschutzrecht geht und §§ 44 ff. BNatSchG unter anderem Art. 12, 16 der FFH-Richtlinie in nationales Recht umsetzen (Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRCh; vgl. BayVGH, U.v. 1.10.2019 – 14 BV 17.1278 u.a. – VGH n.F. 72, 167 Rn. 29 m.w.N.; U.v. 30.4.2024 – 14 N 23.1502 u.a. – NuR 2024, 499 Rn. 45). Dabei ist das besagte, aus Art. 47 GRCh i.V.m. Art. 9 Abs. 3 AK folgende Gebot effektiven Rechtschutzes nicht nur für die Auslegung der §§ 1, 2 UmwRG relevant, sondern ist auch das in § 47 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 VwGO für Normenkontrollverfahren vorgesehene Erfordernis der Geltendmachung einer Rechtsverletzung durch juristische Personen am Maßstab von Art. 47 GRCh i.V.m. Art. 9 Abs. 3 AK zu messen (BayVGH, U.v. 30.4.2024 a.a.O. Rn. 49 m.w.N.).
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1.2.3.2. Vor diesem Hintergrund gebietet der Anwendungsvorrang des Unionsrechts oder Verfassungsrecht keine Korrektur des nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG vorgezeichneten Ergebnisses, anders als etwa in Fällen, in denen Rechtsbehelfsmöglichkeiten hinsichtlich Verwaltungsakten selbst eingeschränkt werden (vgl. EuGH, U.v. 8.11.2022 – C-873/19 – ECLI:ECLI:EU:C:2022:857 Rn. 77, 80 zu einer EG-Typgenehmigung für Fahrzeuge). Denn das deutsche Umweltrecht räumt mit den Rechtschutzmöglichkeiten gegen (nachfolgende) – nach der Bayerischen Wolfsverordnung zwingend vorgesehene – Ausnahmeverwaltungsakte (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG i.V.m. § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO i.V.m. § 35 VwVfG bzw. Art. 35 BayVwVfG) und der prozessualen Befugnis der Verwaltungsgerichte aller Instanzen, im Rahmen solcher Klagen auch die Bayerische Wolfsverordnung inzident vollumfänglich auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen (siehe 1.1.3.), hinreichend effektive umweltbezogene Rechtsbehelfsmöglichkeiten i.S.v. Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 47 GRCh ein.
57
Dabei ist zunächst zu sehen, dass weder Art. 19 Abs. 4 GG (vgl. BVerfG, B.v. 27.7.1971 – 2 BvR 443/70 – BVerfGE 31, 364 unter II.2.) noch Art. 47 GRCh (vgl. EuGH, U.v. 13.3.2007 – C-432/05 – Slg 2007, I-2271 Rn. 55 ff.; U.v. 3.10.2013 – C-583/11 – ECLI:ECLI:EU:C:2013:625 Rn. 103 f. m.w.N.) einen bestimmten Rechtsweg oder einen bestimmten Rechtsbehelf zwingend verlangen, was dafür spricht, dass die nationale Prozessordnung diesen Anforderungen auch mittels der Zurverfügungstellung gerichtlichen Rechtschutzes gegen Verwaltungsakte mit inzidenter Normenkontrolle anstatt einer prinzipalen Normenkontrolle genügen kann.
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Jedenfalls bei der Bayerischen Wolfsverordnung ist dies der Fall. Denn sie lässt ausnahmslos die dort genannten Maßnahmen gegen Wölfe nicht unmittelbar zu, sondern verlangt dafür jeweils nachfolgende Verwaltungsakte, die § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG unterfallen (siehe 1.1.3.). Angesichts dessen genügen die vom Umweltrechtsbehelfsgesetz und der Verwaltungsgerichtsordnung eröffneten Rechtschutzmöglichkeiten gegen solche Folgeverwaltungsakte mit Inzidentkontrollmöglichkeit der Bayerischen Wolfsverordnung in allen verwaltungsgerichtlichen Instanzen sowohl dem unionsrechtlichen (Art. 47 GRCh) als auch dem verfassungsrechtlichen Gebot effektiven Rechtschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Entscheidend ist, dass die Bayerische Wolfsverordnung – anders als etwa im Fall einer Landschaftsschutzgebietsverordnung mit Ausnahmen von Verboten, zu denen regelmäßig kein Folgeverwaltungsakt ergeht und bei deren Verkleinerung Verbote ohne Verwaltungsakt direkt kraft Rechtsverordnung entfallen (vgl. BVerwG, U.v. 26.1.2023 – 10 CN 1.23 – BVerwGE 177, 350 Rn. 26) – Ausnahmen i.S.v. § 45 Abs. 7 BNatSchG nie unmittelbar aufgrund der Rechtsverordnung selbst, sondern ausnahmslos nur aufgrund nachfolgender Verwaltungsakte ermöglicht. Daran anknüpfend stellen § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG als Hauptsacherechtsbehelf die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und im Erledigungsfall die Fortsetzungsfeststellungsklage § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO – bei Erledigung vor Klageerhebung analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO – zur Verfügung, wobei eine Anfechtungsklage im Ausgangspunkt aufschiebende Wirkung hat (§ 80 Abs. 1 VwGO) und Sofortvollzugsanordnungen (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) flankiert werden von einstweiligen Rechtsschutzmöglichkeiten gemäß § 80 Abs. 5 VwGO.
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1.2.3.3. Dabei werden praktisch gesehen Umweltvereinigungen häufig schon deshalb vom jeweiligen Folgeverwaltungsakt erfahren, weil in vielen Fällen eine Regelung in Form der Allgemeinverfügung (Art. 35 Satz 2 BayVwVfG) mit entsprechender öffentlicher Bekanntmachung (Art. 41 Abs. 3 BayVwVfG) sinnvoll ist (vgl. etwa BayVGH, B.v. 11.3.2022 – 14 CS 22.216 – juris Rn. 12 [insoweit nicht abgedruckt in BayVBl 2022, 371]). Außerdem ist zu sehen, dass das Umweltrechtsbehelfsgesetz in § 2 Abs. 3 und § 7 Abs. 1 UmwRG auch Fällen Rechnung trägt, in denen – wie hier – eine Bekanntgabe an möglicherweise klagebefugte Umwelt- bzw. Naturschutzvereinigungen nicht zwingend vorgeschrieben ist. So können gemäß § 7 Abs. 1 UmwRG Antragsteller sowie Bescheidadressaten die Zustellung auch an Umwelt- oder Naturschutzvereinigungen verlangen, was regelmäßig in ihrem eigenen Interesse liegt. Des Weiteren sieht § 2 Abs. 3 UmwRG für Fälle einer unterbleibenden Bekanntgabe an Umwelt- oder Naturschutzvereinigungen ein System verschiedener Klagefristen vor (vgl. Fellenberg/Schille in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: März 2024, § 2 UmwRG Rn. 51 f. zur sog. dreistufigen Fristenkaskade). Ferner sind auffällige Wölfe bzw. Maßnahmen gegen Wölfe regelmäßig Gegenstand von Presseberichterstattung, die Umweltvereinigungen zum Anlass nehmen können, Fällen nachzugehen und dann ihre Rechtschutzmöglichkeiten gegen Ausnahmeverwaltungsakte im Gefolge der Bayerischen Wolfsverordnung auszuschöpfen, während Informationen, die sachverständige Vertreter von Umweltverbänden als Mitglieder des Naturschutzbeirats der jeweiligen Naturschutzbehörde (Art. 48 Abs. 1 BayNatSchG i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 2 der Verordnung über die Naturschutzbeiräte vom 16.11.2006, GVBl. S. 926 – NaturschutzbeiräteV) erlangen, häufig der Verschwiegenheitspflicht unterliegen dürften (§ 5 NaturschutzbeiräteV), soweit nicht ohnehin eine Beteiligung des Naturschutzbeirats wegen Eilbedürftigkeit unterbleibt (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a.E. NaturschutzbeiräteV).
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1.2.3.4. Hinzu kommen Auskunftsansprüche hinsichtlich etwaiger Ausnahmeverwaltungsakte nach dem Bayerischen Umweltinformationsgesetz (BayUIG), das seinerseits der Umsetzung der RL 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen (UI-RL) dient. Zwar werden im laufenden Verwaltungsverfahren, also vor Erlass eines Ausnahmeverwaltungsakts, Auskünfte regelmäßig nur bei überwiegendem öffentlichen Interesse daran in Betracht kommen (Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz BayUIG) und bestehen Auskunftsgrenzen für interne Mitteilungen der informationspflichtigen Stellen (Art. 7 Abs. 2 Nr. 2 BayUIG; siehe auch BVerwG, U.v. 22.3.2022 – 10 C 2.21 u.a. – BVerwGE 175, 174). Sobald allerdings unter Rückgriff auf die Bayerische Wolfsverordnung Ausnahmeverwaltungsakte gemäß § 45 Abs. 7 BNatSchG erlassen werden, wären diese „Maßnahmen“ i.S.v. Art. 2 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a BayUIG, die sich auf Umweltbestandteile auswirken (vgl. Karg in Gersdorf/Paal, BeckOK Informations- und Medienrecht, Stand: 1.8.2021, § 2 UIG Rn. 96-105 m.w.N.), und wären die jeweils handelnden unteren Naturschutzbehörden (vgl. § 1 Abs. 3, § 2 Abs. 4 BayWolfV) insoweit informationspflichtige Stellen i.S.v. Art. 1 Abs. 2 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 BayUIG. Dabei bemühen sich gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 BayUIG die informationspflichtigen Stellen in angemessener Weise darum, den Zugang zu den bei ihnen verfügbaren Umweltinformationen zu erleichtern, und wird die schlichte Auskunft über das Ergehen des jeweiligen Ausnahmeverwaltungsakts gemäß § 45 Abs. 7 BNatSchG regelmäßig nicht „komplex“ i.S.v. Art. 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BayUIG i.V.m. Art. 3 Abs. 2 Buchst. b UI-RL sein, sodass hierfür regelmäßig die einmonatige Auskunftshöchstfrist (Art. 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BayUIG i.V.m. Art. 3 Abs. 2 Buchst. a UI-RL) gelten dürfte, selbst wenn die Behörde Anonymisierungen zum Schutz personenbezogener Daten (Art. 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayUIG; vgl. BVerwG, U.v. 1.9.2022 – 10 C 5.21 – BVerwGE 176, 232 zu § 9 UIG) – wie etwa Namen von im Bescheid adressierten Jagdberechtigten – vornehmen sollte, wenn nicht im Informationsantrag ohnehin auf solche Namensnennungen verzichtet wird (vgl. NdsOVG, B.v. 14.12.2022 – 2 ME 2/22 – ZGI 2023, 42 Rn. 16). Auch ist zu sehen, dass Art. 3 Abs. 2 Buchst. a UI-RL und der Erwägungsgrund 13 der UI-RL gebieten, Antragstellern die beantragten Umweltinformationen so rasch wie möglich und innerhalb einer angemessenen Frist zur Verfügung zu stellen (vgl. Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: März 2024, § 3 UIG Rn. 26), was auch im Kontext etwaiger Untätigkeitsklagen Bedeutung erlangen kann (vgl. Troidl, Akteneinsicht im Verwaltungsrecht, 2. Aufl. 2020, Rn. 925 bis 927 m.w.N.). Dabei ist auch hinsichtlich eines einstweiligen Umweltinformationsanspruchs nicht nur die Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) – unter Umständen in Form der Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) – eröffnet (vgl. Reidt/Schiller a.a.O. § 6 UIG Rn. 8 m.w.N.), sondern auch flankierender einstweiliger Rechtsschutz gemäß § 123 VwGO (vgl. Reidt/Schiller a.a.O. § 6 UIG Rn. 11a m.w.N.; siehe auch Kollmer NVwZ 1995, 858; Çalişkan LKV 2013, 257). Zwar sind in solchen Eilverfahren keine speziellen Erleichterungen für Umweltinformationsansprüche im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vorgesehen (BayVGH, B.v. 22.11.2000 – 22 ZE 00.2779 – NVwZ 2001, 342; HessVGH, B.v. 30.11.2006 – 10 TG 2531/06 – NVwZ 2007, 348/349 f.) und würde eine Preisgabe der Bescheidinformationen zu einer Vorwegnahme der Hauptsache führen, weswegen Derartiges nur ausnahmsweise möglich sein kann; gleichwohl ist eine solche Vorwegnahme der Hauptsache bei schweren und unzumutbaren, anders nicht abwendbaren Nachteilen zumindest nicht ausgeschlossen (vgl. OVG Berlin-Bbg, B.v. 12.11.2012 – 12 S 54.12 – LKV 2013, 268; NdsOVG, B.v. 14.12.2022 – 2 ME 2/22 – ZGI 2023, 42; Reidt/Schiller a.a.O. § 6 UIG Rn. 11a m.w.N.).
61
1.2.3.5. Im Übrigen entspricht das Vorgehen gegen die aufgrund der Bayerischen Wolfsverordnung zwingend erforderlichen Folgeverwaltungsakte gerade derjenigen Situation, in der Umweltvereinigungen sind, wenn vom Erlass einer Verordnung abgesehen wird und Ausnahmen nach § 45 Abs. 7 BNatSchG allein im Wege von Einzelanordnungen verfügt werden, wobei in beiden Fällen keine Verletzung der Antragstellerin in eigenen Rechten, insbesondere Grundrechten, im Raum steht, sondern allein die gesetzliche Zuweisung von Rechtsbehelfsmöglichkeiten zugunsten von Allgemeingütern (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG), die – wie gezeigt – den rechtlichen Effektivitätsanforderungen genügen.
62
1.2.3.6. Aus Art. 9 Abs. 2 AK ergibt sich nichts Anderes, und zwar selbst dann, wenn zugunsten der Antragstellerin die von der Bayerischen Wolfsverordnung ermöglichten – nicht von Anhang I i.V.m. Art. 6 Abs. 1 Buchst. a, Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 1 AK erfassten – Maßnahmen als solche mit „erheblichen Umweltauswirkungen“ i.S.v. Art. 6 Abs. 1 Buchst. b AK angesehen werden, sodass Art. 9 Abs. 2 i.V.m. Art. 6 AK Anwendung findet. Denn selbst dann, wenn zugunsten der Antragstellerin unterstellt wird, dass sie der „betroffenen Öffentlichkeit“ i.S.v. Art. 9 Abs. 2 i.V.m. Art. 2 Nr. 5 AK (vgl. EuGH, U.v. 14.1.2021 – C-826/18 – ECLI:ECLI:EU:C:2021:7 Rn. 34 ff.) zugehört, obwohl sie bislang nicht behördlich als Umwelt- oder Naturschutzvereinigung anerkannt ist – wie §§ 63 f. BNatSchG es verlangen und insoweit (abweichend von § 2 Abs. 2 Satz 1 UmwRG) keine Ausnahme zulassen (siehe 1.1.2.), wobei Art. 2 Nr. 5 AK die Relevanz des innerstaatlichen Rechts insoweit vorschreibt –, gewährleisten bei genereller Betrachtung die besagten Rechtsbehelfsmöglichkeiten gegen Folgeverwaltungsakte nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG hinreichend den von Art. 9 Abs. 2 AK auf seiner Rechtsfolgenseite geforderten effektiven Zugang zu Gericht (siehe oben). Aus dem gleichen Grund würde der Antragstellerin, selbst wenn sie bestandskräftig gemäß §§ 2 f. UmwRG als Umweltvereinigung anerkannt wäre, keine Antragsbefugnis für ihren Normenkontrollantrag erwachsen, weil die Bayerische Wolfsverordnung keinem der in § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG genannten Entscheidungstypen unterfällt (siehe oben) und die vom Umweltrechtsbehelfsgesetz vorgesehenen Rechtsbehelfsmöglichkeiten gegen Ausnahmeverwaltungsakte gegen eine abweichende Handhabung sprechen (siehe oben). Angesichts dessen liegt weder in dem Umstand, dass §§ 63 f. BNatSchG der Antragstellerin keine Antragsbefugnis für den vorliegenden Normenkontrollantrag vermitteln (siehe 1.1.3.), noch in dem Umstand, dass § 1 Abs. 1 Satz 1, § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG keine Rechtsbehelfe gegen Rechtsverordnungen vorsehen, ein Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG oder gegen Art. 47 GRCh (siehe oben). Es ist Sache der Antragstellerin, im Zeitpunkt etwaiger Rechtsbehelfe gegen einzelne Ausnahmeverwaltungsakte (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG) die Anerkennungsvoraussetzungen i.S.v. § 2 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 3 UmwRG – gegebenenfalls in den vom Anwendungsvorrang genießenden Unionsrecht vorgegebenen Modifizierungen – zu erfüllen. Zwar stehen bei den Anerkennungsvoraussetzungen unionsrechtlich – durch die Aarhus-Konvention – bedingte Modifizierungen im Raum. Jedoch ändert dies nichts daran, dass die Bayerische Wolfsverordnung von keinem der in § 1 Abs. 1 Satz 1, § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG genannten Entscheidungstypen erfasst wird und dass insoweit gerade kein Modifizierungsbedarf besteht (siehe oben).
63
1.2.3.7. Im Ergebnis ist es aus besagten Gründen unions-, völker- oder verfassungsrechtlich nicht geboten, der – durch die Bayerische Wolfsverordnung nicht in „eigenen“ Rechten verletzten – Antragstellerin entgegen dem klaren, nur auf Verwaltungsakte und öffentlich-rechtliche Verträge bezogenen Gesetzeswortlaut (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG) Normenkontrollmöglichkeiten zu eröffnen.
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2. Weil der Normenkontrollantrag mangels Antragsbefugnis unzulässig ist, trifft der Senat im Hinblick auf § 121 VwGO keine Aussage zur Begründetheit des Normenkontrollantrags.
65
3. Von einer – gemäß Art. 267 Abs. 2 AEUV im Ermessen des Senats stehenden – Vorlage an den Europäischen Gerichtshof sieht der Senat ab. In der vorliegenden Konstellation einer abstrakt-generellen Rechtsverordnung wie der Bayerischen Wolfsverordnung, die eine Artenschutzausnahme nicht unmittelbar zulässt, sondern die stets noch eines nachfolgenden Ausnahmeverwaltungsakts bedarf, ist klar, dass das Unionsrecht nicht verlangt, über die gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG gegen Folgeverwaltungsakte zur Bayerischen Wolfsverordnung eröffneten Rechtsbehelfe (mit inzidenter Kontrolle dieser Rechtsverordnung) hinaus eine zusätzliche, im nationalen Recht nicht vorgesehene, oberverwaltungsgerichtliche Normenkontrolle nach § 47 VwGO zur Verfügung zu stellen (siehe 1.1.3. und 1.2.3.). Ebenso klar folgt daraus, dass die damit vorgezeichnete Unzulässigkeit des Normenkontrollantrags mit Unionsrecht – insbesondere mit der auch von der Europäischen Union ratifizierten Aarhus-Konvention und mit dem unionsrechtlichen Gebot effektiven Rechtschutzes (Art. 47 GRCh) – in Einklang steht.
66
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.