Titel:
Einstweiliger Rechtsschutz: Zweckentfremdung von Wohnraum anhand eines konkreten Nutzungskonzepts
Normenketten:
BayZwEWG Art. 1 S. 1, Art. 1 S. 2 Nr. 3, 3 Abs. 2, Abs. 3
ZeS § 3 Abs. 3 Nr. 3, § 4 Abs. 1 S. 1, § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, § 13 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4
Leitsatz:
Ist das Nutzungskonzept für Wohnraum nach summarischer Prüfung ausschließlich auf eine – gegenüber der "gewöhnlichen Vermietung" deutlich lukrativere – Nutzung als Ferienwohnung ausgerichtet, ist eine dauerhafte Umwandlung von geschütztem Wohnraum im Sinne einer Regelung über Zweckentfremdung von Wohnraum in eine gewerbliche Fremdenbeherbergung gegeben (vorliegend: Art. 1 Abs. 1 S. 1 ZwEWG iVm § 4 Abs. 1 S. 1 ZeS und Art. 1 S. 2 Nr. 3 ZwEWG iVm § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 ZeS). (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz, Fremdbeherbergung, Wiederbelegungsanordnung, Ferienwohnung, Zweckentfremdung, Wohnraum, gewerblich, Nutzungskonzept, Wohnung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 30.08.2024 – 12 CS 24.1190
Fundstelle:
BeckRS 2024, 23771
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
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Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine Anordnung der Antragsgegnerin, mit welcher er unter Androhung von Zwangsgeldern zur unverzüglichen Beendigung der Nutzung von Wohnraum zu anderen als Wohnzwecken und zur unverzüglichen Wiederzuführung zu Wohnzwecken („Wiederbelegungsanordnung“) aufgefordert wurde.
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Der Antragsteller ist Eigentümer des Anwesens …str. 4, Fl.Nr. …, Gem. T* … Mit Bescheid vom 31. August 2021 wurde dort der Neubau eines Zweifamilienhauses (nach PlanNr. 2021- …*) genehmigt, mit weiterem Bescheid vom 10. Januar 2024 (nach PlanNr. 2023- …*) wurde eine Baugenehmigung zum Neubau eines Mehrfamilienhauses mit drei Wohneinheiten erteilt. Die streitgegenständliche Wohnung befindet sich im Dachgeschoss des Anwesens und verfügt über zwei Zimmer mit offener Küche, Bad, WC und Terrasse mit einer Gesamtwohnfläche von ca. 73,10 m2.
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Nach einer „Meldung“ auf dem dafür vorgesehenen „Online-Portal“ am 16. September 2023, dass die Wohnung als Ferienwohnung genutzt werde, leitete die Antragsgegnerin ein zweckentfremdungsrechtliches Verfahren ein. Im Zuge dessen wurden u.a. mehrere Ortstermine durchgeführt (5. Oktober 2023, 11. Dezember 2023, 19. Februar 2024, 5. März 2024 und 26. März 2024) und der Antragsteller zum Erlass einer möglichen zweckentfremdungsrechtlichen Verfügung angehört (Schreiben vom 14. März 2024).
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Mit Bescheid vom 10. April 2024 (* …*), zugestellt am 16. April 2024, wurde dem Antragsteller aufgegeben, die Nutzung des im Betreff genannten Wohnraums – …str. 4 / DG, … … – zur Nutzung zu anderen als Wohnzwecken bzw. zum Zwecke der Fremdenbeherbergung unverzüglich zu beenden (Ziff. 1) und den im Betreff genannten Wohnraum unverzüglich nach Beendigung der zweckfremden Nutzung zu anderen als Wohnzwecken bzw. zum Zwecke der Fremdenbeherbergung wieder Wohnzwecken zuzuführen (Ziff. 2). Für den Fall, dass den Anordnungen nicht innerhalb von vier Wochen (Ziff. 1) bzw. drei Monaten (Ziff. 2) ab Zustellung des Bescheids Folge geleistet werde, werde jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,- EUR fällig (Ziff. 3 und 4). Für den Bescheid wurden Gebühren in Höhe von 250,- EUR sowie Auslagen in Höhe von 2,19 EUR erhoben (Ziff. 5). Die Wohnung werde auf diversen Internetportalen als Ferienwohnung zur tageweisen Miete angeboten und damit anderen als Wohnzwecken zugeführt. Die Zweckentfremdung sei weder genehmigungsfähig noch könne sie geduldet werden. Der Wohnraum sei seit mindestens 16. September 2023 wiederholt und regelmäßig an Personen überlassen worden, welche sich lediglich vorübergehend in … aufhielten. Maßgeblich für eine Fremdbeherbergung sei das jeweils zugrundeliegende Nutzungskonzept. Dieses ziele hier ausschließlich darauf ab, häufig wechselnden Kurzzeitnutzern eine vorübergehende Unterkunft zu bieten. Der Antragsteller sei der richtige Adressat der Maßnahme. Nach Abwägung aller Gesichtspunkte mache die Antragsgegnerin von ihrem Ermessen in der Weise Gebrauch, dass die streitgegenständlichen Anordnungen getroffen würden. Die Anordnungen seien auch verhältnismäßig, denn das öffentliche Interesse am Erhalt von Wohnraum sei erheblich. Zur Durchsetzung sei die Androhung von Zwangsgeldern geboten. Die Fristen seien angemessen. Die Kostenfestsetzung beruhe auf dem Kostengesetz i.V.m. der Kostensatzung sowie dem kommunalen Kostenverzeichnis zur Kostensatzung. Auf den Bescheid und seine Begründung im Übrigen wird verwiesen.
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Mit Schreiben vom 10. Mai 2024 beantragte der Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung hinsichtlich Ziffer 5 des Bescheids bei der Antragsgegnerin. Dieser Antrag wurde mit Schreiben vom 14. Mai 2024 abgelehnt.
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Mit Schriftsatz vom 15. Mai 2024, bei Gericht eingegangen am selben Tag, ließ der Antragsteller durch seine Bevollmächtigte Klage gegen den Bescheid vom 10. April 2024 erheben mit dem Ziel, dass dieser aufgehoben wird. Über die Klage, welche beim erkennenden Gericht unter dem Aktenzeichen M 8 K 24.2512 geführt wird, ist noch nicht entschieden worden.
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Mit Schriftsatz vom selben Tag beantragt er,
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die aufschiebende Wirkung der Klage vom 15.05.2024 gegen Ziffern 1. bis 5. des Bescheids der Landeshauptstadt München (Sozialreferat – Amt für Wohnen und Migration, Abt. Wohnraumerhalt) vom 10.04.2024, Az. … … …, anzuordnen.
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Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass weder Wohnraum im Sinne der Zweckentfremdungssatzung vorliege, noch eine Zweckentfremdung nach § 4 ZeS gegeben sei. Der Wohnraum sei noch nicht bezugsfertig im Sinne von § 3 Abs. 3 Nr. 3 ZeS. Er befinde sich in einem ab Februar 2022 errichteten, noch nicht fertiggestellten Mehrfamilienhaus. Aufgrund der Insolvenz von am Bau beteiligten Firmen sei es zu einem Bauverzug gekommen. Die Bauarbeiten, um einen baurechtskonformen Zustand entsprechend der Baugenehmigung vom 10. Januar 2024 herzustellen, würden noch andauern. Nach derzeitigem Stand seien die Fertigstellung der Außenanlage, Bau der Tiefgarage, Absturzsicherung an Balkon und Dachterrasse, Installation der Strom-, Wasser-, und Gaszähler in allen Wohnungen sowie die Installation der Klingelanlage noch vorzunehmen. Auch in der streitgegenständlichen Wohnung befänden sich noch keine Wasser- und Stromzähler. Es müssten noch Elektroinstallationen vorgenommen werden, zudem fehle eine Klingelanlage, die Beleuchtung in Küche, Esszimmer und dem Flur sowie der Energieausweis. Eine langfristige Vermietung sei angestrebt, habe bisher jedoch nicht erfolgen können. Bereits am 11. Oktober 2023 sei Kontakt mit einem Makler aufgenommen worden. Die Wohnung werde seit Januar 2024 zur Miete angeboten, ein Mietverhältnis sei aufgrund der noch andauernden Bauarbeiten bisher nicht zustande gekommen. Bis eine langfristige Vermietung abgeschlossen werden könne, vermiete der Antragsteller den Wohnraum kurzfristig über Buchungsportale, um die Kosten für laufende Kredite zumindest teilweise decken zu können. Die streitgegenständliche Wohnung sei im Jahr 2023 lediglich an 21 Tagen bzw. 32 Tagen kurzzeitig vermietet worden, im Jahr 2024 lediglich an 16 Tagen bzw. 24 Tagen. Eine Überschreitung der acht Wochen gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 ZeS liege nicht vor. Da die Grundverwaltungsakte rechtswidrig seien, seien die Zwangsgeldandrohungen aufzuheben. Daher überwiege das Aussetzungsinteresse das Vollzugsinteresse. Der Antrag hinsichtlich der Kosten sei nach § 80 Abs. 6 VwGO zulässig. Kosten, die bei richtiger Sachbehandlung durch die Behörde nicht entstanden wären, dürften nicht erhoben werden.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Bei der streitgegenständlichen Wohnung handele es sich um Wohnraum. Die objektive Eignung erfordere lediglich eine gewisse Mindestanforderung wie Kochstelle und Badezimmer. Nicht erforderlich seien dagegen Luxusausstattungen. Insbesondere wäre aber auch eine Unterbringung von Feriengästen in der streitgegenständlichen Wohnung bauordnungsrechtlich nicht zulässig, wenn die Wohnung nicht auch für Wohnzwecke geeignet wäre. Ferner habe sich die Antragsgegnerin bei der Ortsermittlung am 5. März 2024 selbst davon überzeugen können, dass die streitgegenständliche Wohnung objektiv zu Wohnzwecken geeignet und dort keine Baustelle vorhanden sei. Auf die „Acht-Wochen-Regelung“ käme es nicht an, da diese nur Anwendung finden könne, wenn der Wohnraum in der sonstigen Zeit zu Wohnzwecken genutzt werde. Dies sei aber unstreitig nicht der Fall, da das derzeitige Nutzungskonzept des Antragstellers einzig und allein die Nutzung des Wohnraums zu Fremdbeherbergungszwecken vorsehe.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die beigezogene Behördenakte, auch im Verfahren M 8 K 24.2512, Bezug genommen.
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Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg.
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1. Im Rahmen einer Entscheidung über einen Antrag gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO trifft das Gericht ausschließlich eine eigene Ermessensentscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind – die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsaktes oder die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streitenden Interessen (vgl. Hoppe in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 88). Dabei stehen sich das Suspensivinteresse des Antragstellers und das Interesse insbesondere der Antragsgegnerin, den Verwaltungsakt sofort vollziehen zu können, grundsätzlich gleichwertig gegenüber. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht alleiniges Indiz zu berücksichtigen (Hoppe, a.a.O., § 80 Rn. 85 ff.). Fällt die Erfolgsprognose zu Gunsten des Antragstellers aus, erweist sich der angefochtene Verwaltungsakt also nach summarischer Prüfung gegenüber dem Antragsteller als rechtswidrig, besteht in der Regel kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Hat dagegen die Anfechtungsklage mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg, so ist das im Rahmen der vorzunehmenden Interessensabwägung ein starkes Indiz für ein überwiegendes Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes (vgl. BayVGH, B.v. 26.7.2011 – 14 CS 11.535 – juris Rn. 18). Sind schließlich die Erfolgsaussichten offen, findet eine reine Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt (vgl. BayVGH, B.v. 26.7.2011, a.a.O.).
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Daran gemessen kommt vorliegend die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 15. Mai 2024 gegen den Bescheid vom 10. April 2024 (M 8 K 24.2512) nicht in Betracht. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der in der Hauptsache erhobenen Anfechtungsklage, § 80 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 3 Abs. 3 ZwEWG, § 13 Abs. 4 ZeS i.V.m. Art. 21a Satz 1 VwZVG, gegen den zweckentfremdungsrechtlichen Grundbescheid (Wiederbelegungsanordnung) und die damit verbundenen Zwangsgeldandrohungen und die Kostenerhebung vom 10. April 2024 hat keinen Erfolg, da das öffentliche Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt. Nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung bestehen gegen den Grundbescheid keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Nach summarischer Prüfung liegt Wohnraum i.S.d. ZwEWG bzw. der ZeS vor (2.1.), der vom Antragsteller nach dessen Nutzungskonzept zum Zwecke der Fremdbeherbergung genutzt wird (2.2.). Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Nebenentscheidungen (3. und 4.) kommt ebenfalls nicht in Betracht.
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2. Rechtsgrundlage für Ziffern 1 und 2 des streitgegenständlichen Bescheids ist Art. 3 Abs. 2 ZwEWG i.V.m. § 13 Abs. 1 und 2 ZeS. Danach kann eine Gemeinde anordnen, dass eine (auch nachträglich) nicht genehmigungsfähige Zweckentfremdung beendet und der Wohnraum wieder Wohnzwecken zugeführt wird. Dem Verfügungsberechtigten und dem Nutzer kann hierbei aufgegeben werden, die Zweckentfremdung in angemessener Frist zu beenden und den Wohnraum wieder Wohnzwecken zuzuführen, § 13 Abs. 2 ZeS.
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2.1. Die (unstreitig mit Baugenehmigungen vom 31. August 2021 und 10. Januar 2024 zum Wohnen genehmigte) streitgegenständliche Wohnung im Dachgeschoss des Anwesens ... stellt geschützten Wohnraum i.S.d. § 3 Abs. 1 und 2 ZeS dar. Es handelt sich um Räume, die zu Wohnzwecken objektiv geeignet und subjektiv bestimmt sind (§ 3 Abs. 1 Satz 1 ZeS). Zweifel an der Eignung als Wohnraum bestehen nach summarischer Prüfung nicht.
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Zwar liegt nach § 3 Abs. 3 Nr. 3 ZeS kein Wohnraum vor, wenn der Raum (noch) nicht bezugsfertig ist. Im Verfahren zur Erlangung einstweiligen Rechtsschutzes ist es, da sich aufgrund dessen Eilcharakters eine Beweiserhebung durch das Gericht verbietet, insoweit grundsätzlich ausreichend, die Umstände, aus denen der Antragsteller das Vorliegen eines Ausnahmetatbestands im Sinne des § 3 Abs. 3 ZeS herleiten will, glaubhaft zu machen. Das erforderliche Maß der richterlichen Überzeugung ist damit auf eine nur überwiegende Wahrscheinlichkeit festgelegt (BayVGH, B.v. 10.12.2019 – 12 CS 19.1810 – n.v., Beschlussumdruck Rn. 4).
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Der Antragsteller konnte den Ausnahmetatbestand nach § 3 Abs. 3 Nr. 3 ZeS jedoch nicht glaubhaft machen. Aus den im Zuge der Ortsermittlungen der Antragsgegnerin gefertigten Aktenvermerken und Lichtbildern geht nach summarischer Prüfung vielmehr hervor, dass der streitgegenständliche Wohnraum bereits bezugsfertig und objektiv zu Wohnzwecken nutzbar ist. Die vom Wohnungsbegriff im Rechtssinne vorausgesetzte objektive Eignung der Räume zum dauerhaften Bewohnen verlangt als Mindestausstattung lediglich einen Kochraum mit Entlüftungsmöglichkeit, Wasserzapfstelle, Spülbecken und Anschlussmöglichkeit für Gas- oder Elektroherd, sowie eine Toilette und ein Bad (BayVGH, B.v. 26.11.2015 – 12 CS 15.2269 – BeckRS 2015, 55607 Rn. 12). Insbesondere nach den Feststellungen der Antragsgegnerin vom 5. März 2024 verfügt die (vollständig) möblierte Dachgeschosseinheit neben einer Küche über ein Bad mit WC, Dusche, Badewanne und Waschbecken sowie fließend Wasser und Strom.
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In der betroffenen Wohneinheit können anhand der vorgelegten Behördenakten überdies keine (fortdauernden) Bautätigkeiten ausgemacht werden. Die laut Antragsteller noch ausstehende Fertigstellung der Außenanlagen und Elektroinstallationen, sowie der Bau einer Tiefgarage (wobei anzumerken ist, dass laut Baugenehmigung vom 10. Januar 2024 keine Tiefgarage, sondern lediglich ein „verdeckter Doppelparker“ genehmigt wurde) und die noch erforderliche Installation der Strom-, Wasser-, und Gaszähler sowie der Klingelanlage wurden zum einen nicht glaubhaft gemacht, zum anderen spricht die unstreitige Nutzung der Einheit zu Zwecken der Fremdbeherbergung (etwa über das Portal …“) für die Bezugsfertigkeit der Räume i.S.v. § 3 Abs. 3 ZeS. Der Vortrag des Antragstellers, es fehle ein Energieausweis, verwundert ferner angesichts der im Antragsverfahren vorgelegten „Anlage AST 6“ – einer Anzeige zur Vermietung bei „… …“ –, in der angegeben wird, dass ein Energieausweis vorliege. Gleiches gilt für die Einlassung, dass Absturzsicherungen an Balkon und Dachterrasse fehlten. Auf dem von der Antragsgegnerin angefertigten Lichtbild vom 5. März 2024, welches die Dachterrasse/den Dacheinschnitt der streitgegenständlichen Wohnung zeigt, ist zweifelsfrei erkennbar, dass dieser über eine (gläserne) Absturzsicherung verfügt.
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2.2. Die streitgegenständliche Wohnung wird vom Antragsteller zur Fremdbeherbergung genutzt und damit zweckentfremdet.
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Nach Art. 1 Abs. 1 Satz 1 ZwEWG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 ZeS wird Wohnraum zweckentfremdet, wenn er durch den Verfügungsberechtigten und/oder den Mieter (überwiegend) anderen als Wohnzwecken zugeführt wird. Art. 1 Satz 2 ZwEWG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 ZeS enthält überdies einen Katalog von Regelbeispielen, wann eine Zweckentfremdung insbesondere vorliegt, etwa dann, wenn der Wohnraum mehr als insgesamt acht Wochen im Kalenderjahr für Zwecke der Fremdenbeherbergung genutzt wird (Art. 1 Satz 2 Nr. 3 ZwEWG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 ZeS). Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass eine Zweckentfremdung grundsätzlich nur dann gegeben ist, wenn eines der Regelbeispiele erfüllt ist. Nach dem Wortlaut und der Systematik der zweckentfremdungsrechtlichen Vorschriften ist eine Zuordnung zu einem oder mehreren der Regelbeispiele gemäß Art. 1 Satz 2 ZwEWG, § 4 Abs. 1 Satz 2 ZeS nicht erforderlich. Aus dem Zusammenhang der Vorschriften geht hervor, dass grundsätzlich jede Nutzung von Wohnraum im Sinne des Zweckentfremdungsrechts für andere als Wohnzwecke eine Zweckentfremdung darstellt (VG München, U.v. 16.1.2019 – M 9 K 18.278 – BeckRS 2019, 54402 Rn. 23 m.w.N.).
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Eine Wohnnutzung setzt eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, die Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie die Freiwilligkeit des Aufenthalts voraus (BVerwG, B.v. 17.12.2007 – 4 B 54/07 – juris Rn. 3; B.v. 25.3.1996 – 4 B 302/95 – NVwZ 1996, 893/894; BayVGH, B.v. 4.9.2013 – 14 ZB 13.6 – juris Rn. 12). Bei einer Fremdenbeherbergung im zweckentfremdungsrechtlichen Sinn fehlt es dagegen an einer ‚auf Dauer‘ angelegten Häuslichkeit im Sinne einer ‚Heimstatt im Alltag‘. Der Aufenthalt zeichnet sich vielmehr durch ein übergangsweises, provisorisches, einem begrenzten Zweck dienendes Unterkommen aus. Maßgeblich ist insoweit das jeweils zugrundeliegende Nutzungskonzept; eine bestimmte Mindest- oder Höchstaufenthaltsdauer kann insoweit nicht festgelegt werden (BayVGH, B.v. 20.11.2023 – 12 ZB 21.2188 – BeckRS 2023, 37924 Rn. 24).
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Vorliegend ist eine dauerhafte Umwandlung von geschütztem Wohnraum in eine gewerbliche Fremdenbeherbergung gegeben. Das Nutzungskonzept des Antragstellers ist nach summarischer Prüfung ausschließlich auf eine – gegenüber der „gewöhnlichen Vermietung“ deutlich lukrativere – Nutzung als Ferienwohnung ausgerichtet, wodurch der Wohnraum dem allgemeinen Wohnungsmarkt vorenthalten wird. Der streitgegenständliche Wohnraum wird – wie der Antragsteller selbst einräumt – seit September 2023 ausschließlich über Portale wie „…“ oder „…“ kurzzeitig als Ferienwohnung vermietet. Den Feriengästen bzw. Kurzzeitmietern diente die angemietete Wohnung mangels Aufgabe ihres bisherigen Lebensmittelpunkts offensichtlich nicht als „Heimstatt im Alltag“. Eine Wohnnutzung durch den Eigentümer oder Dritte findet und fand seit Errichtung der Wohnung vielmehr zu keinem Zeitpunkt statt.
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Dieser Eindruck wird auch nicht durch die Einlassung ausgeräumt, dass eine längerfristige Vermietung angestrebt sei. Ernsthafte Vermietungsbemühungen konnten vom Antragsteller nicht hinreichend glaubhaft gemacht werden. Die nur wenig aussagekräftigen vorgelegten Unterlagen – „Bestätigung Termin Wohnungsbegehung“ durch einen Makler (* … *) von 11. Oktober 2023, eine laut dem Antragsteller seit Januar 2024 geschaltete Vermietungsanzeige auf „… …“, wonach die Wohnung erst ab 22. Mai 2024 bezugsfrei sein soll (* … *) und eine einzelne Absage eines Interessenten vom 24. April 2024 (* … *) – reichen insbesondere angesichts der tatsächlichen Feststellungen der Antragsgegnerin zur Nutzung der Wohnung zu Zwecken der Fremdbeherbergung zum Nachweis dafür, dass der Antragsteller ein anderes Nutzungskonzept als die Fremdbeherbergung verfolgt, nicht aus.
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Anhaltspunkte, dass die Zweckentfremdung genehmigungsfähig sein könnte, sind nicht ersichtlich.
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2.3. Die nur im Rahmen des § 114 VwGO überprüfbare, von der Antragsgegnerin getroffene Ermessensentscheidung ist nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin hat sich unter Berücksichtigung der Zweckrichtung des Zweckentfremdungsrechts und der angespannten Lage auf dem Münchner Wohnungsmarkt mit den Umständen des Einzelfalls in angemessener und ausreichender Weise auseinandergesetzt.
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3. Die Zwangsgeldandrohung (Ziffern 3 und 4 des streitgegenständlichen Bescheids) ist nach summarischer Prüfung rechtmäßig, sodass auch insoweit eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ausscheidet. Die Voraussetzungen der Art. 19, 29 ff. VwZVG liegen vor. Die Höhe der Zwangsgelder (jeweils 5.000,- EUR), die sich im gesetzlichen Rahmen befindet (vgl. Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG), begegnet keinen Bedenken, auch die gesetzten Fristen (Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG) sind angemessen (Ziffer 1: vier Wochen; Ziffer 2: drei Monate). Insbesondere konnte der Antragsteller eine ihn an der Pflichterfüllung hindernde (rechtliche) Unmöglichkeit, den Wohnraum dem Wohnungsmarkt nach Fristablauf zur Verfügung zu stellen, nicht glaubhaft machen.
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4. Auch gegen die Rechtmäßigkeit der Kostenentscheidung (Ziffer 5 des Bescheids) bestehen keine Bedenken, § 4 Kostensatzung i.V.m. Art. 16 Abs. 5 KG. Die Höhe der für die Amtshandlung (Ziffern 1 und 2 des streitgegenständlichen Bescheids) erhobenen Gebühr von 250,- EUR ist nicht zu beanstanden. Nach § 2 Kostensatzung bemisst sich die Höhe der Gebühren nach dem Kostenverzeichnis (Kommunales Kostenverzeichnis – KommKVz). Nach Tarifgruppe 63, Tarifnr. 631 KommKVz beträgt die Gebühr für alle positiven und belastenden Bescheide in Zweckentfremdungsangelegenheiten 2,- EUR pro Quadratmeter Wohnfläche. Nach Tarifgruppe 63, Tarifnr. 635 KommKVz beträgt die Mindestgebühr 250,- EUR. Bei einer Gesamtwohnfläche der streitgegenständlichen Wohneinheit von ca. 73,10 m² wurde hier zutreffend die Mindestgebühr angesetzt. Die Androhung von Zwangsmitteln (Ziffern 3 und 4 des streitgegenständlichen Bescheids) wirkt als Amtshandlung im Vollstreckungsverfahren nicht kostenerhöhend, da die Androhung hier mit dem Verwaltungsakt verbunden ist, durch den die Handlung, Duldung oder Unterlassung aufgegeben wird, Tarifgruppe 00, Tarifnummer 007a) KommKVz. Die Forderung der Auslagen in Höhe von 2,19 EUR ist gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 Kostensatzung (Entgelte für Telekommunikationsdienstleistungen sowie Entgelte für Postzustellungsaufträge und Einschreibe- und Nachnahmeverfahren) zweifelsohne gerechtfertigt.
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5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.