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VG München, Urteil v. 16.07.2024 – M 1 K 21.3279
Titel:

Werbeanlage, Einfacher Bebauungsplan, Öffentliche Verkehrsfläche

Normenkette:
BauGB § 30
Schlagworte:
Werbeanlage, Einfacher Bebauungsplan, Öffentliche Verkehrsfläche
Fundstelle:
BeckRS 2024, 23766

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung von zwei Werbeanlagen.
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Mit am … November 2020 beim Beklagten eingegangenen Antrag begehrte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung von zwei beklebten Großflächentafeln (einseitig und freistehend) auf dem Grundstück FlNr. 976 Gem. F* … Die Beigeladene hatte ihr Einvernehmen am … November 2020 verweigert. Das Vorhaben liege im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplans Nr. 20 „B.platz“, der an der Stelle eine Grünfläche festsetze, eine Befreiung sei im Hinblick auf die Grundzüge der Planung nicht möglich.
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Nach Anhörung lehnte der Beklagte die Erteilung der Baugenehmigung mit streitgegenständlichem Bescheid vom … Mai 2021 ab. Das Vorhaben widerspreche den Festsetzungen des Bebauungsplans, der am Vorhabenstandort eine Grünfläche festsetze. Die Festsetzung als Grünfläche stelle einen Grundzug der Planung dar, sodass eine Befreiung ausscheide. Im Übrigen sei das Vorhaben nach § 35 BauGB zu beurteilen. Das sonstige Vorhaben beeinträchtige die natürliche Eigenart der Landschaft. Da sich dieser Schutz auf die Funktion der Außenbereichslandschaft beziehe, spiele es keine Rolle, ob und inwieweit die Landschaft einen besonders angenehmen Eindruck mache oder durch das Vorhaben optisch beeinträchtigt werden könne. Bauliche Anlagen seien in der Landschaft wesensfremd und stünden so regelmäßig im Widerspruch zur natürlichen Eigenart der Landschaft. Zudem sei das Vorhaben gegen Bezugnahmen nicht abgrenzbar, sodass mit weiteren Anträgen zur Errichtung von Bauvorhaben gerechnet werden müsse.
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Hiergegen hat sich die Klägerin mit Klageschriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 19. Juni 2021 gewendet und beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des am … Mai 2021 zugestellten Bescheids, Az.: … … … …-2020, zu verpflichten, der Klägerin die begehrte Bauerlaubnis zu erteilen.
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Das Vorhaben befinde sich nicht im Außenbereich, sondern innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile. Dies ergebe sich einerseits daraus, dass sich das Grundstück innerhalb eines Ortsteils befinde. Der zudem erforderliche Bebauungszusammenhang sei ebenfalls gegeben. Selbst bei einer Außenbereichslange wäre die Anlage genehmigungsfähig. Es gebe keine öffentlich-rechtlichen Belange, die dem Vorhaben entgegenstünden. Insbesondere stehe die flächennutzungsplanerische Darstellung als Fläche für Bahnanlagen nicht entgegen. Bei der Ausweisung einer Fläche für Bahnanlagen in einem Flächennutzungsplan handle es sich nämlich nicht um eine Darstellung des Flächennutzungsplans im Sinne von § 35 Abs. 3 Nr. 1. Davon seien nur Darstellungen im Sinne von § 5 Abs. 2 BauGB erfasst. Die nachrichtliche Wiedergabe einer tatsächlichen Situation, nämlich Fläche für die Bahnanlagen, stelle keine schützenswerte Festsetzung dar. Das Vorhaben verunstalte auch nicht das Ortsbild. Damit sei die Werbeanlage planungsrechtlich zulässig.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zwar handle es sich bei dem einschlägigen Bebauungsplan lediglich um einen einfachen Bebauungsplan in Form eines Straßenbegrenzungsplans. Er setze jedoch für das Vorhabengrundstück eine öffentliche Grünfläche fest. Diese sei von Bebauung freizuhalten. Einer Befreiung vom Bebauungsplan stünden die Grundzüge der Planung entgegen. Soweit der Bebauungsplan keine Festsetzungen enthalte, stünden dem sonstigen Außenbereichsvorhaben die öffentlichen Belange der natürlichen Eigenart der Landschaft sowie dessen Bezugsfallwirkung entgegen. Es liege bereits kein Ortsteil vor, denn das Vorhabengrundstück sei im Norden von der Bahnlinie, im Osten von einer Grünfläche, im Westen von einem öffentlichen Parkplatz und im Süden von weiteren Verkehrsanlagen umgeben. Die R. Straße besitze mit ihrer Gesamtbreite von teilweise knapp 20 m in diesem Bereich trennende Wirkung. Das sich an die anschließende Grundstück FlNr. 1027/8 sei unbebaut.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage, über die nach entsprechendem Hinweis in der Ladung trotz Ausbleibens der Klägerin verhandelt und entschieden werden konnte, § 102 Abs. 2 VwGO, hat in der Sache keinen Erfolg. Der streitgegenständliche, ablehnende Bescheid vom … Mai 2021 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung zur Errichtung einer Werbeanlage gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO nicht zu, weil dem Vorhaben im einschlägigen vereinfachten Verfahren (Art. 59 Satz 1 BayBO) zu prüfende, bauplanungsrechtliche Vorschriften entgegenstehen.
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1. Gemäß § 30 Abs. 1, 3 BauGB richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplans nach dem Bebauungsplan, soweit dieser Festsetzungen enthält, im Übrigen nach § 34 oder § 35 BauGB. Vorliegend setzt der Bebauungsplan „B.platz“ der Beigeladenen für den Bereich, in dem die streitgegenständliche Werbeanlage errichtet werden soll (im Planblatt noch als FlNr. 975/14 angegeben), eine öffentliche Grünfläche fest. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Begriff „Grünfläche“ in § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB ein Oberbegriff, der die Ausweisung einer Grünfläche als „privat“ oder „öffentlich“ umfasst und zum Ausdruck bringt, dass lediglich die Anlage und Unterhaltung einer begrünten Fläche gestattet ist (BVerwG, B.v. 21.7.2011 – 4 BN 10.11 – juris Rn. 5). Eine solche ist, wie der Ortsaugenschein bestätigt hat, auch tatsächlich vorhanden. Damit steht das beabsichtigte gewerbliche Vorhaben im Widerspruch zu der vom Plangeber beabsichtigten Nutzung.
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2. Die Klage war daher mit der sich aus § 154 Abs. 1 VwGO ergebenden Kostenfolge abzuweisen, wobei es der Billigkeit entsprach, die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen zu lassen, weil sie sich ihrerseits mangels Antragstellung nicht in ein Kostenrisiko begeben hat (§ 162 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 154 Abs. 3 VwGO entsprechend). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt § 167 VwGO i.V.m.§ 708 Nr. 11 VwGO.