Titel:
Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers hinsichtlich Personalplanung und Berufsbildung
Normenketten:
BetrVG § 80 Abs. 2, § 92 Abs. 1 S. 1, § 96 Abs. 1 S. 2
BGB § 133, § 362 Abs. 1
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
Leitsätze:
1. Eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Unterrichtung nach § 92 Abs. 1 S. 1 BetrVG setzt eine genügende Darlegung von Anhaltspunkten für personelle Planungen in Bezug auf einzelne oder mehre Arbeitnehmer voraus. (Rn. 75) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Unterrichtungspflicht aus § 92 Abs. 1 S. 1 BetrVG erfasst auch eine kurzfristige und situative Personalplanung. (Rn. 79) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein Unterrichtungsanspruch nach § 92 Abs. 1 S. 1 BetrVG über in der Vergangenheit abgeschlossene Umstände setzt eine Begründung voraus, inwieweit sich aus den Entwicklungen in der Vergangenheit bedeutsame Rückschlüsse für die künftige Personalplanung ergeben. (Rn. 89) (redaktioneller Leitsatz)
4. Der Unterrichtungsanspruch nach § 96 Abs. 1 S. 2 BetrVG erstreckt sich auf die Grundlagen zur Ermittlung des Berufsbildungsbedarfs. (Rn. 109) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Auskunft, Personalplanung, Berufsbildung, Bestimmtheit des Antrags, Unterrichtung
Vorinstanz:
ArbG München, Beschluss vom 04.10.2023 – 32 BV 212/22
Fundstelle:
BeckRS 2024, 23536
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) hin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 04.10.2023, Az.: 32 BV 212/22, abgeändert und folgendermaßen neu gefasst – teilweise klarstellend i.S.d. Antragsumstellung – unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen:
1. Der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, dem Beteiligten zu 1) – soweit vorhanden anhand von Unterlagen – zu unterrichten,
a. welches Stundenbudget – monatsbezogen – für die Filiale A-Stadt 2 (3109) in 2024 besteht bzw. bestanden hat und wie bzw. nach welchen Merkmalen, Strategien und/oder Vorgehensweisen dieses Budget festgelegt wurde, und
b. ob und inwieweit die täglich in den sog. Nippons mitgeteilten Vorgaben zu Umsatzzielen Relevanz für die Personalplanung – qualitativ und quantitativ, d.h. wie viele Mitarbeiter:innen in welcher Position an welchem Tag zu welcher Tageszeit in welcher Abteilung benötigt werden – haben.
2. Der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, unter Angabe der einzelnen Mitarbeiter:innen einschließlich der Auszubildenden für jede/n einzelne/n mitzuteilen, ob und wenn ja welcher Bedarf an Berufsbildung (Berufsausbildung, berufliche Fortbildung und berufliche Umschulung) besteht, und die Methoden der Ermittlung sowie den zugrundegelegten Ist- und Sollbedarf mitzuteilen.
3. Im Übrigen werden die Anträge abgewiesen.
II. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird zurückgewiesen.
Gründe
1
Die Beteiligten streiten über Beteiligungsrechte des Beteiligten zu 1), des siebenköpfigen Betriebsrats der Filiale der Beteiligten zu 2) in der A.-Straße in A.-Stadt, in der etwa 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – darunter auch Fremdmitarbeiterinnen und Fremdmitarbeiter – viele in Teilzeit oder aufgrund befristeten Vertrags, beschäftigt sind. Die Beteiligte zu 2) ist ein bundesweit tätiges Textilunternehmen mit ca. 3.500 Mitarbeitern in rund 70 Filialen.
2
In der betroffenen Filiale plant die Beteiligte zu 2) den Personaleinsatz fünf Wochen im Voraus für jeweils vier Wochen unter Beteiligung des Beteiligten zu 1).
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In der Vergangenheit bis ins Jahr 2022 erhielt der Beteiligte zu 1) von der Beteiligten zu 2) einmal jährlich eine monatsweise Aufstellung der der Filiale zugeteilten Stundenbudgets; und im Rahmen der Monatsgespräche zwischen den Beteiligten wurde der Beteiligte zu 1) über Änderungen in den zugeteilten Stundenbudgets informiert. Die Stundenbudgets ihrerseits wurden und werden von der Beteiligten zu 2) etwa im Zusammenhang mit Aufstockungs- oder Verlängerungswünschen von in Teilzeit bzw. befristet Beschäftigten wie im Zusammenhang mit der Personaleinsatzplanung als Argument – wie zur Ablehnung der genannten Anträge – angeführt.
4
Mit E-Mail vom 27.04.2022 (in Anlage ASt 1 zum Schriftsatz des Beteiligten zu 1) vom 12.10.2022, Bl. 6 d.A.) wandte sich der Beteiligte zu 1) an die Beteiligte zu 2), um über die nach seinem Eindruck anstehende Schließung einer anderen A.-Stadt Filiale und die nach seiner Einschätzung sinnvolle Übernahme der dortigen Kolleginnen und Kollegen zu sprechen.
5
Darauf erfolgte keine Reaktion der Beteiligten zu 2).
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Mit E-Mail vom 10.06.2022 (in Anlage ASt 2 zum Schriftsatz des Beteiligten zu 1) vom 12.10.2022, Bl. 7 d.A.) teilte der Beteiligte zu 1) mit, dass er sich künftig verstärkt dem Thema Berufsbildung zuwenden wolle, und forderte die Beteiligte zu 2) daher auf, gemäß § 96 Abs. 1 S. 2 BetrVG den betrieblichen Berufsbildungsbedarf zu ermitteln, was seiner Ansicht nach anhand einer Ist- und Sollanalyse stattfinden sollte. Dabei wies er unter Bezug auf die mögliche Schließung der anderen Filiale darauf hin, dass die Erhaltung von Arbeitsplätzen Priorität haben sollte.
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Eine Reaktion der Beteiligten zu 2) innerhalb der bis 24.06.2022 gesetzten Frist erfolgte nicht.
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Mit weiterer Email vom 12.07.2022 (in Anlage ASt 3 zum Schriftsatz des Beteiligten zu 1) vom 12.10.2022, Bl. 8 d.A.) bedauerte der Beteiligte zu 1) die ausstehende Rückmeldung und wies auf das Recht zur Unterrichtung über die Personalplanung hin. Das Ignorieren seiner Anfragen verstehe er als mangelndes Interesse an der Sicherung der anderen Filiale und als unkooperatives Verhalten, das inakzeptabel sei.
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Auch hierauf erhielt er keine Antwort.
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Am 26.07.2022 beschloss der Beteiligte zu 1) die Anrufung einer Einigungsstelle zur betrieblichen Personalplanung und zum Berufsbildungsbedarf (in Anlage ASt4 zum Schriftsatz des Beteiligten zu 1) vom 12.10.2022, Bl. 9 d.A.) und am 20.09.2022 die Einleitung eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens mit dem Gegenstand „Unterrichtung Personalplanung“ (in Anlage ASt 5 zum Schriftsatz des Beteiligten zu 1) vom 12.10.2022, Bl. 11 d.A.). Am 12.09.2023 bestätigte und genehmigte der Beteiligte zu 1) die zu diesem Zeitpunkt angekündigten Anträge im Verfahren, die den von ihm gegenüber der Beteiligten zu 2) geforderten Informationen zu Personalplanung und Berufsbildungsbedarf entsprächen (in Anlage zum Protokoll der Anhörung vom 13.09.2023, Bl. 81 d.A.).
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Mit seinen am 12.10.2022 eingegangenen und auf gerichtlichen Hinweis mit Schriftsatz vom 25.07.2023 geänderten Anträgen hat der Beteiligte zu 1) seine Beteiligungsrechte nach §§ 92, 96 BetrVG geltend gemacht.
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Erstinstanzlich hat er die Ansicht vertreten, die geforderten Informationen seien als Auskunft über die bestehende Personalplanung der Beteiligten zu 2) geschuldet. Es sei anzunehmen, dass die Beteiligte zu 2) eine Personalplanung betreibe: In der Filiale mit etwa 100 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sei dies kaum anders denkbar, die vierwöchigen Einsatzpläne mit fünf Wochen Vorlauf ohne konkrete Planung zu konzipieren, zumal zahlreiche Leiharbeitnehmerinnen und -Arbeitnehmer und Werkverträge zum Einsatz kämen. Es sei davon auszugehen, dass ein Umsatzziel vorgegeben werde, über dessen Prozess der Festlegung er nicht unterrichtet sei, als auch dass dieses Relevanz für die Personalplanung habe. Ebensowenig werde er unterrichtet, nach welchen Methoden, Strategien und/oder Vorgehensweisen das Stundenbudget für die Filiale festgelegt werde und ob bzw. inwieweit dieses Stundenbudget auch im Rahmen der Personalplanung Relevanz habe. Er hat darauf hingewiesen, dass für die Personaleinsatzplanung eine technische Einrichtung eingesetzt werde, so dass diesbezüglich die Vorlage von Unterlagen für die Beteiligte zu 2) ein Einfaches sei.
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Die geforderten Informationen zur Personalplanung seien jedenfalls nach § 80 Abs. 2 BetrVG geschuldet, weil sie erforderlich seien für sein Vorschlagsrecht nach § 92 Abs. 2 BetrVG.
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Zu seiner Frage nach dem Stand der Berufsbildung hat der Beteiligte zu 1) erklärt, es bestehe ein Fortbildungsbedarf, da verschiedene Tätigkeitsgruppen (Verkaufshilfe, Verkäufer, Verkäufer mit Kassiertätigkeit, Kassierer, abteilungsbezogene und abteilungsübergreifende Führungskräfte, Visual Commercials etc.) in der Filiale beschäftigt seien. Zumindest im Zusammenhang mit Sprachkenntnissen im Kundenkontakt sei ein Fortbildungsbedarf erkennbar.
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Der Beteiligte zu 1) hat daher nach Umstellung seiner Anträge auf richterlichen Hinweis vor dem Arbeitsgericht zuletzt beantragt,
1. Der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 1 wird aufgegeben, den Betriebsrat – soweit vorhanden, anhand von Unterlagen – zu unterrichten
a. ob ein Prozess für das Festlegen von Zielen für die Jahre 2022 bis 2024 für die Filiale A.-Stadt 2 (3109) vorliegt, wenn ja, welche Parameter und (Kenn) Zahlen für diesen Prozess zugrunde gelegt wurden bzw. werden
b. über die für die Filiale A.-Stadt 2 (3109) festgelegten bzw. vorgegebenen Umsatzziele für die Jahre 2022 bis 2024 und den Stand (Zahl und Grad) der Zielerreichung zum Stichtag 30.06.2023
c. ob für die Filiale A.-Stadt 2 (3109) für die Jahre 2022 bis 2024 Methoden, Strategien und/oder Vorgehensweisen bestehen oder bestanden haben, welche formuliert oder vorgegeben wurden, um diese - in a.) und/oder b.) genannten - Ziele zu erreichen wenn ja, welche Methoden, Strategien und/oder Vorgehensweisen für die Filiale A-Stadt (3109) für die Jahre 2022 bis 2024 wurden formuliert oder vorgegeben und inwieweit (Kennzahl, Zahl und Grad) wurden diese bis zum Stichtag 30.06.2023 umgesetzt
d. welches Stundenbudget – monatsbezogen – für die Filiale A-Stadt 2 (3109) in den Jahren 2022 bis 2024 besteht bzw. bestanden hat und wie bzw. nach welchen Methoden, Strategien und /oder Vorgehensweisen dieses Budget festgelegt wurde sowie inwieweit (Kennzahl, Zahl und Grad) dieses Stundenbudget bis zum Stichtag 30.06.2023 über- oder unterschritten wurde bzw. diese Budgetplanung nach dem Stichtag 30.06.2023 geändert wurde
e. mit wie vielen Arbeitnehmer*innen – in welchen Positionen – für die Jahre 2022 bis 2024 geplant wurde und inwieweit (Zahl und Grad und in welchen Positionen) diese Planung über- oder unterschritten wurde bzw. nach dem Stichtag 30.06.2023 diese Planung geändert wurde
f. mit wie vielen Fremdarbeitnehmer*innen (Arbeitnehmerüberlassung und Werk-/Dienstvertrag) für die Jahre 2022 bis 2024 geplant wurde und inwieweit (Zahl und Grad und in welchen Positionen) diese Planung über- oder unterschritten wurde bzw. nach dem Stichtag 30.06.2023 diese Planung geändert wurde
g. ob und inwieweit die täglich in den sog. Nippons mitgeteilten Vorgaben zu Umsatzzielen Relevanz für die Personalplanung – qualitativ und quantitativ, d. h. wie viel Mitarbeiter*innen in welcher Position an welchem Tag, zu welcher Tageszeit in welcher Abteilung benötigt werden – haben
h. ob und welche Krankheitsquote – quantitativ und qualitativ – in den jeweiligen Personaleinsatzplanungen (4-Wochen-Planungszeitraum) der Jahre 2022 bis 2024 für die Filiale A-Stadt 2 (3109) zugrunde gelegt wurde bzw. wird.
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2. Der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2 wird aufgegeben, unter Angabe der einzelnen Mitarbeiter einschließlich der Auszubildenden für jeden einzeln mitzuteilen, ob und wenn ja, welcher Bedarf an Berufsbildung (Berufsausbildung, berufliche Fortbildung und berufliche Umschulung) besteht.
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3. Der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2 wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtungen aus den Anträgen in den Ziff. 1 und/oder Ziff. 2 ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 10.000 € angedroht.
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Die Beteiligte zu 2) hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
19
Sie hat dazu angegeben, sie betreibe keine Personalplanung: Sie verfolge kein Konzept, wie sich die Personalsituation in der Filiale entwickeln solle, und plane nicht langfristig. Die Anzahl der benötigten Mitarbeiter hänge von zahlreichen externen Faktoren ab wie Umsatz, Kundenzahl, Wetter oder der Übernahme von Mitarbeitern aus anderen Filialen. Es werde jeweils situativ und kurzfristig entschieden, welcher Personalbedarf in der Filiale bestehe. Auch die Besetzung von bestehenden Stellen werde nicht lange im Voraus geplant. Bei Schließung einer Filiale sei es üblich, dass allen Arbeitnehmern die Weiterbeschäftigung in einer anderen Filiale angeboten werde. Auch dies führe zu einer Unplanbarkeit, da es kurzfristig zu Schließungen kommen könne, so dass dadurch neue Mitarbeiter aufgenommen werden müssten.
20
Die Einsatzplanung erfolge zunächst mit allen verfügbaren Kräften. Im Fall von Krankheitsausfällen könnten dann etwa Leihkräfte eingesetzt werden, wobei auch der Einsatz von Leihkräften ohne Planung und spontan erfolge, eben wenn sich ein Bedarf ergebe.
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Über die den Filialen zugeordneten Stundenbudgets erfolge ebenfalls keine Steuerung des Personals. Welches Stundenbudget die Filiale zur Verfügung habe, werde situativ unter anderem auf Basis der Umsatzentwicklung entschieden und kommuniziert. Stundenbudgets würden auch im Falle von Krankheit oder Eigenkündigungen von Mitarbeitern frei. Die vom Beteiligten zu 1) geforderten Umsatzzahlen seien für alle Mitarbeiter in den StoreiPods einsehbar und würden in den fast täglich stattfindenden Teambesprechungen kommuniziert. Die aktuellen Umsätze der Filiale insgesamt wie auch ein Vergleich mit denen des Vorjahres und mit den Umsatzplanungen des laufenden Jahres würden zudem einmal jährlich in einer Betriebsversammlung kommuniziert, ebenso die tatsächlichen Krankheitszahlen in der Filiale.
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Sofern sie einen Personalbedarf ermitteln könne, werde dies im Rahmen der monatlich mit dem Betriebsrat stattfindenden Gespräche besprochen.
23
Die Anträge des Beteiligten zu 1) diesbezüglich seien außerdem unzulässig, weil unbestimmt: es fehle an konkreten Anfragen und konkreter Bezeichnung der geforderten Unterlagen. Der erfolgten Änderung der Anträge, die im übrigen nicht sachdienlich sei, fehle es am Rechtschutzinteresse, weil dazu eine vorherige Anfrage bei ihr nicht stattgefunden habe.
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Selbes gelte, so die Beteiligte zu 2), auch für den Antrag zum Berufsbildungsbedarf. Er sei unbestimmt wie ihm nicht zu entnehmen sei, was mit den geforderten Informationen gewollt sei.
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Ein Berufsbildungsbedarf bestehe im übrigen auch nicht. Sie evaluiere kontinuierlich durch Beobachten, Bewerten und Besprechen, ob die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihrer Tätigkeit fachgerecht nachkommen könnten. Nach der Einweisung bestehe in der Regel kein Bedarf, besondere Maßnahmen der Berufsbildung zu ergreifen, zumal in der Filiale diverse Personen ohne eine Ausbildung im Bereich des Einzelhandels arbeiteten, und auch diese könnten die Verkaufstätigkeit gut ausüben. Nachdem die Stellen im wesentlichen identisch seien und sich lediglich im Umfang der Kassiertätigkeit unterschieden, bestehe kein Fortbildungsbedarf – auch nicht bei einem Stellenwechsel – unabhängig von der Ausbildungssituation und der Qualifikation, weshalb auch keine weiteren Ermittlungen über den Ausbildungsstand angestrebt würden. Da also alle zur Vornahme der Verkaufstätigkeit qualifiziert seien, stimmten Ist- und Soll-Zustand überein.
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Sollte sich ein Berufsbildungsbedarf ergeben, weil ein weiterer Visual Commercial benötigt werde, fänden regelmäßig Visual Commercial Trainee-Programme statt, auf die man sich bewerben könne und während deren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Filiale in CStadt zugeordnet seien.
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Die Beteiligte zu 2) ist zudem darauf rekurriert, dass es keine gesetzliche Vorgabe zur Art der Ermittlung des Bedarfs gebe. Sie habe die Ermittlung jedenfalls durch ihre Schriftsätze im vorliegenden Verfahren erfüllt.
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Mit Beschluss vom 04.10.2023, auf den hinsichtlich seiner Tatsachenfeststellungen und seiner rechtlichen Begründung ergänzend Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht München unter dem Aktenzeichen 32 BV 212/22 dem Antrag bezüglich der Berufsbildung stattgegeben und die übrigen abgewiesen.
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Der Beteiligte zu 1) habe könne von der Beteiligten zu 2) Informationen über die Berufsbildung verlangen. Sein Antrag sei nicht unzulässig, weil ihm klar zu entnehmen sei, was verlangt werde, nämlich die Ermittlung des Bedarfs. Welchen Inhalt diese habe, sei zwischen den Beteiligten nicht in Streit, sondern nur, ob überhaupt eine solche Ermittlung geschuldet sei. Der Antrag sei auch begründet: Dem Betriebsrat stehe ein Initiativrecht zur Ermittlung des Berufsbildungsbedarfs zu. Diese Ermittlung habe durch eine nachvollziehbare Erhebungsmethodik in einem Vergleich von Ist- und Sollzustand zu erfolgen und sei mehr als eine grobe Einschätzung des Arbeitgebers. Die Beteiligte zu 2) habe die behauptete Evaluation nicht dargelegt. Außerdem fehle jedenfalls die IstErhebung, die der Beteiligte zu 1) brauche, um seinerseits Vorschläge machen zu können.
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Die Anträge zu Informationen über die Personalplanung hingegen seien zwar nach ihrer Umstellung ausreichend bestimmt und damit zulässig. Sie seien jedoch unbegründet, weil Anhaltspunkte fehlten, dass die Beteiligte zu 2) tatsächlich entgegen ihrer Aussage eine Personalplanung verfolge. Für die Rolle des Stundenbudgets gebe der Beteiligte zu 1) selbst an, er sei nicht sicher, ob ein Zusammenhang mit einer Personalplanung bestehe (Antrag 1d). Weiterhin umfasse das Informationsrecht des Betriebsrats nur die Personalplanung selbst, nicht Umstände im Zusammenhang oder im Vorfeld, so dass er keine Auskunft über den Prozess für Ziele u.a. verlangen könne (wie in Anträgen 1a, c, g und h). Ähnliches gelte für Umsatzziele, die allenfalls Parameter der Planung, aber nicht Planung selbst seien (Antrag 1b). Planung sei zudem zukunftsgerichtet, so dass keine Auskunft über Vergangenes verlangt werden könne (wie in Anträgen 1d, e und f).
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Gegen diese Entscheidung, die beiden Beteiligten am 10.10.2023 zugegangen ist, hat die Beteiligte zu 2) mit Schriftsatz vom 06.11.2023, der am selben Tag beim Landesarbeitsgericht München eingegangen ist, Beschwerde eingelegt, die sie mit solchem vom 11.12.2023, einem Montag, am selben Tag eingegangen, begründet hat.
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Der Beteiligte zu 1) hat seinerseits mit vom 10.11.2023 stammenden und am selben Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese mit solchem vom 10.10.2024 innerhalb der bis zu diesem Tag verlängerten Frist begründet.
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Er moniert, das Arbeitsgericht stelle mit der Forderung einer konkreten Darlegung von Hinweisen auf eine Personalplanung durch den Betriebsrat zu hohe Anforderungen; derartiges sei ihm mangels Beteiligung durch den Arbeitgeber gar nicht möglich.
34
Für die Annahme einer bestehenden Personalplanung habe er aber ausreichend Indizien vorgetragen: Er habe darauf hingewiesen, dass Umstände wie die Kundenfrequenz (die etwa freitags und samstags oder spätnachmittags erhöht sei) oder Urlaubszeiträume und Urlaubsverbote in der Personaleinsatzplanung berücksichtigt würden; außerdem dass wenig glaubhaft sei, dass in einer Filiale mit 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, darunter vielfach Teilzeit- und befristet Beschäftigte, keine Personalplanung existierte; und schließlich, dass das Stundenbudget von Arbeitgeberseite als Argument gegen Neueinstellungen, Arbeitszeitaufstockungen oder – Verlängerungen angeführt werde. Dass die Beteiligte im Rahmen eines Verfahrens der einstweiligen Verfügung zur Korrektur des Verfahrens zur Betriebsratswahl vom „Phänomen eines reduzierten Personalbedarfs“ gesprochen habe, bestätige genau dies.
35
Soweit das Arbeitsgericht Planung als nur zukunftsgerichtet verstehe, so seien demgegenüber vergangenheitsbezogene Informationen nötig, weil der Arbeitgeber über Unterlagen zur Personalplanung verfüge. Alle geforderten Informationen schließlich seien notwendig, damit er den gegenwärtigen und künftigen Personalbedarf im Hinblick auf seine Beteiligungsrechte überprüfen könne. Der entsprechende Anspruch folge jedenfalls aus § 80 Abs. 2 S. 2 iVm § 92 Abs. 2 BetrVG.
36
Was den Berufsbildungsbedarf angehe, hält der Beteiligte zu 1) die arbeitsgerichtliche Entscheidung für zutreffend.
37
Die Relevanz des Themas der Berufsbildung zeige sich in der Filiale daran, dass etwa reine Kassiertätigkeit mit bis zu € 500 höher remuneriert werde als gemischte Verkaufs- und Kassentätigkeit. Zudem würden Einstellungen auf derartige Positionen von Bewerbern von außen damit begründet, dass diese die am besten geeigneten Personen gewesen seien. Was die Eignung ausmache, werde nicht mitgeteilt und sei nicht ersichtlich.
38
Die Frage nach dem Ob eines Bildungsbedarfs umfasse auch die Frage nach der Darlegung der Ermittlungsmethode. Dies sei von Anfang an aus seinen Anfragen wie schriftsätzlich klargestellt worden.
39
In dieselbe Richtung gehe außerdem die Gesamtbetriebsvereinbarung zu Entwicklungsgesprächen vom 24.04.2009, die mit der Vorgabe jährlicher Entwicklungsgespräche der Weiterentwicklung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer diene und deren Umsetzung der Beteiligte zu 1) mit seiner Forderung nach Ermittlung des Berufsbildungsbedarfs betreibe.
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Er beantragt daher zu erkennen:
1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 04.10.2023, AZ: 32 BV 212/22, wird abgeändert, soweit den Anträgen des Betriebsrats nicht stattgegeben wurde.
2. Der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 1 wird aufgegeben, den Betriebsrat - soweit vorhanden, anhand von Unterlagen - zu unterrichten
a. ob ein Prozess für das Festlegen von Zielen für die Jahre 2022 bis 2024 für die Filiale A-Stadt 2 (3109) vorliegt, wenn ja, welche Parameter und (Kenn) Zahlen für diesen Prozess zugrunde gelegt wurden bzw. werden
b. über die für die Filiale A.-Stadt 2 (3109) festgelegten bzw. vorgegebenen Umsatzziele für die Jahre 2022 bis 2024 und den Stand (Zahl und Grad) der Zielerreichung zum Stichtag 30.06.2023
c. ob für die Filiale A.-Stadt 2 (3109) für die Jahre 2022 bis 2024 Methoden, Strategien und/oder Vorgehensweisen bestehen oder bestanden haben, welche formuliert oder vorgegeben wurden, um diese – in a.) und/oder b.) genannten- Ziele zu erreichen wenn ja, welche Methoden, Strategien und/oder Vorgehensweisen für die Filiale A.-Stadt (3109) für die Jahre 2022 bis 2024 wurden formuliert oder vorgegeben und inwieweit (Kennzahl, Zahl und Grad) wurden diese bis zum Stichtag 30.06.2023 umgesetzt
d. welches Stundenbudget – monatsbezogen – für die Filiale A.-Stadt 2 (3109) in den Jahren 2022 bis 2024 besteht bzw. bestanden hat und wie bzw. nach welchen Methoden, Strategien und /oder Vorgehensweisen dieses Budget festgelegt wurde sowie inwieweit (Kennzahl, Zahl und Grad) dieses Stundenbudget bis zum Stichtag 30.06.2023 über- oder unterschritten wurde bzw. diese Budgetplanung nach dem Stichtag 30.06.2023 geändert wurde
e. mit wie vielen Arbeitnehmer*innen – in welchen Positionen – für die Jahre 2022 bis 2024 geplant wurde und inwieweit (Zahl und Grad und in welchen Positionen) diese Planung über- oder unterschritten wurde bzw. nach dem Stichtag 30.06.2023 diese Planung geändert wurde
f. mit wie vielen Fremdarbeitnehmer*innen (Arbeitnehmerüberlassung und Werk-/Dienstvertrag) für die Jahre 2022 bis 2024 geplant wurde und inwieweit (Zahl und Grad und in welchen Positionen) diese Planung über- oder unterschritten wurde bzw. nach dem Stichtag 30.06.2023 diese Planung geändert wurde
g. ob und inwieweit die täglich in den sog. Nippons mitgeteilten Vorgaben zu Umsatzzielen Relevanz für die Personalplanung – qualitativ und quantitativ, d. h. wie viel Mitarbeiter*innen in welcher Position an welchem Tag, zu welcher Tageszeit in welcher Abteilung benötigt werden – haben
h. ob und welche Krankheitsquote – quantitativ und qualitativ – in den jeweiligen Personaleinsatzplanungen (4-Wochen-Planungszeitraum) der Jahre 2022 bis 2024 für die Filiale A-Stadt 2 (3109) zugrunde gelegt wurde bzw. wird.
41
3. Der Antrag zur Berufsbildung wird ergänzt darum, dass aufgegeben werde, die Methode der Ermittlung des Bedarfs einschließlich des zugrundegelegten Ist- und Sollbedarfs mitzuteilen.
42
4. Der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtungen aus dem Antrag in Ziff. 2 der Beschwerdebegründungsschrift v. 10.01.2024 ein Ordnungs-/Zwangsgeld in Höhe von bis zu 10.000 € angedroht.
43
5. Der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus dem Antrag in Ziff. 2 der Antragsschrift vom 12.10.2022 ein Ordnungs-/Zwangsgeld in Höhe von bis zu 10.000 € angedroht.
44
Die Beteiligte zu 2) beantragt Zurückweisung der Beschwerde des Beteiligten zu 1) und ihrerseits zu erkennen:
Der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 4. Oktober 2023, Aktenzeichen 32 BV 212/22 wird abgeändert. Die Anträge werden zurückgewiesen.
45
Der Beteiligte zu 1) beantragt,
die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückzuweisen.
46
Die Anträge des Beteiligten zu 1) hinsichtlich der Personalplanung hält die Beteiligte zu 2) weiterhin für unzulässig. Es sei nicht ersichtlich, welche Unterlagen der Beteiligte zu 1) eigentlich wolle. Die verwendeten Begriffe wie „Methoden“, „Vorgehensweisen“ u.a. seien unverständlich, ebenso die Frage nach der „qualitativen und quantitativen“ Berücksichtigung der Krankheitsquote.
47
Konkret fehle es den Anträgen 2a und c an Bestimmtheit: Der Begriff der „Ziele“ sei völlig unklar, namentlich welche Ziele wofür gemeint seien.
48
Inhaltlich verteidigt die Beteiligte zu 2) die arbeitsgerichtliche Entscheidung: Sie betreibe keine Personalplanung, weil sie kein Konzept zur Entwicklung der Personalsituation der Filiale verfolge. Die personellen Notwendigkeiten hingen wesentlich von diversen externen Faktoren ab, die nicht beeinflussbar seien, wie Umsatz, Anzahl der Kunden, Wetter etc., wodurch keine langfristige Planung möglich sei. Es werde kurzfristig entschieden, welcher Personalbedarf in der Filiale bestehe; und wenn ein Personalbedarf bestehe, werde der Beteiligte zu 1) darüber informiert. Wenn dieser meine, die Größe der Filiale spreche für das Bestehen einer Personalplanung, so verkenne er, dass allein die Mitarbeiterzahl die Planung an sich nicht kalkulierbarer und von externen Veränderungen unabhängiger mache.
49
Die vom Beteiligten zu 1) geforderten Informationen beträfen vielfach betriebswirtschaftliche Fragen ohne Bezug zu einer Personalplanung; sie seien allenfalls Parameter, die zu einer solchen führen könnten – und ein Informationsanspruch damit nicht gegeben. Für vergangenheitsbezogene Informationen fehle es an einer Erklärung, weshalb diese erforderlich seien.
50
Dazu komme, dass die in Antrag 2b geforderten Umsatzziele in den iPods abrufbar seien und über sie jährlich auf einer Betriebsversammlung informiert werde. Zudem sei der Zusammenhang mit der Personalplanung nicht ersichtlich. Für die Anträge 2d und e bestehe ebenso kein Bedürfnis: der Beteiligte zu 1) könne sich das Stundenbudget über den Personaleinsatz erschließen, zumal aus dem Budget keine weiteren Planungen folgten. Hinsichtlich Antrag 2f sei anzugeben, dass Fremdarbeiter nur kurzfristig bei Krankheit oder Eigenkündigung zum Einsatz kämen.
51
Antrag 2g frage nach der Relevanz der Umsatzziele für den Personaleinsatz, nicht aber für die Personalplanung, und nur insofern könne ein Anspruch geltend gemacht werden. Zu Antrag 2h wiederholt die Beteiligte zu 2), dass sie keine Krankheitsquote berücksichtige; die Einsatzplanung erfolge mit dem vorhandenen Personal.
52
Der Ausspruch des Arbeitsgerichts zur Berufsbildung, so die Beteiligte zu 2), sei fehlerhaft. Soweit der Beteiligte zu 1) Auskunft über das Ob und Wie des Bildungsbedarfs gefordert habe, sei jenes klar mit „nein“ beantwortet worden und die zweite Frage damit nicht mehr erheblich. Im Rahmen der Beschwerde führt sie dies nochmals für alle Mitarbeitenden der Filiale einzeln auf. Davon zu unterscheiden sei die Mitwirkung des Betriebsrats an der Bedarfsermittlung. Diese sei aber nicht gefordert gewesen. Wollte man sie in den Antrag hineinlesen, so sei dieser unbestimmt, und das Problem seines Umfangs werde in die Vollstreckung verlegt. Zudem bestünden Zweifel, ob für ein derartiges Verfahren ein Beschluss des Beteiligten zu 1) vorliege.
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Der Antrag sei aber auch unbegründet: Die Beteiligte zu 2) evaluiere den Bedarf, indem der Manager nach den Tagen der Einarbeitung die Mitarbeiterin oder den Mitarbeiter beobachte und bewerte und mit ihr oder ihm das Ergebnis bespreche. Ein Bedarf zu beruflicher Aus-, Weiter- oder Umbildung sei aufgrund dessen nicht befürwortet.
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Die vom Beteiligten zu 1) angeführte Gesamtbetriebsvereinbarung schließlich gebe einen solchen Anspruch des Betriebsrats nicht, zumal sie inzwischen gekündigt und seit 2016 nicht mehr angewendet sei.
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Im übrigen hat die Beteiligte zu 2) eine Schriftsatzfrist in der Anhörung vor dem Landesarbeitsgericht beantragt, sich infolge der im Beschwerdeverfahren erfolgten Ergänzung des Antrags durch den Beteiligten zu 1) zur Begründetheit desselben einzulassen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Beteiligten und ihrer rechtlichen Ausführungen wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen, namentlich diejenigen des Beteiligten zu 1) vom 12.10.2022 (Bl. 1 ff.d.A.), 02.03.2023 (Bl. 38 ff.d.A.) und 25.07.2023 (Bl. 62 ff.d.A.) in erster und vom 10.11.2023 (Bl. 146 ff.d.A.), 29.11.2023 (Bl. 173 f.d.A.), 10.01.2024 (Bl. 197 ff.d.A.), 22.01.2024 (Bl. 211 ff.d.A.) und 12.05.2024 (Bl. 240 ff.d.A.) in zweiter Instanz, diejenigen der Beteiligten zu 2) vom 01.12.20222 (Bl. 18 ff.d.A.), 05.01.2023 (Bl. 21 ff.d.A.), 14.04.2023 (45 ff.d.A.) und 30.08.2023 (Bl. 70 ff.d.A.) vor dem Arbeits- und vom 06.11.2023 (Bl. 118 ff.d.A.), 11.12.2023 (Bl. 176 ff.d.A.), 15.02.2024 (Bl. 218 ff.d.A.) und 16.05.2024, sowie die Protokolle der Anhörungen vom 30.11.2022, 13.09.2023 und 04.10.2023 vor dem Arbeitsgericht (Bl. 16 ff., 78 ff. und 91 ff.d.A.) und vom 27.05.2024 vor dem Landesarbeitsgericht Bezug genommen.
57
Die Beschwerden beider Beteiligten sind zulässig. Diejenige des Beteiligten zu 1) ist außerdem teilweise begründet und führt unter Zurückweisung im übrigen zur teilweisen Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung; die der Beteiligten zu 2) ist unbegründet und daher insgesamt zurückzuweisen.
58
1. Die Beschwerden beider Beteiligten sind zulässig, insbesondere sind sie gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthaft und formwie fristgerecht i.S.v. §§ 89 Abs. 2, 87 Abs. 2 S. 1, 66 Abs. 1 S. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden.
59
Angesichts der Zustellung des angegriffenen Beschlusses an beide Vertreter am 10.10.2023 lief die Einlegungsfrist nach §§ 87 Abs. 2, 64 Abs. 5 ArbGG, 525, 222 ZPO, 187 Abs. 1, 188 Abs. 2, 193 BGB am 10.11.2023 und die Begründungsfrist am 11.12.2023, einem Montag, ab. Der am 06.11.2023 eingegangene Schriftsatz der Beteiligten zu 2) genügt dieser Vorgabe ebenso wie der des Beteiligten zu 1) vom 10.11.2023; die Begründung erfolgte durch die Beteiligte zu 2) mit Schriftsatz vom 11.12.2023, durch den Beteiligten zu 1) mit solchem vom 10.10.2024 innerhalb der bis dahin verlängerten Frist.
60
2. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) hat teilweise Erfolg: ihm steht ein möglichst mit Unterlagen zu belegendes Informationsrecht gegenüber der Beteiligten zu 2) in Bezug auf deren Personalplanung hinsichtlich der Vorgaben durch Stundenbudgets 2024 wie dazu zu, ob die in Nippons mitgeteilten Umsatzziele für die Personalplanung herangezogen werden und wenn ja inwiefern. Soweit die Anträge darüber hinausgingen, sind sie unzulässig oder unbegründet und die Beschwerde gegen die abweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts damit zurückzuweisen.
61
a. Die Anträge des Beteiligten zu 1) zu dem Themenbereich Personalplanung (im erstinstanzlichen Antrag 1 bzw. Antrag 2 der Beschwerde) sind teilweise zulässig.
62
(1) Im Beschlussverfahren muss ein Antrag ebenso bestimmt sein wie im Urteilsverfahren; § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO gilt auch für das Beschlussverfahren und die in ihm gestellten Anträge. Der jeweilige Streitgegenstand muss so konkret umschrieben werden, dass der Umfang der Rechtskraftwirkung für die Beteiligten nicht zweifelhaft ist. Der in Anspruch genommene Beteiligte muss bei einer dem Antrag stattgebenden Entscheidung eindeutig erkennen können, was von ihm verlangt wird. Das Gericht ist gehalten, eine entsprechende Auslegung des Antrags vorzunehmen, wenn hierdurch eine vom Antragsteller erkennbar erstrebte Sachentscheidung ermöglicht wird. Die Prüfung, welche Maßnahmen der Schuldner vorzunehmen oder zu unterlassen hat, darf dadurch grundsätzlich nicht in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden; dessen Aufgabe ist es zu klären, ob der Schuldner einer Verpflichtung nachgekommen ist, und nicht, wie diese aussieht. Besteht die Verpflichtung jedoch in der Herbeiführung eines Erfolgs, kann dem Schuldner dann, wenn mehrere Möglichkeiten bestehen, der Verpflichtung zur Herbeiführung dieses bestimmten Erfolgs nachzukommen, grundsätzlich nicht eine der mehreren Handlungsmöglichkeiten zwingend vorgeschrieben werden. Es bleibt vielmehr dem Schuldner überlassen, wie er seine Verpflichtungen erfüllt. Ob er die titulierte Verpflichtung erfüllt hat, ist erforderlichenfalls im Vollstreckungsverfahren zu prüfen (BAG v. 27.07.2016, 7 ABR 16/14 Rn. 13 – zitiert nach juris; BAG v. 09.07.2013, 1 ABR 17/12 Rn. 14 – zitiert nach juris).
63
(2) Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze sind die Beschwerdeanträge 2a und c nicht ausreichend bestimmt, die übrigen indes schon.
64
(a) Der Beteiligte zu 1) fordert die Mitteilung, ob ein Prozess für das Festlegen von Zielen für die Filiale seiner Zuständigkeit vorliege (a) und ob Methoden, Strategien oder/und Vorgehensweisen bestünden, um diese Ziele zu erreichen.
65
Aus dem Antrag geht nicht hervor, um welche Ziele noch um welche Art von Zielen es sich bei der Anfrage handeln solle. Anhaltspunkte für eine Auslegung ergeben sich nicht. Eine Klarstellung ist trotz Hinweises in der Anhörung vor dem Landesarbeitsgericht unterblieben.
66
(b) Im übrigen sind die Anträge entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 2) nicht als unbestimmt zu bemängeln.
67
i. Soweit der Beteiligte zu 1) eine Unterrichtung „anhand von Unterlagen, soweit vorhanden“ verlangt, ist dies nicht zu beanstanden. Die Aussage stellt klar, dass nicht nur eine mündliche Angabe erfolgen, sondern diese möglichst schriftlich belegt sein solle.
68
Wenn damit nicht konkrete Unterlagen benannt sind, ist dies ein Zugeständnis an die Unklarheit der erheblichen Umstände für den antragstellenden Beteiligten zu 1); vor der Information über die Personalplanung kann er nicht ermessen, was von Belang sein könnte. Die Beteiligte zu 2) ist damit nicht übermäßig dem Risiko der Vollstreckung ausgesetzt; mit der Aussage, dass weiteres nicht vorhanden sei, wäre dieser Antrag erfüllt. Darüber hinausgehende konkrete Unterlagen müssten dann eventuell durch einen neuen Antrag gefordert werden.
69
ii. Soweit der Beteiligte zu 1) nach „Methoden, Strategien und/oder Vorgehensweisen“ fragt (d), ergibt sich aus dem Zusammenhang, dass dieser Passus als Frage nach dem Weg zu dem gleichzeitig genannten Ziel – Stundenbudget – und damit synonym zum ebenfalls genannten „wie“ zu verstehen ist.
70
iii. Wenn der Beteiligte nach der Relevanz „qualitativ und quantitativ“ fragt (in Antrag g), so ist dies als gängiger Ausdruck im Zusammenhang mit der Personalplanung zum einen auslegungsfähig im Sinne einer Frage nach Zahlen und auf die jeweiligen Qualifikationsebenen bezogen; zum anderen im Antrag selbst in diesem Sinne anschließend erläutert.
71
b. Die Anträge d und g zur Personalplanung sind – im Fall des ersteren teilweise – begründet. Hinsichtlich der anderen besteht entweder kein entsprechendes Recht des Beteiligten zu 1) (Anträge b, e, f) oder es ist durch Erfüllung erloschen (h).
72
(1) Nach § 92 Abs. 1 S. 1 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat über seine Personalplanung rechtzeitig und umfassend zu unterrichten.
73
Der Begriff der Personalplanung bezeichnet eine methodische Planung zu einer weitgehenden Egalisierung der künftigen Arbeitsanforderungen und dem dann einsetzbaren Personal nach Anzahl und Qualität und damit jede Planung, die sich auf den gegenwärtigen und künftigen Personalbedarf in quantitativer und qualitativer Hinsicht und dessen Deckung in zeitlicher und örtlicher Hinsicht, also auf den abstrakten Einsatz der personellen Kapazität im weitesten Sinn, bezieht. Im allgemeinen Sinn meint „Planung“ jedenfalls den Prozess des Festlegens von Zielen und des Formulierens von Methoden, Strategien und Vorgehensweisen, um diese zu erreichen (BAG v. 12.03.2019, 1 ABR 43/17 Rn. 21- zitiert nach juris; Fitting § 92 Rn. 9). Der Beteiligungsgegenstand ist damit von dem bei konkreten personellen Einzelmaßnahmen abzugrenzen und bezieht sich – insofern auf einer abstrakteren und vom konkreten Arbeitnehmer losgelösten Ebene – auf die Prozesse der gedanklichen Vorwegnahme künftigen Personalgeschehens (BAG v. 12.03.2019, 1 ABR 43/17 Rn. 22- zitiert nach juris; Fitting § 92 Rn. 17).
74
Voraussetzung für eine Anwendbarkeit des § 92 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist lediglich, dass der Arbeitgeber Ermittlungen über den gegenwärtigen Personalbedarf und Überlegungen über den künftigen Personalbedarf anstellt und die Frage aufgeworfen wird, welche personellen Maßnahmen, also insbesondere Einstellungen, Versetzungen und Entlassungen, sich daraus ergeben, wobei diese Überlegungen das Stadium der Planung erreicht haben müssen (Fitting § 92 Rn. 26). Denn der Arbeitgeber ist gegenüber dem Betriebsrat nur zur Information in dem Maße verpflichtet, wie er selbst plant.
75
Der Arbeitgeber ist zur proaktiven Information verpflichtet. Problematisch ist, wo er das Bestehen einer derartigen Personalplanung verneint, der Betriebsrat jedoch von einer solchen ausgeht. Einerseits hat dieser die Schwierigkeit, mangels interner Kenntnisse sein Recht gegenüber der Verneinung der Arbeitgeberseite geltend zu machen, so dass an seine Darlegung keine überhöhten Anforderungen gestellt werden dürfen. Andererseits müssen zumindest Anhaltspunkte dafür vorhanden sein, dass es überhaupt zu personellen Planungen in Bezug auf einzelne oder mehrere Arbeitnehmer kommt (BAG v. 12.03.2019, 1 ABR 43/17 Rn. 25- zitiert nach juris). Nur dann kommt eine ggf. durch Zwangsmaßnahmen zu vollstreckende Verpflichtung des Arbeitgebers infrage; andernfalls bestünde die Gefahr von Zwangsmittels zur Erzwingung von Angaben über etwas, das es nicht gibt.
76
(2) Danach ergibt sich hier aus § 92 Abs. 1 S. 1 BetrVG ein Informationsrecht des Beteiligten zu 1) für seine Fragen zum Stundenbudget 2024 wie zur Bedeutung der in den Nippons genannten Umsatzziele.
77
(a) Der Beteiligte zu 1) fordert Informationen darüber, welches Stundenbudget monatsbezogen für die Filiale bestehe und wie dieses festgelegt werde.
78
Hinsichtlich dieses Stundenbudgets liegt nahe, dass es im Zusammenhang mit einer Personalplanung im oben genannten Sinn steht; namentlich scheint es, dass es selbst der Ausdruck einer Personalplanung ist, weil eine Stundenvorgabe ihrerseits eine Planung nach abstrakten Kriterien voraussetzt: nämlich mit wievielen Zeitstunden der Arbeitsbedarf gedeckt werden könne. Dies gilt umso mehr, als nach Angabe des Beteiligten zu 1) das Stundenbudget als Argument gegen Einstellungen wie Aufstockungs- und Verlängerungswünsche angeführt wurde und wird. Wenn der Vertreter der Beteiligten zu 2) dies in der Anhörung vor dem Landesarbeitsgericht in Frage gestellt und angegeben hat, derartige Zahlen seien ihm ungekannt, so ist dies unbeachtlich, weil es zum einen an einer konkreten Aussage zur Rolle der Stundenbudgets fehlt, zum anderen weil die Beteiligte zu 2) selbst schriftsätzlich das Stundenbudget angeführt hat, etwa wenn sie vorgetragen hat, dieses werde situativ entschieden und kommuniziert (auf Seite 3 ihres Schriftsatzes vom 15.02.2024, Bl. 220 d.A.), was außerdem der Angabe in der Anhörung widerspricht, die Budgets seien „Vorgaben von ganz oben“.
79
Die Aussage der Beteiligten zu 2), dass Personaleinsatzentscheidungen „situativ“ erfolgten und keine längerfristige Planung bestehe, ist ebenso irrelevant: Auch eine kurzfristige und intuitive Planung ist von § 92 erfasst (Fitting § 92, Rn. 10).
80
Zum Informationsinteresse gehört sowohl das Stundenbudget 2024 an sich wie die Grundlage seiner Entstehung, um die Zahlen verstehen und dazu Vorschläge unterbreiten zu können.
81
Zum – unbegründeten – Verlangen derselben für die Vergangenheit vgl. unten unter (3) (d).
82
(b) Der Beteiligte zu 1) ist außerdem darüber zu unterrichten, ob und inwieweit die in den Nippons mitgeteilten Vorgaben zu Umsatzzielen Relevanz für die Personalplanung haben.
83
Allein die Frage nach dem „Ob“ ist eine für das Verständnis der Personalplanung erhebliche. Hinweis dafür, dass Umsatzziele in diesem Zusammenhang relevant sein können, ist die Aussage der Beteiligten zu 2), dass Umsätze und Kundenfrequenz in der Einsatzplanung eine Rolle spielten. Beide Elemente sind regelmäßig ebenfalls Grundlage für Umsatzvorgaben.
84
(3) Ein Unterrichtungsrecht ist hingegen für die restlichen Anträge nicht gegeben.
85
(a) Soweit der Beteiligte zu 1) mit Antrag h Auskunft darüber verlangt, ob und welche Krankheitsquote der Einsatzplanung zugrundegelegt werde, gilt zunächst das unter (2) (b) Gesagte entsprechend: mit der Frage nach dem Ob der Relevanz ist der Anspruch an sich gegeben.
86
Dieser ist aber erfüllt mit der Aussage der Beteiligten zu 2), dass ihrer Planung keine abstrakte Quote zugrundegelegt, sondern dass zunächst mit allen Mitarbeitenden geplant werde und Ausfälle kurzfristig mit Leiharbeitskräften aufgefangen würden.
87
(b) Mit Antrag b begehrt der Beteiligte zu 1) Unterrichtung über die Umsatzziele der Filiale. Wozu diese notwendig sind, ist indes nicht ersichtlich und nicht vorgetragen. Denn dass die Personalplanung an sie anknüpft, ist (noch) nicht beantwortet. Möglicherweise rein vorgelagerte Parameter der Planung umfasst die Informationspflicht nicht (BAG v. 12.03.2019, 1 ABR 43/17 Rn. 25- zitiert nach juris). Schließlich ist eine Unterrichtung nicht erforderlich, weil, wie die Beteiligte zu 2) angegeben hat, alle Angehörigen der Filiale und auch der Betriebsrat Zugriff auf diese Zahlen haben.
88
(c) Für die Frage des Beteiligten zu 1) hinsichtlich der Zahl der (Fremd-)Arbeitnehmer*innen, mit denen die Beteiligte jetzt und in der Vergangenheit geplant habe (Anträge e und f) fehlt es an einem Anhaltspunkt dafür, dass derartige Zahlen zum Gegenstand einer Planung gemacht worden seien. Umgekehrt spricht das Stundenbudget vielmehr dagegen, dass mit einer Anzahl von Personen geplant wird.
89
(d) Insgesamt sind die Anträge hinsichtlich der Angaben für die Jahre 2022 und 2023 unbegründet: auf sie besteht kein Anspruch des Beteiligten zu 1), denn diese Informationen haben keine Relevanz für die – nach obigen Ausführungen (unter (1)) – auf Gegenwart und Zukunft gerichtete Planung. Selbst wenn man dem Beteiligten zu 1) zugesteht, dass sich aus der Entwicklung in der Vergangenheit für die Ausübung des Vorschlagsrechts bedeutsame Rückschlüsse für die zukünftige Personalentwicklung ergeben können, so rechtfertigt dies ohne konkrete nähere – hier fehlende – Begründung keine weitergehende Unterrichtung (LAG Niedersachsen v. 01.06.2016, 13 TaBV 13/15 Rn. 57- zitiert nach juris).
90
(4) Entsprechende Ansprüche sind auch nicht auch nicht nach § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 iVm. § 92 Abs. 2 BetrVG begründet.
91
(a) Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und ihm auf Verlangen die dazu erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Hieraus folgt ein entsprechender Anspruch des Betriebsrats, soweit die begehrte Information zur Aufgabenwahrnehmung erforderlich ist. Anspruchsvoraussetzung ist damit zum einen, dass überhaupt eine Aufgabe des Betriebsrats gegeben ist, und zum anderen, dass im Einzelfall die begehrte Information zur Wahrnehmung dieser Aufgabe erforderlich ist. Dies hat der Betriebsrat darzulegen. Erst anhand dieser Angaben können der Arbeitgeber und im Streitfall die Gerichte für Arbeitssachen prüfen, ob die Voraussetzungen der Vorlagepflicht vorliegen (BAG v. 12.03.2019, 1 ABR 43/17 Rn. 27 ff.- zitiert nach juris;).
92
(b) Nach diesen Grundsätzen bestehen über die oben zugesprochenen Anträge hinausgehende Ansprüche des Beteiligten zu 1) nicht.
93
Es kann dabei unterstellt werden, dass sich der Beteiligte zu 1) grundsätzlich auf sein Vorschlagsrecht nach § 92 Abs. 2 BetrVG stützen will. Er hat aber nicht dargetan, dass die geforderten Informationen für die Erledigung dieser Aufgabe erforderlich sind. Denn zwar kann der Betriebsrat dem Arbeitgeber Vorschläge für die Einführung einer Personalplanung und deren Durchführung machen. Der Beteiligte zu 1) hat aber unterlassen darzutun, dass entsprechende Vorschläge geplant seien, die diese Informationen notwendig machten. Die pauschale Angabe, dass Vorschläge geplant seien, genügt nicht.
94
3. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) hinsichtlich der Berufsbildung hat keinen Erfolg. Der Antrag des Beteiligten zu 1) in der im Zuge der Beschwerde ergänzten Form ist zulässig und begründet.
95
a. Der Antrag in der zuletzt gestellten Form ist zulässig, namentlich entspricht er den oben (unter 2.a.(1)) genannten Anforderungen an die Bestimmtheit nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
96
(1) Zulässig hat der Beteiligte zu 1) seinen Antrag teilweise umgestellt. Es handelt sich nicht um eine Antragsänderung nach § 263 ZPO; die textliche Ergänzung, dass auch die Maßstäbe der Ermittlung und der Ist- und Sollbestand mitgeteilt werden sollen, erschöpft sich in einer Klarstellung des schon bisher Verlangten.
97
(a) Der Umfang der Anträge ergibt sich aus deren Auslegung.
98
Prozesshandlungen sind wie andere Willenserklärungen auch nach § 133 BGB auszulegen. Dabei ist der tatsächliche Wille des Erklärenden zu ermitteln, der für einen objektiven Empfänger unter Berücksichtigung der Umstände verstanden werden kann. So kann eine prozessuale Erklärung abweichend von ihrem Wortlaut eine andere Funktion haben, als die benutzte Begrifflichkeit suggeriert. Im Zweifel ist in dem Sinne auszulegen, der nach der Rechtsordnung vernünftig ist und der Interessenlage der Partei entspricht (BGH v. 19.10.2006, V ZB 91/06 RN. 6 – zitiert nach juris; Zöller-Greger vor § 128 Rn. 25).
99
(b) Erstinstanzlich hat der Beteiligte zu 1) beantragt, unter Angabe der einzelnen Mitarbeiter einschließlich der Auszubildenden für jeden einzelnen mitzuteilen, ob und wenn ja welcher Bedarf an Berufsbildung bestehe. Damit war erkennbar nicht nur eine Aussage zum Ob und Was, sondern auch zu den Grundlagen der Ermittlung gefordert.
100
In der vorangegangenen Email vom 10.06.2022 hatte der Beteiligte zu 1) ausdrücklich unter Berufung auf sein Recht nach § 96 Abs. 1 S. 2 BetrVG die Beteiligte zu 2) aufgefordert, den betrieblichen Berufsbildungsbedarf zu ermitteln, und dabei angegeben, die Ermittlung solle nach seiner Ansicht in einem Vergleich von Ist- und Sollbedarf erfolgen. Auch schriftsätzlich (in dem vom 02.03.2023, Seite 3, Bl. 40 d.A.) bezieht sich der Beteiligte zu 1) auf sein Recht, eine Ermittlung zu initiieren. Dieses Verständnis entspricht außerdem dem Sinn und Zweck einer auf Zusammenarbeit gerichteten Anfrage, die sich nicht mit einem Nein bzw. „keine“ zufriedengibt, sondern auch die Grundlagen dieser Aussage kennen möchte, um damit sinnvoll ein Gespräch darüber führen zu können. Tatsächlich hat das Arbeitsgericht dies ebenso gesehen, wenn es die Erfüllung des Antrags verneint hat, weil die Grundlagen der Ermittlung und namentlich der Istbestand nicht mitgeteilt sei.
101
(c) Die klarstellende Ergänzung im Rahmen der Beschwerde war zulässig. Sie entspricht der Reaktionsmöglichkeit auf den notwendigen richterlichen Hinweis.
102
i. Die grundrechtliche Gewährleistung des rechtlichen Gehörs vor Gericht schützt das Vertrauen der in der Vorinstanz obsiegenden Partei darauf, vom Rechtsmittelgericht rechtzeitig einen Hinweis zu erhalten, wenn dieses anders als die Vorinstanz Anträge nicht als sachdienlich erachtet, mit denen eine Partei vor Gericht verhandelt. Hält ein Gericht einen Antrag abweichend vom Ausspruch der Vorinstanz für unzulässig, weil er seines Erachtens dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht genügt, so muss es auf eine Heilung dieses Mangels hinwirken. Die betroffene Partei muss Gelegenheit erhalten, ihren Sachantrag den Zulässigkeitsbedenken des erkennenden Gerichts anzupassen. Dies ist nicht deshalb entbehrlich, weil die Gegenseite die Zulässigkeit bereits in erster Instanz gerügt hat; denn begründeten Anlass zur Änderung ihres Sachantrags hat eine Partei nicht schon dann, wenn die Gegenseite in der Rechtsmittelinstanz die erstrittene Sachentscheidung wegen ihres angeblich unbestimmten Ausspruchs angreift: Diese Rüge wiegt nicht schwerer als die ergangene günstige Sachentscheidung. Prozessuale Obliegenheiten der vorinstanzlich obsiegenden Partei erwachsen deshalb noch nicht allein aus der gegnerischen Bestimmtheitsrüge im Hinblick auf eine nachträgliche Konkretisierung des Sachantrags; solche Konsequenzen muss die Partei, die in der Vorinstanz obsiegt hat, erst dann erwägen, wenn sie durch die Rechtsmittelinstanz selbst erfährt, dass diese den für sie günstigen Standpunkt der Vorinstanz insoweit nicht teilt (BAG v 27.07.2016, 7 ABR 16/14 Rn. 21- zitiert nach juris).
103
ii. Die ergänzende Klarstellung erfolgte auf Veranlassung des Gerichts. Das Landesarbeitsgericht hat in der Anhörung darauf hingewiesen, dass es den bisherigen Antrag in dem oben genannten Sinne verstehe, mit der Beteiligten zu 2) aber dieses Ziel im Antrag nur unzureichend ausgedrückt sieht.
104
(2) In der umgestellten Form ist der Antrag bestimmt. Aus ihm ist erkennbar, welche Informationen der Beteiligte zu 1) begehrt.
105
Diese juristische Einordnung entspricht wohl auch der der Beteiligten zu 2), die nur – zutreffend – auf die bisherig problematische Fassung des Antrags hingewiesen hat.
106
(3) Der Antrag in der nunmehrigen Form ist entgegen den Zweifeln der Beteiligten zu 2) gedeckt durch einen Beschluss des Gremiums. Wenn dieses am 12.09.23 die Anträge in ihrer damaligen Fassung genehmigt und bestätigt hat, dass sie den vom Betriebsrat vorerst angeforderten Informationen entsprächen, so war auch die jetzige Fassung gedeckt, die nur eine Klarstellung und, wie dargestellt, keine inhaltliche Änderung bedeutete.
107
Die rechtliche Wirksamkeit des Beschlusses hat die Beteiligte zu 2) in der Beschwerde nicht mehr in Zweifel gezogen.
108
b. Das Begehren ist begründet. Zutreffend hat das Arbeitsgericht ihm stattgegeben.
109
(1) Der Informationsanspruch des Betriebsrats nach § 96 Abs. 1 S. 2 BetrVG umfasst die Initiierung einer Bedarfsermittlung wie die Beratung über das Thema Berufsbildung, wozu der Betriebsrat nach Satz 3 der Norm Vorschläge machen kann. Dies beinhaltet auch ein Recht auf Mitteilung der Grundlagen der Ermittlung: die vom Arbeitgeber ermittelten Bedarfe sind nur dann aussagekräftig und der Betriebsrat nur dann vorschlagsfähig, wenn deren Zustandekommen nachvollziehbar dargelegt ist.
110
Der Anspruch bezieht sich vorliegend auch auf den (personenbezogenen) Istbestand und die (arbeitsplatzbezogene) Sollanalyse von Berufsbildung in der Filiale.
111
Zwar ist grundsätzlich der Arbeitgeber in der Art der Ermittlung frei; § 96 BetrVG schreibt keine Vorgehensweise zwingend vor, auch wenn nach der Gesetzesbegründung der Bedarf sich aus der Durchführung einer Ist-Analyse und einer Soll-Analyse ergeben solle (Fitting § 96 Rn. 36 f.; a.A. LAG C-Stadt v. 31.10.2012, 5 TaBV 6/12 Rn. 32f – zitiert nach juris: Pflicht zur vom Gesetzgeber genannten Methode).
112
Wo er sich aber – wie hier die Beteiligte zu 2) – selbst auf eine Übereinstimmung von Ist- und Sollbedarf beruft, hat er seine Ermittlung offenbar auch an diesen Kriterien ausgerichtet. Er ist daher daran gebunden, diese beiden Bedarfe mitzuteilen.
113
(2) Entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 2) ist der Anspruch nicht erfüllt und damit entsprechend § 362 BGB erloschen.
114
(a) Die Beteiligte zu 2) hat mitgeteilt, sie evaluiere regelmäßig, indem der Manager beobachte, bewerte und bespreche.
115
(b) Dies genügt nicht, den Informationsanspruch des Beteiligten zu 1) zu befriedigen.
116
Es ist dabei schon nicht nachvollziehbar dargestellt, wie beobachtet, anhand welcher Kriterien bewertet und was mit welchem Ziel besprochen wird.
117
Zudem fehlt jede Angabe dazu, wie der Istzustand der Qualifikation für jede und jeden Mitarbeitenden der Filiale sich darstellt und welche Anforderungen an die Qualifikation auf den Arbeitsplätzen bestehen. Diese Darstellung ist aber, wie oben ausgeführt, notwendig, um die Einschätzung der Beteiligten zu 2), Ist- und Sollbedarf deckten sich, einschätzen zu können.
118
Der Einwand des Vertreters der Beteiligten zu 2) in der Anhörung vor dem Landesarbeitsgericht, ein derartiger Aufwand sei in einem Betrieb, der sich mit Textilverkauf beschäftige, nicht angemessen, greift nicht. Das Gesetz unterscheidet hinsichtlich der Ermittlungsverpflichtung nicht nach dem Unternehmensgegenstand. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass das verlangte Vorgehen einen erheblichen Aufwand bedeuten kann. Die Beteiligte zu 2) jedoch hat angegeben, die Ermittlung bereits vorgenommen zu haben. Es geht in ihrem Fall also einzig um die Mitteilung der Vorgehensweise und deren Ergebnisse.
119
(3) Der Beteiligten zu 2) war trotz ihres Antrags nicht zunächst noch eine Schriftsatzfrist zu gewähren.
120
Die Beteiligte zu 2) wird durch die inhaltliche Entscheidung nicht überrascht. Durch den erstinstanzlichen Beschluss war eine Aussage zum materiellen Anspruch bereits erfolgt. Entsprechend hat die Beteiligte zu 2) in der Beschwerdebegründung wie auch schon vor dem Arbeitsgericht zur Begründetheit des Antrags vorgetragen. Wozu die beantragte Frist hätte dienen sollen, war nicht klar, zumal der Vertreter der Beteiligten zu 2) auf Nachfrage des Gerichts dazu nichts weiter ausgeführt hat.
121
(4) Der Antrag des Beteiligten zu 1) auf Zwangsgeldandrohung war unzulässig und zutreffend vom Arbeitsgericht zurückgewiesen.
122
Der Antrag auf Androhung von Zwangsgeld ist kein Sachantrag, sondern einer auf Zwangsvollstreckung. Er ist nach § 888 Abs. 2 ZPO schon nicht statthaft.