Titel:
Nachträgliche Anordnung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung (EAÜ)
Normenketten:
StPO § 68d Abs. 1, § 306 Abs. 1, § 453 Abs. 1, § 462a, § 463 Abs. 2 S. 2, § 463a Abs. 4
StGB § 66 Abs. 3 S. 1, § 68b Abs. 1 S. 3 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 4, Abs. 2 S. 1, Abs. 3, § 145a, § 185, § 201a, § 224 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 5, § 241
Leitsätze:
1. Die mit der "elektronischen Fußfessel" verbundenen Einschränkungen der allgemeinen Handlungsfreiheit sind jedenfalls zum Schutz der hochrangigen Rechtsgüter des Lebens, der Freiheit, der körperlichen Unversehrtheit und der sexuellen Selbstbestimmung Dritter gerechtfertigt (BVerfG BeckRS 2020, 40592). (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Aufstellung einer "Home Unit" in der Wohnung des Betroffenen hat dieser zu dulden und er hat an der Beseitigung von Störungen durch den zuständigen Vor-Ort-Service mitzuwirken, da hierdurch gerade der Privatsphäre des Betroffenen Rechnung getragen wird. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Anordnung, ein zur Verfügung gestelltes Mobiltelefon ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und dessen Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen, ist rechtmäßig und dient dazu, den Probanden seitens der Führungsaufsichtsstelle oder der der gemeinsamen Überwachungsstelle der Länder (GÜL) unproblematisch zu erreichen, um etwaige Funktionsbeeinträchtigungen der "elektronischen Fußfessel" abzuklären. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anordnung, Führungsaufsicht, elektronische Aufenthaltsüberwachung, elektronische Fußfessel, EAÜ, Home Unit, Überwachungsstelle der Länder, GÜL, Mobiltelefon, Unverhältnismäßigkeit
Vorinstanz:
LG Augsburg vom -- – 2 NöStVK 263/20
Fundstelle:
BeckRS 2024, 23320
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde des Verurteilten F. gegen den Beschluss der Auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Augsburg beim Amtsgericht Nördlingen vom 22. Mai 2024 wird als unbegründet verworfen.
II. Der Verurteilte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
1
Der Verurteilte F. wurde mit Urteils des Landgerichts Landshut vom 21.09.2018, rechtskräftig seit diesem Tag, wegen Hausfriedensbruchs in 3 tatmehrheitlichen Fällen, davon in 1 Fall in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Beleidigung in 2 tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit Bedrohung und Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren 2 Monaten verurteilt. Wegen der Tat vom 30.01.2017 zum Nachteil der Geschädigte P. verhängte das Landgericht eine Einzelstrafe von 3 Jahren 9 Monaten. Der Verurteilte hatte die Geschädigte, mit der er von Ende 2014 bis Herbst 2015 eine Beziehung führte, entgegen der gegen ihn bestehenden Gewaltschutzanordnung des Amtsgerichts – Familiengericht – Landshut und entgegen des vom Vermieter der Geschädigten ausgesprochenen Hausverbots in deren Wohnung in Landshut aufgesucht und hatte die Geschädigte u.a. mit einem mitgeführten Metallrohr geschlagen und verletzt. Die Zeugin P. hatte er zuvor – ausweislich der im Sachverständigengutachten des Ausgangsverfahrens geschilderten Aktenlage – über einen längeren Zeitraum durch unerwünschte Kontaktaufnahmen, Bedrohungen und Beleidigungen belästigt und sich über die Näherungsverbote der Gewaltschutzanordnung hinweggesetzt. Durch Gefährderansprachen der Polizei sei er unbeeindruckt geblieben.
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Die im Urteil neben der Gesamtfreiheitsstrafe angeordnete Unterbringung nach § 64 StGB wurde mit Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Memmingen vom 11.12.2019 für erledigt erklärt. Vom 24.01.2020 bis 17.02.2023 verbüßte der Verurteilte den nicht durch Anrechnung erledigten Rest der Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren 2 Monaten in der Justizvollzugsanstalt Kaisheim.
3
Mit Beschluss vom 08.12.2022 hat die Auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Augsburg beim Amtsgericht Nördlingen auf Antrag der Staatsanwaltschaft und nach Anhörung des Verurteilten angeordnet, dass die gemäß § 68f Abs. 1 StGB kraft Gesetzes eintretende Führungsaufsicht nicht entfällt und deren gesetzliche Höchstdauer von 5 Jahren nicht abgekürzt wird. Sie hat den Verurteilten der Aufsicht der Bewährungshilfe unterstellt und ihm verschiedene Weisungen erteilt. Sie hat ihm unter Ziffer 3.e. gem. § 68b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB angewiesen, die Landkreise R. und D. (Gebotszone) nicht zu verlassen. Die gegen die Abstinenz- und Kontrollweisung unter Ziffer 3.h. eingelegte Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 10.03.2023 (Gz. 2 Ws 149/23) als unbegründet verworfen.
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Nach Abänderung bzw. Konkretisierung des Führungsaufsichtsbeschlusses mit Beschlüssen der Strafvollstreckungskammer vom 13.08.2023 und 29.08.2023 hat die Auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Augsburg beim Amtsgericht Nördlingen mit Beschluss vom 24.04.2024 gem. §§ 68b, 68d StGB dem Verurteilen weitere Weisungen erteilt. Die Strafvollstreckungskammer hat den Verurteilten gem. § 68b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 und Nr. 2 StGB angewiesen, jegliche Kontaktaufnahme zur Zeugin G. zu unterlassen und sich nicht bewusst im Umkreis von 100m zu dieser und nicht in bestimmten Straßen in T. aufzuhalten (Verbotszonen). Die Strafvollstreckungskammer begründete dies mit dem gegenüber der Zeugin gezeigten bedrohlichen Verhalten und den unerwünschten Näherungsversuchen.
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Daneben erließ das Amtsgericht – Familiengericht – M. am 24.04.2024 gegen den Verurteilten eine Gewaltschutzanordnung, die dem Verurteilten ein umfassendes Kontaktaufnahme- und Näherungsverbot auferlegte. Für die Einzelheiten wird auf die Beschlüsse der Strafvollstreckungskammer und des Familiengerichts jeweils vom 24.04.2024 Bezug genommen.
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Die Zeugin G. hatte der Verurteilte im Februar 2024 über das Internet kennengelernt und sich mit ihr bis Anfang März dreimal getroffen. Danach teilte ihm die Zeugin mit, dass sie keine Beziehung und keinen weiteren Kontakt wünsche. Gleichwohl kontaktierte der Verurteilte die Zeugin regelmäßig, nach Aktenlage zuletzt am 19.06.2024.
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Nach Durchführung einer Fallkonferenz beantragte die Staatsanwaltschaft Landshut am 30.04.2024, den Führungsaufsichtsbeschluss um Anordnungen bezüglich der elektronischen Aufenthaltsüberwachung (EAÜ) zu erweitern. Die im Führungsaufsichtsbeschluss vom 08.12.2022 enthaltene Gebotszonenweisung habe den Verurteilten nicht davon abgehalten, die Landkreise R. und D. ohne Erlaubnis der Führungsaufsichtsstelle zu verlassen, um die Zeugin G. aufzusuchen. Die neu erteilten Weisungen ließen daher auch nicht erwarten, dass der Verurteilte von einer Kontaktaufnahme zur Zeugin G. absehen werde, da er sich von Gefährderansprachen durch die Polizei völlig unbeeindruckt zeige. Es seien deutliche Parallelen zur Anlasstat erkennbar. Die Anordnung der EAÜ sei zum Schutz der Zeugin erforderlich.
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Mit Beschluss vom 22.05.2024 hat die Auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Augsburg beim Amtsgericht Nördlingen gem. § 68b Abs. 1 S. 1 Nr. 12 StGB eine Weisung zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung erteilt und gem. § 68b Abs. 2 StGB das Aufstellen einer „Home Unit“ sowie das Mitsichführen eines Mobiltelefons angeordnet. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer vom 22.05.2024 Bezug genommen.
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Gegen diese Anordnungen wendet sich der Verurteilte mit Schriftsatz seiner Verteidigerin vom 28.05.2024, eingegangen bei der Strafvollstreckungskammer am selben Tag. Mit weiterem Schreiben vom 03.06.2024 wurde das Rechtsmittel insbesondere mit der Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme begründet.
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Der (einfachen) Beschwerde hat die Strafvollstreckungskammer mit Verfügung vom 31.05.2024 nicht abgeholfen.
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Das Fußteil der elektronischen Aufenthaltsüberwachung wurde dem Verurteilten am 28.05.2024 angelegt, das Aufstellen der „Home Unit“ hat er verweigert.
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Die Akten wurden dem Senat am 24.06.2024 zur Entscheidung vorgelegt.
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Die Beschwerde des Verurteilten ist gemäß §§ 463 Abs. 2, 453 Abs. 2 StPO statthaft und auch sonst zulässig, § 306 Abs. 1 StPO. Sie erweist sich jedoch als unbegründet.
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Eine Beschwerde, die sich gegen die Ausgestaltung der Führungsaufsicht richtet, kann nur darauf gestützt werden, dass die vom Gericht getroffenen Regelungen gesetzwidrig sind (§§ 463 Abs. 2, 453 Abs. 2 Satz 2, 1. Alt. StPO). Folglich hat das Beschwerdegericht insoweit auch nur die Gesetzmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung zu prüfen und darf nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle des nach § 462a StPO berufenen Gerichts setzen. Gesetzwidrig sind Anordnungen nur dann, wenn sie im Gesetz nicht vorgesehen, unverhältnismäßig oder unzumutbar sind, sonst die Grenzen des eingeräumten Ermessens überschreiten oder das Ermessen nicht erkennbar ausgeübt wurde.
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Diese Grundsätze gelten gleichermaßen für nachträglich erteilte Weisungen, die zusätzlich an den Voraussetzungen des § 68d Abs. 1 StPO zu messen sind. Danach müssen später hervorgetretene Umstände eine Anpassung an eine veränderte Lage bedingen. Eine lediglich andere Beurteilung unverändert gebliebener Umstände genügt nicht (Schönke/Schröder/Kinzig, 30. Aufl. 2019, StGB § 68d Rn. 4).
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Nach diesen Maßstäben ist die Anordnung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung nebst begleitender Anordnungen nicht zu beanstanden. Der im Beschwerdeschriftsatz vom 03.06.2024 pauschal erhobene Vorwurf der Verletzung von Grundrechten greift nicht durch. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 01.12.2020 die gesetzliche Ausgestaltung der Vorschriften zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung als verfassungskonform angesehen und insbesondere festgestellt, dass diese Regelung weder in den Kernbereich privater Lebensgestaltung eingreift noch zu einer mit der Menschenwürde unvereinbaren „Rundumüberwachung“ führt. Die mit der „elektronischen Fußfessel“ verbundenen Einschränkungen der allgemeinen Handlungsfreiheit sind jedenfalls zum Schutz der hochrangigen Rechtsgüter des Lebens, der Freiheit, der körperlichen Unversehrtheit und der sexuellen Selbstbestimmung Dritter gerechtfertigt (BVerfG, Beschluss vom 1.12.2020 – 2 BvR 916/11, 2 BvR 636/12, NStZ 2021, 348 = NJOZ 2021, 1391, beck-online).
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1. Die nachträgliche Anordnung der EAÜ war – ebenso wie das bereits mit Beschluss vom 24.04.2024 ausgesprochene Kontaktverbot zur Zeugin G. sowie die Anordnung von Verbotszonen – wegen nachträglicher eingetretener Umstände zulässig. Der Verurteilte hatte zu Beginn des Jahres 2024 eine kurze Liaison mit der Zeugin und war im Folgenden nicht bereit zu akzeptieren, dass die Zeugin keine Beziehung mit ihm aufnehmen wollte und sich auch weitere Kontakte verbat. Der Verurteilte belästigte die Zeugin durch unerwünschte Kontaktaufnahmen, Drohungen und Beleidigungen. Er konnte auch durch das bereits im Führungsaufsichtsbeschluss vom 08.12.2022 enthaltene Verbot, die Landkreise R. und D. nicht ohne Einwilligung der Führungsaufsichtsstelle zu verlassen, nicht daran gehindert werden, die Zeugin persönlich in T. (Landkreis M.) aufzusuchen. Der Verurteilte hat sich hierdurch bereits weiterer Straftaten verdächtig gemacht. Damit haben sich die bisherigen Anordnungen als nicht ausreichend erwiesen. Auch die – unangefochtene – nachträgliche Anordnung eines Kontaktverbots und von Verbotszonen hat den Verurteilten nicht beeindruckt. Vielmehr hat er erneut zur Zeugin G. Kontakt aufgenommen. Aus deren Zeugenvernehmung vom 21.06.2024 ergibt sich eine letzte Kontaktaufnahme über Tiktok am 19.06.2024. Damit sind erneut neue Umstände eingetreten, die die Möglichkeit weiterer nachträglicher Anordnungen eröffnet hat.
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2. Die Anordnung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung und die begleitenden Anordnungen beruhen auf den im Beschluss vom 22.05.2024 genannten Rechtsgrundlagen.
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2.1 Der Verurteilte ist mit Urteil des Landgerichts Landshut vom 21.09.2018 unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung gem. § 224 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 5 StGB zum Nachteil der Zeugin P. – eine Tat iSv. § 66 Abs. 3 S. 1 StGB – zu einer Einzelstrafe von 3 Jahren 9 Monaten verurteilt worden, die als Teil der Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren 2 Monaten vollständig vollstreckt wurde. Damit liegen die formellen Voraussetzungen des § 68b Abs. 1 S. 3 Nr. 1 und Nr. 2 StGB vor, die in Nr. 2 geforderte Strafhöhe ist durch die wegen der Katalogtat verhängten Einzelstrafe erreicht (vgl. OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 1. 11. 2012 – 3 Ws 861/12, NStZ-RR 2013, 60). Aufgrund des beim Verurteilten zu beobachtenden Parallelverhaltens nunmehr in Richtung auf die Zeugin G. besteht die begründete Wahrscheinlichkeit erneuter Straftaten nach § 224 StGB oder sogar schwererer Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit, das Leben oder die sexuelle Selbstbestimmung zum Nachteil dieser Zeugin. Der Verurteilte ist bereits wiederholt wegen Körperverletzung in Erscheinung getreten. Bereits dem Urteil des Amtsgerichts Landshut vom 15.06.2016 lag – wie auch der Anlassverurteilung – eine gefährliche Körperverletzung mittels einer massiven Metallstange (Fitnessstange) zugrunde (vgl. Landgericht Landshut, Urteil vom 21.09. 2018, Seite 9). Es ist daher jederzeit damit zu rechnen, dass der Verurteilte sich erneut eine massive Metallstange oder andere ähnlich gefährliche Werkzeuge beschafft, um seine Drohungen gegen die nunmehrige Geschädigte G. umzusetzen. Diese Gefahrenprognose gründet insbesondere darauf, dass das Verhalten des Verurteilten in Bezug auf die Zeugin G. – ungewollte Annäherungen trotz Näherungsverboten, Bedrohungen und Beleidigungen – eine beeindruckende Übereinstimmung zu der Vorgeschichte zum tätlichen Angriff auf die damals Geschädigte P. zeigt und der Verurteilte nicht die Begehung von Straftaten scheut. Insoweit ist der Verurteilte bereits weiterer Straftaten verdächtig, die er im Zusammenhang mit der Kontaktaufnahme zur Zeugin G. begangen hat (§§ 145a, 185, 201a, 241 StGB). Die elektronische Aufenthaltsüberwachung erscheint auch im Sinne von § 68b Abs. 1 S. 3 Nr. 4 StGB erforderlich, um den Verurteilten zur Einhaltung der ihm auferlegten Gebots- und Verbotszonenweisungen anzuhalten, nachdem die bloße Anordnung von Gebots- und Verbotszonen sowie von Kontaktverboten allein bisher keine Wirkung zeigte.
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2.2 Die Anordnung in Ziffer 2 des Beschlusses vom 22.05.2024, die Aufstellung einer „Home Unit“ in seiner Wohnung zu dulden und an der Beseitigung von Störungen durch den zuständigen Vor-Ort-Service mitzuwirken, hat zutreffend die Rechtsgrundlage in § 68b Abs. 2 S. 1 StGB und ist ebenfalls rechtmäßig. Die Maßnahme dient dazu, das GPS-Signal der am Fußgelenk getragenen elektronischen Aufenthaltsüberwachung innerhalb der Wohnung zu unterdrücken, sodass hierdurch gerade der Privatsphäre des Probanden Rechnung getragen wird. Denn es ist der gemeinsamen Überwachungsstelle der Länder (GÜL) damit nicht möglich, den Aufenthaltsort des Verurteilten innerhalb der Wohnung (z.B. Badezimmer, Schlafzimmer) festzustellen (vgl. OLG Bamberg Beschluss vom 15.3.2012 – 1 Ws 138/12, BeckRS 2012, 17450). Soweit der Verurteilte bereits bei der Anlegung der sog. „elektronischen Fußfessel“ der Aufstellung der „Home Unit“ in seiner Wohnung widersprochen hat, ist dieser Weisungsverstoß zwar nicht strafbar, wirkt aber letztlich nur zu seinem Nachteil. Eine Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme lässt sich hieraus nicht begründen.
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2.3 Die Anordnung in Ziffer 3 des Beschlusses vom 22.05.2024, das zur Verfügung gestellte Mobiltelefon ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und dessen Funktionsfähigkeit nicht zur beeinträchtigen, hat die Rechtsgrundlage ebenfalls in § 68b Abs. 2 Satz 1 StGB. Die Anordnung dient dazu, den Probanden seitens der Führungsaufsichtsstelle oder der GÜL unproblematisch zu erreichen, um etwaige Funktionsbeeinträchtigungen der „elektronischen Fußfessel“ abzuklären. Ein Verstoß gegen diese Weisung führt zwar nicht zur Strafbarkeit, birgt jedoch für den Verurteilten den Nachteil, dass er bei einer signalauslösenden Fehlfunktion dann unmittelbar mit aufsichtlichen, ggf. polizeilichen Maßnahmen zu rechnen hat.
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3. Die Anordnung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung nebst begleitenden Anordnungen stellen auch an die Lebensführung des Verurteilten keine unzumutbaren Anforderungen, § 68b Abs. 3 StGB. Durch mildere Maßnahmen war der Verurteilte ersichtlich nicht zu beeindrucken. Die bloße Anordnung eines Kontaktverbots bzw. von Gebots- oder Verbotszonen war erkennbar nicht ausreichend. Anders als von der Beschwerde angenommen (“ständig unter Beobachtung zu stehen“), gibt die elektronische Aufenthaltsüberwachung lediglich die Möglichkeit, den Aufenthaltsort anlassbezogen festzustellen – etwa bei Verlassen der Gebotszonen – und führt nicht zu einer ununterbrochenen Überwachung (vgl. § 463a Abs. 4 StPO). Im übrigen enthält die Beschwerdebegründung keine konkreten Ausführungen, die auf unzumutbare Einschränkung in der Lebensführung des Probanden hinweisen, sondern beschränkt sich auf die pauschale Behauptung der Unverhältnismäßigkeit. Weitere Ausführungen hierzu sind daher nicht veranlasst.
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4. Das Rechtsmittel des Verurteilten war mit der Kostenfolge aus § 473 Abs. 1 StPO zu verwerfen.