Titel:
Angabe der Telefonnummer für den Beginn der Widerrufsfrist nicht erforderlich
Normenketten:
BGB § 356 Abs. 3
EGBGB Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1
Verbraucherrechte-RL Art. 6 Abs. 1
Leitsatz:
Die Angabe einer Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung ist für den Beginn der Widerrufsfrist nach § 356 Abs. 3 BGB nicht erforderlich. (Rn. 32 – 47) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Widerruf, Telefonnummer, Beginn der Widerrufsfrist, Widerrufsbelehrung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 23043
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 54.320,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Rückzahlung des Kaufpreises für einen PKW nach erklärtem Widerruf des im Fernabsatz geschlossenen Vertrages.
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Die Beklagte vertreibt in Deutschland über ihre Website … Elektroautos. In mehreren … können sich potentielle Kunden über Fahrzeuge informieren, Serviceleistungen in Anspruch nehmen und ausgelieferte Fahrzeuge entgegennehmen.
3
Der Kläger bestellte am 21.02.2022 als Verbraucher auf der Website der Beklagten einen PKW Model 3 mit der Bestellnummer ... zum Gesamtpreis von 54.320,00 Euro.
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Auf der Website der Beklagten befand sich zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im unteren Teil ein Link mit der Beschriftung „Kontakt“; nach dem Betätigen dieses Links wurde unter der Überschrift „Technischer Support u. Pannenhilfe“ eine Telefonnummer der Beklagten angegeben. Auch fand sich im „Impressum“ der Website die Angabe einer Telefonnummer, ebenso werden auf der Website bei der Auflistung der … in Deutschland diese jeweils mit Telefonnummern genannt.
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Im Rahmen des Bestellprozesses wurde auf der Website hinsichtlich der zu leistenden Anzahlung unter dem Kaufpreis eine Betrag von 250,00 Euro als „heute fällig“ genannt; darunter hieß es „nicht rückerstattbare Bestellgebühr“, wobei wiederum darunter – mit einem Sternchen gekennzeichnet – ergänzt wurde:
„Ausschließlich rückerstattbar, wenn ein durch Ihren … Account gemachter Finanzierungsantrag abgelehnt wurde. (…) Ein Rückerstattungsanspruch besteht auch beim Vorliegen von gesetzlichen Widerrufs- und Rücktrittsrechten. (…)“.
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Nach Vertragsschluss übersandte die Beklagte dem Kläger zusammen mit der Bestellvereinbarung eine Widerrufsbelehrung (Anlage K1), die unter anderem folgende Passage enthielt:
„(…) Um Ihr Widerrufsrecht auszuüben, müssen Sie uns (…) mittels einer eindeutigen Erklärung (z.B. ein mit der Post versandter Brief, Telefax oder E-Mail) über Ihren Entschluss, diesen Vertrag zu widerrufen, informieren. Sie können dafür das beigefügte Muster-Widerrufsformular verwenden, das jedoch nicht vorgeschrieben ist. …“
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Nach Zahlung der Bestellgebühr von 250,00 Euro wurden dem Kläger durch die Beklagte die Fahrzeugpapiere übersandt. Das Fahrzeug wurde sodann durch den Kläger zugelassen. Nach vollständiger Kaufpreiszahlung wurde dem Kläger das Fahrzeug mit der FIN … am 29.09.2022 übereignet und übergeben.
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Seitdem nutzt der Kläger das Fahrzeug.
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Mit E-Mail vom 18.09.2022 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten den Widerruf des Kaufvertrages. Mit Anwaltsschriftsatz vom 09.10.2023 ließ der Kläger die Beklagte zu Erstattung des Kaufpreises unter Fristsetzung zum 16.10.2023 auffordern.
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Der Kläger trägt vor, er habe am 20.09.2023 „einen Dritten“ – später: seine Ehefrau – damit beauftragt, das Fahrzeug samt Zubehör und Papieren an dem Rückgabestandort der Beklagten zurückzugeben; er habe die Gegenstände „dem Dritten“ übergeben. Den von „dem Dritten“ ausgestellten Absendenachweis hierzu habe er der Beklagten am 20.09.2023 übermittelt.
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Die Software des Fahrzeugs sei massiv mängelbehaftet. Trotz mehrere Softwareupdates träten Fehler bei der Fernlichtautomatik, beim Regensensor, bei der Verkehrszeichenerkennung und beim Lenkassistenten auf. Hierbei handele es sich jeweils um konstruktionsbedingte Serienfehler. Zudem hätten Mitarbeiter der Beklagten Zugriff auf die Daten der Innenraumkamera des Fahrzeugs.
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Der Kläger ist der Ansicht, seine Widerrufserklärung sei nicht verfristet, da die Widerrufsfrist gemäß § 356 Abs. 3 S. 1 BGB nicht zu laufen begonnen habe.
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Er führt aus, die Widerrufsbelehrung der Beklagten habe aufgrund des Fehlens einer Telefonnummer nicht den Anforderungen des Art. 246a § 1 S. 2 Nr. 1 EGBGB genügt, sodass das Widerrufsrecht gemäß § 356 Abs. 3 S. 2 BGB erst nach Ablauf von zwölf Monaten und 14 Tagen erlösche. Der Kläger verweist hierzu auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 14. Mai 2020. Die Unterrichtung des Klägers sei auch deshalb unzulänglich, weil sie entgegen Art. 246a § 4 Abs. 1 EGBGB nicht klar und verständlich gewesen sei. Sie suggeriere nämlich einen Formzwang (namentlich: die Textform), den das Gesetz gerade nicht vorsehe. Den Kunden steht es vielmehr frei, seine auf den Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung auch telefonisch zu widerrufen.
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Zudem habe die Beklagte beim Bestellprozess vorgespiegelt, dass zumindest bezüglich der geleisteten Anzahlung kein Erstattungsanspruch bestehen könnte. Damit liege ein weiterer Fehler der Widerrufsbelehrung vor, denn hierdurch erscheine ein Widerruf für den Verbraucher nachteiliger, als dies tatsächlich der Fall ist. Diese Regelung sei gemäß § 361 Abs. 2 BGB unwirksam.
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Sein Widerruf sei auch nicht rechtsmissbräuchlich.
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Ein Wertersatz sei nicht geschuldet, da Voraussetzung hierfür ebenfalls eine zutreffende Information gem. Art. 246 § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB sei.
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Ein Zurückbehaltungsrecht stehe der Beklagten nicht zu, insbesondere nicht aus § 357 Abs. 4 BGB.
- 1.
-
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 54.320,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3. Oktober 2023 zu zahlen.
- 2.2.2.
-
Hilfsweise:
a. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 54.320,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3. Oktober 2023 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges mit der FIN … zu zahlen.
b. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte in Annahmeverzug in Bezug auf die Rückgabe und Rückübereignung des Fahrzeuges mit der FIN … befindet.
- 3.
-
Höchst hilfsweise: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 54.320,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3. Oktober 2023 nach erfolgter Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges mit der FIN … zu zahlen.
- 4.
-
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 2.120,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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Die Beklagte ist der Ansicht, der Widerruf sei verfristet. Die Nichtangabe einer Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung führe nicht zu einer Verlängerung der Widerrufsfrist. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut der einschlägigen Normen, aus einer historischen Auslegung des § 356 Abs. 3 BGB und aus der Gesetzessystematik.
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Die Beklagte weist zudem darauf hin, dass die von dem Kläger bemühte Entscheidung des EuGH vom 14. Mai 2020 auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar sei, da es sich um eine wettbewerbsrechtliche Entscheidung handele. Vorliegend gehe es nicht um die Anforderungen an die Musterwiderrufsbelehrung, sondern darum, ob die konkrete Widerrufsbelehrung, die die Beklagte dem Kläger nach Abschluss des Kaufvertrages übersandt hat, den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat.
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Durch den Bestellprozess werde zudem kein irreführender Eindruck erweckt. Ausweislich des Screenshots zum Bestellvorgang werde durch den Sternchenhinweis ausgeführt, dass ein Rückerstattungsanspruch bei Vorliegen eines gesetzlichen Widerrufsrechts selbstverständlich besteht. Das behauptete Vorspiegeln der mangelnden Erstattungsfähigkeit der Anzahlung sei zudem unter keinem denkbaren Gesichtspunkt ein Grund, der die Widerrufsfrist verlängert. Denn ein an anderer Stelle enthaltener Zusatz lasse die Wirksamkeit einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung nach ständiger Rechtsprechung des BGH unberührt.
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Selbst wenn man unterstellen würde, dass die Rechtsauffassung des Klägers korrekt wäre, wäre sein Vorgehen im konkreten Fall rechtsmissbräuchlich, weil er seine formal geschützte Verbraucherposition ausnutzen würde, um der Beklagten durch seinen Widerruf zu schaden und sich selbst nicht vorgesehene Sondervorteile einzuverleiben.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.04.2024 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig.
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Insbesondere ist das Landgericht München I gemäß § 29 ZPO örtlich und gemäß §§ 23 Nr. 1, 71 GVG sachlich zur Entscheidung über den Rechtsstreit zuständig.
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Die Klage ist jedoch sowohl im Haupt- als auch in den Hilfsanträgen unbegründet.
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1. Dem Kläger stehen der geltend gemachte Anspruch aus keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt zu.
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a) Ein solcher Anspruch folgt insbesondere nicht aus §§ 357 Abs. 1, 356 Abs. 1, 355 Abs. 1 S. 1 BGB, da zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung die Widerrufsfrist bereits abgelaufen war.
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Die Widerrufsfrist begann gemäß § 356 Abs. 2 Nr. 1 a) BGB mit Übergabe des Fahrzeugs am 29.09.2022 zu laufen; die Dauer der Frist betrug gemäß § 355 Abs. 2 BGB 14 Tage. Der Widerruf des Klägers am 18.09.2022 war mithin bei weitem verfristet.
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§ 356 Abs. 3 BGB, wonach der Lauf der Widerrufsfrist nicht beginnt, bevor der Unternehmer den Verbraucher den Anforderungen des Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB entsprechend unterrichtet hat, ist vorliegend nicht anzuwenden.
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aa) Die Angabe einer Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung war – entgegen der Auffassung des Klägers – zu einer ordnungsgemäßen Unterrichtung nicht erforderlich.
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(1) Dies ergibt sich zum einen aus der Systematik des Gesetzes.
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Für den Beginn der Widerrufsfrist stellt § 356 Abs. 3 BGB nämlich nicht auf Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB a.F. (geändert zum 28.05.2022), der eine Telefonnummer vorsieht, ab. Art. 246a § 1 Abs. 2 1 Nr. 1 EGBGB, auf den tatsächlich verwiesen wird, sieht lediglich eine ausreichende Information über die Bedingungen, Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts sowie über das Muster-Widerrufsformular nach Anlage 2 EGBGB vor. Folglich ist die Angabe einer Telefonnummer (die der Gesetzgeber im Gegensatz dazu nur in Art. 246a § 1 Abs. 1 EGBGB erwähnt) nicht Teil des Informationskatalogs, über den der Unternehmer den Verbraucher unterrichten muss, um den Lauf der Widerrufsfrist auszulösen.
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(2) Nach dem Wortlaut von Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB ist die Angabe einer Telefonnummer gerade nicht Teil der Informationspflicht.
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Es entsteht nach Auffassung des Gerichts im Übrigen auch nicht der irreführende Eindruck, dass ein telefonischer Widerruf nicht möglich wäre – insbesondere, da in der Widerrufsbelehrung einige Formen des Widerrufs durch die vorangestellte Verwendung der Abkürzung „z.B.“ nur beispielhaft aufgezählt werden.
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(3) Auch aus den Anforderungen der EU-Richtlinie 2011/83 geht das Erfordernis der Angabe einer Telefonnummer nicht hervor.
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Die Verbraucherrechterichtlinie verlangt in Art. 6 Abs. 1 c) lediglich, dass dem Verbraucher vorvertraglich die Kontaktdaten des Unternehmers und gegebenenfalls eine Telefonnummer mitzuteilen ist. Allerdings steht diese Informationspflicht nicht im Zusammenhang mit Art. 6 Abs. 1 h), der die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung festlegt. Nach Art, 6 Abs. 1 h) ist der Verbraucher lediglich über „die Bedingungen, Fristen und Verfahren für die Ausübung dieses Rechts gemäß Artikel 11 Absatz 1 sowie das Muster-Widerrufsformular gemäß Anhang I Teil B“ zu informieren. Eine Information über die konkrete Form des Widerrufs und dementsprechend eine mögliche Verpflichtung zur Angabe einer Telefonnummer ist jedoch nicht vorgesehen. Auch aus den übrigen Vorschriften der Richtlinie ergibt sich nichts Abweichendes.
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(4) Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich eine Verpflichtung zur Angabe einer Telefonnummer auch weder aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs noch der diesbezüglichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
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Bereits aus der Vorlagefrage und dem Tenor der klägerseits zitierten Entscheidung des EuGH (Urt. v. 14.05.2020 – C-266/19 (Eis GmbH/TO), GRUR 2020, 753) ergibt sich, dass die Beklagte im dort behandelten Fall auf die Muster-Widerrufsbelehrung in Anhang I Teil A der Richtlinie 2011/83 zurückgegriffen hatte. Auch die Vorlagefragen beziehen sich ausdrücklich auf die Verfügbarkeit „der Telefonnummer im Sinne des Gestaltungshinweises zur Muster-Widerrufsbelehrung gemäß Anhang I Teil A der Richtlinie 2011/83“. Der EuGH hat lediglich dazu ausgeführt, wann ein Unternehmer zur Angabe einer Telefonnummer verpflichtet ist, wenn er die gesetzlich geregelte Muster-Widerrufsbelehrung verwendet. Er behandelt mithin nur die Frage, welche Vorgaben durch die Gestaltungshinweise für die Muster-Widerrufsbelehrung aus Anlage 1 zu Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 2 EGBGB verpflichtend sind. Der EuGH hat aber – ebenso wenig wie der BGH – keine Aussage zum Bestehen einer Informationspflicht über eine Telefonnummer bei einer indivduellen Widerrufsbelehrung gemacht. Davon abgesehen erging die E. -Entscheidung in einem Rechtsstreit zwischen zwei Wettbewerbern und behandelt vor allem wettbewerbsrechtliche Fragestellungen im Zusammenhang mit der allgemeinen Informationspflicht und dem Musterschutz bei der Verwendung der Muster-Widerrufsbelehrung. Eine Aussage darüber, welche zivilrechtlichen Rechtsfolgen die Nichtangabe einer Telefonnummer in einer individuellen Widerrufsbelehrung hat, insbesondere, dass hiervon der Beginn der Widerrufsfrist nach § 356 Abs. 3 BGB abhängig sein solle, haben EuGH und BGH gerade nicht getroffen.
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(5) Darüber hinaus haben der deutsche wie der europäische Gesetzgeber als Reaktion auf die EuGH-Urteile „E. “ und „A. “ (EuGH Urt. v. 14.05.2020 – C-266/19, GRUR-RS 2020, 8821 im Anschluss an EuGH, Urt. v. 10.07.2019 – C-649/17) sowohl die allgemeinen Informationspflichten als auch die Muster-Widerrufsbelehrung geändert und dabei in beiden Fällen eine unbedingte Pflicht der Angabe der Telefonnummer zum 28.05.2022 eingeführt; die allgemeinen Anforderungen an die Inhalte der Widerrufsbelehrung in Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB bzw. Art. 6 Abs. 1 h) der Richtlinie 2011/83 blieben hingegen unverändert (vgl. Schmidt-Kessel, ZIP 2024, 1, 6).
42
Die dargestellte Gesetzesentwicklung wie auch die Systematik sprechen gegen die Pflicht zur Angabe einer Telefonnummer (so u.a. auch LG Münster, Urt. v. 14.09.2023, Az. 02 O 101/23; LG Berlin, Urt. v. 31.10.2023, Az. 38 O 111/23, Urt. v. 30.11.2023, Az. 28 O 89/23; LG Heidelberg, Urt. v. 27.12.2023, Az. 3 O 159/23; LG Berlin, Urt. v. 22.12.2023, Az. 1 O 29/23, Urt. v. 12.01.2024, Az. 17 O 56/23). Während der deutsche wie der europäische Gesetzgeber die Telefonnummer im Rahmen der allgemeinen Informationspflichten nach Art. 246a § 1 Abs. 1 EGBGB (= Art. 6 Abs. 1 c) Richtlinie 2011/83) nunmehr ausdrücklich verlangen, ist dies im vorliegend einschlägigen Fall der Widerrufsbelehrung nach Art. 246a § 1 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB (= Art. 6 Abs. 1 h) Richtlinie 2011/83) auch nach der Gesetzesreform nicht der Fall.
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bb) Auch wird im Rahmen des Bestellprozesses – entgegen der Auffassung des Klägers – nicht vorgespiegelt, dass zumindest bezüglich der geleisteten Anzahlung kein Erstattungsanspruch bestehen könnte.
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Ausweislich des Screenshots zum Bestellvorgang wird vielmehr durch ein leicht erkennbares Sternchen und dessen Auflösung in unmittelbarer optischer Nähe erkennbar, dass ein Rückerstattungsanspruch hinsichtlich der Anzahlung bei Vorliegen eines gesetzlichen Widerrufsrechts besteht. Ohnehin lässt ein an anderer Stelle enthaltener Zusatz die Wirksamkeit einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung unberührt (BGH NJW 2020, 334).
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b) Auch hat die Nichtangabe einer Telefonnummer den Kläger vorliegend nicht in der Ausübung seines Widerrufsrechts eingeschränkt.
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Er bestellte sein Fahrzeug über die Website der Beklagte und erklärte den Widerruf des Kaufvertrags per E-Mail, was im Übrigen sein – nachvollziehbares – Interesse widerspiegelt, rechtsgeschäftliche Erklärungen schriftlich abzugeben. Dass der Kläger früher widerrufen hätte, wenn er gewusst hätte, dass er auch telefonisch widerrufen kann, und dass er hierbei auf eine direkte Angabe der Telefonnummer angewiesen gewesen wäre (die er selbst nicht ohne Weiteres im Internet hätte recherchieren können), wird klägerseits gerade nicht vorgetragen und erschiene im Übrigen auch lebensfremd. Daher scheidet ein Anspruch auf Rückforderung aufgrund einer etwaigen vorvertraglichen Informationspflichtverletzung auch wegen fehlender Kausalität aus.
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Gleiches gilt hinsichtlich der Angaben zur Rückerstattbarkeit der Anzahlung im Bestellprozess.
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2. Die Nebenforderungen teilen das Schicksal der Hauptforderungen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1, S. 2 ZPO.