Titel:
Anordnung zur Wiederherstellung von Dauergrünland, Anordnung zur Einstellung der ackerbaulichen Nutzung, Erosionsgefährdeter Steilhang, Grundwasserbeeinflusste Wiese, Überschwemmungsgebiete, Gewässerrandstreifen, Agrarförderrechtlich genehmigungsfreier Umbruch durch einen Biolandwirt
Normenketten:
BNatSchG Art. 3 Abs. 3 S. 1, 3
BayNatSchG i.V.m. § 17 Abs. 8
BayNatSchG Art. 3 Abs. 4, 5 S. 1
Schlagworte:
Anordnung zur Wiederherstellung von Dauergrünland, Anordnung zur Einstellung der ackerbaulichen Nutzung, Erosionsgefährdeter Steilhang, Grundwasserbeeinflusste Wiese, Überschwemmungsgebiete, Gewässerrandstreifen, Agrarförderrechtlich genehmigungsfreier Umbruch durch einen Biolandwirt
Fundstelle:
BeckRS 2024, 22964
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger wehrt sich gegen die naturschutzrechtliche Anordnung zur Einstellung der ackerbaulichen Nutzung und zur Wiederherstellung von Dauergrünland auf den Grundstücken FlNr. 1208 und 1209 Gemarkung … (aktuell Feldstück 4).
2
Der Kläger ist Eigentümer und aktueller Bewirtschafter der genannten Grundstücke, die in den Jahren 2013 bis einschließlich 2016 als Grünland genutzt wurden. In den Jahren 2017 und 2018 waren die Grundstücke an einen Biolandwirt verpachtet, der dort Sommerhafer anbaute. Seit dem Jahr 2019 nutzt der Kläger die Flächen wieder selbst zum herkömmlichen Ackerbau (vgl. Bl. 52 ff. BA).
3
Auf dem Grundstück FlNr. 1208 befindet sich ein Steilhang, der auf dem westlich angrenzenden Grundstück FlNr. 1209 in eine gewässerbegleitende Wiese mit Gleyeboden übergeht. Der Steilhang und die gewässerbegleitende Wiese sind in der Standortbodenkarte im BayernAtlas und in der Karte des Bayerischen Landesamts für Umwelt als überschwemmungsgefährdete Gebiete eingezeichnet (vgl. Bl. 23 ff., 35 f. und 203 f. BA). Auf den Grundstücken FlNr. 1208 und 1209 liegen zwei namenlose Wassergräben; ein Graben am nördlich gelegenen Waldrand und ein weiterer an der westlichen Grenze des Grundstücks FlNr. 1209 (vgl. Bl. 208 BA).
4
Im Jahr 2015 stellte der Kläger einen Antrag auf Umbruch von Dauergrünland auf den damaligen Feldstücken 13 und 17 (das Feldstück 17 entspricht heute dem streitgegenständlichen Feldstück 4) und bot hierzu Ausgleichsflächen an (vgl. Bl. 27 BA). Die Untere Naturschutzbehörde kam zu dem Ergebnis, dass dem Antrag nur in Teilen stattgegeben werden könne (auf dem Feldstück 13 vollständig und auf dem streitgegenständlichen Feldstück 17 zum Teil). Im Bereich des Steilhangs und der gewässerbegleitenden Wiese auf den Grundstücken FlNr. 1208 und 1209 sei der Antrag des Klägers abzulehnen (vgl. Bl. 19 ff., 66 f. BA). Dies begründete die Behörde damit, dass es sich bei der gewässerbegleitenden Wiese um einen wassersensiblen Bereich mit hohem Grundwasserstand handele. Der Steilhang sei erosionsgefährdet. Die Behörde berief sich hierbei auf eine Erosionsgefährdungsberechnung des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Fürstenfeldbruck vom 4. Mai 2015, der Messungen des AELF aus einer Ortsbesichtigung mit dem Kläger vom 30. April 2015 zugrunde lagen. Nach dieser Berechnung überschreitet der Steilhang den aus dem Produkt von Regen-, Boden-, Hangneigungs- und Hanglängenfaktor errechneten kritischen Wert von 30 (vgl. Bl. 19 BA). Das Ergebnis der Prüfung des Umbruchantrags wurde dem Kläger durch die Untere Naturschutzbehörde im Jahr 2015 mitgeteilt (vgl. Bl. 88 f. BA).
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Im Jahr 2017 brach ein als Biolandwirt tätiger damaliger Pächter der Grundstücke FlNr. 1208 und 1209 das Grünland auf dem Steilhang und der gewässerbegleitenden Wiese samt den unmittelbar an den Wassergräben gelegenen Bereichen in Ackerland um (vgl. hierzu die Luftbilder und Fotos auf Bl. 61 ff., 206 und 209 BA).
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Mit Schreiben vom 22. April 2021 hörte der Beklagte den Kläger zu beabsichtigten Anordnungen wegen des umgebrochenen Grünlands auf den Grundstücken FlNr. 1208 und 1209 an (Bl. 97 ff. BA). Der Umbruch sei unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 Bayerisches Naturschutzgesetz (BayNatSchG) erfolgt. Bei den beiden Wassergräben auf den Grundstücken FlNr. 1208 und 1209 handele es sich um Gewässer, für die – entgegen der aktuellen Nutzungsverhältnisse des Klägers – Gewässerrandstreifen i.S.d. Art. 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayNatSchG einzuhalten seien.
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Mit Schreiben vom 12. Juli 2021 nahm der Klägerbevollmächtigte zum Anhörungsschreiben des Beklagten Stellung. Der Erosionsgefährdungsberechnung des AELF 4. Mai 2015 sei nicht zu entnehmen, welcher Teil des Steilhangs erosionsgefährdet sei. Die Untere Naturschutzbehörde habe beim damaligen Umbruch durch den Pächter des Klägers im Jahr 2017 keine Probleme gesehen. Dem Kläger sei erst nach Rückübernahme der Fläche mitgeteilt worden, dass der Umbruch rechtswidrig sei. Bei den Gräben handele es sich zudem nicht um Gewässer dritter Ordnung, diese führten nur bei starkem Regen Wasser.
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Mit E-Mail an den Klägerbevollmächtigten vom 13. September 2021 wies die Untere Naturschutzbehörde darauf hin, dass sich die Gewässereigenschaft der beiden Gräben auf den Grundstücken FlNr. 1208 und 1209 aus der Bestätigung des Wasserwirtschaftsamts vom 27. Juni 2014 (vgl. Bl. 1, 144 BA) und dem Fließgewässerverzeichnis ergebe. Eine ständige Wasserführung sei kein Erfordernis für ein oberirdisches Gewässer i.S.d. § 3 Nr. 1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG).
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Hierauf erwiderte der Klägerbevollmächtigte mit Schreiben vom 1. Dezember 2021. Er brachte im Wesentlichen vor, der grundwasserbeeinflusste Boden auf dem Grundstück FlNr. 1209 sei nicht nachgewiesen.
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Am 20. Dezember 2021 bestätigte das Wasserwirtschaftsamt aufgrund einer Ortseinsicht vom 15. Dezember 2021, dass es sich bei den beiden Wassergräben auf den Grundstücken FlNr. 1208 und 1209 um Fließgewässer handele, für welche die Einhaltung von Gewässerrandstreifen erforderlich sei (vgl. Bl. 171 f. BA).
11
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 9. Februar 2022, zugestellt mittels Postzustellungsurkunde am 16. Februar 2022 (Bl. 141 BA), ordnete der Beklagte gegenüber dem Kläger an, auf der im beiliegenden Luftbild blau markierten Fläche (Steilhang und wassersensibler Bereich) auf den Grundstücken FlNr. 1208 und 1209 Gemarkung … innerhalb von zwei Monaten ab Bestandskraft des Bescheids die ackerbauliche Nutzung einzustellen und die zum Ackerbau genutzten Flächen wieder in Dauergrünland umzuwandeln sowie als solches dauerhaft zu erhalten. Das angehängte Luftbild wurde zum Bestandteil der Anordnung gemacht und die betroffene Fläche näher beschrieben; die Anordnungen bezögen sich nur auf den westlichen Teil des Grundstücks FlNr. 1208, auf dem der Steilhang und der daran übergehende bzw. sich teils überlappende grundwasserbeeinflusste Boden liege. Das Grundstück FlNr. 1209 sei von den Anordnungen vollständig umfasst. Die betroffene Fläche betrage insgesamt ca. 2,5 ha. (Nr. 1 des Bescheids). Der Beklagte drohte zudem für den Fall der nicht fristgerechten vollständigen Umwandlung der in Nr. 1 des Bescheids umschriebenen ackerbaulich genutzten Fläche in Grünland ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 EUR an (Nr. 2 des Bescheids).
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Anordnungen in Nr. 1 des Bescheids fänden ihre Rechtsgrundlage in Art. 3 Abs. 3 Satz 1 BayNatSchG i.V.m. § 17 Abs. 8 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG); im Bereich der betroffenen Gewässerrandstreifen sei als Rechtsgrundlage darüber hinaus Art. 16 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayNatSchG i.V.m. § 17 Abs. 8 BNatSchG heranzuziehen. Der Umbruch von Dauergrünland auf dem Steilhang und der gewässerbegleitenden Wiese auf den Grundstücken FlNr. 1208 und 1209 sei entgegen der Vorschrift des Art. 3 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG erfolgt. Eine Ausnahme- bzw. Befreiungslage habe wegen der Vorschrift des Art. 3 Abs. 3 BayNatSchG nicht vorgelegen; eine Ausnahme nach Art. 3 Abs. 5 BayNatSchG oder eine Befreiung nach § 67 BNatSchG seien auch nicht beantragt worden. Es handele sich ausweislich der Standortbodenkarte des BayernAtlas und der im Bescheid abgebildeten Karten des Bayerischen Landesamts für Umwelt um überschwemmungsgefährdete Gebiete. Beim Steilhang handele es sich nach der Berechnung des AELF vom 4. Mai 2015 außerdem um ein erosionsgefährdetes Gebiet i.S.d. Art. 3 Abs. 3 Satz 1 BayNatSchG. Der Kläger sei als Eigentümer jedenfalls Zustandsstörer. In seiner Ermessensentscheidung führte der Beklagte aus, das öffentliche Interesse am Erhalt der Grünlandstandorte überwiege das Interesse des Klägers an der ackerbaulichen Nutzung. Diese gefährde in überschwemmungsgefährdeten Gebieten die besonders bedeutenden Belange des Naturschutzes, da Grünland dort ein wesentliches Element für den an Gewässern bestehenden Biotopverbund sei. Durch die landwirtschaftliche Nutzung in überschwemmungsgefährdeten Gebieten seien Bodenabtragungen und ein Einschwemmen von Bodenmaterialien und Düngemitteln in die Gewässer zu befürchten. Der Umbruch von Dauergrünland am Steilhang laufe zudem dem Erosionsschutz zuwider. § 17 Abs. 8 BNatSchG sehe ein intendiertes Ermessen vor. Besondere Abweichungsgründe seien weder vorgebracht noch ersichtlich, insbesondere seien wirtschaftliche Nachteile typische Folgen des Umbruchverbots. Auch das Auswahlermessen werde pflichtgemäß ausgeübt. Dem Kläger sei es als aktueller Bewirtschafter möglich und zumutbar, den Anordnungen in Nr. 1 des Bescheids nachzukommen.
13
Gegen diesen Bescheid ließ der Kläger mit am 21. Februar 2022 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz seines Bevollmächtigten Klage erheben. Er beantragte,
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den Bescheid des Landratsamts D. vom 9. Februar 2022 aufzuheben.
15
Die Anordnung zur Wiederherstellung des Dauergrünlands und zur Einstellung der ackerbaulichen Nutzung sei unbestimmt, da nicht der gesamte Bereich überschwemmungs- bzw. erosionsgefährdet sei und daher unklar bleibe, wo Dauergrünland wiederhergestellt werden solle. Für die Uferlinie der Wassergräben sei die Wasserbehörde zuständig; diesbezüglich sei zudem bereits ein anderer Bescheid der Unteren Naturschutzbehörde erlassen worden (Az. 60/173-2/37 B), der in einem Parallelverfahren vor dem Verwaltungsgericht München (M 19 K 22.931) angegriffen werde. Bei den Gräben handele es sich allenfalls um Entwässerungsgräben. Eine Beeinträchtigung durch die ackerbauliche Nutzung, insbesondere eine Erosionsgefährdung, sei nicht nachgewiesen. Da der Umbruch zum Umbruchszeitpunkt rechtmäßig erfolgt sei, sei § 17 Abs. 8 BNatSchG nicht anwendbar. Der Kläger könne daher auch kein Zustandsstörer sein. Der Bescheid sei außerdem weder erforderlich noch angemessen. Es sei nicht begründet worden, warum der Eingriff in die Natur nicht ausgeglichen werden könne. Es liege ein Ermessensausfall vor, da der Beklagte rechtmäßige Zustände auch durch eine Vereinbarung mit dem Kläger i.S.d. Art. 3 Abs. 3 Satz 2 BayNatSchG habe herstellen können.
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Hierauf erwiderte der Beklagte mit Schriftsatz vom 1. März 2024 und beantragte,
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Die Anordnungen in Nr. 1 des Bescheids seien wegen des angehängten, den umzuwandelnden Bereich kennzeichnenden Luftbilds hinreichend bestimmt. Eine weitere Differenzierung zwischen Steilhang und wassersensiblem Bereich sei nicht erforderlich, da beide gleichermaßen als Dauergrünland zu erhalten seien. Auf eine eingetretene Beeinträchtigung durch die Umnutzung der Flächen komme es gesetzlich nicht an. Das pauschale Bestreiten der Erosionsgefährdung des Steilhangs durch den Kläger stelle sich vor dem Hintergrund der Berechnung durch das AELF als haltlos dar. Aus dem Umstand, dass die Untere Naturschutzbehörde dem Kläger kein Förderprogramm angeboten habe, könne kein Recht auf Umnutzung von Grünland abgeleitet werden. Dem Kläger sei klar gewesen, dass der Umbruch der streitgegenständlichen Fläche im Jahr 2017 rechtswidrig erfolgt sei, da sein eigener Umbruchantrag im Jahr 2015 durch die Behörde abgelehnt worden sei. Der Umbruch sei selbst bei fehlender Genehmigungspflicht unter förderrechtlichen Aspekten des Greenings unter naturschutzrechtlichen Aspekten rechtswidrig. Das Bestreiten der Gewässereigenschaft der beiden Wassergräben auf den Grundstücken FlNr. 1208 und 1209 durch den Kläger sei wegen der ebenfalls einschlägigen Rechtsgrundlage des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 und 3 BayNatSchG i.V.m. § 17 Abs. 8 Satz 1 und 2 BNatSchG unerheblich.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 7. Mai 2024 sowie auf die Gerichtsakte und die Behördenakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg, da der Bescheid vom 9. Februar 2022 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
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1. Der Bescheid ist formell rechtmäßig, insbesondere wurde der Kläger ordnungsgemäß i.S.d. Art. 28 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) angehört.
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2. Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.
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a) Dies gilt zunächst für die Anordnung zur Wiederherstellung von Dauergrünland und zur Einstellung der ackerbaulichen Nutzung in Nr. 1 des Bescheids.
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aa) Der Beklagte hat sich mit Art. 3 Abs. 3 Satz 1, 3 BayNatSchG i.V.m. § 17 Abs. 8 BNatSchG auf die richtige Rechtsgrundlage gestützt. Zwar ist Umbruch von Dauergrünland nicht genehmigungspflichtig i.S.d. § 17 Abs. 8 BNatSchG, die Vorschrift ist aber mittelbar anwendbar.
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Nach der von § 17 Abs. 3 BNatSchG abweichenden Vorschrift des Art. 3 Abs. 4 Satz 1 BayNatSchG ist der Umbruch von Dauergrünland zu landwirtschaftlichen Zwecken in Bayern grundsätzlich verboten. Von diesem Verbot sind lediglich im Einzelfall Ausnahmen nach Art. 3 Abs. 5 BayNatSchG zugelassen oder es kann nach dem Ermessen der Unteren Naturschutzbehörde eine Befreiung nach § 67 BNatSchG i.V.m. Art. 56 BayNatSchG erteilt werden, sodass es sich hierbei um keine Genehmigungsbedürftigkeit i.S.d. § 17 Abs. 8 BNatSchG handelt (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 9.8.2012 – 14 C 12.308 – juris Rn. 9; Siegel in Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 3. Aufl. 2021, § 17 Rn. 35).
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§ 17 Abs. 8 BNatSchG ist jedoch über die Verweisung in Art. 3 Abs. 3 Satz 3 BayNatSchG anwendbar. Hierbei handelt es sich um eine Rechtsfolgenverweisung (Fischer-Hüftle/Egner (Hrsg. u.a.), BayNatSchG, Stand Januar 2024, Art. 3 Rn. 23). Ein Eingriff in die Natur i.S.d. § 14 BNatSchG wird daher nicht vorausgesetzt, wohl aber die Schaffung eines rechtswidrigen Zustands (vgl. Fischer-Hüftle/Egner (Hrsg. u.a.), a.a.O. Rn. 22).
27
bb) Die Tatbestandsvoraussetzungen für die Wiederherstellungsanordnung und für die Einstellungsanordnung nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1, 3 BayNatSchG i.V.m. § 17 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG bzw. nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1, 3 BayNatSchG i.V.m. § 17 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG liegen vor.
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(1) Es ist unstreitig, dass der Steilhang und die gewässerbegleitende Wiese auf den Grundstücken FlNr. 1208 und 1209 im Jahr 2017 in Ackerland umgebrochen wurden.
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Bei der umgebrochenen Fläche handelte es sich zum Umbruchszeitpunkt um Dauergrünland i.S.d. Art. 3 Abs. 4 Satz 2 BayNatSchG. Dies belegen die Feldstückangaben der Bewirtschafter (Bl. 55 ff. BA), wonach das streitgegenständliche Feldstück 17 (aktuell Feldstück 4) in den Jahren 2013 bis einschließlich 2016 als „Wiesen einschl. Streuobstwiesen“ genutzt wurde. Es handelt sich bei dem Feldstück daher um eine auf natürliche Weise entstandene Grünfläche nach der naturschutzrechtlichen Legaldefinition des Art. 3 Abs. 4 Satz 2 BayNatSchG. Auf ein agrarförderrechtliches Verständnis von Dauergrünland (Art. 4 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1307/2013) als einem erst nach fünf Jahren entstehenden Vegetationstyp kommt es nicht an (vgl. BayVGH, U.v. 23.7.2020 – 14 B 18.1472 – juris Rn. 62, 65 ff.; VG München, U.v. 13.7.2023 – M 19 K 22.1992 – juris Rn. 52; VG Regensburg, U.v. 8.12.2022 – RO 4 K 20.821 – juris Rn. 27; VG Bayreuth, U.v. 24.11.2022 – B 9 K 21.165 – juris Rn. 29; VG München, U.v. 28.11.2018 – M 19 K 18.3154 – juris Rn. 20).
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(2) Sowohl beim Steilhang als auch bei der gewässerbegleitenden Wiese handelt es sich um sensible Grünlandflächen i.S.d. Art. 3 Abs. 3 Satz 1 BayNatSchG.
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Der Steilhang ist ein erosionsgefährdeter Hang. Dies konnte der insoweit materiell beweispflichtige Beklagte durch Vorlage des Ergebnisses der Erosionsgefährdungsberechnung des AELF Fürstenfeldbruck vom 30. April 2015 nachweisen, wonach der Steilhang den aus dem Produkt von Regen-, Boden-, Hangneigungs- und Hanglängenfaktor errechneten kritischen Wert von 30 überschreitet. Der Kläger hat in keiner Weise dargelegt, warum die Berechnung des AELF fehlerhaft sein sollte. Mängel im Berechnungsverfahren des AELF sind auch nicht ersichtlich. Der kritische Wert wurde nach den Grundsätzen der Nr. 1.3 der Arbeitshilfe zum Grünlanderhalt aus dem Produkt von Regen-, Boden-, Hangneigungs- und Hanglängenfaktor errechnet. Der Steilhang wurde im Beisein des Klägers durch Abschreiten abgemessen, lediglich das Teilstück zum Bach hin (überlappender Bereich zwischen dem Steilhang und der überschwemmungsgefährdeten Wiese) wurde nicht einbezogen, da es sich insoweit – unabhängig von der Erosionsgefahr – um einen sensiblen Grünlandbereich i.S.d. Art. 3 Abs. 3 BayNatSchG handelt. Das AELF wies auch darauf hin, dass auch bei längerer Hanglänge oder niedriger Steigung oder umgekehrt der kritische Wert von 30 für den streitgegenständlichen Steilhang nicht unterschritten wird. Auf eine bereits konkrete Beeinträchtigung bzw. einen bereits eingetretenen Schaden durch die landwirtschaftliche Nutzung des Steilhangs kommt es nach dem klaren Wortlaut des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 BayNatSchG nicht an.
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Der Steilhang und die gewässerbegleitende Wiese sind nachweislich Überschwemmungsgebiete. Sie sind im BayernAtlas (Standortbodenkarte) und in der Karte des Bayerischen Landesamts für Umwelt als überschwemmungsgefährdete Gebiete eingezeichnet. Die Betroffenheit der Fläche des Klägers von der Kartierung ist insbesondere auf der Karte des Bayerischen Landesamts für Umwelt (Karte 3 auf S. 4 des Bescheids, s. auch Bl. 25 und 204 BA) erkennbar. Ob die gewässerbegleitende Wiese zusätzlich auf grundwasserbeeinflusstem Boden liegt, ist damit unerheblich.
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Damit sind auch die Gewässerrandstreifen der beiden auf den Grundstücken 1208 und 1209 gelegenen Wassergräben vom Umbruchverbot umfasst, ohne dass es auf Art. 16 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayNatSchG i.V.m. § 17 Abs. 8 BNatSchG und damit auf die Gewässereigenschaft i.S.d. Art. 16 Abs. 1 Nr. 3 BayNatSchG ankommt. Diese liegt aber – wie durch die aktuelle Bestätigung des Wasserwirtschaftsamts vom 20. Dezember 2022 nachgewiesen ist – auch vor. Der Kläger hält keine Gewässerrandstreifen in einer Breite von 5 m ein (vgl. Foto 2 auf S. 14 des Anhangs zur Klageerwiderung). Für Anordnungen zur Einhaltung der Gewässerrandstreifen wäre das Landratsamt D. als Wasserbehörde nach Art. 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BayNatSchG i.V.m. Art. 63 Abs. 1 Satz 2 BayWG ebenfalls zuständig.
34
Den pauschalen Einwand des Klägers, dem Bescheid lasse sich nicht mit hinreichender Bestimmtheit i.S.d. Art. 37 BayVwVfG entnehmen, welcher Teil des Steilhangs erosionsgefährdet und damit von der Rückumwandlungsanordnung umfasst sei, vermag das Gericht nicht nachzuvollziehen. Dem Bescheid ist ein „Lageplan Rückumwandlung Ackerflächen in Dauergrünland“ beigefügt, der im Tenor zum Bestandteil der Wiederherstellungs- und Einstellungsanordnung gemacht wurde und durch dessen blaue Markierung der Rückumwandlungsumfang klar gekennzeichnet ist.
35
(3) Durch den Umbruch im Jahr 2017 wurde ein materiell rechtswidriger Zustand i.S.d. § 17 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG geschaffen. Zwar bestand zum Zeitpunkt des Umbruchs im Jahr 2017 das Umbruchverbot des Art. 3 Abs. 4 Satz 1 BayNatSchG mit der engen Ausnahmeregelung des Art. 3 Abs. 5 BayNatSchG noch nicht. Jedoch war der im Jahr 2017 erfolgte Umbruch durch den Biolandwirt und damaligen Pächter des Klägers aus naturschutzrechtlicher Sicht wegen des zu diesem Zeitpunkt bereits existierenden Art. 3 Abs. 3 BayNatSchG unzulässig. Der Kläger hat keine naturschutzrechtliche Ausnahme nach Art. 3 Abs. 5 BayNatSchG oder § 67 BNatSchG beantragt. Gründe hierfür sind auch nicht ersichtlich, da eine Anpflanzung von Dauergrünland auf einer anderen Fläche den Erosions- und Überschwemmungsschutz auf der streitgegenständlichen Fläche nicht ausgleichen kann (zur restriktiven Anwendung der Ausgleichsregelung des Art. 3 Abs. 5 BayNatSchG bei sensiblen Grünlandflächen i.S.d. Art. 3 Abs. 3 BayNatSchG vgl. Fischer-Hüftle/Egner (Hrsg. u.a.), a.a.O. Rn. 21 f.). Eine förderrechtliche Befreiung vermag an der naturschutzrechtlichen Genehmigungspflicht nichts zu ändern.
36
(4) Der Kläger ist als Eigentümer Zustandsstörer und als solcher Verursacher i.S.d. § 17 Abs. 8 BNatSchG (vgl. hierzu Fischer-Hüftle in Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 3. Aufl. 2021, § 17 Rn. 59). Auf die Kenntnis des Umbruchs oder ein Verschulden kommt es für die tatbestandliche Störereigenschaft nicht an.
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cc) Der Beklagte hat das ihm in § 17 Abs. 8 Satz 1, 2 BNatSchG eingeräumte intendierte Ermessen fehlerfrei ausgeübt.
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(1) Von der in § 17 Abs. 8 BNatSchG vorgesehenen Wiederherstellungs- und Einstellungsanordnung kann nur in atypischen Ausnahmefällen abgesehen werden (vgl. VG Düsseldorf, U.v. 9.9.2021 – 28 K 6001-19 – juris Rn. 72; OVG NW, U.v. 9.2.2017 – 8 A 2206/15 – juris Rn. 32; Fischer-Hüftle/Egner (Hrsg. u.a.), BayNatSchG, Stand Januar 2024, Art. 3 Rn. 22). Im Bescheid finden sich ein Hinweis auf die „Soll“-Vorschrift des § 17 Abs. 8 BNatSchG sowie Ermessenserwägungen und Aussagen zur Verhältnismäßigkeit. Es wird dargelegt, dass das öffentliche Interesse am Erhalt der Grünlandstandorte das Interesse des Klägers an der ackerbaulichen Nutzung überwiegt, da die in überschwemmungsgefährdeten Gebieten besonders bedeutenden Belange des Naturschutzes beeinträchtigt werden. Die Funktion des Dauergrünlands muss hier als wichtiger Lebensraum für Tiere und Pflanzen und als wesentliches Element eines Biotopverbunds an Gewässern erhalten bleiben. Zu Recht führt die Behörde aus, dass durch die landwirtschaftliche Nutzung in überschwemmungsgefährdeten Gebieten Bodenabtragungen und ein Einschwemmen von Bodenmaterialien und Düngemitteln in die Gewässer zu befürchten sind. Der Umbruch von Dauergrünland am Steilhang läuft zudem dem Erosionsschutz zuwider, weil bei Starkregen und Windereignissen ein Abtrag von Oberboden zu befürchten steht. Besondere Abweichungsgründe sind nicht ersichtlich. Insbesondere sind wirtschaftliche Nachteile gerade typische Folgen des Umbruchverbots und können für sich genommen kein Abweichen von der Regelverpflichtung des Beklagten zum Erhalt von Dauergrünland rechtfertigen.
39
(2) Art. 3 Abs. 3 Satz 2 BayNatSchG steht der Wiederherstellungs- und Einstellungsanordnung nicht entgegen, denn das Fehlen vertraglicher Vereinbarungen hindert die Wirksamkeit hoheitlicher Maßnahmen nicht (Fischer-Hüftle/Egner (Hrsg. u.a.), a.a.O. Rn. 20, 22). Im Übrigen hat der Kläger bereits in der Vergangenheit Vereinbarungen mit der Behörde nicht eingehalten, sodass solche hier als milderes Mittel nicht in Betracht kamen (s. hierzu die durch den Kläger nicht erfüllten Vereinbarungen zur Wiederherstellung eines Gewässers und zur Beseitigung von Teilverrohrungen bereits im Jahr 2014 vgl. Bl. 10 ff., 34, 66 BA; vgl. außerdem die den Kläger betreffenden Parallelverfahren vor dem Verwaltungsgericht München M 19 K 22.930 und M 19 K 22.931).
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(3) Das hinsichtlich der Gewässerrandstreifen auf den Grundstücken FlNr. 1208 und 1209 seitens des Klägers angesprochene Parallelverfahren vor dem Verwaltungsgericht München (M 19 K 22.931) betrifft andere Grundstücke und Gewässer, nämlich die Gewässerrandstreifen am Weiherwiesengraben auf den Grundstücken FlNr. 1068 und 1069, sodass der Kläger nicht durch zwei teilidentische, jeweils mit Zwangsgeldandrohungen bewehrte Bescheide in doppelter Hinsicht unzumutbar belastet wird.
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(4) Auch das Auswahlermessen wurde fehlerfrei ausgeübt. Die Behörde hat den Kläger zurecht als Verursacher ausgewählt. Er ist der aktuelle Bewirtschafter der von der Wiederherstellungsanordnung betroffenen Grundstücke und daher als einziger in der Lage, die Anordnung effektiv umzusetzen. Die Wiederherstellung ist dem Kläger auch möglich und zumutbar. Zu Recht hat die Untere Naturschutzbehörde im streitgegenständlichen Bescheid darauf verwiesen, dass der Kläger für die Einhaltung der naturschutzrechtlichen Vorschriften durch seinen Pächter verantwortlich war, zumal ihm die fehlende Genehmigungsfähigkeit des Umbruchs aus naturschutzrechtlichen Aspekten aufgrund der im Jahr 2015 durch die Untere Naturschutzbehörde erfolgten Mitteilung des seinen Umbruchantrag betreffenden negativen Prüfungsergebnisses bekannt war.
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(5) Der streitgegenständliche Bescheid ist auch mit Blick auf die für die Wiederherstellungsanordnung geltenden Besonderheiten angemessen.
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Eine Ausgleichsanordnung entsprechend § 15 BNatSchG anstelle einer Wiederherstellungsanordnung kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht, da auch eine Kompensation auf den hier in Streit stehenden sensiblen Grünlandflächen nur durch die Schaffung von Dauergrünland möglich ist (vgl. hierzu bereits Rn. 34 m.w.N.); aufgrund des in § 17 Abs. 8 Satz 2 geregelten intendierten Ermessens bedurfte es hierzu seitens des Beklagten keiner näheren Begründung.
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Soweit die Anordnung zur Wiederherstellung den dauerhaften Erhalt des neu zu pflanzenden Grünlands und damit eine zeitlich unbegrenzte Erhaltungspflicht umfasst, ist dies nicht zu beanstanden. Die Wiederherstellung eines gleichwertigen ökologischen Zustands (vgl. BayVGH, B.v.12.11.2015 – 14 CS 15.2144 – juris Rn. 19; U.v. 25.9.2012 – 14 B 10.1550 – juris Rn. 43 m.w.N.; OVG LSA, B.v. 21.4.2016 – 2 M 93/15 – juris Rn. 27) umfasst nicht nur die Fertigstellungspflege, sondern auch die Entwicklungs- und Erhaltungspflege (vgl. hierzu Landesamt für Umwelt, Entwicklungszeiträume von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. Arbeitshilfen zur Entwicklung und Erhaltung von Ökoflächen, 2007, S. 9). Der Kläger muss zunächst Grünland ansäen und über drei Jahre (vgl. hierzu den über drei Jahre gewachsenen Zustand des Grünlands vor dem Umbruch) für seine vollwertige Entwicklung Sorge tragen (Herstellungs- und Entwicklungspflege). Er ist jedoch durch die streitgegenständliche Wiederherstellungsanordnung nicht verpflichtet, das neu anzusäende Grünland in dieser Form dauerhaft zu erhalten. Denn Dauergrünland i.S.d. Naturschutzrechts sind nach der gesetzlichen Definition des Art. 3 Abs. 4 Satz 2 BayNatSchG nicht nur alle auf natürliche Weise entstandenen Grünlandflächen, sondern gleichermaßen deren „Brachen“, die sich über die Zeit in natürlicher Weise aus vollwertigem Grünland entwickeln können. Während der Kläger also zur Ansaat vollwertigen Grünlands verpflichtet ist, weil sich auch die niedrigste Form von Grünland (die Grünlandbrache) denknotwendig nur hieraus entwickeln kann, ist er nicht verpflichtet, diesen vollwertigen Zustand fortzuführen. Die Wiederherstellungsanordnung verpflichtet ihn vielmehr lediglich dazu, in die natürliche Entwicklung des anzusäenden vollwertigen Grünlands nicht erneut einzugreifen (Erhaltungspflege) und erweist sich vor diesem Hintergrund als verhältnismäßig.
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b) Hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung bestehen keine Bedenken, insbesondere knüpft diese durch den Verweis auf Nr. 1 des Bescheids an die Bestandskraft des Bescheids an. Sie ist auch hinreichend bestimmt. Sie bezieht sich lediglich auf die nicht fristgerechte vollständige Umwandlung der in Nr. 1 des Bescheids umschriebenen ackerbaulich genutzten Flächen und nicht auf die Erhaltungspflicht. Auch die Höhe des festgesetzten Zwangsgelds von 5.000 EUR ist nicht zu beanstanden. Sie bewegt sich am unteren Rand des zulässigen Rahmens von 15 EUR bis 50.000 EUR und orientiert sich am wirtschaftlichen Interesse des Klägers an der weiteren landwirtschaftlichen Nutzung des Grundstücks (Art. 31 Abs. 2 VwZVG).
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.