Titel:
Vollstreckungsabwehrklage gegen Vollstreckung aus einem für vollstreckbar erklärten Schiedsspruchs – Auslegung eines Herausgabetitels – Aussonderungsrecht in Bezug auf vertraglichen Herausgabeanspruch
Normenketten:
ZPO § 240 S. 1, § 767, § 770, § 794 Abs. 1 Nr. 4a, § 795 S. 1
InsO § 24 Abs. 1, § 47 S. 1, § 86 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 275 Abs. 1, § 826, § 985
Leitsätze:
1. Die Einrede des Schiedsvertrags greift auch gegenüber einer Vollstreckungsabwehrklage durch, wenn die mit ihr geltend gemachte Einwendung der Schiedsabrede unterliegt; in einem solchen Fall ist das Schiedsgericht zur Entscheidung berufen (Anschluss an BGH BeckRS 2010, 25137). (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. Mit Einwendungen, die er im Verfahren über die Vollstreckbarerklärung hätte geltend machen können, ist der Kläger im Rahmen seiner Vollstreckungsabwehrklage gegen die Vollstreckung des Schiedsspruchs ausgeschlossen (Anschluss an BGH BeckRS 2015, 5736). (Rn. 59 – 67) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ist der Beklagte durch Schiedsspruch zur Herausgabe verurteilt worden (hier eines Hallen- und Freibadkomplexes), ist im Rahmen der Vollstreckungsabwehrklage durch Auslegung zu ermitteln, ob damit die Verschaffung unmittelbaren Besitzes gemeint ist oder ob die Verschaffung mittelbaren Besitzes genügt. (Rn. 39 – 49) (redaktioneller Leitsatz)
4. Ein vertraglicher Herausgabeanspruch kann in der Insolvenz ein Aussonderungsrecht nur insoweit begründen, als er sich inhaltlich mit dem dinglichen Herausgabeanspruch aus § 985 BGB deckt; ein weitergehender vertraglicher Herausgabeanspruch begründet lediglich eine Insolvenzforderung (Anschluss an BGH BeckRS 2010, 17874). (Rn. 51 – 52) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Schiedsspruch, Vollstreckbarerklärung, Vollstreckungsabwehrklage, Schiedseinrede, Herausgabe, Besitzverschaffung, unmittelbarer Besitz, mittelbarer Besitz, Auslegung, Einwendungen, Präklusion, vertraglicher Herausgabeanspruch, Aussonderungsrecht, Insolvenzforderung
Vorinstanz:
BayObLG, Teilbeschluss vom 13.12.2023 – 101 Sch 112/22
Fundstellen:
LSK 2024, 22544
BeckRS 2024, 22544
SchiedsVZ 2024, 310
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem TeilBeschluss des Senats vom 13. Dezember 2023 (Az.: 101 Sch 112/22), mit dem ein von der Beklagten gegen die … GmbH & Co. KG (im Folgenden: „Schiedsbeklagte“) erwirkter Schiedsspruch teilweise gegen den Kläger für vollstreckbar erklärt worden ist.
1
Am 14. Juli 2022 erstritt die Beklagte als Schiedsklägerin einen Schiedsspruch, durch den die Schiedsbeklagte unter Abweisung der Schiedsklage im Übrigen zur Übertragung eines zu ihren Gunsten bestellten Erbbaurechts (Ziffer 1), Herausgabe des auf dem Erbbaurechtsgrundstück errichteten Hallen- und Freibadkomplexes (Ziffer 2) sowie zu Zahlungen an die Beklagte (Ziffern 3 und 4) verurteilt wurde. Nach Erlass des Schiedsspruchs bestellte das Amtsgericht … mit Beschluss vom 22. August 2022 (Az.: …) den Kläger zum vorläufigen Insolvenzverwalter für das Vermögen der Schiedsbeklagten und legte dieser, nachdem die Beklagte bei dem Bayerischen Obersten Landesgericht die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs beantragt hatte, mit weiterem Beschluss vom 8. September 2022 ein allgemeines Verfügungsverbot auf. Das dadurch gemäß § 240 Satz 2 ZPO unterbrochene Verfahren der Vollstreckbarerklärung nahm die Beklagte in Bezug auf die Ziffern 1 und 2 des Schiedsspruchs, hinsichtlich derer sie Aussonderungsrechte geltend machte, gegen den Kläger auf.
2
Mit – rechtskräftigem – Teil-Beschluss vom 13. Dezember 2023 hat der Senat auf Antrag der Beklagten den Schiedsspruch vom 14. Juli 2022 hinsichtlich der Ziffern 1 und 2 gegen den Kläger als Antragsgegner mit folgendem Inhalt für vollstreckbar erklärt:
3
1. Der Antragsgegner wird verurteilt, an die Schiedsklägerin das im Erbbaugrundbuch des Amtsgerichts …, Grundbuch von …, Blatt …, zugunsten der … GmbH & Co. KG, (…), eingetragene Erbbaurecht an dem Grundstück …, Blatt …, BV Nr. …, Flurstück …, nebst gesetzlichem Zubehör zu übertragen.
4
2. Der Antragsgegner wird verurteilt, den Hallen- und Freibadkomplex, bestehend aus dem Grundstück (…), Flurstück … der Gemarkung …, Größe ca. 41.371,00 qm, nebst aufstehendem Gebäude und gesetzlichem Zubehör an die Schiedsklägerin herauszugeben.
5
In diesem Umfang hat der Senat der Beklagten Aussonderungsrechte im Sinne von § 86 Abs. 1 Nr. 1 InsO zugebilligt: Der Heimfallanspruch aus § 5.1 Satz 1 des von den Schiedsparteien abgeschlossenen PPP-Vertrags, den das Schiedsgericht der Beklagten unter Ziffer 1 des Schiedsspruchs zuerkannt habe, verleihe ihr ein Aussonderungsrecht, weil die Eintragung des Erbbaurechts in das Erbbaugrundbuch auf die Eintragungsbewilligung Bezug nehme und die von der Bewilligung umfasste Heimfallregelung deshalb dingliche Wirkung gegenüber der Schiedsbeklagten als Erbbauberechtigte entfalte. Hinsichtlich des der Beklagten unter Ziffer 2 des Schiedsspruchs zuerkannten vertraglichen Anspruchs auf Herausgabe des Hallen- und Freibadkomplexes ergebe sich das Recht zur Aussonderung daraus, dass die Liegenschaft wesentlicher Bestandteil des aussonderungsfähigen Erbbaurechts sei.
6
Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf die Gründe des TeilBeschlusses vom 13. Dezember 2023 verwiesen.
7
Am 21. Dezember 2023 übertrug der Kläger zur Urkunde des Notars Dr. X in …, UVZ-Nr. (…), das Erbbaurecht an die Beklagte zur alleinigen Inhaberschaft. Unter Ziffer III der Urkunde vereinbarten die Parteien, dass die Übertragung in Erfüllung der Ziffer I 1 des Teil-Beschlusses des Senats vom 13. Dezember 2023 erfolgt. Mit notariell beglaubigtem Schreiben vom 27. Dezember 2023 erklärte der Kläger die Herausgabe des mittelbaren Besitzes an dem Hallen- und Freibadkomplex und die Abtretung der Herausgabeansprüche der Schiedsbeklagten gegen die von letzterer eingesetzte Betriebsgesellschaft jeweils an die Beklagte.
8
Am 11. Januar 2024 ließ die Beklagte dem Kläger eine „Räumungsmitteilung“ des Gerichtsvollziehers vom 8. Januar 2024 (Az.: …) zustellen, in der letzterer mitteilte, dass er beauftragt sei, die Beklagte in den Besitz der Räumlichkeiten einzuweisen und den Kläger aus dem Besitz zu setzen. Die Besitzeinweisung werde er am Donnerstag, den 1. Februar 2024, um 13:00 Uhr, vornehmen. Noch am 11. Januar 2024 kündigte der Kläger der Beklagten die Übermittlung der Abtretungserklärung vom 27. Dezember 2023 im Original an und gab diese in den Postversand. Mit Schreiben vom 23. Januar 2024 wies der Kläger den Gerichtsvollzieher auf den unmittelbaren Besitz der Pächterin der Schiedsbeklagten an der „streitgegenständlichen Liegenschaft“ hin.
9
Mit Schreiben vom 15. Januar 2024 teilte die … Gesellschaft für Betrieb (…) mbH (im Folgenden: „Betriebsgesellschaft“ bzw. „Pächterin“) der Beklagten unter Bezugnahme auf den mit der Schiedsbeklagten abgeschlossenen Pachtvertrag mit, dass sie beabsichtige, den Badebetrieb so schnell wie möglich wieder aufzunehmen. Die Betriebsgesellschaft firmiert mittlerweile unter „YYY GmbH“.
10
Mit Schriftsatz vom 25. Januar 2024 legte die Betriebsgesellschaft beim Amtsgericht … Erinnerung nach § 766 ZPO gegen die von der Beklagten eingeleiteten Vollstreckungsmaßnahmen ein. In diesem Verfahren machte sie aufgrund des nach ihrer Darstellung ungekündigten Pachtverhältnisses Besitzrechte an dem Hallen- und Freibadkomplex gegenüber der Beklagten geltend. Das Amtsgericht … stellte die Zwangsvollstreckung auf Antrag der Betriebsgesellschaft einstweilen ein. Die Beklagte legte kein Rechtsmittel ein; das Verfahren der Vollstreckungserinnerung wurde nach übereinstimmenden Angaben der Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat für erledigt erklärt.
11
Mit Schreiben vom 26. Januar 2024 (Anlage B 8) kündigte die Beklagte einen etwa bestehenden Pachtvertrag mit der Betriebsgesellschaft vorsorglich fristlos. Mit Schriftsatz vom 19. Februar 2024 erhob sie vor dem Landgericht … gegen die Betriebsgesellschaft Klage auf Herausgabe des Hallen- und Freibadkomplexes (Az.: …). In diesem Verfahren beantragt sie unter anderem, die Besitzgesellschaft zu verurteilen, die Zwangsvollstreckung aus Ziffer I 2 des Teil-Beschlusses des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 13. Dezember 2023 zu dulden.
12
Der Kläger hält die Zwangsvollstreckung gegen ihn für unzulässig, weil er die mit TeilBeschluss des Senats vom 13. Dezember 2023 gegen ihn titulierten Verpflichtungen vollständig erfüllt habe. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, er sei nur mittelbarer Besitzer des Hallen- und Freibadkomplexes gewesen; seinen mittelbaren Besitz habe er an die Beklagte herausgegeben.
13
Unmittelbare Besitzerin sei aufgrund des ungekündigten Pachtvertrags vom 26. September 2012 (Anlage K 1) die Betriebsgesellschaft. Er selbst habe nicht einmal über Schlüssel oder Zugangskarten für die Liegenschaft verfügt; diese lägen allesamt bei der Betriebsgesellschaft. Der Verpachtung des Erbbaugrundstücks habe die Beklagte mit Schreiben ihrer damaligen Ersten Bürgermeisterin vom 9. Juli 2018 (Anlage K 2) zugestimmt. Während des kompletten Schiedsverfahrens sei zwischen den Schiedsparteien unstreitig gewesen, dass in Bezug auf die Immobilie ein ungekündigter Pachtvertrag bestehe. Dies habe das Schiedsgericht auch in den Gründen des Schiedsspruchs als Teil des unstreitigen Sachverhalts festgestellt. Weder aus dem Schiedsspruch noch aus dem Teil-Beschluss des Senats vom 13. Dezember 2023 gehe hervor, dass die Schiedsbeklagte bzw. der Kläger unmittelbarer Besitzer des Hallen- und Freibadkomplexes gewesen sei. Er selbst habe an der Übernahme des unmittelbaren Besitzes auch kein Interesse gehabt, da dies zum einen aufgrund des ungekündigten Pachtvertrages nicht möglich gewesen sei und zum anderen die Übernahme die (scil.: zukünftige) Insolvenzmasse mit den bislang von der Betriebsgesellschaft getragenen Kosten des Notbetriebs belastet hätte. Am 23. September 2022 habe er im Rahmen eines ersten Gesprächs mit dem Beklagtenvertreter deutlich gemacht, dass das Bad an die Betriebsgesellschaft verpachtet sei und diese den Notbetrieb führe. In Kenntnis der „besitzrechtlichen Situation“ habe die Beklagte es offenbar unterlassen, einen Herausgabeanspruch gegen die unmittelbare Besitzerin titulieren zu lassen, was nicht zu seinen Lasten gehen könne. Er selbst schulde der Beklagten keine Einräumung des unmittelbaren Besitzes, wie offensichtlich im Rahmen der Zwangsvollstreckung beantragt. Er erhebe den Einwand des Titelmissbrauchs.
14
Mit dem erhobenen Erfüllungseinwand sei er nicht nach § 767 Abs. 2 ZPO präkludiert. Die Erfüllungsleistung, die Übertragung des mittelbaren Besitzes an dem Hallen- und Freibadkomplex auf die Beklagte, sei erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung im Verfahren der Vollstreckbarerklärung erbracht worden. Als vorläufiger Insolvenzverwalter sei der Kläger nicht verpflichtet, den Pachtvertrag mit der Betriebsgesellschaft zu beenden. Der Gegenstand eines Herausgabeanspruchs nach § 47 InsO müsse im Zeitpunkt des Herausgabeverlangens Teil der Ist-Masse sein.
15
Hilfsweise macht der Kläger geltend, dass er durch die Übertragung des Erbbaurechts und die erfolgte Abtretung der Herausgabeansprüche an die Beklagte alle Rechtspositionen, die er oder die Schiedsbeklagte in Bezug auf den Hallen- und Freibadkomplex im Vermögen gehalten hätten, an die Beklagte verloren habe. Er erhebe daher die Einrede der Unmöglichkeit.
- 1.
-
Die Zwangsvollstreckung aus dem Teil-Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts (Vollstreckungstitel) vom 13. Dezember 2023, Az. 101 Sch 112/22, wird für unzulässig erklärt.
- 2.
-
Die Beklagte wird verurteilt, die vollstreckbare Ausfertigung des unter Ziffer 1 genannten Vollstreckungstitels an den Kläger herauszugeben.
- 3.
-
Die Zwangsvollstreckung aus dem unter Ziffer 1 bezeichneten Vollstreckungstitel wird bis zur Rechtskraft des Urteils ohne – hilfsweise gegen – Sicherheitsleistung einstweilen eingestellt.
- 4.
-
Für den Fall, dass das Gericht nicht vorab im Wege der einstweiligen Anordnung beschließt, dass die Besitzeinweisung durch den Gerichtsvollzieher X am 1. Februar 2024, (…), aufzuheben ist, wird beantragt, in dem Urteil einstweilen anzuordnen, dass die Besitzeinweisung ohne – hilfsweise gegen – Sicherheitsleistung aufzuheben ist.
17
Die Beklagte beantragt
18
Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, entgegen der Darstellung des Klägers sei der unter Ziffer I 2 des Teil-Beschlusses vom 13. Dezember 2023 titulierte Herausgabeanspruch erst dann erfüllt, wenn der Beklagten der unmittelbare Besitz an dem Hallen- und Freibadkomplex eingeräumt worden sei.
19
Der Kläger sei entgegen seiner Darstellung unmittelbarer Besitzer der Liegenschaft gewesen. Sowohl im Schiedsverfahren als auch im Verfahren der Vollstreckbarerklärung vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht sei der Sachvortrag der Beklagten, dass die Schiedsbeklagte und sodann der Kläger unmittelbare Besitzer des Hallen- und Freibadkomplexes seien, unstreitig geblieben. Die Betriebsgesellschaft habe Mitte 2020 den Besitz an dem Bad vollständig aufgegeben und sämtliche Verträge mit Lieferanten sowie alle Arbeitsverhältnisse gekündigt. Am 22. Dezember 2020 habe die Beklagte mit der Schiedsbeklagten eine Vereinbarung über Ersatzvornahme und Übernahme des Notbetriebs durch die Beklagte geschlossen. Am 4. März 2021 habe sich die Schiedsbeklagte eigenmächtig wieder in den unmittelbaren Besitz des Bades gesetzt und der Beklagten mit Schreiben vom 5. März 2021 angezeigt, dass sie das Gebäude nunmehr wieder selbst bewirtschafte. In ihrer Erwiderung auf die Schiedsklage habe die Schiedsbeklagte eingeräumt, dass sie seit 5. März 2021 den technischen Notbetrieb selbst durchführe. Entgegen der Darstellung des Klägers sei bei dem Erstgespräch zwischen den Parteien am 23. September 2022 über die Pächterin und deren angeblichen unmittelbaren Besitz an der Liegenschaft gar nicht gesprochen worden.
20
Da es im Zeitpunkt der Umschreibung des Erbbaurechts auf die Beklagte im Erbbaurechtsgrundbuch am 19. Januar 2024 an einem unmittelbaren Besitz der Betriebsgesellschaft am Pachtgegenstand gefehlt habe, sei die Beklagte nicht gemäß § 566 BGB anstelle der Schiedsbeklagten in den Pachtvertrag eingetreten.
21
Mit Beschluss vom 31. Januar 2024, auf dessen Gründe Bezug genommen wird, hat der Senat den Antrag des Klägers, die Zwangsvollstreckung aus dem Teil-Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 13. Dezember 2023 im Wege der einstweiligen Anordnung bis zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits einstweilen einzustellen, abgelehnt.
22
Im Termin vom 19. Juni 2024 hat der Senat die Akten des schiedsgerichtlichen Verfahrens mit dem Aktenzeichen 101 Sch 112/22 beigezogen und deren Inhalt zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
23
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung haben die Parteien nicht nachgelassene Schriftsätze eingereicht. Auf die Schriftsätze des Klägers vom 15. Juli 2024 und der Beklagten vom 18. Juli 2024 wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.
24
Die Vollstreckungsabwehrklage ist zulässig.
25
1. Ihre Statthaftigkeit ergibt sich aus § 767 Abs. 1 in Verbindung mit § 795 Satz 1, § 794 Abs. 1 Nr. 4a ZPO. Mit der Behauptung, dass er – neben der unstreitigen Erfüllung seiner Verpflichtung zur Übertragung des Erbbaurechts an die Beklagte – auch den mit Teil-Beschluss des Senats vom 13. Dezember 2023 gegen ihn titulierten Anspruch auf Herausgabe des Hallen- und Freibadkomplexes vollständig erfüllt habe und das zugrunde liegende Schuldverhältnis deshalb gemäß § 362 Abs. 1 BGB erloschen sei, macht der Kläger eine Einwendung geltend, welche einen der durch den Vollstreckungstitel festgestellten Ansprüche selbst betrifft.
26
2. Der Erfüllungseinwand ist nicht durch eine Schiedsvereinbarung der Entscheidung des staatlichen Gerichts entzogen. Die Beklagte hatte zwar mit der Schiedsbeklagten den PPP-Vertrag mit der darin unter § 27 enthaltenen Schiedsgerichtsklausel abgeschlossen, welche dem Schiedsverfahren zugrunde lag. Sie hat aber im vorliegenden Rechtsstreit nicht die Einrede des Schiedsvertrags erhoben.
27
Die Einrede des Schiedsvertrags greift auch gegenüber einer Vollstreckungsabwehrklage durch, wenn die mit ihr geltend gemachte Einwendung der Schiedsabrede unterliegt; in einem solchen Fall ist das Schiedsgericht zur Entscheidung berufen (BGH, Beschluss vom 30. September 2010, III ZB 57/10, NJW-RR 2011, 213 Rn. 10; BGH, Beschluss vom 19. Dezember 1995, III ZR 194/94, NJW-RR 1996, 508 [juris Rn. 2]; Urt. v. 3. Dezember 1986, IVb ZR 80/85, BGHZ 99, 143 [juris Rn. 20 ff.]; Schlosser in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. 2014, § 1029 Rn. 41). Wird vor einem staatlichen Gericht Klage in einer Angelegenheit erhoben, die Gegenstand einer wirksamen Schiedsvereinbarung ist, so hat das Gericht die Klage als unzulässig abzuweisen, sofern der Beklagte dies vor Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache rügt (§ 1032 Abs. 1 ZPO). Die Beklagte hat sich dagegen rügelos vor dem Senat auf die Vollstreckungsabwehrklage eingelassen.
28
3. Als Prozessgericht des ersten Rechtszugs, das den Vollstreckungstitel geschaffen hat, ist das Bayerische Oberste Landesgericht für die Entscheidung über die Vollstreckungsabwehrklage zuständig.
29
Die Vollstreckungsabwehrklage ist bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszugs zu erheben (§ 767 Abs. 1, § 802 ZPO). Darunter ist das Gericht des Vorprozesses erster Instanz zu verstehen, in dem der Vollstreckungstitel geschaffen worden ist. Bei Schiedssprüchen ist Vollstreckungstitel gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 4a ZPO allein die Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung (BGH, Beschluss vom 30. November 2011, III ZB 19/11, SchiedsVZ 2012, 41 Rn. 6; Beschluss vom 30. September 2010, III ZB 57/10, NJW-RR 2011, 213 Rn. 10). Dementsprechend ist das zuständige Gericht im Sinne von § 767 Abs. 1 ZPO das Gericht, das den Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt hat (vgl. BGH NJW-RR 2011, 213 Rn. 10 m. w. N.; Preuß in BeckOK ZPO, 53. Ed. Stand: 1. Juli 2024, § 767 Rn. 29.1; Karsten Schmidt/Brinkmann in Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 767 Rn. 52).
30
Die Gegenauffassung, nach der für die Entscheidung über die Vollstreckungsabwehrklage – je nach Streitwert – das Amts- oder Landgericht zuständig sein soll (vgl. BayObLG, Beschluss vom 12. April 2000, 4Z Sch 2/00, BayObLGZ 2000, 124 [juris Rn. 23 ff.]; KG, Beschluss vom 18. Januar 2010, 20 Sch 9/09, juris Rn. 20 ff.; Spohnheimer in Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl. 2024, § 767 Rn. 45; kritisch auch Voit in Musielak/Voit, ZPO, 21. Aufl. 2024, § 1060 Rn. 13), hat der Bundesgerichtshof unter Berufung auf den Wortlaut des § 767 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen (BGH, a. a. O.).
31
4. Dem Kläger fehlt auch nicht deshalb das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Beklagte – wie sie im Termin selbst ausgeführt hat – den titulierten Anspruch auf Herausgabe des Hallen- und Freibadkomplexes, dessen Erfüllung im Streit steht, solange nicht gegen den Kläger vollstrecken kann, als dieser nicht den unmittelbaren Besitz an der Liegenschaft erlangt hat.
32
Das Rechtsschutzbedürfnis des Schuldners für eine Vollstreckungsabwehrklage entsteht, sobald ein Vollstreckungstitel gegen ihn vorhanden ist; die Zwangsvollstreckung muss nicht konkret drohen (st. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 9. Dezember 1992, VIII ZR 218/91, BGHZ 120, 387 [juris Rn. 18]; RG, Urt. v. 18. Oktober 1899, I 244/99, RGZ 45, 343, 344; Preuß in BeckOK ZPO, § 767 Rn. 32; Spohnheimer in Wieczorek/Schütze, ZPO, § 767 Rn. 49; Karsten Schmidt/Brinkmann in Münchener Kommentar zur ZPO, § 767 Rn. 43). Das Rechtsschutzbedürfnis besteht grundsätzlich solange fort, wie der Gläubiger den Vollstreckungstitel noch in Händen hat, selbst wenn er auf seine Rechte aus dem Titel verzichtet hat oder zwischen ihm und dem Schuldner Einigkeit darüber besteht, dass eine Zwangsvollstreckung nicht mehr in Betracht kommt (BGH, Urt. v. 21. Oktober 2016, V ZR 230/15, NJW 2017, 674 Rn. 7 m. w. N.).
33
Eine Ausnahme wird nur für den Fall anerkannt, dass eine Vollstreckung unzweifelhaft nicht mehr droht, weil der Titel dem Gläubiger keinerlei Vollstreckungsmöglichkeit mehr bietet (vgl. BGH NJW 2017, 674 Rn. 9; Preuß in BeckOK ZPO, § 767 Rn. 32). Ein solcher Ausnahmefall liegt aber nicht vor, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Kläger in seiner Eigenschaft als vorläufiger Insolvenzverwalter des Vermögens der Schiedsbeklagten von deren Pächterin den unmittelbaren Besitz an dem Hallen- und Freibadkomplex erlangt.
34
5. Mit der Vollstreckungsabwehrklage kann – wie geschehen – der Antrag auf Herausgabe des Schuldtitels verbunden werden (vgl. OLG München, Beschluss vom 12. November 2007, 34 Sch 10/07, juris Rn. 18).
35
Die Vollstreckungsabwehrklage ist jedoch unbegründet.
36
Der Kläger hat die mit Teil-Beschluss des Senats vom 13. Dezember 2023 gegen ihn für vollstreckbar erklärte Verurteilung der Schiedsbeklagten gemäß Ziffer 2 des Schiedsspruchs vom 14. Juli 2022, den streitgegenständlichen Hallen- und Freibadkomplex an die Beklagte herauszugeben, nicht dadurch erfüllt, dass er den Herausgabeanspruch der Schiedsbeklagten gegen ihre Pächterin aus dem mit dieser abgeschlossenen Pachtvertrag an die Beklagte abgetreten hat. Denn Gegenstand seiner Herausgabepflicht ist der unmittelbare Besitz an der vorgenannten Liegenschaft. Mit der Verschaffung des mittelbaren Besitzes hat der Kläger deshalb nicht die geschuldete Leistung an die Beklagte (§ 362 Abs. 1 BGB) bewirkt.
37
Mit seinen Einwendungen, dass er nur mittelbarer Besitzer des Hallen- und Freibadkomplexes gewesen und ihm die Herausgabe des unmittelbaren Besitzes an die Beklagte unmöglich sei, ist der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit gemäß § 767 Abs. 2 ZPO präkludiert. Diese Einwendungen hätte er im Verfahren der Vollstreckbarerklärung erheben müssen, weil Art und Umfang des von ihm ausgeübten Besitzes an dem Hallen- und Freibadkomplex dafür maßgeblich waren, inwieweit dieses gemäß § 240 Satz 2 ZPO unterbrochene Verfahren von der Beklagten wegen eines ihr zustehenden Aussonderungsrechts nach § 86 Abs. 1 Nr. 1, § 24 Abs. 2 InsO aufgenommen werden konnte.
38
Auch mit dem Einwand des Titelmissbrauchs dringt der Kläger nicht durch.
39
1. Ziffer 2 des Schiedsspruchs vom 14. Juli 2022 ist dahin auszulegen, dass das Schiedsgericht die Schiedsbeklagte zur Herausgabe des unmittelbaren Besitzes an dem Hallen- und Freibadkomplex verurteilt hat.
40
a) Das für die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs zuständige Gericht ist zu dessen Auslegung befugt (vgl. BGH, Beschluss vom 31. März 2016, I ZB 76/15, SchiedsVZ 2016, 343 Rn. 24; Beschluss vom 29. Januar 2009, III ZB 88/07, BGHZ 179, 304 [juris Rn. 7 ff.]; BayObLG, Beschluss vom 18. Januar 2022, 101 Sch 60/21, juris Rn. 106).
41
b) Die Verurteilung der Schiedsbeklagten zur Herausgabe des unmittelbaren Besitzes ergibt sich nicht bereits aus dem Wortlaut des Ausspruchs zu Ziffer 2. Der Begriff „Herausgabe“ wird in der Gesetzessprache nicht einheitlich verwendet und kann sich auch auf die Übertragung des mittelbaren Besitzes beziehen.
42
aa) Ein Herausgabeanspruch des Eigentümers gegen den Besitzer aus § 985 BGB richtet sich nach herrschender Meinung auf die Auskehrung gerade des Besitzes, den der Anspruchsgegner innehat (Thole in Staudinger, BGB, 2023, § 985 Rn. 158, 187). Aus diesem Grunde ist auch der mittelbare Besitzer passiv legitimiert.
43
Bei der Klage gegen den mittelbaren Besitzer ist der Eigentümer nach herrschender Meinung aber nicht darauf beschränkt, von dem mittelbaren Besitzer die Abtretung von dessen Herausgabeanspruch gegen den unmittelbaren Besitzer zu verlangen. Er kann vielmehr die Klage entsprechend dem Gesetzeswortlaut direkt auf Herausgabe der Sache richten (vgl. BGH, Urt. v. 29. Oktober 1969, VIII ZR 202/67, BGHZ 53, 29 [juris Rn. 4]; Thole, a. a. O. Rn. 183; Fritzsche in BeckOK BGB, 70. Ed. Stand: 1. Mai 2024, § 985 Rn. 18; Baldus in Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl. 2023, § 985 Rn. 32 ff.; Berger in Jauernig, BGB, 19. Aufl. 2023, § 985 Rn. 5; kritisch, aber im Ergebnis zustimmend: Schanbacher in Ring/Griwotz/Schmidt-Räntsch, NK-BGB, 5. Aufl. 2022, § 985 Rn. 45). Dadurch soll verhindert werden, dass der Eigentümer gegen den unberechtigten mittelbaren Besitzer unter Umständen zweimal klagen muss, nämlich wenn der Beklagte nach seiner Verurteilung zur Abtretung des Herausgabeanspruchs aus dem Besitzmittlungsverhältnis die Sache von seinem bisherigen Besitzmittler zurückerhält (vgl. BGH, a. a. O.; Thole, a. a. O. Rn. 187). In einem solchen Fall ermöglicht eine Verurteilung zur „Herausgabe“ die Vollstreckung durch Wegnahme der Sache (§ 883 ZPO) bzw. Einweisung des Gläubigers in den Besitz des Grundstücks (§ 885 ZPO). Erhält der verklagte mittelbare Besitzer die Sache dagegen nicht zurück, wird ein auf Herausgabe lautendes Urteil nach § 886 ZPO vollstreckt. Ist der auf Herausgabe verklagte mittelbare Besitzer vorläufig zur Übertragung des unmittelbaren Besitzes aus Rechtsgründen nicht in der Lage, muss er allerdings das ihm Mögliche tun, um diese Situation zu beenden, etwa einen Gebrauchsüberlassungsvertrag mit dem unmittelbaren Besitzer zum nächstmöglichen Zeitpunkt kündigen (vgl. Thole, a. a. O. Rn. 188, 192).
44
Vor der Schuldrechtsreform stand dem Eigentümer gegen den mittelbaren Besitzer allerdings dann kein Anspruch auf Herausgabe der Sache zu, wenn der mittelbare Besitzer infolge Überlassung der Sache an den unmittelbaren Besitzer außerstande war, die Sache an den Eigentümer herauszugeben, es sei denn, dass er dem Eigentümer nach den §§ 989 ff. BGB schadensersatzpflichtig war (BGHZ 53, 29 [juris Rn. 7 f.]). Diese Einschränkung wurde damit begründet, dass nach § 283 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung der Eigentümer, der gegen den mittelbaren Besitzer ein rechtskräftiges Urteil auf Herausgabe der Sache erwirkt hatte, dem Schuldner zur Bewirkung der Leistung eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen konnte, dass er die Annahme der Leistung nach Ablauf der Frist ablehne. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist konnte der Eigentümer von dem mittelbaren Besitzer ohne weitere Voraussetzungen Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Hieraus konnte sich ein Widerspruch zu den Vorschriften der §§ 989 ff. BGB ergeben, nach denen der Besitzer nur unter bestimmten weiteren Voraussetzungen für den Schaden verantwortlich ist, der dadurch entsteht, dass er die Sache nicht an den Eigentümer herausgeben kann. Denn gegenüber der Schadensersatzklage aus § 283 BGB hätte der mittelbare Besitzer regelmäßig nicht mehr mit Erfolg geltend machen können, dass er die Nichtherausgabe nicht zu vertreten habe; diese Einwendung war ihm – falls nicht die Unmöglichkeit der Herausgabe erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung über die Herausgabeklage eingetreten war (§ 283 Abs. 1 Satz 3 BGB a. F.) – durch die Rechtskraft des Herausgabeurteils abgeschnitten (BGH, a. a. O.). Wegen der Aufhebung des § 283 BGB a. F. im Rahmen der Schuldrechtsreform besteht für eine solche Einschränkung aber keine sachliche Rechtfertigung mehr, weshalb der mittelbare Besitzer nach geltendem Recht auch dann zur Herausgabe der Sache verurteilt werden kann, wenn er an ein langfristiges Besitzmittlungsverhältnis gebunden ist (Thole in Staudinger, BGB, § 985 Rn. 190 m. w. N.; Baldus in Münchener Kommentar zum BGB, § 985 Rn. 34).
45
bb) Ein vertraglicher Herausgabeanspruch, etwa aus § 546 Abs. 1 oder § 604 Abs. 1 BGB, ist dagegen regelmäßig auf Übertragung des unmittelbaren Besitzes gerichtet (vgl. BGH, Urt. v. 12. August 2009, XII ZR 76/08, NJW-RR 2009, 1522 [juris Rn. 20]; Beschluss vom 22. November 1995, VIII ZR 4/95, BGHZ 131, 176 = NJW 1996, 515 [juris Rn. 22]; Urt. v. 30. Juni 1971, VIII ZR 147/69, BGHZ 56, 308 [juris Rn. 15]; Weidenkaff in Grüneberg, BGB, 83. Aufl. 2024, § 546 Rn. 4, § 604 Rn. 1). Der Gläubiger muss sich grundsätzlich nicht von seinem Schuldner auf die Möglichkeit verweisen lassen, dass er einen besitzenden Dritten unmittelbar auf Herausgabe in Anspruch nehmen könnte. Von seiner vertraglichen Verpflichtung, dem Gläubiger den unmittelbaren Besitz zu verschaffen, wird der Schuldner erst frei, wenn ihm die Erfüllung seiner Vertragspflicht unmöglich ist (§ 275 Abs. 1 BGB).
46
c) Die Ausführungen des Schiedsgerichts unter Ziffer III der Entscheidungsgründe des Schiedsspruchs lassen erkennen, dass es die Schiedsbeklagte zur Herausgabe des unmittelbaren Besitzes an dem Hallen- und Freibadkomplex verurteilt hat. Dieses Verständnis ist auch in dem TeilBeschluss des Senats vom 13. Dezember 2023 (Az.: 101 Sch 112/22) zum Ausdruck gekommen (a. a. O., S. 23).
47
Das Schiedsgericht hat den der Beklagten zuerkannten Herausgabeanspruch aus „§ 23.1 PPP-Vertrag“ – recte: § 33.1 PPP-Vertrag – abgeleitet. Nach dieser Vertragsbestimmung war die Beklagte als Grundstückseigentümerin im Falle der Vertragsbeendigung berechtigt, den Hallen- und Freibadkomplex unverzüglich in den eigenen Besitz zu nehmen und die Erbbauberechtigte – die Schiedsbeklagte – von dem Besitz auszuschließen. Satz 2 und 3 der Klausel räumen der Beklagten ab dem Zeitpunkt der Vertragsbeendigung das Recht ein, Dritte mit der Durchführung der Sanierung, Unterhaltung und Bewirtschaftung des Hallen- und Freibadkomplexes zu beauftragen, wobei die von der Schiedsbeklagten geschlossenen Dienstleistungs-, Wartungs- und Werkverträge zu beachten sind. Insbesondere das ihr eingeräumte Recht, einen Dritten mit der Bewirtschaftung der Liegenschaft zu beauftragen, setzt voraus, dass es der Beklagten möglich sein muss, dem von ihr beauftragten Dritten den unmittelbaren Besitz an dem Objekt zu verschaffen.
48
Anders als ein auf § 985 BGB gestützter Herausgabeanspruch hat ein vertraglicher Anspruch auf Verschaffung des unmittelbaren Besitzes nicht zur Voraussetzung, dass der Schuldner (unmittelbarer) Besitzer ist (vgl. BGHZ 56, 308 [juris Rn. 15]; Weidenkaff in Grüneberg, BGB, § 546 Rn. 4). Aus diesem Grunde bestand für das Schiedsgericht, das unter Ziffer II des Tatbestands den Abschluss des Pachtvertrages zwischen der Schiedsbeklagten und der Betriebsgesellschaft festgestellt hat, auch keine Veranlassung, Feststellungen dazu zu treffen, ob die Schiedsbeklagte unmittelbare oder nur mittelbare Besitzerin der Liegenschaft war. Im Verfahren vor dem Schiedsgericht hat die Schiedsbeklagte nicht eingewandt, dass ihr eine Herausgabe des unmittelbaren Besitzes an dem Hallen- und Freibadkomplex unmöglich sei.
49
d) Für die Auslegung, dass der unter Ziffer 2 des Schiedsspruchs der Beklagten vom Schiedsgericht zuerkannte Herausgabeanspruch auf Verschaffung des unmittelbaren Besitzes gerichtet ist, spricht außerdem der Umstand, dass ein etwaiger mittelbarer Besitz der Schiedsbeklagten an dem Hallen- und Freibadkomplex ohnehin bereits gemäß § 11 Abs. 1 ErbbauRG in Verbindung mit § 581 Abs. 2, § 578 Abs. 1, § 566 Abs. 1 BGB durch die – unstreitig erfolgte – Erfüllung des der Beklagten unter Ziffer 1 des Schiedsspruchs zuerkannten Anspruchs auf Übertragung des Erbbaurechts übergegangen wäre. Denn nach den genannten Vorschriften wäre die Beklagte mit Erwerb des Erbbaurechts als neue Verpächterin in den – nach den Feststellungen des Schiedsgerichts bestehenden – Pachtvertrag mit der Betriebsgesellschaft eingetreten (vgl. Weiß in Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl. 2023, § 30 ErbbauRG Rn. 2 m. w. N.), sofern letztere den ihr überlassenen Pachtbesitz zum Zeitpunkt des Übergangs des Erbbaurechts auf die Beklagte noch ausgeübt hätte (vgl. zu dieser Voraussetzung BGH, Beschluss vom 5. April 2016, VIII ZR 31/15, NJW-RR 2016, 982 Rn. 4; Urt. v. 11. Dezember 2014, IX ZR 87/14, BGHZ 204, 1 Rn. 26). Dem von der Beklagten im Schiedsverfahren neben dem unter Ziffer 1 gestellten Antrag auf Übertragung des Erbbaurechts unter Ziffer 2 gestellten Antrag auf Herausgabe des Hallen- und Freibadkomplexes kam deshalb vor allem insoweit eigenständige Bedeutung zu, als er auf die Verschaffung des unmittelbaren Besitzes an der Liegenschaft gerichtet war.
50
2. Den der Beklagten unter Ziffer 2 des Schiedsspruchs zuerkannten vertraglichen Anspruch gegen die Schiedsbeklagte auf Herausgabe des unmittelbaren Besitzes an dem Hallen- und Freibadkomplexes hat der Senat mit seinem TeilBeschluss vom 13. Dezember 2023 ohne Einschränkungen gegen den Kläger für vollstreckbar erklärt. In Bezug auf diesen Anspruch hat der Senat ein Aussonderungsrecht der Beklagten und damit die Zulässigkeit der von ihr betriebenen teilweisen Aufnahme des gemäß § 240 Satz 2 ZPO unterbrochenen Verfahrens nach § 86 Abs. 1 Nr. 1, § 24 Abs. 2 InsO bejaht, weil der Kläger im Verfahren der Vollstreckbarerklärung die einer uneingeschränkten Teilaufnahme hinsichtlich des Herausgabeanspruchs entgegenstehende Einwendung nicht erhoben hatte, dass er lediglich mittelbarer Besitzer der Liegenschaft sei.
51
a) Ein vertraglicher Herausgabeanspruch kann – entgegen der vom Kläger im Verfahren der Vollstreckbarerklärung vertretenen Rechtsansicht – grundsätzlich ein Aussonderungsrecht begründen. Denn zur Aussonderung ist gemäß § 47 Satz 1 InsO berechtigt, wer aufgrund eines dinglichen oder persönlichen Rechts geltend machen kann, dass ein Gegenstand nicht zur Insolvenzmasse gehört. Zu den aussonderungsfähigen persönlichen Rechten gehören auch obligatorische Herausgabeansprüche (vgl. Haneke in BeckOK Insolvenzrecht, 35. Ed. Stand: 15. April 2024, § 47 Rn. 54; Ganter in Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 4. Aufl. 2019, § 47 Rn. 341).
52
b) Der vertragliche Herausgabeanspruch begründet allerdings nur insoweit ein Aussonderungsrecht, als er sich seinem Inhalt nach mit einem Herausgabeanspruch aus § 985 BGB deckt. Ein weitergehender vertraglicher Anspruch ist lediglich eine Insolvenzforderung (BGH, Teilbeschl. v. 7. Juli 2010, XII ZR 158/09, NZI 2010, 901 Rn. 8 ff.; Urt. v. 5. Juli 2001, IX ZR 327/99, BGHZ 148, 252 [Leitsatz 1 und juris Rn. 11 ff.]; Haneke in BeckOK Insolvenzrecht, § 47 Rn. 54).
53
Einem Aussonderungsrecht unterliegt nur, was massebefangen ist. Hierzu ist zwar nicht erforderlich, dass der Insolvenzverwalter den Gegenstand tatsächlich in Besitz genommen oder seiner Verwaltung unterstellt hat; es genügt, dass er ihn – rechtlich oder tatsächlich – für die Masse beansprucht (vgl. noch zu § 43 KO: BGH, Urt. v. 5. Oktober 1994, XII ZR 53/93, BGHZ 127, 156 [juris Rn. 24 ff]; Ganter in Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, § 47 Rn. 35a; Haneke in BeckOK Insolvenzrecht, § 47 Rn. 16; Thole in Karsten Schmidt, Insolvenzordnung, 20. Aufl. 2023, § 47 Rn. 7; Brinkmann in Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 15. Aufl. 2019, § 47 Rn. 2). Massebefangen und damit aussonderungsfähig ist ein Mietgrundstück daher schon dann, wenn der Insolvenzverwalter zwar das Eigentum des Vermieters anerkennt, aber das Recht für sich in Anspruch nimmt, das Grundstück für die Masse zu nutzen und darüber zu entscheiden, ob und in welcher Weise er es an den Vermieter zurückgibt (vgl. für den Konkursverwalter: BGHZ 127, 156 [juris Rn. 26]). Gibt der Insolvenzverwalter dagegen zu erkennen, dass er ein vom Schuldner angemietetes Grundstück, auf dem Sachen des Schuldners gelagert sind, nicht in Besitz nehmen wolle und es ablehne, sich mit den dort gelagerten (wertlosen) Sachen des Schuldners zu befassen, fehlt es an der Massebefangenheit des Grundstücks (Ganter in Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, § 47 Rn. 35a).
54
Ist der Schuldner lediglich mittelbarer Besitzer einer Sache, während der unmittelbare Besitz im Rahmen eines Besitzmittlungsverhältnisses von einem Dritten ausgeübt wird, und erkennt der Insolvenzverwalter den unmittelbaren Besitz des Dritten an, ist auch nur der mittelbare Besitz an der Sache massebefangen. Das Aussonderungsrecht des Eigentümers gemäß § 47 InsO beschränkt sich in einem solchen Fall auf die Auskehr des vom Insolvenzverwalter für die Masse entsprechend den vorstehenden Ausführungen in Anspruch genommenen mittelbaren Besitzes.
55
c) Im Verfahren der Vollstreckbarerklärung vor dem Senat nahm der Kläger in seiner Eigenschaft als vorläufiger Insolvenzverwalter des Vermögens der Schiedsbeklagten jedenfalls für sich das Recht in Anspruch, darüber zu entscheiden, ob und in welcher Weise er den Hallen- und Freibadkomplex an die Beklagte herausgibt. Er widersetzte sich der von der Beklagten betriebenen teilweisen Aufnahme des gemäß § 240 Satz 2 ZPO unterbrochenen Verfahrens und bestritt die Aussonderungsfähigkeit sowohl des Heimfallanspruchs als auch des aus § 33.1 PPP-Vertrag abgeleiteten schuldrechtlichen Anspruchs auf Herausgabe des Badkomplexes. Außer im Rahmen einer nicht zustande gekommenen vergleichsweisen Einigung über die wechselseitigen Ansprüche der Schiedsparteien ließ der Kläger keine Bereitschaft erkennen, den Besitz an der Liegenschaft auf die Beklagte zu übertragen.
56
Zu keinem Zeitpunkt machte der Kläger aber schriftsätzlich oder durch Vortrag in der mündlichen Verhandlung geltend, dass er nur mittelbarer Besitzer des Hallen- und Freibadkomplexes sei und eine Teilaufnahme des Verfahrens gemäß § 86 Nr. 1 InsO hinsichtlich des Ausspruchs zu Ziffer 2 des Schiedsspruchs deshalb nur mit dem beschränkten Ziel in Betracht komme, dass gegen ihn eine Verpflichtung zur Herausgabe des massebefangenen mittelbaren Besitzes an die Beklagte tituliert werde. Vielmehr begründete er die von ihm eingewandte Unzulässigkeit der Teilaufnahme ausschließlich mit dem – rechtlich unzutreffenden – Argument, dass einem schuldrechtlichen Herausgabeanspruch per se keine Aussonderungskraft zukomme (Schriftsatz vom 20. Januar 2023, S. 3 = Bl. 6 d. beigez. A.).
57
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag des Klägers, im Verfahren der Vollstreckbarerklärung sei im Zuge der dort geführten Vergleichsverhandlungen deutlich geworden, dass er nur mittelbarer Besitzer des Hallen- und Freibadkomplexes sei. Denn prozessrelevanter Sachvortrag kann nicht auf eine informelle Kommunikation gestützt werden, sondern ist schriftsätzlich oder in der mündlichen Verhandlung vorzubringen.
58
Der Kläger kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht darauf berufen, dass der Beklagten der Abschluss des Pachtvertrags zwischen der Schiedsbeklagten und der Pächterin positiv bekannt war, weil sie der Verpachtung selbst zugestimmt und das Schiedsgericht im Tatbestand des Schiedsspruchs vom 14. Juli 2022 Feststellungen zu diesem Pachtverhältnis getroffen hatte. Das Bestehen eines Miet- oder Pachtvertrages zwischen dem Herausgabeschuldner und einem Dritten steht für sich genommen einem auf Auskehrung des unmittelbaren Besitzes an der Miet- oder Pachtsache gerichteten Aussonderungsrecht des Gläubigers nicht entgegen. Das Aussonderungsrecht beschränkt sich nur dann auf die Herausgabe des mittelbaren Besitzes, wenn der Pächter oder Mieter im maßgeblichen Zeitpunkt, in dem die Verwaltungs- und Verfügungsmacht auf den (vorläufigen) Insolvenzverwalter übergeht, den Pacht- oder Mietbesitz auch tatsächlich ausübt (vgl. BGH NJW-RR 2016, 982 Rn. 4; BGHZ 204, 1 [juris Rn. 26]).
59
3. Im vorliegenden Rechtsstreit ist der Kläger mit den Einwendungen, dass er nur mittelbarer Besitzer des streitgegenständlichen Hallen- und Freibadkomplexes gewesen und ihm eine Herausgabe des unmittelbaren Besitzes an die Beklagte unmöglich sei (§ 275 Abs. 1 BGB), gemäß § 767 Abs. 2 ZPO präkludiert. Der Kläger hätte bereits im Verfahren der Vollstreckbarerklärung einwenden müssen, dass er lediglich mittelbarer Besitzer sei, weil die Art des von ihm ausgeübten Besitzes an dem Hallen- und Freibadkomplex dafür maßgeblich war, in welchem Umfang eine teilweise Aufnahme des nach § 240 Satz 2 ZPO unterbrochenen Verfahrens der Vollstreckbarerklärung zulässig war.
60
a) Gemäß § 767 Abs. 2 ZPO sind Einwendungen, die den durch das Urteil zuerkannten Anspruch betreffen, nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung entstanden sind. Auf ein Verschulden kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (Herget in Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 767 Rn. 14 m. w. N.). Die Präklusion von Einwendungen der unterlegenen Partei bei der Vollstreckungsabwehrklage bezweckt, einen Eingriff in die materielle Rechtskraft des im Vorprozess ergangenen Urteils nicht zuzulassen (BGH, Urt. v. 19. November 2003, VIII ZR 60/03, BGHZ 157, 47 [juris Rn. 15]). Einwendungen, die der Schuldner im Erkenntnisverfahren hätte geltend machen können, aber nicht vorgebracht hat, kann er im Zwangsvollstreckungsverfahren nicht mehr im Wege der Vollstreckungsabwehrklage geltend machen (Spohnheimer in Wieczorek/Schütze, ZPO, § 767 Rn. 77).
61
Ein solches Erkenntnisverfahren ist auch das Verfahren der Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs; denn mit der Vollstreckbarerklärung wird der Vollstreckungstitel (§ 794 Abs. 1 Nr. 4a ZPO) geschaffen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind im Vollstreckbarerklärungsverfahren über die gesetzlichen Aufhebungsgründe hinaus sachlich-rechtliche Einwendungen gegen den im Schiedsspruch festgestellten Anspruch zulässig. Allerdings müssen in entsprechender Anwendung des § 767 Abs. 2 ZPO die Gründe, auf denen die Einwendung beruht, grundsätzlich erst nach dem Schiedsverfahren entstanden sein (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Januar 2015, V ZR 93/14, juris Rn. 9 ff.; BGH NJW-RR 2011, 213 Rn. 8; Beschluss vom 8. November 2007, III ZB 95/06, SchiedsVZ 2008, 40 [juris Rn. 31]; Urt. v. 3. Juli 1997, III ZR 75/95, NJW-RR 1997, 1289 [juris Rn. 4]; Urt. v. 12. Juli 1990, III ZR 174/89, NJW 1990, 3210 [juris Rn. 12]; Karsten Schmidt/Brinkmann in Münchener Kommentar zur ZPO, § 767 Rn. 10).
62
aa) Nach herrschender Meinung ist der Kläger einer Vollstreckungsabwehrklage, die sich gegen einen für vollstreckbar erklärten Schiedsspruch richtet, mit allen Einwendungen präkludiert, die im Verfahren der Vollstreckbarerklärung hätten geltend gemacht werden können (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Januar 2015, V ZR 93/14, Rn. 9 ff.; Karsten Schmidt/Brinkmann in Münchener Kommentar zur ZPO, § 767 Rn. 78; Schlosser in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. 2014, § 1063 Rn. 16; Geimer in Zöller, ZPO, § 1060 Rn. 9).
63
bb) Die Gegenansicht lehnt eine Präklusion nach § 767 Abs. 2 ZPO vor allem mit der Begründung ab, dass damit eine Verkürzung des Rechtsschutzes verbunden wäre. Da für die Vollstreckbarerklärung das Oberlandesgericht (in Bayern das Bayerische Oberste Landesgericht) zuständig sei, sei es nicht sachgerecht, den Antragsgegner auf diesem Wege zur Geltendmachung der Einwendungen im Verfahren der Vollstreckbarerklärung zu zwingen. Denn in diesem Verfahren stehe ihm nur eine Tatsacheninstanz und die Rechtsbeschwerde zur Verfügung, während er bei einer selbstständigen Vollstreckungsabwehrklage den regulären Instanzenzug ausschöpfen könne (vgl. hierzu BayObLG, Beschluss vom 12. April 2000, 4Z Sch 2/00, BayObLGZ 2000, 124 [juris Rn. 23, 25]; Voit in Musielak/Voit, ZPO, § 1060 Rn. 13; Münch in Münchener Kommentar zur ZPO, § 1060 Rn. 40 ff., insbesondere Rn. 42, 47; wohl auch Schütze in Wieczorek/Schütze, ZPO, § 1060 Rn. 61 ff.).
64
Daneben wird darauf verwiesen, dass der Antrag auf Vollstreckbarerklärung nach § 1060 ZPO dann abzulehnen sei, wenn einer der in § 1059 Abs. 2 ZPO genannten Aufhebungsgründe vorliege; das sei bei materiell-rechtlichen Einwendungen aber regelmäßig nicht der Fall. Die Geltendmachung materiellrechtlicher Einwendungen gegen den titulierten Anspruch, die nicht zugleich einen Verstoß gegen den ordre public darstellten, im Verfahren der Vollstreckbarerklärung sei deshalb abzulehnen, weshalb im Rahmen einer Vollstreckungsabwehrklage keine Präklusion vorliege (vgl. Spohnheimer in Wieczorek/Schütze, ZPO, § 767 Rn. 91). Im Anwendungsbereich des New Yorker Übereinkommens dürfe gemäß dessen Art. V die Vollstreckbarerklärung nur aus den dort genannten Gründen verweigert werden. Mit der Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts habe der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung unter anderem bezweckt, durch schnelle Vollstreckbarerklärungen Deutschland als Schiedsort interessant zu machen. Dieses Ziel werde nicht erreicht, wenn das Vollstreckbarerklärungsverfahren mit „verdeckten Vollstreckbarerklärungsklagen“ belastet werde (Spohnheimer, a. a. O.).
65
cc) Die von den Vertretern der Gegenansicht erhobenen Einwände überzeugen nicht. Hat – wie im vorliegenden Fall – im Verfahren der Vollstreckbarerklärung eine mündliche Verhandlung stattgefunden, ist der Antragsgegner bei der späteren Erhebung einer Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 767 Abs. 2 ZPO mit sämtlichen Einwendungen präkludiert, die er bereits im Vollstreckbarerklärungsverfahren bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, hätte erheben können.
66
Der Bundesgerichtshof hat diese Konsequenz in seinem Beschluss vom 29. Januar 2015 (ZfIR 2015, 304) – wenn auch nur im Rahmen einer Hilfserwägung – ausdrücklich ausgesprochen (Rn. 9 ff.). Im Interesse der Prozessökonomie soll das Bestehen von materiell-rechtlichen Einwendungen gegen den durch den Schiedsspruch zuerkannten Anspruch möglichst frühzeitig geklärt werden. Könnte der Antragsgegner sich materiell-rechtliche Einwendungen gegen den zu titulierenden Anspruch, die er bereits im Verfahren der Vollstreckbarerklärung geltend machen könnte, für eine spätere Vollstreckungsabwehrklage „aufsparen“, würde dies die Zwangsvollstreckung regelmäßig hinauszögern. Das von den Vertretern der Mindermeinung postulierte Wahlrecht des Schuldners, in welchem Verfahren er seine Einwendungen geltend machen will, widerspräche auch der vom Gesetzgeber mit der Neuregelung des Verfahrens der Vollstreckbarerklärung verfolgten Zielsetzung, eine zügige Durchführung der gerichtlichen Verfahren zu gewährleisten und gleichzeitig eine Entlastung der staatlichen Justiz zu erreichen (vgl. BT-Drucks. 13/5274 S. 62 f.).
67
Dem Argument, dass mit der Präklusion von Einwendungen, die der Antragsgegner bereits im Verfahren der Vollstreckbarerklärung hätte geltend machen können, die Rechtsschutzmöglichkeiten des Schuldners verkürzt würden, hat der Bundesgerichtshof durch seine Rechtsprechung, dass die Vollstreckungsabwehrklage vor dem Gericht zu erheben ist, welches den Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt hat, die Grundlage entzogen (ebenso Karsten Schmidt/Brinkmann in Münchener Kommentar zur ZPO, § 767 Rn. 78). Entsprechendes gilt für das weitere Argument, das Verfahren der Vollstreckbarerklärung dürfe nicht mit „verdeckten Vollstreckbarerklärungsklagen“ belastet werden. Auch diese Frage hat der Bundesgerichtshof bereits im gegenteiligen Sinn entschieden.
68
b) Der Kläger behauptet, dass er zu keinem Zeitpunkt den unmittelbaren Besitz an dem Hallen- und Freibadkomplex ergriffen habe. Er habe nicht einmal über die Schlüssel und Zugangskarten für das Objekt verfügt, weshalb er stets auf die Mitwirkung des Personals der Pächterin angewiesen gewesen sei, um sich Zutritt zu verschaffen. Bei dieser Sachlage ist kein nachvollziehbarer Grund dafür ersichtlich, warum sich der Kläger nicht bereits im Verfahren der Vollstreckbarerklärung, spätestens in der mündlichen Verhandlung vom 20. September 2023, auf seinen fehlenden unmittelbaren Besitz an der Liegenschaft hätte berufen können.
69
Diese Einwendung wäre auch erfolgversprechend gewesen, weil in dem nach § 240 Satz 2 ZPO unterbrochenen Verfahren der Vollstreckbarerklärung die Zulässigkeit der von der Beklagten betriebenen teilweisen Aufnahme durch § 86 Abs. 1 Nr. 1 InsO begrenzt wurde. Aussonderungsfähig im Sinne von § 47 Satz 1 InsO war – wie oben unter Ziffer 2 Buchst. b) näher dargelegt – nur der massebefangene, also vom vorläufigen Insolvenzverwalter in irgendeiner Form für die Masse in Anspruch genommene Besitz. Massebefangen war unter Zugrundelegung des klägerischen Sachvortrags im vorliegenden Verfahren nur der mittelbare Besitz an dem Hallen- und Freibadkomplex. Der Umfang der schiedsgerichtlichen Verurteilung ging jedoch darüber hinaus, weil sie – wie oben unter Ziffer 1 ausgeführt – auf die Einräumung des unmittelbaren Besitzes gerichtet war. Das Fehlen des unmittelbaren Besitzes hätte deshalb bereits im Verfahren der Vollstreckbarerklärung (oder spätestens mit einem Rechtsmittel gegen die Vollstreckbarerklärung) geltend gemacht werden müssen.
70
In diesem Zusammenhang kann sich der Kläger nicht darauf berufen, dass der Schuldner eines Herausgabeanspruchs nach der – oben unter Ziffer 1 Buchst. b) dargestellten – herrschenden Meinung grundsätzlich auch als mittelbarer Besitzer auf Antrag des Gläubigers zur Herausgabe der Sache zu verurteilen ist, seine Berufung auf fehlenden unmittelbaren Besitz sich auf den Inhalt des gegen ihn ergangenen Vollstreckungstitels also nicht ausgewirkt hätte. Denn diese Rechtsprechung, die aus Praktikabilitätserwägungen letztlich fiktiv einen unmittelbaren Besitz des auf Herausgabe verklagten mittelbaren Besitzers annimmt (vgl. hierzu Schanbacher in Ring/Griwotz/ Schmidt-Räntsch, NK-BGB, § 985 Rn. 45), kann im Hinblick auf die Grenzen des Aussonderungsrechts nach § 47 Satz 1 InsO auf die vorliegende Fallkonstellation nicht übertragen werden. Hätte der Kläger seinen fehlenden unmittelbaren Besitz an dem Hallen- und Freibadkomplex im Verfahren der Vollstreckbarerklärung offengelegt, hätte der Senat den Ausspruch des Schiedsgerichts zu Ziffer 2 des Schiedsspruchs gegen ihn allenfalls mit dem Inhalt für vollstreckbar erklärt, dass der Kläger zur Abtretung des der Schiedsbeklagten gegen die Pächterin zustehenden Anspruchs auf Herausgabe der Liegenschaft an die Beklagte verurteilt wird (§ 870 BGB).
71
Gerichtliche Entscheidungen, die trotz Unterbrechung oder Aussetzung eines Rechtsstreits ergehen, sind jedenfalls nicht nichtig. Sie können lediglich mit den gegebenen Rechtsmitteln angefochten werden (BGH, Beschluss vom 19. März 2024, X ARZ 119/23, MDR 2024, 795 Rn. 28; Beschluss vom 11. Januar 2023, XII ZB 538/21, NJW-RR 2023, 630 Rn. 11; Beschluss vom 17. Dezember 2008, XII ZB 125/06, juris Rn. 14; Beschluss vom 31. März 2004, XII ZR 167/00, juris Rn. 4). Der Kläger hat aber den Teil-Beschluss des Senats vom 13. Dezember 2023 in Rechtskraft erwachsen lassen.
72
c) Entgegen der Ansicht des Klägers ist ihm die Erfüllung der gegen ihn titulierten Verpflichtung zur Herausgabe des unmittelbaren Besitzes an dem Hallen- und Freibadkomplex an die Beklagte auch nicht erst dadurch unmöglich geworden, dass letztere – wie er behauptet – mit der nach Schluss der mündlichen Verhandlung im Verfahren der Vollstreckbarerklärung erfolgten Übertragung des Erbbaurechts gemäß § 11 Abs. 1 ErbbauRG in Verbindung mit § 581 Abs. 2, § 578 Abs. 1, § 566 Abs. 1 BGB anstelle der Schiedsbeklagten als Verpächterin in den mit der Betriebsgesellschaft abgeschlossenen Pachtvertrag eingetreten ist.
73
Mit einem etwaigen Ausscheiden der Schiedsbeklagten aus dem Pachtverhältnis hätte der Kläger zwar die Befugnis verloren, in Ausübung seiner Verfügungsbefugnis über das Vermögen der Schiedsbeklagten den Pachtvertrag mit der Betriebsgesellschaft zu beenden und sich dadurch den unmittelbaren Besitz an dem Hallen- und Freibadkomplex zu verschaffen, um diesen sodann an die Beklagte herausgeben zu können. Ein über die Auskehr des Besitzes an dem Hallen- und Freibadkomplex hinausgehender Besitzverschaffungsanspruch ist aber wegen des durch § 86 Abs. 1 Nr. 1 InsO beschränkten Umfangs der Zulässigkeit der Teilaufnahme des Verfahrens der Vollstreckbarerklärung gerade nicht Gegenstand des mit Teil-Beschluss des Senats vom 13. Dezember 2024 gegen den Kläger titulierten Herausgabeanspruchs.
74
Da der Kläger nach eigenen Angaben zu keinem Zeitpunkt den unmittelbaren Besitz an dem Hallen- und Freibadkomplex innehatte, war ihm dessen Auskehr an die Beklagte von Anfang an unmöglich. Diese Unmöglichkeit beruhte auf dem Fehlen des eigenen unmittelbaren Besitzes des Klägers, nicht auf dem erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung im Verfahren der Vollstreckbarerklärung eingetretenen Verlust der Möglichkeit, sich durch Ausübung der Rechte der Schiedsbeklagten aus dem Pachtvertrag den unmittelbaren Besitz an der Liegenschaft zu verschaffen.
75
4. Der vom Kläger erhobene Einwand des Titelmissbrauchs ist unbegründet.
76
a) Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung bietet § 826 BGB dem Schuldner unter besonderen Umständen die Möglichkeit, sich gegen die Vollstreckung aus einem rechtskräftigen, aber materiell unrichtigen Titel zu schützen. Die Rechtskraft muss zurücktreten, wenn es mit dem Gerechtigkeitsgedanken schlechthin unvereinbar wäre, dass der Titelgläubiger seine formelle Rechtsstellung unter Missachtung der materiellen Rechtslage zu Lasten des Schuldners ausnutzt. Eine solche Anwendung des § 826 BGB muss jedoch auf besonders schwerwiegende, eng begrenzte Ausnahmefälle beschränkt bleiben, weil jede Ausdehnung das Institut der Rechtskraft aushöhlen, die Rechtssicherheit beeinträchtigen und den Eintritt des Rechtsfriedens in untragbarer Weise in Frage stellen würde (BGH, Urt. v. 24. September 1987, III ZR 187/86, BGHZ 101, 380 [juris Rn. 19) m. w. N.).
77
b) Im vorliegenden Fall kann bereits nicht von einer materiellen Unrichtigkeit des Titels ausgegangen werden. Unabhängig davon reichen selbst eine objektive Unrichtigkeit des Titels sowie die subjektive Kenntnis des Gläubigers hiervon allein nicht aus, um die Vollstreckung aus einem rechtskräftigen Titel als missbräuchlich erscheinen zu lassen (BGHZ 101, 380 [juris Rn. 24 ff.]). Besondere Umstände, die den Titelgebrauch als sittenwidrig erscheinen ließen, sind im vorliegenden Fall nicht erkennbar.
78
Die weiteren Anträge des Klägers sind ebenfalls unbegründet.
79
1. Ein Anspruch auf Herausgabe der der Beklagten erteilten vollstreckbaren Ausfertigung des Vollstreckungstitels (Antrag zu Ziffer 2) steht dem Kläger nicht zu, weil er den mit Teil-Beschluss vom 13. Dezember 2023 gegen ihn titulierten Anspruch auf Herausgabe des Hallen- und Freibadkomplexes an die Beklagte bislang nicht erfüllt hat. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die obigen Ausführungen unter Ziffer II Bezug genommen.
80
2. Der – nach herrschender Meinung als schlichte Anregung auszulegende (vgl. Karsten Schmidt/Brinkmann in Münchener Kommentar zur ZPO, § 770 Rn. 5; Kern in Stein/Jonas, ZPO, § 779 Rn. 1; Herget in Zöller, ZPO, § 770 Rn. 1; a. A. Spohnheimer in Wieczorek/Schütze, ZPO, § 770 Rn. 5) – unter Ziffer 3 gestellte Antrag, die Zwangsvollstreckung aus dem Vollstreckungstitel bis zur Rechtskraft des Urteils einstweilen einzustellen, ist gemäß § 770 Satz 1, § 769 ZPO zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
81
Die Entscheidung über den Erlass einstweiliger Anordnungen nach § 770 ZPO steht im Ermessen des Gerichts, folgt aber grundsätzlich der Entscheidung in der Hauptsache (vgl. Karsten Schmidt/Brinkmann in Münchener Kommentar zur ZPO, § 770 Rn. 6).
82
Im vorliegenden Fall ist eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht gerechtfertigt, weil der Kläger in der Hauptsache unterliegt. Unabhängig davon ist auch nicht ersichtlich, dass derzeit eine Zwangsvollstreckung aus dem Teil-Beschluss des Senats vom 13. Dezember 2023 gegen den Kläger möglich wäre, solange dieser nicht den unmittelbaren Besitz an dem Hallen- und Freibadkomplex erlangt.
83
3. Der Antrag zu Ziffer 4 auf Aufhebung der Besitzeinweisung der Beklagten im Wege einer einstweiligen Anordnung geht bereits deshalb ins Leere, weil eine solche Besitzanweisung aufgrund der auf Antrag der Pächterin erfolgten einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das Amtsgericht Gemünden a. Main nicht stattgefunden hat.
84
Die nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsätze der Parteien geben keine Veranlassung, das Verfahren nach § 156 ZPO wiederzueröffnen.
85
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
86
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
87
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
88
Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die von dem vorliegenden Fall aufgeworfene Rechtsfrage, inwieweit der Kläger im Rahmen einer Vollstreckungsabwehrklage mit materiell-rechtlichen Einwendungen gegen den durch den Schiedsspruch festgestellten Anspruch, die er bereits im Vollstreckbarerklärungsverfahren hätte geltend machen können, präkludiert ist, hat durch die zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs bereits eine hinreichende Klärung erfahren.
89
Die Zulassung der Revision ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Mit seiner auf den konkreten Umständen des Einzelfalls beruhenden Entscheidung weicht der Senat nicht von der Rechtsprechung anderer Obergerichte ab.