Inhalt

VG Bayreuth, Beschluss v. 08.07.2024 – B 8 E 24.573
Titel:

Vorrang der Gleichwertigkeitsprüfung zur Kenntnisprüfung für Ärzte aus Drittstaaten

Normenketten:
BÄO § 3, § 10
ÄApprO § 34, § 37
VwGO § 75, § 123 Abs. 1 S. 2
Leitsätze:
1. Die zuständige Behörde darf im Approbationsverfahren nicht auf die vorgeschriebene Gleichwertigkeitsprüfung verzichten und direkt eine Kenntnisprüfung verlangen (BeckRS 2023, 28609). Gemäß § 3 Abs. 3 iVm Abs. 2 BÄO ist die Approbation an Ärzte aus Drittstaaten zu erteilen, wenn die Gleichwertigkeit der Ausbildung festgestellt wird; nur bei negativem Ergebnis ist eine Kenntnisprüfung zulässig. Ein Verzicht auf die Gleichwertigkeitsprüfung oder eine Wahlmöglichkeit zwischen den Prüfungen ist ausgeschlossen, unabhängig vom Einverständnis der betroffenen Person. Die Ergebnisse einer vom Gesetz nicht vorgesehenen Prüfung können den Berufszugang nach § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BÄO nicht versperren (BeckRS 2009, 31186). (Rn. 25 – 28 und 40) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Ermessensfehler liegt vor, wenn der Versagungsbescheid die von den Prüfern empfohlenen Einschränkungen der ärztlichen Tätigkeit – nur unter Aufsicht eines approbierten Arztes, nicht eigenständig und nicht in Bereitschaftsdiensten – unberücksichtigt lässt. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anordnungsanspruch auf Verlängerung der Erlaubnis zur vorübergehenden, Ausübung des ärztlichen Berufs, rechtswidrig durchgeführte nicht bestandene Kenntnisprüfung, Gleichwertigkeitsprüfung, Kenntnisprüfung, Ermessen
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 16.08.2024 – 21 CE 24.1212
Fundstelle:
BeckRS 2024, 22299

Tenor

1. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, über den Antrag des Antragstellers auf Verlängerung der Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufs unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Im Übrigen wird der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Parteien je zur Hälfte.
3. Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrt der Antragsteller die vorläufige Verlängerung der ärztlichen Berufserlaubnis bis zum 31. Dezember 2024.
2
Der Antragsteller hat seine ärztliche Ausbildung an der Staatlichen Medizinischen Universität … (Armenien) absolviert und im Jahr 2016 abgeschlossen. Am 19. November 2021 beantragte er bei der Regierung von A. … die Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufs und stellte am 19. September 2022 bei der Regierung von B. … den Antrag auf Erteilung der Approbation als Arzt. Ihm wurde von der Regierung von A. … eine Berufserlaubnis als Arzt vom 10. Juli 2022 bis zum 9. Juli 2024 erteilt (Bescheid vom 1. Juli 2022). Vom 25. Juli 2022 bis zum 4. April 2024 war er in Vollzeit in der Abteilung für Innere Medizin bei den Kliniken … eingesetzt. Am 8. April 2024 wechselte er in die Allgemeinchirurgische Abteilung.
3
Auf dem Formblatt des Antrags auf Erteilung der Approbation sind verschiedene Erklärungen hinterlegt, die vom Antragsteller angekreuzt werden können, u.a. „Ich erkläre, dass ich auf die Durchführung der Gleichwertigkeitsprüfung verzichte und beantrage die Teilnahme an der sogenannten Kenntnisprüfung.“ Der Kläger wählte diese Erklärung durch Ankreuzen aus. Die Regierung von B. … übersandte dem Kläger mit Schreiben vom 7. Juni 2023 ein weiteres Formblatt, mit folgendem Inhalt: „Antrag: Hiermit verzichte ich auf die Gleichwertigkeitsprüfung meines Ausbildungsstands und beantrage die Teilnahme an der Kenntnisprüfung.“ Der Kläger unterschrieb diese Erklärung am 20. Juni 2023.
4
Die Kenntnisprüfung, die der Antragsteller nicht bestand, fand am 13. März 2024 statt.
5
Auf dem Beiblatt zur Prüfung wurden vom Vorsitzenden der Prüfungskommission folgende vorhinterlegten Felder angekreuzt:
„Die Ausübung einer ärztlichen Tätigkeit kann wegen einer möglichen Patientengefährdung nicht empfohlen werden.“
„Die ärztliche Tätigkeit sollte wegen Patientengefährdung weiter eingeschränkt werden:
- nur in Anwesenheit oder unter Aufsicht einer/s approbierten Arztes/Ärztin
- grundsätzlich
- Bereitschafts-, Notfall-, Wochenend- und Nachtdienste dürfen nicht wahrgenommen werden.“
6
Auf dem Formblatt wurde zudem angekreuzt, dass in den Bereichen Innere Medizin und Chirurgie wesentliche Defizite bestehen. Zudem wurde an dieser Stelle handschriftlich das Wort Dermatologie ergänzt. Angekreuzt wurde zudem, dass eine mögliche Patientengefährdung festgestellt wurde.
7
Die tragenden Gründe für das Nichtbestehen wurden wie folgt dokumentiert:
„Ausgeprägte sowohl theoretische und praktische Defizite in allen der geprüften Fächer; Appendizitiszeichen falsch untersucht, Zugangsweg für den Wechselschnitt nicht gewusst; Differentialdiagnosen bei Lymphknotenschwellung nicht gewusst. Begriffe (…) Patella; ABCDE Regel nicht gewusst, Melanom sollte biopsiert werden.
Gegenstand der Prüfung: Chirurgie: Patientenvorstellung: Differentialdiagnosen (…) Leiste – Diagnostik, Appendizitiszeichen (Blinddarm-Entzündungszeichen), körperliche Untersuchung, Head Zonen; Operative Chirurgie, laparoskopische Appendektomie vs. offene Appendektomie, Wechselschnitt warum – Bauchwand
Innere Medizin: Lymphknotenschwellung – Untersuchung am Hals – Differentialdiagnosen Sonographie Schnittbildgebung – Staging CT, Lymphknoten Exstirpation; palliative vs. kurative Therapie, Hodgkin Lymphom
Dermatologie: HPV assoziierte Hautveränderungen, Condylome – Abtragungsverfahren, Laser CO₂ (…), Melanom, ABCDE Regel, Klinische Einteilung (superfiziell spreitendes malignes Melanom), Sentinel Lymphknoten Exstirpation
Die Prüfungskommission kam zu dem Schluss, dass die Ausübung der ärztlichen Tätigkeit wegen einer möglichen Patientengefährdung nicht empfohlen werden kann.“
8
Mit Schreiben vom 26. März 2024 fragte die Regierung von B. … beim Bevollmächtigten des Antragstellers nach, ob die Kenntnisprüfung wiederholt werden soll. Der Antrag auf Erteilung der Approbation werde abgelehnt, wenn der Antrag auf Kenntnisprüfung nicht bis zum 7. Mai 2024 eingehe. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass gegen die Mitteilung des Prüfungsergebnisses Widerspruch und Klage möglich sei. Das Schreiben enthält eine Rechtsbehelfsbelehrung.
9
Die interne Sachverständige der Regierung von B. … vertrat mit interner E-Mail vom 28. März 2024 die Ansicht, dass die Berufserlaubnis wegen einer möglichen Patientengefährdung widerrufen werden sollte. Sie erstellte dazu auch eine Stellungnahme vom 28. März 2024, wonach der Antragsteller Differentialdiagnosen häufiger und grundlegender Krankheitsbilder der Chirurgie und Inneren Medizin nicht erkannt und nicht gewusst habe. Unkenntnisse über Lymphknotenschwellung könnten im Nichterkennen potentiell lebensbedrohlicher Krankheitsbilder mit akutem Handlungsbedarf enden wie z.B. bei Lymphknotenkrebs, akute bakterielle, virale Entzündungen, Wundrose, Lymphabflussstörung als postoperative Komplikationen. Ein „Übersehen“ einer akuten Blinddarmentzündung könne ebenso mit Todesfolge enden. Unkenntnisse über den Wechselschnitt bei Appendektomie zeigten grundlegende Mängel hinsichtlich der menschlichen Anatomie. Unkenntnisse der ABCDE Regel beim Malignen Melanom (schwarzes Hautkrebs) gingen einher mit der Unfähigkeit, ein Muttermal initial als „auffällig“ zu erkennen, was dazu führen könnte, dass Patienten zu spät zu einem Hautarzt verwiesen werden. Die ABCDE Regel müsse von jedem Arzt beherrscht werden, sei es durch den Hausarzt in der alltäglichen Versorgung, von der Gynäkologin bei einer „komischen Hautveränderung“ am Gesäß der Patientin oder vom Chirurgen, der nebenbefundlich einen „komischen schwarzen Fleck“ am Sprunggelenk seines Patienten entdecke. Auch diese Unkenntnis könne in einer akuten Patientengefährdung mit Todesfolge enden. Die vorübergehende Ausübung des ärztlichen Berufs könne wegen einer möglichen Patientengefährdung aus medizinischer Sicht nicht befürwortet werden.
10
Der Antragsteller ließ durch seinen Bevollmächtigten mit beim Verwaltungsgericht Bayreuth am 13. April 2024 eingegangenem Schreiben Anfechtungsklage gegen die Kenntnisprüfung und zugleich Verpflichtungsklage auf Fortführung des Approbationsverfahrens mit einer Gleichwertigkeitsprüfung erheben. Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen … geführt.
11
Die Regierung von B. … fragte bei den Prüfern nach, ob eine Prüfung im Fach Dermatologie erfolgt sei oder ob es sich um grundlegende medizinische Fragen gehandelt habe. Hierzu teilte der Oberarzt Dr. med. … mit Schreiben vom 26. April 2024 mit, dass es sich um grundlegende ärztliche Basiskenntnisse der körperlich-klinischen Untersuchung handele, die zum allgemeinen onkologischen Grundwissen aller Ärzte sowie zum internistischen Fachbereich gehöre. Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende der Prüfungskommission Prof. Dr. med. … mit Schreiben vom 26. April 2024 und die Ärztin Dr. med. … mit Schreiben vom 29. April 2024.
12
Der Antragsteller beantragte am 28. Mai 2024 die Verlängerung seiner Berufserlaubnis. Er reichte bei der Regierung von B. … mit Schreiben vom 6. Mai 2024 und 28. Juni 2024 die Dokumente und Unterlagen für die Durchführung der Gleichwertigkeitsprüfung ein (fernmündliche Bestätigung durch den Bevollmächtigten des Antragstellers).
13
Zudem ließ der Antragsteller der Regierung von A. … mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 4. Juni 2024 (zu einem von der Regierung von A. … angedachten Widerruf der Berufserlaubnis) mitteilen, dass sich der Antragsteller derzeit in einem rechtswidrigen Verfahrensstadium befinde, da er nicht auf die Durchführung der Gleichwertigkeitsprüfung hätte verzichten dürfen (vgl. ThürOVG, B.v. 27.4.2021 – 3 EO 769/20). Erst wenn die Gleichwertigkeitsprüfung wesentliche Unterschiede im Ausbildungsstand des Antragstellers offenbare und diese nicht durch besondere individuelle Kenntnisse und Erfahrungen ausgeglichen werden, sei als nächster Schritt eine Kenntnisprüfung nach § 3 Abs. 3 Satz 3 Bundesärzteordnung (BÄO) abzulegen. Erst bei einer festgestellten Nicht-Gleichwertigkeit hätte der Kläger noch einmal drei Kenntnisprüfungsversuche. Hierbei seien die bereits durchgeführten Kenntnisprüfungsversuche vor der dokumentenbasierten Prüfung hinfällig. Es sei festzustellen, dass die Empfehlungen der Prüfungskommission aufgrund der sich widersprechenden Empfehlungen keine Entscheidungsgrundlage für einen Widerruf der Berufserlaubnis darstellen können. Ebenso ungeeignet sei die Stellungnahme der Sachverständigen der Regierung von B. …, die die stichwortartig knappe Schilderung des Prüfungsablaufes wortreich interpretiert und dabei übersehen habe, dass im Rahmen der Kenntnisprüfung ausschließlich die Fächer Chirurgie und Innere Medizin geprüft werden dürfen. Rein fachärztliche Bereiche, wie hier die Dermatologie, könnten auch nicht mit dem Hinweis auf eher allgemeinmedizinische Themen zum Inhalt der Prüfung erklärt werden. Es handele sich um einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff. Wenn die rechtswidrige Durchführung der Kenntnisprüfung keinerlei Auswirkungen auf die durchzuführende Gleichwertigkeitsprüfung habe, so könne sie erst recht nicht zu einem Widerruf der Berufserlaubnis führen, da mögliche im Rahmen der Gleichwertigkeitsprüfung angenommene Defizite der medizinischen Ausbildung durch Berufserfahrung und lebenslanges Lernen ausgeglichen werden können. Hierzu zählten auch die im Rahmen der unter Geltung einer Berufserlaubnis erworbenen praktischen Kenntnisse und Fähigkeiten. Durch den angekündigten Widerruf der Berufserlaubnis werde dem Antragsteller jegliche Möglichkeit genommen, während der zu erwartenden nicht unerheblichen Bearbeitungszeit des Approbationsantrages unter Durchführung der Gleichwertigkeitsprüfung mögliche absehbare Defizite durch Berufstätigkeit auszugleichen. Der Antragsteller sei in der chirurgischen Abteilung der Kliniken … tätig, um ein möglicherweise vorhandenes Defizit im Fach Chirurgie schnellstmöglich auszugleichen.
14
Die Regierung von A. … teilte mit Schreiben vom 11. Juni 2024 mit, dass sie einen Widerruf der Berufserlaubnis aus verwaltungsökonomischen Gründen nicht mehr weiterverfolge, den Antrag auf Erteilung der Berufserlaubnis aber ablehnen werde und Gelegenheit gebe, den Antrag bis zum 10. Juli 2024 zurückzunehmen. Es liege zwar ein besonderer Einzelfall nach § 10 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 BÄO vor, in Ausübung des Ermessens bestehe aber kein Anspruch auf Verlängerung der Berufserlaubnis. Dies ergebe sich aus einer möglichen Patientengefährdung, welche auf Grund der nicht bestandenen Kenntnisprüfung und der Stellungnahme der Sachverständigen der Regierung von B. … abgeleitet werde. Die doppelte Ankreuzung im Prüfungsprotokoll lasse keinen Zweifel, dass eine mögliche Patientengefährdung bestehe. Es könne nur nicht klar erkannt werden, welchen Umgang die Prüfungskommission mit diesem Ergebnis empfehle. Diesem Mangel trage die ergänzende Stellungnahme der Sachverständigen der Regierung von B. … Rechnung. Die Besorgnis einer Patientengefährdung bestehe zweifelsfrei. Der tatsächliche Eintritt einer konkreten Patientengefährdung hänge dabei im Klinikalltag erfahrungsgemäß auch vom Zufall ab. Dass es bisher zu keinem Schaden an einem Patienten gekommen ist, sei deshalb nicht allein aussagekräftig. Die Praxiserfahrung zeige, dass Inhaber mit einer Berufserlaubnis trotz der eigentlich damit einhergehenden Aufsichtspflicht für den Arbeitgeber häufig mit der Wahrnehmung von Bereitschafts-, Nacht-, Notfall- und Wochenenddiensten betraut werden. Hierbei bestehe regelmäßig nur eine (telefonische) Rufbereitschaft eines supervidierenden Arztes. Der Antragsteller habe in der Prüfung gezeigt, dass er lebensbedrohliche Differentialdiagnosen für Lymphknotenschwellung und korrekte Blinddarmuntersuchung nicht gewusst habe. Würden derlei Fehler in der Praxis zu einem Nichterkennen lebensbedrohlicher Zustände führen, wäre deshalb auch anzunehmen, dass Hilfe durch supervidierende Ärzte nicht oder nicht rechtzeitig in Anspruch genommen werden würde. Dies könne bei bestimmten Erkrankungen, wie eben den beiden Beispielen aus der Prüfungssituation, schlimmstenfalls den Tod der Patienten nach sich ziehen. Der ausnahmsweisen Verlängerung der Berufserlaubnis stehe § 10 Abs. 2 Satz 1 BÄO und § 34 Abs. 5 Satz 2 Approbationsordnung für Ärzte (ÄApprO) im Wege. Bei der Entscheidung über die Erteilung oder Verlängerung einer Berufserlaubnis müssten der Ausbildungsstand des Antragstellers einschließlich der nachgewiesenen einschlägigen Berufserfahrung sowie auch – soweit bereits vorhanden – Feststellungen des Bescheides nach § 3 Absatz 2 Satz 8 BÄO und der Niederschrift über die staatliche Kenntnisprüfung nach § 37 Absatz 7 ÄApprO berücksichtigt werden. Je nach gezeigtem Wissensstand müsse eine Berufserlaubnis mit den nötigen Einschränkungen versehen werden, um eine Gefährdung der öffentlichen Gesundheit und der Patienten auszuschließen. Sollten Einschränkungen nicht ausreichend sein, um eine Gefährdung der öffentlichen Gesundheit und des Patientenschutzes mit der dafür nötigen Sicherheit auszuschließen, sei eine Erlaubnis zu versagen. Ein Verwertungsverbot bestehe nicht, da der Schutz der Patienten das Interesse an einem korrekten Verfahrensablauf im Anerkennungsverfahren überwiege. Eine Sperre des Berufszugangs liege nicht vor, da der Antragsteller den ärztlichen Beruf in folgenden Fällen ausüben könne: bei Feststellung der Gleichwertigkeit seiner Ausbildung im Gutachtenverfahren, durch Bestehen der Kenntnisprüfung oder durch erneute Ablegung der Kenntnisprüfung, aus der sich ergebe, dass sich auch bei Nichtbestehen keine Patientengefährdung ergebe. Noch fehlendes theoretisches Wissen könne sich der Antragsteller durch Hospitationen und die Wahrnehmung von Kursen zur Vorbereitung auf die Kenntnisprüfung aneignen. Auch einer weiteren Beschäftigung als Hilfskraft im Klinikalltag (ohne Ausübung der Heilkunde am Patienten) stehe nichts im Wege, wodurch er seinen Lebensunterhalt weiterhin berufsnah verdienen könne.
15
Mit Schreiben vom 28. Juni 2024, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tage, ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten beantragen,
dem Antragsgegner unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO aufzugeben, die Verlängerung der dem Antragsteller erteilten Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufs als Arzt für den Zeitraum vom 10. Juli 2024 bis 31. Dezember 2024 auszusprechen.
16
Zur Begründung wird ausgeführt, dass der Kläger die Berufserlaubnis benötige, da er eine Facharztweiterbildung zum Internisten anstrebe. Ein besonderer Einzelfall nach § 10 Abs. 3 Satz 1 BÄO liege vor, wenn die Gleichwertigkeitsprüfung nicht innerhalb der nach § 10 Abs. 2 Satz 2 BÄO auf höchstens zwei Jahre befristeten (Berufs-)Erlaubnis habe abgeschlossen werden können (VG München, B.v. 14.5.2018 – M 27 E 18.1578). Aus dem Normzusammenhang ergebe sich, dass eine Verlängerung in Frage komme, wenn das zugrundeliegende Approbationsverfahren aus Gründen andauere, die nicht oder nicht überwiegend aus der Sphäre eines Antragstellers herrühren. Der Gang des Approbationserteilungsverfahrens liege außerhalb der Einflussmöglichkeiten des Antragstellers. Er habe seinen Antrag auf Approbationserteilung bereits am 19. September 2022 gestellt. Die Regierung von B. … habe dem Antragsteller die Möglichkeit eröffnet, auf das Gleichwertigkeitsverfahren zu verzichten, obwohl bekannt sei, dass die Gleichwertigkeitsprüfung obligatorisch sei (SächsOVG, U.v. 29.8.2023 – 2 A 370/22 – juris Rn. 24). Dem Antragsteller sei dadurch die Möglichkeit der Gleichwertigkeitsprüfung abgeschnitten worden ebenso die Möglichkeit, Defizite durch Berufserfahrung durch lebenslanges Lernen auszugleichen. Dieser Ausgleich wäre dem Antragsteller schon im Jahr 2023 möglich gewesen. Ein Verzicht auf die Gleichwertigkeitsprüfung durch den Antragsteller sei nicht möglich (VG Weimar, U.v.16.2.2023 – 8 K 1446/20 We; VG Chemnitz, U.v. 12.5.2022 – 4 K 938/20). Da die Kenntnisprüfung rechtswidrig erfolgt sei, seien auch die Feststellungen der Prüfungskommission nicht verwertbar. Ansonsten liege eine Ungleichbehandlung von Antragstellern vor, die nicht auf die Gleichwertigkeitsprüfung verzichteten. Würde man contra legem davon ausgehen, dass aus einer im Vorfeld der Gleichwertigkeitsprüfung durchgeführten Kenntnisprüfung im Fall des Nichtbestehens Rechtsfolgen abgeleitet werden können, hätte dies die Konsequenz, dass wegen des scheinbar durch die Prüfungskommission dokumentierten mangelnden medizinischen Wissens auch die anschließende Prüfung der Gleichwertigkeit und ein Defizitausgleich durch Berufstätigkeit obsolet würden und damit in letzter Konsequenz auch die Erteilung der Approbation mangels Wissen versagt werden müsste. Zudem stünden die Feststellungen der Prüfungskommission zueinander im Widerspruch. Soweit die Regierung von A. … ausführe, dass die Praxiserfahrung zeige, dass der Arbeitgeber die Ärzte mit Wahrnehmung von Bereitschafts-, Nacht-, Notfall- und Wochenenddiensten betraue, so werde nicht berücksichtigt, dass der Antragsteller bereits seit 25. Juli 2022 unter Anleitung und unter Aufsicht tätig gewesen sei. § 34 Abs. 5 Satz 2 ÄApprO sehe vor, dass die Erlaubnis zu versagen sei, wenn die Gefährdung der öffentlichen Gesundheit durch Einschränkungen und Nebenbestimmungen nicht ausgeschlossen werden könne. Die Dauer der Verlängerung der Berufserlaubnis sei auf ein halbes Jahr beschränkt, denn so lange dauere die Gleichwertigkeitsprüfung. Als Anlage zum Antrag befindet sich ein Zeugnis der Kliniken … vom 21. Juni 2024 über die praktische Ausbildung in der Abteilung für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie (Einsatz ab 8. April 2024) sowie ein Zeugnis des Chefarztes der Inneren Abteilung vom 4. April 2024. Zudem wurde ein Schreiben vom 1. Juli 2024 vorgelegt, in welchem bestätigt wurde, dass der Antragsteller unbefristet als Assistenzarzt bei den Kliniken … beschäftigt sei.
17
Mit Schreiben vom 4. Juli 2024 beantragte der Antragsgegner,
den Antrag abzulehnen.
18
Zur Begründung wird auf das Schreiben vom 11. Juni 2024 Bezug genommen. Es sei zu betonen, dass die Ergebnisse der erfolglos abgelegten Kenntnisprüfung vom 13. März 2024 sowie die ergänzende Stellungnahme der internen Sachverständigen der Regierung von B. … eine Patientengefährdung bei einer weiteren Berufsausübung befürchten ließen.
19
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakte (auch im Verfahren …) sowie das Vorbringen der Beteiligten Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO analog).
II.
20
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen notwendig erscheint. Dies setzt gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO voraus, dass der Antragsteller einen Anordnungsanspruch in der Form eines subjektiv-öffentlichen Rechts auf das begehrte Verwaltungshandeln und einen Anordnungsgrund, bestehend in einer Eilbedürftigkeit, glaubhaft macht. Ist der Antrag – wie hier – auch nur auf die einstweilige Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet, sind an Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund erhöhte Anforderungen zu stellen. Der Erlass einer entsprechenden Anordnung kommt dann grundsätzlich nur in Betracht, wenn ein Obsiegen in der Hauptsache bei summarischer Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist und dem Antragsteller ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung schwere und unzumutbare Nachteile entstünden, die auch bei einem späteren Erfolg in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnten (BayVGH, B.v. 18.9.2018 – 21 CE 18.1100 – juris Rn. 20).
21
Der zulässige Antrag ist teilweise begründet.
22
1. Der Anordnungsgrund liegt vor, da die Berufserlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufs nur bis zum 9. Juli 2024 erteilt wurde.
23
2. Ein Anordnungsanspruch ergibt sich daraus, dass eine Hauptsacheklage zulässig und zumindest hinsichtlich einer Verbescheidung durch den Antragsgegner unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts auch begründet wäre. Ein Anspruch auf Erteilung der vorübergehenden Erlaubnis besteht allerdings nicht, da dem Antragsgegner diesbezüglich ein Ermessen zusteht und eine Ermessensreduktion auf Null nicht angenommen werden kann.
24
a) Hinsichtlich der Prüfung der Erfolgsaussichten einer Hauptsacheklage ist auszuführen, dass eine solche nach § 75 VwGO zulässig wäre, obwohl der Antragsgegner über den Antrag des Antragstellers vom 23. Mai 2024 (eingegangen beim Antragsgegner laut Eingangsstempel am 27. Mai 2024) noch nicht entschieden hat. Eine Hauptsacheklage wäre nach § 75 Satz 1 VwGO zulässig, da über den Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht entschieden wurde. Zwar kann nach § 75 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO eine Klage grundsätzlich nicht vor Ablauf von drei Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden. Etwas anderes gilt aber nach § 75 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO, wenn auf Grund der besonderen Umstände des Einzelfalls eine kürzere Frist geboten erscheint. Dies ist hier der Fall, da ein Zuwarten des Antragstellers im Hinblick auf den Ablauf der bereits erteilten Berufserlaubnis (am 9. Juli 2024) zu Beeinträchtigungen führen würde und er gezwungen wäre, seinen Unterhalt anderweitig zu bestreiten oder ggf. Sozialleistungen zu beantragen (Wöckel in Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 75 Rn 8 zu den besonderen Umständen). Ein zureichender Grund für die Nichtentscheidung liegt nicht vor, da die Regierung von A. … bereits mit Schreiben vom 11. Juni 2024 zu verstehen gab, den Antrag abzulehnen. Zwar wurde in dem Schreiben eine Frist zur Anhörung bis zum 10. Juli 2024 gesetzt. Die Behörde musste aber wissen, dass dem Antragsteller an einer baldigen Entscheidung gelegen ist, da die vorübergehende Berufserlaubnis nur bis zum 9. Juli 2024 erteilt wurde. Zudem wurde der Antragsteller bereits zu einem Widerruf der Berufserlaubnis angehört (E-Mail vom 14. Mai 2024), sodass der Antragsteller Gründe für den Erhalt der Berufserlaubnis bereits schon mit Schreiben vom 4. Juni 2024 vorgetragen hatte. Über den Antrag hätte somit zumindest bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts eine Entscheidung durch die Behörde getroffen werden können.
25
b) Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass eine Verpflichtungsklage in der Hauptsache zumindest insoweit begründet wäre, als er einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Prüfung seines Antrags (auf einstweilige Verlängerung der Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufs gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 BÄO in Verbindung mit § 34 ÄApprO) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts hat. Eine diesbezügliche Klage wäre insoweit nach summarischer Prüfung begründet.
26
aa) Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 BÄO kann Personen, die eine abgeschlossene Ausbildung für den ärztlichen Beruf nachweisen, eine Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufs erteilt werden. Die Erteilung einer entsprechenden Erlaubnis steht bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 BÄO im Ermessen der zuständigen Behörden. Sie ist aber, wie sich aus der Regelung des § 10 Abs. 2 Satz 2 BÄO ergibt, nur widerruflich und nur bis zu einer Gesamtdauer von zwei Jahren der ärztlichen Tätigkeit im Geltungsbereich der Bundesärzteordnung zu erteilen. Gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 BÄO darf sie ausnahmsweise über diese zwei Jahre hinaus im besonderen Einzelfall oder aus Gründen der ärztlichen Versorgung erteilt oder verlängert werden, wenn eine Approbation wegen Fehlens der Voraussetzungen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BÄO nicht erteilt werden kann. Bei dem „besonderen Einzelfall“ und den „Gründen der ärztlichen Versorgung“ handelt es sich um Rechtsbegriffe, die der vollständigen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegen. Sie dienen nicht nur öffentlichen Interessen, sondern zugleich auch dem subjektiven Interesse des Antragstellers (BVerwG, U.v. 4.2.1982 – 3 C 19.81 – juris Rn. 23 ff.).
27
Die Annahme eines besonderen Einzelfalls im Sinne des § 10 Abs. 3 Satz 1 BÄO setzt voraus, dass sich die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers wesentlich von denjenigen anderer Antragsteller unterscheiden (VG Bremen, B.v. 22.10.2018 – 5 V 2130/18 – juris Rn. 12). Dabei kommt es auf eine zusammenfassende Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls an, insbesondere der persönlichen und beruflichen Situation des Bewerbers sowie seiner Integration in die hiesigen Berufs- und Lebensverhältnisse, wobei auch das Zusammentreffen mehrerer atypischer Merkmale einem Fall die geforderte Besonderheit verleihen kann. Zu den Aspekten, die im Rahmen dieser Einzelfallprüfung herangezogen werden können, kann neben dem Familienstand unter anderem auch die aufenthaltsrechtliche sowie die staatsangehörigkeitsrechtliche Situation eines ausländischen Arztes gehören (vgl. BayVGH, B.v. 12.4.2018 – 21 CE 18.136 – juris Rn. 19). Ausgangspunkt der Beurteilung ist jedoch, dass der Gesetzgeber in § 10 Abs. 2 BÄO grundsätzlich davon ausgeht, dass die Dauer der Berufserlaubnis von vornherein höchstens zwei Jahre beträgt und innerhalb dieses Zeitraums die Voraussetzungen für die Erteilung der Approbation hergestellt werden müssen (vgl. BT-Drs. 17/7218 S. 42). Ein besonderer Einzelfall kann in Abwägung der betroffenen Rechtsgüter ausnahmsweise aber auch dann vorliegen, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung der Approbation innerhalb der zwei Jahre nach § 10 Abs. 2 Satz 2 BÄO nicht hergestellt werden konnten. Aus dem Normzusammenhang ergibt sich, dass eine Verlängerung grundsätzlich nur dann infrage kommen kann, wenn das zugrundeliegende Approbationsverfahren aus Gründen andauert, die nicht oder nicht überwiegend aus der Sphäre des Antragstellers herrühren (VG Bremen, B.v. 22.10.2018 – 5 V 2130/18 – juris Rn. 25).
28
So liegt der Fall hier. Unstreitig hat die Regierung von B. … die Gleichwertigkeitsprüfung nicht durchgeführt. Nach der Rechtsprechung ist die zuständige Behörde nicht berechtigt, im Rahmen des Approbationsverfahrens auf eine Gleichwertigkeitsprüfung der ärztlichen Ausbildung zu verzichten und die Teilnahme an einer Kenntnisprüfung zu fordern. Hierzu hat das SächsOVG im Urteil vom 29. August 2023 – 2 A 370/22 – juris Rn. 24 f. (auch unter Bezugnahme auf ThürOVG, B.v. 27.4.2021 – 3 EO 769/20 – juris Rn. 25) Folgendes ausgeführt:
„Die Kenntnisprüfung hätte wegen des Vorrangs der Gleichwertigkeitsprüfung nicht durchgeführt werden dürfen. Dies ergibt sich aus dem in § 3 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 BÄO geregelten Verfahren zur Erteilung der ärztlichen Approbation an Ärzte aus Drittstaaten. Gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 BÄO ist in einem Drittstaat ausgebildeten Ärzten die Approbation zu erteilen, wenn die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes gegeben ist. Für die Prüfung der Gleichwertigkeit verweist § 3 Abs. 3 Satz 2 BÄO auf die für EUangehörige und gleichgestellte Personen geltende Bestimmung § 3 Abs. 2 Satz 2 bis 6 sowie 8 und 9 BÄO.
(..) Liegen wesentliche Unterschiede nach den Sätzen 3 bis 5 vor, müssen die Antragsteller nachweisen, dass sie über die Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen, die zur Ausübung des Berufs des Arztes erforderlich sind. Über die Feststellung der wesentlichen Unterschiede, die zur Auferlegung einer Eignungsprüfung führt, ist den Antragstellern spätestens vier Monate, nachdem der zuständigen Behörde alle erforderlichen Unterlagen vorliegen, ein rechtsmittelfähiger Bescheid zu erteilen. Gemäß § 3 Abs. 3 Satz 3 BÄO wird der Nachweis der erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten durch das Ablegen einer Prüfung erbracht, die sich auf den Inhalt der staatlichen Abschlussprüfung bezieht. Gemäß § 3 Abs. 3 Satz 4 BÄO sind die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nach Satz 3 auch nachzuweisen, wenn die Prüfung des Antrags nur mit unangemessenem zeitlichen oder sachlichen Aufwand möglich ist, weil die erforderlichen Unterlagen und Nachweise aus Gründen, die nicht in der Person der Antragsteller liegen, von diesen nicht vorgelegt werden können.
Hieraus folgt der – in der mündlichen Verhandlung vom Beklagen anerkannte – Anspruch der Klägerin auf Durchführung der Gleichwertigkeitsprüfung nach § 3 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. § 3 Abs. 2 Sätze 2 bis 6 BÄO. In Abhängigkeit von deren Ergebnis hat der Beklagte entweder die Approbation zu erteilen (§ 3 Abs. 3 Satz 1 BÄO) oder binnen vier Monaten ab Eingang der vollständigen Unterlagen einen rechtsmittelfähigen Bescheid nach § 3 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. Abs. 2 Satz 8 BÄO zu erlassen. Erst wenn letzterer vorliegt, kann auf dessen Grundlage die Kenntnisprüfung nach § 3 Abs. 3 Satz 3 BÄO stattfinden.
Nach den gesetzlichen Bestimmungen besteht weder eine Wahlmöglichkeit zwischen Gleichwertigkeitsprüfung und Kenntnisprüfung noch kann auf die Gleichwertigkeitsprüfung verzichtet werden (so aber die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von Abgeordneten und der Fraktion der FDP vom 3. Mai 2019 – BT-Drs. 19/9915, S. 4). Vielmehr ergibt sich aus den zitierten Bestimmungen zwingend der Vorrang der Gleichwertigkeitsprüfung. Dies folgt aus dem Wortlaut wie auch aus dem in § 3 Abs. 2 BÄO normierten Verfahrensablauf (auf den § 3 Abs. 3 Satz 2 BÄO verweist) mit der Notwendigkeit eines rechtsmittelfähigen Bescheides über die Feststellung der wesentlichen Unterschiede, die zur Auferlegung einer Eignungsprüfung führt. Entsprechendes ergibt sich aus dem Gesetzgebungsverfahren zur Änderung von § 3 BÄO zum 2. Dezember 2007 (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drs. 16/6458, S. 17 und 169); dort heißt es im Hinblick auf die Regelung in § 3 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BÄO (entspricht aktuell § 3 Abs. 3 Satz 4 BÄO): „Die Regelung zur Kenntnisprüfung in Satz 3 Nr. 2 wirkt zugunsten des Antragstellers. Sie macht deutlich, dass die zuständige Behörde grundsätzlich eine Gleichwertigkeitsprüfung durchzuführen hat und den Antragsteller nur unter den in Satz 3 Nr. 2 präzisierten Voraussetzungen auf eine Kenntnisprüfung verweisen darf. Damit kann die Behörde nicht wegen eines zu hohen Verwaltungsaufwands bei der Gleichwertigkeitsprüfung eine Kenntnisprüfung anordnen.“ Die einzige Ausnahme vom Erfordernis der Gleichwertigkeitsprüfung ist damit der bereits angesprochene § 3 Abs. 3 Satz 4 BÄO. Diese Bestimmung trägt den Beweisschwierigkeiten der Antragsteller Rechnung, die aus nicht selbst verschuldeten Gründen an der Vorlage geeigneter Nachweise gehindert sind (…).
Eine Ladung der Klägerin zur Kenntnisprüfung hätte wegen des Vorrangs der Gleichwertigkeitsprüfung nicht erfolgen dürfen. Hieran ändert auch das von der Klägerin zunächst erklärte Einverständnis mit der vom Beklagten vorgeschlagenen Verfahrensweise nichts.“
29
Dieser Entscheidung schließt sich die Kammer an.
30
Dass ein „besonderer Einzelfall“ vorliegt, hat die Regierung von A. … bereits in ihren Ausführungen im Schreiben vom 11. Juni 2024 bestätigt und Ausführungen zum Ermessen gemacht.
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bb) Die Verlängerung der Erteilung der Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufs stand daher unstreitig im Ermessen des Antragsgegners. Der Antragsgegner hat in seine Ermessensausübung bislang einbezogen, dass eine mögliche Patientengefährdung anzunehmen sei, welche auf Grund der nicht bestandenen Kenntnisprüfung und der Stellungnahme der Sachverständigen der Regierung von B. … abgeleitet werde. Der Antragsteller habe in der Prüfung gezeigt, dass er lebensbedrohliche Differentialdiagnosen für Lymphknotenschwellung und korrekte Blinddarmuntersuchung nicht gewusst habe. Würden derlei Fehler in der Praxis zu einem Nichterkennen lebensbedrohlicher Zustände führen, wäre deshalb auch anzunehmen, dass Hilfe durch supervidierende Ärzte nicht oder nicht rechtzeitig in Anspruch genommen werden würde. Dies könne bei bestimmten Erkrankungen, wie eben den beiden Beispielen aus der Prüfungssituation, schlimmstenfalls den Tod der Patienten nach sich ziehen. Die Praxiserfahrung zeige, dass Inhaber mit einer Berufserlaubnis trotz der eigentlich damit einhergehenden Aufsichtspflicht für den Arbeitgeber häufig mit der Wahrnehmung von Bereitschafts-, Nacht-, Notfall- und Wochenenddiensten betraut werden. Hierbei bestehe regelmäßig nur eine (telefonische) Rufbereitschaft eines supervidierenden Arztes. Der Antragsteller habe in der Prüfung gezeigt, dass er lebensbedrohliche Differentialdiagnosen für Lymphknotenschwellung und korrekte Blinddarmuntersuchung nicht gewusst habe. Würden derlei Fehler in der Praxis zu einem Nichterkennen lebensbedrohlicher Zustände führen, wäre deshalb auch anzunehmen, dass Hilfe durch supervidierende Ärzte nicht oder nicht rechtzeitig in Anspruch genommen werden würde. Dies könne bei bestimmten Erkrankungen, wie eben den beiden Beispielen aus der Prüfungssituation, schlimmstenfalls den Tod der Patienten nach sich ziehen.
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Diese Einschätzung lässt Ermessensfehler erkennen, was im Folgenden ausgeführt wird:
33
(1) Die fachliche Stellungnahme der Regierung von B. … vom 28. März 2024 bejaht eine Patientengefährdung auf Grund der Auswertung der Erkenntnisse aus den Kenntnisprüfungen. Sie führt aus, dass der Antragsteller über mangelnde grundlegende Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten verfüge, die potentiell patientengefährdend einzustufen seien. Im Ergebnis bestätigt die interne Sachverständige der Regierung von B. … die Ausführungen der Prüfer zu den fehlenden Kenntnissen – weitere eigene Erwägungen werden nicht angestellt. Insbesondere setzt sich die Stellungnahme nicht damit auseinander, dass die Prüfer neben der Empfehlung, dass die Ausübung der ärztlichen Tätigkeit nicht empfohlen werde, auch angekreuzt haben, dass wegen Patientengefährdung die ärztliche Tätigkeit nur in Anwesenheit und unter Aufsicht eines approbierten Arztes eingeschränkt werden und nicht in Bereitschaft oder als Notfall –, Wochenend- und Nachtdienst stattfinden solle.
34
Nicht berücksichtigt wurde, dass die Kenntnisprüfung (neben dem bereits festgestellten Fehler) unter einem schwerwiegenden Mangel leidet, da auch das Fach Dermatologie geprüft wurde. Die Durchführung der Kenntnisprüfung nach § 3 Abs. 3 Satz 3 BÄO richtet sich nach § 37 ÄApprO. Sie bezieht sich auf die Fächer Innere Medizin und Chirurgie (§ 37 Abs. 1 Satz 1 ÄApprO). Die Fragestellungen sollen ergänzend folgende Aspekte berücksichtigen: Notfallmedizin, Klinische Pharmakologie/Pharmakotherapie, Bildgebende Verfahren, Strahlenschutz, Rechtsfragen der ärztlichen Berufsausübung (§ 37 Abs. 1 Satz 2 ÄApprO). Zusätzlich kann die zuständige Behörde im Bescheid nach § 3 Abs. 2 Satz 8 BÄO ein Fach oder einen Querschnittsbereich als prüfungsrelevant festlegen, in dem sie wesentliche Unterschiede festgestellt hat, die von Innerer Medizin und Chirurgie nicht umfasst sind (§ 37 Abs. 1 Satz 3 ÄApprO); dieser Satz konnte vorliegend keine Anwendung finden, weil es an einem Bescheid nach § 3 Abs. 2 Satz 8 BÄO fehlte (SächsOVG, U.v. 29.8.2023 – 2 A 370/22 – juris Rn. 31).
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Unter Verstoß gegen § 37 Abs. 1 Satz 1 und 2 ÄApprO wurde der Antragsteller in der Prüfung am 13. März 2024 neben den Fächern Innere Medizin und Chirurgie zusätzlich im Fach Dermatologie geprüft, aus dem die Prüferin Dr. med. … stammte (vgl. deren Stellungnahme vom 29. April 2024). In der Prüfungsniederschrift vom 13. März 2024 ist entsprechend neben „Innere“ und „Chirurgie“ als dritter Prüfungsgegenstand „Dermatologie“ vermerkt. Soweit die Regierung von B. … in der Klageerwiderung im Verfahren … die Ansicht vertritt, es habe sich um Grundkenntnisse der initialen Diagnostik der Dermatologie gehandelt, die jeder Arzt unabhängig von der Fachrichtung im alltäglichen Patientenkontakt beherrschen müsse, ist auszuführen, dass es sich hierbei nicht um Themen gehandelt hat, die unter dem Prüfungspunkt „Innere Medizin“ oder „Chirurgie“ abgefragt wurden, sondern unter dem eigenen Abschnitt „Derma“ geprüft wurden (vgl. Niederschrift über die staatliche Kenntnisprüfung: „DERMA“ wird als gleichberechtigter Spiegelpunkt zu den beiden anderen Prüfungsthemen aufgeführt). Zudem handelt es sich bei dem Fach Dermatologie um ein eigenständiges Fach (§ 27 Abs. 1 Satz 4 Nr. 6 ÄApprO) (im Ergebnis ebenso SächsOVG, U.v. 29.8.2023 – 2 A 370/22 – juris Rn. 31).
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(2) Soweit der Antragsgegner sich darauf stützt, dass in einem hektischen Klinikalltag nicht sichergestellt werden könne, dass der Antragsteller von einem approbierten Arzt beaufsichtigt werde, so erschließt sich nicht, warum dem Antragsteller die vorübergehende Erlaubnis zur Ausübung des ärztlichen Berufs in fachlich abhängiger Stellung mit Bescheid vom 1. Juli 2022 mit dem Hinweis, dass der Antragsteller nur in abhängiger Stellung unter Anleitung, Aufsicht und Weisung eines approbierten Arztes tätig werden dürfe, erteilt wurde. Eine selbständige Tätigkeit (z.B. aus Anlass von Urlaub oder Krankheit) sei mit dieser Erlaubnis nicht verbunden. Der Zusatz zeigt, dass der Antragsgegner davon ausgeht, dass eine Einschränkung möglich ist. Es ist Sache des beschäftigenden Arbeitsgebers sicherzustellen, dass dies auch eingehalten wird und kann dem Antragsteller angesichts des schweren Eingriffs in das Berufsausübungsrecht nicht angelastet werden.
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(3) Nicht berücksichtigt wurde die Stellungnahme des Chefarztes der Inneren Abteilung der Kliniken … vom 4. April 2024: „Herr … hat das Einarbeitungscurriculum der Inneren Abteilung komplett durchlaufen. Zunächst war er auf einer internistischen Allgemeinstation eingesetzt und hat unter Anleitung eines Oberarztes und zunehmend selbständig Patienten von der Anamnese und körperlichen Befunderhebung über Erstellung eines Diagnostik- und Therapieplans sowie in den täglichen Visiten und Angehörigengesprächen bis zum Entlassgespräch und Verfertigung eines Entlassbriefs vollumfänglich betreut. Die Bewertung von Laborbefunden und deren Einordnung in den klinischen Zusammenhang bereiten ihm keine Schwierigkeiten. Elektrokardiogramme, Langzeit-Blutdruck-Messungen und Langzeit-EKG-Untersuchungen werden von ihm sicher befundet. Erste Schritte in der sonographischen Diagnostik sind getan. Herr … nimmt an den täglichen Röntgenbesprechungen der Inneren Abteilung teil und hat bereits gute Kenntnisse in der Befundung von Röntgenbildern des Thorax und des Abdomens.“
38
Dass sich aus der Beschäftigung des Antragstellers eine konkrete Gesundheitsgefahr ergeben hat oder der Arbeitgeber eine solche potentiell für gegeben erachtet, ergibt sich aus den vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen nicht.
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(4) Schließlich vertritt die Kammer die Auffassung, dass dem Antragsteller durch die rechtswidrige Aufforderung auf den Verzicht der Gleichwertigkeitsprüfung Nachteile entstanden sind, die im Ergebnis dazu führen, dass der Berufszugang versperrt würde, weshalb die Annahme der Prüfer, es liege eine Patientengefährdung vor, im vorliegenden Verfahren nicht verwertbar ist.
40
Für die Beurteilung der Frage, ob ein Anspruch auf Erteilung einer Approbation bei Annahme der Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes (§ 3 Abs. 3 BÄO) besteht, spielt es nach ständiger Rechtsprechung seit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Dezember 2008 – 3 C 33/07 (juris Rn. 32) keine Rolle, wenn eine vom Gesetz nicht vorgesehene Kenntnisprüfung nicht bestanden wurde: „Die Ergebnisse einer vom Gesetz nicht vorgesehenen Prüfung können den Berufszugang nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BÄO nicht versperren. Der mit den Anerkennungsregeln der Bundesärzteordnung verfolgte Schutz der Bevölkerung vor ungeeigneten Ärzten gebietet keine andere Entscheidung.“
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Dieser Grundsatz wurde vom SächsOVG im Beschluss vom 21. Juni 2010 – 4 B 526/09 (juris Rn. 8) in einem Verfahren, das den Widerruf der Berufserlaubnis betraf, auf Erkenntnisse aus einer rechtswidrigen Kenntnisprüfung übertragen: „Der Annahme des Verwaltungsgerichts, dass der Widerruf der Erlaubnis voraussichtlich rechtmäßig sei, dürfte der Einwand der Antragstellerin entgegenstehen, die im Rahmen der Gleichwertigkeits- bzw. Kenntnisstandsprüfung nach § 3 Abs. 2 Satz 3 BÄO erfolgten Feststellungen seien nicht verwertbar, da sie sich dieser Prüfung nicht habe unterziehen müssen. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 11.12.2008 (NJW 2009, 867) im Hinblick auf einen geltend gemachten Approbationsanspruch einer Medizinerin, die ihr Studium ähnlich der Antragstellerin in dem Gebiet der früheren Sowjetunion absolviert hatte, festgestellt, dass die Ergebnisse einer vom Gesetz nicht vorgesehenen Prüfung den Berufszugang nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BÄO nicht versperren können. Die dortige Klägerin hatte die Kenntnisstandsprüfungen zweimal nicht bestanden. Im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG dürfte hinsichtlich des Widerrufs einer Erlaubnis nach § 10 BÄO selbiges gelten, da durch den Widerruf der Erlaubnis der Berufszugang ebenso versperrt wird.“
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Die Kammer nimmt ein Verwertungsverbot auch für die Frage der Erteilung der Berufserlaubnis an. Dafür spricht, dass die Kenntnis der Patientengefährdung nicht zufällig erlangt wurde. Vielmehr lässt der Verfahrensverlauf vorliegend darauf schließen, dass die Regierung von B. … gezielt darauf hinwirkt, dass Antragsteller rechtswidrig auf die Gleichwertigkeitsprüfung verzichten. Dafür spricht, dass bereits im Formblatt des Antrags auf Approbationserteilung ein entsprechendes Kästchen hinterlegt ist und sich ein vorformulierter Antrag auf Verzicht der Gleichwertigkeitsprüfung in der Akte befindet. Die Regierung von B. … kündigte zudem mit Schreiben vom 26. März 2024 an, den Antrag auf Approbation abzulehnen, wenn kein neuer Antrag auf Kenntnisprüfung (im Sinne eines Antrags auf Wiederholung der Kenntnisprüfung) eingereicht würde. Das Verfahren zielt offensichtlich darauf ab, die vom Gesetz vorgeschriebene Gleichwertigkeitsfeststellung (§ 3 Abs. 3 Satz 2 BÄO i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 2 bis 6 BÄO, insbesondere § 3 Abs. 2 Satz 8 BÄO: Anspruch auf Erteilung eines rechtsmittelfähigen Bescheids über die Feststellung der wesentlichen Unterschiede) zu umgehen. Durch dieses Vorgehen werden Antragsteller, die auf die Gleichwertigkeitsprüfung nicht verzichten, besser gestellt, da über diese keine Erkenntnisse aus Kenntnisprüfungen gewonnen werden können. Vielmehr erhalten diese die Möglichkeit, Kenntnisse im Rahmen der ärztlichen Berufspraxis durch lebenslanges Lernen in die Feststellung der Gleichwertigkeit des Ausbildungsstands einzubeziehen (§ 3 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 5 BÄO). Wenn die Regierung von B. … in ihrer Klageerwiderung vom 7. Mai 2024 im Verfahren … schreibt, dass den Antragstellern, die auf die Gleichwertigkeitsfeststellung verzichten, kein Nachteil entstünde (das Verfahren gehe schneller als ein langwieriges Gutachtenverfahren, sei kostengünstiger und es bestehe jederzeit die Möglichkeit des Wechsels in das Gutachtenverfahren), so verkennt sie den Nachteil, der anzunehmen ist, wenn Ergebnisse einer rechtswidrigen Kenntnisprüfung im Rahmen der Erteilung einer Berufserlaubnis berücksichtigt werden. Die Regierung von B. … bringt es im Klageverfahren …im Schreiben vom 2. Juli 2024 sogar selbst auf den Punkt, indem sie ausführt, würde keine mögliche Patientengefährdung bestehen, könnte aus der Sicht der Regierung von B. … wegen der bekannten Rechtsprechung, wenn sämtliche Voraussetzungen erfüllt sind, eine weitere Berufserlaubnis für zwei Jahre erteilt werden. Die Erkenntnisse einer Prüfung, die durch eine offensichtlich rechtswidrige Verwaltungspraxis gewonnen werden, können im Hinblick auf Art. 12 GG den Berufszugang nicht sperren. Der Gesetzgeber hat ganz klar die Gleichwertigkeitsprüfung der Kenntnisprüfung vorangestellt und geht davon aus, dass bei gleichwertigem Ausbildungsstand gerade keine Kenntnisprüfung erfolgen darf. Durch das Vorziehen des Verfahrensschritts bei einzelnen Antragstellern erfolgt zudem ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Hieran ändert auch der erklärte Verzicht des Antragstellers auf die Durchführung des Verfahrens nichts, da nach ständiger Rechtsprechung ein solcher Verzicht nicht erfolgen kann und der Antragsteller die Folgen des Verzichts nicht überblicken kann. Der Antragsteller wurde von der Regierung von B. … zu keinem Zeitpunkt darauf hingewiesen, dass bei Nichtbestehen der Prüfung Auswirkungen auf eine bereits erteilte oder eine noch zu erteilende Berufserlaubnis bestehen. Gründe des Patientenschutzes sprechen ebenfalls nicht dafür, da im Falle der Durchführung des regulären Verfahrens überhaupt keine Kenntnisse aus Prüfungen gewonnen werden können. § 34 Abs. 3 Satz 2 ÄApprO, wonach die Behörde die Niederschrift über die staatliche Kenntnisprüfung nach § 37 Abs. 7 ÄApprO bei der Erlaubniserteilung beizuziehen hat, steht dem ebenfalls nicht entgegen, da eine solche Niederschrift auf Grund der zu diesem Zeitpunkt rechtswidrig durchgeführten Kenntnisprüfung nicht hätte erfolgen dürfen.
43
Sollte die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstands vorliegen, so müsste nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sogar eine Approbation trotz Erkenntnissen über eine Patientengefährdung, welche aus einer rechtswidrigen Kenntnisprüfung gewonnen wurden, erteilt werden. Insofern muss sich erst Recht ein Verwertungsverbot für das Verfahren der Erteilung der Berufserlaubnis ergeben (im Ergebnis ebenso: VG Braunschweig, B.v. 27.1.2022 – 1 B 613/21 – unveröffentlicht: eine dreimal nicht bestandene Kenntnisprüfung steht einer Erteilung der Berufserlaubnis im Ermessenswege nicht entgegen, wenn noch eine Prüfung der Gleichwertigkeit des Ausbildungsstands zu erfolgen hat; a.A. VG Augsburg, B.v. 1.8.2023 – Au 8 S 23.1160 – juris unter Berufung auf VG München, B.v. 9.2.2023 – M 27 SE 23.166 – unveröffentlicht).
44
cc) Eine ermessensfehlerhafte Versagung der Verlängerung der Erlaubnis begründet grundsätzlich nur einen Anspruch auf Verbescheidung. Eine Ermessensreduktion auf Null ist nicht zu erkennen. Der Antrag auf Verbescheidung ist im weitergehenden Verpflichtungsantrag des Antragstellers enthalten (vgl. ebenso VG Bayreuth, B.v. 1.8.2023 – B 10 E 23.553 unter Berufung auf VG Braunschweig, B.v. 27.1.2022 – 1 B 613/21 – unveröffentlicht und Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 113 Rn. 51).
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3. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
46
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an Ziffer 16.3. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Im Hinblick auf das Eilverfahren hält das Gericht eine hälftige Reduzierung des Streitwertes für angemessen.
(vgl. ebenso VG Regensburg, B.v. 20.8.2019 – RN 5 E 19.1457 – juris Rn. 42).