Inhalt

VGH München, Beschluss v. 19.08.2024 – 1 ZB 24.288
Titel:

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Gerichts

Normenketten:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2
BauGB § 35
Leitsätze:
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Rechtsmittelführer muss nach § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2 VwGO konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit falsch ist, wobei "darlegen" insoweit "erläutern", "erklären" oder "näher auf etwas eingehen" bedeutet. Erforderlich ist unter ausdrücklicher oder jedenfalls konkludenter Bezugnahme auf einen Zulassungsgrund eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird; der Rechtsmittelführer muss im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Ablehnung des Antrags auf (nachträgliche) Erteilung einer Baugenehmigung, Bestandskräftige Beseitigungsanordnung, ernstliche Zweifel, Richtigkeit, Gerichtsentscheidung, darlegen, Baugenehmigung, Erteilung, Einfriedung, Außenbereich
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 13.12.2023 – M 29 K 23.4296
Fundstelle:
BeckRS 2024, 22280

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

1
Der Kläger begehrt die (nachträgliche) Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer Einfriedung als Metallgitterzaun mit Betonsockel auf dem Grundstück FlNr. …3, Gemarkung G …
2
Er wurde mit (bestandskräftigem) Bescheid vom 18. April 2017 verpflichtet, die im Außenbereich als Einfriedung errichtete Gabionenwand mit Betonsockel auf seinen Grundstücken FlNrn. …17, …16, …19, die bis zur Veräußerung im September 2019 in seinem Eigentum standen, und auf seinem Grundstück FlNr. …3, jeweils Gemarkung G …, zu beseitigen. Die dagegen erhobene Klage blieb – ebenso wie die Anhörungsrüge – erfolglos (VG München, B.v. 25. 9.2019 – M 29 K 17.2023 und BayVGH, B.v. 19.5.2020 – 1 ZB 19.2395; B.v. 15.7.2020 – 1 ZB 20.1382). Nach Erlass einer Duldungsverfügung gegenüber den neuen Eigentümern stellte der Beklagte das angedrohte Zwangsgeld fällig, drohte ein weiteres Zwangsgeld an und lehnte 2021 den gemeinsam mit den neuen Eigentümern gestellten Antrag auf (nachträgliche) Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer Einfriedungsmauer als Gabionenwand ab. Die dagegen erhobenen Klagen blieben erfolglos (VG München, B.v. 15.9.2021 – M 29 K 21.3147 und M 29 K 20.6240 und BayVGH, B.v. 12.5.2022 – 1 ZB 22.370, 1 ZB 22.463). In der Folge wurden weitere Zwangsgelder angedroht bzw. fällig gestellt. Da die angedrohten Zwangsgelder den Kläger nicht dazu veranlassten, seiner Beseitigungsverpflichtung nachzukommen, drohte ihm der Beklagte 2022 ein weiteres Zwangsgeld an und zuletzt die Ersatzvornahme. Auch die dagegen gerichtete Klage blieb erfolglos (VG München, B.v. 18. 1.2023 – M 29 K 22.5451 und BayVGH, B.v. 11.7.2023 – 1 ZB 23.548).
3
Die streitgegenständliche Klage gegen den zuletzt mit Bescheid vom 7. August 2023 abgelehnten Antrag des Klägers für die Erteilung einer Tekturbaugenehmigung zur Errichtung eines Einfriedungszaunes als Metallgitterzaun mit Betonsockel hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Dem Kläger fehle angesichts der bestandskräftigen Beseitigungsverfügung vom 18. April 2017 das Sachbescheidungsinteresse, da das Bauvorhaben von der vorgenannten Verfügung mitumfasst sei. Überdies genügten die mit dem Bauantrag eingereichten Pläne nicht den Anforderungen der Bauvorlagenverordnung. Das Bauvorhaben sei auch bauplanungsrechtlich unzulässig.
4
Mit dem Zulassungsantrag verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er moniert im Wesentlichen einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz.
5
Der Beklagte tritt dem Zulassungsvorbringen unter Hinweis auf die Darlegungsanforderungen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO entgegen; die Beigeladene hat sich in der Sache nicht geäußert.
6
Ergänzend wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
7
Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (vgl. BVerfG, B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587/17 – BVerfGE 151, 173) ist nicht dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
8
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, B.v. 8.5.2019 – 2 BvR 657/19 – juris Rn. 33; B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838). Der Rechtsmittelführer muss hierfür nach § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit falsch ist (vgl. BayVGH, B.v. 8.10.2020 – 1 ZB 17.2320 – juris Rn. 7; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 62 f.). „Darlegen“ bedeutet insoweit „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“. Erforderlich ist unter ausdrücklicher oder jedenfalls konkludenter Bezugnahme auf einen Zulassungsgrund eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird; der Rechtsmittelführer muss im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (vgl. BayVGH, B.v. 20.4.2016 – 15 ZB 14.2686 – juris Rn. 22).
9
Diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen nicht. Soweit behauptet wird, dass der Akte nicht entnommen werden könne, dass die Gemeinde das gemeindliche Einvernehmen nicht erteilt habe, trifft das nicht zu (vgl. Bl. 24 ff der Baugenehmigungsakte BV-Nr. BA (VV) 2023-0247). Im Übrigen erschöpft sich das Zulassungsvorbringen in der Rüge des Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil der Beklagte, dem die in unmittelbarer Nachbarschaft befindlichen vergleichbaren baulichen Anlagen bekannt sein müssten, sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt habe. Es lässt jegliche Auseinandersetzung mit der (Mehrfach-)Begründung des Verwaltungsgerichts, dass es dem Kläger angesichts der bestandskräftigen Beseitigungsverfügung, die das streitgegenständliche Bauvorhaben umfasse, bereits an dem Sachbescheidungsinteresse fehle (UA Rn. 29), die mit dem Bauantrag eingereichten Pläne nicht den Anforderungen der Bauvorlagenverordnung genügten (UA Rn. 30 ff) und das Bauvorhaben des Klägers auch bauplanungsrechtlich unzulässig sei (UA Rn. 32), vermissen.
10
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1‚ § 47 Abs. 1 und 3‚ § 52 Abs. 1 GKG und entspricht dem vom Verwaltungsgericht festgesetzten Betrag.
11
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).