Titel:
Antragsbefugnis gegen vorhabenbezogenen Bebauungsplan
Normenkette:
VwGO § 47 Abs. 2 S. 1, Abs. 5 S. 1
Leitsatz:
Zu den in die Abwägung einzustellenden Interessen einer gewerblichen Nutzung gehören auch realistisch zu erwartende Erweiterungsabsichten, noch völlig unklare Erweiterungs-, Umnutzungs- oder Bauabsichten muss die Gemeinde hingegen bei ihrer Planung nicht berücksichtigen (vgl. BVerwG BeckRS 1999, 20868). (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Vorhabenbezogener Bebauungsplan, Fehlende Antragsbefugnis, Normenkontrollantrag, Antragsbefugnis, vorhabenbezogener Bebauungsplan, Lärmimmissionen, Umnutzung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 22277
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert wird auf 30.000 € festgesetzt.
Gründe
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Der Antragsteller wendet sich gegen den vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. … „A. -Ost“, den die Antragsgegnerin am 14. Dezember 2022 als Satzung beschlossen und am 22. Dezember 2022 bekannt gemacht hat.
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Das ca. 4 ha große Plangebiet liegt am nordöstlichen Ortsrand von A. , südöstlich der S. Straße, über die es verkehrlich erschlossen ist. Dem im Plangebiet liegenden Gewerbebetrieb, einem Bauunternehmen, soll eine bauliche Erweiterung ermöglicht werden; zudem sollen Wohnangebote für Mitarbeiter vor Ort geschaffen werden. Das bestehende Betriebsgebäude schließt die vorhandene, vorwiegend einzeilige Bebauung entlang der S. Straße, die von einzelnen Freiflächen unterbrochen wird, ab. Der Bebauungsplan erweitert die Betriebsflächen nach Osten und sieht neue Flächen im Süden vor; die Erweiterungsflächen wurden bisher landwirtschaftlich genutzt. Das Plangebiet ist nach der Art der Nutzung in 3 verschiedene Teilbereiche untergliedert, in eine Mischgebietsfläche für die Bestandsgebäude im Westen entsprechend der vorhandenen Bebauung entlang der S. Straße, eine östlich daran anschließende Gewerbefläche (GE 1) sowie eine Gewerbefläche im Süden (GE 2). Die notwendigen Ausgleichsflächen liegen im Plangebiet und umschließen die Gewerbeflächen. Der Flächennutzungsplan wurde im Vorfeld der Planung entsprechend geändert. Der Bebauungsplan setzt die überbaubaren Flächen fest und bestimmt mit einer Grundflächenzahl, der Zahl der Vollgeschosse und der Wandhöhe das Maß der baulichen Nutzung. Neben der Erstellung des Umweltberichts, der eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung enthält, wurde eine Baugrunduntersuchung zur Regenwasserversickerung, eine schalltechnische Begutachtung sowie eine Probe-Blendsimulation für Photovoltaikmodule durchgeführt; die Gutachten liegen der Begründung des Bebauungsplans bei. Aufgrund des Schallgutachtens wurden im Bebauungsplan Festsetzungen zum Lärmschutz getroffen, u.a. wurden für die begutachteten Immissionsorte Immissionsrichtwerte festgelegt.
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Der Vorhaben- und Erschließungsplan, der Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans ist, sieht im Wesentlichen den Neubau eines Bürogebäudes im Norden, den Neubau einer Lehmhalle (Lager- und Produktionshalle im Obergeschoss und Maschinenhalle im Erdgeschoss) im Osten, die teilweise Aufstockung des Bestandsgebäudes mit Wohnungen im Obergeschoss im Westen, die Erweiterung des Betriebshofs sowie eine Freiflächen-Photovoltaikanlage als Zwischennutzung im Süden vor. Mit Durchführungsvertrag vom 14. Dezember 2022 haben sich der Vorhabenträger zur Durchführung des Vorhabens und die Eigentümer der Grundstücke zur Duldung verpflichtet.
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Der Antragsteller, der im Aufstellungsverfahren Einwendungen erhoben hat, ist Eigentümer des an der S. Straße liegenden Grundstücks FlNr. …, auf dem sich im Norden eine gewerbliche Halle befindet. Im Süden grenzt das lang gezogene Grundstück an das Plangebiet an, im Osten liegt noch eine Freifläche zwischen dem Grundstück des Antragstellers und dem Plangebiet.
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Mit dem am 28. März 2023 gestellten Normenkontrollantrag wird beantragt,
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den vorhabenbezogenen Bebauungsplan der Gemeinde Gerolsbach Nr. … „A. -Ost“ für unwirksam zu erklären.
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Der Antragsteller macht geltend, dass er sich als Plannachbar, auch mit seiner Bestandshalle, darauf berufen könne, dass die zu erwartenden erhöhten Lärm- und ggf. auch Geruchsimmissionen unzureichend berücksichtigt worden seien. Bei der kurzen Entfernung seiner Halle sei selbstverständlich eine massive Lärmerhöhung in Richtung S. Straße zu erwarten. Wenn er seine Halle zu Wohnungen umfunktionieren bzw. dort anders bauen wolle, sei der Lärmschutz nicht gewährleistet. Das Gutachten habe einzelne Geräusche nicht berücksichtigt bzw. fehlerhafte Annahmen getroffen. Es fehle die Festsetzung von maximalen Emissionswerten. Er sei neben dem Lärm auch durch die Höhenentwicklung im Plangebiet betroffen. Der Bebauungsplan sei formell und materiell-rechtlich bedenklich. So erfülle die Bekanntmachung über die öffentliche Auslegung des Planentwurfs die erforderliche Anstoßfunktion gegenüber der Öffentlichkeit nicht, da im Fall der Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans auch hinreichend konkret ein bestimmtes Vorhaben aus dem Planentwurf nachvollziehbar werden müsse. Auch die Form der Bekanntgabe sei bedenklich; so seien im Internet nur eine Planversion und ein Bekanntgabeformular in Entwurfsfassung veröffentlicht, die jeweils keine Ausfertigung erkennen ließen. Der Bebauungsplan sei städtebaulich nicht erforderlich nach § 1 Abs. 3 BauGB, da es sich lediglich um eine Einzelfallplanung handle. Im festgesetzten Mischgebiet sei das Nebeneinander von Gewerbe und Wohnen nicht gewollt, es handele sich insoweit um einen Etikettenschwindel. Die Verlagerung der Frage des abwehrenden Brandschutzes in den Durchführungsvertrag dürfte rechtswidrig sein; jedenfalls hätte der Durchführungsvertrag dann mit ausgelegt werden müssen. Ein Abwägungsausfall sei hinsichtlich der vom Wasserwirtschaftsamt mit Stellungnahme vom 21. November 2022 angesprochenen Zink-Thematik zu konstatieren. Die Antragsgegnerin hätte im Hinblick auf seine Halle bei der Abwägung alle zulässigen Nutzungsmöglichkeiten mit in Betracht ziehen müssen und nicht nur eine vermeintliche, selbst der Intensität und der Lärmempfindlichkeit oder Emission nach eingeordnete aktuelle Nutzung. Die verkehrliche Belastung der Straßen sei nicht ermittelt worden. Weiter sei das Vorhaben im Durchführungsvertrag nicht hinreichend konkret beschrieben.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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Dem Antragsteller fehle bereits die Antragsbefugnis. Nachteilige Auswirkungen auf das Eigentumsrecht des Antragstellers seien nicht erkennbar; insbesondere seien Lärm- und Geruchsimmissionen im Rahmen der Abwägung umfassend gewürdigt worden. Ein substantiierter Tatsachenvortrag, der es zumindest als möglich erscheinen lasse, dass der Antragsteller durch die getroffenen Festsetzungen in seinem schutzwürdigen Recht auf ordnungsgemäße Abwägung seiner Belange verletzt sei, liege nicht vor. Die pauschalen Ausführungen genügten den Anforderungen des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht. Es fehle weder die Anstoßfunktion der Bekanntmachung über die öffentliche Auslegung des Planentwurfs noch verlange die Regelung, dass auf den Unterlagen, die in das Internet einzustellen seien, der Ausfertigungsvermerk angebracht sein müsse. Der Aufstellung des Bebauungsplans lägen zulässige städtebauliche Ziele zugrunde, auch ein sog. Etikettenschwindel liege nicht vor. Sie habe alle notwendigen Belange in die Abwägung eingestellt, auf die Abwägungsentscheidungen im Aufstellungsverfahren werde Bezug genommen. So habe sie sich auch mit den Auswirkungen des Baugebiets auf die Halle des Antragstellers beschäftigt, insbesondere sei darauf eingegangen worden, dass auch im Falle, dass eine Nutzungsänderung von Gewerbe zu Wohnen beantragt würde, die Wohnnutzung aus schalltechnischer Sicht verträglich wäre. Künftiges Verkehrsaufkommen durch die Betriebserweiterung sei bei der schalltechnischen Untersuchung berücksichtigt worden, die bestehende Gemeindestraße sei als ausreichend geeignet und ausgebaut eingeschätzt worden. Der pauschale Vortrag des Antragstellers erfordere keine andere Beurteilung. In § 2 des Durchführungsvertrages sei das Vorhaben hinreichend konkret beschrieben, ferner sei auf den Vorhaben- und Erschließungsplan Bezug genommen worden. Für die Bestimmtheit sei es ausreichend, wenn im Vorhaben- und Erschließungsplan das Vorhaben mit einer Plandarstellung der zulässigen einzelnen Nutzungen, der Freiflächengestaltung, der Erschließung, der Kubatur, der Schnitte und der unterschiedlichen Ansichten dargestellt werde.
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Der Senat hat die Beteiligten zu einer Entscheidung nach § 47 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO angehört.
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Ergänzend wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegte Normaufstellungsakte Bezug genommen.
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Der Normenkontrollantrag hat keinen Erfolg.
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1. Der Senat kann durch Beschluss nach § 47 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO entscheiden, da er eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
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Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 1 VwGO entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluss. Die Entscheidungsformel des Beschlusses soll es dem Normenkontrollgericht ermöglichen, in dafür geeigneten Fällen in vereinfachter und beschleunigter Weise ohne mündliche Verhandlung über die Gültigkeit der Rechtsvorschrift zu befinden. Ob eine mündliche Verhandlung entbehrlich ist, entscheidet das Normenkontrollgericht nach richterlichem Ermessen, das an keine gesetzlich normierten Voraussetzungen geknüpft ist. Maßgeblich ist u.a., ob die entscheidungserheblichen Rechtsfragen in den Schriftsätzen der Beteiligten eingehend und ausreichend erörtert worden sind (vgl. BVerwG, U.v. 31.3.2011 – 4 BN 18.10 – juris Rn. 29). Der Senat hat den Antragsteller darauf hingewiesen, dass für die Antragsbefugnis substantiiert private Belange zu nennen sind, die unzureichend abgewogen sein sollen und die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Beschluss angehört. Die Beteiligten haben sich zu der Rechtsfrage schriftsätzlich geäußert, Einwände gegen eine Entscheidung durch Beschluss wurden nicht vorgetragen. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK steht einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht entgegen. Aus dem Zusammenwirken von § 47 Abs. 5 Satz 1 VwGO und dieser Vorschrift folgt der Grundsatz, dass über einen Normenkontrollantrag, mit dem sich der Eigentümer eines im Plangebiet gelegenen Grundstücks gegen eine Festsetzung in einem Bebauungsplan wendet, die unmittelbar sein Grundstück betrifft, aufgrund einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden ist (vgl. BVerwG, U.v. 16.12.1999 – 4 CN 9.98 – BVerwGE 110, 203). Für den Antragsteller, der nicht Grundstückseigentümer im Plangebiet ist, sondern sich als Plannachbar auf eine mögliche Verletzung seiner Belange im Rahmen der Abwägung beruft, gilt dieser Grundsatz allerdings nicht (vgl. BVerwG, B.v. 25.3.2019 – 4 BN 14.19 – juris Rn. 7; B.v. 3.8.2017 – 4 BN 11.17 – juris Rn. 19).
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2. Der Normenkontrollantrag ist unzulässig, dem Antragsteller fehlt die Antragsbefugnis.
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Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist im Normenkontrollverfahren jede natürliche oder juristische Person antragsbefugt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Der Antragsteller muss hinreichend substantiiert Tatsachen vortragen, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in einem Recht verletzt wird. Wer sich als Eigentümer eines außerhalb des Bebauungsplangebiets gelegenen Grundstücks gegen einen Bebauungsplan wendet, muss aufzeigen, dass sein aus dem Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7 BauGB) folgendes Recht verletzt sein kann (vgl. BVerwG, B.v. 29.7.2013 – 4 BN 13.13 – ZfBR 2014, 159). Abwägungserheblich sind dabei aber nur private Belange, die in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug haben und schutzwürdig sind. An letzterem fehlt es bei geringwertigen oder mit einem Makel behafteten Interessen sowie bei solchen, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht, oder solchen, die für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren. Darlegungspflichtig ist der Antragsteller. Die bloße verbale Behauptung einer theoretischen Rechtsverletzung genügt nicht zur Geltendmachung einer Rechtsverletzung im Sinn von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, wenn diese Behauptung nur vorgeschoben erscheint, das tatsächliche Vorliegen einer Rechtsverletzung aber offensichtlich ausscheidet. Die Antragsbefugnis ist dann nicht gegeben (vgl. BVerwG, U.v. 29.10.2020 – 4 CN 9.19 – NVwZ 2021, 331; U.v. 24.9.1998 – 4 CN 2.98 – BVerwGE 107, 215). Die Prüfung, ob eine Verletzung in eigenen Rechten möglich erscheint, ist nicht unter Auswertung des gesamten Prozessstoffs vorzunehmen und darf nicht in einem Umfang und einer Intensität erfolgen, die einer Begründetheitsprüfung gleichkommt. Das Normenkontrollgericht ist daher insbesondere nicht befugt, für die Entscheidung über die Antragsbefugnis den Sachverhalt von sich aus weiter aufzuklären. Es ist allerdings verpflichtet, den Tatsachenvortrag auf seine Schlüssigkeit und voraussichtliche Belastbarkeit hin zu prüfen. Widerstreitendes Vorbringen des Antragsgegners, auf dessen Grundlage sich die maßgeblichen Tatsachenbehauptungen in der Antragsschrift als offensichtlich unrichtig erweisen, muss es nicht ausblenden, sondern kann auf der Grundlage des wechselseitigen Schriftverkehrs darüber befinden, ob es einen abwägungserheblichen Belang des Antragstellers geben kann (vgl. BVerwG, B.v. 14.10.2021 – 4 BN 3.21 – ZfBR 2022, 70; B.v. 12.12.2018 – 4 BN 22.18 – ZfBR 2019, 272).
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Nach diesen Maßgaben ist die Antragsbefugnis des Antragstellers nicht gegeben. Allein der Umstand, dass er Eigentümer eines Grundstücks in der Nähe des Plangebiets ist, macht ihn noch nicht zu einem antragsbefugten Plannachbarn. Soweit der Antragsteller vorträgt, dass er im Hinblick auf die zu erwartenden Lärm- und ggf. auch Geruchsimmissionen in abwägungserheblichen Belangen betroffen ist, wird eine Betroffenheit in schutzwürdigen Belangen bzw. über die Schwelle der Unerheblichkeit nicht hinreichend konkret dargelegt.
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Die Antragsgegnerin hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die gewerbliche Nutzung seines Grundstücks bzw. seiner Halle durch die zulässige Nutzung im Plangebiet nicht beeinträchtigt wird. Bei der Bestandshalle handelt es sich um eine ehemalige Lagerhalle, die zum Satzungsbeschluss vermietet war und durch einen Outdoorliving Shop (Verkauf von Grillgeräten und Zubehör) genutzt wurde. Der Antragsteller beruft sich auch letztlich nicht darauf, dass die aktuelle gewerbliche Nutzung durch die Planung beeinträchtigt werde, sondern macht geltend, dass auch eine zulässige Wohnnutzung auf seinem Grundstück, das im Mischgebiet liege, in die Abwägung hätte eingestellt werden müssen. Dabei verweist er lediglich auf die planungsrechtliche Möglichkeit zur Schaffung einer Wohnnutzung und trägt vor, dass er seine Halle zu Wohnungen umfunktionieren oder „weiter/anders“ bauen könnte. Zwar gehört zu den in die Abwägung einzustellenden Interessen einer gewerblichen Nutzung auch realistisch zu erwartende Erweiterungsabsichten, noch völlig unklare Erweiterungs-, Umnutzungs- oder Bauabsichten muss die Gemeinde hingegen bei ihrer Planung nicht berücksichtigen (vgl. BVerwG, B.v. 10.11.1998 – 4 BN 44.98 – NVwZ-RR 1999, 423; B.v. 8.9.1988 – 4 NB 15.88 – NVwZ 1989, 245). Es wurde daher zutreffend in dem schalltechnischen Gutachten kein Immissionsort auf dem Grundstück des Antragstellers zugrunde gelegt.
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Unabhängig davon hat die Antragsgegnerin im Hinblick auf den allgemeinen Vortrag des Antragstellers in dem Schreiben vom 5. Dezember 2022 zu einer denkbaren Umnutzung der Gewerbehalle zu einer Wohnnutzung auch eine Wohnnutzung auf dem Grundstück in ihre Abwägungsüberlegungen miteinbezogen und diese im Hinblick auf die Berechnungen im schalltechnischen Gutachten als verträglich eingestuft, da bereits auf der unbebauten Grundstücksfläche zwischen seinem Grundstück bzw. der Gewerbehalle und dem Betriebsgelände des Plangebiets der Immissionsrichtwert für ein Mischgebiet eingehalten werden kann (vgl. Anlage 3.3 des schalltechnischen Gutachtens). Der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin hat hierzu auf die Abwägung in der Gemeinderatssitzung vom 14. Dezember 2022 Bezug genommen. Dazu verhält sich der Antragsteller nicht, sondern verweist lediglich auf die kurze Entfernung seiner Halle zu dem Betriebsgelände. Weiter wurden in dem schalltechnischen Gutachten, das Bestandteil des Bebauungsplans ist, Immissionsorte an der bestehenden Wohnbebauung an der S. Straße begutachtet, die in nur geringer Entfernung zu seinem Grundstück liegen; auch ein Immissionsort im Plangebiet an der Westseite der Bestandshalle (IO 1 BP) wurde für die mit der Aufstockung der Halle zu errichtenden Wohnungen für Mitarbeiter untersucht; das Irrelevanzkriterium der TA Lärm (Unterschreitung der maßgeblichen Lärmrichtwerte um mindestens 6 dB(A)) wird tags und nachts überall erreicht. Auch für die Spitzenpegelwerte wurden deutliche Unterschreitungen festgestellt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass mit dem schalltechnischen Gutachten die Gesamtimmissionsbelastung durch die Gewerbenutzung im Endzustand untersucht wurde, eine Betroffenheit des Antragstellers in abwägungsrelevanten Belangen aber nur durch die Erweiterung des Gewerbebetriebs vorliegen kann. Mit der Erweiterung der Betriebsflächen im Plangebiet sollen vor allem neue Flächen für Material und Maschinen gewonnen werden (vgl. Nr. 6 der Begründung des Bebauungsplans sowie den Vorhaben- und Erschließungsplan), ein neues Bürogebäude errichtet und Wohnungen für Mitarbeiter geschaffen werden; lärmintensivere Nutzungen wie die Tankstelle incl. Portalwaschanlage, auf die der Antragsteller Bezug nimmt, bestehen schon. Der pauschale Einwand, dass die gewerbliche Nutzung im Gewerbegebiet vervierfacht wird, bezieht sich möglicherweise auf die Betriebsfläche, ein unmittelbarer Zusammenhang für die Zunahme des Betriebslärms kann damit nicht hergestellt werden. Soweit der Antragsteller im Übrigen einzelne Annahmen des schalltechnischen Gutachtens bezweifelt, wiederholt er hier wörtlich Einwendungen einer Bürgerin im Aufstellungsverfahren, die südwestlich des Plangebiets in einem Bebauungsplangebiet liegt (Schreiben vom 31.1. und 1.12.2022, behandelt in den Gemeinderatssitzungen vom 20.9. und 14.12.2022), zu denen die Antragsgegnerin bzw. die Erstellerin des schalltechnischen Gutachtens im Einzelnen Stellung genommen haben. Hierzu wurde u.a. ausgeführt, dass sich das Betriebsaufkommen durch die Neustrukturierung des Betriebs nicht maßgeblich erhöhen werde und die Betriebsvorgänge auf dem Gelände selbst durch die neu geplanten Hallen auf dem Betriebsgelände zur Wohnbebauung abgeschirmt würden. Allein die Wiederholung der Einwendungen, die teilweise auch auf die Lärmentwicklung in südwestlicher Richtung ausgerichtet sind, genügt daher nicht, um die Missachtung eines abwägungserheblichen Belangs möglich erscheinen zu lassen, zudem reichen Behauptungen „ins Blaue hinein“ für eine Antragsbefugnis nicht aus (vgl. BVerwG, B.v. 10.7.2012 – 4 BN 16.12 – BauR 2012, 1771). Der Einwand, dass die Errichtung der Lehmhalle mit 18,4 m Traufhöhe 4 m höher als ursprünglich im Gutachten sei, erschließt sich dem Senat nicht (vgl. S. 20 des schalltechnischen Gutachtens und der Schnitt der Halle im Vorhaben- und Erschließungsplan). Entgegen der Behauptung des Antragstellers erhält der Bebauungsplan Festsetzungen zum Lärmschutz. So werden u.a. für die untersuchten Immissionsorte um 6 dB(A) reduzierte Lärmrichtwerte (ausgehend von einem Mischgebiet für die Wohnbebauung an der S. Straße bzw. einem allgemeinen Wohngebiet für das südwestlich liegende Bebauungsplangebiet) festgesetzt, die von den Anlagen einschließlich des dazugehörigen Betriebsverkehrs im Plangebiet an den maßgeblichen Immissionsorten werktags in der Nachbarschaft nicht überschritten werden dürfen; diese Lärmrichtwerte geben indirekt die zulässigen Schallemissionen auf dem Betriebsgelände vor. Ein unzulässiger Summenpegel liegt mit der Festlegung von Zaunwerten bei der Zulassung eines Vorhabens im vorhabenbezogenen Bebauungsplan nicht vor (vgl. BVerwG, B.v. 6.3.2018 – 4 BN 13.17 – BauR 2018, 1086). Die Unterschreitung der maßgeblichen Lärmrichtwerte ist gewählt worden, weil dann der Immissionsbeitrag durch die zu beurteilende Anlage nach Nr. 3.2.1 Abs. 2 Satz 2 der TA Lärm als irrelevant anzusehen ist. Die Zusatzbelastung durch die Erweiterung einer gewerblichen Nutzung ist bloß geringfügig und deshalb nicht abwägungserheblich, wenn sichergestellt ist, dass die von der Erweiterungsfläche ausgehenden Lärmemissionen die Immissionsrichtwerte an den maßgeblichen Immissionsorten um 6 dB(A) unterschreiten (vgl. OVG Rh-Pf, U.v. 7.7.2021 – 8 C 10347/21 – juris Rn. 35). Das Grundstück des Antragstellers war bei der Festsetzung von Lärmrichtwerten nicht zu berücksichtigen (s.o.). Mit den getroffenen Regelungen ist aufgrund der geringen Entfernung des Grundstücks des Antragstellers zu der Nachbarbebauung, für die Lärmschutzauflagen festgesetzt sind, aber auch gewährleistet, dass auf dem Grundstück bzw. an dem Hallenstandort des Antragstellers unabhängig von der bauplanungsrechtlichen Qualität seines Grundstücks bzw. von Teilflächen als Innen- oder Außenbereich eine Wohnnutzung gebietsverträglich wäre. Soweit der Antragsteller das Fehlen einer Betriebszeitenregelung bemängelt, ist diese nicht Aufgabe des Bebauungsplans, sondern Betriebszeiten sind ggf. in der Baugenehmigung festzulegen. Auch der pauschale Vorwurf, die verkehrliche Belastung sei nicht ermittelt worden, ist nicht zutreffend. Das künftige Verkehrsaufkommen ist bei der schalltechnischen Untersuchung (LKW- und PKW-Verkehr) berücksichtigt worden. Zu einer Beeinträchtigung des Grundstücks des Antragstellers durch Geruchsimmissionen fehlen jegliche Ausführungen.
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Die Lehmhalle mit einer maximal zulässigen Wandhöhe von 18,4 m hat auch keine erdrückende Wirkung gegenüber dem Grundstück des Antragstellers, sie ist mindestens 95 m von seiner östlichen Grundstücksgrenze entfernt. Soweit vorgetragen wird, dass sein Grundstück von einer Grünfläche betroffen sei, die der Umrandung des Betriebsgeländes dienen solle, liegt das Grundstück des Antragstellers vollständig außerhalb des Planumgriffs. Der Antragsteller hat seinen Einwand in der letzten Stellungnahme selbst relativiert.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
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Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 52 Abs. 1, Abs. 8 GKG und orientiert sich an Nr. 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.