Titel:
Asylklage, Uganda, Nichtstaatliche Bedrohung, Polizei schutzbereit und –fähig, Drohende weibliche Beschneidung, FGM, Beweisantrag (abgelehnt)
Normenkette:
AsylG § 3, § 4
Schlagworte:
Asylklage, Uganda, Nichtstaatliche Bedrohung, Polizei schutzbereit und –fähig, Drohende weibliche Beschneidung, FGM, Beweisantrag (abgelehnt)
Fundstelle:
BeckRS 2024, 21534
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Die Klägerin ist ugandischer Staatsangehörige. Sie reiste am … April 2018 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am … April 2019 einen unbeschränkten Asylantrag.
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Bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am … Mai 2019 gab sie an, dass sie Uganda aufgrund ihrer Zwangsehe verlassen habe. Im Alter von 14 Jahren sei sie von einem Onkel vergewaltigt worden. Ihre Eltern hätte sie verstoßen, weshalb sie bei einem anderen Onkel gelebt habe. Nach dem Tod dieses Onkels hätten ihre Eltern eine Ehe arrangiert. Da sie keinen sexuellen Kontakt haben wollte, habe ihr Mann sie vergewaltigt. Einige Male habe sie vergeblich versucht wegzurennen. Sie habe zwei Kinder bekommen, die sie wie ihren Mann nicht liebe. Eines Tages habe ihr Mann mitgeteilt, sie würden in den Norden gehen, sie werde dort beschnitten. Während der Fahrt habe sie eine Pause genutzt um aus dem Auto zu fliehen. Sie sei dann zu ihrem Bruder und letztendlich mit einem Visum aus Uganda ausgereist.
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Mit Bescheid vom … April 2020 – zugestellt am … Mai 2020 – lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1) und auf Asylanerkennung (Nr. 2) als offensichtlich unbegründet ab, erkannte den subsidiären Schutzstatus als offensichtlich unbegründet nicht zu (Nr. 3) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Nr. 4). Es forderte die Antragstellerpartei auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, anderenfalls werde die Antragstellerpartei nach Uganda oder in einen anderen Staat, in den eingereist werden darf oder der zur Rückübernahme verpflichtet ist, abgeschoben (Nr. 5). In Nr. 6 wurde ein auf 30 Monate befristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot verfügt.
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Am 28. Mai 2020 hat die Klagepartei Klage erhoben und beantragt,
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I. Der Bescheid der Beklagten vom … April 2020 wird aufgehoben.
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II. Die Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin als Asylberechtigte anzuerkennen und ihr die Flüchtlingseigenschaft zu zuerkennen.
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III. Hilfsweise, der Klägerin subsidiären Schutzstatus zu zuerkennen.
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IV. Hilfsweise, festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen.
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Eine Klagebegründung erfolgte nicht.
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Die Beklagte hat die Akten vorgelegt, ohne sich in der Sache zu äußern.
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Mit Beschluss vom 14. Mai 2024 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen, § 76 Abs. 1 AsylG.
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Die Klägerin ist im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 19. Juli 2024 informatorisch angehört worden. Der Bevollmächtigte der Klägerin stellte folgende Beweisanträge: Zum Beweis der Tatsache, dass in Uganda ein Meldesystem existiert, dass eine Anmeldung bei den lokalen Behörden, insbesondere für den Fall des Abschlusses eines Mietvertrages oder der Einschulung der Kinder eine Anmeldung vorsieht und dass auch Dritte landesweit auf die registrierten Daten Zugriff haben, gegebenenfalls durch Bestechung, durch Einholung einer Auskunft des Auswärtigen Amtes. Zum Beweis der Tatsache, dass die Tradition im nördlichen Teil Ugandas auch die Beschneidung von Frauen vorsieht, die bereits zwei oder mehr Kinder geboren haben, und in Uganda die weibliche Genitalverstümmelung auch als Strafmaßnahme in der Ehe durchgeführt wird, durch Einholung einer Auskunft des Auswärtigen Amtes.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte sowie das Protokoll vom 19. Juli 2024 verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Das Gericht konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten über die Sache verhandeln und entscheiden, da die Beklagte ordnungsgemäß geladen worden war und in der Ladung darauf hingewiesen worden war, dass bei Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO).
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Die Klage ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
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Der streitgegenständliche Bescheid stellt sich im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Asylgesetz/AsylG) als rechtmäßig dar und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte, auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) noch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG). Ebenso wenig liegen Abschiebungsverbote (§ 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG) vor. Auch die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes erweist sich als rechtmäßig (§ 11 AufenthG). Die Klage war daher im Haupt- und in den Hilfsanträgen abzuweisen. Zur Begründung wird zunächst auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid verwiesen, denen das Gericht folgt (§ 77 Abs. 3 AsylG).
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1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte. Denn sie kann sich nicht auf Art. 16 a des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (Grundgesetz/GG) berufen, da sie auf dem Landweg und damit zwangsläufig über einen sicheren Drittstaat eingereist ist (Art. 16 a Abs. 2 Satz 1 GG).
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2. Die Klägerin hat kein Verfolgungs- oder Lebensschicksal geschildert, das die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gem. § 3 AsylG rechtfertigen würde. Das Gericht nimmt auf die zutreffende Begründung des Bundesamtes Bezug, der es folgt (§ 77 Abs. 3 AsylG) und führt lediglich ergänzend aus:
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a) Nach § 3 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention), wenn er sich
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a) aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
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b) außerhalb des Landes befindet
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aa) dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder
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bb) in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
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Weitere Einzelheiten zum Begriff der Verfolgung, den maßgeblichen Verfolgungsgründen sowie zu den in Betracht kommenden Verfolgungs- bzw. Schutzakteuren regeln die §§ 3 a bis d AsylG.
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Nach 3 e AsylG wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er
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1. in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3 d hat und
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2. sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.
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Für die Beurteilung dieser Frage gilt der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit. Dieser setzt voraus, dass bei zusammenfassender Würdigung des zur Prüfung stehenden Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung vorzunehmen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (BVerwG, U.v. 1.6.2011 – 10 C 25/10 – juris Rn. 24; B.v. 7.2.2008 – 10 C 33/07 – juris Rn. 37). Der Vorverfolgte wird dabei nach Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. Nr. L 337 S. 9) [Qualifikations-RL] privilegiert durch die – durch stichhaltige Gründe widerlegbare – Vermutung, dass sich eine frühere Verfolgung oder Schädigung bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen wird (BVerwG, U.v. 27.4.2010 – 10 C 5.09 – juris Rn. 23).
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Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss das Gericht auch in Asylstreitigkeiten die volle Überzeugung von der Wahrheit – und nicht etwa nur der Wahrscheinlichkeit – des vom Asylsuchenden behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor politischer Verfolgung herleitet. Auf die Glaubhaftigkeit seiner Schilderung und die Glaubwürdigkeit seiner Person kommt es entscheidend an. An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. BVerfG, B.v. 29.11.1990 – 2 BvR 1095/90 – juris Rn. 14; BVerwG, B.v. 21.7.1989 – 9 B 239/89 – juris Rn. 3).
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b) Gemessen an diesen Kriterien liegen die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 AsylG für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht vor. Es besteht keine beachtliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Klägerin in Uganda Verfolgung i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG droht.
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Zwar stellt eine drohende Genitalverstümmelung grundsätzlich eine im Rahmen der §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG zu berücksichtigende, an das Geschlecht anknüpfende Verfolgung – insbesondere im Sinne von § 3a Abs. 2 Nr. 6 AsylG – dar (vgl. VG München, U.v. 19.2.2019 – M 13 K 18.30616 – n.v.; VG Würzburg, U.v. 21.12.2018 – W 10 K 18.31682 – juris Rn. 35 f.; VG Augsburg, U.v. 13.12.2017 – Au 7 K 17.30060 – juris Rn. 55; VG Regensburg, U.v. 28.3.2017 – RN 5 K 16.32429 – juris Rn. 17; VG Gelsenkirchen, B.v. 22.11.2017 – 9a K 5898/17.A – juris Rn. 17; VG Düsseldorf, U.v. 15.5.2018 – 27 K 10646/17.A – juris Rn. 24 ff. m.w.N.). Mit § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG a.E. wurde klargestellt, dass eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe auch vorliegen kann, wenn sie allein an das Geschlecht anknüpft. Dadurch sollten gerade auch Sachverhaltskonstellationen wie eine drohende Genitalverstümmelung erfasst werden (vgl. VG Stuttgart, U.v. 20.8.2015 – A 7 K 1575/14 – juris; VG Düsseldorf, U.v. 15.5.2018 – 27 K 10646/17.A – juris Rn. 28). Das Gericht geht nach den vorliegenden Erkenntnismitteln davon aus, dass die Genitalverstümmelung von Mädchen und jungen Frauen in Uganda nach wie vor praktiziert wird. Nach Berichten von Terre des Femmes liegt die Beschneidungsrate in Uganda jedoch bei unter 10 Prozent. In Uganda und Kamerun sei die Praktik unter allen afrikanischen Ländern am wenigsten verbreitet. Nur wenige Ethnien in Uganda würden Beschneidung praktizieren. Zu diesen gehörten die S. in den Distrikten K., Kw. und B. wie auch die Po... in T. und B., in A., N. und M. sowie der K. Region (Terre des Femmes, zu weiblicher Genitalverstümmelung in Uganda, Stand 9/2016).
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Die Klägerin konnte nicht glaubhaft machen, dass ihr bei einer Rückkehr nach Uganda die Gefahr einer Genitalverstümmelung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass ihr Mann zum Volk der Acholi gehöre und dieser die Beschneidung verlangt hätte. Die Klägerin sei mit ihrem Mann seit 2013 verheiratet und habe zwei Kinder. In Ihrer Anhörung beim Bundesamt führte die Klägerin aus, dass ihr Mann gesagt habe, dass sie solange sie nicht bereit sei die Kultur des Nordens zu akzeptieren, besser in K. leben sollten und wenn die Zeit reif sei in den Norden gehen würden. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung führt die Klägerin aus, dass ihr Mann ihr über die Jahre nicht gedroht oder gesagt habe, dass er sie beschneiden lassen möchte. Erst unmittelbar vor der Reise in den Norden, habe er ihr mitgeteilt, dass sie beschnitten werden solle.
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Aus den dem Gericht zur Verfügung stehenden umfangreichen Erkenntnismitteln (Terre des Femmes vom 16.09.2015, Terre des Femmes 9/2016) ergibt sich, dass nur die S. wie auch die Po... FGM praktizieren. Im Jahr 2012, verkündeten 51 Gemeinschaften im Nordosten Ugandas, FGM fortan nicht mehr praktizieren zu wollen. Weiter ergibt sich aus den Erkenntnismitteln, dass traditionell die Mädchen in Uganda zwischen ihrem zwölften und fünfzehnten Lebensjahr genitalverstümmelt werden, da sie dann als erwachsen und bereit für die Ehe gelten.
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Der Vortrag der Klägerin, ihr Mann der dem Volk der Acholi angehöre, habe sie fünf Jahre nach der Eheschließung und Geburt zweier Kinder beschneiden lassen wollen ist nach den vorliegenden Erkenntnismitteln als völlig unglaubhaft zu werten.
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Im Übrigen ist Beschneidung in Uganda seit 2010 verboten und wird mit hohen Gefängnisstrafen geahndet (Terre des Femmes, weibliche Genitalverstümmelung in Uganda, Stand 9/2016). Die Klägerin kann sich daher ohne weiteres an die Polizei wenden und um Schutz nachsuchen. Der ugandische Staat ist grundsätzlich schutzbereit und -fähig (Länderinformationsblatt Uganda des Österreichischen Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29. Juli 2017, S, 7 ff. – trotz Korruption).
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Darüber hinaus erscheint der Vortrag der Klägerin betreffend die Flucht auf der Reise in den Norden unglaubhaft. In der mündlichen Verhandlung sowie bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt gibt die Klägerin an sie, sei während ihrer fünfjährigen Ehe im Haus ihres Mannes immer bewacht worden; sie habe ihre Eltern nicht besuchen können; wenn sie auf die Straße sei, sei immer ein Bewacher dabei gewesen. Es erscheint lebensfern, wenn ihr Ehemann – der sie ihrem Vortrag nach immer bewacht habe – sie auf der Reise, nachdem er ihr offenbart hatte, dass sie beschnitten werden solle – unbewacht im Auto zurückgelassen habe und er vor der Reise nicht den Reisepass an sich genommen habe, sondern die Klägerin diesen verwahren habe können. Auch macht die Klägerin widersprüchliche Angaben zum Alter ihres jüngeren Kindes, welches sie bei der Flucht Mitte Februar 2018 mitgenommen hat. In der mündlichen Verhandlung gibt sie an, dass das Kind zehn Monate bis ein Jahr alt gewesen sei. Aus der vorgelegten Geburtsurkunde (Blatt 124 der Behördenakte) ergibt sich, dass ihr jüngeres Kind am … Dezember 2015 geboren ist. Zum Zeitpunkt des Vorfalles der Flucht, müsste das jüngere Kind somit bereits über zwei Jahre alt gewesen sein.
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Weiter steigerte die Klägerin sich in ihrem Vortrag und führt erstmals in der mündlichen Verhandlung aus, dass ihr Mann beim Militär gewesen sei und somit einflussreich sei. Bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt führte die Klägerin lediglich aus, sie wisse nicht genau, wie ihr Mann Geld verdiene, sie glaube es sei im Geldwechselgeschäft tätig.
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Weiter spricht gegen den Vortrag der Klägerin, dass die Klägerin in widersprüchlicher Weise zum einen beim Bundesamt sagt, dass sie die Kinder nie geliebt habe. In der mündlichen Verhandlung aber auf die Frage, was sie bei einer hypothetischen Rückkehr nach Uganda befürchte, zunächst antwortet, dass sie glücklich wäre zurückzugehen. Sie vermisse ihre Familie und ihre Kinder.
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3. Den beiden von der Klägerseite in der mündlichen Verhandlung vom 19. Juli 2019 bedingt gestellten Beweisanträgen hinsichtlich der Einholung einer Auskunft des Auswärtigen Amtes, betreffend der Tatsache, dass in Uganda ein Meldesystem existiert, dass eine Anmeldung bei den lokalen Behörden, insbesondere für den Fall des Abschlusses eines Mietvertrages oder der Einschulung der Kinder eine Anmeldung vorsieht und dass auch Dritte landesweit auf die registrierten Daten Zugriff haben, gegebenenfalls durch Bestechung. Sowie der Tatsache, dass die Tradition im nördlichen Teil Ugandas auch die Beschneidung von Frauen vorsieht, die bereits zwei oder mehr Kinder geboren haben, und in Uganda die weibliche Genitalverstümmelung auch als Strafmaßnahme in der Ehe durchgeführt wird, musste das Gericht nicht entsprechen. Wie oben dargestellt ist der Tatsachenvortrag der Klägerin hinsichtlich ihrer angeblichen drohenden Genitalbeschneidung sowie ihrer Verfolgungsgeschichte völlig unplausibel und in nicht auflösbarer Weise widersprüchlich. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass die Tatsachengerichte auch substantiierten Beweisanträgen nicht nachgehen müssen, wenn der Tatsachenvortrag in wesentlichen Punkten unplausibel oder in nicht auflösbarer Weise widersprüchlich ist (BVerwG, B.v. 26.11.2007 – 5 B 172/07 – juris Rn. 3; B.v. 26.10.1989 – 9 B 405.89 – InfAuslR 1990, 38, juris; BVerfG, B.v. 10.3.1997 – 2 BvR 323/97 – juris Rn. 4).
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4. Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG sind nicht gegeben. Der Klägerin droht nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung in Uganda. Sie konnte für das Gericht glaubhaft keine entsprechenden Gründe vortragen. Das Bundesamt hat im Übrigen auch zu Recht das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt. Auch die Abschiebungsandrohung und das Einreise- und Aufenthaltsverbot sind rechtmäßig. Zur weiteren Begründung kann auf die zutreffenden Ausführungen im Bescheid des Bundesamtes verwiesen werden (§ 77 Abs. 3 AsylG).
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5. Auch gegen den Ausspruch der offensichtlichen Unbegründetheit durch das Bundesamt in Nrn. 1 bis 3 des angegriffenen Bescheids bestehen nach der Sach- und Rechtslage im maßgeblichen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG) keine rechtlichen Bedenken.
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Ein unbegründeter Asylantrag ist gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 2 AsylG in der seit 27. Februar 2024 geltenden Fassung als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn eindeutig unstimmige und widersprüchliche, eindeutig falsche oder offensichtlich unwahrscheinliche Angaben gemacht wurden, die im Widerspruch zu hinreichend gesicherten Herkunftslandinformationen stehen, sodass die Begründung für den Asylantrag offensichtlich nicht überzeugend ist. Die Neufassung, die nach dem ausdrücklichen gesetzgeberischen Willen die bisherigen Fälle der offensichtlichen Unbegründetheit nach § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG a.F. erfassen soll (BT-Drs. 20/9463, S. 56), enthält einen etwas abweichenden Wortlaut. So muss sich die Unstimmigkeit (davor: fehlende Substantiierung), Widersprüchlichkeit in sich, Falschheit (davor: nicht den Tatsachen entsprechend) oder (neu) fehlende Wahrscheinlichkeit nicht mehr auf wesentliche Punkte des Vorbringens beziehen, sondern auf die gemachten Angaben. § 30 Abs. 1 Nr. 2 AsylG dient der Umsetzung von Art. 31 Abs. 8 Buchst e RL 2013/32/EU (Asylverfahrensrichtlinie), wonach den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eingeräumt wird, das Prüfungsverfahren zu beschleunigen, wenn im Ergebnis die Begründung für die Behauptung des Antragstellers, dass er als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz anzusehen ist, offensichtlich nicht überzeugend ist.
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Dies ist hier der Fall. Der Vortrag der Klägerin lässt eine Verfolgung oder Gefährdung im Falle einer Rückkehr nicht einmal ansatzweise wahrscheinlich erscheinen. Das Verfolgungsvorbringen der Klägerin ist – wie oben ausführlich dargestellt – völlig unglaubhaft. Sodass offenbleiben kann, ob die Klägerin ihren Vortrag auf gefälschte Beweismittel gestützt hat, da das Bundesamt seine Ablehnung als offensichtlich unbegründet auch auf das unsubstantiierte, pauschale und unglaubhafte Verfolgungsschicksal gestützt hat.
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6. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).