Titel:
Asylklage Uganda, Homosexualität (lesbisch), Unglaubhaft, Gefälschtes release on bond
Normenketten:
AsylG § 3
AsylG § 4
AufenthG § 60 Abs. 5 bis 7
Schlagworte:
Asylklage Uganda, Homosexualität (lesbisch), Unglaubhaft, Gefälschtes release on bond
Fundstelle:
BeckRS 2024, 21533
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Die 1986 geborene Klägerin ist ugandische Staatsangehörige, reiste am … März 2022 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte hier am … März 2022 einen Asylantrag.
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Bei ihrer Anhörung trug sie vor, dass sie ausgereist sei, da sie lesbisch sei. Auf der Schule sei sie beim Küssen mit einer Freundin erwischt worden. Sie sei beim Schuldirektor geschlagen worden. Bei einer Schulparty im folgenden Jahr habe sie mit ihrer Freundin in einem Stockbett geschlafen. Nachdem sie entdeckt worden seien, sei sie geschlagen und der Schule verweisen worden. Auch ihre Eltern hätten sie sehr geschlagen. Sie habe dann bei ihrer Großmutter bleiben können und ihren Schulabschluss gemacht. Auf der Universität habe sie wieder eine Freundin gefunden und mit dieser eine Beziehung geführt.
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Auf Druck ihrer Mutter habe sie dann einen Mann heiraten müssen und im Jahr 2012 ihr erstes Kind bekommen. Ihr Ehemann habe sich eine zweite Ehefrau genommen und immer, wenn er bei dieser gewesen sei, habe sie sich mit ihrer Freundin von der Universität treffen können. Dabei habe sie ihr Mann einmal überrascht, sie geschlagen und aus dem Haus geworfen. Eine Freundin (Sarah) habe sie aufgenommen. Sarah habe das Land später verlassen, da habe sie eine eigene Wohnung angemietet.
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2018 habe sie wieder ihre Freundin getroffen und sie hätten sich wieder verliebt. Ein Mann, der die Klägerin habe heiraten wollen, habe sie und ihre Freundin auf eine Party mitgenommen. Die beiden Frauen hätten dann angetrunken im Auto des Mannes Sex gehabt. Der Mann habe ein Foto davon gemacht, es habe einen Auflauf gegeben. Der Mann habe sie beim Ortsvorsteher wie auch der Polizei gemeldet. Sie sei dann für zwei Wochen von der Polizei festgenommen worden. Die Freundin Sarah, die sie aufgenommen habe, habe das irgendwie organisiert. Sie habe sich 4-mal im Monat bei der Polizei melden müssen.
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Bei ihrer Arbeit als Kindergärtnerin habe sich ein Kind am Bein verletzt. Die Mutter des Kindes habe gegenüber der Polizei behauptet, sie habe das Kind verletzt, da sie lesbisch sei. Sie sei erneut zur Polizeistation gebracht worden und habe dann das Land mit einem Visum verlassen können. Sie sei eine Woche im Gefängnis gewesen und wisse nicht, wie es zur Freilassung gekommen sei.
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Zu einem von der Klägerin vorgelegten „release on bond“ vom … Februar 2019 teilte das Auswärtige Amt am … Dezember 2022 mit, dass das angegebene Aktenzeichen existiere, aber den Diebstahl eines Mobiltelefons durch eine unbekannte Person protokolliere.
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Mit Bescheid vom … April 2023 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1), auf Asylanerkennung (Nr. 2) sowie auf subsidiären Schutz (Nr. 3) als unbegründet ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Nr. 4). Es forderte die Klagepartei auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, anderenfalls wurde die Abschiebung nach Uganda oder in einen anderen Staat, in den eingereist werden darf oder der zur Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6). Der Bescheid wurde als Einschreiben am … Mai 2023 zur Post gegeben.
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Die Klagepartei hat am 1. Juni 2023 Klage erhoben und beantragt,
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I. Die Beklagte wird verpflichtet, den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom … April 2023 [richtig statt: … Mai 2023] (zugestellt am …5.2023) aufzuheben.
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II. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG zuzuerkennen.
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III. Hilfsweise: Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin subsidiären Schutz gemäß § 4 AsylG zuzuerkennen.
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IV.Höchst hilfsweise: Die Beklagte wird verpflichtet, das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) festzustellen.
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Das Bundesamt hat die Akte vorgelegt und für die Beklagte und beantragt,
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Am 29. Juli 2024 fand mündliche Verhandlung statt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren, die vorgelegte Behördenakte sowie das Protokoll vom 29. Juli 2024 verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Der streitgegenständliche Bescheid stellt sich im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Asylgesetz – AsylG) als rechtmäßig dar und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 und 5 VwGO. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Asylgesetz (AsylG) oder auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG. Nationale Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) liegen nicht vor. Auch die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes erweist sich als rechtmäßig (§ 11 AufenthG). Die Klage war daher abzuweisen. Zur Begründung wird zunächst auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid verwiesen, denen das Gericht folgt (§ 77 Abs. 3 AsylG). Änderungen der Sach- oder Rechtslage sind zwischen dem Zeitpunkt des Bescheiderlasses und dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht eingetreten.
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Ergänzend wird ausgeführt:
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1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG), da sie kein Verfolgungs- oder Lebensschicksal geschildert hat, das diese Zuerkennung rechtfertigen würde.
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Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Die Verfolgungshandlungen werden in § 3a AsylG näher umschrieben, die Verfolgungsgründe werden in § 3b AsylG erläutert. Eine Verfolgung kann nach § 3c AsylG ausgehen von dem Staat (Nr. 1), Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (Nr. 2), oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (Nr. 3).
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a) Nach einer umfassenden Würdigung der Umstände des Einzelfalls ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass die Klägerin homosexuell / lesbisch ist und aus diesem Grund bei einer Rückkehr nach Uganda eine asylerhebliche Verfolgung zu befürchten hätte.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss das Gericht auch in Asylstreitigkeiten die volle Überzeugung von der Wahrheit – und nicht etwa nur der Wahrscheinlichkeit – des von der Klägerin behaupteten individuellen Schicksals erlangen. Auch innere Tatsachen, wie die sexuelle Identität oder dass eine verfolgungsträchtige Glaubensbetätigung für die religiöse Identität des Betroffenen zentrale Bedeutung hat, muss zur Überzeugung des Einzelrichters (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) feststehen (vgl. BVerfG, B.v. 3.4.2020 – 2 BvR 1838/15 – juris Rn. 27). Das Gericht darf dabei vor dem Hintergrund des typischer Weise bestehenden Beweisnot keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen und keine unumstößliche Gewissheit verlangen, sondern sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der Zweifeln schweigen gebieten muss, auch wenn sie nicht völlig auszuschließen sind (vgl. BVerwG, U. v. 16.4.1985 – 9 C 109/85 – juris Rn. 16 m.w.N.). Wegen der häufig bestehenden Beweisschwierigkeiten des Asylbewerbers kann schon allein sein eigener Sachvortrag zur Asylanerkennung führen, sofern sich das Tatsachengericht unter Berücksichtigung aller Umstände von dessen Wahrheit überzeugen kann (BVerwG, B.v. 21.7.1989 – 9 B 239/89 – InfAuslR 1989, 349).
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Damit eine Schutzberechtigung geprüft werden kann, hat ein Asylbewerber von sich aus einen stimmigen, der Wahrheit entsprechenden, vollständigen und widerspruchsfreien Sachverhalt anzugeben (vgl. stRspr. BVerwG, B.v. 20.5.1992 – 9 B 295.91 – juris Rn. 5; U.v. 20.10.1987 – 9 C 147.86 – juris Rn. 16; U. v. 22.3.1983 – 9 C 68.81 – juris Rn. 5). Voraussetzung für ein glaubhaftes Vorbringen ist – unter Berücksichtigung der Herkunft, des Bildungsstands und des Alters des Asylsuchenden sowie sprachlicher Schwierigkeiten – ein geeigneter Vortrag, der die in die eigene Sphäre des Asylsuchenden fallenden Ereignisse, insbesondere seine persönlichen Erlebnisse, lückenlos trägt (vgl. BVerwG, B.v. 20.8.1992 – 9 B 295.91 – juris Rn. 5; U.v. 8.5.1984 – 9 C 141.83 – juris Rn. 11). Daran fehlt es in der Regel, wenn der Schutzsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht, sein Vorbringen nicht überzeugend auflösbare Widersprüche enthält oder er sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens steigert (vgl. BayVGH, U.v. 19.4.2021 – 11 B 19.30575 – juris Rn. 23 m.w.N.; BVerwG, U.v. 8.2.1989 – 9 C 29.87 – juris Rn. 8). Im Falle des Vortrags einer Homosexualität kann diese angesichts des sensiblen Charakters der die persönliche Sphäre betreffenden Frage nicht alleine deshalb als unglaubhaft angesehen werden, weil die Homosexualität nicht bereits bei der Anhörung durch das Bundesamt als erste Gelegenheit zur Offenbarung geltend gemacht wurde (vgl. EuGH, U. v. 2.12.2014, – C-148/13 – Rn. 67 ff. – juris).
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Gemessen an diesen Grundsätzen ist das Gericht unter umfassender Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nicht zu der erforderlichen vollen Überzeugung gelangt, dass die Klägerin homosexuell / lesbisch ist. Der Vortrag der Klägerin weist nicht hinreichend viele Realkennzeichen auf, um davon auszugehen, dass der Vortrag erlebnisbasiert ist. Der Vortrag zur Homosexualität ist vielmehr detailarm und nicht plausibel, mithin als unglaubhaft zu werten. Insbesondere gelingt es der Klägerin weder, den Weg zur eigenen sexuellen Identität unter Entdeckung der eigenen Homosexualität, noch ihre individuelle Situation als Homosexuelle beziehungsweise ein Bewusstsein der hiermit einhergehenden Gefahren im Herkunftsland, noch Reaktionen des familiären Umfelds in stimmiger und nachvollziehbarer Weise darzustellen.
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Bei der Bildung und Entdeckung der eigenen sexuellen Identität handelt es sich um einen komplexen Prozess. Eine Identitätsbildung einer normabweichenden sexuellen Identität ist in Ländern, in denen diese staatlich oder gesellschaftlich geächtet wird, regelmäßig nicht geradlinig und konsequent, sondern von möglichen „Suchbewegungen“ und „inneren Konflikten“ gekennzeichnet (vgl. Berlit/Dörig/Storey, ZAR 2016, 332, 333 f.). In einer traditionell geprägten Gesellschaft wie der in Uganda, die gleichgeschlechtliche Sexualität tabuisiert, ablehnt (vgl. nur Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Länderreport 30 – Uganda, Stand: 10/2020, S. 5 ff.) und unter Strafe stellt (vgl. zum Anti-Homosexuality-Act Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Entscheiderbrief 10/2023, Die Situation von LGBTIQ-Personen in Ostafrika, insbesondere Uganda, S. 3), ist das Bewusstwerden der eigenen homosexuellen Identität ein Schritt, der eine Abweichung der persönlichen sexuellen Orientierung von der gesellschaftlich erwarteten Orientierung bedingt. Der Prozess, die eigene Homosexualität anzunehmen, erschöpft sich in diesem kulturellen Kontext nicht in einem bloßen Erkennen der abweichenden Orientierung, sondern erfordert eine Distanzierung von traditionellen Werthaltungen und gesellschaftlichen Konventionen.
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Hiervon ausgehend hat die Klägerin den Weg zu ihrer sexuellen Identität unter Entdeckung der eigenen Homosexualität sowie etwaige Auswirkungen auf das eigene Leben weder in der Anhörung vor dem Bundesamt noch in der mündlichen Verhandlung bei Gericht glaubhaft und nachvollziehbar beschrieben.
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Wenn die Klägerin angegeben hat, dass sie – etwa im Jahr 2005 auf der Schulabschlussparty, als ihre damalige Freundin mit ihr habe schlafen wollen – versucht habe, gegen ihre homosexuelle Veranlagung anzukämpfen, wirkt das oberflächlich und aufgesetzt. Vor dem Hintergrund, dass die Aufnahme einer homosexuellen Beziehung in Uganda einen strafrechtlich bewehrten Tabubruch darstellt, der schwerwiegende Folgen haben kann, wirken die Darstellungen der Klägerin nicht wie die Schilderung eines tatsächlich inneren Erlebens, sondern aufgesetzt und nichtssagend. Das gilt insbesondere für ihren Vortrag, dass sie während ihrer Ehe mit ihrem Mann eine homosexuelle Beziehung ausgelebt habe. Ihre Erklärung hierzu, dass das „ein Gefühl ist, das man nicht kontrollieren kann“, wirkt angesichts des Risikos und des Umstands, dass sie damit ihre gesamte Existenz einschließlich des Umgangs mit ihrem Kind aufs Spiel gesetzt haben will, ausgesprochen oberflächlich und aufgesetzt, wie auswendig gelernt. Auch ihre Schilderung eines inneren Kampfes wirkt lebensfremd und konstruiert. Ihre Angabe, sie sei sogar zur Kirche gegangen und habe sich gesagt, dass sie sich ändern müsse und sogar gefastet habe, wirkt oberflächlich und aufgesetzt, nicht wie die Schilderung eigener Erlebnisse und Gefühle. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Klägerin mehrfach negative Folgen ihrer sexuellen Orientierung erlitten haben will.
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Unterstrichen wird der Eindruck der Unglaubhaftigkeit durch den Umstand, dass das von der Klägerin vorgelegte „release on bond“ nicht authentisch ist. Denn nach der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom … Dezember 2022 betrifft das in dem Dokument eingetragene Aktenzeichen einen Diebstahl und nicht den im dem vorgelegten Formular eingetragenen Vorwurf des „unnatural offence“. Soweit die Klägerin hierzu angibt, dass man ihr dieses Dokument gegeben habe und sie nicht gewusst habe, dass Tatvorwurf und Aktenzeichen nicht kongruent wären, überzeugt das nicht. Denn es besteht kein nachvolllziehbarer Grund für ugandische Polizeidienststellen, der Klägerin eine falsche Bescheinigung auszustellen. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass sie sich aufgrund dieser Urkunde insgesamt 4-mal bei der Polizei habe melden müssen. Die pauschale Aussage, „sie hassen uns“ sowie dass sie „unfair behandelt“ worden sei, erklärt die Aushändigung eines unechten Dokuments nicht. Hinzu kommt, dass die Klägerin zum Verhaftungsdatum im Jahr 2019 – das dieses „release on bond“ betrifft – in der mündlichen Verhandlung zunächst eine falsche Aussage gemacht hat. Wenn die Klägerin zunächst ausdrücklich angegeben hat, von … Januar bis ... Februar 2019 inhaftiert gewesen zu sein, aber auf Vorhalt der in dem „release on bond“ eingetragenen Daten als Freilassungsdatum den dort aufgeführten … Februar 2019 genannt hat, stellt die Aussage, sie habe das Freilassungsdatum mit dem Aktenzeichen verwechselt, keine überzeugende Erklärung für diesen Widerspruch dar. Angesichts der ersten klaren Datumsnennung, die erst auf Vorhalt korrigiert wurde, ergibt sich der Eindruck, dass die Klägerin eine unwahre Aussage gemacht hat.
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Schließlich wirkt der Vortrag, dass die hier in Deutschland „eine Frau in der Öffentlichkeit anfassen und küssen“ könne und auch „überall hingehen und tun und lassen könne, was sie wolle“, wie auswendig gelernt und nicht überzeugend.
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Soweit in einer E-Mail vom … Juni 2022 an die Klägerbevollmächtigte die Verfasserin die Umstände der Freilassung der Klägerin näher darstellt, kann das nicht als glaubhaft angesehen werden. Denn dort ist angegeben, dass die Klägerin aufgrund eines „deals“ mit dem zuständigen Richter bei entsprechender Zahlung schon im März/April 2021 hätte freigelassen werden können, das habe sich aber bis Juli 2021 verzögert, da der Anwalt der Inhaftierten nochmals dieselbe Summe für seien Teil der „Dienstleistung“ obendrauf geschlagen habe, was nicht zu leisten gewesen sei. Denn die Klägerin hat bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt angegeben, im Jahr 2021 eine Woche inhaftiert gewesen zu sein (Anhörungsprotokoll S. 15) und nicht mehrere Monate.
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Auch der Umstand, dass die Klägerin von LeTRa betreut wird, kann die massiven Umstände, die gegen die Glaubhaftigkeit sprechen, nicht ins Gegenteil verkehren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Anbindung an eine Organisation, die homosexuelle Menschen betreut und berät, die Klägerin nicht davon befreien kann, ihre homosexuelle Veranlagung glaubhaft darzulegen. Das hat die Klägerin nicht zur Überzeugung des Gerichts getan.
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b) Nach § 145 des Strafgesetzbuches (Penal Code Act, 1950) sind homosexuelle Handlungen sowohl zwischen Männern als auch Frauen unter Strafe gestellt („Geschlechtsverkehr wider die Natur“). Am 24. Februar 2014 unterzeichnete der Präsident Ugandas ein Gesetz, das für gleichgeschlechtliche Handlungen Strafen bis zur Todesstrafe sowie eine Strafbarkeit für „Förderung der Homosexualität“ und die „Unterstützung und Beihilfe zur Homosexualität“ vorgesehen hat (Auskunft von amnesty international vom 30.8.2019 an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof). Dieses Gesetz wurde aber vom Verfassungsgericht im August 2014 für nichtig erklärt (Länderinformationsblatt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Stand 27.9.2017, S. 17). Die Diskussion um die letztlich erfolglose Gesetzesverschärfung 2014/15 sei danach abgeflacht (Auswärtiges Amt vom 2.7.2018 an das BAMF). Am 2. Mai 2023 hat das ugandische Parlament ein überarbeitetes Antihomosexuellengesetz verabschiedet, nachdem ein erster Entwurf durch den Präsidenten zurückgewiesen wurde. Der neue Gesetzentwurf sieht hohe Strafen vor. Bei einer Beteiligung an homosexuellen Handlungen sieht der Entwurf vor, dass dies mit lebenslanger Haft und in manchen Fällen mit der Todesstrafe geahndet werden kann. Dieses Gesetz ist inzwischen vom Präsidenten unterzeichnet worden und somit in Kraft getreten (zum Ganzen: BAMF, Entscheiderbrief 10/2023; BAMF, Briefing Notes 5.6.2023).
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Die in Bezug auf Homosexuelle in Uganda vertretene Ansicht (vgl. VG Regensburg, U.v. 4.9.2017 – RN 1 K 17.32818 – juris S. 12 m.w.N.; VG München, U.v. 20.6.2022 – M 5 K 17.46131; U.v. 13.7.2022 – M 5 K 18.33311; U.v. 31.10.2022 – M 5 K 17.42264), dass insoweit die Voraussetzungen der § 3 ff. AsylG erfüllt wären, kommt für den vorliegenden Fall von vornherein nicht zum Tragen. Denn die Klägerin hat nicht glaubhaft vortragen können, homosexuell zu sein.
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2. Das Bundesamt hat im Übrigen auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) und das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt. Es sind keine Gesichtspunkte vorgetragen oder sonst ersichtlich, die die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidungen in Frage stellen könnten. Insoweit wird auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid verwiesen, denen das Gericht folgt (§ 77 Abs. 3 AsylG). Änderungen der Sach- oder Rechtslage sind zwischen dem Zeitpunkt des Bescheiderlasses und dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht eingetreten.
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3. Gegen die Rechtmäßigkeit des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 AufenthG bestehen keine Bedenken.
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4. Die Klägerin hat als unterlegene Beteiligte nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.
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Nach § 83 b AsylG ist das Verfahren gerichtskostenfrei.