Titel:
Klage gegen eine antragsgemäße Reduzierung der Überbrückungshilfe III
Normenketten:
BayDiG Art. 24 Abs. 1, Art. 24 Abs. 1, Abs. 2
BV Art. 118 Abs. 1
GG Art. 3 Abs. 1
VwGO § 74 Abs. 1 S. 2
Leitsätze:
1. Einer Klage gegen eine antragsgemäße Reduzierung der Überbrückungshilfe fehlt das Rechtsschutzbedürfnis. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Nach Art. 24 Abs. 2 BayDiG kommt es für die hier inmitten stehende digitale Bekanntgabe über Portale – anders als im Fall einer direkten elektronischen Übermittlung eines Verwaltungsakts, vgl. Art. 41 Abs. 2 S. 2 und 3 BayVwVfG auf den Zugang bzw. den fehlenden Zugang der Benachrichtigung über die Bereitstellung des Verwaltungsakts an, nicht aber den Zugang des Verwaltungsakts selbst. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Zuwendungsrecht, Überbrückungshilfe III, Erbringung von sonstigen Dienstleistungen, Unzulässige Klage wegen versäumter Klagefrist, Digitales Verfahren, hier: Bekanntgabe über Portale, Anfechtungsklage, Bewilligungsbescheid, Klagefrist, Überbrückungshilfe 3, Zugang
Fundstelle:
BeckRS 2024, 21521
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Klägerin, die nach ihren Angaben im behördlichen Verfahren in der Branche der Erbringung von sonstigen Dienstleistungen tätig ist, wendet sich gegen die Reduzierung einer Zuwendung im Rahmen der Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen – Phase 3 (Überbrückungshilfe III).
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Mit am 9. März 2021 bei der Beklagten eingegangenem (Erst-)Antrag (vom 11.2.2021) beantragte die Klägerin eine Gewährung der Überbrückungshilfe III, wobei das automatisierte Online-Antragsverfahren auf Grundlage der Angaben der Klägerin einen Gesamtbetrag der Überbrückungshilfe III von 81.965,22 EUR errechnete. Mit Bescheid vom 9. März 2021 wurde unmittelbar eine Abschlagszahlung für die Überbrückungshilfe in Höhe von 40.982,61 EUR gewährt und ausbezahlt, mit Bescheid vom 9. April 2021 sodann eine Überbrückungshilfe in beantragtem Umfang von 81.965,22 EUR gewährt und der Differenzbetrag von (weiteren) 40.982,69 EUR ausbezahlt. Die Bewilligung der Überbrückungshilfe erging und dem Vorbehalt der vollständigen Prüfung des Antrags und der endgültigen Festsetzung in einem Schlussbescheid. Unter dem 29. Oktober 2021, bei der Beklagten am selben Tag eingegangen, stellte die Klägerin über ihren prüfenden Dritten einen Änderungsantrag, der zunächst zu einer erhöhten Summe der Fixkostenerstattung, namentlich 139.738,88 EUR führte. Im Änderungsantrag war weiter als Beihilferegime die Bundesregelung Fixkostenhilfe 2020 ausgewählt sowie eine Summe von 43.391,60 EUR als Betrag der verbliebenen ungedeckten Fixkosten. Dies führte insgesamt zu einem im Online-Antragsverfahren errechneten Gesamtbetrag der Überbrückungshilfe III von 39.052,44 EUR. Im behördlichen Verfahren richtete die Beklagte sodann eine Reihe von Rückfragen an den prüfenden Dritten, insbesondere wurde darauf hingewiesen, dass auf Grundlage der Angaben im Änderungsantrag zum Beihilferegime es voraussichtlich zu einer Rückforderung von Fördermitteln in Höhe von 42.912,78 EUR kommen werde. Der prüfende Dritte verwies letztlich auf eine Änderung der Angaben im Rahmen der Schlussabrechnung. Mit streitgegenständlichem Änderungsbescheid vom 10. Oktober 2022 gewährte die Beklagte unter vollständiger Ersetzung des Bescheids vom 9. April 2021 eine Überbrückungshilfe in Höhe von 39.052,44 EUR unter dem Vorbehalt der vollständigen Prüfung des Antrags und der endgültigen Festsetzung einem Schlussbescheid. Der zu erstattende Betrag wurde auf 42.912,78 EUR festgesetzt und die Verzinsung des Erstattungsbetrags angeordnet, sollte dieser nicht fristgemäß eingehen.
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Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 28. Dezember 2022, bei Gericht am selben Tag eingegangen, ließ die Klägerin Klage erheben.
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den Änderungsbescheid vom 12. Oktober 2021 aufzuheben.
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Zur Begründung lässt die Klägerin fehlendes rechtliches Gehör sowie eine formelle Mangelhaftigkeit des Bescheids vortragen. Ferner stellt sie einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, da sie aufgrund nicht zuzurechnendem Verschulden gehindert gewesen sei, die Rechtsmittelfrist einzuhalten.
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Sie verweist auf die Unzulässigkeit der Klage aufgrund der versäumten Klagefrist, die sich insbesondere aus der ordnungsgemäßen Bekanntgabe des Verwaltungsakts ergebe. Der gestellte Wiedereinsetzungsantrag sei offensichtlich unzulässig und unbegründet, dass bereits an einer ordnungsgemäßen Darlegung der Tatsachen, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen würden, fehle.
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Ein seitens der Klagepartei ebenso mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2022 erhobener Antrag im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (M 31 S 22.6495) wurde nach Antragsrücknahme mit Beschluss vom 3. Februar 2023 eingestellt. Mit Beschluss vom 21. November 2023 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Behördenakten in diesem Verfahren sowie im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (M 31 S 22.6495) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Das Gericht kann aufgrund des Einverständnisses der Prozessparteien (Schriftsätze vom 7.5.2024 und 12.6.2024) gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.
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Die Klage ist unzulässig. Ob dies bereits aufgrund eines fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses der Fall ist, kann hier offen bleiben (1.), da sie jedenfalls nach Ablauf der Klagefrist erhoben wurde (2.).
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1. Hinsichtlich der durch die anwaltlich vertretene Klägerin ausdrücklich erhobenen Anfechtungsklage liegt ein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis nahe. Ungeschriebene Voraussetzung für die Zulässigkeit einer jeden Inanspruchnahme des Gerichts ist das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis. Für eine unnötige oder gar missbräuchliche Ausübung von Klagemöglichkeiten brauchen die Gerichte nicht zur Verfügung zu stehen. Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis ist insbesondere dann nicht gegeben, wenn der Kläger sein Ziel auf anderem Wege schneller und einfacher erreichen könnte, wenn ein Erfolg seine Rechtsstellung nicht verbessern würde oder wenn es ihm auf den Klageerfolg gar nicht ankommt (vgl. z.B. Wöckel, in: Eyermann, VwGO, vor § 40 Rn. 11; Wysk, in: ders., VwGO, 3. Aufl. 2020, vor § 40 Rn. 41, jeweils m.w.N.).
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Die Klägerin wendet sich hier gegen den Änderungsbescheid vom 12. Oktober 2022, mit dem die Beklagte auf den Änderungsantrag der Klägerin vom 29. Oktober 2021 hin die hier gegenständliche Überbrückungshilfe III – antragsgemäß – in reduzierter Höhe gewährte und daher die zuvor mit Bescheid vom 9. April 2021 gewährte Überbrückungshilfe III teilweise zurückforderte. Anders gewendet wurde mit dem Änderungsantrag – offenbar versehentlich oder fehlerhaft – eine Reduzierung der Zuwendung beantragt, die mit dem hier angegriffenen Änderungsbescheid nach entsprechendem Hinweis im behördlichen Verfahren auch so gewährt wurde.
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Zum einen ist in dieser Konstellation bereits grundsätzlich zweifelhaft, inwieweit gerade für die isolierte Anfechtung der Teilablehnung und Reduzierung der Zuwendung ein Rechtsschutzbedürfnis besteht. Denn die Klägerin nimmt mit ihrem Anfechtungsantrag von ihrem im Verwaltungsverfahren konkretisierten Begehren auf Erlass eines Verwaltungsakts Abstand. Das wirft die Frage des anzuerkennenden Interesses und Nutzens für die Inanspruchnahme des Gerichts auf (Wysk, in: ders., VwGO, 3. Aufl. 2020, § 42 Rn. 82). Ausgehend von ihrem Änderungsantrag vom 29. Oktober 2021 war Ziel der Klägerin (eigentlich) eine gegenüber der Bewilligung vom 9. April 2021 erhöhte Überbrückungshilfe III (vgl. die Summe der Fixkostenerstattung auf Bl. 7 der Behördenakte zum Änderungsantrag, insbesondere im Vergleich zum niedrigeren Betrag auf Bl. 6 der Behördenakte zum Erstantrag). Das sich aus dem Verwaltungsverfahren ergebende Begehren der Klägerin liegt mithin insgesamt offenbar in einer erhöhten Zuwendung, das indes durch die hier erfolgte Anfechtung der Teilablehnung nicht zu erreichen ist.
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Eine Besonderheit liegt hier freilich – zum anderen – darin, dass die Teilablehnung mit einer Reduzierung der bereits (vorläufig) gewährten Zuwendung einherging und zudem antragsgemäß erfolgte. Wohl durch einen Fehler im Rahmen der Antragstellung wurden der Beihilferahmen und die zugehörigen Höchstbeträge im Änderungsantrag seitens des prüfenden Dritten dergestalt gewählt, dass sich hieraus eine betragsmäßige Begrenzung der Zuwendung ergab, die zu der streitgegenständlichen Teilablehnung bzw. Reduzierung und Rückforderung führte: Beantragt wurde die Heranziehung der Bundesregelung Fixkostenhilfe 2020 als Beihilferegime, wobei als Betrag der ungedeckten verbliebenen Fixkosten 43.391,60 EUR angegeben wurde (Bl. 41 der Behördenakte zum Änderungsantrag). Dies führte nach den Regelungen des gewählten Beihilferegimes, wonach insbesondere der Gesamtbetrag der gewährten Beihilfen, die beihilferechtlich auf die Bundesregelung Fixkostenhilfe 2020 gestützt sind, höchstens 90% der ungedeckten Fixkosten betragen darf, zu der hier letztlich gewährten Zuwendung von 39.052,44 EUR (= 90% von 43.391,60 EUR, vgl. Bl. 41 der Behördenakte zum Änderungsantrag und den dort enthaltenen Hinweis zur Beihilferegelung sowie Fn. 22 zu Nr. 11 Satz 2 der einschlägigen Richtlinie des Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie für die Gewährung von Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen – Phase 3 [Überbrückungshilfe III – BayMBl. 2021, Nr. 132 vom 19.2.2021, zuletzt geändert mit Bekanntmachung vom 21.12.2021, BayMBl. 2022 Nr. 25; im Folgenden: Zuwendungsrichtlinie]). Auf diese Umstände und die Folgen wurde der prüfende Dritte durch die Beklagte im behördlichen Verfahren hingewiesen (Bl. 33 ff. der Behördenakte zum Änderungsantrag).
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Auch unter diesen Umständen bleibt indes festzustellen, dass die (bloße) Anfechtung der Teilablehnung und Reduzierung nicht zum Ziel einer erhöhten Zuwendung führt und damit unter dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzbedürfnisses zweifelhaft erscheint. Ob sich hier anderes daraus ergibt, dass die eigentlich gewollte erhöhte Zuwendung im behördlichen Verfahren wohl fehlerhaft überhaupt nicht beantragt war, und mithin wiederum eine unter Rechtsschutzgesichtspunkten vorzugswürdige gerichtliche Verpflichtung zur erhöhten Zuwendungsgewährung möglicherweise ihrerseits wieder an einer (insoweit) fehlenden Antragstellung bei der Behörde scheitern würde (vgl. zu einer derartigen Konstellation eingehend VG München, U.v. 23.2.2024 – M 31 K 22.5466 – juris Rn. 14 ff.), kann hier dahinstehen. Denn auch dann kann die Klägerin ihr im gerichtlichen Verfahren beantragtes Ziel – der Beseitigung der Teilablehnung und Reduzierung der Zuwendung in Form des Änderungsbescheids – einfacher durch schlichte Rücknahme des offenbar fehlerbehafteten Änderungsantrags bei der Behörde oder ggf. einen erneuten Änderungsantrag erreichen (vgl. bereits die durch die Beklagte im behördlichen Verfahren dargelegten Optionen, Bl. 33 ff. der Behördenakte zum Änderungsantrag). Auch dem muss indes – insbesondere mit Blick auf die Frage, ob diese Möglichkeiten nach der ständigen Zuwendungspraxis der Beklagten nach Bescheiderlass noch bestünden – nicht nachgegangen werden. Die Klage ist jedenfalls aufgrund der versäumten Klagefrist unzulässig.
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2. Die durch die anwaltlich vertretene Klägerin ausdrücklich als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Hs. 1 VwGO) erhobene Klage ist verfristet.
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a) Gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO muss eine Anfechtungsklage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden. Diese Frist ist nicht eingehalten.
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aa) Da der Bescheid ausweislich der Behördenakte zum Änderungsantrag (Bl. 53) hier im digitalen Antragssystem für den prüfenden Dritten bereitgestellt wurde, richtet sich die Bekanntgabe nach Art. 24 Abs. 1 und 2 BayDiG (bis zum 31.7.2022 weitestgehend inhaltsgleich Art. 6 Abs. 4 BayEGovG). Danach können im Rahmen digitaler Verwaltungsverfahren Verwaltungsakte über Portale bekannt gegeben werden. Dieses Vorgehen entspricht den Vorgaben von Nr. 6 Satz 3 der Zuwendungsrichtlinie, wonach Antragstellung und Schlussabrechnung ausschließlich in digitaler Form über ein Internet-Portal des Bundes erfolgen.
22
Dass in der Zuwendungsrichtlinie insoweit auf ein Internet-Portal des Bundes Bezug genommen wird, ändert an der Geltung der bayerischen Bekanntgabevorschriften in digitalen Verfahren nichts. Die hier der Sache nach inmitten stehende Zuwendung wird ausweislich der Zuwendungsrichtlinie (Einleitung Satz 1) durch den Freistaat Bayern – unter anderem auf Grundlage einer Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bund und dem Freistaat Bayern – gewährt, der die Beklagte gemäß § 47b Abs. 1 ZustV mit der Abwicklung u.a. dieser Zuwendung beliehen hat. Damit findet das Bayerische Digitalgesetz vorliegend auf das Verwaltungshandeln der unter der Aufsicht des Freistaats Bayern stehenden Beklagten Anwendung (Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 BayDiG, Art. 1 Abs. 1 AGIHKG). Dem steht weiter auch nicht entgegen, dass die Beklagte in der Kommunikation mit dem prüfenden Dritten, insbesondere in der Benachrichtigung über die Bereitstellung des streitgegenständlichen Bescheides im digitalen Antragssystem vom 12. Oktober 2022 (Bl. 53 der Behördenakte zum Änderungsantrag) offenbar versehentlich noch auf das zu diesem Zeitpunkt bereits außer Kraft getretene BayEGovG Bezug nimmt. Die relevanten Vorschriften des früheren Art. 6 Abs. 4 BayEGovG und des geltenden Art. 24 Abs. 1 und 2 BayDiG sind, soweit hier relevant, identisch. Damit handelt es sich letztlich um eine bloße schreibfehlerhafte Bezeichnung der in der Sache zutreffenden rechtlichen Regelungen.
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bb) Die Voraussetzungen einer elektronischen Bekanntgabe des streitgegenständlichen Bescheids über das Antragsportal sind erfüllt. Gemäß Art. 24 Abs. 1 BayDiG können Verwaltungsakte mit Einwilligung des Beteiligten bekannt gegeben werden, indem sie dem Beteiligten oder einem von ihm benannten Dritten zum Datenabruf durch Datenfernübertragung bereitgestellt werden. Für den Abruf hat sich die abrufberechtigte Person zu authentifizieren. In diesem Fall gilt der Verwaltungsakt nach Art. 24 Abs. 2 Satz 1 BayDiG am dritten Tag, nachdem die digitale Benachrichtigung über die Bereitstellung des Verwaltungsakts zum Abruf an die abrufberechtigte Person abgesendet wurde, als bekannt gegeben.
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Der prüfende Dritte ist zunächst ein vom Beteiligten benannter Dritter nach Art. 24 Abs. 1 Satz 1 BayDiG. Da der Antrag grundsätzlich durch einen prüfenden Dritten im Namen des Antragstellers einzureichen ist (vgl. Nr. 7.1 der Zuwendungsrichtlinie), ist auch der prüfende Dritte abrufberechtigt. Dies ergibt sich auch aus Nr. 4.15 der FAQs, wonach der Bescheid nach den landesrechtlichen Vorschriften, in der Regel elektronisch an die prüfenden Dritten zur Weiterleitung an die Antragstellenden erteilt wird. Der nach Art. 24 Abs. 1 Satz 2 BayDiG vorgesehenen Authentifizierung der abrufberechtigten Person ist ebenfalls genüge getan, da die Antragstellung (und Schlussabrechnung) wie ausgeführt nach Nr. 6 Satz 3 der Zuwendungsrichtlinie über ein Internet-Portal des Bundes erfolgen, das eine entsprechende Authentifizierung vorsieht (vgl. ebenso VG Augsburg, U.v. 28.2.2024 – Au 6 K 23.832 – juris Rn. 16; VG Würzburg, U.v. 14.11.2022 – W 8 K 22.1357 – juris Rn. 16 jeweils zum insoweit inhaltsgleichen BayEGovG). Im Rahmen der Antragsstellung zum Änderungsantrag vom 29. Oktober 2021 willigte der prüfende Dritte hier ferner im Sinne des Art. 24 Abs. 1 Satz 1 BayDiG in die vorgenannte Bekanntgabeform ein, indem er im Antrag bei folgendem Punkt einen Haken setzte: „Hiermit willige ich ein, dass der Bewilligungsbescheid und weitere Verwaltungsakte im Bewilligungsverfahren elektronisch bereitgestellt und bekannt gegeben werden“ (Bl. 8 der Behördenakte zum Änderungsantrag, so im Übrigen bereits auch im Rahmen der Erstantragstellung, vgl. Bl. 6 der Behördenakte zum Erstantrag).
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cc) Nach Art. 24 Abs. 2 Satz 1 BayDiG gilt der Verwaltungsakt am dritten Tag, nachdem die digitale Benachrichtigung über die Bereitstellung des Verwaltungsakts zum Abruf an die abrufberechtigte Person abgesendet wurde, als bekannt gegeben. Ausweislich der Behördenakte zum Änderungsantrag (Bl. 53) versandte die Beklagte am 12. Oktober 2022 eine E-Mail an den prüfenden Dritten, wonach der Bewilligungsbescheid zum fraglichen Antrag zum Abruf im digitalen Antragssystem bereit stehe. Hingewiesen wurde weiter darauf, dass der Bewilligungsbescheid und weitere Verwaltungsakte im Bewilligungsverfahren unabhängig von dem tatsächlichen Abruf am dritten Tag nach dem Absenden dieser Benachrichtigungs-E-Mail als bekannt gegeben gelte. Der streitgegenständliche Bescheid gilt danach zunächst gemäß Art. 24 Abs. 2 Satz 1 BayDiG am 15. Oktober 2022 als bekannt gegeben.
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Soweit die Klagepartei hierzu vortragen lässt, weder der Geschäftsführer der Klägerin noch die beauftragte und bevollmächtigte Steuerkanzlei habe den streitgegenständlichen Bescheid vom 12. Oktober 2022 erhalten und erst durch eine Mahnung der Staatsoberkasse Bayern vom 15. Dezember 2022 (Anlage K 1) von diesem (mittelbar) Kenntnis erlangt, erschüttert dies die vorgenannte Bekanntgabefiktion nicht. Nach Art. 24 Abs. 2 Satz 2 BayDiG gilt die Bekanntgabefiktion nicht, wenn die digitale Benachrichtigung nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang der digitalen Benachrichtigung nachzuweisen. Gelingt ihr der Nachweis nicht, gilt der Verwaltungsakt in dem Zeitpunkt als bekannt gegeben, in dem die abrufberechtigte Person den Datenabruf durchgeführt hat (Art. 24 Abs. 2 Sätze 3 und 4 BayDiG). Nach diesen Vorschriften kommt es für die hier inmitten stehende digitale Bekanntgabe über Portale – anders als im Fall einer direkten elektronischen Übermittlung eines Verwaltungsakts, vgl. Art. 41 Abs. 2 Satz 2 und 3 BayVwVfG (hierzu im Kontext der Corona-Wirtschaftshilfen etwa VG München, U.v. 3.5.2023 – M 31 K 21.6446 – juris Rn. 21 ff.) – auf den Zugang bzw. den fehlenden Zugang der Benachrichtigung über die Bereitstellung des Verwaltungsakts an, nicht aber den Zugang des Verwaltungsakts selbst. Folglich führt in diesem Zusammenhang der behauptete fehlende Zugang des streitgegenständlichen Bescheids vom 12. Oktober 2022 nicht weiter, zumal im Übrigen nur der prüfende Dritte und nicht der Geschäftsführer der Klägerin Adressat der Bekanntgabe war (vgl. die entsprechenden Erklärungen des prüfenden Dritten im Änderungsantrag, Bl. 7 f. der Behördenakte zum Änderungsantrag, sowie allgemein Nr. 7.1 Satz 1 der Zuwendungsrichtlinie). Die Weiterleitung des Bescheids von dem prüfenden Dritten an die Antragstellerin liegt allein im Verantwortungsbereich des prüfenden Dritten (VG Augsburg, U.v. 28.2.2024 – Au 6 K 23.832 – juris Rn. 18; VG Würzburg, U.v. 14.11.2022 – W 8 K 22.1357 – juris Rn. 16). Vor diesem Hintergrund führt die als Anlage K 3 vorgelegte eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Klägerin, wonach er erst am 21. Dezember 2022 erstmalig von dem Bestand der gegen die Gesellschaft gerichteten Forderung erfahren und den streitgegenständlichen Bescheid erst am 22. Dezember 2022 erhalten habe, nicht weiter. Eine offenbar in ähnlichem Sinne gefasste, schriftsätzlich in Bezug genommene (Klageschriftsatz vom 28.12.2022) eidesstattliche Versicherung des Steuerberaters und prüfenden Dritten wurde nicht vorgelegt. Hierauf hat das Gericht mehrfach (Schreiben vom 8.11.2023 um 24.1.2024) hingewiesen, ohne dass dies zu einer Reaktion seitens des Klägerbevollmächtigten geführt hätte.
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Unabhängig davon führte im vorliegenden Fall selbst eine bloße Behauptung des prüfenden Dritten, er habe – angenommen – (auch) die digitale Benachrichtigung über die Bereitstellung des Verwaltungsakts nicht erhalten, nicht dazu, dass die Nachweispflicht nach Art. 24 Abs. 2 Satz 3 BayDiG ausgelöst würde. Denn unbeschadet der Frage, welche Anforderungen im Einzelnen an ein Bestreiten des Zugangs in dieser Konstellation zu stellen sein mögen (vgl. hierzu statt vieler und m.w.N. Couzinet/Fröhlich, in: NK-VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 41 Rn. 91 ff. zur entsprechenden Regelung des Verwaltungsverfahrensgesetzes) wäre eine solche Behauptung zur Überzeugung des Gerichts im konkreten Einzelfall nicht glaubhaft. Der prüfende Dritte hat im Verwaltungsverfahren zur Zuwendungsgewährung ausweislich der Behördenakten (Bl. 33 ff. der Behördenakte zum Änderungsantrag, Bl. 30 ff. der Behördenakte zum Erstantrag) eine Reihe von Rückfragen der Beklagten über das Antragsportal beantwortet. Es bestehen damit – zumal ohne nähere Angaben – keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der prüfende Dritte Nachrichten aus dem Antragsportal oder über dortige Inhalte – aus technischen oder anderen Gründen – überhaupt nicht erhalten hätte. Im Gegenteil spricht das sich aus den Behördenakten ergebende Bild, wonach behördliche Rückfragen über das Antragsportal durch den prüfenden Dritten zum Teil über längere Zeiträume nicht und zum Teil überhaupt nicht beantwortet wurden, eher dafür, dass über das Antragsportal übermittelte Nachrichten durch den prüfenden Dritten möglicherweise eher unregelmäßig zur Kenntnis genommen wurden. Daher ist nichts dafür ersichtlich, dass die in der Behördenakte enthaltene Benachrichtigung über die Bereitstellung des streitgegenständlichen Bescheids im digitalen Antragsystem den prüfenden Dritten nicht erreicht hätte (für einen Beweis des ersten Anscheins in diesem Zusammenhang VG Würzburg, U.v. 14.11.2022 – W 8 K 22.1357 – juris Rn. 16). Vor diesem Hintergrund führte selbst eine – erneut: hier ohnehin nicht vorliegende – Behauptung des prüfenden Dritten, er habe auch die digitale Benachrichtigung über die Bereitstellung des Verwaltungsakts nicht erhalten, nicht weiter.
28
Im Übrigen trifft jeden Antragsteller – und mithin auch den prüfenden Dritten – im Rahmen eines Zuwendungsverfahrens ohnehin auch eine zur allgemeinen Mitwirkungspflicht (Art. 26 Abs. 2 BayVwVfG) hinzutretende (erhöhte) Sorgfaltspflicht im Hinblick auf die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben (stRspr, vgl. aktuell z.B. BayVGH, B.v. 20.7.2023 – 22 ZB 21.2777 – juris Rn. 16; VG München, U.v. 3.4.2024 – M 31 K 22.5598 – juris Rn. 31). Gleiches gilt für die Erreichbarkeit des Antragstellers für Mitteilungen der Zuwendungsbehörde, hier insbesondere mit Blick auf das Vorhalten einer verlässlich sende- und empfangsbereiten elektronischen Kommunikationsinfrastruktur (Hard- und Software) in einem ausschließlich elektronisch geführten Verwaltungsverfahren (vgl. auch BayVGH, B.v. 20.7.2022 – 22 ZB 21.2777 – juris Rn. 17 ff.).
29
Der streitgegenständliche Bescheid gilt damit gemäß Art. 24 Abs. 2 Satz 1 BayDiG am 15. Oktober 2022 (Samstag) als bekannt gegeben. Der dritte Tag ist dabei auch dann maßgeblich, wenn er auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag fällt. Art. 31 Abs. 3 BayVwVfG greift hier gerade nicht, da es sich bei einer Bekanntgabefiktion um keine Frist, sondern einen Termin handelt (vgl. BayVGH, B.v. 23.7.1990 – 19 B 88.185 – juris Rn. 14 ff.; VG Würzburg, U.v. 14.11.2022 – W 8 K 22.1357 – juris Rn. 16).
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dd) Die Klagefrist endet folglich gemäß § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 und 2 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB mit dem Ablauf des 15. November 2022 (Dienstag). Die Klage ist dem Gericht am 28. Dezember 2022 und somit nicht fristgemäß zugegangen.
31
b) Eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nach § 60 VwGO, wie mit Klageschriftsatz vom 28. Dezember 2022 beantragt, kommt nicht in Betracht. Nach § 60 Abs. 1 VwGO ist demjenigen, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses müssen die Tatsachen vorgetragen werden, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen (§ 60 Abs. 2 Sätze 1 und 2 VwGO). Der Kläger muss im Rahmen seines Antrags deutlich machen, wie und durch wessen Verschulden es zur Versäumung der Frist gekommen ist bzw. weshalb das Verschulden des Klägers oder seines Bevollmächtigten fehlt (§ 173 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO). Ein dem Kläger zurechenbares Verschulden des Bevollmächtigten muss dieser in seiner Person verwirklichen. Die zur unverschuldeten Fristversäumung führenden Tatsachen, sind glaubhaft zu machen (vgl. zusammenfassend z.B. VG München, U.v. 21.9.2021 – M 2 K 17.49491 – juris Rn. 28 f.). Derartige Umstände sind vorliegend – wie letztlich bereits ausgeführt – nicht vorgetragen. Die Begründung des Wiedereinsetzungsantrages erschöpft sich in der Behauptung, weder der Geschäftsführer der Klägerin noch der prüfende Dritte hätten den streitgegenständlichen Bescheid erhalten, sondern von dessen Existenz erst im Gefolge einer Mahnung der Staatsoberkasse Bayern erfahren. Erneut ist darauf hinzuweisen, dass hier lediglich der prüfende Dritte Adressat der Bekanntgabe des streitgegenständlichen Bescheids ist, so dass Ausführungen in Bezug auf den Geschäftsführer der Klägerin nicht weiterführen. In Bezug auf den prüfenden Dritten sind nähere Umstände, wie und durch wessen Verschulden es zur Versäumung der Frist gekommen ist weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Insbesondere wurde, auch dies wurde bereits ausgeführt, die in der Klageschrift angekündigte eidesstattliche Versicherung des Steuerberaters und prüfenden Dritten nicht vorgelegt.
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Somit wurde die Klage hier nicht innerhalb der Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO erhoben und ist daher unzulässig.
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Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.