Titel:
Squeeze-out bei einem Automobilhersteller (hier: Audi AG)
Normenketten:
AktG § 255, 293c Abs. 1, § 304, § 327a Abs. 1 S. 1, § 327b Abs. 1 S. 1, § 327c Abs. 2
SpruchG § 7 Abs. 7 S. 1, § 8 Abs. 2 S. 1, § 17 Abs. 1
WpÜG § 31
ZPO § 287
GG Art. 14
Leitsätze:
1. Die Barabfindung nach § 327 b Abs. 1 S. 1 AktG ist dann angemessen, wenn sie dem ausscheidenden Aktionär eine volle Entschädigung dafür verschafft, was seine Beteiligung an dem arbeitenden Unternehmen wert ist, sie also dem vollen Wert seiner Beteiligung entspricht; hierzu muss der „wirkliche“ oder „wahre“ Wert des Anteilseigentums widergespiegelt werden, also sichergestellt sein, dass die Aktionäre jedenfalls nicht weniger erhalten, als sie bei einer freien Desinvestitionsentscheidung erhalten hätten. (Rn. 103) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der maßgebliche Ertragswert eines Unternehmens wird dabei durch Diskontierung der den Unternehmenseignern künftig zufließenden finanziellen Überschüsse gewonnen, die aus den künftigen handelsrechtlichen Erfolgen abgeleitet werden, wobei dem Gericht die Aufgabe zukommt, unter Anwendung anerkannter betriebswirtschaftlicher Methoden den Unternehmenswert als Grundlage der Abfindung im Wege der Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO zu bestimmen. (Rn. 106) (redaktioneller Leitsatz)
3. Aus der Entwicklung des Kurs-Gewinn-Verhältnisses, also der Relation des Aktienkurses zum Gewinn je Aktie bzw. der Börsenkapitalisierung einer Aktiengesellschaft in Relation zum Jahresüberschuss, lassen sich keine, jedenfalls keine verlässlichen Rückschlüsse auf die Angemessenheit der Barabfindung ziehen. (Rn. 124) (redaktioneller Leitsatz)
4. Aus einer etwa acht Monate nach dem Bewertungsstichtag angekündigten Preiserhöhung (hier: eines Automobilherstellers) lässt sich kein Rückschluss auf die fehlende Plausibilität der Preisansätze in der Planung zum Bewertungsstichtag ziehen. (Rn. 142) (redaktioneller Leitsatz)
5. Bei der Ermittlung des Ertragswerts im Zusammenhang mit aktienrechtlichen Strukturmaßnahmen finden angesichts des grundlegenden Stand alone-Prinzips nur solche Synergien oder Verbundeffekte Berücksichtigung, die auch ohne die geplante Strukturmaßnahme durch Geschäfte mit anderen Unternehmen hätten realisiert werden können. (Rn. 180) (redaktioneller Leitsatz)
6. Ein Gleichgewichts- oder Beharrungszustand, der zur Grundlage einer "Ewigen Rente" gemacht werden kann, liegt vor, wenn sich Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Bewertungsobjektes im sogenannten Gleichgewichts- oder Beharrungszustand befinden und sich die zu kapitalisierenden Ergebnisses annahmegemäß nicht mehr wesentlich verändern bzw. mit einer konstanten Rate, der mit dem Wachstumsabschlag im Kapitalisierungszinssatz Rechnung getragen wird, verändern. (Rn. 185) (redaktioneller Leitsatz)
7. Für die Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes muss der Basiszinssatz um einen Risikozuschlag erhöht werden; der Grund für den Ansatz eines solchen Risikozuschlages liegt darin, dass Investitionen in Unternehmen im Vergleich zur Anlage in sichere oder zumindest quasi-sichere öffentliche Anleihen einem höheren Risiko ausgesetzt sind. (Rn. 265 – 266) (redaktioneller Leitsatz)
8. Es kann auf das (Tax-)CAPM zurückgegriffen werden, um den Risikozuschlag zu schätzen. (Rn. 274) (redaktioneller Leitsatz)
9. Es entspricht der weithin geübten Praxis der Unternehmensbewertung, wenn bei der Herleitung des Beta-Faktors bei der Regression gegen den größten nationalen Index und den globalen MSCI World Index mit fünfjährigen Beobachtungszeiträumen und monatlichen Renditeintervallen sowie mit zweijährigen Beobachtungszeiträumen mit wöchentlichen Renditeintervallen gerechnet wird. (Rn. 299) (redaktioneller Leitsatz)
10. Neben dem operativen Risiko prägt auch das Kapitalstrukturrisiko eines Unternehmens dessen Risiko, weshalb es ebenfalls in den Beta-Faktor einfließen muss. (Rn. 306) (redaktioneller Leitsatz)
11. Aus den aktuellen Megatrends wie Bevölkerungswachstum, Mobilität, Urbanisierung oder Digitalisierung lässt sich nicht die Schlussfolgerung ziehen, der Wachstumsabschlag müsse erhöht werden, auch wenn diese Faktoren zu einem tiefgreifenden Strukturwandel in der Automobilindustrie führen. (Rn. 343) (redaktioneller Leitsatz)
12. Liegt die geschuldete Barabfindung um etwa 13,1 % über dem von der Hauptversammlung festgesetzten Wert, lassen sich die Grundsätze über die Bagatellgrenze, die vielfach bei maximal 5 % angesetzt wird, nicht mehr anwenden. (Rn. 372) (redaktioneller Leitsatz)
13. Erwerbspreise, die ein Großaktionär in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit einem Squeeze out entrichtet, spielen für die Bemessung der angemessenen Barabfindung keine Rolle. (Rn. 379) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Squeeze out, Barabfindung, Hauptversammlung, Unternehmenswert, Ertragswertmethode, Vergangenheitsanalyse, Plausibilität der Planung, Detailplanungsphase, Elektromobilität, Marktentwicklung, Synergien, Börsengang, Digital Services, EBIT-Marge, Terminal Value, Ausschüttungsquote, Thesaurierung, Transformationsprozess, Markt- und Wettbewerbsumfeld, Zyklizität der Automobilindustrie, Marktrisikoprämie, Basiszinssatz, Risikozuschlag, Beta-Faktor, Bewertungsgutachten, Wachstumsabschlag, Inflationsrate, betriebsnotwendige Liquidität, steuerliche Verlustvorträge, nicht betriebsnotwendiges Vermögen, Sonderwert, Markenbewertung, Ausschüttung aus der Substanz, Börsenkurs
Fundstellen:
BeckRS 2024, 21256
LSK 2024, 21256
NZG 2025, 554
Tenor
I. Die von der Antragsgegnerin an die ehemaligen Aktionäre der A… AG zu bezahlende Barabfindung wird auf € 1.754,71 je auf den Inhaber lautende Stückaktie der A… Aktiengesellschaft festgesetzt. Dieser Betrag ist unter Anrechnung geleisteter Zahlungen seit dem 18.11.2020 mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.
II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens wird auf € 7.500.000,- festgesetzt.
Gründe
I. a. Die A… Aktiengesellschaft (im Folgenden auch: A… AG oder die Gesellschaft) als beherrschte und die Antragsgegnerin als herrscVorerhende Gesellschaft hatten unter dem 23.4.1971 einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag (Anlage AG 6) geschlossen, zu dem am 27.4.1990 eine Ergänzungsvereinbarung (Anlage AG 8) abgeschlossen wurde. In § 3 Abs. 1 dieses Vertrages in der Fassung der Ergänzungsvereinbarung garantierte die Antragsgegnerin den außenstehenden Aktionären der A… AG als angemessenen Ausgleich für jedes Geschäftsjahr und für jede Aktie der A… AG als Gewinnanteil die Zahlung des Betrages, der für das gleiche Geschäftsjahr auf eine Stammaktie der Antragsgegnerin gleichen Nennbetrags ausgeschüttet wird. Die an die Stammaktionäre der Antragsgegnerin gezahlte Dividende belief sich für das Geschäftsjahr 2017 auf € 3,90 und für das Geschäftsjahr 2018 auf € 4,80; für das Geschäftsjahr 2019 sollte wiederum eine Dividende in Höhe von € 4,80 je Aktie beschlossen werden.
1
Hinsichtlich der näheren Einzelheiten des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages wird in vollem Umfang auf Anlagen AG 6 und AG 8 Bezug genommen.
2
Am 28.2.2020 informierten die Antragsgegnerin und die A… AG mittels Ad hoc-Mitteilung die Kapitalmärkte über den beabsichtigten aktienrechtlichen Squeeze out bei der A… AG.
3
Am 31.7.2020 fasste die Hauptversammlung der Gesellschaft den Beschluss, die Aktien der Minderheitsaktionäre gegen eine von der Antragsgegnerin zu leistende Barabfindung in Höhe von € 1.551,53 je auf den Inhaber lautende Stückaktie auf die Antragsgegnerin als Hauptaktionärin zu übertragen. Das € 110.080.000,- betragende Grundkapital der Gesellschaft ist in 43.000.000 auf den Inhaber lautende Stückaktien mit einem rechnerischen Anteil von je € 2,56 am Grundkapital eingeteilt. Die Aktien der A… AG wurden im regulierten Markt an den Wertpapierbörsen Frankfurt am Main (General Standard), Berlin, Düsseldorf, Hamburg, München und Stuttgart sowie im Handelssystem XETRA gehandelt. Für den Zeitraum vom 28.11.2019 bis zum 27.2.2020 einschließlich ermittelte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht einen gültigen Mindestpreis von € 813,15 je Aktie.
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b. Ausweislich von § 3 Abs. 1 der Satzung der Gesellschaft (Anlage AG 5) besteht ihr Unternehmensgegenstand in der Entwicklung, der Herstellung und dem Vertrieb von Kraftfahrzeugen sowie Fahrzeugen und Motoren aller Art, deren Zubehör sowie aller Maschinen, Werkzeuge und sonstiger technische Artikel. Nach § 2 Abs. 2 der Satzung ist die Gesellschaft berechtigt, alle Geschäfte vorzunehmen und Maßnahmen zu ergreifen, die mit dem Zweck des Unternehmens zusammenhängen oder ihm förderlich erscheinen. Sie kann dazu andere Unternehmen gründen, erwerben oder sich an solchen Unternehmen beteiligen und auch im In- und Ausland Zweigniederlassungen errichten. Die wesentlichen operativen Geschäftstätigkeiten der Marke A… sind in der A… AG, die der Marke L… in der L… S.p.A. und die der Marke D… in der D… S.p.A. gebündelt.
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a. Im Vorfeld der Hauptversammlung vom 31.7.2020 erstattete die P… GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (im Folgenden: P…) eine gutachtliche Stellungnahme zum Unternehmenswert der A… AG zum 31.7.2020 als Tag der beschlussfassenden Hauptversammlung. Die Wirtschaftsprüfer von P… ermittelten in Anwendung der Ertragswertmethode einen Wert der Gesellschaft von € 66.716 Mio., woraus sie dann einen Wert je Aktie von € 1.551,53 errechneten. Dabei gingen sie von einer die Jahre 2020 bis 2025 umfassenden Detailplanungsphase mit einem operativen Ergebnis vor Steuern von € 1.600 Mio., € 4.200 Mio., € 5.750 Mio., € 6.000 Mio., € 6.100 Mio. und € 5.700 Mio. aus. An diese Detailplanungsphase schloss sich ab dem Jahr 2026 die Ewige Rente an, in der von einem nachhaltig zu erwartenden Umsatzniveau von € 64.696 Mio. bei einer EBIT-Marge von 7,0 % ausgegangen wurde. Zusätzlich brachten die Bewertungsgutachter einen Wachstumsabschlag auf das nachhaltig erzielbare Ergebnis in Höhe von 0,5 % in Ansatz. Sowohl in der Detailplanungsphase wie auch im Terminal Value gingen die Bewertungsgutachter von einer Ausschüttungsquote von 50 % aus.
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Bei der Kapitalisierung der Jahresüberschüsse ging das Bewertungsgutachten von einem Basiszinssatz von 0,0 % aus. Den Risikozuschlag ermittelten die Bewertungsgutachter in Anwendung des (Tax-)CAPM, wobei sie von einer Marktrisikoprämie von 5,75 % nach Steuern und einem aus einer P. Group von insgesamt 12 im In- und Ausland ansässigen Unternehmen abgeleiteten unverschuldeten Beta-Faktor von 0,9 ausgingen. Der verschuldete Beta-Faktor sank zunächst von 0,87 auf 0,86 im Jahr 2021, um dann über 0,87, 0,88, 0,89 auf 0,90 im letzten Planjahr und 0,92 in der Ewigen Rente anzusteigen. Für die Zeit ab 2026 erachteten die Bewertungsgutachter einen nachhaltigen Wachstumsabschlag von 0,50 % vor persönlichen Ertragssteuern für angemessen.
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Als Sonderwerte setzten die Wirtschaftsprüfer von P… für die 29,72 %-ige Beteiligung der Gesellschaft an der TH… B.V. (im Folgenden: TH…) sowie nicht konsolidierte sonstige in der Planungsrechnung der Gesellschaft nicht erfasste Gesellschaften und Beteiligungen einem Gesamtwert von € 1.251 Mio. an.
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b. Die vom Landgericht München I mit Beschluss vom 6.3.2020, Az. 5 HK O 2836/20 zur Abfindungsprüferin bestellte B… T… GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (im Folgenden: B… T…) kam in ihrem Prüfungsbericht vom 17.6.2020 (Anlage AG 8) zu dem Ergebnis, die von der Antragsgegnerin festgelegte Barabfindung stelle sich als angemessen dar.
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c. In ihrer Stichtagserklärung vom 31.7.2020 (Anlage AG 4) kamen die Bewertungsgutachter von P… zu dem Ergebnis, seit der Unterzeichnung der gutachtlichen Stellungnahme bestehe kein Anlass zu einer Neubewertung. Die Abfindungsprüfer verwiesen in ihrer Stichtagserklärung auf eine leichte Verfehlung der geplanten Ertragslage gegenüber der der Unternehmensbewertung zugrunde gelegten Vorausschätzung Szenario 4+8 (im Folgenden: VS 4+8); darüber hinaus seien keine wesentlichen Veränderungen der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage oder sonstige Umstände eingetreten, die zu einer Erhöhung des Werts der Gesellschaft sowie der angemessenen Barabfindung führen könnten. Die Abfindungsprüferin bezeichnete in ihrer Stichtagserklärung vom 31.7.2020 (Anlage AG 5) die angebotene Barabfindung unverändert als angemessen.
10
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der gutachtlichen Stellungnahme von P… und des Prüfungsberichts von B… T… einschließlich der beiden Stichtagserklärungen wird in vollem Umfang auf die Anlage 4 zu Anlage AG 7 (Übertragungsbericht), Anlage AG 8 sowie die Anlagen AG 4 und AG 5 Bezug genommen.
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Die Eintragung des Squeeze out-Beschlusses in das Handelsregister der A… AG erfolgte am 16.11.2020; diese Eintragung wurde am 17.11.2020 gemäß § 10 HGB bekannt gemacht. Am Tag der Eintragung des Squeeze out-Beschlusses waren alle Antragsteller Aktionäre der Gesellschaft.
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Zur Begründung ihrer spätestens am 17.2.2021 beim Landgericht München I zumindest per Telefax eingegangenen Anträge machen die Antragsteller im Wesentlichen geltend, aufgrund ihrer zulässigerweise gestellten Anträge müsse die Barabfindung angesichts ihrer Unangemessenheit erhöht werden.
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1. Diese Notwendigkeit resultiere bereits aus den zum Nachteil der Minderheitsaktionäre unplausiblen und folglich korrekturbedürftigen Planannahmen der Gesellschaft.
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a. Die Vergangenheitsanalyse zeige bereits die fehlende Zuverlässigkeit angesichts der zu beobachtenden Abweichungen. Auch gebe es aufgrund des bestehenden Unternehmensvertrages erhebliche Anhaltspunkte für eine unzulässige Einflussnahme des Vorstands der Antragsgegnerin auf die Planung. Die Verkürzung der Detailplanungsphase sei fehlerhaft, weil die davor liegende Planungsrunde mit einer Festlegung von Produktprämissen für einen zehn Jahre umfassenden Zeitraum noch detailliertere Planungen enthalten habe und der Einbruch als Folge der COVID-19-Pandemie nur zu einer temporären Verschiebung von Umsätzen führe. Die Präsentation von Investor Relation vom 7.12.2020 belege, dass der Vorstand an seiner ursprünglichen Planung festgehalten habe. Angesichts der auf Sondereinflüssen beruhenden Planabweichungen des Jahres 2019 dürfe kein Schluss auf die regelmäßige Fehlplanung als zu optimistisch gezogen werden. Ebenso lasse die Entwicklung des Kurs-Gewinn-Verhältnisses Rückschlüsse auf eine fehlerhafte Planung zu.
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b. Die Planung müsse in ihren Einzelansätzen korrigiert werden, weil diese zu pessimistisch seien und ihnen daher die Plausibilität fehle.
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(1) Dies gelte zunächst für die Umsatzplanung. Ein Umsatzeinbruch auf € 48 Mrd. im Jahr 2020 sei nicht mehr nachvollziehbar, weil zum Stichtag der Hauptversammlung eine weltweite Erholung mit Schwerpunkt in China mit erheblichen Aufholeffekten mit Rekordauslieferungen in China im Mai und Juni 2020 bereits festzustellen gewesen sei. Die Overlay-Planung vom Mai 2020 mit massiven Rücknahmen bei der Umsatz- und Ertragsplanung überzeichne die tatsächlichen Auswirkungen der Pandemie, zumal deren schlimmsten Auswirkungen angesichts steigender Absatzzahlen in China und den USA überstanden gewesen sei, weshalb die Gesellschaft angesichts ihrer starken Präsenz im wachstumsstarken Premium- und Super-Luxus-Markt sowie mit SUVs, weiterer wettbewerbsstarker Elektromodelle wie dem Marktführer A… e… deutlich früher zu den eigentlich geplanten Zielen aufschließen werde. Die starke Marktstellung in China werde vernachlässigt, wobei dies bereits aus Daten vom Juni 2020 absehbar gewesen sei, die hätten hinzugezogen werden müssen. Die Daten des Internationalen Währungsfonds vom 24.6.2020 würden gleichfalls einen Rückschluss auf die Fehlerhaftigkeit der Overlay-Planung zulassen. Ebenso negiere diese mit einer über Jahre andauernden Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Gesellschaft die unmittelbar nach dem Ende der Pandemie eintretenden Nachholeffekte ebenso wie die Prognose des ifo-Instituts vom 28.5.2020 mit einer Normalisierung der wirtschaftlichen Verhältnisse bereits nach neun Monaten, einer Produktion fast schon wieder auf dem Vorkrisenniveau und dem Hinweis des Vorstands während der Hauptversammlung auf die starke Erholung in China sowie Erholungseffekte in Europa und den Vereinigten Staaten von Amerika seit Mai 2020 mit einer damit einhergehenden Normalisierung der Aktienkurse.
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Die Steigerungen der Umsatzzahlen von € 44,5 Mrd. in 2021 auf € 52,4 Mrd. im Jahr 2025 seien zu konservativ, weil die A… AG auch in der Vergangenheit bewiesen habe, um 20 % p.a. wachsen und Krisenzeiten gut wegstecken zu können. Ein CAGR von minus 0,1 % in der Detailplanungsphase könne angesichts einer im Juni 2020 erfolgten Preiserhöhung um durchschnittlich 1,2 % nicht plausibel sein, was auch durch die Ankündigung erheblicher Preiserhöhungen ab dem 1.3.2021 und die Entwicklung steigender Ersatzteilpreise ab 2013 belegt werde, weshalb die Annahme einer Überkompensation im Bewertungsgutachten nicht stimmen könne. Angesichts einer deutlichen Steigerung der Absatzzahlen bereits im dritten Quartal des Jahres 2020 mit einer Fortführung dieses Trends im vierten Quartal 2020 müsse die Umsatzplanung korrigiert werden.
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Aufgrund des klaren Bekenntnisses von Regierungen weltweit zur Elektromobilität in den wichtigsten Absatzmärkten der Gesellschaft sowie des Erfolgs des A… e… im Segment Luxus Electric SUV auch im Vergleich zu T… können es keinen Zweifel am Erfolg der Elektromobilität geben. Die Planung vernachlässige weiterhin die Investition von € 24 Mrd. in E-Mobility und die intendierte Erhöhung der Reisebereitschaft von Kunden.
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Bei L… S.p.A. übersehe die Planung die Expansion in den USA, China, Großbritannien, Japan und Deutschland sowie die positive Entwicklung in 2019 samt dem Mitte 2018 auf den Markt gebrachten Super SUV U…, mit dem L… zu F… aufgeschlossen habe. Zudem hätte berücksichtigt werden müssen, dass L… S.p.A. im Jahr 2020 drei neue Modelle auf den Markt bringe und durch zusätzliche Exklusivität mit limitierten Modellen weiterer Absatz mit höheren Margen bei Verbrennermotoren wie auch bei Hybrid- und Elektroantrieben möglich sei. Die Entwicklung der ersten neun Monate des Jahres 2021 wie auch des Jahres 2023 belege eine zu pessimistische Planung von L… S.p.A.. Die Planung vernachlässige neben Ersatzteil- und Zubehörhandel, Financial Services und Markenlizenzen die 2020 hergestellten 63 Fahrzeuge des Typs „Si…“ mit einem Umsatzanteil von € 208 Mio. oder 13 % des Gesamtumsatzes im Jahr 2020. Ebenso fehle eine Berücksichtigung von Synergien mit der V…-Tochter Bu… im Bereich Materialien. Ein erheblicher Teil der liquiden Mittel der L… S.p.A. müsse als nicht betriebsnotwendiges Vermögen dem Ertragswert dieses Unternehmens hinzugerechnet werden.
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Ein fehlerhaftes Vorliegen liege darin, einerseits auf eine fehlende analysefähige Markthistorie der neuen Antriebstechnologien und den fehlenden Zugang von I. M. zu der Modellplanung der A… AG hinzuweisen, andererseits aber die geringeren Marktprognosen dieses Instituts einzubeziehen. Ebenso sei es widersprüchlich, die Investitionsoffensive und die Marktbewertung der Gesellschaft in Frage zu stellen, wodurch der gesamten Planung die Grundlage entzogen werde.
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(2) Bei der Aufwandsplanung bleibe zumindest unklar, inwieweit bei der Entwicklung der Personalkosten die Folgen der Gründung der Softwaretochter Ca…-Organisation mit Mitarbeitern auch von anderen Unternehmen aus dem Konzern der Antragsgegnerin berücksichtigt worden sei. Fehlerhaft sei es, eine weitere Rückstellung „zusätzliches Risiko Diesel“ von € 180 Mio. anzusetzen, was zulasten der Minderheitsaktionäre gehe, nachdem nur mögliche Risiken einer freien Schätzung auf Zählerebene nicht zugänglich und diese nach Einschätzung der Gesellschaft nicht bilanzierungsfähig seien, weshalb sie nicht als Kürzung bei den finanziellen Überschüssen des ersten Planjahres hätten angesetzt werden dürfen. Die Aufwandsplanung übersehe die Kostensenkungspotenziale der 100 %-igen Vernetzung neu zugelassener Fahrzeuge bis 2025 bei der Fahrzeugentwicklung und Modellpflege sowie die beträchtlichen Skaleneffekte einheitlicher Software-Umfänge im Konzern mit der Folge einer Kostenreduktion für die Software pro Fahrzeug. Die negative Anpassung durch den Bewertungsgutachter übersehe, dass durch den Verkauf der A… I… D… GmbH und der A… E… V… GmbH bei der A… AG gerade keine Entwicklungskosten für autonomes Fahren mehr aufträten, weil diese die Antragsgegnerin trage.
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c. Dem Rückgang der EBIT-Marge von 8,1 % in 2019 auf 3,3 % im ersten Planjahr fehle angesichts der schon lange vor dem Stichtag eingeleiteten Kostensenkungsprogramme die Plausibilität, nachdem diese Programme schon im Jahr 2020 zu Einsparungen führen und damit zu einer Entlastung der Marge beitragen müssten. Der Ansatz der weiteren Entwicklung der operativen Marge mit Werten zwischen 7,2 % im Jahr 2021 und 9,2 % im Jahr 2023 sei zu pessimistisch, weil die für 2022 und 2023 geplanten Margen von rund 9 % bereits im Jahr 2025 auf 7,9 % absänken und der A…-Konzern ausweislich einer Investorenpräsentation vom Dezember 2020 wie auch des Geschäftsberichts 2018 bereits im Jahr 2022 mit einer operativen Marge zwischen 9 und 11 % plane, die auch für das Jahr 2025 und damit langfristig erzielt werden solle.
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d. Korrekturbedarf bestehe auch bei den Annahmen zur Ewigen Rente.
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(1) Die Annahme eines eingeschwungenen Zustandes verbiete sich wegen des noch nicht abgeschlossenen Transformationsprozesses hin zur E-Mobilität, der Nachholeffekte nach der Pandemie und des weiter geplanten Wachstums etwa bei der L… S.p.A. sowie der weiteren Auswirkungen der Kostensenkungsprogramme, zumal auch die Wachstumsschätzungen für den Premiummarkt durch I. M. stetiges Wachstum bis 2030 mit besonders hohem Wachstum in China sowie in dem Bereich Luxus- und Sportwägen aufzeige. Gerade wegen des im gesamten Konzern der Antragsgegnerin erst im Jahr 2050 abgeschlossenen Transformationsprozesses mit dem Ziel der CO2-Neutralität müsse eine Übergangsphase bis zu diesem Zeitpunkt zwischengeschaltet werden.
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(2) Bei der Ableitung des nachhaltigen Umsatzes werde sachwidrig davon ausgegangen, das Jahr 2020 sei der beste Schätzer für die nachhaltig im Durchschnitt erzielbaren Marktanteile, weil dies in Widerspruch zur Detailplanungsphase mit Marktanteilsgewinnen und zur technologischen Spitzenstellung der Gesellschaft stehe, die durch Investitionsvolumina von etwa € 17 Mrd. von 2020 bis 2025 ausgebaut werden solle, um das Ziel der Technologieführerschaft beim elektrischen und voll vernetzten Fahren zu realisieren, nachdem auch I. M. von einem im Vergleich zu 2019 höheren Marktanteil von etwa 18,3 % im Jahr 2030 ausgehe.
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(3) Die Annahme eines Umsatzrückgangs um 10 % im Vergleich zum letzten Planjahr lasse sich angesichts des Unterschätzens des wachsenden Produktsortiments bei Elektrofahrzeugen und der geringen Komplexität und Kapitalintensität der künftigen Technologie mit der Folge einer Reduktion der Investitionsausgaben für langfristige Anlagegüter bei gleichzeitig erhöhter Skalierbarkeit nicht rechtfertigen. Auch übersehe das Argument der Zyklizität beim Umsatzrückgang, dass dies Schwankungen in beide Richtungen bewirke, weshalb das letzte Planjahr fortgeschrieben werden müsse, zumal es auch beim Ergebnis einen Einbruch um 25 % gebe, was einen eingeschwungenen Zustand gleichfalls ausschließe. Ebenso sei das Argument des Verfehlens von Umsatzzielen in den drei Jahren der Vergangenheit untauglich zur Begründung des hohen Rückgangs in der Ewigen Rente, weil ein zu geringer Umsatzanstieg einen dramatischen Rückgang nicht rechtfertigen könne. Ein solcher Ergebnisrückgang könne nur in einem Krisenjahr denkbar sein, nicht aber langfristig in der Ewigen Rente, zumal die Gesellschaft angesichts ihres Premium Images auch im Bereich der Elektromobilität eine Premiumposition besetzen werde.
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(4) Die Annahme eines nachhaltigen EBIT von € 4,5 Mrd. sei zu pessimistisch, weil das operative, um Sondereinflüsse bereinigte EBIT der Jahre 2017 bis 2019 bereits bei € 4,6 Mrd. gelegen habe und die um Sondereinflüsse bereinigte operative Marge mit durchschnittlich 8,4 % deutlich über der angenommenen Marge von 7 % liege, zumal der A…-Konzern für die Zukunft eine Verbesserung der EBIT-Marge mit einem Zielbereich von 9 % bis 11 % sowie eine Kapitalrendite von mehr als 21 % anstrebe und es langfristig zu einer Angleichung der Profitabilität von Elektroautos und Verbrennern kommen werde. Der seit längerem offensichtliche Wechsel zur Elektromobilität bei der Prognose der A… AG werde bereits seit Längerem berücksichtigt. Auch die relativ zeitnahe Entwicklung belege die zu pessimistischen Annahmen in Bezug auf die Zielmarge von 9 % bis 11 %. Dieser Prognose des Vorstands müsse der Vorrang vor den Einschätzungen auch aus der Fachliteratur gegeben werden, zumal der Vorstand eine höhere Rendite von Elektrofahrzeugen als von Autos mit Verbrennungsmotor für möglich erachte und die Preissetzungsmacht wie auch die Wettbewerber gleichermaßen treffenden Probleme gegen eine rückläufige Entwicklung sprächen. Der Absatzrückgang in den Jahren 2018 und 2019 beruhe auf dem dem Handelskrieg mit den USA geschuldeten Wirtschaftseinbruch in China, weshalb am Ende der Detailplanungsphase nicht von einer Abschwungphase ausgegangen werden dürfe. Der Rückgang der Ertragskraft um € 1,181 Mrd. sei fehlerhaft, weil demnach die Ertragskraft des Jahres 2020 erst nach 64 Jahren im Jahr 2090 wieder erreicht werde, so dass der einstige Marktführer zur Bedeutungslosigkeit verdammt wäre. Die Ewige Rente müsse ausgehend vom Durchschnitt der Jahre 2023 bis 2025 und nicht vom Jahr 2019 ausgehend abgeleitet werden.
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(5) Der Terminal Value ignoriere das Wachstum aus Phase I ebenso wie die Auswirkungen der Modelloffensive nach der Grundsatzvereinbarung A….Zukunft, die noch stärkere Nutzung von Konzernsynergien, die Modularität der Produktion mit Effizienzkostengewinnen, hohen Skaleneffekten, erheblichen Reduktionen der Personalkosten sowie des A… Transformationsplans ATP, zumal der Transformationsprozess schon vor Phase I seinen Niederschlag gefunden habe.
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(6) Es werde übersehen, dass sich die deutsche Automobilindustrie schon Ende Februar bereits seit mehreren Monaten in einer zyklischen Abschwungphase nach einigen lediglich soliden Jahren 2016 bis 2018 befunden habe und der Umsatz bereits im Jahr 2019 zwischen 6 % und 7 % rückläufig gewesen sei. Ebenso treffe der sich verschärfende Wettbewerb alle Premiumhersteller gleichmäßig und könne allenfalls Auswirkungen auf die Gewinnmarge haben.
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(7) Die zu stark gewichteten Folgen der Dieselaffäre aus den Jahren nach 2016 und der COVID-19-Pandemie seien zu stark gewichtet, weil diese in der Ewigen Rente nicht mehr spürbar seien.
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(8) Der Ansatz im Terminal Value vernachlässige die Wettbewerbsvorteile mit der Folge von Marktanteilsgewinnen in China und Asien mit einer sehr starken Marktposition der A… AG einschließlich der Optimierung lokaler Produktionsstätten durch die Zusammenarbeit mit F… J… (im Folgenden: F… J…) und S… (im Folgenden: S…) ebenso wie die Umsätze und Erträge aus den neuen Geschäftsmodellen „Digitale Dienstleistungen und Mobilitätslösungen“ mit einem Anstieg von € 150 Mio. auf € 524 Mio. im Jahr 2025, was im Terminal Value oder beim Wachstumsabschlag nicht mehr berücksichtigt werde. Demgemäß fehle auch eine Abbildung des hohen Umsatzanteils durch datenbasierte Dienstleistungen und der dadurch erhöhten Kundenbindung, was gleichfalls gegen eine reduzierte EBIT-Marge spreche, nachdem der Umsatzrückgang im reinen Kfz-OEM-Geschäft durch neue Geschäftsfelder mit geringerem Working Capital-Einsatz ersetzt werde. Die Umsatzentwicklung übersehe zudem das Potenzial aus der Vehicle-to-Home-Lösung für OEMs.
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(9) Die EBIT-Marge übersehe im Terminal Value, dass die Planung den Verkauf der A… I… D… GmbH und der A… E… V… GmbH schon berücksichtige und dennoch die entsprechenden Margen und Margenziele vorgesehen habe und die Wertschöpfungstiefe eher ein Problem der Zulieferer als der Hersteller bedeute.
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(10) Die Zusammenarbeit mit No.. zeige, dass der entsprechende Wertschöpfungsanteil in Bezug auf Batterien langfristig im eigenen Unternehmen angesiedelt werde, weshalb die mangelnde Batteriekompetenz im Terminal Value nicht abgebildet werde. Sinkende Batteriepreise müssten zu einem beschleunigten Trend zu Elektrofahrzeugen mit positiven Auswirkungen für den nachhaltigen Absatz und die nachhaltige Marge führen, aber nicht zu einem Abschlag beim Umsatz, der EBIT-Marge und der Wachstumsrate. Auch stehe die Annahme des Margenrückgangs in Widerspruch zu den auch nach dem Stichtag veröffentlichten strategischen Planannahmen zur operativen Rendite und den allgemeinen Annahmen des Marktes.
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(11) Es komme zu einer fehlerhaften Überschätzung von Carsharing und Ridesharing, weil dies gerade in den USA und in China keine tiefgreifenden Themen seien und die Corona-Krise Tendenzen zur Stadtflucht begünstigt habe, was den Premium- wie auch den Luxus- und Sportwagenmarkt kaum treffen werde.
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(12) Die höhere Wachstumsrate im Segment von L… S.p.A. müsse auch im Terminal Value fortgeschrieben werden, nachdem dort von weiterem mengenmäßigen Wachstum ausgegangen werde. In der Planung werde das Absatzvolumen des U… schon in 2025 und darauf aufbauend auch im Terminal Value unterschätzt, wo mit einem steigenden Absatz auf über 5.500 Einheiten gerechnet werden müsse, was durch den großen Erfolg in China belegt werde; ein pauschaler Abschlag könne daher nicht gerechtfertigt sein. Der Einfluss von L… S.p.A. auf das Ergebnis der A… AG belege zudem, dass sich ein Absinken der Marge auf 7 % für das gesamte Unternehmen nicht rechtfertigen lasse.
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(13) Unklar bleibe, ob die höheren Erträge bei der D… S.p.A. durch Preis- und Mixeffekte am Ende der Detailplanungsphase berücksichtigt oder durch Anpassungen neutralisiert seien und ob die nachhaltigen Umsatzerlöse fehlerhaft ermittelt worden seien.
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e. Aufklärungsbedarf bestehe, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang neben Verbundvorteilen aus Kostensenkungen auch solche aus finanzwirtschaftlichen und steuerlichen Synergien sowie Ertragssteigerungen und produktbezogene Synergien sowie aus Entwicklungszyklen, technologischer Stärke und dem Bereich Forschung & Entwicklung eingeflossen seien. Die Planung vernachlässige Synergien aus dem Konzernverbund mit der Antragsgegnerin und dem Rückgriff auf deren Produktionskapazitäten oder von verbundenen Unternehmen vor allem bei gemeinsamen Plattformen mit langfristigen Skaleneffekten, die sich dann auch bei der Beschaffung und in Vertrieb ergäben. Vorteile der Nutzung der Plattformstrategien wie der Premium Platform Electric PPE seien nicht hinreichend in die Bewertung eingeflossen.
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f. Angesichts der Ausschüttungsquoten der Vergangenheit mit Werten zwischen 17 % bis knapp 20 % und einer Zielgröße von 30 % im Jahr 2022 müsse die Ausschüttungsquote in der Ewigen Rente herabgesetzt werden, nachdem auch die Ausschüttungsquote der P. Group-Unternehmen deutlich über 50 % liege.
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2. Der Kapitalisierungszinssatz bedürfe in all seinen Komponenten einer Korrektur.
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a. Dies gelte zunächst für den Basiszinssatz, der über tagesaktuelle Zinssätze und nicht über einen Durchschnitt von drei Monaten abgeleitet werden müsse. Die künftigen Zahlungsströme seien mit zeitlich kongruenten, also laufzeitspezifischen Diskontierungszinssätzen abzuzinsen; jedenfalls müsse für die ersten fünf Planjahre ein laufzeitspeziFi… Zero-Bond-Zinssatz mit einer Restlaufzeit von fünf Jahren und für die Ewige Rente ein solcher mit einer Restlaufzeit von 30 Jahren angesetzt werden. Die Ableitung aus Durchschnittsrenditen der Vergangenheit sei fehlerhaft. Angesichts eines in Bundesanleihen enthaltenen Ausfallrisikos sowie anhand der Preise für Credit Default Swaps müsse ein Abzug vorgenommen werden. Eine Rundung sei nicht statthaft.
41
b. Deutlich zu hoch angesetzt sei der schon vom Ansatz her fragwürdige Risikozuschlag. Fehlerhaft erfolgt sei jedenfalls die Ermittlung über das erhebliche Ermessensspielräume eröffnende (Tax-)CAPM. Der Ansatz einer Marktrisikoprämie von 5,75 % vor Steuern müsse angesichts des deutlich überhöhten Ansatzes reduziert werden. Angesichts einer Ausschüttungsquote von 50 % ergebe sich bei einer Marktrisikoprämie von 7 % vor Steuern eine Marktrisikoprämie von 5,5 % nach Steuern. Auch zeige der Verlauf des VDAX seit Anfang 2019, dass im Zeitpunkt der Hauptversammlung eine niedrigere Marktrisikoprämie angenommen werden müsse.
42
Der Beta-Faktor müsse angesichts seiner statistischen Signifikanz und verwertbarer Bid-Ask-Spreads aus dem unternehmenseigenen Beta-Faktor abgeleitet werden. Bei der Ermittlung des Beta-Faktors über eine P. Group sei in jedem Fall der Median gegenüber dem arithmetischen Mittel vorzugswürdig, weil dadurch der Transformationsprozess mit abgebildet werde. Ebenfalls vorzugswürdig seien tägliche Renditeintervalle mit 260 Datenpunkten, weil dadurch die zeitliche Nähe zum Bewertungsstichtag besser reflektiert werde. Jedenfalls aber müsse wegen der damit verbundenen stärkeren Betonung des Transformationsprozesses auf einen zweijährigen Beobachtungszeitraum abgestellt werden. Das Branchen-Beta von unlevered raw 0,53 belege den zu hohen Ansatz des Beta-Faktors. Unklar bleibe die Rechtfertigung für eine Aufrundung von 0,86 auf 0,9, zumal dann noch der verschuldete Beta-Faktor ermittelt werden müsse. Die Fehlerhaftigkeit der Ermittlung zeige sich auch daran, dass der Beta-Faktor oberhalb der Mediane der P. Group liege. Es gebe einen Widerspruch zwischen den P. Group-Unternehmen zur SWOT-Analyse und zur Analyse der Planungsrechnung. Herangezogen werden dürfe ausschließlich der Beta-Faktor der Antragsgegnerin. Den im Massenmarkt tätigen Unternehmen fehle die Vergleichbarkeit angesichts des Auftretens der Gesellschaft ausschließlich im Premium-Segment, weshalb nur die B… AG, die Da… AG sowie die Antragsgegnerin einzubeziehen seien. Die Zuordnung von Forderungen aus Finanzdienstleistungen führe zu einem überhöhten unlevered Beta-Faktor. Der Beta-Faktor der Da… AG wie auch der Antragsgegnerin müsse um die Risiken aus dem Nutzfahrzeugbereich und bei der Antragsgegnerin zusätzlich aus dem Power Engineering als deutlich konjunkturanfälliger und daher risikoreicher adjustiert werden. Eine Minderung des Risikos trete auch durch die Verlagerung der Produktion von Batteriezellen ein, weil dadurch das Risiko von Mängeln nunmehr die Hersteller und Lieferanten, aber nicht mehr die A… AG treffe. Die Einbeziehung von T…, Inc. hätte angesichts der Produktion ausschließlich von Elektrofahrzeugen, Photovoltaikanlagen sowie des Handels mit CO2-Zertifikaten und der darauf beruhenden Einordnung als Technologie- und Softwareunternehmen nicht erfolgen dürfen. Dies ergebe sich auch aus der Auslagerung des wesentlichen Softwareentwicklungsrisikos hin zur Antragsgegnerin bzw. CA…, weshalb die A… AG zwar Lizenzgebühren zahlen müsse, aber kein Entwicklungsrisiko für die dann von ihr eingesetzte Software trage. Die Einbeziehung von T…, Inc. verbiete sich nicht nur aufgrund fehlender Vergleichbarkeit, sondern auch wegen der Aktivitäten von Leerverkäufen mit der Folge einer Abkoppelung von allgemeinen Marktgeschehen und angesichts vorgekommener Marktmanipulationen. Die Ungeeignetheit dieses Unternehmens ergebe sich zudem aus der erst am 21.12.2020 erfolgten Aufnahme in den S&P 500. Fehlerhaft erfolgt sei auch die Einbeziehung der chinesischen Unternehmen aufgrund der Tätigkeit nur auf ihrem Heimatmarkt bzw. in Asien. Bei F… J… fehle zudem eine durchgängige Gewinnhistorie ebenso wie eine zuverlässige Datenbasis. Die Aufnahme der chinesischen Hersteller übersehe den starken Einfluss des Staates ebenso wie bei den amerikanischen Herstellern deren starken Inlandsbezug; auch gebe es andere Wechselkurseffekte und eine nicht vergleichbare Produktpalette. Angesichts einer Verdoppelung des Aktienkurses innerhalb von 1 1/<sub>2</sub> Jahren im Referenzzeitraum von fünf Jahren bei G… Ltd. (im Folgenden: Geely) und einer Sechstelung des Aktienkurses zwischen Juni 2015 und Oktober 2018 bei F… J… verbiete sich eine Aufnahme dieser beiden Gesellschaften in die P. Group. Bei Geely ergebe sich aus extremen Differenzen bei einer Regression gegen den nationalen und gegen den internationalen Index eine Verzerrung, weshalb der Beta-Faktor dieser Gesellschaft nicht herangezogen werden dürfe. F… N.V. fehle die Vergleichbarkeit aufgrund der Tätigkeit im Segment eines ausschließlichen Herstellers von Sportwagen, nachdem L… S.p.A. nur einen Anteil von 3 % am Konzernumsatz beitrage und auch F… N.V. durch das eigene Finanzierungs- und Leasingdienstleistungsangebot einem höheren Risiko ausgesetzt sei. Auch sei der erst am 21.10.2015 erfolgte Börsengang von F… N.V. übersehen worden. Für L… S.p.A. müsse entsprechend dem Beta-Faktor von 0,62 bis 0,56 an der lokalen Börse in Mailand ein deutlich niedrigerer Beta-Faktor angesetzt werden. Fi… N.V. (im Folgenden: Fi…) könne nicht in die P. Group aufgenommen werden, weil dieses Unternehmen trotz Maserati keine Premiumfahrzeuge herstelle und seinen Umsatz zu 2/3 in Nordamerika und nur zu 3 % in Asien erwirtschafte. G… M… (im Folgenden: G… M…) als weltweit größter Volumenhersteller mit sehr hohen Absatzzahlen in Nordamerika und Asien einerseits und mangelnder Präsenz in Europa andererseits scheide deshalb als Vergleichsunternehmen aus. Dasselbe müsse für M… (im Folgenden: M…) gelten, da es kein Premiumhersteller sei, sondern in einem umkämpften und preissensitiven Markt auftrete. Ebenso wenig dürfe Y… Inc. als weltweit tätiger Industriekonzern mit einem guten Finanzdienstleistungsangebot in die P. Group aufgenommen werden, weil die Vergleichbarkeit fehle, zumal der Umsatzanteil der Motorräder von D… S.p.A. nur bei etwa 1 % liege. Auch übersehe die Auswahl, dass der Beta-Faktor ausländischer Unternehmen angesichts der Bedeutung der Automobilindustrie in Deutschland nicht herangezogen werden könne, nachdem dieser Wirtschaftszweig im Ausland nur einen kleinen Teil zur Wirtschaftsleistung beitrage.
43
Der Verschuldungsgrad von 2 % hätte in die Ewigkeit fortgeschrieben werden müssen; die Verdoppelung in sechs Jahren sei fragwürdig. Angesichts der Bilanzstruktur und der Höhe der liquiden Mittel entsprechend den Ausführungen im Geschäftsbericht 2019 bzw. sonstiger finanzieller Vermögenswerte müsse es beim Relevern zu einem das Risiko der Gesellschaft minimierenden Effekt und angesichts der damit verbundenen besseren Eigenkapitalausstattung zu einem niedrigeren Beta-Faktor kommen. Durch den Zugriff der A… AG auf Ressourcen der Antragsgegnerin als Folge des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags müsse ein Abschlag vorgenommen werden, weil die Antragsgegnerin dadurch einen Teil des operativen Risikos der Gesellschaft trage.
44
Der Ansatz eines hohen Beta-Faktors in Kombination mit einem niedrigen Wachstumsabschlag bedeute eine unzulässige Doppelberücksichtigung von Risiken, wenn gleichzeitig der Erfolg des Transformationsprozesses in Abrede gestellt sowie Umsatz und Marge gekürzt würden.
45
c. Der Wachstumsabschlag hätte angesichts der Durchsetzung von Preiserhöhungen in der Vergangenheit höher angesetzt werden müssen. Zum Stichtag der Hauptversammlung sei zu überprüfen, ob nicht doch höhere allgemeine Inflationserwartungen mit Auswirkungen auf die unternehmensspezifische Inflationsrate absehbar gewesen seien, wie sich dies auch 2021 verwirklicht habe und Kostensteigerungen durch den kontinuierlich steigenden Leasinganteil leichter durchsetzbar seien als beim Kauf eines Autos. Die Annahmen zu den Inflationserwartungen übersähen zum einen die zu einem beschleunigten Wachstum der Elektromobilität führenden CO2-Abgaben sowie zum anderen die zunehmende Produktion in Ländern mit höheren Inflationserwartungen. Mit Blick auf den zunehmenden Anteil an Elektrofahrzeugen und angesichts der konsequenten Nutzung der Ressourcen des Konzerns der Antragsgegnerin werde es zu einem Gewinn an Marktanteilen kommen, was einen stetigen Anstieg der Fahrzeugpreise nach sich ziehen werde. Die Angabe im Impairmenttest zeige ebenso wie die für die Branche erwartete Inflationsrate die Notwendigkeit der Erhöhung des Wachstumsabschlags auf jedenfalls 1,0 %. Der gewählte Ansatz vernachlässige zusätzlich Wachstumspotenziale aufgrund besonderer Markt- und Branchenbedingungen sowie inflationsbedingte Wachstumseffekte, weil die starken Absätze während der Pandemie, die führende Position der Gesellschaft bei Elektrofahrzeugen mit 20 rein elektrischen Modellen bis zum Übergang in die Ewige Rente sowie die starke Stellung in China mit einem erwarteten Stückzahlwachstum von 3,7 % p.a. samt dem Ausbau des Portfolios auf zwölf lokal gefertigte Modelle einen höheren Wachstumsabschlag rechtfertige. Dieser stehe auch in Widerspruch zu deutlich über den Markterwartungen von I. M. liegenden Wachstumsraten von jährlich 4,1 % bis 2025 und zu sinkenden Preise für Batteriezellen. Die Prognose eines sich im Jahr 2022 ins Positive wendenden Kosten-Nutzen-Verhältnisses hinsichtlich der Batteriepreise führe dazu, dass dies durch Leistungssteigerungen und umweltfreundlichere Herstellungsverfahren dem Trend zu weiter sinkenden Preisen entgegenwirken werde, weshalb sich die Preise ab diesem Zeitpunkt mit der Inflation entwickeln würden. Sinkende Kosten beim Zukauf hätten steigende Margen oder steigende Ergebnisse zur Folge, wenn dadurch die Fahrzeuge preisgünstiger und mehr Kfz der Gesellschaft gekauft würden, wobei die Kunden der A… AG nicht so preissensitiv seien. Die Chancen für Wasserstoff als Energiespeicher oder -quelle im Automobilbereich seien stärker zu berücksichtigen, weil die Umstellung mit großen Stückzahlen leichter umzusetzen seien als für kleinere Anbieter. Der niedrige Wachstumsabschlag übersehe den Effekt des automobilen Transformationsprozesses mit der führenden Stellung der Gesellschaft im Bereich der Elektrofahrzeuge, wo es zu einer Teilereduktion in Verbindung mit höheren Stückzahlen je Teil zu einer anderen, besseren Ausgangsbasis komme. Auch stehe der gewählte Wachstumsabschlag in Widerspruch zum zunehmenden Druck der Automobilhersteller und Tier 1-Zulieferer auf die Lieferanten, wo mehrjährige Preise und jährlich feste Reduktionen mit Vergangenheitswerten von oberhalb 4 % vereinbart würden. Aufgrund der hohen Wachstumsinvestitionen und des hochmargigen Geschäfts bei der L… S.p.A., das etwa 25 % des Werts der Gesellschaft ausmache, müsse der Wachstumsabschlag erhöht werden. Zudem profitiere die Gesellschaft von den Megatrends wie Bevölkerungswachstum, Mobilität, Urbanisierung und Digitalisierung mit der Notwendigkeit eines höheren Wachstumsabschlags. Diese Notwendigkeit resultiere weiterhin aus der Annahme des Vorstands über keine sinkenden Marktanteile und einer Steigerung des Absatzes um 2 % im Jahr 2019. Ebenso zeige der Ansatz eines Wachstumsabschlags von 1 % bei der Veräußerung der A… E… V… GmbH das Erfordernis eines höheren Wachstumsabschlags auch bei der Gesellschaft selbst. Es sei zudem widersprüchlich, bei der Marktrisikoprämie die Inflationsrate zu berücksichtigen, nicht aber beim Wachstumsabschlag. Eine Erhöhung sei auch deshalb gerechtfertigt, weil bereits das zu kapitalisierende Ergebnis im Terminal Value um 25 % unter dem des letzten Planjahres liege.
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3. Bei den Sonderwerten und dem nicht betriebsnotwendigen Vermögen bleibe die Berücksichtigung von steuerlichen Verlustvorträgen sowie der steuerlichen Einlagenkonten unklar, was auch für die Ermittlung des Buchwerts oder des gegebenenfalls höheren Eigenkapitalwerts gelte. Angesichts der Ausführungen im Geschäftsbericht des Jahres 2019 zu den Risiken aus der so bezeichneten „Dieselthematik“ und der Freistellung müsse ein Betrag von € 100 Mio. als Sonderwert einfließen. Denkbar sei das Übersehen stiller Reserven bei Sonderwerten oder beim nicht betriebsnotwendigen Vermögen. Als Finanzanlage gehaltene Immobilien hätten als nicht zum satzungsgemäßen Unternehmensgegenstand gehörend als Sonderwert behandelt werden müssen. Aufklärungsbedarf bestehe hinsichtlich der Art und Weise der Berücksichtigung bestehender Rückstellungen und Pensionsverpflichtungen in der Unternehmensbewertung. Die Edelmarken D… und L… hätten als nicht zum Kerngeschäft gehörend als Sonderwert einfließen müssen. Fehlerhaft sei es, den auf den A…-Konzern entfallenden Erlös aus der Veräußerung des 30 %-igen Anteils an der TH… an der HE… International B.V. (im Folgenden: HE…) als Sonderwert heranzuziehen, weil das Closing zum 29.5.2020 noch sehr stark die knappe Liquidität reflektiere und der Preis für die Kontrollprämie der TH… nicht abgebildet worden sei. Die Beteiligungen der Gesellschaft an der FC… AG und der FC … GmbH hätten angesichts der Befristung der Sponsoringverträge bis 2019 als Sonderwert berücksichtigt werden müssen.
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Aufklärungsbedarf bestehe bei den sonstigen Beteiligungen hinsichtlich des Grundes für den Ansatz nur des bilanziellen Beteiligungsbuchwertes, nachdem beispielsweise ein Überschuss von € 292 Mio. bei der V… Konzernlogistik GmbH & Co. OHG zeige, dass eine Buchwertberechnung bzw. eine Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten nicht stimmen könne. Der aus der Veräußerung von acht Tochterunternehmen erzielte Gewinn von € 500 Mio. hätte als Sonderwert einfließen müssen. Dasselbe gelte für das Wertpapiervermögen entsprechend dem Geschäftsbericht 2019 sowie dem Halbjahresbericht 2020 mit Werten von € 5,6 Mrd. bzw. € 6,1 Mrd. sowie für Termingeldanlagen und ausgereichte Darlehen im Wert von knapp € 5,5 Mrd.. Der Ansatz einer betriebsnotwendigen Liquidität in Höhe von € 7 Mrd. sei im Vergleich zu anderen Unternehmen zu hoch; eine um € 2,5 Mrd. bzw. € 3 Mrd. niedrigere Liquidität reiche als betriebsnotwendig aus. Der Umfang der betriebsnotwendigen Liquidität bedeute einen Widerspruch zu den Ausführungen beim Unlevern, wo ein Monatsumsatz in Höhe von € 4 Mrd. zugrunde gelegt worden sei. Angesichts des hohen Cashflows der A… AG und zusätzlicher Liquidität aus den Verkäufen der A… I… D… GmbH, der A… E… V… GmbH und von A… J… S… in Höhe von insgesamt € 1,141 Mrd. müsse ein höherer Anteil als nicht betriebsnotwendig eingestuft werden. Der coronabedingt höhere Ansatz der betriebsnotwendigen Liquidität dürfe nicht in die Ewigkeit fortgeschrieben werden. Systematisch fehlerhaft erfolgt sei die Saldierung der Forderungen und Schulden aus Finanzierung beim Unlevern, weil das Herauslösen eines Teils der Verschuldung keinen Sinn ergebe, weil auch die anderen Bereiche der Wertschöpfungskette direkt vom Finanzierungsbereich betroffen seien. Schadensersatzansprüche gegen ehemalige Organmitglieder seien als Sonderwert zu berücksichtigen, insbesondere mit Blick auf den mit Organmitgliedern der Antragsgegnerin abgeschlossenen Vergleich über € 280 Mio..
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4. Die Notwendigkeit der Erhöhung der Barabfindung ergebe sich weiterhin aus der Berücksichtigung von Vorerwerbspreisen. Auch der Barwert der Ausgleichszahlungen müsse zu einer höheren Barabfindung führen.
49
Die Antragsgegnerin beantragt demgegenüber die Zurückweisung der Anträge. Zur Begründung beruft sie sich im Wesentlichen darauf, die Anträge der Antragstellerinnen zu 13), zu 14) und zu 30) seien bereits aufgrund der fehlenden Darlegung der Antragsberechtigung jeweils unzulässig. In jedem Fall aber seien die Anträge angesichts der Angemessenheit der Barabfindung unbegründet.
50
1. Die Planannahmen seien durchweg plausibel und folglich nicht zu beanstanden.
51
a. Allgemeine Grundsätze der Planung seien nicht verletzt worden. Die Unternehmensbewertung basiere auf der Planungsrechnung PR69.SP für die Geschäftsjahre 2021 bis 2025, für die der Vorstand der A… AG aber bereits vor deren Freigabe eine sogenannte Overlay-Planung zur Abbildung der zum Bewertungsstichtag erwarteten Effekte aus der Covid-19-Pandemie beauftragt habe. Die Planungsrechnung PR69.SP entspreche dem üblichen Planungsprozess im A…-Konzern, wobei namentlich das Produktprogramm mit den aktuellen und zukünftigen Fahrzeugprojekten in Abstimmung mit den Konzerngremien der Antragsgegnerin definiert werde. Die konkrete Ausplanung erfolge alleine in der Verantwortung der gesetzlichen Vertreter der A… AG. Abweichungen in der Vergangenheit hätten ihre Ursache in zum jeweiligen Planungszeitpunkt nicht oder nur eingeschränkt absehbaren wirtschaftlichen Entwicklungen im Markt oder auf Sondereffekten wie den Folgen aus der von der Antragsgegnerin so bezeichneten „Dieselthematik“ und der Einführung des Worldwide harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure (WLTP)-Testverfahrens zurückzuführen, weshalb die Planungssystematik nicht infrage gestellt werden könne.
52
b. Bei den Annahmen zu den Umsatzerlösen bestehe aufgrund ihrer Plausibilität kein Korrekturbedarf.
53
(1) Das durchschnittliche jährliche Wachstum vom Geschäftsjahr 2019 bis zum Geschäftsjahr 2025 von 4,1 % solle aus signifikanten Absatzsteigerungen im Bereich der E-Mobilität resultieren, was angesichts der rückläufigen Entwicklung der Umsatzzahlen in den drei vergangenen Geschäftsjahren als ambitioniert einzustufen sei. Dies gelte auch für die Margen des operativen Ergebnisses im Detailplanungszeitraum, die oberhalb der vor Sondereinflüssen ermittelten und bereinigten Margen lägen. Die Margen von 9,4 % bzw. 9,2 % in den beiden ersten Planjahren lägen innerhalb des strategischen Zielkorridors. Die Overlay-Planung dokumentiere mit einem Abschlag auf das geplante Absatzvolumen in den Geschäftsjahren 2021 und 2022 die über das Geschäftsjahr 2020 hinausgehenden negativen Folgen der Corona-Pandemie; allerdings rechne der Vorstand für das Geschäftsjahr 2023 mit keinen weiteren negativen Auswirkungen aus der Pandemie. Auch berücksichtige die Planung die schnellere Erholung des chinesischen Marktes, weil bei dem hier relevanten Volumen von Bausätzen im Geschäftsjahr 2022 das Niveau der PR69.SP erreicht werde. Die Planung PR68.OP vom Sommer/Herbst 2019 könne angesichts des Stichtagsprinzips nicht herangezogen werden. Auch liege die Umsatzplanung deutlich über den Einschätzungen renommierter Prognoseinstitute, weshalb auch vor dem Hintergrund der Marktprognose von I. M. mit einem angenommenen Wachstum von 2,4 % für den globalen Premiummarkt das geplante Wachstum für die Marke A… als ambitioniert zu bewerten sein.
54
(2) Preissteigerungen seien in der Planung sachgerecht abgebildet, wobei eine differenzierte Betrachtung angestellt werden müsse. Das Absatzvorlumen fertiger Fahrzeuge zeige eine positive Preisentwicklung von durchschnittlich 1,6 % pro Jahr entsprechend der Entwicklung in den vorangegangenen Geschäftsjahren, während bei den unfertigen Produkten in Form von Bausätzen (xKD) ein Rückgang von durchschnittlich 1,9 % p.a. zu verzeichnen sei; aus der Preisentwicklung von Ersatzteilen lasse sich aber kein Rückschluss auf die Preisentwicklung der in den entsprechenden Absatzländern zusammengebauten fertigen Fahrzeuge zu.
55
(3) Die Planung berücksichtige angemessen die Chancen und Risiken des chinesischen Marktes. Aus Absatzsteigerungen in den Jahren 2020 und 2021 dürfe man wegen des Stichtagsprinzips keine Schlüsse ziehen. Zudem beinhalte die Planungsrechnung für die Marke A… in China ein im Vergleich zum Gesamtumsatz im Premiumsegment deutlich höheres Wachstum pro Jahr mit 6,1 % und damit auch Marktanteilsgewinne.
56
(4) Das geplante Wachstum bei neuen voll elektrifizierten Modellen bis zum Geschäftsjahr 2025 liege deutlich über den von I. M. erwarteten Zahlen. Grundlage hierfür seien die Investitionen in Elektromobilität, die die Planungsrechnung PR69.SP reflektiere. Auf Basis der Premium Platform Electric plane die Gesellschaft für die Marke A… verschiedene Modellreihen, um als SUV, Sportback, Avant und Crossover die Segmente von der gehobenen Mittelklasse bis in die Luxusklasse mit verschiedenen Fahrzeugtypen abdecken zu können. Diese Modelle seien bereits im Produktprogramm und dem darauf aufbauenden langfristigen Absatzplan der PR69.SP enthalten. Für die neuen Geschäftsmodelle der digitalen Dienstleistung und der Mobilitätslösungen gehe die Planung von einem Umsatzwachstum von € 150 Mio. im letzten Ist-Jahr 2019 auf € 520 Mio. im Geschäftsjahr 2025 aus. Bei sinkendem Anteil an der Wertschöpfungskette verringere sich der Einfluss der Gesellschaft sowie der Anteil an der Gesamtprofitabilität bei gleichzeitigem Anstieg der Risiken von Unterbrechungen und externen Schocks in dieser Kette, was insbesondere darin bestehe, nicht genügend Batteriezellen in der nötigen Qualität beschaffen zu können.
57
(5) Das in der konsolidierten Planungsrechnung PR69.SP erfasste Ertragspotenzial von L… S.p.A. bedürfe keiner Anpassungen, weil dieses Unternehmen auch unter dem für Nischenhersteller durch Modellzyklen geprägten Planungszeitraum mit einem deutlichen Umsatzwachstum in den Planjahren 2024 und 2025 sowie einem Rekordwert von € 2,3 Mrd. im letzten Planjahr rechne. Daher gebe es hier keine pessimistische Entwicklung.
58
c. Die Zahlen für die Ewige Rente seien zutreffend abgeleitet worden.
59
(1) Die Annahmen zur Ewigen Rente seien von den Bewertungsgutachtern von P… in Abstimmung mit dem Vorstand im Anschluss an die fünf Jahre umfassende Detailplanungsphase erstellt worden, wobei die Länge von Phase I. nicht beanstandet werden könne.
60
(2) Bei der Bewertung des Vorliegens eines eingeschwungenen Zustands könne nicht auf das letzte Planjahr abgestellt werden, weil es angesichts eines CAGR von 4,4 % in Phase I im Vergleich zu deutlich geringeren Wachstumsraten des Umsatzes in der Vergangenheit nicht als repräsentative Basis heranzuziehen sei. Die Zyklizität der Branche führe zu der Annahme, dass das nachhaltige Ergebnis unter dem des letzten Planjahres liegen müsse.
61
(3) Eine Reduktion des Umsatzes im Vergleich zum letzten Jahr der Detailplanungsphase habe man nur bei der Marke A… mit der Summe aus Mengenwachstum und Preiswachstum mit einer durchschnittlichen impliziten Steigerung in Höhe von 3,4 % p.a. zwischen dem Geschäftsjahr 2019 und dem Geschäftsjahr 2025 angesetzt, woraus sich ein nachhaltiger Umsatz von € 64,4 Mrd. ergeben habe. Dieser sei dann mit der Wachstumsrate im Terminal Value fortgeschrieben worden, woraus sich der maßgebliche Umsatz von € 64,7 Mrd. errechne. Mit dem zunehmenden Anteil von Elektrofahrzeugen träten in dem insbesondere auch durch die deutschen Marken A…, B… und Mercedes geprägten Premiummarkt neue Hersteller in diesen Markt ein, was zu einer mittel- bis langfristigen Veränderung der Marktanteile führen werde. Das Ziel des A… Transformationsplans, im Zeitraum von 2018 bis 2022 Ergebnispotenziale von insgesamt € 15 Mrd. zu heben, sei aufgrund der Covid-19-Pandemie mit ihren Folgen nur verzögert erreichbar.
62
(4) Die Ableitung der nachhaltigen Marge des operativen Ergebnisses reflektiere die in der Phase I nicht abgebildete Zyklizität der Automobilindustrie. Die niedrigere Ergebniserwartung im Terminal Value beruhe auf dem Transformationsprozess zur Elektromobilität, weil wesentliche Teile der Wertschöpfung künftig von Dritten bezogen wurden, was bereits ab dem Jahr 2023 zu einer rückläufigen Marge führe, was durch die Veräußerung der Beteiligungen A… E… V… GmbH und A… I… D… GmbH im Geschäftsjahr 2020 eher noch verstärkt werde. Dies stehe auch in Einklang mit den Konsenswerten von Analystenschätzungen vor allem auch für B… sowie den Untersuchungen für Premiumhersteller in der Fachliteratur, wonach sich die operative Marge aufgrund der Transformationskosten in der Autoindustrie sinkend entwickeln werde.
63
(5) Bei der voll konsolidierten Planung der D… Motor Holding S.p.A. mit einem Umsatzwachstum von € 794 Mio. im Planjahr 2021 auf € 943 Mio. am Ende von Phase I müsse die Zyklizität auch in der Ewigen Rente angemessen berücksichtigt werden.
64
(6) Das Beteiligungsergebnis der Gesellschaft beinhalte sämtliche geplanten Ergebnisbeiträge der nicht voll konsolidierten Tochtergesellschaften und Beteiligungen, sofern diese nicht als Sonderwerte in die Unternehmensbewertung eingeflossen seien. Im Vergleich zur Planung PR68.OP zeige eine negative Veränderung der Planumsätze zwischen 2021 und 2024 zwischen minus 4 % bei F…-V… Automotive Co., Ltd. (im Folgenden: F…-V…), minus 14 % bei S… V… Automotive Company, Ltd.A (im Folgenden: S…-V…) und minus 6 % bei Ti…; die in der Bewertung für das Beteiligungsergebnis reflektierte Planung PR68.OP falle auf Ergebnisebene deutlich ambitionierte aus, als am Bewertungsstichtag anzunehmen gewesen sei. Das Beteiligungsergebnis basiere hauptsächlich auf bereits abgeschlossene Abnahmeverträgen bei Tj…, die für den Zeitraum der Ewigen Rente nicht in der Höhe des Detailplanungszeitraums zu erwarten seien. Das Beteiligungsergebnis liege deutlich über der Prognose von I. M..
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d. Synergieeffekte seien angemessen berücksichtigt worden, nachdem die maßgebliche Planungsrechnung sämtliche unechten Verbundeffekte aus der Zusammenarbeit mit dem Konzern der Antragsgegnerin bereits abbilde. Einsparungen im Verwaltungsbereich seien als echte Synergien einzuordnen. Die Planungsrechnung berücksichtige alle Modelle sehr detailliert einschließlich der auf den Plattformen Modularer Elektrifizierungsbaukasten und Premium Platform Electric basierenden Modelle. Durch die Ausgliederung der Softwareentwicklung komme es zu einer Reduktion der Kosten im Bereich Forschung & Entwicklung; die Lizenzkosten seien in den Herstellungskosten bzw. Einzelkosten der Fahrzeuge in der maßgeblichen Planung abgebildet.
66
2. Der Kapitalisierungszinssatz sei zutreffend hergeleitet worden und könne deshalb nicht zugunsten der Minderheitsaktionäre verändert werden.
67
a. Dies gelte zunächst für den Basiszinssatz aufgrund dessen sachgerechter Herleitung mit Hilfe der Svensson-Methode über einen Zeitraum von drei Monaten. Eine Reduktion wegen der Existenz von Credit Default Swaps müsse nicht erfolgen, weil damit allenfalls relative Aussagen aus dem Vergleich mit anderen Staatsanleihen getroffen werden könnten. Eine Aufteilung in Perioden von 2020 bis 2025 und ab 2025 kommt nicht in Betracht. Die vorgenommene Rundung wirke sich vorliegend zugunsten der Minderheitsaktionäre aus.
68
b. Der sachgerecht mit Hilfe des (Tax-)CAPM ermittelte und notwendigerweise anzusetzende Risikozuschlag müsse nicht gesenkt werden.
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(1) Die Marktrisikoprämie von 5,75 % nach Steuern entspreche der Empfehlung des FAUB des IDW und basiere auf aktuellen wissenschaftlichen Studien und empirischen Beiträgen; sie liege in der Mitte der empfohlenen Bandbreite von 5,0 % und 6,5 % nach Steuern. Der gewählte pluralistische Ansatz des FAUB stelle sich als sachgerecht dar, indem er vergangenheitsorientierte Marktdaten ebenso einbeziehe wie aktuelle Marktbeobachtungen und zukunftsbezogene Prognosen in Form der implizit ermittelten Marktrisikoprämie.
70
(2) Zutreffend festgesetzt sei auch der von P… abgeleitete Beta-Faktor von 0,9 unverschuldet unter Ansatz einer P. Group. Der originäre Beta-Faktor sei durch den bestehenden Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der Antragsgegnerin verzerrt und daher zur Ableitung dies unternehmensindividuellen Risikos ungeeignet. Auch die äußerst geringe Volatilität des über einen langen Zeitraum bei rund € 800,- liegenden Börsenkurses belege die Abkoppelung vom Markt in Vergleich zu den Börsenkursen der Wettbewerber Da… AG, B… AG sowie der Antragsgegnerin. Die P. Group müsse den Transformationsprozess zur E-Mobilität, die Entwicklung des Premium Marktes sowie den Wachstumsmarkt China reflektieren. Da der A…-Konzern einen deutlich höheren Anteil an Elektroautos aufweise, müsse das ausschließlich Elektrofahrzeuge produzierende Unternehmen T…, Inc. in die P. Group aufgenommen werden. Die Aufnahme der chinesischen Hersteller F… J… Group Co. Ltd., G… und S… beruhe auf deren Tätigkeit vornehmlich im chinesischen Markt. Das systematische Risiko des Motorradgeschäfts reflektiere die etablierte Marke D…, während F… das Risiko des Supersportwagengeschäfts mit der Marke L… erfasse. Y… reflektiere das bei D… auftretende Risiko.
71
Die den Verdacht der Marktmanipulation auslösenden Tw.-Nachrichten von Herrn E. M1. hätten nicht zu einer Verzerrung des Aktienkurses von T…, Inc. geführt. Leerverkäufe seien mit der Theorie des CAPM vereinbar und zögen keine Verzerrung des Beta-Faktors nach sich. Rund 86,4 % des Umsatzes des Jahres 2020 habe T… im reinen Automobilabsatz erwirtschaftet; die verbleibenden 13,6 % seien Kundendienstleistungen und ähnlich mit dem Bereich Automotive verbundenen Umsätze in Höhe von etwa 7,3 % enthalten. Lediglich 6,3 % des Umsatzes kämen aus dem Bereich „Energieerzeugung und Speicherung“. Die Vergleichbarkeit der chinesischen Hersteller zeige sich vor allem in deren Vernetzung mit den etablierten Automobilherstellern. Bei F… gebe es keine zu hohe Gewichtung, weil die Gesellschaft mit dem Modell R8 einen vergleichbaren Sportwagen anbiete und auch die Modelle A8 und S8 mit Preisen über € 100.000,- in einem vergleichbaren Umfeld lägen. Der Anteil von L… an der Profitabilität übersteige deutlich den Anteil am Umsatz.
72
Das Finanzdienstleistungsangebot von Fi… und G… M… senke den unverschuldeten Beta-Faktor dieser Unternehmen und wirke sich somit nicht zum Nachteil der Minderheitsaktionäre aus. Neben der bereits etablierten Marke Maserati baue Fi… auch die Marke A… R… als Premiummarke aus; auch einzelne Modelle der Marke Je… seien dem Premiumsegment zuzuordnen, weshalb Vergleichbarkeit mit der A… AG bestehe. Namentlich Cadillac gehöre zu diesem Bereich bei G… M…; auch seien einzelne Modelle der Marke BC… dort vertreten. Weiterhin seien beide Unternehmen global agierende Großkonzerne mit etablierten Marken und im Bereich der Elektromobilität engagiert. Durch die Regression sowohl gegen den globalen MSCI World Index als auch gegen lokale Indices komme es zu einer Minimierung der Effekte aus Wechselkursänderungen.
73
Die Einbeziehung eines fünfjährigen Betrachtungszeitraumes müsse als zulässig angesehen werden, weil der Transformationsprozess hin zur Elektromobilität nicht erst zwei Jahre vor dem Bewertungsstichtag begonnen habe. Nicht beanstandet werden könne die für die Jahre der Regression verwerteten Indices sowie die Auswahl der Renditeintervalle. Gleichfalls sachgerecht sei das Vorgehen beim Un- und Relevern, wobei beim Relevern das Debt Beta zu berücksichtigen gewesen sei. Bei den periodenspezifischen Verschuldungsgraden sei die betriebsnotwendige Liquidität der A… AG mit € 7 Mrd. berücksichtigt worden.
74
c. Eine Erhöhung des mit 0,5 % angesetzten Wachstumsabschlags lasse sich nicht rechtfertigen.
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(1) Aufgrund der vollständigen Zurechnung der Thesaurierung zu Beginn des Terminal Value stünden keine thesaurierten Mittel zur Verfügung. Daher könne im Wachstumsabschlag thesaurierungsbedingtes Wachstum nicht erfasst werden. Bei einem entsprechenden Verzicht auf die Zurechnung der thesaurierten Beträge zu Beginn der Ewigen Rente ergebe sich eine Wachstumsrate von 3,45 %. Entsprechend dem eingeschwungenen Zustand komme es im Terminal Value nur zu Ersatz-, aber nicht zu Erweiterungsinvestitionen. Bei einer Ableitung organischen Wachstums in der Ewigen Rente könne ein höherer Wachstumsabschlag angesetzt werden, was aber durch einen höheren Betrag an Investitionsausgaben kompensiert werde, weil mit diesen eine kapitalwertneutrale Rendite erzielt würde.
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(2) Ein Abstellen auf die Zielinflationsraten der Europäischen Zentralbank verkenne schon, dass in den Jahren von 2017 bis 2019 nur einmal diese Rate von 2,0 % erreicht worden sei. Vor allem aber müsse bei der Unternehmensbewertung auf die individuelle Situation des Bewertungsobjekts abgestellt werden. In der Automobilbranche gebe es nur beschränkte Möglichkeiten zur Weitergabe von Preissteigerungen aufgrund des intensiven Wettbewerbs, was bei der A… AG durch den stattfindenden Transformationsprozess, dem daraus resultierenden Preisdruck, der Gefahr des Eintritts neuer Wettbewerber und der Verringerung der Preise bei Batteriezellen verstärkt werde. Daher habe es in Phase I kein Preiswachstum gegeben. Preissteigerungen seien erfahrungsgemäß nur durch zusätzliche Ausstattungsmerkmale, das „Face-Lift“ eines Modells oder die Positionierung neuer Modelle durchsetzbar, was zusätzliche Investitionen oder marktseitig begleitende Ausgaben erfordern würde, was aber in der Ewigen Rente nicht angelegt sei. Allein aus der Betrachtung von Absatzpreisen ohne Berücksichtigung der Kostenstruktur könne nicht auf die Gewinnwachstumsrate geschlossen werden. Angesichts des geringen Anteils der L… S.p.A. am Umsatz rechtfertige sich aus einer geringeren Preisfühligkeit des einzelnen Käufers dieses Luxussportwagens kein erhöhter Wachstumsabschlag, weil sich auch Automobile im Luxussegment am Gesamtmarkt behaupten müssten, wozu ein attraktiver Preis ebenso gehöre.
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(3) Es gebe keinen fundamentalen Zusammenhang zwischen Inflation und Marktrisikoprämie. Auch komme es nicht zu einem realen Schrumpfen des Unternehmens, weil die Wachstumsrate unter Einschluss des thesaurierungsbedingten Wachstums mit 3,45 % deutlich über der Zielmarke der Europäischen Zentralbank von 2,0 % liege. Sachgerecht erfolgt sei der Steuerabzug von 13,19 % auf den Wachstumsabschlag. Ein beim Impairment-Test angesetzter höherer Wachstumsabschlag beruhe auf einer anderen methodischen Vorgehensweise. Da es sich bei A… E… V… GmbH um ein anderes zu bewertendes Unternehmen handele, verbiete sich ein Rückschluss auf den bei der A… AG anzusetzenden Wachstumsabschlag.
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3. Die Sonderwerte und dabei das nicht betriebsnotwendige Vermögen seien zutreffend erfasst worden.
79
a. Kein Korrekturbedarf bestehe bei der Erfassung der Anteile an HE… – ein Unternehmen, an dem TH… rund 60 % der Anteile gehalten habe, wobei der A…-Konzern zum Stichtag eine 29,71 %-Beteiligung an TH… gehalten habe. Der Wert der mittelbaren Beteiligung an HE… könne anhand des auf die Gesellschaft entfallenden Verkaufserlöses der stichtagsnahen Transaktion abzüglich einer im Geschäftsjahr 2020 vorgenommenen Kapitalerhöhung unter Teilnahme des A…-Konzern sowie des auf Basis des Transaktionspreises ermittelten Wertes der verbleibenden Anteile an TH… bzw. HE… ermittelt werden. Aufgrund ihrer Minderheitsbeteiligung fehle der A… AG die Möglichkeit zur Ausübung von Kontrolle, weshalb sich der Ansatz einer Kontrollprämie nicht rechtfertigen lasse.
80
b. Bei den mit € 411 Mio. bewerteten sonstigen Beteiligungen – 25 nicht konsolidierte Tochtergesellschaften, 17 zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertete assoziierte Unternehmen sowie drei sonstige Beteiligungen – gebe es keinen Anpassungsbedarf, nachdem die Bewertung auf dem Ansatz des jeweils höheren Wertes aus dem Beteiligungsbuchwert und dem anteiligen Buchwerteigenkapital jeder Gesellschaft zum 31.12.2019 beruhe und durch die COVID-19-Pandemie ausgelösten negativen Effekte außer Betracht geblieben seien. Die Beteiligung an der FC… AG in Höhe von € 90 Mio. übersteige den Buchwert des Eigenkapitals deutlich. Bei Veräußerung oder Auslaufen des Sponsoringvertrages könne die Gesellschaft nicht frei über ihre Beteiligung verfügen und selbst bei einer Veräußerung der Beteiligung nicht über den die Anschaffungskosten übersteigenden potenziellen Veräußerungspreis verfügen; daher bestehe kein Bedarf an einer gesonderten Bewertung der Beteiligung an der FC… AG. Der Gewinn aus der Veräußerung an der A… I… D… GmbH sei bereits im operativen Ergebnis des Geschäftsjahres 2020 enthalten und daher methodisch im Unternehmenswert abgebildet.
81
c. Die Abbildung der als Finanzinvestitionen gehaltenen Immobilien erfolge sachgerecht im operativen Ergebnis. Dabei handele es sich um an regionale A…-Händler vermietete Immobilien und einen vermieteten Logistikpark nahe eines Werks des Konzerns in S. J., weshalb es sich um (un-)mittelbar der Unternehmenstätigkeit dienende Vermögensgegenstände handele. Ein signifikanter Anteil der als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien sei von den jeweiligen Gesellschaften des A…-Konzerns im Rahmen von Leasingverträgen gemietet worden, weshalb sie nicht im Eigentum dieser Gesellschaften stünden, so dass es für diese Immobilien nur sogenannte Nutzungsrechte entsprechend IFRS 16 gebe.
82
d. Eine gesonderte Bewertung der Marken verbiete sich, weil deren Wert im Rahmen des Ertragswertverfahrens berücksichtigt worden sei.
83
e. Weder die L… S.p.A. noch die D… Motor Holding S.p.A. dürfe man gesondert bewerten, weil sie dem betriebsnotwendigen Vermögen zuzuordnen seien. Etwas anderes lasse sich auch nicht aus konzerninternen Überlegungen zur Umstrukturierung herleiten. Die Planungsrechnung integriere sowohl die Planung von L… als auch die von D….
84
f. Der zu erwartende Aufwand in Höhe von € 180 Mio. aus dem Verkauf von Fahrzeugen mit abgasmanipulierten Dieselmotoren für Einzelklagen sei zutreffend als Erwartungswert im Ertragswert abgebildet worden, wobei sich die Bewertung der Risiken aufgrund vorhandener Erfahrungswerte in verlässlicher Weise nur für Deutschland abbilden lasse. Das Unterlassen der Erfassung der weltweiten Risiken bedeute keinen Nachteil der Minderheitsaktionäre. Fehl gehe der Einwand, die A… AG sei an der Gesamtproblematik des Verkaufs dieser Motoren nur aufgrund einer entsprechenden Beeinflussung des Konzerns der Antragsgegnerin beteiligt gewesen. Zum Stichtag der Bewertung habe nicht festgestanden, inwieweit es Regressansprüche gegen Organmitglieder der Gesellschaft geben könne.
85
g. Steuerliche Verlustvorträge seien bei der effektiven Steuerbelastung von P… vollumfassend steuermindernd angesetzt worden, wobei der wesentliche wirtschaftlich nutzbare steuerliche Verlustvortrag bei der A… Hu… zrt., Gy./Ungarn in Höhe von € 2,6 Mrd. bestanden habe. Das steuerliche Einlagekonto habe gemäß der Steueranmeldung für das Geschäftsjahr 2019 sowie des Feststellungsbescheides zum 31.12.2018 einen unter dem steuerlichen Eigenkapital in den Steuerbilanzen der Gesellschaft zu den jeweiligen Stichtagen liegenden Bestand ausgewiesen, weshalb eine Ausschüttung darauf nur bei einer Ausschüttung aus der Substanz erfolgen könne; die hierfür notwendige Ausschüttungsquote von mehr als 100 % widerspreche jedoch dem Ansatz einer Ausschüttungsquote von 50 %.
4. Aus anderen Gründen lasse sich eine höhere Barabfindung nicht rechtfertigen
86
a. Vorerwerbspreise seien für die Bemessung der Barabfindung ohne Bedeutung; zudem könne aus einer minimalen Erhöhung des Grundkapitals von 99,55 % auf 99,64 % zum 31.8.2018 kein Rückschluss auf die Angemessenheit der Barabfindung gezogen werden.
87
b. Eine Erhöhung rechtfertige sich nicht aus den diskontierten Ausgleichszahlungen. Es fehle bereits an der Voraussetzung einer festen Ausgleichszahlung; die variablen, sich an der Dividende der Antragsgegnerin orientierende Ausgleichszahlung habe keinen Bezug zum Unternehmenswert der A… AG. Doch selbst bei einer optimistischen Schätzung der Dividende als diskontierter Ausgleich müsse der Kapitalisierungszinssatz nach Wachstumsabschlag deutlich unterhalb von 1,0 % liegen, was angesichts eines Wertes von 4,83 % völlig unrealistisch sei.
88
1. Das Gericht hat mit Beschluss vom 16.7.2021 (Bl. 213 d.A.) Frau Rechtsanwältin … zur gemeinsamen Vertreterin der nicht selbst als Antragsteller am Verfahren beteiligten ehemaligen Aktionäre der A… AG bestellt. Mit Verfügung vom 20.7.2021 (Bl. 214 d.A.) hat der Vorsitzende die Bekanntmachung dieser Bestellung im Bundesanzeiger (Bl. 222 d.A.) veranlasst. Die gemeinsame Vertreterin rügt insbesondere, bei der Schätzung der Strategien der A… AG könne nicht auf die Prognose von I. M. zurückgegriffen werden. Bei der Umsatzentwicklung der Marke L… bestehe weiter Aufklärungsbedarf. Die zehn Jahre umfassende strategische Planung hätte herangezogen werden müssen. Eine nochmalige Berücksichtigung der Zyklizität in der Ewigen Rente scheide nach deren Berücksichtigung in der Detailplanungsphase aus. Beim Kapitalisierungszinssatz müsse auf den originären Beta-Faktor zurückgegriffen werden.
89
2. Das Gericht hat nach coronabedingter Aufhebung des auf den 19.1./20.1.2022 angesetzten Termins mit Beschluss vom 18.1.2022 (Bl. 338/355 d. A) die Abfindungsprüfer gebeten, in einer schriftlichen Stellungnahme sich zu den Rügen der Antragsteller zu äußern. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 27.4.2023 hat das Gericht die Abfindungsprüfer … und Si. Fi… von B… T… mündlich angehört und mit Beschluss vom 27.4.2023 (Bl. 840 Rs.) die Abfindungsprüfer gebeten, zu einzelnen Bewertungsparametern des Beta-Faktors ergänzend schriftlich Stellung zu nehmen. Hinsichtlich des Ergebnisses der schriftlichen und mündlichen Anhörung der Abfindungsprüfer wird Bezug genommen auf die den Verfahrensbeteiligten zugestellte schriftliche Stellungnahme vom 30.9.2022 (B. 409/697 d.A.) und vom 29.8.2023 (Bl. 897/911 d.A.) sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27.4.2023 (Bl. 827/847 d.A.).
90
3. Auf Antrag der Antragsgegnerin hat der Vorsitzende mit rechtskräftigem Beschluss vom 17.8.2023 (Bl. 893/894 d.A.) entschieden, dass Informationen zu Margen für Verbrenner- und Elektromodelle der A… AG den Antragstellern und der gemeinsamen Vertreterin nicht zugänglich zu machen sind.
91
Hinsichtlich der näheren Einzelheiten des wechselseitigen Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27.4.2023 (Bl. 827/847 d.A.).
92
Die Anträge auf Festsetzung einer höheren Barabfindung sind zulässig und begründet, weil die angemessene Barabfindung auf € 1.754,71 festzusetzen war. Dieser Betrag ist unter Anrechnung geleisteter Zahlung ab dem 18.11.2020 mit 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.
93
I. Die Anträge aller Antragsteller sind zulässig.
94
1. Die Antragsteller sind jeweils antragsbefugt im Sinne des § 3 Satz 1 Nr. 2 SpruchG a.F., weil sie im Zeitpunkt der Eintragung des Beschlusses über den Squeeze out in das Handelsregister der A… AG am 16.11.2020 Aktionäre der Gesellschaft waren. Die Antragsgegnerin hat den entsprechenden Antrag aller Antragsteller entweder von vornherein nicht bestritten oder im Laufe des Verfahrens unstreitig gestellt bzw. nicht mehr bestritten, weshalb er gemäß §§ 8 Abs. 3 SpruchG, 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt.
95
2. Die Anträge wurden jeweils fristgerecht gem. § 4 Abs. 1 Nr. 3 SpruchG a.F. beim Landgericht München I eingereicht, also innerhalb einer Frist von drei Monaten ab Bekanntmachung der Eintragung des Übertragungsbeschlusses entsprechend den Vorgaben aus § 10 HGB. Diese Bekanntmachung erfolgte am 17.11.2020, weshalb die Frist am Mittwoch, den 17.2.2021 endete. Spätestens an diesem Tag gingen alle Anträge zumindest per Telefax und folglich fristwahrend beim Landgericht München I ein.
96
3. Alle Antragsteller haben innerhalb der Frist des § 4 Abs. 1 SpruchG sowohl hinreichend zu ihrer Antragsberechtigung vorgetragen als auch in Bezug auf die Angemessenheit der Kompensation konkrete Einwendungen erhoben, weshalb die Voraussetzungen von § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 4 Satz 1 SpruchG erfüllt sind, auch soweit die Antragsgegnerin hiergegen Einwendungen vorgebracht hat.
97
a. Dies gilt auch für die Antragstellerinnen zu 13) und 14) wie auch für die Antragstellerin zu 30).
98
(1) Der Vortrag der Antragstellerinnen zu 13) und 14) zu ihrer Antragsberechtigung muss als ausreichend angesehen werden. Sie haben in ihrer Antragsschrift hinreichend vorgetragen, im maßgeblichen Zeitpunkt der Eintragung des Squeeze out-Beschlusses in das Handelsregister der A… AG Aktionärinnen der Gesellschaft gewesen zu sein, was eine Auslegung ihres Antragsschriftsatzes ergibt. Bei der Auslegung verfahrensrechtlicher Bestimmungen und damit auch von entsprechenden Erklärungen ist nämlich zu beachten, dass es oberstes Ziel jeder Auslegung sein muss, möglichst dem materiellen Recht im Prozess zur Durchsetzung zu verhelfen und zu verhindern, dass der Prozess zum Rechtsverlust aufgrund einer zu strikten Auslegung von Verfahrensvorschriften führt (vgl. BVerfGE 84, 366, 369 f. = NJW 1992, 105; BGH NJW-RR 2010, 357; G. Vollkommer in: Zöller, ZPO, 35. Aufl., Einleitung Rdn. 53).
99
Auch wenn der Antragsteller zu 12), der in der Namenszeile als Aktionär ausgeführt ist, in dem Schriftsatz vom 25.11.2020 zum Teil im Singular und mit dem Wort „ich“ formuliert hat, wird dennoch deutlich, dass auch die Antragstellerinnen zu 13) und zu 14) vortragen, Aktionärinnen der Gesellschaft gewesen zu sein. Als Antragsteller sind zu Beginn des Schriftsatzes alle drei Personen genannt. Unter der Überschrift „Antragsteller (Darlegung der Antragsberechtigung)“ findet sich die Formulierung zu Beginn des maßgeblichen Satzes über die Aktionärseigenschaft im Zeitpunkt des Aktienübergangs auf die Antragsgegnerin die entsprechende Formulierung „Die Antragsteller…“ im Plural und damit unter Einbeziehung auch der Antragstellerinnen zu 13) und zu 14). Vor allem aber ergibt sich aus den Unterschriften der beiden Antragstellerinnen am Ende des Schriftsatzes, dass sie sich dessen Inhalt in vollem Umfang zu eigen machen und daher auch vorgetragen haben, im maßgeblichen Zeitpunkt Aktionärinnen der Gesellschaft gewesen zu sein.
100
(2) Ebenso hat die Antragstellerin zu 30) ausreichend zu ihrer Antragsberechtigung vorgetragen. Sie hat geltend gemacht, Aktionärin der A… AG mit insgesamt 4.001 Aktien gewesen zu sein, die sie für einen luxemburgischen Fond verwaltete, der als rechtlich unselbständiges Vermögen ausgestaltet und vom Haftungskapital der Antragstellerin zu 30) getrennt ist. Damit aber hat die Antragstellerin zu 30) auch die rechtliche Konstruktion ihrer Aktionärseigenschaft im Antragsschriftsatz vom 12.1.2021 hinreichend geltend gemacht.
101
b. Alle Antragsteller haben innerhalb der Frist des § 4 Abs. 1 SpruchG konkrete Einwendungen gegen die Angemessenheit der Kompensation erhoben, weshalb die Voraussetzungen von § 4 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 SpruchG erfüllt sind. Aufgrund dieser Vorschrift sind konkrete Einwendungen gegen die Angemessenheit nach § 1 SpruchG oder gegebenenfalls den als Grundlage für die Kompensation ermittelten Unternehmenswert in die Antragsbegründung aufzunehmen. Diesen Anforderungen werden alle Anträge gerecht, weil die Anforderungen an die Konkretisierungslast nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer in Übereinstimmung mit dem BGH nicht überspannt werden dürfen (vgl. BGH NZG 2012, 191, 194 = ZIP 2012, 266, 269 = WM 2012, 280, 283 = DB 2012, 281, 284; LG München I ZIP 2015, 2124, 2126; Beschluss vom 21.6.2013, Az. 5 HK O 19183/09; Beschluss vom 28.5.2014, Az. 5 HK O 22657/12; Beschluss vom 30.6.2017, Az. 5 HK O 13182/15; Drescher in: BeckOGK SpruchG, Stand 1.2.2024, § 4 Rdn. 24). Die Antragsgegnerin hat insoweit auch keine Bedenken geäußert, weshalb weitere Ausführungen hierzu nicht veranlasst sind.
102
Die Anträge auf Festsetzung einer angemessenen Barabfindung sind auch begründet, weil diese € 1.754,71 je Aktie beträgt. Dieser Betrag ist ab dem 18.11.2020 unter Anrechnung bereits geleisteter Zahlungen mit einem Zinssatz in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.
103
Aufgrund von § 327 b Abs. 1 Satz 1 AktG legt der Hauptaktionär die Höhe der Barabfindung fest; sie muss die Verhältnisse der Gesellschaft im Zeitpunkt der Beschlussfassung ihrer Hauptversammlung berücksichtigen. Die Barabfindung ist dann angemessen, wenn sie dem ausscheidenden Aktionär eine volle Entschädigung dafür verschafft, was seine Beteiligung an dem arbeitenden Unternehmen wert ist, die also dem vollen Wert seiner Beteiligung entspricht. Unter Berücksichtigung des Eigentumsgrundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG muss der Aktionär einen vollständigen wirtschaftlichen Ausgleich für die Beeinträchtigung seiner vermögensrechtlichen Stellung als Aktionär gewährt werden. Hierzu muss der „wirkliche“ oder „wahre“ Wert des Anteilseigentums widergespiegelt werden; dabei muss sichergestellt sein, dass die Aktionäre jedenfalls nicht weniger erhalten, als sie bei einer freien Desinvestitionsentscheidung erhalten hätte (vgl. nur BGHZ 236, 180, 186 = NJW 2023, 2114, 2116 = NZG 2023, 937, 939 = AG 2023, 443, 444 = ZIP 2023, 795, 796 = WM 2023, 714, 716 = DB 2023, 953, 954 f. = Der Konzern 2023, 217, 219 = DZWIR 2023, 486, 488 = DStR 2023, 2575, 2577; BayObLG, Beschluss vom 18.5.2022, Az. 101 ZBR 97/20; OLG München WM 2009, 1848 f. = ZIP 2009, 2339, 2340; ZIP 2007, 375, 376; AG 2020, 133, 134 f. = WM 2019, 2104, 2106; NZG 2022, 362, 364; Beschluss vom 11.9.2014, Az. 31 Wx 278/13; OLG Frankfurt AG 2012, 513, 514 = ZIP 2012, 124, 126; Beschluss vom 28.3.2014, Az. 21 W 15/11, zit. nach juris; OLG Stuttgart ZIP 2010, 274, 276 = WM 2010, 654, 646; OLG Frankfurt AG 2017, 790, 791 = Der Konzern 2018, 74, 75; OLG Düsseldorf AG 2019, 92, 94 = ZIP 2019, 370, 373 = DB 2018, 2108, 2111; LG München I AG 2016, 51, 52 = ZIP 2015, 2124, 2127; Beschluss vom 30.6.2017, Az. 5 HK O 13182/15; Beschluss vom 30.6.2023, Az. 5 HK O 4509/21; Beschluss vom 25.8.2023, Az. 5 HK O 12034/21).
104
Dabei ist der Unternehmenswert im Wege einer Schätzung zu ermitteln, wobei weder das Grundgesetz noch das einfache Gesetz Bestimmungen dazu erhält, nach welcher Methode eine Schätzung vorzunehmen ist. Die jeweils geeignete Bewertungsmethode ist unter Beachtung des gesetzlichen Bewertungsziels auszuwählen, wobei die Frage welche der möglichen Auslegungsmethoden im Einzelfall den Wert der Unternehmensbeteiligung zutreffend abbildet, Teil der tatrichterlichen Würdigung des Sachverhalts ist (vgl. BGHZ 208, 265, 272 = NZG 2016, 461, 462 = AG 2016, 359, 360 f. = ZIP 2016, 666, 668 = WM 2016, 711, 713 f. = DB 2016, 883, 885 = MDR 2016, 658 f. = NJW-RR 2016, 610, 611 f.; BGHZ 227, 137, 141 = NZG 2020, 1386, 1387 = AG 2020, 949, 950 = ZIP 2020, 2230, 2231 f. = WM 2020, 2139, 2140 = DB 2020, 2399, 2400 = Der Konzern 2021, 115, 116 = DZWIR 2021, 104, 105; OLG München WM 2009, 1848, 1849 = ZIP 2009, 2339, 2340; AG 2007, 287, 288; NZG 2022, 362, 364 f.; Beschluss vom 11.9.2014, Az. 31 Wx 278/13; OLG München, Beschluss vom 13.11.2018, Az. 31 Wx 372/15; Beschluss vom 9.4.2021, Az. 31 Wx 2/19; OLG Stuttgart AG 2007, 128, 130; OLG Düsseldorf WM 2009, 2220, 2224; AG 2016, 329 = ZIP 2016, 71, 72 = WM 2016, 1685, 1687; OLG Frankfurt AG 2012, 513, 514 = ZIP 2012, 124, 126; LG München I Der Konzern 2010, 188, 189; AG 2016, 51, 52 = ZIP 2015, 2124, 2127; Beschluss vom 28.4.2017, Az. 5 HK O 16513/11; Beschluss vom 30.5.2018, Az. 5 HK O 10044/16; Beschluss vom 29.8.2018, Az. 5 HK O 15685/15; Beschluss vom 28.3.2019, Az. 5 HK O 3374/18; Beschluss vom 27.8.2021, Az. 5 HK O 5884/20). Dabei ist es nicht geboten, zur Bestimmung des „wahren“ Wertes stets jede denkbare Methode der Unternehmensbewertung heranzuziehen oder die Kompensationsleistung nach dem Meistbegünstigungsprinzip zu berechnen. Verfassungsrechtlich geboten sind nur die Auswahl einer im vorliegenden Fall geeigneten, aussagekräftigen Methode und die gerichtliche Überprüfbarkeit ihrer Anwendung (vgl. BVerfG NJW 2011, 2497, 2498 = NZG 2011, 869, 870 = AG 2011, 511 f. = ZIP 2011, 1051, 1053 = WM 2011, 1074, 1075 f. = BB 2011, 1518, 1520; NZG 2012, 907, 908 f. = AG 2012, 625, 626 = ZIP 2012, 1408, 1410 = WM 2012, 1374, 1375 = BB 2012, 2780 f.; OLG München AG 2020, 133, 134 = WM 2019, 2104, 2106; Beschluss vom 30.7.2018, Az. 31 Wx 136/16; OLG Düsseldorf AG 2016, 864, 865).
105
Der für die Abfindung je Aktie maßgebliche Unternehmenswert wurde dabei im Ausgangspunkt zutreffend unter Anwendung der Ertragswertmethode ermittelt, bei der es sich um eine in der Wissenschaft wie auch der Praxis anerkannte Vorgehensweise handelt (vgl. hierzu nur Peemöller/Kunowski in: Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, 8. Aufl., S. 353), die folglich auch der Ermittlung des Unternehmenswertes der A… AG zugrunde gelegt werden kann. Danach bestimmt sich der Unternehmenswert primär nach dem Ertragswert des betriebsnotwendigen Vermögens; er wird ergänzt durch eine gesonderte Bewertung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens, das regelmäßig mit dem Liquidationswert angesetzt wird.
106
Der Ertragswert eines Unternehmens wird dabei durch Diskontierung der den Unternehmenseignern künftig zufließenden finanziellen Überschüsse gewonnen, die aus den künftigen handelsrechtlichen Erfolgen abgeleitet werden. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass es einen exakten oder „wahren“ Unternehmenswert zum Stichtag nicht geben kann. Vielmehr kommt dem Gericht die Aufgabe zu, unter Anwendung anerkannter betriebswirtschaftlicher Methoden den Unternehmenswert als Grundlage der Abfindung im Wege der Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO zu bestimmen (vgl. nur BGHZ 208, 265, 272 = NZG 2016, 461, 462 = AG 2016, 359, 360 f. = ZIP 2016, 666, 668 = WM 2016, 711, 713 f. = DB 2016, 883, 885 = MDR 2016, 658 f. = NJW-RR 2016, 610, 611 f.; OLG München WM 2009, 1848, 1849 = ZIP 2009, 2339, 2340; AG 2007, 287, 288; NZG 2022, 362, 364 f.; Beschluss vom 11.9.2014, Az. 31 Wx 278/13; OLG München, Beschluss vom 13.11.2018, Az. 31 Wx 372/15; Beschluss vom 9.4.2021, Az. 31 Wx 2/19; OLG Stuttgart AG 2007, 128, 130; OLG Düsseldorf WM 2009, 2220, 2224; AG 2016, 329 = ZIP 2016, 71, 72 = WM 2016, 1685, 1687; OLG Frankfurt AG 2012, 513, 514 = ZIP 2012, 124, 126; LG München I Der Konzern 2010, 188, 189; AG 2016, 51, 52 = ZIP 2015, 2124, 2127; Beschluss vom 28.4.2017, Az. 5 HK O 16513/11 Beschluss vom 30.5.2018, Az. 5 HK O 10044/16; Beschluss vom 29.8.2018, Az. 5 HK O 15685/15; Beschluss vom 28.3.2019, Az. 5 HK O 3374/18; Beschluss vom 27.8.2021, Az. 5 HK O 5884/20). Dabei ist es nicht geboten, zur Bestimmung des wahren „Wertes“ stets jede denkbare Methode der Unternehmensbewertung heranzuziehen oder die Kompensationsleistung nach dem Meistbegünstigungsprinzip zu berechnen. Verfassungsrechtlich geboten sind nur die Auswahl einer im vorliegenden Fall geeigneten, aussagekräftigen Methode und die gerichtliche Überprüfbarkeit ihrer Anwendung (vgl. BVerfG NJW 2011, 2497, 2498 = NZG 2011, 869, 870 = AG 2011, 511 f. = ZIP 2011, 1051, 1053 = WM 2011, 1074, 1075 f. = BB 2011, 1518, 1520; NZG 2012, 907, 908 f. = AG 2012, 625, 626 = ZIP 2012, 1408, 1410 = WM 2012, 1374, 1375 = BB 2012, 2780 f.; OLG München AG 2020, 133, 134 = WM 2019, 2104, 2106; Beschluss vom 30.7.2018, Az. 31 Wx 136/16; OLG Düsseldorf AG 2016, 864, 865). Die Ertragswertmethode ist – wie ausgeführt – in Rechtsprechung und Literatur wie auch der bewertungsrechtlichen Praxis weithin anerkannt. Auch bei dem Standard IDW S1 handelt es sich um eine fachliche Bewertungsweise, mit deren Hilfe der Ertragswert bestimmt werden kann. Die Kammer sieht diese Methode, auch wenn sie von einem privaten Verein entwickelt wurde und daher keinen bindenden Rechtsnormcharakter haben kann, als zur Unternehmenswertermittlung geeignet an, weshalb sie hier zugrunde gelegt werden kann.
107
Die Möglichkeit, den Unternehmenswert anhand des Ertragswertverfahrens entsprechend den Grundsätzen des IDW S1 sachgerecht zu ermitteln, zeigt sich letztlich auch anhand der Wertung der §§ 199 ff. BewG. Aufgrund von § 201 BewG bildet der zukünftig nachhaltig zu erzielende Jahresertrag die Grundlage für die Bewertung bei steuerlichen Anlässen. Dieses Verfahren ist zwar von Typisierungen und Vereinfachungen geprägt, um die steuerliche Abwicklung zu erleichtern (vgl. Krumm in: Leingärtner, Besteuerung der Landwirte, 39. Erg.Lfg, Stand: Oktober 2021, Kap. 94 Rdn. 25), orientiert sich aber von der Methodik her an den Grundsätzen des Ertragswertverfahrens entsprechend dem Standard IDW S1, wie es sich in der – auch von der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung gebilligten – Praxis durchgesetzt hat. Der Gesetzgeber geht in §§ 199 ff. BewG sehr wohl davon aus, dass sich der Unternehmenswert auf diese Art und Weise durch Kapitalisierung der künftig zu erzielenden Überschüsse ermitteln lässt, wie dies auch dem Standard IDW S1 zugrunde liegt (vgl. auch OLG München AG 2020, 133, 136 = WM 2019, 2104, 2113 f.). Daher ist den im Hinweisbeschluss des Landgerichts Köln, Az. 82 O 2/16 geäußerten Zweifeln an der Tragfähigkeit der Ermittlung des objektivierten Unternehmenswerts nach dem Standard IDW S1 nicht zu folgen.
108
Diesem Ansatz lässt sich auch nicht entgegenhalten, die Berechnung müsse in Anlehnung an die Best Practice-Empfehlungen der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management zumindest plausibilisiert werden. Die Ertragswertmethode ist in der betriebswirtschaftlichen Lehre und Praxis weithin anerkannt und üblich, weshalb sie entsprechend den Vorgaben insbesondere auch des BGH der Ermittlung des Unternehmenswerts als Grundlage der angemessenen Barabfindung bei aktienrechtlichen Strukturmaßnahmen zugrunde gelegt werden kann. Angesichts dessen bedarf es nicht zwingend einer weiteren Überprüfung durch eine andere Methode, die zudem nicht unerheblicher Kritik in der Fachliteratur ausgesetzt ist, weil das Konzept des markttypischen Erwerbers sich vom relevanten Bewertungsobjekt unzulässiger Weise entferne und es auch zu einer unzulässigen Doppelberücksichtigung der Unsicherheit im Bewertungskalkül komme (vgl. Olbrich/Rapp CF 2012, 233 ff.; auch Quill, Interessengeleitete Unternehmensbewertung – Ein ökonomisch-soziologischer Zugang zu einem neuen Objektivismusstreit, Diss. Universität des Saarlandes, 2016, S. 330 f.). Auf eine variable Bandbreite abzielende Empfehlungen sind keinesfalls besser geeignet als die Ertragswertmethode, weil eine Bandbreite keine angemessene Barabfindung darstellen kann, nachdem diese auf einen bestimmten Betrag lauten muss.
109
Für die A… AG ergibt sich zum maßgeblichen Stichtag der Hauptversammlung am 31.7.2021 auf dieser Grundlage ein Unternehmenswert von € 75.462 Mio. und damit eine Barabfindung von € 1.754,71 je Aktie.
110
1. Grundlage für die Ermittlung für die Ermittlung der künftigen Erträge ist die Planung für die Gesellschaft, die auf der Basis einer Vergangenheitsanalyse vorzunehmen ist und vorliegend auch vorgenommen wurde. Bei Anwendung des Ertragswertverfahrens sind die in die Zukunft gerichteten Planungen der Unternehmen und die darauf aufbauenden Prognosen ihrer Erträge allerdings nur eingeschränkt überprüfbar. Sie sind in erster Linie ein Ergebnis der jeweiligen unternehmerischen Entscheidung der für die Geschäftsführung verantwortlichen Personen. Diese Entscheidungen haben auf zutreffenden Informationen und daran orientierten, realistischen Annahmen aufzubauen; sie dürfen zudem nicht in sich widersprüchlich sein. Kann die Geschäftsführung auf dieser Grundlage vernünftigerweise annehmen, ihre Planung sei realistisch, darf diese Planung nicht durch andere – letztlich ebenfalls nur vertretbare – Annahmen des Gerichts oder anderer Verfahrensbeteiligter ersetzt werden (vgl. BVerfG NJW 2012, 3020, 3022 = NZG 2012, 1035, 1037 = AG 2012, 674, 676 = ZIP 2012, 1656, 1658 = WM 2012, 1683, 1685 f.; OLG München BB 2007, 2395, 2397; ZIP 2009, 2339, 2340 = WM 2009, 1848, 1849; NZG 2022, 362, 367 f.; Beschluss vom 11.9.2014, Az. 31 Wx 278/13; OLG Stuttgart NZG 2007, 112, 114; AG 2014, 291, 296 f.; 2006, 420, 425; 2007, 705, 706; OLG Frankfurt ZIP 2010, 729, 731; OLG Düsseldorf AG 2015, 573, 575 = Der Konzern 2016, 94, 96 = DB 2015, 2200, 2202; AG 2023, 284, 287 f.; LG München I Der Konzern 2010, 188, 189 f.; ZIP 2015, 2124, 2127; Beschluss vom 28.4.2017, Az. 5 HK O 16513/11; Beschluss vom 28.3.2019, Az. 5 HK O 3374/18; Beschluss vom 27.8.2021, Az. 5 HK O 5884/20; Beschluss vom 25.8.2023, Az. 5 HK O 12034/21; Beschluss vom 29.11.2023, Az. 5 HK O 5321/19; Beschluss vom 19.4.2024, Az. 5 HK O 9734/22e).
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Diese Grundsätze wurden bei der A… AG zutreffend angewandt.
112
a. Dies gilt zunächst für die allgemeinen Grundsätze der Planung.
113
(1) Die die drei Jahre von 2017 bis 2019 umfassende Vergangenheitsanalyse lässt nicht auf eine fehlerhafte Planungssystematik schließen. Diese Analyse verfolgt in erster Linie den Zweck zu ermitteln, inwieweit die für die Ermittlung des Ertragswerts wesentlichen und bestimmenden Zukunftsergebnisse tragfähig und plausibel sind (vgl. OLG Frankfurt AG 2020, 955, 958; LG München I AG 2020, 222, 224 = Der Konzern 2020, 311, 312). Der hierfür heranzuziehende Betrachtungszeitraum liegt üblicherweise zwischen zwei bis drei Jahren, wie der Kammer aus einer Vielzahl bei ihr anhängig gewesener Spruchverfahren bekannt ist.
114
In der Vergangenheit war die Planung für diese drei Jahre stets besser als die Ist-Ergebnisse, wobei dies sowohl für die Umsatzerlöse als auch das operative Ergebnis gilt. Bei den Umsatzerlösen kam es zu einer Verfehlung um 5,2 %, 9,1 % und 19,6 %, während das operative Ergebnis vor Sondereinflüssen um 3,9 %, 10,4 % und 22,9 % sowie nach der Bereinigung um diese Sondereinflüsse um 11,2 %, 32,8 % und 22,9 % verfehlt wurde. Das Bewertungsgutachten verwies – bestätigt durch den Prüfungsbericht von B… T… – darauf hin, dass ein erheblicher Teil der Abweichungen in ihren Ursachen nicht vorhersehbar war. Hierzu gehören vor allem namentlich die Einführung des Worldwide harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure (WLTP) mit neuen Regelungen zur Bestimmung des Kraftstoffverbrauchs und der Abgasemissionen mit einer Umstellung des Modellportfolios und einem damit verbundenen Rückgang der Absatzzahlen vor allem in Westeuropa um 13,9 % gegenüber dem Vorjahr und in Zentral- und Osteuropa um 9,0 %; weitere Ursache war die zum 1.1.2019 auf Veranlassung der Antragsgegnerin erfolgte Entkonsolidierung der Mehrmarken-Vertriebsgesellschaften, die im Geschäftsjahr 2018 noch einen Beitrag von € 5.631 Mio. zu den Umsatzerlösen beisteuerten. In der Planung nicht enthalten waren die sich aus der Tatsache ergebenden Folgewirkungen, dass in Fahrzeugen der Marke A… Thermofenster eingebaut waren, die als unzulässige Abschalteinrichtung zu qualifizieren waren und zu erheblichen finanziellen Belastungen der Gesellschaft führten.
115
Auch die Abweichungen im Geschäftsjahr 2019 lassen keinen Schluss darauf zu, die Planung lasse die erforderliche Qualität und Systematik vermissen. Die budgetierten Umsatzerlöse wurden um etwa € 4.320 Mio. verfehlt. Gerade die Einführung des WLTP-Prüfzyklus führte zu einem im Vergleich zur Planung angenommenen Absatz von 2.040.000 Fahrzeugen zu einem Rückgang auf 1.846.000 Fahrzeuge. Auch wenn die Einführung dieses Verfahrens im Zeitpunkt der Budgetplanung 2019 bekannt war, waren die Folgen der konkreten Umsetzung bzw. Auswirkungen ungewiss, wobei diese von den Planverantwortlichen optimistischer gesehen wurden. Dieser Umstand belegt zudem zur Überzeugung der Kammer tatsächlich eine tendenziell ambitionierte Planung, nachdem diese Ziele in der Vergangenheit nicht erreicht werden konnten.
116
(2) Eine konkretisierte Einflussnahme des Vorstands der Antragsgegnerin auf die Planung der A… AG dergestalt, dass unter dem Aspekt des beabsichtigten Ausschlusses der Minderheitsaktionäre Einfluss auf die Planung genommen worden wäre, konnte nicht festgestellt werden. Zwar muss davon ausgegangen werden, dass ausschließlich zu Bewertungszwecken außerhalb des regulären Planungsprozesses erstellte Sonderplanungen kritisch zu hinterfragen sind (vgl. OLG Düsseldorf AG 2016, 329, 330 = ZIP 2016, 71, 72 f. = WM 2016, 1685, 1687 f. = Der Konzern 2015, 550, 553; OLG Frankfurt Der Konzern 2018, 74, 76; OLG Karlsruhe, AG 2016, 672, 674; Ruiz de Vargas in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, 5. Aufl., Anh § 305 Rdn. 27 b). Bei der hier zu beurteilenden Planung muss bereits beachtet werden, dass zwischen der Antragsgegnerin und der A… AG ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag besteht, durch den die Gesellschaft in den Konzern der Antragsgegnerin seit langem eingebunden ist. Demgemäß gibt die Antragsgegnerin als herrschende Gesellschaft zulässigerweise innerhalb eines Vertragskonzerns den Planungsprozess vor, der in sogenannten Planungsrunden (PR) mit jährlich fortlaufender Nummerierung stattfindet. Dabei werden die Wertschöpfungsketten und Organisationsstrukturen berücksichtigt und konzernweite Vorgaben zu Prämissen durch den V…-Konzern gegeben. Demgemäß bildet die Planung der A… AG sowohl die bestehenden, seit Jahrzehnten entwickelten als auch die geplanten Beziehungen zur Antragsgegnerin sowie zum übrigen V…-Konzern ab. Allerdings operieren die Fahrzeugmarken innerhalb des V…-Konzerns selbstständig am Markt; demgemäß nehmen auch die einzelnen Tochtergesellschaften ihre Geschäftstätigkeit eigenverantwortlich wahr.
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Die für die Unternehmensbewertung maßgebliche Planungsrunde PR69.SP, die dann durch die Overlay-Planung im Mai 2020 überarbeitet wurde, begann im letzten Quartal des Jahres 2019 und damit vor dem Zugang des förmlichen Verlangens und zum Ausschluss der Minderheitsaktionäre am 28.2.2020. Demgemäß konnten die Abfindungsprüfer bei ihrer Analyse der Protokolle der Organsitzungen der Gesellschaft keine Einflussnahme seitens der Antragsgegnerin als Hauptaktionärin auf die detaillierten Inhalte der Planung finden.
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(3) Die die Jahre 2020 bis 2025 umfassende Detailplanungsphase bedarf hinsichtlich ihrer Länge keiner Korrektur. Im Rahmen der Bewertung würde für das Jahr 2020 der der Hauptversammlung vorliegende Forecast 4+8 berücksichtigt, der die Ergebnisentwicklung bis einschließlich April 2020 abbildete. Die Abfindungsprüfer konnten im Zuge der Aktualisierung der Planung auch die weiteren Vorausschätzungen 5+7 und 6+6 mit den Ergebnisentwicklungen bis Mai bzw. Juni 2020 einsehen. Auf dieser Grundlage ergaben sich entsprechend ihren Ausführungen in der Stellungnahme vom 30.9.2022 keine Anhaltspunkte für die mangelnde Eignung des Forecast 4+8 zur Ermittlung des Unternehmenswerts und darauf aufbauenden der Barabfindung. In diesen 4+8-Forecast flossen auch die Auswirkungen der in den ersten Monaten des Jahres 2020 und dann verstärkt ab Februar/März 2020 auftretenden COVID-19-Pandemie mit den ersten Lockdowns ein. Die im Mai 2020 fertig gestellte Overlay-Planung reflektiert nicht nur die Auswirkungen der Pandemie auf das erste Planjahr 2020, sondern musste unter Beachtung der weiteren Markterwartungen auch des Vertriebs die sich abzeichnenden Folgen für die weiteren Planjahre reflektieren, wobei für die Marke A… ab dem Jahr 2023 keine Auswirkungen mehr angenommen wurden.
119
Eine Verlängerung auf zehn Jahre ist nicht angezeigt. Zehn Jahre umfasst die strategische Planung der Gesellschaft, während die zur Grundlage der Bewertung gemachte operative Planung unter Einschluss des Forecast 4+8 mit Fortschreibung bis 6+6 bei der Aktualisierung zum Stichtag für die Jahre 2020, die Jahre 2021 bis 2025, insgesamt also sechs Jahre umfasste. Dies steht auch in Einklang mit der operativen Planung PR68.OP, der ein Planungshorizont von 2020 bis 2024 zugrunde lag. Die strategische Planung mit einem Horizont von zehn Jahren enthielt aber gerade keine detaillierten Planannahmen mehr, die zur Grundlage einer Unternehmensbewertung gemacht werden könnten. Ab dem Planjahr 2026 waren in ihr unter anderem mögliche Fahrzeugmodelle antizipiert, für die aber weder eine Entscheidung zur Produkteinführung noch zur Finanzierung vorlag. Die weiteren Jahre der strategischen Planung dienten der Gesellschaft nach den den Abfindungsprüfern gegebenen Informationen dazu, wesentliche Marktveränderungen zu erkennen und darauf grundsätzlich – mithin auch im gesamten Konzern der Muttergesellschaft – zu reagieren.
120
Die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie flossen im Rahmen der Overlay-Planung dergestalt ein, dass es bei der Marke A… zu einer Anpassung ausschließlich in den Geschäftsjahren 2021 und 2022 kommen werde, weshalb ab 2023 eine Rückkehr zum ursprünglich geplanten Umsatz- und Ergebnispfad unterstellt wurde.
121
Herr Br… und Frau Fi… glichen diese Ansätze aus der Planung mit den Prognosen von I. M. ab, die im Mai 2020 nurmehr mit einem Absatzvolumen von 1,51 Millionen Fahrzeugen der Marke A… rechnete, während die Gesellschaft selbst nur von einem Rückgang auf 1.623.000 im Jahr 2020 ausging. Des Weiteren prognostizierte I. M. auch in den Folgejahren Absatzvolumina, die erst in späteren Jahren eine Erholung von den Pandemiefolgen erwarten ließen und unter den Prognosewerten von Januar 2020 lagen.
122
Diese Veränderungen als Folge der Pandemie stellen sich als die im Prüfungsbericht auf Seite 3 genannten ergänzenden Informationen hinsichtlich zwischenzeitlicher Veränderungen dar.
123
(4) Aus der Präsentation von Investor Relation vom 7.12.2020 bereits nach dem maßgeblichen Stichtag der Hauptversammlung kann kein Rückschluss dergestalt gezogen werden, der Vorstand hätte an seiner Bewertung nicht festgehalten. Diese Präsentation verweist auf die Geschäftsentwicklung der ersten drei Quartale und auch von Teilen des vierten Quartals des Jahres 2020, für die bereits Informationen zum realisierten Ist-Ergebnis vorgelegen haben müssen. Dabei handelt es sich indes um Entwicklungen, die nach dem Stichtag der Hauptversammlung lagen und damit allenfalls zur Plausibilisierung von Planannahmen herangezogen werden können. Die in der Bewertung angenommenen Rückgänge der Auslieferung an Kunden sowie eine operative Ergebnismarge von 3,3 % steht gerade nicht in Widerspruch zu den Aussagen insbesondere vom 7.12.2020. In dieser Präsentation wurde mitgeteilt, dass bei Eintritt des operativen Ergebnisses auf dem Vorjahresniveau für das vierte Quartal das kumulierte Jahresergebnis 2020 für alle vier Quartale bei rund € 1.492 Mio. und damit unterhalb der Planansätze aus der Vorschau 4+8 berücksichtigten operativen Ergebnisses von € 1.600 Mio. liegen werde. Nichts anderes ergibt sich auch für die weitere Entwicklung ab dem Jahr 2021, auch wenn sich die Markterwartungen im November 2020 im Vergleich zum Mai 2020 verbesserten, wie die Prognosen von I. M. aufzeigen. Während die Prognose im Mai 2020 noch von einem Rückgang im Premium-Markt von rund 17 % gegenüber dem Vorjahr ausging, verbesserten sich diese Werte auf einen Rückgang von nur noch 9 % im November 2020. Dieser Kenntnisstand konnte namentlich mit Blick auf die Unsicherheiten der Entwicklung der COVID-19-Pandemie zum Stichtag nicht angenommen werden. Die Präsentation belegte aber auch, dass sich die Marge von Verbrenner- und Elektrofahrzeugen innerhalb eines Zeitraums von zwei bis drei Jahren von beiden Seiten annähern solle; dennoch würde keine operative Marge erwartet, die oberhalb der Marge gelegen hätte, die im Rahmen der für die Unternehmensbewertung allein maßgeblichen Overlay-Planung zugrunde gelegt wurde. Ebenso wurde zum Stichtag 7.12.2020 für das Planjahr 2022 wie auch für das Planjahr 2025 auf den strategischen Zielkorridor der operativen Marge von 9 % bis 11 % für die Marke A… abgestellt, so dass die Margenvorgaben mit der Erwartung zu den Antriebstechnologien offenbar verbunden war. Allerdings muss hier beachtet werden, dass ambitionierte oder ehrgeizige Ziele nicht mit Erwartungswerten gleichgesetzt werden dürfen, die für die Unternehmensbewertung alleine maßgeblich sind (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 17.10.2011, Az. 20 W 7/11 – zitiert nach juris; Ruiz de Vargas in Bürgers/Körber/Lieder, AktG, a.a.O., Anh zu 305 Rdn. 26). Soweit die Präsentation vom 7.12.2020 auf den A… Transformationsplan mit einem Volumen von € 15 Mrd. bis 2022 sowie das Programm A…. Zukunft in Höhe von € 6 Mrd. bis 2029 abstellte, stimmt dies mit den Informationen zum Zeitpunkt der Bewertung überein, wie dies auch im Prüfungsbericht dargestellt wurde.
124
(5) Aus der Entwicklung des Kurs-Gewinn-Verhältnisses, also die Relation des Aktienkurses zum Gewinn je Aktie bzw. der Börsenkapitalisierung einer Aktiengesellschaft in Relation zum Jahresüberschuss, lassen sich keine, jedenfalls keine verlässlichen Rückschlüsse auf die Angemessenheit der Barabfindung ziehen. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis wird der Gruppe der Multiplikatoren zugeordnet, bei denen auf dem Kapitalmarkt bei Vergleichsunternehmen beobachtete Bewertungsrelationen auf das Bewertungsobjekt übertragen werden. Die hierbei erforderliche Konsistenz muss zwar für das Kurs-Gewinn-Verhältnis bejaht werden. Allerdings müssen die relevanten Eingangsdaten für das Kurs-Gewinn-Verhältnis für ein- und dasselbe Unternehmen im Zeitablauf und zwischen unterschiedlichen Unternehmen gleichartig berechnet werden. Dies kann bereits aufgrund abweichender Geschäftsjahre von Unternehmen und unterschiedlichen Rechnungslegungsstandards erschwert sein. Vor allem aber ist der Jahresüberschuss eine rein buchhalterische Größe, bei der der Gewinn wesentlich von den zugrunde liegenden Rechnungslegungsstandards und der Ausübung bestehender Wahlrechte abhängt. Dies schränkt die Vergleichbarkeit von Unternehmen, aber auch für ein Unternehmen im Zeitablauf ein. Auch handelt es sich beim Kurs-Gewinn-Verhältnis um einen Eigenkapitalmultiplikator, weshalb es von der Finanzierungsstruktur des betrachteten Unternehmens abhängt – dies erschwert ebenfalls die Vergleichbarkeit. Ungeachtet dessen vergleichen Kapitalmarktanalysten vielfach die gegenwärtigen Kurs-Gewinn-Verhältnisse mit dem durchschnittlichen Kurs-Verhältnis der Vergangenheit oder generell im Zeitablauf, um daraus Schlüsse zu ziehen, inwieweit eine Aktie im Markt günstig oder teuer bewertet wird. Allerdings kann diese Methode nicht als gleichwertig zu den kapitalwertorientierten Verfahren zur Unternehmenswertbestimmung eingestuft werden; vielmehr dient sie ähnlich den Multiplikatorverfahren lediglich der Plausibilisierung errechneter Unternehmenswerte. Selbst gegenüber Equity-Multiplikatoren ist diese Ableitung über das Kurs-Gewinn-Verhältnis nicht vorteilhaft.
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b. Die Umsatzplanung muss als plausibel angesehen werden, die in der Detailplanungsphase für die A… AG Umsätze von € 48.000 Mio. in 2020, € 58.000 Mio. in 2021, € 63.050 Mio. in 2022, € 65.350 Mio. in 2023, € 69.150 Mio. in 2024 und € 72.000 Mio. in 2025 vorsieht. Diese Zahlen entstammen der Overlay-Planung vom 26.5.2020, die gegenüber der Planung PR69.SP vom 20.4.2020 für das Jahr 2021 noch um 3.700 Mio. höhere Umsätze, also € 61.700 Mio. und um € 900 Mio. höhere Umsätze, also € 63.950 Mio. für das Jahr 2022 vorgesehen hatte.
126
(1) Der Rückgang im ersten Planjahr von € 55.680 Mio. auf nur mehr € 48.000 Mio. muss unter Berücksichtigung des Kenntnisstandes zum Stichtag der Hauptversammlung als plausibel angesehen werden.
127
(a) Die Unsicherheiten über den weiteren Verlauf der Pandemie waren zum damaligen Zeitpunkt groß. Demgemäß würde die Wachstumsprognose des Internationalen Währungsfonds für verschiedene Regionen und die Welt, mithin auch für die wesentlichen Absatzmärkte der A… AG mehrfach korrigiert, wobei die Wachstumsprognose aus dem Monat Juni 2020 für die Welt, den Euroraum, China und die Vereinigten Staaten von Amerika überwiegend deutlich schlechter waren als noch im Januar und April 2020. Das Vorausschätzungsszenario 4+8 vom 20.4.2020 berücksichtigte die eingetretene Entwicklung der ersten vier Monate des Jahres 2020 und die erwartete Entwicklung des Geschäftsjahres 2020 in den verbleibenden acht Monaten. Auch das Vorausschätzungsszenario 6+6, das bereits sechs Monate der tatsächlichen Entwicklung abbildete, zeigte schlechtere Zahlen als die Vorausschätzung vom April 2020. In den ersten sechs Monaten erwirtschaftete die Gesellschaft Umsatzerlöse von € 20.478 Mio., was im Vergleich zum selben Zeitraum des Vorjahres einen um 29 % schlechteren Wert bedeutete. Die Auslieferungen an Kunden lagen um etwa 22 % unterhalb der Vorjahreswerte, obwohl es in China eine Aufholbewegung gab.
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Demgemäß bestanden zum Stichtag der Hauptversammlung rückläufige Erwartungen bezüglich der Auslieferung von Fahrzeugen an Kunden, der Umsatzerlöse wie auch der operativen Ergebnismarge. Eine ex post-Betrachtung ergab zwar im Vergleich zu den Planannahmen um 4,1 % höhere Umsätze des gesamten Konzerns. Angesichts der gravierenden Unsicherheiten der weiteren Ermittlung kann daraus jedoch kein Rückschluss auf die fehlende Plausibilität der Planung gezogen werden. Die Overlay-Planung vom Mai 2020 überzeichnet auch nicht die tatsächlichen Auswirkungen der Pandemie, auch wenn im Zeitpunkt der Hauptversammlung die schlimmsten Auswirkungen angesichts steigender Absatzzahlen in China und den USA schon überstanden schienen, weshalb angesichts starker Präsenz im wachstumsstarken Premium- und Super- Luxusmarkt sowie bei SUVs, weiterer wettbewerbsstarker Elektromodelle um den Marktführer e… ein Aufschließen zu den eigentlich geplanten Zielen nicht auszuschließen war. Für die Beurteilung der Plausibilität kann es aber ausschließlich auf den Kenntnisstand zum Stichtag der Hauptversammlung ankommen. Dabei flossen die realisierten Absatzzahlen in China mit der Aufholbewegung ab März 2020 in die Unternehmensbewertung ein; die starke Stellung der e…-Modelle konnte ebenfalls berücksichtigt werden, wobei dies auch für die Folgejahre gilt. Während im Jahr 2021 ein Absatz von 158.000 Modellen der e…-Reihe geplant war, soll diese Zahl über 244.000 Stück in 2022, 367.000 Stück in 2023, 525.000 Stück in 2024 auf 677.000 verkaufte Fahrzeuge im letzten Jahr von Phase I ansteigen. Es kommt also zu einer mehr als Vervierfachung der Absatzzahlen der A… e…-Modelle in einem Zeitraum von fünf Jahren.
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(b) Allerdings zeigt ein Vergleich mit den Ist-Werten des Jahres 2021, dass die Umsatzerlöse in Höhe von € 53.068 Mio. deutlich unter den Planannahmen von € 58.000 Mio. verblieben. Wenn die Gesellschaft eine Absatzentwicklung oberhalb der Prognose von I. M. plant, so bedeutet dies, dass ausgehend von der bestehenden Marktposition des Jahres 2019 ein Gewinn von Marktanteilen angestrebt wird, wobei ein wesentlicher Treiber der zunehmende Absatz von Fahrzeugen mit Elektromotor ebenso sein sollte wie der anhaltende Trend zum SUV.
130
(c) Diese Entwicklung legte auch die Overlay-Planung zugrunde. Die Abfindungsprüfer glichen die Overlay-Planung mit externen Branchenvorhersagen ab und gelangten dabei zu dem Ergebnis, die Planung der Gesellschaft könne keinesfalls als zu pessimistisch eingestuft werden. Für das Jahr 2021 ging die Planung davon aus, das Niveau des Jahres 2019 werde mit rund 1.848.000 abgesetzten Fahrzeugen der Marke A… im Jahr 2021 wieder erreicht werden. Ab dem Jahr 2023 werde es mit 2.112.000 abgesetzten Fahrzeugen keine pandemiebedingten Beeinträchtigungen mehr geben. Demgegenüber prognostizierte I. M. im Mai 2020 sowohl für die A… AG als auch für den Premiummarkt insgesamt, im Jahr 2022 werde das Niveau des Jahres 2019 noch nicht wieder erreicht werden. Analysten der B. C. Group vom Mai 2020 erwarteten nach den von Herrn Br… und Frau Fi… in ihrer Stellungnahme vermittelten Erkenntnisse für die Kernregionen China, USA und den Euroraum eine unmittelbare Erholung der Absatzzahlen nach dem Einbruch des Jahres 2020 auch nicht in den Folgejahren 2021 und 2022.
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(d) Der in der Overlay-Planung angenommenen Entwicklung des Fahrzeugabsatzes lässt sich keine Vernachlässigung von Aufholeffekten entnehmen. Dies zeigt insbesondere die Tatsache, dass ab dem Geschäftsjahr 2023 von keiner weiteren Beeinträchtigung mehr ausgegangen werde und auf die ursprünglichen Plandaten der PR69.SP abgestellt werde, die in dieser Form keine wirtschaftlichen Folgen der Pandemie berücksichtigte und folglich eine Anpassung der Overlay-Planung ab dem Jahr 2023 nicht erfolgen musste.
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(e) Nach Beauftragung durch den Vorstand schätzte der Vertrieb die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf das Absatzvolumen differenziert nach den Regionen Europa, Amerika, China sowie anderen Märkten auf der Grundlage der langfristigen Absatzplanung zusammen mit dem Cycle-Plan, die die Basis für die Ableitung der ursprünglichen TR69.SP darstellte. Auch wurden die bereits realisierten Absatzentwicklungen im laufenden Geschäftsjahr sowie die weiteren wirtschaftlichen Aussichten hinsichtlich des Verlaufs der Pandemie in den Jahren ab 2021 berücksichtigt. Der Vertrieb ließ dabei unter anderem kundenbezogene Erwartungen, Produktverfügbarkeiten ebenso einfließen wie mögliche Reaktionen von Wettbewerbern. Überlegungen zur Liquidität auf Konsumentenseite mussten aus der allein maßgeblichen Sicht zum Bewertungsstichtag nicht berücksichtigt werden. Die Abfindungsprüfer von B… T… wiesen in ihrer Stellungnahme überzeugend darauf hin, dass zum Bewertungsunsicherheit erhebliche wirtschaftliche Unsicherheiten auf Konsumentenebene in Bezug auf Arbeitsplatzsicherheit, Kurzarbeit oder sich gar gänzlich verschiebende Arbeitsmarktperspektiven in einzelnen Branchen bestanden haben. Daher wäre neben einer (kurzfristigen) Verschiebung der Kaufentscheidung eher von einem (bedingten) Ausfall der Nachfrage auf Konsumentenseite auszugehen gewesen, nicht aber von einem Nachholeffekt über die ursprünglich geplanten Zahlen hinaus. Dies wird auch belegt durch die Einschätzung von I. M. mit unter den im Januar 2020 angenommenen Werten. Ab dem Jahr 2023 wurden keine negativen Folgen der Pandemie mehr geplant. Der Vertrieb erwartete ein um etwa 121.000 Fahrzeuge niedrigeres Absatzvolumen im Planjahr 2021 gegenüber der ursprünglichen Planungsrunde PR69.SP, was einem Rückgang von 6,1 % entspricht. Im Planjahr 2022 nahm der Vertrieb ein um 25.000 Fahrzeuge oder 1,2 % niedrigeres Absatzvolumen im Vergleich zur ursprünglichen Planungsrunde PR69.SP an. Für China wurde dabei allerdings im Jahr 2021 nur ein geringfügiger Rückgang und für das Jahr 2022 gar kein Rückgang angenommen. Der für das Planjahr 2021 angenommene Absatzrückgang im Vergleich zu PR69.SP betraf überwiegend die fertig montierten Fahrzeuge, während die xKD-Modelle, die in erster Linie den chinesischen Markt betrafen, lediglich einen Rückgang von 3,6 % verzeichneten. Im Planjahr 2022 wurde für die xKD-Modelle konsistent zu den regionalen Vertriebserwartungen kein Rückgang mehr angenommen.
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(f) Aus den Abweichungen bei den tatsächlichen Absatz- und Umsatzzahlen in den Jahren 2020 und 2021 ergibt sich aber nicht die fehlende Plausibilität der Overlay-Planung. Aus Sicht des Bewertungsstichtages müssten in den beiden restlichen Quartalen des Jahres 2020 noch etwa 916.000 Fahrzeuge ausgeliefert werden, um die geplante Größenordnung von etwa 939.000 Fahrzeuge zu erreichen, was in etwa der Auslieferung des zweiten Halbjahres 2019 entsprach. Demgemäß ging bereits die Planung von einer deutlichen Erholung in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 2020 aus. Einen erheblichen Aufholeffekt enthielt die Planung auch bei den Umsatzerlösen, die sich auf € 27,5 Mrd. belaufen müssten, um den Planwert zu erreichen – dieser Wert lag in etwa 2 % oberhalb der Umsatzerlöse im selben Zeitraum des Vorjahres 2019. Die aktuellen Vorausschätzungen für das Jahr 2020 VS 5+7 und VS 6+6 wiesen nicht auf ein höheres Absatz- oder Umsatzniveau hin. Wenn sich dann aber im Jahr 2020 bessere Umsatz- und Absatzzahlen ergeben, es aber im Laufe des Jahres 2021 im Ist zu einem erheblichen Einbruch des Umsatzes und des Absatzes von Fahrzeugen kommt, belegt dies die Schwierigkeiten der Planung im Verlauf der Pandemie. Demgemäß wird auch auf eine deutliche Beeinträchtigung der prognostischen Verlässlichkeit der Planungsrechnung hingewiesen, weil die Dauer der negativen Effekte in Form von Nachfrageveränderungen, Lieferengpässen, Personalausfällen oder gar Werkschließungen nur schwer absetzbar waren; die Dauer hängt vor allem von der im Sommer 2020 kaum sicher vorherzusagenden Länge der Bedrohungslage durch das Sars-CoV-2-Virus und von der Geschwindigkeit der danach erwarteten Erholung ab (vgl. Thees/Grimmer BB 2020, 1259 f.; Lenckner/Müller in: Hölters, Handbuch Unternehmenskauf, 10. Aufl., Rdn. 3.294 und 3.296). Inwieweit es zu einer raschen Erholung kommen könnte, war im Sommer 2020 vollkommen ungewiss (ebenso OLG Frankfurt WM 2024, 520, 504). Damit verbunden ist eine signifikante Erhöhung der Planungsunsicherheit, weshalb nachträgliche günstige oder zumindest partiell günstigere Entwicklungen die Planung nicht infrage stellen können. Eine Beurteilung aus Sicht ex post ist nicht statthaft.
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(g) Im Gegensatz zur Marke A… nahm die Overlay-Planung für die Marken L… und D… keine pandemiebedingten Anpassungen vor. Gerade die Käuferschicht für Fahrzeuge der sehr hochpreisigen Marke L… wird eine Kaufentscheidung eher nicht von konjunkturellen Verwerfungen abhängig machen, wie sie sich durch die Pandemie ergeben haben. Daher waren hier weder Aufholnoch Nachholeffekte anzunehmen.
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(h) Die Abfindungsprüfer konnten diese Einschätzungen auch anhand der Informationen zum langfristigen Absatzplan verproben, die für die anstehende operative Planungsrunde PR69.OP vorgesehen waren und die sie einsehen konnten. Dieser Absatzplan sah für die Planjahre 2021 und 2022 sogar höhere Volumenrückgänge vor als im Rahmen der Overlay-Planung und damit auch für die Unternehmensbewertung angesetzt waren. Auch für den weiteren Zeitraum nach 2022 ging der langfristige Absatzplan LAP69.EP noch von einem rückläufigen Absatzvolumen aus, so dass die tatsächlich der Unternehmensbewertung und damit der Barabfindung zugrunde gelegten Zahlen für die Minderheitsaktionäre günstiger waren.
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(i) Aus den lediglich zur Plausibilisierung heranzuziehenden Zahlen des Jahres 2021 ergibt sich, dass es zwar in den ersten sechs Monaten zu einem im Vergleich zum Vorjahr 2020 deutlichen Anstieg der Auslieferung von Fahrzeugen der Marke A… kam, allerdings im zweiten Halbjahr eine deutlich negative Entwicklung mit rückläufigen Absatzzahlen zu verzeichnen war, die sich auch in einem Rückgang der absoluten Zahlen an ausgelieferten Fahrzeugen von Juli 2021 bis Oktober 2021 von 147.000 auf 98.000 zeigte; auch in jedem Monat waren Rückgänge im Vergleich zum selben Monat des Vorjahres zu verzeichnen. Die diese Entwicklung verursachenden Probleme der Zulieferindustrie wurden aber zumindest als potenzielles zusätzliches Risiko eingeschätzt, wie sich aus einer Kommentierung der Geschäftsentwicklung des ersten Halbjahres 2020 durch die Gesellschaft ergibt.
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(j) Mit der Prognose des ifo-Instituts vom 28.5.2020 über eine Normalisierung der wirtschaftlichen Verhältnisse bereits nach neun Monaten und einer Produktion von fast auf Vorkrisenniveau lässt sich die fehlende Plausibilität der Planung nicht begründen. Diese Prognose des ifo-Instituts ging von einem Rückgang von 6,6 % aus, während der Internationale Währungsfonds mit Daten vom April einen Rückgang von 7,0 % prognostizierte. Mit Bezug zur Automobilindustrie wies das ifo-Institut allerdings darauf hin, dass im Bereich „Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen“ der Zeitraum bis zur erwarteten Normalisierung im wahrscheinlichsten Fall bei zwölf Monaten, also bis Mitte 2021 betragen würde, sofern die Ausbreitung des Virus eingedämmt und eine zweite Infektionswelle vermieden werden könne. Auch wenn diese Annahme optimistischer erscheint, führt dies nicht zur fehlenden Plausibilität. Die Prognose des ifo-Instituts bezog sich nur auf Deutschland, während die Overlay-Planung die wirtschaftliche Entwicklung regional differenziert betrachtete. Für China erwarteten die Planverantwortlichen der A… AG eine schnellere Rückkehr auf einen Vor-Corona-Status als etwa in Europa oder Amerika. Auch hier kann nicht außer Acht bleiben, dass die branchenspezifiische Vorhersage von I. M. vom Mai 2020 deutlich schlechter ausfiel, soweit es um den Premiummarkt ging. Daher lag die maßgebliche Planung nicht einseitig schlechter als vorliegende volkswirtschaftliche oder branchenspezifische Vorhersagen. Abgesehen davon erwartete der Internationale Währungsfonds im Juni 2020 einen Rückgang der Wirtschaftsleistung in Deutschland um 7,8 % – also um 1,2 Prozentpunkte mehr als das ifo-Institut am 28.5.2020.
138
(k) Aus der Entwicklung der Aktienkurse kann kein Rückschluss gezogen werden, selbst wenn sich diese auch beim DAX nach dem absoluten Tiefstand vom März 2020 wieder erholt hatte. Gerade die Kurse der großen Automobilhersteller B… AG, Da… AG sowie der Antragsgegnerin lagen zum 31.7.2021 noch unterhalb der Stände von Ende Januar 2020, als die ersten Meldungen über die neuartige Erkrankung bereits aufgetaucht waren und die erste Infektion in Deutschland am 28.1.2020 offiziell bestätigt wurde. Angesichts des bestehenden Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages mit der Antragsgegnerin und der am 28.2.2020 erfolgten Ankündigung der Strukturmaßnahme lassen sich aus der Entwicklung des Aktienkurses der Gesellschaft keine Rückschlüsse auf die fehlerhafte Planung ziehen.
139
(2) Die Detailplanung vernachlässigt weder die starke Marktstellung der A… AG in China noch die Markterholung im chinesischen Markt im Verlauf des Jahres 2020. Zum Stichtag der Hauptversammlung wurde im Vergleich zu den Vorhersagen vom April 2020 – wie bereits oben dargestellt – das Wachstum nur mehr mit 8,2 % statt mit 9,2 % angenommen, weil die Auswirkungen der weltweiten COVID-19-Pandemie bei erheblichen Unsicherheiten hinsichtlich des weiteren Verlaufs nun mehr stärker eingeschätzt wurden. Die Gesellschaft erwartete in China ein durchschnittliches Wachstum des Absatzvolumens von 6,6 %, wobei hier keine negativen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf dem chinesischen Markt zugrunde gelegt waren. Die VS 4+8 beruhte für das laufende Geschäftsjahr 2020 auf den wieder anziehenden Absatzzahlen im chinesischen Markt, was in gleicher Weise auch für die beiden nachfolgenden Schätzungen VS 5+7 und VS 6+6 gilt, die die Abfindungsprüfer einsehen konnten. Die Overlay-Planung reduzierte im Jahr 2021 lediglich die im Wesentlichen für den chinesischen Markt produzierten „Lockdown-Fahrzeuge“ um 3,6 %, während für das Jahr 2022 bereits wieder von dem Vor-Corona-Niveau aus PR69.SP ausgegangen wurde. Demgegenüber ging die Prognose von I. M. für die A… AG von einem Rückgang der Absatzzahlen von etwa 3,7 % in China aus; auch in den Folgejahren sollten es nach dieser Prognose zu niedrigeren Absatzzahlen als vor der Pandemie kommen.
140
(3) Die Steigerungen der Umsatzerlöse von € 44.500 Mio. im Jahr 2021 auf € 52.400 Mio. im Jahr 2025 für die Marke A… sind nicht zu konservativ. Diese Entwicklung bedeutet namentlich keinen Widerspruch zur Entwicklung in der Vergangenheit, als von 2017 auf 2018 ein Rückgang der Umsatzerlöse der Marke A… von 8,5 % und im Folgejahr ein Anstieg um etwa 5,9 % zu verzeichnen war. Auch der Branchenvergleich belegt, dass die oberhalb der Prognose von I. M. für die Gesellschaft wie für den Premiummarkt erwartete Wachstumsrate nicht unplausibel sein kann. Auf länger zurückliegende Zeiträume, in der es auch höhere Wachstumsraten gegeben haben mag, kann nicht zurückgegriffen werden, weil Veränderungen in der Konzernstruktur des Bewertungsobjekts, veränderte wirtschaftliche und branchenbezogene Rahmenbedingungen samt diesbezüglichen Erwartungen sowie veränderte strategische Zielsetzungen zu einer zunehmend geringeren Aussagekraft vergangener Entwicklungen für die künftige Planung führen können. Ein undifferenzierter Übertrag von Vergangenheitswerten verbietet sich gerade vor dem Hintergrund des anstehenden und sich verstärkenden Transformationsprozesses hin zur Elektromobilität. Eine Umsatzsteigerung von mehr als 20 % gab es lediglich von 2010 auf 2011, aber nicht über einen längeren Zeitraum. Daher kann eine einfache Übertragung einer zum Stichtag nahezu zehn Jahre zurückliegenden Wachstumsrate als Plausibilisierungsmaßstab nicht sachgerecht sein. Vor allem aber zeigt sich an einem Wachstum von 2020 auf 2021 von € 48.000 Mio. auf € 58.000 Mio., mithin um 20,8 %, dass dies gerade die Aufholbewegung abbildet und die Gesellschaft in der Lage ist, Krisenzeiten zu überwinden.
141
(4) Die Annahme eines Preiswachstums von minus 0,1 % in der Detailplanungsphase kann ungeachtet einer im Juni 2020 erfolgten Preiserhöhung um durchschnittlich 1,2 % und die Ankündigung weiterer Preiserhöhungen ab dem 1.3.2021 nicht infrage gestellt werden, auch wenn das Bewertungsgutachten in Tz. 287 auf ein nicht geplantes Preiswachstum verweist. Diese Aussage bezieht sich jedoch auf das durchschnittliche Wachstum über alle Modelle und alle Regionen hinweg. Bei selbst hergestellten und montierten Fahrzeugen wird eine Preisentwicklung von durchschnittlich 1,6 % pro Jahr angenommen, während die „Knocked down-Fahrzeuge“ einen Preisrückgang von durchschnittlich jährlich 1,9 % verzeichneten. Die angesprochene Preiserhöhung von 1,2 % vom Juni 2020 bezog sich auf die Listenpreise der von der Preiserhöhung betroffenen Grundmodelle verschiedener Baureihen im deutschen Markt, wie Herr Br… und Frau Fi… unter Bezugnahme auf eine Medienveröffentlichung in ihrer Stellungnahme herausstellten. Daher kann aus einer regional begrenzten Preiserhöhung nicht auf die fehlende Plausibilität der Annahmen zur gesamten Preisentwicklung geschlossen werden. Abgesehen davon besteht auch kein Widerspruch, weil für Deutschland die rückläufige Preisentwicklung für Knocked down-Fahrzeuge ohne jede Bedeutung ist. Die konkrete Preisentwicklung wird bei der Gesellschaft differenziert nach Modellen und Märkten geplant; Preissteigerungen werden weiterhin in Abhängigkeit vom erwarteten regionalen Markt- und Wettbewerbsumfeld differenziert und oftmals auch mit Produktaufwertungen wie einem Face-Lift oder Nachfolgemodellen in Abhängigkeit vom Produktlebenszyklus verbunden. Die so beschriebene Planung der Preispolitik muss in Übereinstimmung mit der Einschätzung der Abfindungsprüfer als plausibel und nachvollziehbar angesehen werden.
142
Aus einer etwa acht Monate nach dem Bewertungsstichtag angekündigten Preiserhöhung lässt sich kein Rückschluss auf die fehlende Plausibilität der Preisansätze in der Planung zum Stichtag 31.7.2020 ziehen. Zudem verwiesen die Abfindungsprüfer auch darauf, dass die Preiserhöhung im Jahr 2021 wiederum nicht alle Fahrzeugklassen oder regionalen Märkte betraf, wie Presseveröffentlichungen zu entnehmen war. Aus der zumindest so nicht erwarteten Marktentwicklung mit Lieferverzögerungen auf Grund der Halbleiterknappheit konnten im Jahr 2021 aufgrund des dadurch entstandenen Nachfrageüberhangs höhere Preise durchgesetzt werden, was trotz sinkender Umsätze zu einem höheren operativen Ergebnis von € 5,5 Mrd. im Vergleich zum Planwert in Höhe von 4,21 Mrd. aus der Overlay-Planung führte, wobei dieser Umstand auch durch andere Sondereinflüsse beeinflusst war.
143
Die Preisentwicklung bei Ersatzteilen in der Vergangenheit seit dem Jahr 2013 lässt keinen zwingenden Rückschluss auf die fehlende Plausibilität der in die Zukunft gerichteten Planung zu. Abgesehen davon muss auch hier die Entwicklung hin zum Elektromotor gesehen werden, bei dem von einem geringeren Bedarf an Ersatzteilen ausgegangen wird.
144
(5) Die Planung spiegelt die auch von den Regierungen geförderte Entwicklung hin zur Elektromobilität hinreichend wider, so dass hieraus keine Zweifel an der Erholung in den wichtigsten Märkten in Europa, den USA und China auch angesichts des Erfolgs des e… im Segment Luxuselektrik SUV entnommen werden können. Im Zeitraum von 2019 bis 2025 sollen die Absatzzahlen im Durchschnitt um jährlich 4,1 %, die Umsätze um durchschnittlich 4,9 % pro Jahr ansteigen.
145
Wesentliche Treiber dieser über den Markteinschätzungen von I. M. liegenden Entwicklung ist dabei der Ausbau des geplanten Anteils von Elektrofahrzeugen in allen Absatzregionen, wobei auch die starke Marktstellung des A…-e… bekannt war, wie in der Stellungnahme vom 30.9.2022 ausgeführt wird. Hierzu sollen gerade auch die geplanten Modelle aus der Premium Platform Electric beitragen.
146
Andererseits muss ungeachtet der Planannahmen einer erfolgreichen Durchsetzung der Elektrofahrzeuge in Phase I gesehen werden, dass aus Sicht des Stichtags der Hauptversammlung am 31.7.2020 der Transformationsprozess auch im Jahr 2025 noch nicht abgeschlossen sein wird. Die erwartete Marktdurchdringung mit alternativen Antriebstechnologien zeigte im Jahr 2025 noch erheblichen weiteren Anpassungsbedarf in den Folgejahren. Der Prüfungsbericht weist darauf hin, dass Marktstudien einen Anstieg des Anteils der Neufahrzeuge ohne Verbrennungsmotor von lediglich 2,4 % in China, der Europäischen Union, Großbritannien und den USA bis zum Jahr 2030 auf etwa 26,8 % und im Premiummarkt einen Anstieg auf 38 % bei batteriegetriebenen Elektrofahrzeugen und auf etwa 8,2 % bei Plug-in-Hybridfahrzeugen erwarteten. Dabei muss insbesondere beachtet werden, dass aus Sicht des Bewertungsstichtages bei Elektrofahrzeugen ein Kostennachteil in der Produktion feststellbar war. Die Margen von Elektrofahrzeugen und solchen mit Verbrennungsmotor sollen sich allerdings angleichen, wobei die Margen von Verbrennungsmotoren angesichts zunehmender Umweltauflagen im Vergleich für Vergangenheit rückläufig sein sollen, wobei sich die Flottenemission ausgehend von Jahr 2021 bis zum Jahr 2025 um 15,0 % und bis zum Jahr 2030 um 37,5 % in der Europäischen Union reduzieren soll. Andere regional bedeutende Teilmärkte sehen ähnliche Verschärfungen der regulatorischen Vorgaben vor. Zur Zielerreichung sind ausschließlich Verbrennermotoren nicht geeignet; vielmehr wurde zum Stichtag der Hauptversammlung davon ausgegangen, dass dies neben der Kombination von Verbrennungs- und Elektroantrieben im Sinne einer Hybridlösung, synthetischen Treibstoffen, Brennstoffzellenfahrzeugen mit Wasserstoffantrieb insbesondere auch durch batteriegetriebene Elektrofahrzeuge erreicht werden kann, was zu einem verstärkten Absatz der Elektromodelle führen wird, wie er gerade auch in der Planung der Gesellschaft abgebildet ist.
147
Durch den Wandel hin zum Elektrofahrzeug war absehbar, dass nicht nur der Verbrennungsmotor selbst, sondern auch mit ihm in Verbindung stehende Komponenten wegfallen würden – hier sind vor allem die Abgasanlage und die Kraftstoffanlage, aber auch Veränderungen und Vereinfachungen am Antriebsstrang wie Kupplung und Getriebe zu nennen. Der Wegfall bzw. die Modifikation des Verbrennungsmotors und seiner Komponenten führt zu einem abnehmenden Wertschöpfungsanteil bei der A… AG gegenüber der Vergangenheit, nachdem der Verbrennungsmotor einen wesentlichen Wertschöpfungsanteil ausmachte. Neue Komponenten wie beispielsweise der Elektromotor, die Batterie oder die Leistungselektronik werden diese Veränderungen nicht auffangen. Dies resultiert aus der Überlegung, dass selbst bei einer Entwicklung und dem Bau der Elektromotoren in Eigenregie der Komplexitätsgrad und damit auch der zu erwartende Wertschöpfungsanteil deutlich unter dem von Verbrennungsmotoren liegt.
148
Dieser Umstand sich annähender Margen wird dadurch verstärkt, dass die regionalen Umweltauflagen in der Welt nicht harmonisiert waren, Bei einem Automobilhersteller mit Präsenz in den wesentlichen regionalen Märkten wird auch nach dem Jahr 2025 die parallele Entwicklung der genannten Antriebstechniken gefordert. Ebenso war bereits zum Bewertungsstichtag zu erwarten, dass durch die zunehmende Durchsetzung von Elektroantrieben die bisherigen Markteintrittsbarrieren für neue Wettbewerber sinken und sich die technologischen Herausforderungen von Verbrennungsmotoren für wettbewerbsfähige Fahrzeuge verschieben würden. Weiterhin war zum Stichtag bereits bekannt, dass neben der A… AG auch die Wettbewerber entsprechend ambitionierte Pläne im Hinblick auf deren Entwicklung im Transformationsprozess kommunizierten. Demzufolge kann nicht davon ausgegangen werden, die geplanten Marktanteilsgewinne seien gesichert. Ebenso ist Voraussetzung für die Umsetzung der Elektromobilität der entsprechende Ausbau der Infrastruktur in allen Absatzmärkten, nicht nur in Deutschland.
149
(6) Die Planung vernachlässigt nicht die Folgen der Investitionen in die E-Mobilität oder die intendierte Erhöhung der Preisbereitschaft von Kunden. In der Planungsrunde PR69.SP sind Investitionen in Sachanlagevermögen von € 19,9 Mrd. angesetzt, wovon 70 % auf Produktionsinvestitionen entfallen. Für Forschung und Entwicklung wurden jährlich zwischen € 3,3 Mrd. und € 3,7 Mrd. eingeplant. Die Kapazitätsinvestitionen sind in der Ausplanung auf die einzelnen Geschäftsjahre gerade auch durch die Elektrifizierung und entsprechende Produktionsanpassungen der deutschen Werke geprägt, worauf bereits im Bewertungsgutachten hingewiesen wurde. Da auch bei den Elektrofahrzeugen ein deutliches Wachstum angenommen wird, wirken sich die Investitionen in die Elektromobilität positiv auf die geplanten Umsatzzahlen aus. Damit aber werden auch Kundenerwartungen nicht negiert.
150
(7) Soweit es um die Planansätze für die Marke L… geht, können diese nicht als unplausibel eingestuft werden. Eine separate Planung für die Marke L… war nicht veranlasst, wie die Abfindungsprüfer im Rahmen ihrer Anhörung herausstellten. Die Bewertung erfolgte hier auf Konzernbasis entsprechend der üblichen Praxis für eine solche Konstellation. Da die L… S.p.A. zum betriebsnotwendigen Vermögen der A… AG gehört, konnte eine integrierte Konzernplanung erfolgen, die eine Abbildung der zwischen den beiden Unternehmen A… AG und L… S.p.A. bestehenden Beziehungen vermeidet. Dies zeigt sich beispielsweise an dem Hinweis von Herrn M3. von der Bewertungsgutachterin P… auf die Tatsache, dass in allen drei Modellen von L… auch Bauteile und Komponente der A… AG verbaut würden, weshalb es schwierig und folglich auch nicht sachgerecht sein können, L… dann herauszuschneiden. Wenn eine an sich zwar denkbare Zerlegung des Konzerns in seine Einzelteile mit einer dann separaten Bewertung auch von L… S.p.A. erfolgt wäre, hätte der Gesamtkonzern in seine Einzelteile zerlegt und diese dann bewertet werden müssen, was aber gerade nicht erfolgte. Angesichts der engen Verflechtung der beiden Unternehmen innerhalb des A…-Konzerns erachtet die Kammer eine Bewertung Sum of the Parts vorliegend als nicht sachgerecht.
151
(a) Die Planung von L… mit Umsatzerlösen von € 1.632 Mio. in 2020, € 1.607 Mio. in 2021, € 1.496 Mio. in 2022, € 1.491 Mio. in 2023, € 1.836 Mio. in 2024 und € 2.276 Mio. in 2025 muss nicht korrigiert werden. Dabei werden weder die Expansion in den USA, Großbritannien, Japan und Deutschland noch die positive Entwicklung in 2018 samt dem 2018 auf den Markt gebrachten Super SUV U… vernachlässigt. Ausgehend von dem im Jahr 2019 für die Vergangenheit erreichten Höchststand der Absatzzahlen erwartete L… mit Ausnahme der Region Asien Pazifik ohne China hohe Absatzzahlen im Jahr 2025. Daraus errechnete sich eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von 2019 bis 2025 von etwa 2,7 % in Europa und etwa 2,4 % für Amerika. Für China sah die Planung im Geschäftsjahr 2025 um 70 % höhere Absatzzahlen voraus. Die im Ablauf der Planung zunächst rückläufigen und darüber hinaus schwanken Absatzzahlungen werden im Wesentlichen durch Produktlebenszyklen der Modellreihen und die erwartete Entwicklung des Wettbewerbsumfelds geprägt. Für den Av… war ein Nachfolgemodell für das Jahr 2023 geplant, weshalb es nachvollziehbar ist, wenn die Absatzzahlen dieses Modells rückläufig geplant waren, weil dann viele potenzielle Käufer das Erscheinen des in aller Regel moderneren und verbesserten Nachfolgemodells abwarten. Ähnlich wurde auch die erfolgende Einführung des Nachfolgemodells zum Hu… im Zeitraum 2024/2025 berücksichtigt. Für diese beiden zum Stichtag noch am Markt befindlichen Modellreihen legte die Planung eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von 6,8 % zugrunde, während I. M. ein Wachstum von lediglich 0,4 % pro Jahr erwartete. Für den Super SUV U… erwartete I. M. eine negative durchschnittliche jährliche Wachstumsrate für den Zeitraum von 2019 bis 2025 von etwa minus 2,6 %, wobei auch hier L… mit lediglich minus 1,3 % von einem besseren Wert ausging. Diese rückläufige Entwicklung beruht darauf, dass der in der Detailplanungsphase erwartete Eintritt von F… und As… in das Marktsegment der Super SUV dazu führen werde, dass das in diesem Segment mit der Markteinführung des U… im Jahr 2018 bestehende Alleinstellungsmerkmal von L… verloren gehen würde. Aufgrund der für das Jahr 2021 erwarteten Einführung eines Super SUV durch F… als einem der Hauptwettbewerber im Luxussportwagenbereich konnte die Planung davon ausgehen, die zunächst erfolgte Annäherung von L… an F… werde keinen Bestand haben und der Abstand werde sich wieder zugunsten von F… vergrößern. Die drei Modellvarianten des Hu… wurden in der Planung dieser Modellreihe berücksichtigt.
152
(b) Von einer korrekturbedürftigen Schätzung des Umsatzvolumens des U… für das Jahr 2025 kann nicht ausgegangen werden. Die Markteinführung dieses Modells im Jahr 2018 begründete im darauffolgenden Jahr einen erheblichen Anstieg des Absatzvolumens auf insgesamt 8.205 Fahrzeuge von L… nach 3.815 Fahrzeugen im Jahr 2017 und 5.750 Fahrzeugen im Jahr 2018. Insgesamt ging die Planung für das Geschäftsjahr 2025 von einem Höchststand an jemals abgesetzten Fahrzeugen und damit auch des Umsatzes aus. Für das 2025 geht die Planung von einem Absatz von 4.510 Einheiten des U… aus; nach einer Annahme von 4.421 verkauften Einheiten des U… im Geschäftsjahr 2021 zeigt dies eine vergleichsweise konstante Entwicklung. Insgesamt spiegelt sich in den geplanten Umsatzerlösen ein deutlicher Zyklus wider, der sich allerding auf für L… hohen Umsatzniveau bewegt.
153
(c) Ein Vergleich mit den Marktprognosen von I. M. zeigt allerdings wiederum, dass auch für die Marke L… die Planung von besseren Absatzzahlen ausgeht, nachdem die Prognosen von I. M. ein Erreichen des Absatzvolumens des Jahres 2019 erst im Jahr 2028 annahmen.
154
(d) In die Planung eingeflossen sind auch die Umsätze aus dem After Sales-Geschäft mit Ersatzteilen und Originalzubehör, aus dem Motorsport und dem Merchandising. Darin enthalten sind nach der Stellungnahme der Abfindungsprüfer Erlöse aus Markenlizenzen. Markenreche für fahrzeugfremde Produkte lagen weder bei der L… S.p.A. noch bei der A… AG. Am Gesamterlös machen die Umsätze aus dem Fahrzeugverkauf mit 90 % den weitaus größten Anteil im Vergleich zu den sonstigen Erlösen aus.
155
(e) Das Coupé Si… FKP37 als erstes Hybridmodell der Marke L… mit Straßenzulassung bei einer limitierten Auflage von 63 Fahrzeugen war in der Planung auf die Planjahre 2020 bis 2022 verteilt und ist also vollumfänglich in ihr abgebildet. Die Umsatzplanung zeigt, dass limitierte Sonderserien aufgrund ihrer begrenzten Stückzahl zwar nicht wesentlich zu den Absatzzahlen beitragen, jedoch den Durchschnittspreis und damit auch die Marge positiv beeinflussen. Neben einem Anstieg der Umsatzerlöse um durchschnittlich 4,5 % pro Jahr von 2019 bis 2025 ergibt sich aus der Planung ein Anstieg der operativen Marge von rund 17,9 % im Geschäftsjahr 2019 auf etwa 22 % im letzten Planjahr 2025. Dabei unterstellte die Planung, dass die Plug-in-Hybridmodelle als (teil-)elektrifizierte Supersportwägen am Markt bei den Kunden auf entsprechende Akzeptanz stoßen würden. Die in der Planung abgebildete Entwicklung stellt sich nach den Angaben von Herrn Br… im Termin vom 27.4.2023 als die Beste in der jüngeren Vergangenheit von L… S.p.A. dar. Aus den zum Stichtag vorliegenden und allein maßgeblichen Erkenntnissen zur Vergangenheit, zu Produktlebenszyklen und Marktvorhersagen kann nicht von einer verhaltenen oder gar zu pessimistischen Planung gesprochen werden.
156
(f) Auch wenn die tatsächliche Entwicklung im Geschäftsjahr 2021 mit Umsatzerlösen von € 1.948 Mio. um € 341 Mio. oder 21,2 % über den Planansätzen lag, kann damit nicht die fehlende Plausibilität der Planung begründet werden. Die realisierten Ist-Zahlen lassen sich allenfalls zur Plausibilisierung heranziehen. Die erhebliche Abweichung hat ihre Ursache in den massiven Unsicherheiten aufgrund der zum Bewertungsstichtag nicht sicher vorhersehbaren Folgen der COVID-19-Pandemie. Zudem verwiesen die Abfindungsprüfer in ihrer Stellungnahme auf die im Jahr 2021 aufgetretene Halbleiterknappheit, die weder bei der A… AG noch bei der L… S.p.A. so vorhersehbar waren. Als Folge dieser unerwartet veränderten Rahmenbedingungen kam es im gesamten A…-Konzern zu einer Fokussierung im Wesentlichen auf die besonderen margenträchtigen Produkte. Ebenso wenig vermag angesichts einer Zeitspanne von mehr als drei Jahren seit dem Stichtag der Hauptversammlung das Ergebnis des Geschäftsjahres 2023 die Plausibilität der Planung in Frage zu stellen. Ein solcher Rückschluss würde sich als unzulässige ex post-Betrachtung darstellen. Inwieweit sich eine Planung im Nachhinein, als nach dem Bewertungsstichtag, tatsächlich realisiert hat, ist wegen des Stichtagsprinzips und der mit jeder in die Zukunft gerichteten Vorhersage verbundenen Unsicherheiten nicht entscheiden (vgl. OLG Stuttgart AG 2013, 724, 727; OLG München NZG 2022, 606, 617; Hasselbach DB 2023, 814, 818 f.).
157
(g) Bei der Prüfung ergaben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, es seien im Bereich der Materialien Synergien mit Bu… als Tochter der Antragsgegnerin unberücksichtigt geblieben. Bei den Gesprächen mit dem Management der L… S.p.A. wurden keine Synergien im Beschaffungsbereich mit Bu… erläutert. Als 100 %ige Tochtergesellschaft der Antragsgegnerin gehörte Bu… nicht zum A…-Konzern. Angesichts eines Volumens von 82 ausgelieferten Fahrzeugen der Marke Bu… im Jahr 2019 im Vergleich zu 8.205 im selben Jahr abgesetzten Fahrzeugen von L… vermag die Kammer in Übereinstimmung mit den Abfindungsprüfern von B… T… nicht zu erkennen, inwieweit es angesichts der extrem geringen Stückzahlen bei Bu… zu entsprechenden Synergien zugunsten von L… kommen könne. Aus einem im Handelsblatt vom 18.5.2021 erschienenen Interview mit dem Markenchef von L… und Bu… ergibt sich nichts anderes. In diesem etwa 9 ½ Monate nach dem Bewertungsstichtag erschienenen Interview verwies Herr W1. gerade darauf, dass Schnittmengen mit den neuen Modellen dieser beiden Marke noch nicht geplant seien, im Bereich der Materialien Synergien aber möglich seien. Eine hinreichende Konkretisierung kann dem aber nicht einmal im Mai 2021 entnommen werden. Dann muss dies aber erst recht für den Stichtag der Hauptversammlung gelten.
158
(h) Überlegungen innerhalb des Konzerns der Antragsgegnerin zu einem Börsengang von L… S.p.A. können für die Bewertung keine Rolle spielen, weil die Voraussetzungen für deren Berücksichtigung nicht bejaht werden können. Eine Berücksichtigung künftiger Entwicklungen setzt nämlich voraus, dass sie zum maßgeblichen Stichtag – hier also dem Tag der Hauptversammlung am 31.7.2020 – ihre Wurzeln in konkreten Tatsachen finden, also zu den am Stichtag herrschenden Verhältnissen bereits angelegt waren (vgl. nur BGHZ 138, 136, 140; 140, 35, 38 = NZG 1999, 70, 71; BGH NZG 2016, 139, 143 = AG 2016, 135, 141 = ZIP 2016, 110, 115 = WM 2016, 157, 162 = BB 2016, 304, 305 = DB 2016, 160, 165 = NJW-RR 2016, 231, 236 = DStR 2016, 424, 427 = MDR 2016, 337, 338; OLG München AG 2015, 508, 511 = ZIP 2015, 1166, 1169; AG 2020, 440, 442 = WM 2020, 1028, 1032; OLG Frankfurt AG 2016, 551, 553; OLG Düsseldorf WM 2009, 2220, 2224; OLG Stuttgart NZG 2007, 478, 479; AG 2008, 510, 514; LG München I, Beschluss vom 6.3.2015, Az. 5 HK O 662/13; Beschluss vom 29.8.2018, Az. 5 HK O 16585715; Beschluss vom 28.3.2019, Az. 5 HK O 3374/18; Beschluss vom 29.11.2023, Az. 5 HK O 5321/129; Gayk in: Kölner Kommentar zum AktG, 4. Aufl., Anh. § 11 SpruchG Rdn. 11; Peemöller/Kunowski in: Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, a.a.O., S. 365; Riegger/Wasmann in: Festschrift für Goette, 2011, S. 433, 435). Herr Br… erläuterte hierzu, aus Gesprächen mit der Antragsgegnerin hätten sich keine Hinweise auf einen Börsengang von L… S.p.A. ergeben. Dann aber konnten Überlegungen zu einem solchen Vorgehen in die Planung nicht einfließen.
159
(8) Die Bewertung übersieht nicht das Umsatzpotenzial aus Vehicle-to-Home-Lösungen, weil hier wesentliches Potenzial im Sinne der Wurzeltheorie nicht zu erkennen ist. Zwar gibt es Forschungsaktivitäten der A… AG mit der X… Group, die erreichen sollen, durch die Einbindung von Elektrofahrzeugen in das häusliche Stromnetz Stromkosten zu senken, die Netzstabilität zu erhöhen und gleichzeitig das Klima zu schonen. Zum Bewertungsstichtag war die Gesellschaft aber weder in der Herstellung von Batterien noch in der Lieferung von Strom tätig. Zudem verwies eine Pressemitteilung der Gesellschaft vom 23.7.2020 über diese Zusammenarbeit auf Forschungsaktivitäten und spricht von einer dergestalt verfolgten Vision, so dass nicht mit hinreichender Sicherheit von einem Umsatzpotenzial ausgegangen werden kann, das bereits hinreichend absehbar wäre.
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(9) Die Planung enthält im Rahmen des Segments „Sonstiges Automobilgeschäft“ auch die Abbildung der Digital Services-Bereiche, denen vor allem das Geschäftsmodell connected car mit dem Geschäftsmodell „A… Connect“ angehört, mit dem den Kunden unter anderem Verkehrsinformationen angeboten werden und in dem bei den „function on demand“-Dienstleistungen weiteres Potenzial gesehen wird, indem zusätzliche Fahrzeugfunktionen nach dem Kauf freigeschaltet werden. Mit diesem Anteil sollen im Geschäftsjahr etwa 25 % der Umsätze im Segment „Neue Geschäftsfelder“ generiert werden. Daneben gehören zu diesem Bereich connected data, conneccted retail und connected mobility. Sofern an weiteren Bereichen gearbeitet wird, fehlt diesen aber nach Auskunft von Herrn Br… die Realisierungswahrscheinlichkeit in einem Umfang, der die Abbildung in der Planung zuließe.
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(10) Bei der Durchführung der externen materiellen Plausibilität der Planannahmen der A… AG konnte auf die Annahmen von I. M. zurückgegriffen werden. Die Analyse der Prüfer spiegelt dabei die von der A… AG geplanten Daten und zugrundeliegenden Prämissen gegen von dritter Seite bereitgestellten Marktprognosen, wobei die Prüfer die Annahmen von I. M., einen unabhängigen Anbieter marktbezogener Daten verschiedener Branchen einschließlich der Automobilindustrie heranzogen. Die hier verwendeten Prognosen dieses Instituts beziehen sich dabei insbesondere auch auf das Premiumsegment, die wesentlichen Absatzregionen und das Bewertungsobjekt selbst, wobei sie auch zwischen Antriebstechniken – mithin vor allem Verbrennungsmotoren und elektrifizierten Antrieben – differenzieren. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass externe Dritte keinen Zugang zu unternehmensinternen Daten haben, solange diese nicht veröffentlicht werden, wobei dies für die Daten aller Automobilproduzenten gilt. Allerdings kann hieraus nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, eine darauf aufbauende Analyse der externen Plausibilität wäre nicht sachgerecht. Der Sinn dieser Vorgehensweise liegt gerade darin, die geplanten unternehmensinternen Daten gegen externe Drittdaten zu spiegeln, die auf anderen Informationsquellen aufsetzen und gegebenenfalls auch mit anderen Prämissen hinterlegt sind.
162
c. Da die Aufwandsplanung zur Überzeugung des Gerichts als plausibel bezeichnet werden muss, sind hier keine Korrekturen veranlasst.
163
(1) Im Rahmen der Overlay-Planung kam es zu keiner Anpassung der Fixkosten in den Planjahren 2021 und 2022. Da die Gesellschaft innerhalb eines überschaubaren Zeitraums die Rückkehr auf den normalen Wachstumspfad der ursprünglichen Planung PR69.SP annahm und somit von keinen dauerhaft negativen Beeinträchtigungen durch die Pandemie ausging, wäre ein langwieriger und längerfristiger Fixkostenabbau nicht sachgerecht gewesen.
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(2) Die Entwicklung der Personalkosten berücksichtigt angemessen die Folgen der im Zusammenhang mit der Bündelung der Softwareentwicklung bei der Ca…-Organisation erfolgten Veräußerung der A… E… V… GmbH. Die Aufwendungen für Forschung & Entwicklung, die im Wesentlichen aus Personalkosten bestehen, wurden im Vergleich zur Vorjahresplanungsrunde um € 600 Mio. reduziert. Demgemäß liegen diese Kosten in Phase I zwischen € 3.451 Mio. und € 3.650 Mio., wobei die Quote dieser Kosten in Relation zu den Umsatzerlösen von rund 7,9 % im Geschäftsjahr 2019 auf nur mehr 4,9 % im letzten Planjahr sinken soll, womit sie leicht unterhalb des strategischen Zielkorridors von 5 % bis 6 % der Umsatzerlöse liegt. Dieser deutliche Rückgang im Vergleich zum letzten Ist-Jahr belegt die Anpassung der Planung an den Transfer der Software-Entwicklung auf die Ca…-Organisation im Konzern der Antragsgegnerin. Korrespondierend hierzu wurde dann die nach erfolgter Entwicklung gegen Lizenzgebühren zu erwartende Software für die einzelnen Fahrzeuge zunehmend eingepreist. Dabei erwartete die A… AG eine Verrechnung im Konzern der Antragsgegnerin zu Konditionen, die einem Drittvergleich standhalten; die entsprechenden Lizenzaufwendungen werden in den Herstellungskosten der Modelle berücksichtigt, wobei perspektivisch von einem steigenden Anteil der Software an der gesamten Wertschöpfung eines Fahrzeugs ausgegangen wurde. Die Kosten für die Entwicklung der zugehörigen Hardware-Komponenten blieben indes bei der A… AG. Die Gesellschaft muss die Entwicklungskosten, die aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung im A…-Konzern ausgelagert wurden, at arm's length an die Antragsgegnerin bezahlen, wobei diese Kosten in der Planungsrechnung aufscheinen. Dabei trägt die Gesellschaft das Risiko, wenn diese Dienstleistung nicht erbracht wird, wie Herr M3. im Rahmen des Termins vom 27.4.2023 erläuterte. Er verwies auf die von Zulieferern eingeforderte Profitmarge und die Abwälzung des unternehmerischen Risikos durch den Zulieferer.
165
(3) Die Aufwandsplanung verkennt nicht die Kostensenkungspotenziale aus der 100 %-igen Vernetzung der neu zugelassenen Fahrzeuge bis 2025 und aus dem Entstehen beträchtlicher Skaleneffekte bei einheitlichen Software-Umfängen im Konzern mit der Folge einer Kostenreduktion für die Software pro Fahrzeug. Zwar können aus der Vernetzung durchaus Kostenvorteile entstehen, weil beispielsweise Software nicht mehr bis zur letzten Entwicklungsstufe vorinstalliert werden muss, sondern kontinuierlich aufgespielt werden kann. Diesen Kostensenkungspotenzialen stehen neben Entwicklungskosten indes zusätzliche laufende Aufwendungen für die Gewährleistung des Zugriffsschutzes gegenüber, die bei nicht vernetzten Fahrzeugen bisher keine Bedeutung hatten. Somit resultieren aus der Vernetzung durchaus gegenläufige Effekte. Dabei kann der Zugriffsschutz nicht verhindern, dass es zu sinkenden Margen kommen wird. Die negativen Ergebnisauswirkungen sowohl der zunehmenden Vernetzung wie auch der einheitlichen Softwareentwicklung mussten unterschiedliche Aspekte berücksichtigen, was in der Detailplanungsphase sachgerecht geschah. Neben den schon angesprochenen niedrigeren Personalaufwendungen für Forschung & Entwicklung könnten Skaleneffekte bei Weitergabe an die übrigen Gesellschaften im Konzern der Antragsgegnerin und damit auch an die A… AG unter Abzug etwaiger Gewinnmargen bei der Ca…-Organisation selbst weitergegeben werden, was zu potenziell niedrigeren Lizenzkosten und damit niedrigeren Herstellungskosten bei der A… AG führen würde. Andererseits ergibt sich durch diese strategische Grundsatzentscheidung eine Verschiebung der Wertschöpfung zu Lasten der A… AG mit der Folge einer Margenreduktion. Angesichts der in der Zukunft weiter steigenden Bedeutung der Software und damit einem weiter steigenden Anteil der Kosten für Software in Relation zu den gesamten Fahrzeugkosten wird der ausgelagerte Wertschöpfungsanteil weiter zunehmen. Dieser Trend zur zunehmenden Bedeutung der Software trifft die gesamte Branche, auch wenn dieser gerade mit Blick auf das autonome Fahren im Jahr 2025 noch nicht abgeschlossen sein wird. Derartige Entwicklungslinien des Transformationsprozesses werden alle Automobilhersteller verfolgen und Softwarelösungen für vernetzte Fahrzeuge, autonomes Fahren und weitere digitale Leistungen in der Mobilität entwickeln, wie die Abfindungsprüfer von B… T… in ihrer Stellungnahme vom 30.9.2022 aufgrund von Informationen der Wettbewerber Da… AG und B… AG festgestellt haben. Der zunehmende Softwareanteil und die zunehmende Leistungsfähigkeit waren somit weniger Alleinstellungsmerkmal und Instrument der Margenoptimierung als Voraussetzung für ein weiteres Bestehen im Wettbewerb und zur Begründung des in der Planung vorgesehenen Wachstumspfades in Bezug auf den Absatz.
166
Die Planung bildet diese gegenläufigen Effekte auch ab, indem einerseits die Aufwendungen für Forschung & Entwicklung reduziert werden und bis zum Jahr 2025 die Umsatzerlöse aus neuen Geschäftsmodellen von rund € 150 Mio. im Geschäftsjahr 2019 auf etwa € 520 Mio. am Ende von Phase I ansteigen sollen, was ein Wachstum mit dem Faktor von knapp 3,5 entspricht. Aufgrund des Zeitverzuges zwischen Forschung & Entwicklung einerseits und späterer Lizenzierung in Form der Nutzung im Fahrzeug andererseits auch über das Ende der Detailplanungsphase hinaus ist mit weiteren, dauerhaften Verschiebungen in den Kostenstrukturen und der Wertschöpfung zu rechnen. Da die Gesellschaft in Phase I stärker als der Markt wachsen soll, war es plausibel anzunehmen, dass die Vernetzung und Softwareentwicklung im geplanten Ausmaß eingesetzt würde.
167
(3) Der Ansatz einer weiteren Rückstellung „Zusätzliches Risiko Diesel“ in Höhe von € 180 Mio. kann nicht beanstandet werden. Zu Beginn des Jahres 2020 erhielt die Gesellschaft vermehrt Einzelklagen von Kunden im Zusammenhang mit manipulierten Abgaswerten bei Dieselmotoren in Fahrzeugen der Marke A… zugestellt. Zwar erfüllten diese noch nicht die für eine Erfassung im Konzernabschluss nach IAS 37 geforderten Voraussetzungen für die Bildung von Rückstellungen. Allerdings müssen im Rahmen der Unternehmensbewertung Erwartungswerte auf der Basis der zum Stichtag der Hauptversammlung vom 31.7.2020 vorhandenen Informationen abgebildet werden. Zu diesem Zeitpunkt musste von einer zusätzlichen wirtschaftlichen Belastung ausgegangen werden. Für das Jahr 2020 nahmen die Bewertungsgutachten von P… demgemäß in Abstimmung mit den Verantwortlichen der Gesellschaft eine Abschätzung der zusätzlichen finanziellen Belastungen vor, wobei auf dieser Grundlage ein Aufwand von € 180 Mio. angenommen wurde. Diese Schätzung berücksichtigte Rechtsanwaltskosten ebenso wie die den Kunden voraussichtlich zu gewährenden Kompensationsleistungen. Aus den aktualisierten Vorschauen VS 5+7 und VS 6+6 ergab sich im Vergleich zu VS 4+8 ein deutlich schlechteres operatives Ergebnis, weil nunmehr auch zusätzliche erwartete Aufwendungen für diese Einzelklagen erfasst wurden. Der allenfalls zur Plausibilisierung heranzuziehende Geschäftsbericht für das Jahr 2020 zeigt mit den Aufwendungen in Höhe von € 170 Mio. für diesen Problemkreis die Angemessenheit des in der Planung gewählten Ansatzes.
168
Das Verfahren vor dem Bundesgericht in Texas wurde in der Planung zutreffenderweise nicht berücksichtigt. Zum 31.12.2019 war im Jahresabschluss nämlich bereits eine entsprechende Rückstellung hierfür gebildet worden.
169
d. Die Ergebnisbeiträge der F…-V… und der S…-V… sind im Beteiligungsergebnis abgebildet, wobei für die PR69.SP das Beteiligungsergebnis aus der vorangegangenen Planungsrunde übernommen wurde, weil es für die aktuelle Planungsrunde lediglich in Bezug auf Umsatz und Absatz vorlag. Dieses Vorgehen stellte sich für die Minderheitsaktionäre als nicht nachteilig dar, weil die Umsatz- und Absatzzahlen unterhalb derer für die PR68.OP lagen und damit in der aktuellen Planungsrunde eigentlich mit einem schlechteren Ergebnis zu rechnen war.
170
e. Bei den angesetzten Margen müssen keine Korrekturen vorgenommen werden.
171
(1) Dem Rückgang der EBIT-Marge von 8,1 % im Jahr 2019 auf 3,3 % im Jahr 2020 fehlt nicht die Plausibilität, auch wenn umfangreiche Kostensenkungsprogramme schon lange vor dem Stichtag eingeleitet worden waren und diese schon im Jahr 2020 zu Einsparungen führen. An dem A… Transformationsplan aus dem Jahr 2018 und dem Programm A…. Zukunft aus dem Jahr 2019 sollte auch im Planjahr 2020 festgehalten werden. Der A… Transformationsplan umfasste zunächst ein kumuliertes Volumen in Höhe von rund € 10 Mrd. und wurde im Jahr 2018 auf ein perspektivisches Ergebnispotenzial von rund € 15 Mrd. aufgestockt, das bis zum Jahr 2022 realisiert werden sollte. Durch die COVID-19-Pandemie im Jahr 2020 ließ sich dieses Potenzial erst zeitlich verzögert verwirklichen; in den Geschäftsjahren 2018 und 2019 wurde zusammen ein Potenzial von etwa 4,4 Mrd. auf der Erlös- und Kostenseite eingespielt. Demgemäß erhöhte sich die operative Marge im Jahr 2019 neben geringeren Belastungen im Zusammenhang mit der Manipulation der Abgaswerte sowie durch Veränderungen im Modellmix bei den Marken A… und L… auch aufgrund des A… Transformationsplanes. Das Programm A…. Zukunft umfasst den Abbau von etwa 9.500 Stellen bis Ende 2025, die Einführung eines neuen Vorruhestandsmodells sowie eine Beschäftigungssicherung bis 2029 und soll Ergebniseffekte bis 2029 von kumuliert etwa € 9 Mrd. generieren. Lediglich Verzögerungen bei der Umsetzung wurden in zeitlicher Hinsicht durch die COVID-19-Pandemie antizipiert. Die Planung legte sowohl in den Jahren 2020 als auch in den Folgejahren die Fortsetzung dieser beiden Programme als wesentliche Planungsprämisse für die in PR69.SP geplanten Ergebnismargen zugrunde.
172
(2) Aus der weiteren Entwicklung der operativen Marge und den Angaben in einer Investorenkonferenz vom 7.12.2020 wie auch in dem Geschäftsbericht 2018 über die Planung mit einer operativen Marge zwischen 9 % und 11 % auch im Jahr 2025 kann nicht auf eine mangelnde Plausibilität der Planung geschlossen werden, die der Unternehmensbewertung zugrunde liegt. Die Aussagen im Geschäftsbericht 2018 beruhen auf veralteten Planungsrunden, die für die Unternehmensbewertung nicht mehr maßgeblich waren, weil sie nicht die aktuellen Zahlen widerspiegeln, wie sie der Planung PR69.SP mit den Modifikationen durch die Overlay-Planung für die Planjahre 2021 und 2022 zugrunde lagen. Zum Bewertungsstichtag hatte die Gesellschaft einen langfristigen strategischen Zielkorridor zwischen 9 % und 11 % bis zum Jahr 2025 kommuniziert, wie dies beispielsweise dem A…-Finanzbericht 2019 zu entnehmen ist. Für das Planjahr 2022 setzte die Planung eine operative Ergebnismarge von 9,1 % an, die innerhalb des genannten Korridors liegt. Die Tatsache, dass die operative Ergebnismarge im Planjahr 2024 mit 8,8 % und im Planjahr 2025 mit 7,9 % leicht unterhalb des Zielkorridors liegt, führt nicht zur Fehlerhaftigkeit der Planung. Dieser Rückgang beruht vor allem auf Änderungen im Produktmix und dem zunehmenden Anteil von elektrifizierten Fahrzeugen mit zum Teil niedrigeren Margen, was sich als unmittelbare Folge des Transformationsprozesses darstellt. Die Annahme eines Absinkens der Ergebnisse ist nicht deshalb fehlerhaft, weil die Wettbewerber mit den zum Absinken der Marge führenden Folgen des Transformationsprozesses gleichfalls zu kämpfen haben, aber nicht von den Vorteilen des Konzernverbunds mit der Antragsgegnerin profitieren würden. Der Konzernverbund mit der Antragsgegnerin besteht bereits seit längerer Zeit, ohne dass die Gesellschaft im Vergleich zu Wettbewerbern wie der B… AG permanent höhere Ergebnisse erzielen würde. Das Absinken der Marge wird für die gesamte Branche prognostiziert und stellt sich folglich nicht als unplausible Annahme in der Planung der A… AG dar.
173
(a) Die Angabe eines Korridors von 9 % bis 11 % bedeutet das Nennen von Zielwerten, stellt jedoch keine Erwartungswerte der künftigen finanziellen Überschüsse dar, wie sie in der Planung abgebildet werden müssen. Bei dem Erwartungswert handelt es sich um die mit den Eintrittswahrscheinlichkeiten gewichteten möglichen Ausprägungen der künftigen finanziellen Überschüsse, also um den Wert, dessen Realisation im Durchschnitt erwartet wird. Das ökonomisch begründete Äquivalenzprinzip zwingt auch deshalb zum Ansatz von Erwartungswerten, weil der Kapitalisierungszinssatz der erwarteten Rendite der Anlagealternative entspricht und demzufolge ausschließlich dem Erwartungswert des finanziellen Überschusses des Bewertungsobjekts gegenüberzustellen ist (vgl. Ruiz de Vargas in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, a.a.O., Anh § 305 Rdn. 26 a); auch die Vergangenheitsanalyse der Jahre 25017 bis 2018 erhellt, dass diese Zielbandbreite in diesen Jahren verfehlt wurde. Herr Br… verwies im Verlauf der mündlichen Verhandlung darauf, dass derartige Zielangaben regelmäßig verfehlt würden und sie auch in weiter zurückliegenden Jahren nur „ab und zu“ erreicht worden seien, was aber den Zielcharakter nicht infrage stelle. Die Planungsrechnung selbst dient der Steuerung des Unternehmens und ist häufig mit ihrem Steuerungscharakter im Konzernverbund eher ambitioniert, weil anderenfalls der Steuerungs- und Anreizcharakter fehlen würde.
174
(b) Ein Widerspruch in der Planung kann auch nicht in der Annahme zur Annäherung der Margen von Elektro- und Verbrennungsmotoren gesehen werden. Dieser Ausgleich ist in der Planungsrechnung durch den sukzessiven Zuwachs des Anteils an Fahrzeugen mit Elektroantrieb abgebildet. Auch ist nicht zu verkennen, dass bei der A… AG auch in der Vergangenheit Margenerosionen auftraten. Die vom Vorstand angegebene Zielmarge soll dann gegen den Margenverfall anarbeiten, wie Herr Br… erläuterte. Daher spricht das eine nicht gegen das andere.
175
Den Abfindungsprüfern lag eine Planungsrechnung vor, die nach Modelltypen, Ländern sowie Antriebsvarianten differenzierte. Sie erhielten entsprechend den Erläuterungen von Herrn Br… bei der Anhörung der Abfindungsprüfer Einblick in die Margenentwicklung, wie sie in der Ausgangsplanung auch bezüglich einzelner Modelle dargestellt war. Bei der Preisentwicklung der Modelle war im Zeitablauf eine Erosion der Preise – der Verkaufs-, nicht der Listenpreise – festzustellen. Gegenläufig wurden die Faktorkosten wie Personalaufwand, Rohstoff- und Energiekosten steigend geplant. Bei der Entwicklung der Personalkosten wurde mit einer geringeren Rate als in der Vergangenheit, aber dennoch steigend geplant. Demgemäß war in der sehr differenzierten Planung die Margenerosion nachvollziehbar abgebildet.
176
(c) Die neuen Geschäftsfelder flossen gleichfalls in die Margenentwicklung ein. Sie betreffen nämlich nicht nur die E-Mobilität, sondern auch die Verbrenner. Bis 2025 sollen alle Modelle vernetzt sein unter Einschluss der Modelle mit einem Verbrennungsmotor als Antrieb. Demgemäß wurden sie gesondert geplant und nicht der Marge der E-Mobilität zugewiesen.
177
(d) Hinsichtlich der weiteren Entwicklung der Margen muss zudem berücksichtigt werden, dass Be… zum 1.1.2022 erstmals bei der A… AG voll konsolidiert wurde und dieses Unternehmen eine operative EBIT-Marge von 20 % erzielte. Dies führt naturgemäß ab dem Geschäftsjahr 2022 zu einer höheren EBIT-Marge auch bei der A… AG, wobei dieser Umstand in der Planung nicht mehr berücksichtigt werden durfte, weil dies zum Stichtag der Hauptversammlung zum 31.7.2020 nicht absehbar war. Anhaltspunkte hierfür sind dem Vortrag der Beteiligten nicht zu entnehmen und auch sonst nicht ersichtlich.
178
(3) Ein Vergleich zwischen den E.-M. der A… AG aus der Planung mit denen der Wettbewerber macht deutlich, dass die Planannahmen nicht zu pessimistisch waren. In den drei Jahren der Vergangenheitsanalyse lag die EBIT-Marge der Gesellschaft stets unterhalb der von der B… AG erreichten Marge. Demgegenüber geht die Planung der A… AG ab dem Jahr 2021 von E.-M. aus, die oberhalb der E.-M. aus Analystenschätzungen für die B… AG liegen. Im Vergleich zur Da… AG und zur Antragsgegnerin übertreffen die Margen der A… AG diese beiden Unternehmen ebenfalls. Für die Jahre ab 2024 gibt es lediglich einen Analystenreport, der für die B… AG eine längerfristige Ergebnismarge nach dem Jahr 2024 von 6,5 % prognostiziert. Angesichts dessen ist der Ansatz einer nachhaltigen operativen Ergebnismarge von 7,0 % nicht unplausibel. Hierbei muss auch beachtet werden, dass bei der A… AG mit weiter zunehmender Elektrifizierung der Fahrzeugflotte eine weitere Verschiebung der Wertschöpfungskette eintreten wird, weil die Batteriezellenproduktion im Gegensatz zur B… AG im A…-Konzern nicht vorgesehen war angesichts der Verlagerung auf den Konzern der Antragsgegnerin.
179
e. Die Planung berücksichtigt ausreichend die Synergien aus dem bestehenden Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der Antragsgegnerin.
180
(1) Bei der Ermittlung des Ertragswerts im Zusammenhang mit aktienrechtlichen Strukturmaßnahmen finden angesichts des grundlegenden Stand alone-Prinzips nur solche Synergien oder Verbundeffekte Berücksichtigung, die auch ohne die geplante Strukturmaßnahme durch Geschäfte mit anderen Unternehmen hätten realisiert werden können (vgl. OLG Stuttgart NZG 2000, 744, 745 f. = AG 2000, 428, 429; AG 2011, 420; BayObLG AG 1996, 127, 128; LG München I AG 2016, 51, 54 = ZIP 2015, 2124, 2129; Beschluss vom 25.4.2016, Az. 5 HK O 9122/14; Beschluss vom 30.6.2017, Az. 5 HK O 13182/15; Beschluss vom 29.6.2018, Az. 5 HK O 4268/17; Beschluss vom 16.4.2019, Az. 5 HK O 14963/17; Beschluss vom 19.4.2024, Az. 5 HK O 9734/22e; van Rossum in: Münchener Kommentar zum AktG, 6. Aufl., § 305 Rdn. 178; Zeidler in: Semler/Stengel, UmwG, 4. Aufl., § 9 Rdn. 47; Decher in: Festschrift für Hommelhoff, 2012, S. 115, 123 ff.), während sogenannte echte Synergien, derentwegen üblicherweise die Strukturmaßnahme durchgeführt wird, regelmäßig nicht in die Bewertung einfließen können (vgl. OLG München AG 2018, 753, 755 = Der Konzern 2019, 277, 280; OLG Düsseldorf AG 2017, 712, 714; Ruiz de Vargas in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, a.a.O., Anh § 305 Rdn. 31a; van Rossum in: Münchener Kommentar zum AktG, 6. Aufl., § 305 Rdn. 180). Unechte Synergien sind zu berücksichtigen, wenn die synergiestiftende Maßnahme am Bewertungsstichtag bereits eingeleitet oder im Unternehmenskonzept dokumentiert war (vgl. OLG Stuttgart AG 2013, 840, 843; Ruiz de Vargas in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, a.a.O., Anh § 305 Rdn. 31 b).
181
(2) In den Ertragswert flossen die sich aus der Zusammenarbeit mit der Antragsgegnerin ergebenden Synergiepotenziale angemessen ein. Demgemäß basiert die Planung gerade auch auf den sich aus dieser Kooperation mit der Antragsgegnerin ergebenden Verbundvorteilen. Dies gilt namentlich für die Baukastenstrategie und die gemeinsame Softwareentwicklung, wobei Letztere zu einem deutlichen Rückgang der Kosten für Forschung & Entwicklung bei der Gesellschaft führte. Neben der Forschung & Entwicklung besteht eine Zusammenarbeit in zentralen Bereichen wie Beschaffung oder Treasury. Aufgrund der Vernetzung der Beschaffungsorganisation der Marken innerhalb des Konzerns der Antragsgegnerin können auch konzernweit Synergien auf den verschiedenen Beschaffungsmärkten gehoben werden, was in die Planung einfloss. Die Planung berücksichtigt auch die Nutzung der modularen Längs- und Querbaukasten des modularen E-Antriebsbaukastens sowie die Nutzung der Premium Platform Electric; gerade bei der letztgenannten Plattform kommt es zu einer gemeinsamen Entwicklung von Fahrzeugarchitekturen, Modulen und Komponenten mit der Dr. Ing h.c. F. Po… AG. Bei der Elektrifizierung des Produktportfolios findet ebenfalls eine Zusammenarbeit über eine gemeinsame Plattform für den Po… Ta… und dem A… e… GT statt. In den kleineren Fahrzeugsegmenten erfolgt eine Zusammenarbeit auf Basis des Modularen Elektrifizierungsbaukastens mit der Marke V… Pkw. Diese bereits im Finanzbericht der Gesellschaft für das Geschäftsjahr 2019 dargestellte Zusammenarbeit innerhalb des Konzerns der Antragsgegnerin mit den anderen Tochtergesellschaften der Antragsgegnerin wurde in der Planung fortgeführt. Ebenso werden gemeinsame Produktionskapazitäten in Br., Slowakei mit V… Sl… a.s., in Martorell, Spanien mit SE…, S.A., in Aurangabad, Indien mit ŠK… Private Ltd. und in China mit F…-V… Automotive Company, Ltd.
182
(3) In gleicher Weise flossen finanzwirtschaftliche und steuerliche Verbundvorteile in die Planung ein. Dabei wurde ausgehend vom Vermögensstatus des A…-Konzerns das Finanzergebnis auf der Grundlage einer integrierten Planung unter Berücksichtigung der bestehenden vertraglichen Vereinbarungen bzw. Marktkonditionen sowie der Ausschüttungen geplant. In Bezug auf die zu diskontierenden finanziellen Überschüsse erfolgte die Planung stand alone, also unter Abstraktion des bestehenden Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages. Die vor Gewinnabführung geplanten Ergebnisse unter Berücksichtigung der darauf entfallenden Unternehmensteuern ergaben unter Beachtung der Ausschüttungsprämissen bzw. der fiktiven Zurechnung thesaurierter Beträge die zu diskontierenden finanziellen Überschüsse.
183
f. Die Ansätze im Terminal Value ab 2026 müssen nicht angepasst werden, weil sie als plausibel eingestuft werden müssen.
184
(1) Die Unternehmensbewertung konnte bereits ab dem Jahr 2026 ff. die Ewige Rente ableiten. Das Zwischenschalten einer Konvergenzphase war nicht geboten, weil bereits am Ende des Detailplanungszeitraums ein eingeschwungener Zustand angenommen werden konnte.
185
(a) Ein solcher Gleichgewichts- oder Beharrungszustand liegt vor, wenn sich Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Bewertungsobjektes am Ende von Phase I im sogenannten Gleichgewichts- oder Beharrungszustand befinden und sich die zu kapitalisierenden Ergebnisses annahmegemäß nicht mehr wesentlich verändern bzw. mit einer konstanten Rate, der mit dem Wachstumsabschlag im Kapitalisierungszinssatz Rechnung getragen wird, verändern. Dabei zeichnet sich die Ewige Rente durch die Berücksichtigung langfristiger Entwicklungstendenzen bei der Projektion der in der Detailplanungsphase gewonnenen Erkenntnisse aus (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.9.2011, Az. 20 W 7/08 – zit. nach juris; LG München I, Beschluss vom 31.7.2015, Az. 5 HK O 16371/13; Beschluss vom 30.5.2018, Az. 5 HK O 10044/16; Beschluss vom 27.8.2021, Az. 5 HK O 5884/20; Beschluss vom 22.06.2022, Az 5 HKO 16226/08; Beschluss vom 29.11.2023, Az. 5 HK O 5321/19; Simon/Leverkus in: Simon, SpruchG, 1. Aufl., Anh § 11 Rdn. 72; van Rossum in: Münchener Kommentar zum AktG, 6. Aufl., § 305 Rdn. 126).
186
(b) Dieser Zustand konnte bei der A… AG bereits bejaht werden.
187
(aa) Der in der Automobilbranche bestehende Transformationsprozess war zwar im Jahr 2025 noch nicht abgeschlossen; doch befindet sich diese Branche in einem langfristigen Strukturwandel, der vor allem auf einer fortschreitenden Urbanisierung, dem zunehmenden Bewusstsein für Umweltschutz und Klimawandel, der Digitalisierung und den demografischen Wandel zurückzuführen ist. Die künftige Mobilität wird in Übereinstimmung mit der Einschätzung im Prüfungsbericht von alternativen Antriebstechnicken, insbesondere der Elektrifizierung der Fahrzeuge, Vernetzung, Shared Mobility-Konzepten und Automatisierung geprägt sein. Zudem wird es zu einer geringeren Wertschöpfungstiefe bei der klassischen Automobilproduktion sowie zum Eintritt neuer Wettbewerber beispielsweise aus der Internet- und IT-Branche kommen. Allerdings wiesen Herr Br… und Frau Fi… in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass auch im Jahr 2030 – mithin dem letzten Jahr der strategischen Planungsrunde, für das auch noch eine Prognose von I. M. vorlag – der Transformationsprozess immer noch nicht abgeschlossen sein wird, weshalb die Frage der Länge einer Konvergenzphase letztlich unbeantwortet bleiben müsse und selbst bei einer Verlängerung vom Tag der Hauptversammlung aus das Ende des Transformationsprozesses nicht abzusehen sei. Damit würde allein aus der Modellierung längerer Zahlenreihen kein Mehrwert im Hinblick auf die Plausibilität gewonnen. Im Rahmen einer Bewertung hätten gegebenenfalls eine Vielzahl weiterer Prämissen getroffen werden müssen, um auf der Basis der Planungsrunde PR69.SP zu einem angepassten Planergebnis im Jahr 2030 bzw. dem Aufsatzpunkt für das demnach zu erwartende durchschnittliche operative Ergebnis für den Zeitraum der Ewigen Rente zu gelangen. Für derartige Annahmen hätte aber seitens der A… AG keine unternehmerischen Entscheidungen oder anderweitige hinreichende Konkretisierungen oder quantitative Ausplanungen vorgelegen. Am Ende einer derart abgeleiteten Grobplanungsphase hätte folglich auf die gleichen Informationen abgestellt werden müssen, die im Rahmen der vorliegenden Unternehmensbewertung auf der Grundlage des Informationsstandes zum Bewertungsstichtag verwandt wurden.
188
(bb) Die Notwendigkeit einer Grobplanungsphase bis zum Jahr 2050 resultiert auch nicht aus dem Umstand, dass der Transformationsprozess mit Blick auf das Ziel der CO2-Neutralität im Konzern der Antragsgegnerin erst im Jahr 2050 abgeschlossen sein könnte. Für die Umsetzung dieser Zielvorstellung gab es keine quantitativen Konzepte bei der A… AG, was angesichts der Unsicherheiten in der konkreten Ausgestaltung des Transformationsprozesses in Bezug auf die Antriebstechnologie als nachvollziehbar und plausibel einzustufen ist. Die Erreichung eines solchen Zielzustandes erfordert die regelmäßige Überarbeitung bisheriger strategischer Leitlinien im Lichte des sich verändernden technologischen Umfelds wie auch des Branchen- und Wettbewerbsumfelds. Gleichfalls zeitlich nicht fixiert wären weitere Entwicklungslinien neben den alternativen Antriebstechnologien.
189
(cc) Eine Verlängerung der Detailplanungsphase wird auch nicht aufgrund der COVID-19-Pandemie gefordert. Die Gesellschaft ging davon aus, dass lediglich die Jahre 2020 bis 2022 durch dieses Ergebnis beeinflusst würden, was in der Overlay-Planung entsprechend dargestellt wurde. Ab dem Planjahr 2023 sahen die Planverantwortlichen der A… AG – anders als die Prognosen von I. M. – keine negativen Einflüsse mehr durch die Pandemie.
190
(dd) Weiteres wesentliches Umsatzwachstum konnte auch nicht durch die Entwicklung bei L… erwartet werden. Der deutliche Umsatzanstieg in Phase I beruht auf der erstmaligen Einführung des Super SUV U… und konnte nicht in gleichem Maße für die Zukunft angenommen werden. L… S.p.A. plante die drei Baureihen Av…, Hu… und U… entsprechend den jeweiligen Modellzyklen, wobei für Av… und Hu… in Phase I jeweils erfolgreiche Modellwechsel erwartet würden. Für den U…, der zunächst in seinem Markt über ein Alleinstellungsmerkmal verfügte, erwarteten die Planverantwortlichen keine wesentliche Beeinträchtigung trotz des erwarteten Auftretens neuer Fahrzeuge in der Klasse Super SUV vor allem bei As… und F…. Demgemäß ging die Planung im Geschäftsjahr 2025 vom höchsten Absatz der Firmengeschichte aus; auch lag die Absatzplanung oberhalb der Markteinschätzung von I. M., die im Gegensatz zu der nicht erfolgten coronabedingten Anpassung der Planzahlen auch für L… von einem längerfristigen negativen Einfluss der Pandemie ausging. Für die Ewige Rente legte die Bewertung den höchsten Umsatz des Geschäftsjahres 2025 zugrunde ungeachtet der erwarteten zusätzlichen Konkurrenz im Bereich der Super SUVs.
191
(ee) Auch etwaige nach 2025 noch laufende Kostensenkungsprogramme erfordern nicht die Aufnahme einer Konvergenzphase. Das operative Ergebnis des Jahres 2025 bietet keinen Anhalt für eine mangelnde Plausibilität der Annahmen des operativen Ergebnisses oder der operativen Ergebnismarge im Terminal Value.
192
(ff) Nichts anderes gilt für die neuen Geschäftsfelder. Für die Ermittlung des objektivierten Unternehmenswerts bedarf es einer hinreichenden Konkretisierung in der Geschäftspolitik und der Planannahmen. Für eine derartige Entwicklung in Richtung auf einen Digitalkonzern fanden die Abfindungsprüfer nach den von ihnen in der mündlichen Verhandlung vermittelten Erkenntnisse keinerlei Anhaltspunkte.
193
(2) Der Umsatz konnte in der Ewigen Rente mit € 64.696 Mio. angesetzt werden; Korrekturen an dieser Annahme sind nicht vorzunehmen.
194
(a) Ausgangspunkt für diesen Ansatz war die Detailplanungsphase, in deren Verlauf die Gesellschaft für die Marke A… ein über den Markterwartungen liegendes Wachstum plante, was den Gewinn von Marktanteilen impliziert. Bei einem sich weiter verschärfenden Wettbewerb gingen die Bewertungsgutachter davon aus, der im Geschäftsjahr 2019 erzielte Marktanteil werde auch nachhaltig beibehalten werden. Dabei wurden die Absatzzahlen des Jahres 2019 mit rund 1,80 Mio. Fahrzeuge mit einer jährlichen Wachstumsrate von 2,4 % fortgeschrieben, um das nachhaltige Ergebnis abzubilden, in dem dann ein Absatzvolumen von etwa 2,1 Mio. Fahrzeugen im Jahr 2025 angenommen wurde; dies war der Aufsatzpunkt für den Terminal Value. Dieses Absatzvolumen entspricht der Absatzprognose von I. M. vom Januar 2020, also noch vor dem eigentlichen Beginn der Pandemie in Deutschland und lag lediglich 2,9 % unterhalb des Volumens, das I. M. im Januar 2020 für das Jahr 2030 vorhergesagt hatte. Für den gesamten Premiummarkt ermittelte I. M. für das Jahr 2025 einen rechnerischen Marktanteil von 18,6 %. Im Mai 2020 prognostizierte I. M. für das Jahr 2030 einen Marktanteil von 18,3 %, der angesichts der Notwendigkeit der Beachtung der Auswirkungen der Pandemie zu einer Herabsetzung der Prognosen führte, die dieses Institut noch im Januar 2020 sowohl für den Premiummarkt als auch für die Gesellschaft veröffentlicht hatte. Ungeachtet dieser Prognose behielt die Gesellschaft demgegenüber das jährliche Wachstum von 2,4 % in Bezug auf die Absatzzahlen bei, um darauf aufbauend die Ewige Rente abzuleiten.
195
(b) Bei der konkreten Ermittlung der Umsatzerlöse im Terminal Value waren die im Jahr 2019 erwirtschafteten Umsatzerlöse von € 55.680 Mio. der Ausgangspunkt. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus den fertig montierten Fahrzeugen bzw. den Knocked down-Fahrzeugen mit einem Volumen von € 40.954 Mio., die dann mit der durchschnittlichen Wachstumsrate von 3,4 % auf das Jahr 2025 hochgerechnet wurde, wobei sich die Wachstumsrate aus der Addition von 2,4 % an Volumenwachstum und 1,0 % an Preiswachstum errechnet. Somit ergibt sich hieraus ein Betrag von € 50.052 Mio., zu dem dann die im Jahr 2025 geplanten Umsätze von € 14.322 Mio. addiert wurden, die weder fertig montierte noch Knocked down-Fahrzeuge betrafen. Als Ausgangspunkt ergibt sich daraus ein Betrag von € 64.374 Mio., der anschließend mit dem Wachstumsfaktor von 0,5 % vor Steuern hochgerechnet wurde. Demgemäß ergibt sich für die Ewige Rente ein Umsatzniveau von € 64.696 Mio..
196
(c) Die Annahme, es werde nachhaltig gelingen, den Marktanteil zu erhöhen, kann dagegen nicht als plausibel eingestuft werden. Zum einen gelang es der Gesellschaft in der Vergangenheit nicht, die budgetierten Absatzzahlen zu erreichen. Daraus kann bereits der Schluss gezogen werden, dass die Annahme eines Absinkens von Marktanteilen und des Nichthaltens im Terminal Value als plausibel eingestuft werden kann. Zum anderen muss aber vor allem gesehen werden, dass gerade die Wettbewerber B… AG und Da… AG verkündeten, dass sie intensive Maßnahmen unter anderem in Bezug auf Investitionen und Modellportfolio zum hier maßgeblichen Bewertungsstichtag geplant hätten und ihr Fokus unter anderem wie bei der A… AG auf den Bereichen Elektrifizierung und Vernetzung läge. Gerade die Vorstandsvorsitzenden dieser beiden ganz wesentlichen Wettbewerber der A… AG verwiesen auf die zentrale Bedeutung der Transformation hin zur Elektromobilität. Wenn beispielsweise diese beiden Wettbewerber vergleiche Ziele kommunizieren, die angesichts der Bedeutung dieser beiden Hersteller im Markt auch nicht als reine, nicht realisierbare Wunschvorstellung bezeichnet werden können, kann nicht davon ausgegangen werden, alleine der A… AG werde es gelingen, dauerhaft höhere Marktanteile gegenüber aktueller und künftiger, sich verstärkender Konkurrenz zu festigen. Aufgrund sich verändernder Marktgegebenheiten muss nämlich davon ausgegangen werden, dass bisherige Markteintrittsbarrieren in Form der langjährigen Expertise im Bau von Verbrennungsmotoren mittelfristig entfallen werden und neues Know how in den Bereichen Vernetzung und Automatisierung zukünftig Unternehmen auch außerhalb des bisherigen Automotive-Sektors einen Markteintritt ermöglichen werde. Damit aber wird der Wettbewerbsdruck durch T…, Inc. als bereits etablierter Hersteller ausschließlich von Fahrzeugen mit Elektroantrieb und einem damit verbundenen technologischen Vorsprung durch derartige neue lokale Anbieter insbesondere in China und durch große Technologie- und Internetkonzerne auf die A… AG steigen. Der bisherige Wettbewerbsvorsprung und – vorteil „Verbrennungsmotor“ wird voraussichtlich mittelfristig weichen und durch Themen wie Batterietechnik, Softwarelösungen und Datenvernetzung überlagert. In diesen Bereichen hatten die bisher im Premiumsegment tätigen OEMs zumeist keine Wettbewerbsvorsprünge gegenüber Dritten. Neue Wettbewerber werden mit ihrem technologischen Schwerpunkt in dem Bereich IT in den Markt eindringen. Die bisherigen Markteintrittsbarrieren, die sich aus dem über Jahrzehnte erworbenen Erfahrungsvorsprung beim Bau von Verbrennungsmotoren ergeben haben, werden demgemäß niedriger werden. Dann aber muss es auch als plausibel eingestuft werden, wenn von einem konstanten Marktanteil der Gesellschaft gegenüber der Ist-Situation des letzten vollen Ist-Jahres ausgegangen wird und von einer marktkonformen Wachstumsrate bei der Ableitung des Volumens an abgesetzten Fahrzeugen für den Terminal Value ausgegangen wird. Eine (relative) Verdrängung in Bezug auf die Marktanteile der Gesellschaft wird hierbei gerade nicht unterstellt.
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Dem kann nicht entgegengehalten werden, der sich verschärfende Wettbewerb würde alle Premiumhersteller gleichermaßen treffen. Zunehmender Wettbewerb führt bei einem gegebenen Marktwachstum und grundsätzlich vergleichbaren Produkten auch zu einem Preisdruck und somit einer tendenziellen Belastung der Ergebnismarge. Zudem wird Wettbewerb künftig eben nicht mehr nur durch die Komponenten „Verbrennungsmotor“ definiert, sondern über neue Komponenten wie Batterien oder Fahrzeugsoftware, die die Gesellschaft im Gegensatz zum Verbrennungsmotor strategisch fremdbeziehen oder im Konzern der Antragsgegnerin erwerben sollte. Alle Geschäfte mit der A… AG verbundenen Unternehmen werden entsprechend IAS 24 zu drittüblichen Bedingungen durchgeführt, weshalb die operative Ergebnismarge unter der des letzten Planjahres oder dem Durchschnitt des Vergangenheits- oder Planungszeitraums liegt. Somit muss diese Entwicklung als plausibel bezeichnet werden.
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Ebenso muss es als plausibel angesehen werden, wenn für die Bewertung im Terminal Value unterstellt wird, die Gesellschaft werde im gleichen Maße wachsen wie der Premiummarkt insgesamt. Wenn perspektivisch neue branchenfremde Wettbewerber in den Markt drängen, dann bedingt allein schon das Halten von Marktanteilen, dass andere Wettbewerber Marktanteile verlieren müssen, weshalb die Absatzzahlen der Ewigen Rente das Wettbewerbsumfeld sachgerecht und keinesfalls zu pessimistisch abbilden.
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(d) Die Fehlerhaftigkeit des Ansatzes lässt sich nicht mit dem Umsatzrückgang um etwa 10 % im Vergleich zum letzten Planjahr rechtfertigen. Ein solcher Vergleich mit dem letzten Jahr der Phase I ist nicht zwingend, weil in der Ewigen Rente ein nachhaltiges, im Durchschnitt erwartetes Ergebnisniveau abgebildet werden muss. Dabei unterstellt die vorliegende Bewertung, dass die A… AG insgesamt und damit auch unter Einschluss der Fahrzeuge mit Elektroantrieb ein nachhaltiges Absatzniveau innerhalb der Marktprognosen von I. M. erreichen wird, die auch zur Plausibilisierung herangezogen werden dürften. Gerade bei der Elektrifizierung der Fahrzeuge handelt es sich in erheblichem Umfang um Substitutionsprozesse, bei denen die bisherigen Verbrennermodelle durch elektrifizierte Fahrzeuge ersetzt werden. Da aber deren Technologie weniger komplex ist als die der Verbrennermotoren, entfallen im Terminal Value die Wettbewerbsvorteile aus diesem Bereich. Nachdem die Gesellschaft seit Jahren im Rahmen der modularen Baukastenstrategie innerhalb des Konzerns der Antragsgegnerin arbeitet, wurde dies auch bei der Elektrifizierung der Fahrzeugflotte geplant, so dass Skaleneffekte hier berücksichtigt wurden. Ein steigender Absatz von Elektrofahrzeugen setzt dabei indes voraus, dass sich die Fahrzeuge auf einem wettbewerbstauglichen Niveau entwickeln müssen; somit muss aber der Kostenblock der Batterie im Terminal Value rückläufig sein. In gleicher Weise unterstellt die Wachstumsannahme, dass die (noch) erforderliche Entwicklung in Bezug auf die Ladeinfrastruktur und die bessere Leistungsfähigkeit von Batterien stattfinden werde.
200
(e) Das nachhaltig angesetzte Umsatzniveau vernachlässigt auch nicht die neue Strategie über das Plattformsystem für das Premium-Segment bei Elektrofahrzeugen mit einer Modelloffensive bei gleichzeitiger Reduktion der Kosten durch die gemeinsam nutzbare Softwarearchitektur. Zentrale Überlegung ist dabei der Umstand, dass die Plattformstrategie bereits seit Jahren Bestandteil des Geschäftsmodells der Gesellschaft im Konzern der Antragsgegnerin ist und sie daher im Rahmen der Planungsrechnung bereits berücksichtigt wurde; dies umfasst auch die Premium Platform Electric. Der modulare Längsbau- wie auch der modulare Querbaukasten und der modulare E-Antriebsbaukasten sind in der Planung entsprechend der Nutzung im Konzernverbund abgebildet. Diese strategische Grundsatzprämisse wurde unverändert auch für die Ewige Rente übernommen. Die in der Detailplanungsphase abgebildete Modelloffensive stellt einen wesentlichen Grund für die in diesem Zeitraum erwartete Absatzentwicklung dar, wobei eine weitere Elektrifizierung der angebotenen Fahrzeuge auch im Terminal zugrunde gelegt wurde.
201
(f) Ein höherer Umsatz in der Ewigen Rente muss auch nicht deshalb angesetzt werden, weil China der weltweit am stärksten wachsende Automobilmarkt ist, in dem die A… AG angesichts ihrer Wettbewerbsvorteile Marktanteile gewinnen und aus der Zusammenarbeit mit F…-V… und S…-V… Gewinne und Vorteile ziehen könne. Auch wenn bei der Entwicklung der Absatzzahlen mit dem Wachstumsfaktor 2,4 % die regionalen Besonderheiten nicht eingeflossen sind, muss gesehen werden, dass auch dieser vereinfachende Ansatz für das hochgerechnete Absatzniveau als Grundlage der Ableitung des Umsatzniveaus in der Ewigen Rente bei einem Vergleich mit den für die unterschiedlichen Regionen Europa, USA und China differenzierende Wachstumserwartungen für den Premiummarkt durch I. M. zu keinen wesentlichen Abweichungen des auf diese Art und Weise ermittelten Umsatzniveaus führt. Daher wird die Marktposition der Gesellschaft in China im Terminal Value nicht zu schwach angesetzt. Die laufende Optimierung der seit Jahren in China betriebenen Produktionsstätten ist bereits in der Planung abgebildet und wurde in dem integrierten Planungsprozess bei der Planung der Werksbelegung und der Investitionen regelmäßig berücksichtigt. Auch floss der A… Transformationsplan mit einer erfolgreichen Realisierung in die Planungsrechnung ein, der die finanzielle und strukturelle Entwicklung des Konzerns sowie die Renditeziele abbilden sollte. Dieser Plan umfasste dabei auch ein geordnetes Maßnahmepaket in Bezug auf die Fabrikkosten.
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(g) Eine Ableitung des Umsatz- und Ergebnisniveaus auf der Grundlage des Durchschnitts der Jahre 2023 bis 2025 kann demgegenüber nicht als vorzugswürdig und somit auch nicht als zwingend notwendig eingestuft werden. Dies hätte die Konsequenz, dass es gelingen würde, den eigenen Marktanteil gegenüber den Wettbewerbern erhöhen zu können, was angesichts des erwarteten Markt- und Wettbewerbsumfelds nicht mehr als sachgerechter Erwartungswert einzuordnen wäre. Die Prognose eines stetigen konjunkturelle Wachstums, wie es in den Planjahren 2023 bis 2025 angenommen wird, steht in Widerspruch zur zyklischen Entwicklung der Automobilindustrie. Ein derartiges Durchschnittsbild ist in der hier gegebenen Konstellation einer sich angesichts der in diesen drei Planjahren noch nicht abgeschlossenen Transformationsprozesses im Umbruch befindlichen Branche nicht sachgerecht, wenn Veränderungen gegenüber der Vergangenheit bzw. der Detailplanungsphase zu erwarten sind.
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(3) Bei der Ableitung der Ewigen Rente konnte die Zyklizität der Automobilindustrie einfließen; sie wurde in plausiblem Umfang berücksichtigt.
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(a) Im Terminal Value wurde dabei allerdings nicht von einem spezifischen konjunkturellen Rücksetzer ausgegangen; vielmehr bilden die Zahlen der Ewigen Rente das Umsatzniveau ab, das vor dem Hintergrund der Markt- und Wettbewerbsprognosen bei einem steten weiteren Wirtschaftswachstum nachhaltig erwartet werden konnte, wobei die Bewertungsgutachter von P… – wie soeben dargestellt – in plausibler und damit nachvollziehbarer Art und Weise von einer Anpassung des Marktanteilswachstums auf der Basis der Zahlen von 2019 ausgingen. Nur hier wurde nicht auf einen Konjunkturzyklus abgestellt, wie er für die Automobilindustrie typisch ist, im Jahr 2025 sollen etwa 2.349.000 Einheiten der Marke A… abgesetzt werden, was um rund 27 % über dem Niveau des Jahres 2019 liegt. Ähnlich sollen die Umsatzerlöse von 2019 bis 2025 von € 55.680 Mio. auf € 72.000 Mio. ansteigen. Dieser Anstieg um etwa 29,3 % spiegelt keine konjunkturelle Abschwächung wider. Eine Fortschreibung dieser Zahlungen mit einem durchschnittlichen Umsatzniveau in Höhe von rund € 68.833 Mio. und einem operativen Ergebnis von rund € 5.933 Mio. wäre angesichts der Zyklizität der Automobilbranche nicht plausibel. Deshalb konnte im Terminal Value ein niedrigerer Aufsatzpunkt gewählt werden.
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Dabei dürften insbesondere auch im Vergleich mit den Zahlen des Vergangenheitszeitraums gezogen werden, in dem es zu einem Rückgang der Absatzzahlen der Marke A… von etwa 1.868.000 Fahrzeugen im Jahr 2016 auf nur mehr 1.846.000 Fahrzeuge im Jahr 2019 kam. Im selben Zeitraum entwickelten sich die jährlichen Wachstumsraten des realen Bruttoinlandsprodukts nahezu durchgängig in Deutschland in der Europäischen Union, aber auch weltweit leicht rückläufig; im Wesentlichen kam es nur in den Vereinigten Staaten von Amerika von 2017 auf 2018 und in Ungarn zu einem stärkeren Wachstum im Vergleich zum Vorjahr. Die für den Terminal Value herangezogenen Zahlen berücksichtigen dabei sehr wohl, dass die Zyklizität in beide Richtungen ausschlagen kann, nachdem auch in der Ewigen Rente Erwartungswerte abgebildet werden müssen. Das Verfehlen von Umsatzzielen in der Vergangenheit belegt, dass sich die Gesellschaft in diesen Jahren ambitionierte Ziele gesetzt hatte, wobei die Vorstands- und Managementvergütung mit dem Steuerungssystem verknüpft war, das seinen Ausgangspunkt in den Planungsrunden nahm. Da die Anreizwirkung bei Unternehmensplanungen, die für Vergütungsaspekte relevant sind, ein wichtiges Element in dem Sinne sein kann, dass machbare, aber sehr ambitionierte Ziele formuliert werden, von deren vollständiger Erreichung nicht unbedingt ausgegangen werden kann, können durchaus Anpassungen insbesondere in der Ewigen Rente notwendig werden; anderenfalls wären keine Erwartungswerte mehr abgebildet. Während in der Detailplanungsphase Anpassungen im Lichte der Angemessenheitsbeurteilung unterbleiben konnten, konnte im Terminal Value die in den Jahren 2020 bis 2025 unterstellten Marktanteilsgewinne vor dem Hintergrund des oben beschriebenen Markt- und Wettbewerbsumfelds nicht fortgeschrieben werden; diesem Ansatz würde mit Blick auf die Entwicklung in der Vergangenheit die Plausibilität fehlen. Bei der Ableitung der absoluten Höhe der Umsatzerlöse in den Jahre 2026 ff. kam es nicht zu einer Ableitung über die prozentuale Verfehlung der budgetierten Wachstumsannahmen der Vergangenheit. Zudem nahmen die Abfindungsprüfer in ihrem Prüfungsbericht eine einjährige Abweichungsanalyse vor, während das Detailplanungsjahr 2025 eine Vorschau von sechs Jahren darstellt, weshalb sich auch aus diesem Grund eine unmittelbare Übernahme der im Rahmen des Plan-Ist-Vergleichs ergebenden Umsatzabweichungen verbietet.
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(b) Die Auswirkungen von Abgasmanipulationen bei Dieselmotoren rechtfertigt kein anderes Ergebnis und führt namentlich nicht zur fehlenden Vergleichbarkeit der Zahlen aus der Vergangenheitsanalyse. Die jährlichen Wachstumsraten im Premiummarkt beliefen sich im Zeitraum von 2017 bis 2019 auf Werte zwischen 2,2 % von 2017 auf 2018 und 5,0 % von 2016 auf 2017, was einem deutlichen Rückgang im Vergleich der Jahre von 2013 bis 2016 mit realisierten Wachstumsraten zwischen 7,1 % und 9,7 % bedeutet. Bei der A… AG nahmen die Bewertungsgutachter eine Bereinigung um diese Sondereinflüsse vor, die belegen, dass im Jahr 2019 kaum noch Auswirkungen in Form von Gewährleistungsrückstellungen und Kosten im Zusammenhang mit Hardware-Nachrüstungen festzustellen waren. Im Jahr 2019 stieg die Zahl der ausgelieferten Fahrzeuge um etwa 1,8 %, während im Vorjahr ein Rückgang von etwa 3,5 % festzustellen war. Die Entwicklung in den Jahren 2018 und 2019 beruhte aber in erheblichem Umfang auf den bereits dargestellten Folgen der Umstellung des Modellportfolios auf den neuen Prüfzyklus Worldwide harmonized Light-Duty Vehicles Test, weniger auf den manipulierten Motoren oder auf den Folgen des Wirtschaftskrieges zwischen den USA und China, wie in den Finanzberichten 2018 und 2016 dargestellt wurde. In den Jahren 2018 und 2019 wuchs die chinesische Wirtschaft um etwa 6,8 % bzw. 6,1 %; in den USA lagen die Wachstumsraten in diesen beiden Jahren bei etwa 2,9 % bzw. etwa 2,3 %. Von einem Wirtschaftseinbruch kann bei diesen Zahlen jedenfalls nicht gesprochen werden.
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(c) Die Planung PR69.SP enthielt keine Auswirkungen konjunktureller Rücksetzer; allerdings kam es im Jahr 2020 zu deutlich niedrigeren Ergebnisbeiträgen aufgrund der COVID-19-Pandemie, deren Folgen in der Overlay-Planung reflektiert sind, wie von 2023 bis 2025 indes keine nachteiligen Auswirkungen mehr ausweist.
208
(4) Die Annahmen zum „Sonstigen Automobilgeschäft“ müssen für den Zeitraum der Ewigen Rente nicht verändert werden, wie die Anhörung der Abfindungsprüfer ergeben hat.
209
(a) Die Umsätze und Erträge aus den neuen Geschäftsmodellen digitaler Dienstleistungen und Mobilitätslösungen wurden von der A… AG im Posten „Sonstiges Automobilgeschäft“ geplant, für das im Jahr 2025 ausgehend von Umsatzerlösen in Höhe von € 524 Mio. oder 0,7 % des insgesamt geplanten Umsatzes in der Planung ausgegangen wurde. Diese Umsätze wurden dann unter Berücksichtigung des Wachstumsfaktors in den Terminal Value fortgeschrieben. Es erfolgte hier also gerade keine Anpassung wie bei den nachhaltig zu erzielenden Umsatz- bzw. Absatzzahlen der Marke A…. Das in Phase I geplante deutliche Wachstum beruht im Wesentlichen auch auf der zunehmend geplanten Vernetzung der neuen Fahrzeuge in diesem Zeitraum. Dabei unterstellte die Gesellschaft ungeachtet der in Bezug auf die Vernetzung als Grundlage für autonomes Fahren und die Datennutzung zum Teil noch zu entwickelnden regulatorischen Rahmenbedingungen, dass im Jahr 2025 alle neu zugelassenen Fahrzeuge zu 100 % vernetzt sein sollen. Damit aber wären weitere Wachstumsraten aus diesem Aspekt gerade nicht mehr plausibel fortzuschreiben. Dies entspricht der in der PR69.SP nach dem Planjahr 2025 für neue Geschäftsmodelle der Gesellschaft abgebildeten weiteren Umsatzentwicklung. Zudem war zu berücksichtigen, dass das weitere Wachstum in PR69.SP deutlich von Projekten geprägt war, die zum Bewertungsstichtag noch sehr niedrige Härtegrade aufweisen, in der Umsetzung also noch ungewiss und nicht hinreichend konkretisiert waren. Das Fortschreiben der Umsätze in diesem Geschäftsfeld auf Basis des Umsatzes von 2025 stellt zudem keinen Nachteil für die Minderheitsaktionäre dar, weil im Jahr 2025 noch mit 2,3 Mio. abgesetzten Fahrzeugen der Marke A… gerechnet wurde, während in der Ewigen Rente nur mehr ein Absatzvolumen von rund 2,1 Mio. Fahrzeugen angenommen wurde.
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(b) Die Ansätze im Terminal Value vernachlässigen nicht den Umfang des Umsatzanteils durch datenbasierte Dienstleistungen und eine dadurch erhöhte Kundenbindung. Angesichts des Transformationsprozesses muss nämlich gerade auch ein vermehrtes Risiko angenommen werden, das OEMs ihre bisherige direkte Kundenschnittstelle an innovative Mobilitätsdienstleister verlieren und dadurch zu reinen Systemlieferanten für diese Anbieter am Markt werden könnten. Zudem verwiesen Herr Br… und Frau Fi… in ihrer Stellungnahme vom 30.9.2022 darauf, dass es rechnerisch des Faktors 14 bedürfe, um die Differenz zwischen dem letzten Planjahr und dem Umsatz im Terminal Value auszugleichen. Selbst bei höheren Margen wären immer noch sehr hohe (weitere) Wachstumsraten für einen Teil der neuen Geschäftsmodelle nach dem Jahr 2025 für eine Kompensation erforderlich. Derartige Maßnahmen sind weder konkret in PR69.SP vorgesehen noch hinreichend konkretisiert.
211
(c) Das Ersatzteilgeschäft bietet gleichfalls keinen Anhalt für die fehlende Plausibilität der Ableitung der Ewigen Rente. Mit dem weiteren Fortschreiten des Transformationsprozesses ist hier eher mit rückläufigen Umsatzerlösen zu rechnen. Elektromotoren umfassen weniger Verschleißteile, weshalb im After Sales-Geschäft auch mit weniger Reparaturen zu rechnen ist. Weiterhin werden mit zunehmender Entwicklung im Bereich des autonomen Verfahrens die Unfälle und damit auch der Ersatzteilbedarf zurückgehen. Ungeachtet dessen wurde das „Sonstige Automobilgeschäft“ aus dem Jahr 2025 auch für das Ersatzteilgeschäft unter Berücksichtigung des Wachstumsfaktors ohne weitere Korrekturen in den Terminal Value fortgeschrieben. Karten- und Software-Upgrades existieren bereits heute und wurden daher schon in der Planung und damit auch in deren Fortschreibung in der Ewigen Rente erfasst.
212
(d) Der Anschluss und die Vernetzung führen auch nicht zwingend zu höheren Markteintrittsbarrieren für Dritte. Herr Br… verwies in diesem Zusammenhang insbesondere darauf, dass die Attraktivität der Vernetzung aus Anwendungen wie beispielsweise „Car-Play“ stammt, die Dritte ermöglichen und gerade nicht vom Automobilhersteller kommen, der sie aber zur Steigerung der eigenen Attraktivität anbieten muss. Dann aber könnte sich die Frage des Zugangs oder Anschlusses von Dritten auch in das Gegenteil verkehren.
213
(5) Die für die L… S.p.A. angenommenen Ansätze in der Ewigen Rente müssen als plausibel bezeichnet werden und bedürfen folglich keiner Korrektur.
214
(a) Dabei wird das Absatzvolumen für den U… aufbauend auf dem Jahr 2025 im Terminal Value nicht unterschätzt. Bei der L… S.p.A. erfolgte die Ableitung auf der Grundlage der Umsatzerlöse des Jahres 2025, so dass hier gerade keine Minderung angenommen wurde. Angesichts des Auftretens eines dem U… vergleichbaren Super SUV bei F… und As… ist es nachvollziehbar, wenn im Terminal Value nicht mehr von größeren Steigerungsraten ausgegangen wird. Dabei wurde entsprechend einer regional differenzierten Planung für China bereits in der Detailplanungsphase mit sehr hohen Wachstumsraten gerechnet; daher wird dieser große Erfolg des U… in China entsprechend abgebildet. Allerdings lassen sich Wachstumsraten von bis zu 70 % nicht in alle Ewigkeit fortschreiben.
215
(b) Ein weiteres Fortschreiben der durchschnittlichen Wachstumsrate bei L… S.P.A., die im Zeitraum von 2019 bis 2025 bei 2,5 % und damit niedriger als bei der Marke A… mit 4,1 % im selben Zeitraum lagen, lässt sich nicht rechtfertigen. Zu verweisen ist auch hier auf den Wettbewerbsdruck durch F… N.V. und As… mit der geplanten Einführung von Fahrzeugen im Segment der Super SUV. Die deutlich bessere Erwartung im Vergleich zu I. M., deren Prognose für 2019 bis 2025 von einem Rückgang des Absatzvolumens von jährlich 1,5 % ausging, war maßgeblich durch den erwarteten Absatzrekord im Jahr 2025 bedingt. Zudem wiesen die Abfindungsprüfer in ihrer schriftlichen Stellungnahme auf erhebliche Unsicherheiten in Bezug auf die Akzeptanz der (bisherigen) Kunden der L… S.p.A. für zukünftig elektrifizierte Super-Sportwagen hin, nachdem diese bislang von den Charakteristika der extrem leistungsstarken 8-, 10- und 12-Zylinder-Verbrennungsmotoren geprägt waren. Daher kann ein weiteres mengenmäßiges Wachstum nicht zwingend erwartet werden.
216
(6) Die Ableitung der EBIT-Marge wie auch des Ergebnisses müssen nicht korrigiert werden.
217
(a) Die mit 7,0 % angesetzte operative Ergebnismarge bedarf keiner Anpassung, auch wenn sie niedriger ist als die des letzten Planjahres. Dieser Ansatz ist zur Überzeugung der Kammer als plausibel zu bezeichnen.
218
(aa) Der Transformationsprozess hin zur Elektromobilität wird bis zum Ende der Detailplanungsphase noch nicht abgeschlossen sein. Die ausschließlich mit Verbrennungsmotoren angetriebenen Fahrzeuge sollen anteilig deutlich zurück-gehen. Allerdings wird erwartet, dass die Hybridfahrzeuge sowohl 2025 als auch 2030 noch über 50 % des Neufahrzeuganteils im Premiummarkt der wesentlichen Absatzregionen ausmachen und weitere 10 % in 2025 und 8 % in 2030 auf Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge entfallen sollen. Angesichts dessen wird die Automobilindustrie und damit auch die A… AG auch nach 2025 und damit in der Ewigen Rente noch erhebliche Investitionen in Richtung auf die Umstellung der Antriebstechnologie leisten müssen. Auch wird die Gesellschaft über einen längeren Zeitraum noch verschiedene Antriebskonzepte parallel vorhalten müssen.
219
(bb) Der Rückgang der Ergebnismarge ist bereits in der Detailplanungsphase ab dem Jahr 2023 aufgrund des zunehmenden Anteils elektrifizierter Modelle im Zuge des Transformationsprozesses einerseits und verschärfter Abgasgesetze/ CO2-Maßnahmen für Verbrennungsmotoren andererseits zu beobachten. Zum Bewertungsstichtag waren weltweit zunehmend strengere regulatorische Vorgaben in Bezug auf die Begrenzung der Schadstoffemissionen zu verzeichnen, weshalb sich die Automobilindustrie zunehmend auf die Elektrifizierung ihrer Fahrzeugflotte konzentriert. Mit konventionellen Verbrennungsmotoren lassen sich weder die künftigen Emissionsziele noch eine lokale Emissionsfreiheit erreichen, weshalb alternative Antriebskonzepte wie hybride Fahrzeuge, rein batterieelektrische Fahrzeuge oder Brennstoffzellenfahrzeuge entwickelt wurden und werden. Bei den Verbrennermotoren führen die im Zeitverlauf zunehmenden Umweltauflagen zu aufwendigeren Abgasreinigungsanlagen, woran sich auch perspektivisch nichts ändern wird. Demgemäß wies Herr Br… bei seiner Anhörung darauf hin, dass ohne weitere Aufwendungen die CO2-Emissionsziele mit Verbrennungsmotoren nicht erreichbar seien. Der seit Jahren herrschende intensive Wettbewerb auf der Absatzseite wird dann regelmäßig über den Preis entschieden. Ein vollständiges Ansetzen dieser zusätzlichen Aufwendungen kann in dem kompetitiven Markt nicht als realistisch bezeichnet werden. In diesem Umfeld eines sich verschärfenden Wettbewerbs und gleichzeitig geplanter Absatzzuwächse muss es somit als plausibel bezeichnet werden, wenn gesteigerte Aufwendungen nur zum Teil an die Kunden weitergegeben werden können. Daher erwartete die A… AG einen Margenausgleich dahin, dass die Margen von Fahrzeugen mit Verbrennermotoren sinken werden, während die von Elektrofahrzeugen steigen werden. Trotz eines steigenden Anteils von Elektrofahrzeugen schon bis in das Jahr 2025 war auch für die Jahre nach 2025 davon auszugehen, dass nicht unerhebliche weitere Schritte in Richtung auf die weitere Elektrifizierung und damit eine Entwicklung weg vom Verbrennungsmotor zu gehen waren. Dies steht in Einklang mit den Erwartungen von I. M., die bis zum Jahr 2030 in den Premiummärkten in China, der Europäischen Union, Großbritannien und den USA einen Anteil von 38 % an reinen Elektrofahrzeugen als Neufahrzeugen mit einem hohen Anteil von 46,2 % in China ausgehen. Die Tendenz dieser Prognose steht in Einklang mit den Erwartungen der Gesellschaft.
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Angesichts der unterschiedlichen regulatorischen Rahmenbedingungen in den weltweiten Absatzmärkten muss auch nach 2025 von der Parallelität verschiedener Antriebstechnologien ausgegangen werden. Demzufolge werden sowohl zeitlich befristet Verbrennermotoren, Hybridantriebe wie auch reine batterieelektrisch betriebene Fahrzeuge weiterentwickelt werden müssen, weil nur durch den Motoren-Mix die regulatorischen Vorgaben zur Reduktion der Emissionen auch nach 2025 realistischerweise als erreichbar angesehen werden.
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Um diese Ziele erreichen zu können, müssen die mit Batterie angetriebenen Fahrzeuge auch von den Kunden angenommen werden, was neben dem zeitgerechten und erfolgreichen Ausbau einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur und einer ausreichenden Leistungsfähigkeit der Batterien im Vergleich zur Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor einen wettbewerblichen Preis voraussetzt. Der Kostenvergleich zum Stichtag der Bewertung ergab hier deutliche Nachteile für das elektrifizierte Fahrzeug. Neben der zusätzlichen Batteriezelle als wesentlichem zusätzlichen Kostenträger müssen vor allem auch die Folgekosten berücksichtigt werden, die beispielsweise aufgrund des Mehrgewichts des Fahrzeuges oder des Erfordernisses zur Verbesserung der Strukturen des Fahrzeugs zum Schutz der Batteriezelle im Falle eines Unfalls entstehen. Namentlich Hybridfahrzeuge, bei denen konventionelle und elektrische Antriebsstränge parallel genutzt werden, zeichnen sich durch eine erhöhte Komplexität, Kosten in der Produktion sowie Herausforderungen aufgrund ihres Gewichts und der Innenraumbeschränkungen aus, wie beispielsweise das ifo-Institut zeitnah im Jahr vor der Hauptversammlung herausgearbeitet hat. Immer wieder in der Diskussion befindliche staatliche Fördermaßnahmen, mit denen Anreize zum Erwerb von elektrifizierten Fahrzeugen geschaffen werden sollen, belegen diese Nachteile. So wurde in Deutschland der Umweltbonus für ein Fahrzeug mit einem Nettolistenpreis von bis zu € 40.000,- um 50 % und bei einem Listenpreis von über € 40.000,- noch um 25 % erhöht.
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Herr Br… und Frau Fi… wiesen darauf aufbauend in ihrer Stellungnahme überzeugend darauf hin, dass ein vermehrter Absatz dann plausibel ist, wenn perspektivisch von zunehmend wettbewerbskonformen Preisen für Elektrofahrzeuge ausgegangen wird, Demgemäß werden sinkende Batteriepreise dann auch an Kunden weitergegeben, um die Absatzsteigerung in der jeweiligen Fahrzeugklasse zu erreichen und um die erst im Laufe der Zeit abnehmenden Kostennachteile gegenüber Verbrennerfahrzeugen zu nivellieren. Kostendegression und Leistungssteigerung der Batterien sind folglich Voraussetzung für eine Realisierung der in der Planung und dann auch im Terminal Value unterstellten und insbesondere auch vom Markt erwarteten Elektrifizierung der Fahrzeugflotte und der damit einhergehenden steigenden Absatzzahlen.
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Der Ansatz einer EBIT-Marge von 7 % stellt sich als besser dar, als beispielsweise Fellhauer in: CF 2020, 108 annimmt, wonach die EBIT-Marge den Tiefpunkt 2025/2026 mit unter 5 % erreichen könnte, um sich danach bis 2035 auf etwas mehr als 6 % und danach dauerhaft wieder auf knapp 7 % zu erholen. Auch diese Prognose in der Fachliteratur erhellt die Plausibilität der angesetzten EBIT-Marge von 7 %, die bereits ab 2026 und nicht erst knapp zehn Jahre später erreicht werden soll. Zudem muss bei der A… AG auch beachtet werden, dass sich der bisherige Wertschöpfungsanteil an der Gesamtwertschöpfung des Fahrzeugs vermindern wird. Verbrennungsmotoren werden bei der A… AG weitgehend selbst gefertigt, was einen relativ hohen Wertschöpfungsanteil ausmacht. Zukünftig wird aber der Anteil der elektrifizierten Fahrzeuge entsprechend der in der Detailplanungsphase zu beobachtenden Entwicklung entsprechend der obigen Beschreibung indes zunehmen; angesichts der fremdbezogenen Batterien und der geringeren Komplexität von eigengefertigten Elektromotoren kann die Marge nicht zwingend höher als 7 % angesetzt werden.
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(cc) Zum Bewertungsstichtag gab es keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die A… AG langfristig den Wertschöpfungsanteil hinsichtlich der Batterien im eigenen Konzern ansiedeln wolle. Der Batteriebezug sollte von Dritten sowohl innerhalb des Konzerns der Antragsgegnerin als auch von außerhalb erfolgen. Dabei wurde in der Vergangenheit der Erwerb gemäß IAS 24 zu drittüblichen Bedingungen auch innerhalb des Konzerns der Antragsgegnerin durchgeführt. Die Zusammenarbeit mit Northvolt erfolgt seitens der Antragsgegnerin, nicht der A… AG.
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Sinkende Batteriepreise stellen keinen Grund dar, die angesetzte EBIT-Marge als nicht mehr plausibel zu bezeichnen. Diese Entwicklung bildet die Planung ebenso ab wie der Terminal Value. Die Plausibilität der Annahme eines erheblichen Wachstums bei Elektrofahrzeugen bedingt, dass sich die Fahrzeugpreise für diese auf einem wettbewerblichen Niveau entwickeln würden, so dass sich auch der Kostenblock der Batterie rückläufig entwickelt. Die Wachstumsannahme unterstellt zudem, dass die noch erforderlichen Entwicklungen in Bezug auf die Ladeinfrastruktur und die bessere Leistungsfähigkeit von Batterien tatsächlich stattfinden werden. Eine Kürzung der Wachstumsrate erfolgte nicht; vielmehr wurde lediglich das Margenniveau unterhalb dem des letzten Planjahres angenommen, was die Zyklizität der Automobilindustrie widerspiegelt.
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dd) Die Annahme zu der Marge in der Ewigen Rente unterschätzt nicht die Effekte aus Carsharing und Ridesharing. Derartige „Shared Mobility“-Konzepte gehören zu den erwarteten Entwicklungslinien im Transformationsprozess, die im Prüfungsbericht wie auch in der Stellungnahme vom 30.9.2022 dargestellt wurde. Dies gilt auch unter Beachtung des Umstandes, dass diese Themen in den Vereinigten Staaten von Amerika und in China zum Stichtag der Hauptversammlung noch keine so intensive Beachtung fanden. In der weiteren Zukunft erwartet man nachvollziehbar beispielsweise auch in Verbindung mit der Fortentwicklung des autonomen Fahrens entsprechende Veränderungen im Automobilmarkt bzw. im Umgang der Verbraucher mit diesen Themen auch in den genannten Regionen. Schließlich gibt es gerade in diesen beiden Staaten Ballungsräume, die dringend Lösungen für die zunehmende Verkehrsdichte erfordern und insoweit auch „Shared Mobility“-Konzepte ermöglichen sollten. Von diesem Trend ist auch die A… AG betroffen. Anderenfalls wäre nicht erklärbar, warum zwar die unmittelbaren Wettbewerber im Premiumsegment – die Da… AG und die B… AG – eine Kooperation in Bezug auf Carsharing-Dienste eingehen, andererseits aber die A… AG hiervon nicht betroffen sein sollte. Die Modellpalette der Gesellschaft umfasst zudem keineswegs ausschließlich Luxusfahrzeuge und Sportwägen, sondern in der zahlenmäßigen Mehrheit Fahrzeuge der gehobenen Mittel- und Oberklasse, aber auch solche der Kompaktklasse. Zudem richtet sich das Carsharing-Angebot auch an Dienstwagenfahrer, also eine für die Gesellschaft sehr relevante Kundengruppe. Damit aber muss es in Übereinstimmung mit der Beurteilung durch die Abfindungsprüfer als plausibel angesehen werden, dass sich im Bereich der Flottenkunden zukünftig Marktverschiebungen mit entsprechend margenbelasteten Effekten ergeben werden.
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Eine dauerhafte Belastung der Absatzzahlen wurde aber gerade nicht erwartet, wie die Overlay-Planung belegt.
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(ee) Die Ansätze in der Ewigen Rente zur EBIT-Marge übersehen nicht die Auswirkungen des Verkaufs der A… I… D… GmbH und der A… E… V… GmbH, nachdem diese zum Bewertungsstichtag bereits veräußert waren, nachdem im Konzern der Antragsgegnerin alle Beteiligungen und Tochterunternehmen, die Software für Fahrzeuge und digitale Ökosysteme entwickelten, in einer eigenständigen Gesellschaft mit Konzernverantwortung gebündelt werden sollten. Damit kam es bereits in der Detailplanungsphase zu einem Absinken der Kosten für Forschung & Entwicklung, was dementsprechend dort auch berücksichtigt wurde. Allerdings muss die Software bzw. die Technik für autonomes Verfahren dann extern eingekauft werden, woraus sich wiederum eine gegenläufige Entwicklung bei den mit den Lizenzkosten belasteten Herstellungskosten der Fahrzeuge ergeben muss. Dies führt weiterhin zu einer Verschiebung der Wertschöpfungstiefe aus der Perspektive der A… AG, weil die Wertschöpfung gerade nicht mehr bei der Gesellschaft erwirtschaftet wurde, was eine Margenbelastung nach sich ziehen muss. Der Anteil von Software an der gesamten Wertschöpfung eines Fahrzeugs wurde nachvollziehbar steigend geplant, weil die Entwicklung des autonomen Fahrens zum Transformationsprozess gehört und gerade dieser Bereich in der Ewigen Rente zunehmende Bedeutung erlangen soll. Dabei werden steigende Softwarekosten wohl erst ab dem Jahr 2030 für das automatisierte Verfahren entstehen. Folglich ist es dann aber konsequent und plausibel, wenn die EBIT-Marge zurückgeht, nachdem davon auszugehen ist, dass die zusätzlichen Kosten der Hybrid- und Elektrofahrzeuge nur anteilig und nicht in vollem Umfang an die Kunden weitergegeben werden könne.
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(7) Die Äußerungen über eine Zielmarge von 9 % bis 11 % stehen nicht in Widerspruch zu der in der Ewigen Rente angesetzten EBIT-Marge von 7,0 %.
230
(a) Dieser Zielkorridor stellt sich nicht als nachhaltig im Durchschnitt erzielbarer Erwartungswert dar. Nach einem Erreichen in den Jahren 2022 und 2023 lediglich am unteren Rand dieser Bandbreite ergeben sich danach aus den bereits oben unter B. II. 1. e. dargestellten Gründen rückläufige E.-M. aufgrund des zunehmenden Anteils an elektrifizierten Fahrzeugen. Daher konnte auch in der Ewigen Rente von einer rückläufigen operativen Ergebnismarge ausgegangen werden. Dies wurde auch in der Fachliteratur entsprechend den obigen Ausführungen unter B. II. 1. f. (6) (a) (bb) zumindest zum Teil erwartet. In diesem Zusammenhang konnten Herr Br… und Frau Fi… nicht feststellen, dass der Meinung der Fachliteratur der Vorrang vor der Einschätzung des Vorstands eingeräumt worden sein könnte. Dies zeigt sich bereits daran, dass beispielsweise Fellhauser einen deutlich stärkeren Rückgang auf ein deutlich niedrigeres Niveau erwartet.
231
(b) Beim Ergebnisniveau im Terminal Value kann nicht zwingend angenommen werden, ein perspektivischer Ausgleich der Margen von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren und solchen mit elektrifiziertem Antrieb werde auf dem Margenniveau der Verbrennungsmotoren erfolgen. Die zusätzlichen Umweltauflagen für den Verbrennungsmotor führen dazu, dass das Margenniveau auch der Fahrzeuge mit dieser Antriebsart im Vergleich zur Vergangenheit absinken wird.
232
(c) Angesichts des Transformationsprozesses in der Automobilbranche kann auch aus einer Preissetzungsmacht nicht auf die Notwendigkeit einer EBIT-Marge innerhalb des genannten Zielkorridors von 9 % bis 11 % geschlossen werden. Eine solche Preissetzungsmacht dergestalt, dass ein Unternehmen die Möglichkeit hat, die Angebotspreise seiner Produkte weitgehend selbständig bestimmen zu können, lässt sich für die A… AG ebenso wenig wie namentlich für ihre deutschen Wettbewerber plausibel bejahen. Die Transformation hin zur Elektromobilität führt zu einem zunehmenden Wettbewerb durch branchenfremde Unternehmen. Demgemäß ist anzunehmen, dass die bisherigen Markenschwerpunkte mit insbesondere der Expertise beim Bau von Verbrennungsmotoren anderen Abgrenzungskriterien weichen werden, wozu insbesondere die Leistungsfähigkeit der Batterien und der Software gehören werden. Bei der A… AG selbst war strategisch keine eigene Batterieproduktion vorgesehen, sondern Fremdbezug. Die Softwareentwicklung war bereits vor dem Bewertungsstichtag in den Konzern der Antragsgegnerin verlagert worden. Nach dem Bewertungsstichtag eingetretene Veränderungen, die wie die Probleme bei den Lieferketten und der Verfügbarkeit von Halbleitern zum Stichtag nicht als wahrscheinlich angesehen werden konnten und auch nicht vorhergesehen wurden, führten zwar zu einem Verkäufermarkt. Dieser Wandel kann aber nicht als nachhaltig plausible Marktveränderung gewertet werden; die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie wurden nämlich nur für die Jahre 2020 bis 2022 erwartet.
233
Angesichts der Anstrengungen auch der deutschen Wettbewerber und des Eintretens neuer Wettbewerber wird der Markt zunehmend wettbewerbsintensiv, weshalb es auch unter diesem Blickwinkel als plausibel eingestuft werden muss, denn die operative Ergebnismarge unterhalb des Zielkorridors angesetzt wurde. Anderenfalls müsste unterstellt werden, den anderen Wettbewerbern werde es tendenziell schlechter gelingen, die Herausforderungen aus dem Transformationsprozess zu bewältigen. Diese Annahme erscheint jedenfalls nicht plausibler als die von den Bewertungsgutachtern in Abstimmung mit dem Vorstand zugrunde gelegten und von den Abfindungsprüfern von B… T… gebilligten Prämissen.
234
(d) Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Entwicklung der Umsatzzahlen nach dem Bewertungsstichtag. Die geplanten Absatzzahlen waren im zweiten Halbjahr 2020 niedriger als die tatsächlichen Ist-Werte in diesem Zeitraum, was auch für das erste Halbjahr 2021 gilt. Im Zeitraum danach und für das gesamte Jahr 2021 lagen die Absatzzahlen der Overlay-Planung wieder oberhalb der realisierten Zahlen. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2022 lagen die Absatzzahlen der Marke A… kumuliert um nur mehr rund 11 % über denen des entsprechenden Zeitraums des ersten Corona-Jahres 2020 und etwa 20 % unter denen des entsprechenden Zeitraums des Jahres 2021. Die in der Overlay-Planung angenommenen Absatzzahlen für das Jahr 2022 lagen um rund 14 % oberhalb der für das Jahr 2021 geplanten Zahlen; bezogen auf die Ist-Zahlen des Jahres 2021 müsste indes ein Absatzanstieg von 26 % erfolgen, um die Planzahlen für das Jahr 2022 zu erreichen. Diese Entwicklung belegt zum einen die Schwierigkeiten, die weitere Entwicklung angesichts der Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Pandemie zu prognostizieren. Andererseits zeigen sie aber mit Blick auf das Mengengerüst eine nicht zu pessimistische Planung der Gesellschaft. Daher lassen sich Schlussfolgerungen des Inhalts, aufgrund der Planannahmen zu den prognostizierten Absatzzahlen eines Jahres unterhalb der Ist-Daten müsse die EBIT-Marge insbesondere auch im Terminal Value deutlich um mindestens 2 Prozentpunkt erhöht werde, nicht ziehen, nachdem es auch im Folgejahr zu Planverfehlungen kam.
235
Die Entwicklung eines Verkäufermarktes mit einer grundlegenden Knappheit an verfügbaren Fahrzeugen führte dazu, dass in der Vergangenheit übliche Rabatte nicht mehr gewährt wurden und die verfügbaren Halbleiter vermehrt in margenträchtigere höherpreisige Fahrzeugmodelle eingebaut wurden, als dies zum Bewertungsstichtag vorgesehen wurde. Die geringeren Stückzahlen gingen daher mit einem Margeneffekt einher. Die Erfahrungen der Vergangenheit, aber auch die Tatsache, dass diese Entwicklung auch in den einschlägigen Prognosen von I. M. und anderer externer Quellen zum Stichtag der Hauptversammlung nicht angenommen werden konnte, macht deutlich, dass dieser Effekt nicht dauerhaft sein kann.
236
Wenn am Ende der Detailplanungsphase eine EBIT-Marge von 7,9 % angesetzt wird, macht dies deutlich, dass der Zielwert der Rendite von 9 % kein Normalzustand sein kann, wie er aber in der Ewigen Rente abgebildet sein muss.
237
(e) Der Ansatz der operativen Marge ist nicht deshalb fehlerhaft, weil für die in den Terminal Value der A… AG eingeflossene Marke L… im letzten Planjahr eine EBIT-Marge von 22 % angenommen wurde. Zum Gesamtumsatz der A… AG im Jahr 2025 von € 72.000 Mio. tragen die Fahrzeuge der L… S.p.A. 2.276 Mio. oder 3,2 % bei – damit liegt der Anteil am Gesamtumsatz um 0,1 Prozentpunkte höher als im Jahr 2019. Dennoch reduzierte sich die operative Marge der A… AG ungeachtet der deutlich höheren Marge der Fahrzeuge der L… S.p.A. von 81 % im Geschäftsjahr 2019 auf etwa 7,9 % im letzten Planjahr. Der Margenunterschied wird nämlich durch gegenläufige Effekte überlagert, nachdem aus den genannten Gründen die EBIT-Marge von 7,0 % in der Ewigen Rente plausibel ist. Diese Marge bezieht sich auf den gesamten Konzern, in dem es Bereiche gibt, die diese hohe Marge nicht erzielen können. Bei der Marke A… gibt es auch eine nicht geringe Kompakt- und Mittelklasse, so dass es keine derartige Entwicklung in Richtung auf höhermargige Fahrzeugklassen gibt.
238
(8) Ausgehend von einem Umsatzniveau von € 64.696 Mio. und einer operativen Ergebnismarge von 7,0 % ergibt sich ein operatives Ergebnis von (auf-)gerundet € 4.529 Mio., das ungeachtet der Tatsache, dass es unter dem des letzten Planjahres liegt, plausibel ist. Das Fortschreiben des Ergebnisses des letzten Jahres ist nicht gerechtfertigt, so dass dem Ansatz ein Ergebnisrückgang von € 4.946 Mio. nach Steuern auf € 3.765 Mio. nach Steuern in der Ewigen Rente der Ermittlung des Unternehmenswerts und damit der Barabfindung zugrunde gelegt werden kann. Dem lagen begründete Annahmen zur Ableitung des Umsatzniveaus wie auch der operativen Ergebnismarge zugrunde. Dabei wurde auch das Premiumimage der Gesellschaft mit ihren Marken auch im Bereich der Elektromobilität nicht verkannt. Bei der Anpassung wurde eine Marktprognose berücksichtigt, die oberhalb der erwarteten Absatzwachstumsrate durch I. M. für die Jahre 2019 bis 2025 und oberhalb der bereits durch die COVID-19-Pandemie beeinflussten Markterwartungen dieses Instituts vom Mai 2020 lagen.
239
(a) Dem kann nicht entgegengehalten werden, es bedürfe eines Zeitraums von 64 Jahren, um die Ertragskraft des Jahres 2025 wieder zu erreichen. Ein unmittelbarer Vergleich mit dem Ergebnis des letzten Planjahres ist so nicht statthaft, weil er nur bedingt aussagekräftig ist, nachdem das Ergebnis in der Ewigen Rente gerade nicht das unmittelbare Folgejahr darstellt, sondern das im Durchschnitt nachhaltig erzielbare Ergebnisniveau. Dabei ist bei dessen Ableitung angesichts der konjunkturzyklischen Automobilindustrie von schwankenden Ergebnissen auszugehen. Mit Ausnahme der Marke A…, bei der das Umsatzvolumen in der Ewigen Rente aus den allgemeinen Markterwartungen aus der Zeit vor der COVID-19-Pandemie abgeleitet wurde, stellt die Bewertung bei allen anderen Bereichen also auch beim „Sonstigen Automobilgeschäft“ auf das Niveau des letzten Detailplanungsjahres und damit auf ein Niveau ab, das das Ergebnis eines mehrjährigen Wachstumspfades ohne konjunkturelle Rücksetzer war. Das Margenniveau berücksichtigt den Strukturwandel und die strategischen Grundsatzentscheidungen in Bezug auf die Batteriezellenproduktion oder die Softwareentwicklung, denen sich die Gesellschaft angesichts ihrer Einbindung in einen Vertragskonzern beugen muss.
240
(b) Die Ableitung des Terminal Value vernachlässigt nicht das Wachstum aus der Detailplanungsphase einschließlich der Modelloffensive, die Auswirkungen der Grundsatzvereinbarung A…. Zukunft mit Personal- und Kapazitätsanpassungen, die Modularität der Produktion mit hohen Skaleneffekten sowie des A… Transformationsplanes. Auch hier gilt, dass das letzte Planjahr nicht fortgeschrieben werden darf. Die Grundsatzvereinbarung A…. Zukunft wurde in Phase I berücksichtigt. Allerdings gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die von der Gesellschaft geplanten operativen Ergebnisse aus der PR69.SP ab dem Jahr 2026 trotz weiterer Berücksichtigung dieser Grundsatzvereinbarung zu einem unplausiblen Ergebnisniveau in der Ewigen Rente führen könnten. Der A… Transformationsplan war in der Detailplanungsphase vollständig berücksichtigt, weil anderenfalls die operativen Ergebnismargen deutlich schlechter ausgefallen wären. Dennoch kam es in Phase I zu verzögerten Auswirkungen dieses Planes, weil die kostenbasierten Maßnahmen stark volumenabhängig wirken. Vor allem aber ist der zunehmende Anteil elektrifizierter Fahrzeuge als Ursache des Margenrückgangs in den Jahren ab 2023 auch im Terminal Value eingearbeitet und mit den beschriebenen Effekten als nachvollziehbar und plausibel einzustufen.
241
g. Die Ansätze zur Thesaurierung und zur Ausschüttung mit einer Thesaurierungsquote von 50 % in Phase I wie auch im Terminal Value bedürfen keiner Korrektur, weil sie sachlich nicht zu beanstanden sind.
242
(1) Zwar wird üblicherweise davon ausgegangen, dass sich die Ansätze zur Ausschüttung und Thesaurierung der Jahresüberschüsse an den konkreten Planungen der Gesellschaft zu orientieren haben (vgl. nur LG München I, Beschluss vom 24.5.2013, Az. 5 HK O 17095/11; Beschluss vom 6.11.2013, Az. 5 HK O 2665/12; Beschluss vom 31.7.2015, Az. 5 HK O 16371/13; Beschluss vom 25.8.2021, Az. 5 HK O 12034/21; Ruiz de Vargas in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, a.a.O., Anh § 305 Rdn. 35a und 35b; Franken/Schulte in: Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, 3. Aufl., § 5.49). Aufgrund des zwischen der A… AG und der Antragsgegnerin bestehenden Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages führt die Gesellschaft ihren Bilanzgewinn an die Antragsgegnerin ab, weshalb es weder eine Ausschüttungspolitik noch eine Ausschüttungsplanung für die Jahre der Detailplanungsphase gab. Angesichts dessen legten die Bewertungsgutachter nachvollziehbar auch in der Detailplanungsphase den Mittelwert der am Kapitalmarkt beobachtbaren Bandbreite einer Ausschüttungsquote zwischen 40 % und 60 % zugrunde, wie auch in der Ewigen Rente herangezogen wurde, weshalb auf die nachstehenden Ausführungen hierzu Bezug genommen werden kann.
243
(2) In der Ewigen Rente konnte diese Ausschüttungsquote von 50 % angesetzt werden.
244
(a) Es ist nämlich sachgerecht, auf den Durchschnitt der Marktteilnehmer abzustellen (vgl. OLG München AG 2015, 508, 511 = ZIP 2015, 1166, 1170; WM 2020, 2104, 2112; Beschluss vom 26.6.2018, Az. 31 Wx 382/15; OLG Frankfurt Beschluss vom 15.10.2014, Az. 21 W 64/13; OLG Stuttgart AG 2011, 560, 563; LG München I AG 2020, 222, 224; Beschluss vom 28.5.2014, Az. 5 HK O 22657/12; Beschluss vom 29.8.2014, Az. 5 HK O 7455/13; Beschluss vom 31.7.2015, Az. 5 HK O 13671/13; Beschluss vom 30.12.2016, Az. 5 HK O 414/15; Beschluss vom 8.2.2017, Az. 5 HK O 7347/15; Beschluss vom 30.5.2018, Az. 5 HK O 10044/16; Beschluss vom 27.8.2021, Az. 5 HK O 5884/20; Ruiz de Vargas in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, a.a.O., Anh § 305 Rdn. 35 a; Hachmeister/Ruthardt/Mager DB 2014, 1209, 1211 f.). Der Kammer sind die marktüblichen Werte auch aus anderen Spruchverfahren bekannt, weshalb gegen den Ansatz einer innerhalb der genannten Bandbreite von Ausschüttungsquoten, die zwischen 40 und 60 % bzw. 70 % liegt, angesiedelte Ausschüttungsquote von 50 % keine Bedenken bestehen.
245
(b) Die hiergegen erhobenen Einwände verfangen nicht.
246
(aa) Dem gewählten Ansatz können nicht die Ausschüttungsquoten auf der Basis des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages entgegengehalten werden. Soweit seitens der Antragsteller zum Teil auf Ausschüttungen mit Werten von 17 % bis knapp 20 % und einer Zielgröße von 30 % für das Jahr 2022 verwiesen wurde, handelt es sich dabei um die Ausschüttungsquoten der Antragsgegnerin, mithin deren Dividendenzahlung in Relation zu deren Konzernüberschüssen, wobei die Antragsgegnerin in ihrem Geschäftsbericht eine strategische Ausschüttungsquote von 30 % kommunizierte. Diese Quoten beruhen aber gerade nicht auf der Ausschüttungspolitik und der Finanzplanung der A… AG. Da die Ausschüttungsquote aus dem Durschnitt der Marktteilnehmer abgeleitet wird, ist es nicht zwingend, auf das Ausschüttungsverhalten der P. Group-Unternehmen abzustellen (vgl. OLG Frankfurt AG 2017, 832, 835). Gerade die Vergangenheit zeigt, dass die Gesellschaft in den Jahren 2017 und 2018 eine Ausschüttungsquote von 49,8 % hatte. Angesichts dessen ist der gewählte Ansatz über den Marktdurchschnitt ohne Heranziehen des Durchschnitts der Vergleichsunternehmen plausibel und gut vertretbar. Im Jahr 2019 wurden dagegen 95,2 % ausgeschüttet, was sich jedenfalls ungünstig auf den Unternehmenswert auswirken würde, weil höhere Ausschüttungsquoten zu niedrigeren Unternehmenswerten führen.
247
(bb) Aus der Pandemie können keine Rückschlüsse auf die Ausschüttungsquote gezogen werden, die sich erst ab Februar 2020 zunehmend auswirkte. Zum Stichtag der Hauptversammlung gab es demgemäß keine empirischen Unterlagen, inwieweit sich aufgrund der Pandemie die Ausschüttungsquoten dauerhaft verändern würden oder nicht. Bei der Gesellschaft muss aber entscheidend ins Gewicht fallen, dass lediglich die Planung der Jahre 2020 bis 2022 durch die COVID-19-Pandemie beeinflusst war und somit für den Zeitraum der Ewigen Rente nicht von dauerhaften Folgen ausgegangen werden kann.
248
(3) Die Bewertungsgutachter von P… nahmen eine unmittelbare Zurechnung der thesaurierten Beträge an die Anteilseigner vor, wobei die wachstumsbedingte Thesaurierung nach den Erkenntnissen von Herrn Br… und Frau Fi… sachgerecht abgeleitet wurde.
249
(a) Dies berücksichtigt, dass das mit dem langfristig erwarteten Wachstum der G+V-Rechnung bzw. der Überschüsse einhergehende Wachstum der Bilanz entsprechend finanziert werden muss. Demgemäß bedingt das nachhaltige Wachstum der finanziellen Überschüsse auch ein entsprechendes Wachstum der Bilanz, was entweder über Eigenkapital erfolgen kann oder aber durch Fremdkapital aufgebracht werden muss. Für die Finanzierung über das Eigenkapital müssen zu dessen Stärkung Erträge thesauriert werden. Die Alternative der Finanzierung über Fremdkapital würde zwangsläufig das Zinsergebnis (negativ) beeinflussen. Ein Wachstum ohne den Einsatz zusätzlicher Mittel ist folglich nicht möglich; nachhaltiges Gewinnwachstum kommt ohne Finanzierung nicht in Betracht. Das im Unternehmen regelmäßig zu reinvestierende gebundene Kapital unterliegt – selbst im Falle einer nachhaltigen fiktiven Vollausschüttung – inflationsbedingten Preiseinflüssen; auch die in den Plan-Bilanzen zum Ende der Detailplanungsphase berücksichtigten Aktiva und Passiva entwickeln sich inflationsbedingt fort. Aus diesen Tatsachen resultieren Finanzierungserfordernisse, die entweder durch Thesaurierung oder Fremdkapitalaufnahme erfolgen können, müssen dann aber bei der Ableitung der nachhaltigen Überschüsse einfließen (so ausdrücklich: OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15.11.2012, Az. 12 W 66/06 – zit. nach juris; OLG München AG 2018, 753, 755 = Der Konzern 2019, 277, 281; AG 2020, 440, 442 = WM 2020, 1028, 1032; LG München I, Beschluss vom 6.3.2015, Az. 5 HK O 662/13; Beschluss vom 16.4.2019, 5 HK O 14963/17; auch Dörschell/Franken/Schulte, Der Kapitalisierungszinssatz in der Unternehmensbewertung, 2. Aufl., S. 326 f.). Zudem ist zu berücksichtigen, dass bei einer sich im eingeschwungenen Zustand befindlichen Gesellschaft die Kapitalstruktur in der Ewigen Rente konstant bleiben soll. Auch dies spricht für die Notwendigkeit des Ansatzes eines entsprechenden thesaurierungsbedingten Wachstums.
250
(b) Dem kann nicht entgegengehalten werden, dadurch werde der Effekt des Wachstumsabschlags rückgängig gemacht. Es ist nämlich eine differenzierende Betrachtungsweise erforderlich. Die Erfassung von thesaurierungsbedingtem Wachstum erfolgt in der Phase des Terminal Value zum einen zur Abbildung des preisbedingten Wachstums in Form des Wachstumsabschlages und zum anderen zur Berücksichtigung des durch die Thesaurierung generierten Mengenwachstums durch eine nominale Zurechnung des über die Finanzierung des preisbedingten Wachstums hinausgehenden Thesaurierungsbeitrages. Damit aber hat der Wachstumsabschlag eine andere Funktion als der Ansatz des thesaurierungsbedingten Wachstums. Dabei müssen Investitionen in der Ewigen Rente höher sein als die Abschreibungen, weil auch das Anlagevermögen im Terminal Value wächst und es ohne Finanzierung auf dem Niveau des letzten Jahres der Detailplanungsphase verharren würde.
251
Ein Abzug von Unternehmensteuern konnte in diesem Zusammenhang nicht erfolgen. Ein solches Vorgehen zöge eine Verminderung des wirtschaftlichen Eigenkapitals als Bemessungsgrundlage für die Wachstumsthesaurierung nach sich. Zum Ausgleich müsste ceteris paribus ein laufender in Marktwerten gemessener Anstieg des Verschuldungsgrades angenommen werden. Zudem wird die Wachstumsthesaurierung aus dem Jahresüberschuss gebildet, der naturgemäß ein Wert nach Unternehmensteuern ist. Auch kennt das deutsche Steuerrecht keine Steuerermäßigungen für Thesaurierungen. Zwar führt die anteilige Deckung der Finanzierungslücke durch Fremdkapital zu einer höheren Zinsbelastung und damit verbunden geringerem Steueraufwand. Allerdings lässt sich ein Abzug von Unternehmensteuern vom Betrag der Wachstumsfinanzierung damit nicht rechtfertigen. Eine weitergehende Belastung des Betrags der Wachstumsthesaurierung lässt sich nicht aus dem Argument herleiten, dass die verbleibenden Mittel der Unternehmenswertsteigerung nach dem letzten Planjahr dienen. Die auch über eine Wachstumsthesaurierung jährlich steigenden Überschüsse unterliegen ihrerseits ceteris paribus jährlich steigenden Unternehmensteuerbelastungen. Demgemäß haben die Abfindungsprüfer in ihrer ergänzenden Stellungnahme darauf verwiesen, dass in der Bewertungspraxis und der Literatur ein derartiger Abzug von Unternehmenssteuern nicht befürwortet wird.
252
(4) Im Rahmen der Ermittlung des Ertragswerts konnte die Besteuerung auch unter Einschluss inflationsbedingter Kursgewinne erfolgen.
253
(a) Der Ansatz einer typisierten Einkommensteuer auf den Wertbeitrag aus Thesaurierung mit dem hälftigen Steuersatz zuzüglich des Solidaritätszuschlages ist angemessen. Die Festlegung eines Steuersatzes bedarf typisierender Annahmen. Aus empirischen Studien, die es wenigstens in den Vereinigten Staaten von Amerika, wenn auch nicht für Deutschland gibt, erkennt man eine durchschnittliche Haltedauer zwischen 25 und 30 Jahren. Auch wenn diese lange Dauer entsprechend den Erkenntnissen der Kammer aus anderen Spruchverfahren mit der Existenz von sehr langfristig engagierten Pensionsfonds zusammenhängt und dies für Deutschland nicht zwingend sein mag, kann es beim angesetzten Steuersatz bleiben. Dem lässt sich insbesondere auch nicht die Regelung aus § 52 a Abs. 10 EStG entgegenhalten. Ohne eine typisierende Betrachtung ließe sich nämlich ein einheitlicher Unternehmenswert nicht festlegen. Die Verwendung typisierter Steuersätze ist die notwendige Folge der Ermittlung eines objektivierten Unternehmenswerts und folglich unvermeidbar. Es ist deshalb auch nicht zu beanstanden, wenn eine inländische unbeschränkt steuerpflichtige natürliche Person als Anteilseigner angenommen wird. Wenn für Stichtage nach dem 1.1.2009 im Rahmen der Ermittlung der Zuflüsse an die Anteilseigner von der Besteuerung der Veräußerungsgewinne auszugehen ist, im Einzelfall aber ein Anteilsinhaber einen steuerfreien Veräußerungsgewinn haben kann, so muss dies bei der notwendigen Typisierung außer Betracht bleiben (vgl. OLG München NJW-RR 2014, 473, 474; AG 2015, 508, 511 f. = ZIP 2015, 1166, 1170; Beschluss vom 18.6.2014, Az. 31 Wx 390/13; Beschluss vom 3.12.2020, Az. 31 Wx 330/16; OLG Frankfurt AG 2020, 954, 957; OLG Stuttgart AG 2013, 724, 728; AG 2014, 208, 211; Beschluss vom 18.12.2009, Az. 20 W 2/08; LG München I, Beschluss vom 21.6.2013, Az. 5 HK O 19183/09; Beschluss vom 31.7.2015, Az. 5 HK O 16371/13; Beschluss vom 30.12.2016, Az. 5 HK O 414/16; Beschluss vom 30.6.2017, Az. 5 HK O 13182/15; Beschluss vom 29.8.2018, Az. 5 HK O 16585/15; König in: Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, a.a.O., S. 1692 f.; in diese Richtung auch Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, 7. Aufl., Rdn. 488 ff., insbesondere 491).
254
Ein Abstellen auf die individuelle Haltedauer und die individuellen Steuersätze eines jeden einzelnen Aktionärs – gegebenenfalls auch mit Sitz im Ausland – würde eine Unternehmensbewertung unmöglich machen, zumal die Gesellschaft über Inhaberaktien verfügt und folglich die Aktionäre nicht einmal namentlich bekannt sind. Angesichts dessen ist die hier vorgenommene typisierende Betrachtung unausweichlich und rechtlich unbedenklich.
255
(b) Allerdings muss auch eine effektive Ertragsteuer auf inflationsbedingte Wertsteigerung in das Bewertungskalkül einfließen. Soweit die Kammer hierzu in der Vergangenheit die gegenteilige Auffassung vertreten hat (vgl. LG München I, Beschluss vom 29.8.2028, Az. 5 HK O 16585/15; Beschluss vom 16.4.2019, Az. 5 HK O 14963/17; auch LG Dortmund, Beschluss vom 26.8.2019, Az. 20 O 4/12) wird daran nicht mehr festgehalten. Die Berücksichtigung einer effektiven Ertragsteuer führt zu einer besseren Annäherung an den „wahren“ oder „wirklichen“ Unternehmenswert. Dies beruht zunächst auf der Erwägung, dass der Teil des Unternehmenswertes, der auf laufenden operativen Gewinnen beruht, den Anteilseignern über eine fiktive Vollausschüttung zugerechnet wird. Im Terminal Value steigt der Unternehmenswert aber nicht nur durch diese laufenden operativen Gewinne, sondern auch inflationsbedingt. Auch diese Wertsteigerung steht den Aktionären zu, die aber konsequenterweise ebenso wie die Dividende in Phase I und thesaurierungsbedingte Wertsteigerungen in der Ewigen Rente um die persönlichen Steuern zu kürzen sind. Soweit Steuern abfließen, kann dieser Teil des Unternehmenswerts den Anteilseignern nicht fiktiv als Nettozufluss zugerechnet werden. Die von der Kammer bislang als Argument für die unterbliebene Berücksichtigung angeführte Inkonsistenz zwischen Zähler und Nenner im Bewertungskalkül kann nach nochmaliger Überprüfung nicht aufrechterhalten werden. Erst durch die Berücksichtigung der Besteuerung inflationsbedingter Kursgewinne kann das sogenannte Steuerparadoxon vermieden werden. Die Marktrisikoprämie im Nenner wird aus nominellen, empirisch am Markt beobachtbaren Aktienrenditen abgeleitet, in denen alle Wachstumsaspekte enthalten sind, mithin auch inflationsbedingtes Wachstum. Bei einer Umrechnung des Vorsteuerin den Nachsteuerwert werden also auch die inflationsbedingten Kursveränderungen hiervon erfasst. Wenn aber im Nenner (implizit) das inflationsbedingte Wachstum berücksichtigt ist, muss dies dann konsequenterweise auch bei den Überschüssen im Zähler folgen. Folglich kann von einer Inkonsistenz zwischen Zähler und Nenner nicht ausgegangen werden. Ebenso wenig liegt darin ein Widerspruch zwischen der grundsätzlichen Annahme einer unbegrenzten Lebensdauer des zu bewertenden Unternehmens einerseits und einer Besteuerung von tatsächlich nur durch Veräußerung zu realisierenden Kursgewinnen. Es handelt sich hierbei um eine bewertungstheoretische Annahme, ohne die den Aktionären wesentliche Teile des Unternehmensvermögens vorenthalten würden (so OLG München, Beschluss vom 3.12.2020, Az.: 31 Wx 330/16 – zit. nach juris; OLG Frankfurt AG 2020, 954, 956; Popp/Ruthardt in: Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, a.a.O., § 12.175; WP Handbuch 2014, Band 2, Rdn. 399; Popp Der Konzern 2019, 149, 153 ff.; Laas WPg 2020, 1256, 1258 ff.).
256
(c) Abgebildet wird diese Problematik der inflationsbedingten Wertsteigerungen vorliegend im Nenner des Bewertungskalküls, in dem ein Wachstumsabschlag von 0,43 % nach Steuern angesetzt wurde. Das Ergebnis ändert sich durch diese Vorgehensweise nicht.
257
Angesichts dessen stellen sich die zu kapitalisierenden Überschüsse wie folgt dar:
|
|
|
|
Plan
|
|
|
Ewige Rente
|
in Mio. EUR
|
2020
|
2021
|
2022
|
2023
|
2024
|
2025
|
ab 2026
|
Umsatz
|
48.000
|
58.000
|
63.050
|
65.350
|
69.150
|
72.000
|
64.696
|
Operatives Ergebnis (EBIT)
|
1.600
|
4.200
|
5.750
|
6.000
|
6.100
|
5.700
|
4.529
|
EBlT-Marge
|
3,3 %
|
7,2 %
|
9,1 %
|
9,2 %
|
8,8 %
|
7,9 %
|
7,0 %
|
Beteiligungsergebnis
|
1.299
|
724
|
743
|
1.017
|
1.027
|
1.100
|
800
|
Zusätzliches Risiko Diesel
|
(180)
|
|
|
|
|
|
|
Minderheiten
|
(171)
|
(181)
|
(189)
|
(200)
|
(212)
|
(224)
|
(200)
|
Anpassungen
|
948
|
543
|
554
|
817
|
815
|
876
|
600
|
EBIT (nach Anpassungen)
|
2.548
|
4.743
|
6.304
|
6.817
|
6.915
|
6.576
|
5.129
|
Finanzergebnis
|
(35)
|
(44)
|
(47)
|
(50)
|
(65)
|
(79)
|
(87)
|
EBT (Ergebnis vor Steuern)
|
2.513
|
4.699
|
6.257
|
6.766
|
6.850
|
6.497
|
5.041
|
Unternehmensteuern
|
(198)
|
(1.155)
|
(1.583)
|
(1.666)
|
(1.687)
|
(1.551)
|
(1.263)
|
Cashflowrelevante Anpassungen
|
|
|
|
|
|
|
(14)
|
Ausschüttungsfähiges Ergebnis
|
2.316
|
3.543
|
4.675
|
5.100
|
5.164
|
4.946
|
3.765
|
Thesaurierung
|
(1.158)
|
(1.772)
|
(2.337)
|
(2.550)
|
(2.582)
|
(2.473)
|
(1.883)
|
Ausschüttung
|
1.158
|
1.772
|
2.337
|
2.550
|
2.582
|
2.473
|
1.883
|
Persönliche Ertragssteuern
|
(305)
|
(467)
|
(616)
|
(673)
|
(681)
|
(652)
|
(497)
|
Ausschüttung (nach ESt)
|
852
|
1.304
|
1.721
|
1.877
|
1.901
|
1.821
|
1.386
|
Fiktive Zurechnung von Thesaurierung
|
1.158
|
1.772
|
2.337
|
2.550
|
2.582
|
2.473
|
1.883
|
Persönliche Ertragssteuer auf fiktive Zurechnung
|
(153)
|
(234)
|
(308)
|
(336)
|
(340)
|
(326)
|
(248)
|
Zu diskontierende Nettoausschüttung
|
1.858
|
2.842
|
3.750
|
4.091
|
4.142
|
3.968
|
3.020
|
258
2. Der Wert der so ermittelten Überschüsse muss nach der Ertragswertmethode auf den Stichtag der Hauptversammlung abgezinst werden. Der hierfür heranzuziehende Kapitalisierungszinssatz, der die Beziehung zwischen dem zu bewertenden Unternehmen und den anderen Kapitalanlagemöglichkeiten herstellen soll, wurde in der Detailplanungsphase im Geschäftsjahr 2020 auf 4,44 %, im Jahr 2021 auf 4,43 %, im Jahr 2022 auf 4,46 %, im Jahr 2023 auf 4,52 %, im Jahr 2024 auf 4,56 %, im letzten Planjahr 2025 auf 4,60 % sowie im Terminal Value auf 4,23 % festgesetzt und dementsprechend im Vergleich zum Bewertungsgutachten und zum Prüfungsbericht angepasst werden.
259
Zutreffend ist der Ausgangspunkt bei der Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes unter Berücksichtigung persönlicher Ertragsteuern in der Bewertung durch die Antragsgegnerin. Da die finanziellen Überschüsse aus der alternativ am Kapitalmarkt zu tätigenden Anlage der persönlichen Ertragsbesteuerung der Unternehmenseigner unterliegen, ist der Kapitalisierungszinssatz unter Berücksichtigung der persönlichen Steuerbelastung zu ermitteln (vgl. OLG München ZIP 2006, 1722, 1725; AG 2007, 287, 290; NJW-RR 2014, 473, 474; OLG Düsseldorf AG 2019, 92, 95 = ZIP 2019, 370, 373 f. = DB 2018, 2108, 2111 f.; OLG Stuttgart AG 2007, 128, 134: OLG Karlsruhe AG 2013, 353, 355; Laas WPg 2020, 1256, 1257). Dabei ist im Rahmen der Unternehmensbewertung nach dem im Zeitpunkt der Hauptversammlung maßgeblichen Steuerregime der Abgeltungssteuer von einem Steuersatz von 25 % entsprechend den gesetzlichen Regelungen in §§ 43, 43 a Abs. 1 Nr. 1, 32 d Abs. 1 Satz 1 EStG auszugehen, der auch angesetzt wurde. Zudem ist der Solidaritätszuschlag zu beachten, woraus sich dann ein Steuersatz von 26,375 % errechnet.
260
a. Der Basiszinssatz war dabei mit 0,0 % anzusetzen.
261
(1) Der Basiszinssatz bildet eine gegenüber der Investition in das zu bewertende Unternehmen risikolose und laufzeitadäquate Anlagemöglichkeit ab. Die Ermittlung des Basiszinssatzes anhand der Zinsstrukturkurve von Zerobonds quasi ohne Kreditausfallrisiko kann methodisch nicht beanstandet werden. Es ist nämlich betriebswirtschaftlich gefordert, dass der Kapitalisierungszinssatz für den zu kapitalisierenden Zahlungsstrom hinsichtlich Fristigkeit, Risiko und Besteuerung äquivalent sein muss. Die Zinsstrukturkurve stellt den Zusammenhang zwischen der Verzinsung und den Laufzeiten von den am Markt gehandelten Anleihen dar und gibt den Zusammenhang zwischen Verzinsung bzw. Rendite einer Anleihe und deren Laufzeit wieder. Die nach der sogenannten Svensson-Methode ermittelte Zinsstrukturkurve bildet den laufzeitspezifischen Basiszinssatz – den sogenannten Zerobond-Zinssatz – ab. Sie ist in der Rechtsprechung zu Recht weithin anerkannt (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15.11.2012, Az. 12 W 66/06; OLG Frankfurt NZG 2012, 1382, 1383; 2013, 69, 70; OLG München ZIP 2009, 2339, 2341 = WM 2009, 1848, 1850; AG 2012, 749, 752 = Der Konzern 2012, 561, 564; AG 2015, 508, 512 = ZIP 2015, 1166, 1170; OLG Stuttgart AG 2013, 724, 728; LG München I AG 2016, 95, 98; 2020, 222, 225; Beschluss vom 30.12.2016, Az. 5 HK O 414/15; Beschluss vom 8.2.2017, Az. 5 HK O 7347/15; auch Baetge/Kümmel/Schulz/Wiese in: Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, a.a.O., S. 448 f.). Nur dadurch kann der Grundsatz der Laufzeitäquivalenz verwirklicht werden. Die Annahme, es müsse auf den zum Bewertungsstichtag aktuellen Zinssatz für langläufige Bundesanleihen abgestellt werden, übersieht, dass die Unternehmensbewertung auf die Ewigkeit ausgelegt ist. Gerade die Anwendung der Svensson-Methode zeigt auch, dass hier gerade nicht auf Daten der Vergangenheit abgestellt wird, sondern künftige Entwicklungen der Ermittlung des Basiszinssatzes zugrunde gelegt werden (vgl. OLG Stuttgart AG 2013, 724, 728; LG München I, Beschluss vom 30.6.2017, Az. 5 HK O 13182/15). Mit ihrer Hilfe wird ein Zinssatz auf der Grundlage laufzeitabhängiger, zukunftsorientierter Kapitalmarktdaten verwendet (vgl. Wollny, Der objektivierte Unternehmenswert, 3. Aufl., S. 481).
262
Auf dieser Grundlage ergibt sich zum Stichtag der Hauptversammlung ein Basiszinssatz in Höhe von 0,001 % vor Steuern, der dann auf 0,0 % abgerundet wurde. Dieser (Ab-)Rundung stehen keine grundlegenden Bedenken entgegen. Die Verpflichtung zur Zahlung einer angemessenen Barabfindung, die dem vollen Wert der Beteiligung entspricht, liegt ein einfach- wie auch verfassungsrechtlich gebotener Ausgleich der jeweils geschützten gegenläufigen Interessen der Minderheitsaktionäre und der Antragsgegnerin als Hauptaktionärin zugrunde. Die Heranziehung von Parametern, die den richtigen Werten möglichst nahe kommen, wird dem gesetzlich vorgegebenen Interessenausgleich am ehesten gerecht. Die vorgenommene Abrundung auf 0,0 % ist daher von § 287 Abs. 2 ZPO gedeckt (vgl. OLG München AG 2019, 887, 881 = WM 2019, 2262, 2265; Beschluss vom 30.7.2018, Az. 31 Wx 79/17; OLG Karlsruhe AG 2015, 549, 551 = Der Konzern 2015, 442, 448; OLG Frankfurt Der Konzern 2011, 47, 50 f.; LG München I, Beschluss vom 21.8.2015, Az. 5 HK O 1913/14; Beschluss vom 30.6.2017, Az. 5 HK O 13182/15; Beschluss vom 29.8.2018, Az. 5 HK O 16585/15). Die – wenn auch nur extrem geringfügige – Abrundung wirkt sich ohnehin zugunsten der Minderheitsaktionäre aus.
263
(2) Ebenso wenig ist es geboten, den Basiszinssatz in Phase I jeweils für ein konkretes Planjahr gesondert auszuweisen. Die einheitliche Festlegung des Basiszinssatzes für den gesamten Beurteilungszeitraum stellt eine allgemein übliche und nicht zu beanstandende Vorgehensweise dar (so ausdrücklich OLG München NJW-RR 2014, 423, 474; Beschluss vom 30.7.2018, Az., 31 Wx 122716). Dies ergibt sich letztlich auch aus der Überlegung, dass Erträge zwar jährlich erzielt und ausgeschüttet werden sollen, die Dauer des Unternehmens und damit die Ermittlung des Ertragswertes in die Ewigkeit angelegt ist und demzufolge auch nicht von einer jährlich neu stattfindenden Alternativanlage ausgegangen werden kann, wenn Bewertungsanlass das Ausscheiden eines Aktionärs aus der Gesellschaft ist (vgl. LG München I, Beschluss vom 30.3.2012, Az. 5 HK O 11296/06; Beschluss vom 31.7.2015, Az. 5 HK O 16371/13; Beschluss vom 21.12.2015, Az. 5 HK O 24402/13; Beschluss vom 8.2.2017, Az. 5 HK O 7347/15).
264
(3) Eine Reduktion wegen der Existenz von Credit Default Swaps muss nicht erfolgen. Allein der Umstand, dass am Markt auch Credit Default Swaps in Bezug auf staatliche Anleihen der Bundesrepublik Deutschland zu beobachten sind, rechtfertigt nicht den Ansatz einer Kürzung des Basiszinssatzes. Zum einen ist die Bundesrepublik Deutschland – ungeachtet einer möglichen, aber keinesfalls sicheren Verwirklichung von Haftungsrisiken als Folge der Staatsschuldenkrise innerhalb des Euro-Raums – unverändert ein sicherer Schuldner. Auf ein theoretisches Restausfallrisiko kommt es nicht entscheidend an, weil völlig risikofreie Anlagen ohnehin nicht verfügbar sind. Zudem ist aus anderen Spruchverfahren gerichtsbekannt, dass es zwar Spekulationen gegen die Bundesrepublik Deutschland gibt; diese sind indes zahlenmäßig so gering, dass eine Berücksichtigung beim Basiszinssatz nicht gerechtfertigt sein kann. Weiterhin kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Staatsschulden der Bundesrepublik Deutschland aufgrund der Neuregelungen in Art. 109 Abs. 3 und Art. 115 Abs. 2 GG zumindest nicht in dem Ausmaß ansteigen dürfen, wie dies in der Vergangenheit immer wieder zu beobachten war (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 24.11.2011, Az. 21 W 7/11; LG München I Der Konzern 2020, 311, 313 f.; Beschluss vom 6.3.2015, Az. 5 HK O 662/13; Beschluss vom 31.7.2015, Az. 5 HK O 16371/13; Beschluss vom 21.12.2015, Az. 5 HK O 24402/13; 8.2.2017, Az. 5 HK O 7347/15; Beschluss vom 28.4.2017, Az. 5 HK O 26513/11; Beschluss vom 29.11.2023, Az. 5 HK O 5321/19).
265
b. Für die Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes muss der Basiszinssatz um einen Risikozuschlag erhöht werden, der nach § 287 Abs. 2 ZPO zu schätzen ist und vorliegend im Geschäftsjahr 2020 auf 4,44 %, im Jahr 2021 auf 4,43 %, im Jahr 2022 jeweils auf 4,46 %, im Jahr 2023 auf 4,52 %, im Jahr 2024 auf 4,56 %, im letzten Planjahr 2025 auf 4,60 % sowie im Terminal Value auf 4,23 % jeweils nach Steuern festzusetzen ist.
266
(1) Der Grund für den Ansatz eines Risikozuschlages liegt darin, dass Investitionen in Unternehmen im Vergleich zur Anlage in sichere oder zumindest quasi-sichere öffentlichen Anleihen einem höheren Risiko ausgesetzt sind. Dieses Risiko wird bei einem risikoaversen Anleger durch höhere Renditechancen und damit einen erhöhten Zinssatz ausgeglichen, weshalb der Ansatz eines Risikozuschlages unumgänglich ist, zumal der Verzicht auf diesen die ohnehin nicht durch die Planung abgegoltenen Risiken wie politische Krisen, Naturkatastrophen oder weitere nicht in die Planungsrechnung einzubeziehenden allgemeinen wirtschaftlichen Risiken vernachlässigen würde. Ebenso kann die Gefahr des Verfehlens der Planungsziele nicht völlig unberücksichtigt bleiben. Angesichts dessen geht die heute nahezu einhellig vertretene obergerichtliche Rechtsprechung vom Erfordernis des Ansatzes eines Risikozuschlages aus (vgl. nur OLG München ZIP 2009, 2339, 2341 = WM 2009, 1848, 1850; KG NZG 2011, 1302, 1304 = AG 2011, 627, 628 f. = ZIP 2011, 2012, 2013 = WM 2011, 1705, 1706 f.; OLG Stuttgart, Beschluss vom 17.10.2011, Az. 20 W 7/11; AG 2013, 724, 729; AG 2014, 208, 211; OLG Frankfurt NZG 2012, 549, 550 = Der Konzern 2012, 199, 205 f.; AG 2017, 790, 793 = Der Konzern 2018, 74, 78; ebenso Peemöller/Kunowski in: Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, a.a.O., S. 394; Baetge/Kümmel/Schulz/Wiese in: Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, a.a.O., S. 455).
267
(2) Allerdings wird die Frage, wie der Risikozuschlag im Einzelnen zu ermitteln ist, nicht einheitlich beurteilt.
268
(a) Mehrheitlich wird heute davon ausgegangen, der Risikozuschlag könne mittels des (Tax-)CAPM (Capital Asset Pricing Model) ermittelt werden. Danach wird die durchschnittliche Marktrisikoprämie, die anhand empirischer Daten aus der langfristigen Differenz zwischen der Rendite von Aktien und risikolosen staatlichen Anleihen errechnet wird, mit einem spezifischen Beta-Faktor multipliziert, der sich aus der Volatilität der Aktie des zu bewertenden Unternehmens ergibt (vgl. OLG Düsseldorf WM 2009, 2220, 2226; AG 2016, 329, 331 = WM 2016, 1685, 1690; OLG Stuttgart AG 2010, 510, 512; AG 2008, 510, 514 f.; NZG 2007, 112, 117 = AG 2007, 128, 133 f.; OLG Frankfurt AG 2016, 551, 554; van Rossum in: Münchener Kommentar zum AktG, 6. Aufl., § 305 Rdn. 144; Simon/Leverkus in: Simon, SpruchG, a.a.O., Anh § 11 Rdn. 126 f.). Zur Begründung der Maßgeblichkeit dieses kapitalmarkttheoretischen Modells wird vor allem ausgeführt, dass bei der Feststellung des Unternehmenswertes intersubjektiv nachvollziehbare Grundsätze unter Zugrundelegung von Kapitalmarktdaten Anwendung fänden und dass es kein anderes Modell gebe, das wie das CAPM die Bewertung risikobehafteter Anlagenmöglichkeiten erläutere.
269
Die weiteren in der Literatur diskutierten Modelle sind jedoch dem (Tax-)CAPM keinesfalls überlegen, sondern weisen – wie der Kammer aus anderen Spruchverfahren wie dem Verfahren 5 HK O 16226/08 bekannt – deutliche Schwächen auf, weshalb sie zur Ermittlung des Risikozuschlages nicht herangezogen werden können.
270
(aa) Die Arbitrage Pricing Theory (APT) kann nicht als geeignetes Modell bezeichnet werden. Durch diese Methode wird ein Zusammenhang zwischen erwarteter Rendite und Risiko hergestellt. Die dabei zugrundeliegende Annahme unterscheidet sich allerdings deutlich von der des (Tax-)CAPM. Während das CAPM bei der Schätzung der Security Market Line davon ausgeht, dass alle Anlagen effizient diversifizierende Portfolios bilden und sich der Kapitalmarkt im Gleichgewicht befindet, nimmt das APT an, in funktionierenden Märkten könne es zu keinem Fortbestehen von Arbitragemöglichkeiten kommen. Grundgedanke ist dabei, dass bei kurzfristig auftretenden Arbitragemöglichkeiten der Marktpreis von den Marktteilnehmern dahingehend beeinflusst wird, dass sich die Arbitragemöglichkeit als Ausnutzen von Preisdifferenzen für dasselbe Wertpapier an zwei unterschiedlichen Handelsplätzen auflöst. Eine Verletzung dieser Beziehung spräche daher für einen irrationalen Markt. Die zweite Annahme des APT liegt in der Erklärung von Aktienrenditen durch ein Faktorenmodell, wobei sowohl Ein- als auch Mehrfaktorenmodelle Verwendung finden. Dabei wird die Aktienrendite unter Berücksichtigung mehrerer Risikofaktoren bestimmt, wie beispielsweise die Risikoprämien für makroökonomische Größen, die das Bruttoinlandsprodukt oder die Inflationsrate darstellen. Die dritte zentrale Annahme besteht im Vorhandensein einer ausreichenden Zahl von Wertpapieren, um wertpapierspezifische Risiken durch Diversifikation zu eliminieren. Ein erheblicher Nachteil dieses Modells liegt darin, dass keine konkrete Vorgehensweise in Bezug auf die Bestimmung von relevanten Faktoren, bzw. den korrespondierenden Risikoprämien aufgezeigt wird.
271
(bb) In gleicher Weise kann auch für das Drei-Faktoren-Modell nach Fama French eine Überlegenheit gegenüber dem (Tax-)CAPM nicht angenommen werden, weshalb es wie das APT zur Ableitung der Marktrisikoprämie nicht herangezogen werden muss. Dieses Modell berücksichtigt neben der Marktrisikoprämie und dem Beta-Faktor zusätzlich noch weitere Faktoren, die sich auf die Marktkapitalisierung und das Kurs-Buchwert-Verhältnis beziehen, wodurch die erwartete Überrendite von kleinen Unternehmen und Unternehmen mit einem hohen Quotienten aus Buch- und Marktwert berücksichtigt werden sollen. Die gerichtlich bestellten Sachverständigen haben in ihrem Hauptgutachten dargestellt, dass die Ermittlung der Faktoren auf empirischer Erklärungsgüte von Aktienrenditen basiert und somit theoretisch nicht fundiert ist. Aus einem anderen Spruchverfahren, Az. 5 HK O 16505/08 ist der Kammer aufgrund der Ausführungen des dortigen Sachverständigen, Herrn Dipl.-Kfm. M. W., zudem bekannt, dass eine durchgeführte Untersuchung von Schulz aus dem Jahr 2009 für den deutschen Kapitalmarkt gerade keine Überrendite für kleine und große Unternehmen feststellen konnte. Angesichts dessen wird das Modell von Fama French den deutschen Marktgegebenheiten nicht gerecht. Auch dieser Umstand spricht neben der kontrovers diskutierten Auswahl der Risikofaktoren gegen den Ansatz der Überlegungen von Fama und French zur Ermittlung des Risikozuschlags bei der Gesellschaft.
272
(cc) Auch die Sicherheitsäquivalenzmethode, die im Zähler des Bewertungskalküls ansetzt, stellt keine vorzugswürdige alternative Methode zur Bestimmung des Risikozuschlags dar. Sie beruht auf der Erwägung, dass der unsichere künftige Zahlungsstrom als Grundlage der Bewertung nach der Ertragswertmethode durch einen Zahlungsstrom ersetzt wird, der anstelle des Erwartungswertes risikoneutrale Erwartungswerte abbildet. Die Diskontierung des Zahlungsstroms erfolgt dann mit dem risikofreien Zinssatz. Das Sicherheitsäquivalent ist dabei diejenige Ergebnishöhe, die bei sicherem Eintreten aus Sicht des Bewerters den gleichen Nutzen stiftet wie das volle (unsichere) Ergebnis-Verteilungsspektrum. Hierzu ist indes die Bestimmung einer Risikonutzenfunktion erforderlich. Die dieser zugrundeliegende Schätzung risikoneutraler Wahrscheinlichkeiten lässt sich beispielsweise über Marktdaten wie Optionspreise bei Annahme der Arbitragefreiheit ermitteln. Indes stellt die Risikonutzenfunktion ein abstraktes Konzept dar, dessen Bestimmung in Bezug auf den konkreten Funktionsverlauf mit solchen Herausforderungen verbunden ist, dass sie in der Bewertungspraxis keine Anwendung findet und schon deshalb nicht geeignet sein kann, den Risikozuschlag abzuleiten. Die Überlegungen für den Ansatz einer bestimmten Methode, wie sie oben einleitend unter B. II. dargestellt wurden, müssen hier in gleicher Weise geltend. Zudem ist, wie der Kammer aus den Verfahren 5 HK O 7819/09 durch die Aussage der dort bestellten Sachverständigen W2. A3. und W3. W4. bekannt ist, dass eine darauf beruhende Bewertung intersubjektiv kaum oder gar nicht nachprüfbar ist, nachdem sie die Kenntnis der Risiko-Nutzen-Funktion der Eigentümer voraussetzt.
273
(dd) Für die von Gleißner entwickelte Ermittlung der Kapitalkosten auf der Grundlage des Ertragsrisikos, das anhand von Variationskoeffizienten von Ertrag oder von freiem Cashflow gemessen wird, wobei dieser das Verhältnis der Standardabweichung zum Ertragswert darstellt, muss ungeachtet des dieser Methode innewohnenden Vorteils einer Ermittlung ohne Heranziehen von Kapitalmarktdaten gelten, dass sie in der wirtschaftswissenschaftlichen Praxis für aktienrechtliche Strukturmaßnahmen nicht angewandt wird, sondern nur vereinzelt für Bewertungsanlässe außerhalb solcher Maßnahmen. Somit fehlt es an einer zentralen Voraussetzung entsprechend den obigen Ausführungen unter B. II..
274
Angesichts dessen konnte und kann auf das (Tax-)CAPM zurückgegriffen werden, um den Risikozuschlag zu schätzen.
275
(b) Die angesetzte Marktrisikoprämie von 5,75 % nach Steuern bedarf keiner Korrektur.
276
(aa) Sie liegt innerhalb der zum damaligen Stichtag vom FAUB des IDW empfohlenen Bandbreite von 5,0 % bis 6,5 %. Der Stichtag der Hauptversammlung liegt nun aber zeitlich nach der aktuellen Empfehlung vom 22.10.2019, durch die nach Anhebung der Obergrenze eine Bandbreite zwischen 5 % und 6,5 % nach Steuern als sachgerecht bezeichnet wurde. Zur Begründung dieser aktuellen Empfehlung führte der FAUB aus, aufgrund der aktuellen Entwicklung in Bezug auf den risikolosen Zinssatz von damals 0 %, der danach sogar negativ wurde, sei eine erneute Anpassung in Bezug auf die Marktrisikoprämie erforderlich. Die Gesamtrenditeerwartung sei tatsächlich bereits in den Jahren 2012/2013 leicht gesunken; der Rückgang stehe jedoch in keinem Verhältnis zum Rückgang der Renditen deutscher Staatsanleihen. Ausgehend von einer aktuellen Gesamtrenditeerwartung von 7 % bis 9 % vor Steuern oder rund 5,62 % bis 7,22 % nach Steuern müsse es zu einer Anhebung der Marktrisikoprämie auf 6 % bis 8 % vor Steuern, mithin einem Nach-Steuerwert von 5 % bis 6,5 % kommen. Dieses Fazit einer leicht gesunkenen Gesamtrenditeerwartung beruht auf einer vom FAUB vorgenommenen Analyse verschiedenster Methoden, wobei namentlich historisch gemessene Aktienrenditen, langfristig reale Aktienrenditen, ex ante-Analysen impliziter Kapitalkosten und aktuelle Betrachtungen herangezogen wurden. Diese Empfehlung des FAUB beruht auf einem pluralen Ansatz und nicht nur auf einer einzelnen Ableitung. Dabei werden sowohl vergangenheitsbezogene Zahlen als auch Überlegungen zur Herleitung einer impliziten Marktrisikoprämie herangezogen. Seit Beginn der Finanzmarkt- und Staatsschuldenkrise mit in der Folge sinkenden Basiszinssätzen gibt es eine wachsende Unsicherheit und damit verbunden eine hohe Risikoaversion, was – anders als steigende Diversifizierungsmöglichkeiten und eine im Zeitlauf gestiegene Risikotoleranz aufgrund gestiegenen Vermögens – für eine höhere Marktrisikoprämie spricht. Jüngere empirische Untersuchungen auch unterschiedlicher Ansätze – Betrachtung historisch gemessener Aktienrenditen, Betrachtung langfristig realer Aktienrenditen, Verwendung von ex ante-Analysen impliziter Kapitalkosten sowie modelltheoretische Analysen ohne risikofreie Kapitalkosten – deuten auf eine im Vergleich zu früheren Ansätzen infolge der Finanzkrise gestiegene Marktrisikoprämie hin (vgl. Castedello/Jonas/Schiessl/Lenckner WPg 2018, 806 ff.). Dieser plurale Ansatz ist ungeachtet der an dieser Vorgehensweise in der Literatur geäußerten Kritik, die Marktrisikoprämie müsse anhand impliziter, am Kapitalmarkt beobachtbarer Kapitalkosten abgeleitet werden (vgl. Bassemir/Gebhardt/Ruffing WPg 2012, 882, 886), weshalb die theoretische Fundierung der Erhöhung fehle, vorzugswürdig. Die alleinige Ableitung der Marktrisikoprämie aus impliziten Kapitalkosten ist nämlich wiederum der nachvollziehbaren Kritik ausgesetzt, dass es sich dabei um einen Zirkelschluss handele, weil der aktuell gegebene Aktienkurs als gegebene Größe in die Ermittlung der impliziten Eigenkapitalkosten eingehe und sich eine einheitliche oder gar richtige Methode zu ihrer Herleitung nicht gebildet habe. Die mit der geänderten Bandbreite zum Ausdruck kommende, abwägende und veränderte Konzeption der zurückhaltenderen Herangehensweise ist ein für die Zwecke einer praktischen Unternehmensbewertung jedenfalls vertretbarer und damit für die gerichtliche Überprüfung hinreichend tauglicher Ansatz, den geänderten Bedingungen am Kapitalmarkt mit sehr niedrigen Basiszinssätzen und den daraus resultierenden empirischen Beobachtungen Rechnung zu tragen. Dabei ist nicht ersichtlich, dass die Nichtbeachtung der stichtagsaktuellen Empfehlungen des FAUB zur Marktrisikoprämie im Rahmen objektivierter Unternehmensbewertungen zu „richtigeren“ Unternehmenswerten führen könne. Wenn aber die Bandbreite einen genügenden Rahmen bietet, kann auch der Mittelwert von 5,75 % nach Steuern vorliegend herangezogen werden (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 8.9.2020, Az. 21 W 121/15; OLG München AG 2020, 629, 632 = WM 2021, 599, 605 f.; OLG Düsseldorf AG 2018, 679, 681 = Der Konzern 2019, 92, 96). Dabei muss gerade in diesem Zusammenhang gesehen werden, dass der Rückgang des Basiszinssatzes und die darauf beruhende Anpassung der Bandbreitenempfehlung deutlich stärker ausfiel als die Erhöhung der Marktrisikoprämie.
277
(bb) Diese Nach-Steuer-Marktrisikoprämie entspricht unter Berücksichtigung der Ausschüttungsquote von 50 % einer Marktrisikoprämie vor Steuern in Höhe von 7,17 % bei einem Basiszinssatz von 0,0 %. Dieser Wert liegt nur geringfügig über dem Mittelwert der vom FAUB des IDW veröffentlichten Empfehlung vom 25.10.2019 mit einer Bandbreite zwischen 6,0 % bis 8,0 %.
278
(cc) Aus der Entwicklung des VDAX seit Anfang 2019 lässt sich kein Rückschluss auf eine zu hoch angesetzte Marktrisikoprämie ziehen. Ein höherer VDAX deutet auf steigende Unsicherheiten an den Kapitalmärkten hin, Im Zeitpunkt der Empfehlung des FAUB des IDW lag der VDAX unterhalb dem des VDAX zum Bewertungsstichtag. Ein steigender VDAX bedeutet dann aber gerade keinen Hinweis auf ein gesunkenes Risiko. Auch vor diesem Hintergrund ist es nicht fehlerhaft, wenn im Rahmen der Schätzung der Marktrisikoprämie nach Steuern auf den Mittelwert der Empfehlung des FAUB abgestellt wird (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.9.2021, Az. 26 W 1/19 (AktE; AG 2018, 679, 681 = Der Konzern 2019, 92, 96).
279
(dd) Soweit in der Literatur vertreten wird, eine höhere Marktrisikoprämie lasse sich nicht rechtfertigen (vgl. Knoll Der Konzern 2020, 478 ff.), vermag dem die Kammer nicht zu folgen. Gerade die Ableitung und Höhe der Marktrisikoprämie sind in der betriebswirtschaftlichen Literatur heftig umstritten, wie eine Vielzahl von Studien und Literaturbeiträgen deutlich machen. Eine zweifelsfreie Klärung der Problematik wird nicht möglich sein. Da es nicht Aufgabe des Spruchverfahrens sein kann, wirtschaftswissenschaftliche Streitfragen einer letztverbindlichen Klärung zuzuführen, ist die Kammer auch nicht gehalten, ein Sachverständigengutachten zu diesem Themenkomplex einzuholen. Ein weiterer Erkenntnisgewinn ist hierdurch nicht zu erwarten, nachdem es insbesondere keine belastbaren Studien gibt, die dem Gericht eine bessere Erkenntnisgrundlage vermitteln könnten (so ausdrücklich OLG München AG 2020, 629, 632 = WM 2021, 629, 606). Etwas anderes lässt sich auch nicht aus den Entscheidungen des BGH zur Ermittlung des Risikozuschlags nach § 7 Abs. 4 und Abs. 5 StromNEV durch die Regulierungsbehörde (vgl. BGH, Beschluss vom 9.7.2019, Az. EnVR 41/18; Beschluss vom 3.3.2020, Az. EnVR 34/18) herleiten. Der BGH lässt in diesen Entscheidungen gerade nicht erkennen, dass der Ansatz des FAUB des IDW nicht geeignet sein könnte, die Marktrisikoprämie angemessen abzubilden. Es wird lediglich ausgeführt, es handele sich hierbei um eine alternativ in Betracht kommende Bewertungsmethode, die dem Ansatz der Bundesnetzagentur nicht klar überlegen sei (vgl. OLG München AG 2020, 133, 136 = WM 2019, 2104, 2113; Beschluss vom 3.12.2020, Az. 31 Wx 330/16; OLG Düsseldorf NZG 2023, 160, 166 f. = AG 2022, 705, 710 f. = ZIP 2022, 1269, 1274 f. = WM 2022, 1480, 1486 = Der Konzern 2022, 483, 492). Die vom Kartellsenat des BGH aufgestellten Grundsätze lassen sich nach den ausdrücklichen Feststellungen im Beschluss vom 3.3.2020, Az. EnVR 34/18 gerade nicht mit denen zur Ermittlung der angemessenen Barabfindung nach § 327 b AktG vergleichen, weil die Ermittlung des Wagniszuschlags nach § 7 Abs. 5 StromNEV nicht der Ermittlung eines Unternehmenswertes dient, sondern der Bestimmung eines Faktors, dem ausschlaggebende Bedeutung für die Bestimmung einer den Zielen der §§ 1 und 21 EnWG Rechnung tragenden Vergütung für die Nutzung von Strom- und Gasnetzen zukommt.
280
(c) Korrekturbedarf besteht indes beim Beta-Faktor. Der unverschuldete Beta-Faktor muss auf 0,80 herabgesetzt werden, weil T…, Inc. nicht in P. Group aufgenommen werden kann und F… N.V. gegen den größten nationalen Indes FTSE Italia All-Share Index regressiert werden muss.
281
(aa) Der unternehmenseigene Beta-Faktor der A… AG konnte vorliegend nicht herangezogen werden, weil er kein geeigneter Maßstab ist, um die mit dem Geschäftsmodell der Gesellschaft einhergehenden künftigen systematischen Risiken abzubilden. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Beta-Faktor der Gesellschaft in jedem der betrachteten Beobachtungszeiträume von zwei und fünf Jahren bei einer Einteilung in Jahresscheiben seit dem 27.2.2020 als Endpunkt statistisch signifikant waren und sich die Bid-Ask-Spreads zwischen 0,51 % (27.2.2017 bis 28.2.2016) und 1,19 % (27.2.2019 bis 28.2.2018) bewegten. Damit liegen sie noch unterhalb der Grenze von 1,25 % bei der vielfach die Grenze gezogen wird, bis zu der noch von einer hinreichenden Liquidität der Aktie ausgegangen werden kann. Allerdings ist der absolute Handelsumsatz pro Tag mit Werten zwischen € 49.205,- (27.2.2020 bis 28.2.2019) und € 140.010,- (27.2.2016 bis 28.2.2015) als gering einzustufen, was die Aussagekraft des Beta-Faktors bereits einschränken kann. Die Abfindungsprüfer verwiesen in diesem Zusammenhang darauf, dass im Jahr 2018 lediglich an 53 Handelstagen mit einem Volumen von mehr als 153 Aktien oder etwa 0,1 % des Streubesitzes von 142.749 Aktien stattfand und im Jahr 2019 sich dieser Wert auf 34 Handelstage reduzierte. Ausschlaggebend muss aber sein, dass seit dem Jahr 1971 der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zwischen der Antragsgegnerin und der A… AG besteht. Deshalb spiegelt der Beta-Faktor zumindest auch in erheblichem Umfang die Risiken wider, die sich aus diesem Vertrag ergeben, nicht aber das operative Risiko der A… AG. Die variable Ausgleichszahlung hängt in ihrer Höhe nicht unmittelbar von der Geschäftsentwicklung der A… AG ab, sondern von der Dividendenzahlung der Antragsgegnerin. Demgemäß wäre selbst bei einem Jahresverlust der Gesellschaf die positive Ausgleichszahlung möglich, weil diese im Gegensatz zum Jahresergebnis nie negativ sein kann. Zwar hängt die Höhe der Dividendenzahlung der Antragsgegnerin auch vom Geschäftsergebnis der A… AG, aber ebenso von der Geschäftsentwicklung der übrigen Aktivitäten innerhalb des Konzerns der Antragsgegnerin. Eine Berücksichtigung des originären Beta-Faktors würde somit gegen das Prinzip der Risikoäquivalenz verstoßen, wonach der zu diskontierende Zahlungsstrom und die im Kapitalisierungszinssatz ausgedrückte Rendite der Alternativanlage hinsichtlich dieses Risikos vergleichbar sein muss. Andererseits kann auch nicht ausschließlich auf den Beta-Faktor der Antragsgegnerin mit Werten zwischen 0,63 und 0,69 unverschuldet abgestellt werden. Die soeben dargestellten Erwägungen gelten in gleicher Weise auch für die Antragsgegnerin. Bei ihr handelt es sich um einen diversifizierten Konzern mit einem breit aufgestellten PKW-Geschäftsfeld, das Marken sowohl im Massensegment mit V…, Sk… und Se…, aber auch im Premium- und Luxussegment mit Be…, L…, Po… und A… aufweist. Zudem wird das operative Risiko der Antragsgegnerin auch durch das LKW-Geschäft mit M… und Sc…, das Geschäftsfeld Power Engineering mit Großdieselmotoren und Turbomaschinen sowie den Finanzdienstleistungen beeinflusst. Außerdem liegt mit der deutlich diversifizierteren Aufstellung des Konzerns der Antragsgegnerin ein anderes Risikoprofil als bei dem auch auf Premium- und Luxus-PKW sowie Motorräder fokussierten A…-Konzern vor, so dass der Beta-Faktor der Antragsgegnerin nur einen Teil des Risikos der A… AG reflektiert. Dem kann auch nicht die seit 1971 bestehende Einbindung der Gesellschaft in den Konzern der Antragsgegnerin entgegengehalten werden, weil innerhalb des Vertragskonzerns die Fahrzeugmarken selbstständig am Markt operieren. In gleicher Weise nehmen auch beim A…-Konzern die einzelnen Tochtergesellschaften ihre Geschäftstätigkeit eigenverantwortlich wahr. Damit steht in Einklang, dass die Ableitung des Ertragswerts gerade nicht unter Heranziehung der diskontierten Ausgleichszahlungen erfolgte. In Bezug auf den relevanten Diskontierungszinssatz müsste sich dieser an der Risikoposition der Dividende der Antragsgegnerin orientieren. Dann aber kann beim Vorhandensein weiterer vergleichbarer Unternehmen nicht allein auf den Beta-Faktor der Antragsgegnerin abgestellt werden. Die Auswahl der P. Group-Unternehmen bedarf insoweit einer Korrektur, als T…, Inc. nicht aufzunehmen war.
282
(bb) Für die Auswahl der P. Group-Unternehmen wesentlich ist die Vergleichbarkeit hinsichtlich des Geschäftsmodells, der spezifischen Produktsegmente bzw. des Diversifikationsgrades und der Produktart, hinsichtlich der regionalen Abdeckung und gegebenenfalls auch hinsichtlich ihrer Größe (vgl. Franken/Schulte/Dörschell, Kapitalkosten für die Unternehmensbewertung, 3. Aufl., S. 47). Ein in jeder Hinsicht vergleichbares Risikoprofil mit der A… AG konnte nicht festgestellt werden; eine absolute Deckungsgleichheit der in die P. Group aufgenommenen Unternehmen mit dem Bewertungsobjekt ist weder möglich noch kann dies gefordert werden, worauf sowohl das Bewertungsgutachten von P… als auch der Prüfungsbericht und die schriftliche Stellungnahme von B… T… hinweisen. Als Vergleichsunternehmen werden dabei solche Unternehmen ausgewählt, die operativ im Bereich der Premium- oder Luxusfahrzeuge, der Elektrofahrzeuge und der Motorräder aktiv sind und zudem auch in den für die Gesellschaft wichtigsten Absatzregionen präsent sind. Dabei konnten auch im Ausland ansässige und notierte Gesellschaften einbezogen werden. Es ist in der Rechtsprechung weithin anerkannt, dass angesichts der internationalen Verflechtung der Kapitalmärkte auch ausländische Unternehmen in eine P. Group aufgenommen werden können (vgl. OLG Celle AG 2007, 865, 867 = ZIP 2007, 2025, 2028; OLG Düsseldorf WM 2009, 2220, 2226; LG München I, Beschluss vom 25.4.2016, Az. 5 HK O 20672/14; Beschluss vom 30.5.2018, Az. 5 HK O 10044/16; Beschluss vom 26.7.2019, Az. 5 HK O 13831/17; Beschluss vom 16.4.2021, Az. 5 HK O 5711/19; Beschluss vom 25.8.2023, Az. 5 HK O 12034/21).
283
Dem kann die größere Bedeutung der Automobilindustrie in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern nicht entgegengehalten werden. Der Beta-Faktor bildet das systematische Risiko ab, das durch die operative Geschäftstätigkeit einerseits und den Verschuldungsgrad andererseits bestimmt wird. Das operative Risiko der A… AG ist geprägt durch das Auftreten als weltweit tätiger Automobilhersteller, also vor allem auch durch die geografische Ausrichtung, das Wettbewerbsumfeld sowie den Transformationsprozess hin zur Elektromobilität. Die Abfindungsprüfer verwiesen in ihrer Stellungnahme auf China und Nordamerika als regional bedeutsame Absatzmärkte und Aktivitäten innerhalb Europas auf diesen Märkten auch außerhalb von Deutschland. Auf den regionalen Märkten herrscht ein Wettbewerb mit anderen internationalen Automobilproduzenten und in China vor allem perspektivisch mit den nationalen aufstrebenden neuen Unternehmen. Der Transformationsprozess, der gerade auch wegen des weltweiten Klimawandels notwendig ist, kann auch aus diesem Grunde nicht an den Landesgrenzen enden, auch wenn die Existenz nationaler regulatorischer Anforderungen zu einer erhöhten Komplexität mit den damit verbundenen Herausforderungen an einen international agierenden Automobilhersteller führt. Damit aber steht die A… AG vor denselben Herausforderungen wie ausländische Automobilhersteller. Die Bedeutung dieses Wirtschaftszweiges für die deutsche Volkswirtschaft kann also keinen, zumindest keinen bestimmenden Einfluss auf den Beta-Faktor haben. Eventuelle staatliche Stützungsmaßnahmen kann es ebenso in anderen Volkswirtschaften geben, weshalb dieser Gedanke keine Bedeutung erlangen kann.
284
(cc) Bei der Auswahl der Vergleichsunternehmen muss aber eine wesentliche Korrektur vorgenommen werden. T…, Inc. fehlt die Vergleichbarkeit, weshalb dieses Unternehmen nicht in die P. Group aufgenommen werden konnte. Zwar muss gesehen werden, dass dieses Unternehmen elektrifizierte Fahrzeuge herstellt und auch in China als dem für die A… AG besonders relevanten Markt 95,1 % der batteriebetriebenen Fahrzeuge absetzt. Allerdings ist T…, Inc. das einzige Unternehmen aus der P. Group der Bewertungsgutachter, das ausschließlich Elektrofahrzeuge herstellt und zusätzlich noch mit dem Geschäftsfeld Energieerzeugung und -speicherung Energiespeicherprodukte anbietet und mit CO2-Zertifikaten handelt, wobei dies aber nur etwa 6 % des Gesamtumsatzes ausmacht, während das Geschäftsfeld „Automotive“ nahezu 94 % des Gesamtumsatzes erwirtschaftet. Als Hersteller von ausschließlich elektrogetriebenen Fahrzeugen trifft dieses Unternehmen aber gerade nicht der Transformationsprozess weg vom Antrieb von Verbrennungsmotoren hin zu alternativen Antriebsmodellen, wobei dies zum Stichtag der Hauptversammlung in erster Linie Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge und Elektrofahrzeuge waren. Dieser Prozess indes stellt sich zur Überzeugung der Kammer als das wesentliche Risiko der A… AG dar, weil er wesentlichen Einfluss auf die Umsätze wie auch die Aufwendungen und damit auf die Margen hat. T…, Inc. ist gerade nicht von den regulatorischen Anforderungen betroffen, die die CO2-Emissionen reduzieren sollen und damit Investitionen in erheblichem Umfang verursachen. Daneben muss bei der A… AG auch vermehrt in den Ausbau der E-Mobilität investiert werden, während T…, Inc. sich mit seinen Investitionen ausschließlich auf den Bereich der Elektromobilität konzentrieren kann, wo dieses Unternehmen durchaus als Marktführer angesehen werden kann.
285
Im Gegensatz zu T…, Inc. weisen alle anderen Vergleichsunternehmen sämtliche für die Einordnung wesentlichen Elemente auf, die auch die Struktur des operativen Risikos der A… AG kennzeichnen – internationale Tätigkeit, Transformationsprozess sowie Entwicklung im chinesischen Markt oder zumindest in Asien. Daher kommt es nicht mehr entscheidungserheblich darauf an, inwieweit die Einleitung eines Verfahrens wegen des Verdachts auf Marktmanipulation gegen Herrn E. M1. , die ihre Ursache im Angebot der Übernahme der Aktien der T…, Inc. durch den Nachrichtendienst Tw. zu einem Preis von € 40,- je Aktie und der Ankündigung eines Delisting hatte, zu Verzerrungen des Aktienkurses führte, was insoweit einer Einbeziehung in eine P. Group entgegenstehen könnte. Dasselbe gilt für die Aktivitäten von Leerverkäufen bei T…, Inc.; auch hier muss die Kammer nicht entscheiden, inwieweit dies zu einer Abkoppelung vom allgemeinen Marktgeschehen führte. Ebenso wenig ist entscheidungserheblich, ob die Entwicklung der Kurse für Aktien der T…, Inc. angesichts noch nie erzielter Jahresüberschüsse dieses Unternehmens rein spekulativ sein könnte und ob die Aufnahme von T…, Inc. in den S & P-500 erst am 21.12.2020 zur mangelnden Eignung des Beta-Faktors führen könnte.
286
(dd) Gegen die weitere Zusammensetzung der P. Group bestehen keine grundlegenden Bedenken. Eine sich ausschließlich aus den deutschen Wettbewerbern Da… AG, B… AG sowie der Antragsgegnerin zusammensetzende P. Group kann nicht gefordert werden. Gerade Unternehmen aus dem so bezeichneten „Massenmarkt“ sind von dem Entwicklungsprozess hin zur E-Mobilität ebenfalls in hohem Maße betroffen. Die mit der Elektrifizierung einhergehenden Probleme wie Leistungsfähigkeit der Batterien oder preisliche Wettbewerbsfähigkeit treffen die gesamte Automobilindustrie. Auch wenn einige der ausgewählten Unternehmen nicht dem Premium-Segment zugeordnet werden können, gehören doch einige der von ihnen vertriebenen Marken auch zu diesem Segment. So verfügt Fi… Automobile N.V. mit dem Geschäftsfeld Maserati über einen Bereich, in dem Luxusfahrzeuge unter dieser Marke vertrieben werden. Toyota Motor Corp. bietet unter der Marke Lexus Fahrzeuge im Premiumsegment an; auch G… M… Company hat beispielsweise mit den Marken Cadillac oder Chevrolet Fahrzeuge im Portfolio, die der Premiumklasse zuzuordnen sind. Abgesehen davon bietet auch die A… AG in ihrer Marke A… auch Fahrzeuge wie den A3 an, die der Kompaktklasse zuzuordnen sind, so dass hier nicht allein auf das Premium- und Luxussportwagensortiment abgestellt werden kann. Die Abfindungsprüfer wiesen in ihrer Stellungnahme zudem darauf hin, dass die nordamerikanischen Hersteller G… M… Company und Fi… Automobile N.V. eine ganze Reihe von SUV-Modellen vertreiben, die für die A… AG von besonderer Bedeutung und daher ein wesentlicher Treiber der geplanten Absatzentwicklung sind, nachdem der weltweite Trend zum SUV entsprechend den zum Stichtag vorhandenen Erkenntnissen anhalten soll.
287
Bei der Da… AG und der Antragsgegnerin mussten keine Bereinigungen vorgenommen werden, auch wenn sie im Lkw-Bereich tätig sind. Die Da… AG erzielte in den Jahren 2017 bis 2019 57,5 %, 55,6 % und 54,3 % ihrer Umsatzerlöse im PKW-Bereich, wobei die Margen in diesem Zeitraum mit 9,4 %, 7,8 % und 3,6 % deutlich weniger stabil und damit letztlich riskanter waren als im LKW-Bereich, wo sie im selben Zeitraum 6,7 %, 7,2 % und 6,1 % betrugen, wie in der Stellungnahme vom 30.9.2022 herausgearbeitet wurde. Die Antragsgegnerin erwirtschaftete im Zeitraum von 2017 bis 2019 73,4 %, 72,5 % und 73,8 % ihrer Umsatzerlöse im Bereich Pkw und leichte Nutzfahrzeuge, während die entsprechenden Zahlen für den Nutzfahrzeugbereich bei 12,0 %, 12,5 % und 10,1 % lagen. Der Bereich Power-Engineering stieg hinsichtlich seines Anteils an den Umsatzerlösen in dem Zeitraum von 2017 bis 2019 von 1,4 % über 1,5 % auf 1,6 % an. Die realisierten E.-M. lagen mit 6,8 %, 6,7 % und 6,5 % zwar stets unter denen des Bereichs Pkw und leichte Nutzfahrzeuge mit 7,5 %, 7,2 % und 8,4 %, zeigten sich aber stabiler als im PKW-Bereich. Ein Vergleich mit der B… AG ohne wesentlichen Nutzfahrzeugbereich und ohne Power Engineering als Geschäftsbereich zeigt, dass es keine Anhaltspunkte dafür gab, dass die bei den Geschäftsbereichen Nutzfahrzeuge bzw. Power Engineering bestehenden Risiken bei der Da… AG und der Antragsgegnerin zu deren Ausschluss aus der P. Group führen müsste. Gerade wenn man beim Finanzierungsgeschäft auch noch neben den damit verbundenen Verbindlichkeiten auch die Forderungen aus den Finanzdienstleistungen dem Finanzierungsbereich zuordnet, zeigt sich, dass die B… AG einen unverschuldeten Beta-Faktor aufweist, der etwas niedriger liegt als der der Da… AG und etwas höher als der der Antragsgegnerin ist.
288
Die nordamerikanischen Hersteller sind in gleicher Weise von dem Transformationsprozess betroffen wie die A… AG. Auch bei ihnen handelt es sich um weltweit agierende Industrieunternehmen. Ihr Heimatmarkt Nordamerika und dabei namentlich der US-amerikanische Markt stellt für die A… AG einen ganz wesentlichen regionalen Markt darf, nachdem dort im Jahr 2019 etwa 14,6 % aller Auslieferungen erfolgten. Als weltweit agierende Konzerne sind die nordamerikanischen Hersteller entsprechenden Wechselkurseinflüssen auf der Beschaffungsseite ausgesetzt. Folglich können derartige Effekte keinen Grund für den Ausschluss aus der Gruppe der Vergleichsunternehmen darstellen.
289
Das Produktportfolio von Fi… Automobile N.V. beinhaltet Modelle des Premium- und Luxussegments und insbesondere diverse SUV-Modelle, weshalb die Vergleichbarkeit mit der A… AG hinsichtlich des Angebots durchaus bejaht werden muss. Zwar war dieses Unternehmen auf den Absatzmärkten in Europa, wo nur etwa 8 % der produzierten Fahrzeuge verkauft wurden, und auch in China nur in vergleichsweise geringem Ausmaß vertreten. Andererseits ist Nordamerika als Heimatmarkt von Fi… auch für die A… AG einer der wesentlichen regionalen Märkte. Das Finanzdienstleistungsgeschäft machte mit rund € 172 Mio. im Jahr 2019 nur etwa 0,2 % des Umsatzes der Fi… aus. Ähnliches gilt für G… M…, deren Schwerpunkt regional ebenfalls in den für die A… AG wesentlichen regionalen Absatzmärkte Nordamerikas liegt.
290
In gleicher Weise bedeutsam für die Gesellschaft ist auch der chinesische Markt als wichtigster regionaler Einzelmarkt mit einem Absatzvolumen von 37,4 % im Geschäftsjahr 2019, weshalb die Bewertungsgutachter durchaus Unternehmen berücksichtigen durften, deren regionaler Schwerpunkt in China liegt, zumal auch diese Unternehmen vom Transformationsprozess hin zur Elektromobilität weg vom Verbrennungsmotor betroffen sind. Die A… AG ist von staatlichen Einflüssen in gleicher Weise wie andere ausländische Hersteller betroffen, die in China tätig sein. Ein staatlicher Einfluss auf die chinesischen Automobilhersteller betrifft auch die Gesellschaft über ihre Beteiligungen bzw. Joint Ventures in China; die Gesellschaft realisiert aus ihnen einen nicht unwesentlichen Beteiligungsertrag. Folglich konnten die chinesischen Hersteller als Vergleichsunternehmen herangezogen werden.
291
Demgemäß konnten auch F… J… und G… sowie S… (Shanghai) in die P. Group aufgenommen werden, selbst wenn diese Hersteller nicht das Premiumsegment abbilden. Von einer fehlenden zuverlässigen Datenbasis konnte nicht ausgegangen werden, nachdem die Abfindungsprüfer zur Ermittlung des Beta-Faktors die Daten des Finanzmarktinformationsdienstleisters S&P Capital IQ sowie von Statista heranzogen und daraus keine entsprechenden Schlüsse hin zu einer mangelnden Zuverlässigkeit der Datenbasis ziehen konnten. Die Tatsache, dass F… J… in den Jahren 2016 bis 2018 Verluste auswies, die sich zunächst auch in 2019 fortsetzten, kann vorliegend nicht als Ausschlusskriterium angesehen werden. Als Folge eines im Jahr 2019 durchgeführten Asset Deals wurde ein Restatement durchgeführt, so dass sowohl für 2019 als auch für 2020 positive Ergebnisse ausgewiesen wurden. Zwar kam es im Zeitraum von Mitte 2015 bis Oktober 2018 zu einer knappen Sechstelung des Aktienkurses dieses Unternehmens. Von 2014 bis 2018 waren die Umsätze wie auch das operative Ergebnis – ungeachtet eines kleinen Wachstums des Umsatzes im Jahr 2017 – insgesamt rückläufig; hiermit kann auch der negative Kursverlauf im Zusammenhang stehen. Jedenfalls konnten die Abfindungsprüfer kein den Kursverlauf verzerrendes Übernahmeangebot feststellen. Die Bid-Ask-Spreads lagen für F… J… bei einem Beobachtungszeitraum von fünf Jahren bei etwa 0,10 und bei einem Beobachtungszeitraum von zwei Jahren bei etwa 0,12 %. Bei Aktien mit einem geringen Handelsvolumen liegt der Bid-Ask-Spread deutlich über dem sehr liquider Aktien. Daher müssen Käufer bzw. Verkäufer einer Aktie mit geringem Handelsvolumen einen erheblich höheren Abschlag auf ihre Bruttorendite hinnehmen als Käufer bzw. Verkäufer einer Aktie mit hohem Handelsvolumen. Infolgedessen wird ein rationaler Investor nicht unmittelbar auf jede neue Kapitalmarktinformation reagieren, weil er bei jeder Transaktion erhebliche Renditeabschläge hinnehmen müsste durch die höheren Bid-Ask-Spreads. Folglich zeigt sich das tatsächliche Risiko eines Unternehmens nicht am empirisch ermittelten Beta-Faktor, da der Kurs aufgrund der hohen Transaktionskosten nur träge auf neue Kapitalmarktinformationen reagiert. Die Grenze, bis zu der Bid-Ask-Spreads auf eine hinreichende Liquidität hinweisen, wird üblicherweise in einer Größenordnung von 1,25 % gezogen. Damit aber zeigt die Aktie der F… J… eine hohe Liquidität.
292
In gleicher Weise kann auch bei G… nicht von einer mangelnden Aussagekraft des Börsenkurses ausgegangen werden. Von Mitte 2015 bis Ende 2016 konnte eine knappe Versechsfachung des Kurses festgestellt werden, wobei insbesondere im Jahr 2017 die Steigerung 254 % betrug. Allerdings verzeichnete dieses Unternehmen im selben Jahr auch eine Steigerung des Umsatzes von etwa 73 % und des Gewinns um etwa 108 %. Damit aber lässt sich die Entwicklung des Börsenkurses mit der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens durchaus in Einklang bringen. Auch bei G… konnte ein Übernahmeangebot mit Potenzial zur Kursverzerrung nicht festgestellt werden. Die Bid-Ask-Spreads lagen bei etwa 0,22 % bei einem fünfjährigen und bei 0,16 % bei einem zweijährigen Betrachtungszeitraum, weshalb auch bei dieser Aktie eine hohe Liquidität bestand; auch dieser Umstand spricht für die Berücksichtigung des Beta-Faktors von G…. Dagegen lassen sich die sehr unterschiedlichen Ergebnisse der Regression gegen einen internationalen und gegen einen lokalen Index nicht entgegenhalten. Bei Heranziehung eines lokalen Index ergab sich bei einem fünfjährigen Referenzzeitraum ein Beta-Faktor von 0,84 und bei einem lokalen Index von 1,51, während diese Werte bei einem zweijährigen Betrachtungszeitraum 0,91 bzw. 1,80 betrugen. Diese unterschiedlichen Beta-Faktoren beruhen nach den Analysen der Abfindungsprüfer auf unterschiedlichen Kursverläufen der Indices, wo nach ähnlichen Verläufen zu Beginn des Betrachtungszeitraums ab dem zweiten Halbjahr erkennbar Abweichungen auftraten. Dabei stieg der MSCI World Index im letzten Jahr des Betrachtungszeitraums stark an, während der lokale Hang Seng Index eher seitwärts bzw. leicht abwärts tendierte. Mit dem Beginn der COVID-19-Pandemie kam es bei beiden Indices zu einem deutlichen Einbruch; die Aufholbewegung danach war beim globalen Index stärker als beim lokalen. Zwar lassen sich die unterschiedlichen Entwicklungen durchaus mit den Unsicherheiten über den rechtlichen Status von Hongkong und dem zunehmenden Einfluss Chinas sowie den Protesten mit gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei erklären. Allerdings kann daraus nicht zwingend der Schluss gezogen werden, die Regression gegen den nationalen Index müsse verworfen werden. In ihrer Stellungnahme vom 30.9.2022 wiesen die Abfindungsprüfer auf ihre Analysen hin, wonach beide Regressionen zu statistisch signifikanten Ergebnissen führten. Die Bestimmtheitsmaße waren bei der Regression gegen den lokalen Index sogar höher als bei der Regression gegen den globalen Index. Ebenso wenig führte die Liquiditätsanalyse gegen den lokalen Index zum Ausschluss der Regression gegen den Hang Seng Index.
293
Die F… N.V. konnte in die P. Group aufgenommen werden. Dieses Unternehmen erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2019 etwa 83 % seiner Umsatzerlöse mit Automobilen, Ersatzteilen und Motoren, während das Finanzdienstleistungsgeschäft zusammen mit den Erlösen der Rennstrecke in Mugello lediglich 2,8 % der Umsatzerlöse ausmachte; in den Jahren vor 2019 ergab sich jeweils ein ähnlich niedriger Anteil an den Umsatzerlösen. Der Geschäftsbericht der F… N.V. für das Jahr 2019 erläuterte bereits die Unsicherheit aus den zukünftig zu erwartenden alternativen Antriebstechnologien für Supersportwagen als Hybridfahrzeuge oder voll elektrische Fahrzeuge. Damit bedeutet aber auch der Transformationsprozess ein vergleichbares Risiko zu dem insbesondere von L… S.p.A., wobei F… N.V. für L… S.p.A. ohne jeden Zweifel einer der zentralen Wettbewerber ist. Bei der Vergleichbarkeit mit der A… AG als maßgeblichem Bewertungsobjekt muss aber auch gesehen werden, dass F… N.V. sowohl L… S.p.A. als auch die A… AG mit der Marke A… als wesentlichen Wettbewerber für einen Teil der eigenen Modellpalette ansieht. Der Berücksichtigung von F… N.V. steht nicht entgegen, dass dieses Unternehmen erst am 21.10.2025 an die Börse ging und daher ein fünfjähriger Betrachtungszeitraum nicht hätte einfließen können. Für eine aussagekräftige Regression wird regelmäßig ein Mindeststichprobenumfang von mehr als 50 Datenpunkten gefordert. Diese Zahl wurde in allen von den Bewertungsgutachtern durchgeführten Regressionsanalysen und damit auch bei F… N.V. überschritten, weil sich hier 55 von 60 möglichen Datenpunkten ergeben, die bei der Regression auch berücksichtigt wurden.
294
Bei F… N.V. war die Regression gegen den größten nationalen Index, mithin den FTSE Italia All-Share Index durchzuführen, nicht gegen den nur als Surrogat herangezogenen S & P 500, nachdem die Aktie der F… N.V. erstmals an dieser Börse gehandelt wurde. Auch unter Berücksichtigung des Börsengangs in Mailand etwa 2 ½ Monate nach dem Start an der New York Stock Exchange waren noch genügend Datenpunkte zu verzeichnen gewesen.
295
Für L… S.p.A. konnte mangels Börsennotiz kein Beta-Faktor abgeleitet werden.
296
Die Aufnahme von Y… Co. Ltd. (im Folgenden: Y…) in die P. Group stellt sich nicht als fehlerhaft dar; es wurde nicht Y… Motors Inc. aufgenommen. Dieses in die P. Group einbezogene Unternehmen deckt innerhalb der P. Group das operative Risiko ab, das auf die D… Motor Holding S.p.A. entfällt. Ausweislich des Geschäftsberichts für das Jahr 2019 erzielte dieses Unternehmen den überwiegenden Teil seiner Umsätze schon im Segment „Land Mobility“, das im Wesentlichen das Motorradgeschäft umfasste, wohingegen das Segment „Financial Services“ in Bezug auf die Umsatzerlöse unwesentlich war. Y… wird von der D… S.p.A. als Wettbewerber insbesondere im Hinblick auf kleinere Motorräder eingestuft; Y… selbst sieht die D… S.p.A. im Segment Motorräder mit hohem Sport-/Freizeitanteil als Wettbewerber an. Folglich muss Y… als unmittelbar vergleichbares Unternehmen angesehen werden. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil die Margen im Referenzzeitraum von 2017 bis 2019 mit Werten zwischen 9,3 % und 6,9 % vergleichbare Werte wie die A… AG aufweist.
297
Die Beta-Faktoren der einzelnen Unternehmen stellen sich wie folgt dar:
Unternehmen
|
lokal Index
|
2 Jahre, wöchentlich
|
5 Jahre, monatlich
|
lokal
|
MSCI
|
lokal
|
MSCI
|
B… AG
|
CDAX Index
|
0,57
|
0,56
|
0,68
|
0,68
|
Da… AG
|
CDAX Index
|
0,66
|
0,65
|
0,75
|
0,75
|
F… J… Group Co., Ltd.
|
CSI 300 Index
|
1,30
|
0,63
|
1,12
|
1,05
|
F… N.V.
|
FTSE Italia All-Share Index
|
0,52
|
0,79
|
0,65
|
0,82
|
FCA N.V.
|
FTSE MIB Index
|
0,82
|
0,98
|
0,92
|
1,10
|
G… Hld. Ltd.
|
Hang Seng Index
|
1,80
|
0,91
|
1,51
|
0,84
|
G… M… Company
|
S&P 500
|
0,79
|
0,81
|
0,74
|
0,79
|
S… r Corp. Ltd.
|
CSI 300 Index
|
1,03
|
0,53
|
0,71
|
0,60
|
T… Corp.
|
TOPIX Index
|
0,62
|
0,45
|
0,67
|
0,54
|
V… AG
|
CDAX Index
|
0,63
|
0,65
|
0,67
|
0,69
|
Y… Co., Ltd.
|
TOPIX Index
|
1,05
|
0,86
|
1,38
|
1,18
|
Arithmetisches Mittel
|
|
0,89
|
0,71
|
0,89
|
0,82
|
Minimum
|
|
0,52
|
0,45
|
0,65
|
0,54
|
Maximum
|
|
1,80
|
0,98
|
1,51
|
1,18
|
Median
|
|
0,79
|
0,65
|
0,74
|
0,79
|
298
(ee) Aus dieser P. Group ergibt sich ein unverschuldeter Beta-Faktor der A… AG von 0,80. Dieser wird abgeleitet aus dem arithmetischen Mittel, wie es sich aus dem Beta-Faktor auf Basis des arithmetischen Mittels und des Medians ergibt. Der Beta-Faktor auf Basis des arithmetischen Mittels beträgt 0,83 und setzt sich je nach Renditeintervall (zwei Jahre wöchentlich und fünf Jahre monatlich) bei Regression gegen den größten lokalen Index und gegen den MSCI World Index aus den Werten 0,89, 0,71, 0,89 und 0,82 zusammen. Beim Median betragen die vergleichbaren Werte 0,65, 0,74, 0,79 und 0,79, woraus sich dann der Mittelwert des Median von 0,77 ergibt. Demgemäß war ein Beta-Faktor von 0,80 als Mittelwert zwischen 0,83 und 0,77 anzusetzen. Mit dieser Methode, die in der Praxis der Unternehmensbewertung gängig ist, wie der Kammer aus anderen Spruchverfahren bekannt ist, werden die Schwächen der beiden Methoden zumindest teilweise ausgeglichen. Beim Abstellen auf den Median ist die konkret ermittelte Höhe einzelner Beta-Faktoren der Vergleichsunternehmen insoweit nicht mehr unmittelbar relevant, als dass hohe oder niedrige Beta-Faktoren rechnerisch als „Ausreißer“ gewertet werden. Andererseits hat der Median gegenüber dem arithmetischen Mittel den Vorzug, dass der durchschnittliche Beta-Faktor der P. Group gerade um die Auswirkungen von Ausreißern bereinigt wird.
299
Bei der Herleitung des Beta-Faktors ist es nicht zu beanstanden, wenn die Bewertungsgutachter wie auch die Abfindungsprüfer bei der Regression gegen den größten nationalen Index und den globalen MSCI World Index mit fünfjährigen Beobachtungszeiträumen und monatlichen Renditeintervallen sowie mit zweijährigen Beobachtungszeiträumen mit wöchentlichen Renditeintervallen rechneten. Dies entspricht der weithin geübten Praxis der Unternehmensbewertung, wie sie der Kammer aus einer großen Anzahl bei hier rechtshängig gewordener Spruchverfahren bekannt ist. Tägliche Renditeintervalle über einen einjährigen Zeitraum mussten zur Ableitung des Beta-Faktors nicht herangezogen werden. Sehr kurze Beobachtungsfrequenzen spielen in der Praxis der Bestimmung des Beta-Faktors keine herausragende Rolle, wofür der sogenannte Intervalling-Effekt als ursächlich genannt wird. Dieser beschreibt das Phänomen, dass sich der Beta-Faktor systematisch verändert, je länger der Beobachtungszeitraum gewählt wird. Hochfrequent gehandelte Aktien reagieren schneller als niederfrequent gehandelte oder gar illiquide Aktien. Dies hat zur Folge, dass der auf Basis von kurzen Renditeintervallen ermittelte Beta-Faktor illiquider Aktien tendenziell zu niedrig und der von sehr liquiden Aktien tendenziell zu hoch ist. Sehr liquide Aktien reagieren schneller als der durchschnittlich liquide Index. Mit zunehmender Periodizität nähern sich die geschätzten Beta-Faktoren den tatsächlichen Beta-Faktoren an, weil bei längeren Intervallen die Reaktionsunterschiede der einzelnen Aktien nur noch eine untergeordnete Rolle spielen (vgl. Meitner/Streitferdt in: Peemöller/Kunowski, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, a.a.O., S. 614 f.; auch Ziemer, Der Beta-Faktor theoretische und empirische Befunde nach einem halben Jahrhundert CAPM, DissWürzburg 2015, S. 226; Franken/Schulte in: Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, a.a.O., § 6.116 ff.). Gegen den Ansatz täglicher Renditeintervalle über einen Zeitraum insbesondere von einem Jahr spricht die Überlegung, dass anhand des (Tax-)CAPM die erwarteten Kapitalkosten abgebildet werden sollen, weshalb ein stabiler Beta-Faktor ermittelt werden soll, der das auch nachhaltig zu erwartende Risiko abbildet und nicht lediglich eine Momentaufnahme über kurzfristige Entwicklungen (vgl. Wollny, Der objektivierte Unternehmenswert, 3. Aufl., S. 624 f.). Dieser Gedanke muss hier umso mehr gelten, als die letzten fünf bis sechs Monate vor dem Stichtag durch die sich ausweitende COVID-19-Pandemie und deren Auswirkungen auf Aktienkurse und -renditen geprägt war. Auch konnte der fünfjährige Beobachtungszeitraum mit monatlichen Renditeintervallen in die Ermittlung des Beta-Faktors einfließen. Die für das systematische Risiko der A… AG zentralen Faktoren wie der Transformationsprozess weg vom Verbrennungsmotor hin zu alternativen, umweltfreundlichen Antrieben wie auch die wesentliche Bedeutung des chinesischen Marktes sind bereits in den letzten fünf Jahren vor dem Stichtag bekannt gewesen und damit in den Aktienkursen der Automobilhersteller reflektiert. So zeigt beispielsweise der Geschäftsbericht der B… AG für das Geschäftsjahr 2015 auf, dass China der größte regionale Einzelmarkt ist; ebenso werden dort die einzelnen Entwicklungslinien des Transformationsprozesses – die Vernetzung, der Wandel der Antriebstechnologie und das automatisierte Fahren als zentrale Themenschwerpunkte in Forschung & Entwicklung – herausgestellt. Im Jahr 2015 wurde auch der Einbau abgasmanipulierter Motoren bekannt, so dass sich auch die daraus resultierenden Auswirkungen in den Aktienkursen der Unternehmen widerspiegelten, soweit diese aus Kapitalmarktsicht als Betroffene identifiziert wurden und hieraus Handlungsfolgen für die Marktteilnehmer resultierten. Allerdings muss gerade hier der Gesichtspunkt beachtet werden, den die Abfindungsprüfer in ihrer Stellungnahme überzeugend angesprochen haben. Zur Plausibilisierung der P. Group der von den Bewertungsgutachtern herangezogenen Unternehmen bildeten sie eine eigenständige P. Group, wobei sich diese bei einem zweijährigen Beobachtungszeitraum nur geringfügig von längeren Beobachtungszeiträumen unterschieden. Die arithmetischen Mittelwerte und die Mediane lagen bei dem zweijährigen Zeitraum etwas höher als für drei- oder vierjährige Beobachtungszeiträume und etwas niedriger als für fünfjährige Beobachtungszeiträume bei wöchentlichen bzw. monatlichen Renditeintervallen.
300
Die Verlagerung der Produktion von Batteriezellen oder der Auslagerung der Softwareentwicklung rechtfertigt keine Änderung des Beta-Faktors von 0,80, der ohnehin aufgrund des Ausschlusses von T…, Inc. aus der P. Group im Vergleich zum Bewertungsgutachten und zum Prüfungsbericht herabgesetzt wurde. Durch diese Verlagerungen können sich durchaus neue Risiken ergeben, denen das Unternehmen ohne diese Maßnahme nicht ausgesetzt werde. In Engpasssituationen, die beim Chipmangel und der Lieferkettenproblematik – wenn auch nach dem Stichtag – auftraten, kann es risikoreduzierend sein, wenn solche Inputfaktoren selbst hergestellt würden, mithin eine breitere Diversifikation des Geschäfts auf alle Bereiche der Wertschöpfungskette vorläge und keine Auslagerung vorgenommen würde. Im Rahmen des Transformationsprozesses wird dies vor allem die Lieferung von leistungsfähigen Batterien betreffen. Auch diese ausgelagerten Bereiche hängen eng mit dem Transformationsprozess in der Automobilindustrie zusammen, weshalb diese Bereiche insoweit vergleichbaren Risikotreibern unterliegen. Zudem darf nicht übersehen werden, dass die Frage der Auslagerung bestimmter Bereiche wie die Softwareentwicklung und die Batterieproduktion auf einer unternehmerischen Entscheidung beruht, deren Auswirkungen im Wesentlichen im Erwartungswert, mithin im Zähler und nicht bei den Kapitalkosten im Nenner abgebildet werden.
301
In ihrer Stellungnahme nahmen die Abfindungsprüfer eine Verprobung mit den Beta-Faktoren von Mi… Corp. Or… Corp. und der Z… SE ausgehend vom 31.12.2019 für Beobachtungszeiträume von zwei, drei, vier und fünf Jahren bei wöchentlichen Renditeintervallen und für einen Beobachtungszeitraum von fünf Jahren mit monatlichen Renditeintervallen vor und gelangten dabei zu einer Bandbreite unverschuldeter Beta-Faktoren zwischen 0,83 und 1,07 im arithmetischen Mittel und zu einem Median in Höhe von 0,94. Bei den Batterieherstellern für Elektroautos ermittelten sie über dieselbe Vorgehensweise unverschuldete Beta-Faktoren zwischen 0,90 und 1,02 sowie unter Ansatz des Median eine Bandbreite von 0,78 bis 1,10. Dies zeigt aber, dass das systematische Risiko der Gesellschaft durch die Auslagerung dieser geschäftlichen Aktivitäten nicht wesentlich beeinträchtigt werden wird. Der Kammer ist dabei durchaus bewusst, dass sowohl die drei Softwarehersteller wie auch die Hersteller der Batterien sehr breite Geschäftsmodelle aufweisen und daher die objektive Überleitung der hilfsweise erhobenen Beta-Faktoren zu den Bereichen Software und Batteriezellen auf die konkreten systematischen Risiken der ausgelagerten Bereiche der A… AG lediglich eingeschränkt möglich ist.
302
Eine Doppelberücksichtigung von Risiken kann nicht angenommen werden. Die Detailplanung der Gesellschaft wurde mit Ausnahme der dieselbedingten Anpassung im Planjahr 2020 von den Bewertungsgutachtern von P… unverändert übernommen. Demgemäß wurden Marktanteilsgewinne der A… AG in Phase I angesetzt, obwohl alle bestehenden Wettbewerber der Gesellschaft mit dem Transformationsprozess konfrontiert waren und keines dieser Unternehmen diesen Prozess als Verlierer verlassen wollte. Im Zeitraum der Ewigen Rente machten die Bewertungsgutachter von P… entsprechend den obigen Ausführungen unter B. II. 1. f. (8) plausible und vertretbare Annahmen im Hinblick auf die nach 2025 zu erwartende nachhaltige Ergebnishöhe; dabei wurden Erwartungswerte keine Zielwerte des Managements abgebildet. Auch der Beta-Faktor wurde systematisch nachvollziehbar unter Berücksichtigung der für die Gesellschaft relevanten Risikoaspekte, insbesondere auch der Elektrifizierung abgeleitet. Im noch eingehend unter B. II. 2. c. darzustellenden Wachstumsabschlag erfolgte gerade kein Risikoabschlag.
303
Ein Abschlag auf den Beta-Faktor lässt sich nicht durch die Möglichkeit des Zugriffs auf die Ressourcen der Antragsgegnerin infolge des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages rechtfertigen. Die einzelnen Marken des Konzerns der Antragsgegnerin operieren selbstständig am Markt. Angesichts der Einbindung der Gesellschaft in den Konzern der Antragsgegnerin wurden Synergieeffekte aus der Zusammenarbeit im Rahmen der Planung und damit im Zähler des Bewertungskalküls erfasst. Demgegenüber erfasst der Beta-Faktor die systematischen Risiken; auch erfolgte die Ermittlung des Ertragswerts unter Abstraktion des bestehenden Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages.
304
Der Ansatz eines Branchen-Beta ist nicht geeignet, das unternehmensindividuelle Risiko abzubilden. Bei der A… AG gibt es eine genügende Zahl von Unternehmen, die mit ihr als Bewertungsobjekt gut vergleichbar sind. In die Bewertung des Branchen-Beta fließen demgegenüber zu viele Unternehmen ein, die mit Bewertungsobjekt nicht oder jedenfalls kaum vergleichbar sind; einen Rückschluss auf die konkrete Risikostruktur des zu bewertenden Unternehmens lässt das Branchen-Beta nicht zu (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 17.7.2014, Az. 20 W 3/12; LG München I, Beschluss vom 25.4.2016, Az. 5 HK O 20672/14; Beschluss vom 30.5.2018, Az. 5 HK O 1044/16; Beschluss vom 15.6.2023, Az. 5 HK O 2103/22; Ruiz de Vargas in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, a.a.O., Anh. § 305 Rdn. 47c; van Rossum in: Münchener Kommentar zum AktG, 6. Aufl., § 305 Rdn. 165).
305
(ff) Die Ermittlung des unverschuldeten Beta-Faktors konnte entsprechend dem Ansatz im Bewertungsgutachten erfolgen; zwar haben die Unternehmen aus der von den Abfindungsprüfern im Rahmen ihrer Prüfungstätigkeit gebildeten alternativen P. Group – B… AG, Da… AG und die Antragsgegnerin – ein Finanzierungsgeschäft, das die Abfindungsprüfer mit der Begründung herausgerechnet haben, dass die Bilanzen dieser drei Unternehmen auf der Aktivseite nicht unerhebliche Teile im Umlaufvermögen aus dem Finanzierungsgeschäft aufweisen, weshalb sie das Kapitalstrukturrisiko bereinigten. Andererseits muss aber ganz wesentlich beachtet werden, dass die Finanzierung von Automobilverkäufen durch die Finanzdienstleistungen dieser drei deutschen P. Group-Unternehmen erhebliche Ähnlichkeiten zum Bankgeschäft und damit auch zur Bewertung von Banken aufweist. Im Bankenbereich allerdings kann die sonst übliche Vorgehensweise der Bereinigung des historisch ermittelten Beta-Faktors im Wege des Unlevern um die historische Fremdfinanzierung und der anschließenden Anpassung der künftigen Fremdfinanzierung im Wege des Relevern unterbleiben. Bei einer Bank dient das verzinsliche Fremdkapital nicht der Finanzierung, sondern ist im Gegenteil Teil der operativen Geschäftstätigkeit. Dabei ist eine Zuordnung bzw. Trennung der Finanzinstrumente zwischen operativen und dem Finanzierungsgeschäft dort nicht sinnvoll (vgl. LG München I, Beschluss vom 26.6.2022, Az. 5 HK O 16226/08). Bei der Refinanzierung achtet man im Automobilbereich in gleicher Weise auf die Fristenäquivalenz bei der Refinanzierung wie bei den Banken. Angesichts dessen kann durch das Finanzdienstleistungsgeschäft bei den deutschen Vergleichsunternehmen ein allenfalls eingeschränktes Risiko angenommen werden, worauf Herr M3. im Termin zur mündlichen Verhandlung hingewiesen hat.
306
(d) Neben dem operativen Risiko prägt auch das Kapitalstrukturrisiko eines Unternehmens dessen Risiko, weshalb es ebenfalls in den Beta-Faktor einfließen muss. Demgemäß muss über das Relevern die künftige Verschuldung abgebildet werden, woraus sich dann der verschuldete Beta-Faktor herleiten lässt. Dieser beträgt bei einem Verschuldungsgrad von minus 2 % im Jahr 2022 0,77, bei einem Verschuldungsgrad von minus 1 % im Jahr 2023 0,79, bei einem Verschuldensgrad von 1 % im Jahr 2024 0,79, bei einem Verschuldungsgrad von 2 % im Jahr 2025 0,80, und im Terminal Value bei einem Verschuldungsgrad von etwa 4 % 0,82.
307
Die Höhe des Verschuldungsgrades beruht auf den jeweiligen Marktwerten des Eigen- und des Fremdkapitals zum jeweiligen Periodenbeginn. Der zum Ende des Detailplanungszeitraums bestehende Verschuldungsgrad wurde demgemäß für den Zeitraum des Terminal Value unterstellt. Der Marktwert des Eigenkapitals ergibt sich aus dem auf den jeweiligen Periodenbeginn abgezinsten Ertragswert. Der berechnete Marktwert des Eigenkapitals stieg bezogen auf den jeweiligen Zeitpunkt rücklaufend vom 1.1.2026 auf den 1.1.2025 aufgrund der im letzten Detailplanungsjahr erzielten finanziellen Überschüsse an, die den Abzinsungseffekt insoweit überkompensieren. Bei einer isolierten Betrachtung ergab sich daraus ein geringfügiger Anstieg des Verschuldungsgrades vom 1.1.2025 auf den 1.1.2026. Der Marktwert des Fremdkapitals resultierte aus den in der Bilanzplanung geplanten verzinslichen Fremdkapital. Dieses ergab sich aus der integrierten Planungsrechnung der Gesellschaft ausgehend vom Konzernabschluss zum 31.12.2019. Der Marktwert des Fremdkapitals stieg vom 1.1.2025 auf den 1.1.206 an. Auch hier ergab sich daraus bei isolierter Betrachtung rechnerisch ein Anstieg des Verschuldungsgrades zum Beginn der Ewigen Rente. Allerdings war hierbei zu berücksichtigen, dass bewertungstechnisch die in Phase I thesaurierten Beträge bei einer angesetzten Ausschüttungsquote von 50 % den Anteilseignern bereits fiktiv und damit ertragswerterhöhend zugerechnet wurden und insoweit der Innenfinanzierung der Gesellschaft nicht zur Verfügung standen.
308
Der negative Verschuldungsgrad zu Beginn der Detailplanungsphase beruht dabei auf einem in den ersten Jahren des Detailplanungszeitraums bestehenden Liquiditätsüberhang. Ausgehend vom Konzernabschluss zum 31.12.2019 als Aufsatzpunkt der Planungsrechnung sowie der Ausschüttungsplanung unter Berücksichtigung der betriebsnotwendigen Liquidität wurde der Liquiditätsbedarf der Gesellschaft periodenspezifisch ermittelt. Dieser Liquiditätsüberhang wurde in den Verschuldungsgrad, also den Marktwert des Fremdkapitals periodenspezifisch eingerechnet, so dass sich ein verschuldeter Beta-Faktor ergab, der niedriger war als der unverschuldete. Damit wird aber der risikomindernde Effekt der Bilanzstruktur und der vorhandenen Liquidität beim Relevern in Bezug auf das Finanzierungsrisiko sachgerecht berücksichtigt. Die bilanzielle Eigenkapitalausstattung hat keinen unmittelbaren Einfluss auf den Verschuldungsgrad, der sich entsprechend den obigen Ausführungen unter Berücksichtigung der Marktwerte von Eigen- und Fremdkapital ergibt.
309
(e) Der so mit Hilfe mit Hilfe des (Tax-)CAPM ermittelte Risikozuschlag steht auch in Einklang mit den sich aus der speziellen Situation der Gesellschaft am Markt ergebenden Risiken, wobei diese operativ in etwa dem Durchschnitt entsprechen und dann unter Berücksichtigung der Verschuldungssituation insgesamt als leicht unterdurchschnittlich eingestuft werden müssen. Der Kammer ist aus anderen Spruchverfahren bekannt, dass der Durchschnitt des operativen Risikos über einen Beta-Faktor von etwa 0,8 bis 0,85 abgebildet wird, was zu der Annahme eines in etwa durchschnittlichen operativen Risikos bei der A… AG führt, bei dem sich Chancen und Risiken in etwa die Waage halten.
310
(aa) Die Chancen der Gesellschaft liegen namentlich darin, dass die Marke A… als Reaktion auf die strikten CO2-Emissionsziele in ihren Hauptabsatzregionen Europa, China und Nordamerika den Anteil von elektrifizierten Fahrzeugen im Produktportfolio konsequent ausbaut und bis zum Geschäftsjahr 2025 den Kunden 20 neue vollelektrische Modelle zur Auswahl anbieten wird. Ebenso soll der wachsenden Nachfrage nach alternativen Mobilitätskonzepten mit neuen Mobilitätsangeboten wie „A… on Demand“ begegnet werden, was zu höheren Umsatzerlösen und Erträgen führen soll. Durch die Kombination der Marke mit dem Produktportfolio strebt der A…-Konzern auch künftig eine hohe Profitabilität an, wobei der Fokus auf Premiumqualität und Zukunftstechnologien liegt, wozu auch das ausgeweitete und margenstarke SUV-Portfolio beitragen soll. Weitere Chancen für zusätzliche Erlöspotenziale liegen in der Erweiterung des Fahrzeuggeschäfts um digitale Dienstleistungen, die durch nach Kaufabschluss hinzutretende Funktionen im Fahrzeug weiteres Wachstum ermöglichen sollen. Im Bereich der Nutzung Künstlicher Intelligenz und langfristig beim automatisierten Fahren ergeben sich weitere Chancen für die Gesellschaft. Die Einbindung in den Konzern der Antragsgegnerin soll eine effiziente Kostenstruktur angesichts der gemeinsamen Entwicklung von Fahrzeugarchitekturen sowie von Komponenten sicherstellen. Dieses Potenzial wird durch die gemeinsame Nutzung des Modularen E-Antriebs-Baukasten sowie die Premium Platform Electric in die Zukunft getragen. Entwicklungskosten- und Wettbewerbsvorteile sollen durch die konzernweite Bündelung von Softwarethemen in der Ca…-Organisation entstehen. Der gemeinsame Einkauf im Konzernverbund bringt Vorteile beispielsweise bei der Beschaffung von Batteriezellen. Das Programm A…. Zukunft soll die Effizienzmaßnahmen und die Komplexitätsreduktion, die im Rahmen des A… Transformationsplans erreicht wurden, an beiden deutschen Standorten fortschreiben; die dadurch frei werdenden Mittel sollen bis 2029 einen positiven Ergebniseffekt von etwa € 6 Mrd. bringen. Durch die Elektrooffensive soll die Position in China gestärkt und weiter vorangetrieben werden. Im Verlauf des Jahres 2020 sollen vier voll- bzw. teilelektrische Modelle auf dem chinesischen Markt vorangetrieben werden. Die regionalen Marktanforderungen sollen mit einer lokalen, vollständigen Produktion von zwölf Modellen und weiteren auf den chinesischen Markt abgestimmten Modellvarianten abgedeckt werden.
311
Die Marke L… und das Portfolio an Hochleistungsmodellen fördern die Wettbewerbsfähigkeit und den langfristigen Unternehmenserfolg der Tochtergesellschaft L… S.p.A., wobei der Einstieg in das SUV-Segment mit dem U… einen erheblichen Beitrag liefert. Weiteres Wachstum sollen die Investitionen in ein flexibles Produktionslayout bei steigender Profitabilität ermöglichen. Die Einbindung in den Konzern der Antragsgegnerin ermöglicht auch für die Marke L… den Rückgriff auf Entwicklungs- und Fertigungskapazitäten anderer Konzernmarken mit daraus resultierenden Kostenvorteilen.
312
Eine hohe Kundenzufriedenheit und -bindung bei der Marke D… ermöglicht eine Preispositionierung im Premiumbereich, wobei diese Markenwirkung die Erschließung neuer Kunden- und Motorradsegmente erleichtern kann. Bei Fahrzeugassistenzsystemen kann die D… Motor Holding S.p.A. auf die Kompetenz des Konzerns der Antragsgegnerin zurückgreifen und so die Entwicklungskosten effizient gestalten. Das bestehende Händlernetz des A…-Konzern eröffnet die Chance, das bestehende Vertriebsnetz durch kombinierte Verkaufsräume zu erweitern.
313
(bb) Andererseits gibt es auch bei allen drei Marken nicht unerhebliche Risiken, die mit den bestehenden Chancen in etwa gleichwertig sind. In den wesentlichen Absatzgebieten gibt es restriktive CO2-Grenzwerte, so dass das Verfehlen der lokalen Emissionsziele zu Strafzahlungen je neu zugelassenem Fahrzeug führen kann. In gleicher Weise trifft den A…-Konzern das Risiko, Zertifizierungsvorgaben und/oder zulassungsrelevante Normen der landesspezifischen Rechtssysteme und -normen gerade bei sich weiter verschärfenden Abgas-, Emissions- und Homologationsvorschriften zu verfehlen. Diese weltweit zunehmende regulatorische Komplexität kann wiederum Zulassungsbeschränkungen, Verzögerungen bei der Markteinführung der Produkte oder gar Verkaufsverbote nach sich ziehen. Zudem kann sich die aus Handelsstreitigkeiten wie zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Europäischen Union resultierende Anhebung von Importzöllen negativ auf den Absatz der Marke A… in den davon betroffenen Regionen auswirken. Handelssanktionen wie beispielsweise zwischen den USA und China können zu Störungen in der Lieferkette führen, was auch Produktionsausfälle und entsprechende Ergebnisverluste nach sich ziehen kann. Auch drohen nach der Übergangsphase des Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union vergleichsweise hohe Handelsbeschränkungen, wenn es nicht zu einer Einigung auf ein umfangreiches Freihandelsabkommen kommen sollte, was zum Bewertungsstichtag noch nicht feststand; eine sichere Grundlage konnte erst mit der Zustimmung des Europäischen Parlaments vom 27.4.2021 zu dem Abkommen über Handel und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland andererseits angenommen werden. Ein daraus resultierender möglicher Einbruch des lokalen PKW-Marktes würde sich nach den auf den Unsicherheiten im Zusammenhang mit dem Brexit beruhenden Rückgang der Umsatzzahlen um 3,3 % im Jahr 2019 gegenüber dem Vorjahr weiter negativ auf die Volumenentwicklung im Fahrzeug- und Zubehörbereich des A…-Konzerns auswirken. Zudem kann es aufgrund umfangreicher Grenzkontrollen zu einer verzögerten Versorgung des Markts auf der Absatzseite kommen.
314
Im Zusammenhang mit der Entwicklung der Nachfrage nach Elektromobilität besteht das Risiko, das künftige Produktportfolio nicht im geplanten Umfang und/oder zu der geplanten Marge absetzen zu können, weil die Durchsetzung der Elektromobilität von der Akzeptanz der Kunden abhängt. Auch steigen mit der zunehmenden Digitalisierung die Risiken von Cyberangriffen, wobei die Beseitigung der daraus resultierenden Schäden mit beträchtlichen Kosten verbunden sein kann. Auch darf nicht übersehen werden, dass die angestrebte Elektrifizierung des Produktportfolios angesichts der vorhandenen Kapazitäten der Batteriezellenproduktion die Gefahr in sich birgt, nicht genügend Batteriezellen in der geforderten Qualität beschaffen zu können, woraus sich dann negative Effekte auf Volumen-, Ergebnis- und CO2-Ziele ergeben.
315
Auch Schadensersatzforderungen als Folge der Zulassung von Fahrzeugen mit abgasmanipulierten Dieselmotoren können in größerem Umfang als in der Planung angenommen auf die Gesellschaft zukommen, die dann auch Einfluss auf das finanzielle Ergebnis haben können. Störungen im globalen Lieferantenaustausch können temporäre Versorgungsengpässe zur Folge haben.
316
Die Marke L… trifft das Risiko eine aktuell zum Stichtag der Hauptversammlung nur aus drei Modellen bestehenden Produktportfolios. Sollten die Nachfolgemodelle nicht den Vorstellungen und Anforderungen der Kunden entsprechen, kann dies erhebliche Schwankungen im Gesamtabsatz und damit auch beim Umsatz nach sich ziehen. Gerade die Entwicklung vollelektrifizierter Fahrzeuge, die den Leistungsanforderungen der Kunden der L… S.p.A. entsprechen, wird erhebliche Entwicklungskosten nach sich ziehen, ohne dass garantiert ist, ob sich Elektromodelle der Marke L… in gleichem Umfang absetzen lassen wie die Vorgängermodelle mit Verbrennungsmotoren als Antrieb. Die Endfertigung der Modelle am Stammsitz in S… B… in Italien trägt das Risiko in sich, dass Einschränkungen der Funktions- und Einsatzfähigkeit dieses Werkes, wie sie beispielsweise während der COVID-19-Pandemie zu beobachten waren, ebenfalls Auswirkungen auf das finanzielle Ergebnis der L… S.p.A. haben können.
317
Bei der Marke D… stellt sich das steigende Durchschnittsalter der Kunden für die betriebenen Motorradklassen mit einer Größe von über 800 ccm als Risiko dar. Wenn es nicht gelingt, auch jüngere Kundengruppen verstärkt anzusprechen, kann dies mittel- bis langfristig zu Absatzverlusten führen. Wenn es zu einer Veränderung im Produktmix hin zu kleineren Größenklassen und Motorrädern im Off Road-Segment kommt, hat dies negative Auswirkungen auf die nachhaltige Profitabilität, weil in diesen Segmenten niedrigere Verkaufsmargen bestehen. Da sowohl das Hauptproduktionswerk als auch das Hauptwarenlager am Stammsitz im italienischen Bo… angesiedelt sind, besteht hier ein vergleichbares Risiko wie bei L….
318
Zudem bestehen im gesamten A…-Konzern Ungewissheiten und Risiken aus der weltweiten COVID-19-Pandemie, deren Umfang sich ungeachtet der bereits erfolgten Anpassung in der Overlay-Planung nicht sicher abschätzen lässt.
319
(cc) Die Finanzierungsstruktur der Gesellschaft mit ihrem sehr geringen Verschuldungsgrad kann keinen signifikanten Einfluss auf das Risiko der Gesellschaft haben, auch wenn der Verschuldungsgrad im Laufe der Detailplanungsphase und im Terminal Value geringfügig zunimmt.
320
c. Der für das Wachstum der Überschüsse mit 0,5 % vor bzw. 0,42 % nach Steuern angesetzte Wachstumsabschlag in der Ewigen Rente muss nicht zugunsten der Minderheitsaktionäre erhöht werden.
321
(1) Mit dem Wachstumsabschlag wird zugunsten der Aktionäre berücksichtigt, dass sich die Geldentwertung bei festverzinslichen Anleihen stärker auswirkt als bei einer Unternehmensbeteiligung. Das Unternehmen hat in der Regel die Möglichkeit, die Geldentwertung zumindest zu einem Teil durch Preiserhöhungen aufzufangen, während die Anleihe ohne Inflationsausgleich zum Nominalwert zurückgezahlt wird. Die Höhe des festzusetzenden Abschlages ist dabei abhängig von den Umständen des Einzelfalles. Maßgeblich ist vor allem, ob und in welcher Weise Unternehmen die erwarteten Preissteigerungen an die Kunden weitergeben können; daneben sind aber auch sonstige prognostizierte Margen- und Strukturänderungen zu berücksichtigen (vgl. OLG Stuttgart AG 2007, 596, 599; NZG 2007, 302, 307; AG 2008, 783, 788 f.; OLG München WM 2009, 1848, 1851 = ZIP 2009, 2339, 2342; AG 2015, 508, 512 = ZIP 2015, 1166, 1171; OLG Düsseldorf WM 2009, 2220, 2227; AG 2018, 679, 681 f. = Der Konzern 2019, 92, 97; OLG Karlsruhe Der Konzern 2015, 442, 450 f.; 2016, 35, 41; LG München I AG 2017, 501, 506; Beschluss vom 31.7.2015, Az. 5HK O 16371/13; Beschluss vom 16.4.2019, Az. 5HK O 14963/17; Beschluss vom 27.11.2019, Az. 5HK O 6321/14; Beschluss vom 25.11.2020, Az. 5HK O 12435/05; van Rossum in: Münchener Kommentar zum AktG, 6. Aufl., § 305 Rdn. 175). Ausschlaggebend ist dabei primär die individuelle Situation des Unternehmens, nicht die allgemeine Entwicklung zum Bewertungsstichtag. Dabei kann nicht auf Umsätze und deren Entwicklung in Relation zur allgemeinen Inflationsrate abgestellt werden; entscheidend ist vielmehr das Wachstum der Ergebnisse. Die erwartete durchschnittliche Inflationsrate kann dabei nur einen ersten Ansatzpunkt für die Höhe des Wachstumsabschlages bilden (so auch ausdrücklich OLG München AG 2018, 753, 756 f. = Der Konzern 2019, 277, 282 f.; OLG Düsseldorf AG 2016, 329, 331 = WM 2016, 1686, 1691; Der Konzern 2019, 410, 419; auch OLG Karlsruhe Der Konzern 2024, 212, 222; van Rossum in: Münchener Kommentar zum AktG, a.a.O., § 305 Rdn. 175). Es ist nämlich zu beachten, dass – wie auch aus anderen Spruchverfahren gerichtsbekannt ist – Unternehmensergebnisse anderen Preiseinflüssen als der Verbraucherpreisindex unterliegen, weil Chancen und Risiken nominaler Ergebnisveränderungen sowohl von der Marktlage und Wettbewerbssituation als auch der Struktur jedes einzelnen Unternehmens abhängen.
322
Angesichts dieser Bedeutung des Wachstumsabschlages ist dieser auch ausschließlich in der Ewigen Rente festzusetzen; Preissteigerungen in der Detailplanungsphase sind bereits über die Planzahlen abgebildet, die dann auch zu einem entsprechenden Umsatzwachstum führen (vgl. van Rossum in: Münchener Kommentar zum AktG, 6. Aufl., § 305 Rdn. 174).
323
(2) Unter Berücksichtigung dieser Ausgangslage lässt sich ein höherer Wachstumsabschlag nicht rechtfertigen.
324
(a) Der Ansatz von 0,5 % vernachlässigt gerade nicht die Maßgeblichkeit der unternehmensspezifischen Inflationsrate.
325
(aa) Herr Br… und Frau Fi… untersuchten im Rahmen ihrer Prüfungsarbeiten im Ausgangspunkt die Inflationsrate mit den Inflationserwartungen zum Stichtag, die niedrig waren. Weiterhin konnten sie feststellen, dass die Erzeugerpreise für Pkw’s in der Vergangenheit deutlich unterhalb der allgemeinen Inflationsrate lagen. Für Elektrofahrzeuge existiert seit 2015 eine lange Reihe mit einer mittleren Wachstumsrate von 0,5 % oder niedriger. Die Entwicklung einzelner Produktionskosten, insbesondere der Personalkosten lag in der Vergangenheit deutlich oberhalb der Inflationsrate und des Erzeugerpreisindex. Dies gilt nach den Ausführungen der Prüfer im Termin zur mündlichen Verhandlung insbesondere auch für die A… AG. Dies bildet die Planung auch ab, in der Steigerungen der Personalkosten über der Inflationsrate liegen. Daraus lässt sich auch die Bestätigung des Margenverfalls herleiten. Die Preisentwicklung in der Planung für die einzelnen Fahrzeugmodelle erfolgte sehr heterogen. Aus der Entwicklung in den Märkten und Modellen lassen sich demgemäß nur bedingt Schlussfolgerungen für die gesamte Linie ziehen. So lagen im Zeitraum der Vergangenheitsanalyse die jährlichen Preisanpassungen, die die Gesellschaft marktindividuell in einer Bandbreite von 0,5 % bis 1,5 % pro Jahr bezifferte, unterhalb der festzustellenden Preissteigerungen etwa im Personalkostenbereich oder für wesentliche Rohstoffe. Preiserhöhungen in der Vergangenheit im gemachten Umfang zwischen 0,5 % bis 1,5 % rechtfertigen keinen höheren Wachstumsabschlag; sie können insbesondere nicht mit dem Gewinnwachstum gleichgesetzt werden, das alleine maßgeblich ist für die Höhe des Wachstumsabschlags. Über Kostensteigerungen sagen Preiserhöhungen nichts aus. Zudem beziehen sie sich auf die Listenpreise. Hierbei ist zu beachten, dass in Abhängigkeit vom Produktlebenszyklus und der regionalen Wettbewerbssituation gegebenenfalls Produktaufwertungen und Verkaufshilfen gerade gegen Ende eines Produktlebenszyklus notwendig sind. Die Entwicklung der geplanten rechnerischen Absatzpreise der Fahrzeuge belegt, dass diese über die Laufzeit des Produktlebenszyklus sinken und in verschiedenen Regionen auch unterschiedlich hoch waren. Die Analyse der Herstellungskosten im Vergleich zu den Absatzpreisen zeigte dabei, dass die Margen mit zunehmendem Alter eines Modells unter Druck gerieten und sanken. In ihrer Stellungnahme wiesen die Prüfer zudem auch darauf hin, dass die einzelnen Vorstandsprotokolle genau diese Problematik der Erosion der Produktrendite bestätigte. Für die schwerer werdende Überwälzbarkeit der Preissteigerungen auf Beschaffungsseite spricht auch der Umstand eines sich verschärfenden Wettbewerbs.
326
(bb) Eine vermehrte Durchsetzung von Preissteigerungen bei neuen Modellen mit der Möglichkeit eines höheren Wachstumsabschlags lässt sich nicht aus der Tatsache ableiten, dass die Gesellschaft immer wieder neue Modelle hervorbringen und dabei aufgrund der Plattformbasis mit hohen Skalenvorteilen arbeiten könne. Herr Br… verwies in diesem Zusammenhang auf die bereits seit geraumer Zeit im Konzern der Antragsgegnerin bestehende Plattform, in die auch die A… AG einbezogen ist. In der Vergangenheit gab es ungeachtet dieser Einbeziehung das Problem der Margendurchsetzung. Neue Modelle sind in der Planung abgebildet, wobei hier auch Preissteigerungen angesetzt werden. Über den gesamten Zeitraum der Detailplanungsphase ist indes kein Preiswachstum zu erkennen. Dann aber können die Plattformen keine erheblichen Skaleneffekte generieren, als dass daraus ein höherer Wachstumsabschlag für die Zeit der Ewigen Rente gerechtfertigt wäre. Der Finanzbericht 2019 der Gesellschaft wies bereits auf den weltweiten intensiven Wettbewerb hin, der auch für die Gesellschaft spürbar sei und zu Einschränkungen bei der Preisdurchsetzung oder zum verstärkten Einsatz von Verkaufshilfen wie Rabatten führe.
327
(cc) Hinsichtlich der Entwicklung der Zinsen auf der Fremdkapitalseite lagen den Abfindungsprüfern die bestehenden Verträge vor. Dabei wurden die Zinskosten in Abstimmung mit dem Vorstand der Gesellschaft in der Ewigen Rente fortgeschrieben; sie lagen zwischen 1,10 % für die Pensionsverbindlichkeiten und 3,2 % für die Leasingverbindlichkeiten.
328
(dd) Abgesehen davon, dass die allgemeine Inflationsrate allenfalls einen ersten Anhaltspunkt für den Wachstumsabschlag geben kann, weil die unternehmensspezifische Preissteigerungsrate allein ausschlaggebend sein muss, war die Entwicklung der Inflationsrate im Jahr 2021 zum Stichtag der Hauptversammlung so nicht absehbar. Die Europäische Zentralbank erwartete unmittelbar vor dem Bewertungsstichtag für das Jahr 2021 eine Inflationsrate im Euroraum von lediglich 1 %; die langfristigen Einschätzungen sanken auf einen neuen Tiefstand von 1,6 %. Die tatsächlich höhere Inflationsrate im Euroraum von 2,6 % hat ihre Ursache nach den Erkenntnissen der Europäischen Zentralbank zu einem großen Teil auf dem deutlichen Anstieg der Energiepreise. Zudem verstärkte die Nachfrage, die in einigen Bereichen das Angebot überstieg, den Inflationsdruck als Folge der Lockerung der Pandemiebeschränkungen und der starken Erholung der Welt- und Binnenwirtschaft. Dieser Annahme zu den Inflationserwartungen können die Auswirkungen von CO2-Emissionen nicht entgegengehalten werden, die zu einem stärkeren Wachstum im Bereich der elektrifizierten Fahrzeuge führen, wovon die Planung gerade auch ausgeht, wobei der Informationsstand zum Stichtag der Hauptversammlung der Bewertung zutreffenderweise zugrunde gelegt wurde. Die gilt auch hinsichtlich der beispielsweise in Deutschland festgelegten CO2-Abgaben im Rahmen des Ende 2019 beschlossenen sogenannten Klimapakets. Die Inflation in anderen Währungsräumen wurde bereits durch die Schätzung der Wechselkurse berücksichtigt und nicht mehr für die Abschätzung des preisbedingten Wachstums der finanziellen Überschüsse im Terminal Value. Angesichts der Einbindung in den Konzern der Antragsgegnerin lassen sich auch keine weiteren Marktanteilsgewinne ableiten, wie bereits oben bei der Ewigen Rente dargestellt wurde.
329
(ee) Soweit es zu einem Anstieg des Leasinganteils an den abgesetzten Fahrzeugen kommt, kann daraus noch nicht auf eine leichtere Überwälzbarkeit von Kostensteigerungen geschlossen werden. Beim Leasing handelt es sich grundsätzlich um ein Instrument der Absatzförderung, wobei es von der individuellen Einschätzung des Kunden zu den Vor- und Nachteilen des Leasing im Vergleich zum Kauf des Fahrzeugs abhängt, inwieweit es zum Abschluss eines Leasingvertrages kommt; für die Entscheidung wird aus Kundensicht ein Kostenvergleich maßgeblich sein. Die Abfindungsprüfer verwiesen darauf, dass der Anteil des Leasinggeschäfts je nach Region und Modell unterschiedlich bedeutsam ist. Ein relativ hoher Leasinganteil war namentlich bei Firmenkunden und Dienstwagen beispielsweise in Deutschland zu beobachten. Da allerdings Unternehmen wesentliche Leasingkunden waren, die durch die Abnahme größerer Mengen an Fahrzeugen auch zusätzliche Rabatte erwarten, war die Durchsetzung von Preiserhöhungen bei einem steigenden Leasinganteil nicht leichter als beim Kauf eines Fahrzeugs, zumal Unternehmen hinsichtlich der Höhe der Leasingraten besonders preissensibel sind. Bei der Anhörung im Termin vom 27.4.2023 erläuterte Frau Fi…, dass beim Rücknahmepreis die Möglichkeit geschaffen werden solle, das Risiko des Nichterreichens des Rückkaufpreises verbunden mit der Pflicht zur Übernahme durch die Gesellschaft in die Leasingraten einzurechnen. Durch die Vereinbarung niedrigerer Leasingraten gerade mit Unternehmen steigt das Risiko, das Fahrzeug werde nach Ablauf des Leasingvertrages den Rückkaufswert unterschreiten, weshalb diese Vorgehensweise letztlich eine versteckte Form der Rabattierung darstellt.
330
(b) Dem Ansatz eines Wachstumsabschlags von 0,5 % vor Steuern und damit auch unterhalb der von der Europäischen Zentralbank langfristig erstrebten Inflationsrate von 2 % kann nicht entgegengehalten werden, es werde dadurch zu einem laufenden Schrumpfen der Gesellschaft kommen. Zur Beurteilung der Angemessenheit des Wachstumsabschlages muss die Gesamtwachstumsrate der geplanten entziehbaren Überschüsse analysiert werden. Bei einer tatsächlichen Thesaurierung ist bei der Beurteilung zusätzlich nämlich das thesaurierungsbedingte Wachstum aus den tatsächlich einbehaltenen Beträgen zu berücksichtigen, das gleichfalls zum Wachstum der Gesellschaft beiträgt. Unter Berücksichtigung dieses notwendigen Ansatzes muss bei der A… AG tatsächlich von einer deutlich höheren Gesamtwachstumsrate von 3,45 % ausgegangen werden.
331
(c) Dem Wachstumsabschlag von 0,5 % vor Steuern steht der im Impairmenttest im Rahmen des Jahres- bzw. Konzernabschlusserstellung zum 31.12.2019 angesetzte Wachstumsabschlag von 1,0 % nicht entgegen. Hier wurden nämlich andere Bewertungsparameter wie etwa Länderrisikozuschläge oder eine Vor-Steuer-Betrachtung angewandt als bei der Ermittlung des objektivierten Unternehmenswerts. Daher ist eine isolierte Übertragung einzelner Parameter wie auch des Wachstumsabschlags von den Abschlüssen auf die Ertragswertermittlung im Rahmen einer aktienrechtlichen Strukturmaßnahme nicht sachgerecht. Demgemäß geht auch die Kammer davon aus, ein Rückschluss aus den im Impairmenttest angesetzten Kapitalkosten auf die beim Ertragswert anzusetzenden Parameter sei nicht statthaft. Die Aufgaben eines Impairmenttests unterscheiden sich von denen der Ermittlung des Ertragswerts eines Unternehmens im Rahmen einer aktienrechtlichen Strukturmaßnahme, weil ein Impairmenttest in erster Linie Bezug zur Bilanzierung hat und nicht der Ermittlung eines objektivierten Unternehmenswertes dient (vgl. LG München I, Beschluss vom 21.6.2013, Az. 5HK O 19183/09; Beschluss vom 31.7.2015, Az. 5HK O 16371/13; Beschluss vom 22.6.2022, Az. 5HK O 16226/08; Beschluss vom 29.11.2023, Az. 5HK O 5321/19).
332
(d) Im Wachstumsabschlag sind zusätzliche Wachstumspotenziale aufgrund besonderer Markt- und Branchenbedingungen nicht zu berücksichtigen, weil er das preisbedingte Wachstum der finanziellen Überschüsse im Terminal Value abbildet, wobei das nachhaltige Ergebnisniveau den Ausgangspunkt bildet. Zusätzliche inflationsbedingte Wachstumseffekte begründen keinen höheren Wachstumsabschlag in der Ewigen Rente. Auf die gesamte Modellpalette gerechnet prognostizierte die A… AG gerade kein Wachstum. Daher ist die Annahme nicht plausibel und nicht nachvollziehbar, warum es der Gesellschaft angesichts der weiteren Entwicklung des Wettbewerbsumfeldes im Transformationsprozess nachhaltig gelingen sollte, Preissteigerungen in größerem Umfang auf die Kunden abzuwälzen und gleichzeitig keine Marktanteile an bestehende und neu zu erwartende Wettbewerber zu verlieren. Auch starke Absatzzahlen während der Pandemie nach dem Bewertungsstichtag rechtfertigen keinen höheren Wachstumsabschlag. Zum einen blieben sie auch im Jahr 2021 hinter den Planzahlen zurück. Vor allem aber endet der Einfluss der Pandemie auf die Planung mit dem Jahr 2022. Damit aber verbieten sich Schlussfolgerungen für den Wachstumsabschlag in der Ewigen Rente ab dem Jahr 2026 fff. Ein Rückschluss von tatsächlich angestiegenen Zahlen auf die dauerhafte Übertragbarkeit der besonderen aktuellen Marktverhältnisse im Sinne eines Verkäufermarktes mit einhergehenden Preispunkten verbietet sich zudem schon aufgrund allgemeiner Grundsätze der Unternehmensbewertung; aus einer ex post-Betrachtung kann nicht zwingend auf die Fehlerhaftigkeit der Ansätze zum Stichtag geschlossen werden.
333
(e) Die umfangreiche Unterstützung des Transformationsprozesses durch staatliche Subventionen rechtfertigt gleichfalls keinen höheren Wachstumsabschlag. Mit der Subventionierung der E-Mobilität sollen politische Entscheidungen „weg vom Verbrenner – hin zum klimaneutralen Fahrzeug“ umgesetzt werden, weil die bestehenden Kosten-, Leistungs- und Infrastrukturnachteile einem Erfolg dieses umweltpolitischen Zieles wegen zu geringen Absatzes dieser Fahrzeuge im Wege stünden. Angesichts der Entwicklung der Absatzzahlen des A… e…, wie sie oben unter B. II. 1. b. (1) (a) dargestellt sind, kann nicht davon ausgegangen werden, dass es zu fallenden Preisen kommen wird. Der Ausgleich wird dann über Subventionen für den Käufer geschaffen.
334
(f) Aus der Marktstellung im Bereich der Elektromobilität kann kein höherer Wachstumsabschlag hergeleitet werden. Zum einen wird als Marktführer in diesem Bereich T…, Inc. anzusehen sein, was vor allem für den chinesischen Markt gilt. Abgesehen davon steht die Planung unter der Prämisse eines entsprechenden Ausbaus der Ladeinfrastruktur und der Konkurrenzfähigkeit dieser Fahrzeuge aufgrund der entsprechenden Leistungsfähigkeit und des Preises der Batteriezellen. Da nicht nur die A… AG, sondern auch ihre wesentlichen Wettbewerber entsprechend in diese Antriebstechnologie und ihr Produktportfolio investieren, muss es als plausibel angesehen werden, wenn Preissenkungen bei den Batterien auf der Kundenseite weiterzugeben sind, um die geplanten Absatzzahlen zu realisieren. Auch muss beachtet werden, dass es beim Wachstumsabschlag nicht um das preisbedingte Wachstum einzelner Bauteile wie beispielsweise der Batterie geht, sondern um die Frage der Abwälzbarkeit von Preissteigerungen auf Beschaffungs- und Produktionsseite. Somit ist ein Rückschluss darauf, dass sich angesichts eines sich ins Positive wendenden Kosten-Nutzen-Verhältnisses bei Batterien eine Entwicklung der Preise mit der (allgemeinen) Inflationsrate ableiten lasse, nicht statthaft. Insgesamt kann ein Schluss dergestalt, dass sinkende Kosten beim Zukauf entweder zu steigenden Margen oder Ergebnissen führen müssten, wenn dadurch die Fahrzeuge angesichts einer nicht so großen Preissensitivität der Kunden dieser Gesellschaft preiswerter würden, nicht gezogen werden. In der Automobilindustrie gibt es seit Jahren die Übung, dass es zur Vereinbarung von Preisreduktionen auf der Beschaffungsseite kommt, da die Fahrzeugmodelle im zeitlichen Fortgang zunehmend mit Preisnachlässen verkauft werden. Die Zulieferer müssen mit zunehmender Laufzeit des Modells, mithin steigenden Produktionszahlen, ihre Produkte immer günstiger an die OEMs verkaufen. Damit partizipiert der Automobilhersteller an den mit zunehmender Menge beim Zulieferer auftretenden Effizienzgewinnen. Dies zieht aber keine Margensteigerung bei den Automobilherstellern wie der A… AG nach sich; vielmehr ist dies notwendig, um Margen aufgrund der gleichzeitigen Preiserosion bezogen auf die realisierten Verkaufspreise auf der Absatzseite abzusichern. Auch in der Vergangenheit kam es zu einer produktbezogenen Margenerosion. Daher ist ein höherer Wachstumsabschlag trotz der Stellung der OEMs gegenüber den Zulieferern nicht zu begründen. Zwar hat die A… AG im Konzern der Antragsgegnerin eine gute Verhandlungsposition gegenüber ihren Zulieferern, wobei dies allerdings in der Vergangenheit schon so zu beobachten war. Dennoch gab es auch in der Vergangenheit Margenerosionen. Daher muss eine höhere Weitergabe der inflationsbedingten Kostensteigerungen nicht zwingend angenommen werden. Eine weitere Margenerosion wurde im Terminal Value damit aber gerade nicht unterstellt.
335
Die Käuferschicht im Premiumsegment mag zwar nicht so preissensibel reagieren wie beispielsweise im Kleinwagensegment; doch vergleichen auch die Kunden des Premiumsegments die Marken dieses Segments wie B…, A… oder Mercedes oder auch der internationalen Wettbewerber hinsichtlich vergleichbarer Merkmale wie Preis, Qualität, Ausstattung, Zuverlässigkeit, Image und ähnlichem. Gerade für Firmenwagen von Unternehmenskunden, die für die Gesellschaft nicht unwesentlich sind, stellt die Preiskomponente ein sensibles und wichtiges Entscheidungskriterium dar. Daher positionierte die Gesellschaft ihre Modelle preislich in den einzelnen Märkten durchaus mit Blick auf vergleichbare Modellvarianten der Wettbewerber aus dem Premiumsegment.
336
Demzufolge ist mit den Abfindungsprüfern davon auszugehen, dass aufgrund des bestehenden intensiven Wettbewerbs und der Tatsache, dass sinkende Kosten im Zukauf alle OEMs gleichermaßen betragen, die sinkenden Kosten nicht für einzelne Hersteller wie die A… AG zu einem Margen- bzw. Ergebnisanstieg führen werden. Andererseits hätte die operative Ergebnismarge der Gesellschaft in der Vergangenheit latent steigend sein müssen angesichts dieser seit Jahren in der Automobilbranche verankerten Vertragsbedingungen; einen derartigen Sachverhalt konnten die Abfindungsprüfer indes nicht feststellen.
337
Selbst wenn über einen begrenzten Zeitraum alle Hersteller inflationsbedingte Kostensteigerungen weitergeben könnten, ist ein entsprechender nachhaltiger Effekt mit Blick auf den hohen Wettbewerb und ein konzertiertes Verhalten der Wettbewerber auf der Preisseite angesichts der Erfahrungen der Vergangenheit und einer zu erwartenden Normalisierung nicht zu erwarten, wie Herr Br… im Rahmen seiner Anhörung am 27.4.2023 dargestellt hat.
338
(g) Die starke Marktposition in China führt gleichfalls nicht zu einem höheren Wachstumsabschlag. Im Detailplanungszeitraum geht die Planung bereits von höheren Wachstumsraten im Vergleich zur Prognose von I. M. aus. Für eine Ableitung des Wachstumsabschlages muss indes auch hier gesehen werden, dass es ausgehend von einem eingeschwungenen Zustand im Terminal Value kein weiteres mengen- und strukturbedingtes Wachstum auftreten kann.
339
(h) Chancen, die sich für Wasserstoff als Energiespeicher/-quelle der Zukunft im Automobilbereich eröffnen, rechtfertigen keinen höheren Wachstumsabschlag, auch wenn sich die Umstellung mit großen Stückzahlen leichter durchführen lässt als für kleine Anbieter. Maßgeblich ist auch hier der tatsächliche Stand dieser Technologie zum Bewertungsstichtag. Zum Zeitpunkt der Hauptversammlung waren wasserstoffbasierte Brennstoffzellen noch relativ ineffizient; auch die Verfügbarkeit (grünen) Wasserstoffs musste zum maßgeblichen Stichtag als unsicher angesehen werden. Selbst wenn auch damals bereits Forschung an Brennstoffzellenfahrzeugen betrieben wurde, war die Durchsetzung dieser Antriebssysteme zum Stichtag der Hauptversammlung am 31.7.2020 nur begrenzt quantifizierbar. In jedem Fall aber war klar, dass es im Falle der Durchsetzbarkeit zu einer weiteren, gegebenenfalls zeitlich befristeten Parallelität verschiedener Antriebskonzepte kommen werde, wobei sich auch die wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen der Problematik der Tank-Infrastruktur stellen müssen. Im Konzern der Antragsgegnerin wurde bezüglich alternativer Antriebstechnologien primär auf batterieelektrische Fahrzeugantriebe gesetzt. Dann aber kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine Umstellung auf die neue Technologie von Wasserstoff getriebenen Fahrzeugen im Unternehmenskonzept der A… AG bereits hinreichend im Sinne der Wurzeltheorie konkretisiert gewesen wäre, um bei der Ermittlung eines objektivierten Unternehmenswertes Berücksichtigung finden zu können. Zudem muss gesehen werden, dass die grundsätzliche Umstellung vom Verbrennungsmotor auf alternative Antriebsformen zu einem Großteil einen ersetzenden Charakter hat und haben wird. Bei Auftauchen einer neuen Technologie am Markt können Wachstumseffekte plausibel auftreten, die aber auch nur zeitlich begrenzt wären. Demgemäß wurde in Phase I ein starkes Wachstum batterieelektrischer Fahrzeuge geplant. Gegenläufig führt dies aber zu einer zumindest teilweisen Verdrängung oder gar dem Verschwinden anderer Antriebsformen – zunächst reine Verbrennungsfahrzeuge, im Fall der Durchsetzung der wasserstoffbetriebenen Fahrzeuge dann aber auch der elektrifizierten Fahrzeuge.
340
(i) Der Wachstumsabschlag von 0,5 % bzw. 0,43 % übersieht nicht den Effekt des Transformationsprozesses bei der führenden Stellung der Gesellschaft im Bereich der Elektrofahrzeuge, wo es zu einer Teilereduktion in Verbindung höherer Stückzahlen je Teil und damit zu einer anderen Ausgangsbasis komme. Auch hier ist zu beachten, dass es nicht hinreichend plausibel ist, warum es der Gesellschaft im Vergleich zu ihren Wettbewerbern gelingen solle, den Transformationsprozess hin zur Elektromobilität besser zu bewältigen. Ungeachtet der führenden Stellung von T…, Inc. geht die Gesellschaft in Phase I von über den Markterwartungen liegenden Wachstumsraten aus. Demgemäß war auch das für den Terminal Value angesetzte Umsatz- und Absatzniveau entsprechend den obigen Ausführungen unter B. II. 1. f. (2) nicht zu beanstanden. Aus der Reduktion der Teile ergab sich unter anderem eine Verschiebung im Hinblick auf den Wertschöpfungsanteil der Gesellschaft, der bis dahin wesentlich durch den selbst hergestellten Verbrennungsmotor geprägt war. Neben der Software werden auch die Batteriezellen fremdbezogen und gerade nicht selbst hergestellt. Daher ist das preisbedingte Wachstum der Überschüsse als plausibel zu erachten.
341
(j) Soweit geltend gemacht wurde, der Wachstumsabschlag vernachlässige die Auswirkungen der hohen Wachstumsinvestitionen, ist dieses Argument mit dem Konzept der Ewigen Rente nicht vereinbar. Hier wird nämlich ein Gleichgewichtszustand unterstellt, in dem unter Berücksichtigung des Wertbeitrags aus Thesaurierung keine erweiterungs- sondern lediglich Ersatzinvestitionen vorgenommen werden. Der Wachstumsabschlag bildet entsprechend den einleitenden Ausführungen unter B. II. 2. c. das preisbedingte Wachstum der finanziellen Überschüsse ab. Der wesentliche Teil des künftigen Gesamtwachstums – das durch Thesaurierung finanzierte rein operative Wachstum – ist bereits durch die direkte Zurechnung des Wertbeitrags im Zähler des Bewertungskalküls durch die unmittelbare Zurechnung zu den finanziellen Überschüssen abgebildet. Angesichts dessen übersieht der Wachstumsabschlag die Investitionstätigkeit der Gesellschaft nicht.
342
(k) Der Wertbeitrag der L… S.p.A. vermag den Wachstumsabschlag bei der A… AG nicht infrage zu stellen, selbst wenn der Ergebnisbeitrag höher ist als der Beitrag zum Umsatz mit etwa 3,2 %. Würde man diese Tochtergesellschaft isoliert betrachten, müsste man auch die Synergien mit dem übrigen A…-Konzern bzw. dem Konzern der Antragsgegnerin herausrechnen, die aus der seit Jahren bestehenden Konzerneinbindung erwachsen. Selbst wenn die Käuferschaft diese hochpreisigen und hochwertigen Luxussportwägen eine geringere Preissensibilität haben sollte und damit eine bessere Überwälzbarkeit von beschaffungsseitigen Preissteigerungen angenommen werden könnte, wäre andererseits ein genau gegenteiliger Effekt – also eine besonders ausgeprägte Preissensibilität am anderen Ende des Produktportfolios der A… AG bei den Fahrzeugen der Kompakt- und Mittelklasse – zu erwarten.
343
(I) Aus den aktuellen Megatrends wie Bevölkerungswachstum, Mobilität, Urbanisierung oder Digitalisierung lässt sich nicht die Schlussfolgerung ziehen, der Wachstumsabschlag müsse erhöht werden, auch wenn diese Faktoren zu einem tiefgreifenden Strukturwandel in der Automobilindustrie führen. Diese Entwicklung, die zum Bewertungsstichtag bereits im Gange war, kann zu Nachfrage- und Angebotsveränderungen in diesem Industriezweig führen, von dem die Gesellschaft genauso betroffen ist wie alle anderen Wettbewerber. Allerdings können diese Auswirkungen, worauf die Abfindungsprüfer zutreffend hingewiesen haben, durchaus gegenläufig ausfallen. Zwar wird das Bevölkerungswachstum ebenso wie eine zunehmende Mobilität weiterer Bevölkerungskreise zu einer erhöhten Nachfrage nach Fahrzeugen führen. Umgekehrt erfordern größere Ballungsräume infolge des weiteren Bevölkerungswachstums zunehmend Mobilitätslösungen, die nicht unbedingt höhere Absatzmengen von Fahrzeugen nach sich ziehen werden. Als Folge der Urbanisierung wird mit einem zunehmenden Angebot an Car Sharing-Modellen gerechnet, was tendenziell zu einem Rückgang des privaten Fahrzeugbesitzes und damit zu einem geringeren Absatzmarkt führen wird. Im Prüfungsbericht verwiesen Herr Br… und Frau Fi… weiterhin auf Prognosen, wonach bis zum Jahr 2025 in der Europäischen Union voraussichtlich rund 15 % der verkauften Fahrzeuge gemeinschaftlich über Car Sharing-Konzepte genutzt werden; in China rechnet man sogar mit einem Anteil von mehr als 1/3. Auch wird nicht völlig übersehen werden können, dass gerade bei der jüngeren Bevölkerung der Besitz eines Fahrzeuges nicht mehr in dem Maße als Statussymbol angesehen wird, wie dies zumeist in der Vergangenheit der Fall war.
344
Die Digitalisierung mit der damit einhergehenden Erweiterung von autonomen Fahrzeugsystemen wird voraussichtlich mit einem Rückgang der Unfallzahlen einhergehen und damit die Nachfrage und den Absatz von Ersatzteilen eher negativ beeinflussen. Gesehen werden muss auch die zunehmende Bedeutung von Software und digitalen Lösungen, die die bisher im Automobilbereich bestehenden und durch den Verbrennungsmotor geprägten Markteintrittsbarrieren verschieben, weshalb auch neue Wettbewerber von außerhalb der Automobilindustrie in den Markt eintreten werden. Ein höheres preisbedingtes Wachstum der Überschüsse als Folge zusätzlicher Preisanpassungen oder einer verbesserten Durchsetzung beschaffungsseitiger Preissteigerungen dürfte nicht leichter werden, wenn die bestehenden Marktanteile gleichzeitig gehalten werden sollen.
345
In diesem Wettbewerbsumfeld kann für die Zeit der Ewigen Rente ab 2026 ff. nicht plausibel erwartet werden, der A… AG werde es gelingen, dauerhaft gegenüber den vorhandenen und zu erwartenden Wettbewerbern Marktanteilsgewinne wie im Geschäftsjahr 2019 zu erzielen, als der Absatz um 1,8 % gesteigert werden könnte. Eine solche Übertragung von Ergebnissen der Vergangenheit hin zum Zeitraum der Ewigen Rente ist nicht plausibel zu begründen. Dabei muss beachtet werden, dass das nachhaltige Absatz- und Umsatzniveau plausibel abgeleitet wurde.
346
(m) Aus der Tatsache, dass bei der Veräußerung der A… E… V… GmbH ein Wachstumsabschlag von 1,0 % angesetzt wurde, lässt sich kein Rückschluss auf die Notwendigkeit der Erhöhung des Wachstumsabschlags bei der A… AG ziehen. Die Bewertung der A… E… V… GmbH erfolgte anlässlich der geplanten Veräußerung, in deren Rahmen aber gerade kein objektivierter Unternehmenswert angesetzt wird, wie dies für die Ermittlung einer angemessenen Kompensation im Zusammenhang mit aktienrechtlichen Strukturmaßnahmen erfolgt. Somit erfolgte auch keine Bewertung aus der Sicht eines neutralen Gutachters, sondern in der Funktion eines Beraters aus Verkäuferperspektive. Zudem wäre es nicht konsistent, den Wachstumsabschlag eines Unternehmens, dessen Tätigkeit in der geplanten Entwicklung von Software und digitalen Ökosystemen liegt, mit der A… AG zu vergleichen, nachdem die Tätigkeit der A… E… V… GmbH nur ein Teilbereich des Unternehmensgegenstands und -konzepts der A… AG abdeckte.
347
(n) Der Rückgang des zu kapitalisierenden Ergebnisses um 25 % im Vergleich zum letzten Planjahr führt nicht zur Notwendigkeit der Erhöhung des Wachstumsabschlags. Da das den eingeschwungenen Zustand reflektierende nachhaltige Ergebnis die Annuität sämtlicher nach dem Ende von Phase I zu erwartender Überschüsse darstellt, muss das Ergebnis des letzten Planjahres jedenfalls nicht zwingend der Aufsatzpunkt für die Herleitung der finanziellen Überschüsse im Terminal Value sein. Daher ist ein Vergleich des Ergebnisniveaus des letzten Planjahres mit dem der Ewigen Rente nicht zwingend. Da vorliegend die Überschüsse in der Ewigen Rente entsprechend den obigen Überlegungen unter B. II. 1. f. (8) sachgerecht abgeleitet wurde, kann in der Herleitung des Wachstumsabschlags von 0,5 % vor Steuern, der den Anstieg der finanziellen Überschüsse im Terminal Value, die auf preisbedingtem Wachstum beruhen, nicht fehlerhaft sein.
348
(o) Der Wachstumsabschlag eines Pkw-Herstellers muss nicht zwingend höher sein als der eines Lkw-Herstellers. Ein derartiger Vergleich kann nicht zwingend angestellt werden. Zum einen muss der Vergleich zweier Unternehmen zum selben Zeitpunkt erfolgen. Zweifelsohne sind die Kunden im Lkw-Bereich nahezu durchgängig preissensibel. Die A… AG hat Firmenkunden, die in gleicher Weise preissensibel sind wie die Kunden eines Lkw-Herstellers. Zudem umfasst das Produktangebot der Marke A… – im Gegensatz allerdings zu den nicht so preissensiblen Kunden der Marke L… – nicht nur die Premiumklasse am oberen Ende, sondern auch die Kompakt- und Mittelklasse, deren Kunden durchaus auf den Preis achten. In diesem Zusammenhang müssen auch die sinkenden Margen beachtet werden. Die Preis-Mengen-Politik der Gesellschaft erfolgt sehr detailliert auf der Basis der regionalen Gegebenheiten und der regionalen Wettbewerbssituation und den dort auftretenden Veränderungen. Aus der Entwicklung einzelner Preise, einzelner Länder und einzelner Modelle kann kein Rückschluss auf das Gesamtergebnis einschließlich des Wachstumsabschlags gezogen werden.
349
(p) Der Wachstumsabschlag bildet das preisbedingte Wachstum der finanziellen Überschüsse auf der Grundlage einer unternehmensspezifischen Inflationsrate ab. Demgegenüber ergibt sich die Marktrisikoprämie aus der langjährigen Differenz zwischen der Rendite von Aktien und (quasi-)risikofreien Staatsanleihen, so dass hier gerade keine unmittelbar inflationäre Entwicklung berücksichtigt wird. Die Inflation in der Detailplanungsphase wird unmittelbar im Zähler abgebildet; lediglich über die Diskontierung der Überschüsse wirkt sich dies dann mittelbar auch über den Ansatz der Marktrisikoprämie aus, weil inflationsbedingte Veränderungen im Zähler zu einem anderen Quotienten führen.
350
Angesichts dessen ergibt sich aus den kapitalisierten Überschüssen unter Berücksichtigung einer Aufzinsung vom 1.1.2020 als dem bewertungstechnischen Stichtag auf den Tag der Hauptversammlung vom 31.7.2020 bei einem Kapitalisierungszinssatz von 4,44 % mit einem Aufzinsungsfaktor von 1,026 ein Ertragswert zum Stichtag der Hauptversammlung in Höhe von € 74.202 Mio. wie folgt:
A…
Beta 0,8
|
VS 4+8 2020 in Mio. €
|
Plan 2021 in Mio. €
|
Plan 2022 in Mio. €
|
Plan 2023 in Mio. €
|
Plan 2024 in Mio. €
|
Plan 2025 in Mio. €
|
Ewige Rente 2026 ff. in Mio €
|
Zu diskontierende Nettoausschüttung zum 31.12.
|
1.858
|
2.842
|
3.750
|
4.091
|
4.142
|
3.968
|
3.020
|
Kapitalisierungszinssatz
|
4,44 %
|
4,43 %
|
4,46 %
|
4,52 %
|
4,56 %
|
4,60 %
|
4,23 %
|
Periode
|
1
|
2
|
3
|
4
|
5
|
6
|
|
Barwertfaktor
|
0,96
|
0,92
|
0,88
|
0,84
|
0,80
|
0,77
|
18,16
|
Barwerte
|
1.779
|
2.606
|
3.291
|
3.435
|
3.327
|
3.047
|
54.859
|
Ertragswert zum 1. Januar 2020
|
72.343
|
|
|
|
|
|
|
Aufzinsungsfaktor
|
1,026
|
|
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|
Ertragswert zum 31. Juli 2020
|
74.202
|
|
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|
|
|
Gesondert bewertete Vermögenswerte
|
1.251
|
|
|
|
|
|
|
Unternehmenswert zum 31. Juli 2020
|
75.452
|
|
|
|
|
|
|
351
3. Das nicht betriebsnotwendige Vermögen der Gesellschaft wurde mit einem Wert von 1.251 Mio. aus den Beteiligungen der Gesellschaft sachgerecht abgeleitet.
352
a. Die Wertermittlung der jeweiligen Beteiligungen kann nicht beanstandet werden.
353
(1) Die Ermittlung der stillen Reserven des Sonderwerts der Beteiligung an der TH… beruht auf einem zeitnah zum Bewertungsstichtag abgeschlossenen Kaufvertrag mit einem Kaufpreis für Anteile an der HE… als wesentlicher Beteiligung der TH…. Nachdem außer der A… AG auch andere, konzernfremde Unternehmen Beteiligungen an der TH… hielten, kann davon ausgegangen werden, dass der Kaufpreis unter fremden Dritten einem Marktwert der Beteiligung widerspiegelt. Die Holding Gesellschaft TH…, an der die A… AG zum 31.12.2019 mittelbar mit etwa 29,71 % beteiligt war, hielt eine Mehrheitsbeteiligung an der HE…, einem der weltgrößten Hersteller von digitalen Straßenkarten für Navigationsprogramme. Der Konzernabschluss der Gesellschaft wies diese Beteiligung unter assoziierten Unternehmen aus. Die HE… wiederum wurde als assoziiertes Unternehmen in den Abschluss der TH… einbezogen, weil die TH… gehaltenen Anteile an der HE… keine Kontrolle nach IFRS 10 vermittelten. In dieser Situation lässt sich eine in den Sonderwert einzubeziehende Kontrollprämie nicht rechtfertigen. Im Dezember 2019 wurde der Einstieg der Mi… Corporation und der N… T… als weitere Investoren bei der HE… bekannt gegeben, worüber der Konzernanhang 2019 unter Hinweis auf das noch im Dezember erfolgte Signing über den Erwerb von 30 % der Anteile an der HE… durch diese beiden Unternehmen berichtete. Damit aber fanden die Kaufpreisverhandlungen ebenso wie das Signing im Jahr 2019 unbeeinflusst von den Parteien mit gegebenenfalls bestehenden Auswirkungen auf die Liquidität im Markt für solche Beteiligungen oder ohne Einfluss auf den schon 2019 verhandelten und vereinbarten Kaufpreis statt. Das Closing konnte erst nach Erteilung der kartellrechtlichen Zustimmung bis zum 29.5.2020 erfolgen. Darauf aufbauend floss der Wert der Beteiligung an der TH… mit € 840 Mio. in die Unternehmensbewertung ein. Folglich wurden hier stille Reserven nicht übersehen, die bei der Ermittlung des Liquidationswerts angesichts der dabei unterstellten Veräußerung zu heben gewesen wären.
354
(2) Die übrigen als Sonderwert ausgewiesenen Beteiligungen betrafen 25 Beteiligungen an nicht konsolidierten Tochtergesellschaften in Höhe von € 132 Mio., 17 zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertete assoziierte Unternehmen und Gemeinschaftsunternehmen mit einem Wert von € 280 Mio. sowie drei sonstige Beteiligungen in einem Umfang von insgesamt € 2 Mio. Dabei wurde bei diesen Unternehmen jeweils der höhere Wert aus Beteiligungsbuchwert bzw. anteiligem Eigenkapital angesetzt. Die summierten Buchwerte dieser Beteiligungen belaufen sich auf ca. € 335 Mio., während als Sonderwert etwa € 411 Mio. gerundet angesetzt wurden, so dass stille Reserven in einem Umfang von rund € 76 Mio. oder rund 23 % auf den Buchwert berücksichtigt wurden. Angesichts des Umstandes, dass die anteiligen Beteiligungserträge der Gesellschaft aus den Ergebnissen der Jahre 2017 bis 2019 in ihrer Summe aus Verlusten bestanden, sieht die Kammer entsprechend der Stellungnahme von B… T… keine Anhaltspunkte dafür, dass stille Reserven übersehen worden sein könnten.
355
(a) Dabei konnten die Beteiligungen an der FC … GmbH und an der FC… AG mit Werten von € 7 Mio. bzw. € 90 Mio. als Sonderwert angesetzt werden, auch wenn die Beteiligungen zumindest auch Marketingzwecken dienen, was insbesondere für den Anteil von 8,33 % am Aktienkapital der FC… AG gilt. Ungeachtet dessen kann nicht zwingend davon ausgegangen werden, dass diese Vermögensgegenstände nach Maßgabe des am Stichtag verfolgten Unternehmenszwecks tatsächlich betriebsnotwendig sind und sie nicht veräußert werden könnten, ohne dass davon die eigentliche Unternehmensaufgabe berührt würde (vgl. OLG München AG 2018, 753, 754 = Der Konzern 2019, 277, 279; OLG Stuttgart AG 2012, 49, 50; OLG Düsseldorf AG 2014, 817, 821; van Rossum in: Münchener Kommentar zum AktG, 6. Aufl., § 305 Rdn. 181; Ruiz de Vargas in: Bürgers/Köber/Lieder, AktG, a.a.O., Anh § 305 Rdn. 36; Meinert in: Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, a.a.O., § 8.6). Eine Veräußerung der Beteiligungen an diesen beiden Gesellschaften hätte keinen Einfluss auf die weitere Verfolgung des Unternehmenszwecks. Dies zeigt sich auch daran, dass der Sponsoringvertrag mit der FC… AG bis 2019 befristet ist, während die Gesellschaft in ihrem Fortbestand auf die Ewigkeit hin angelegt ist. Die Beteiligung der Gesellschaft beträgt – ebenso wie die der Allianz SE und der adidas AG – 8,33 % und wurde mit € 90 Mio. entsprechend dem Buchwert dieser Beteiligung bewertet, was den anteiligen Wert des Eigenkapitals deutlich übersteigt. Diese Vorgehensweise mit dem Ansatz des Buchwerts ist nicht zu beanstanden, nachdem dieser mehr als doppelt so hoch ist wie der anteilige Wert am Eigenkapital, der sich ausweislich der Angaben im Jahresabschluss der Gesellschaft zu 31.12.2019 bei einem Eigenkapital der FC… AG von € 481,9 Mio. auf € 40,142 Mio. beläuft. Die Beteiligung an der FC… AG war zudem an das Sponsoring verknüpft, weshalb die A… AG nicht frei über diese Beteiligung verfügen und daher auch nicht an einem etwaigen Marktwert des FC… AG partizipieren könnte. Der aus dem Buchwert abgeleitete Gesamtwert der FC… AG wäre mit € 1.080,4321 Mio. anzusetzen. Zudem verwies die Antragsgegnerin auf entsprechende Multiplikatoren, die als extrem hoch einzustufen seien, weshalb der Ansatz des Buchwerts der Beteiligung nicht bestandet werden kann. Auf Basis des anteiligen Unternehmenswerts von € 90 Mio. und einer im Durchschnitt der letzten nicht durch die COVID-19-Pandemie beeinflussten Geschäftsjahre der FC… AG an die A… AG ausgeschüttete Dividende von 1,15 Mio. resultiert ein Dividenden-Multiplikator von etwa 78x. Der Konzernjahresabschluss-Multiplikator beläuft sich auf etwa € 41 Mio. in diesen beiden nicht durch die Pandemie verzerrten Geschäftsjahre, so dass der Multiplikator bei etwa 26x liegt.
356
(b) In diesen Betrag der zum Beteiligungsbuchwert angesetzten Gesellschaften ging die V… Konzernlogistik GmbH & Co. OHG, die einen Überschuss von € 292 Mio. bei einem Eigenkapital von € 511.000,- erwirtschaftete, zutreffenderweise nicht ein. Die Gesellschaft hielt an dieser OHG eine Beteiligung von 19 %, aus der sie im Geschäftsjahr 2019 einen Ertrag von € 55 Mio. vereinnahmte. Die aus dieser Beteiligung erwarteten künftigen Erträge wurden indes im Beteiligungsergebnis verbucht, was in gleicher Weise für die Beteiligungen F…-V…, S…-V…, V… Automatic Transmission (Ti…) Co., Ltd. mit Sitz in Ti…, China sowie die Mehrmarken-Vertriebsgesellschaften gilt. Damit aber flossen die Erträge aus diesen Gesellschaften einschließlich der V…konzernlogistik GmbH & Co. OHG über das Beteiligungsergebnis in den Ertragswert ein und können somit nicht nochmals als Sonderwert erfasst werden; anderenfalls käme es zu einer unzulässigen Doppelerfassung.
357
(c) Dasselbe gilt für den Gewinn aus der Veräußerung der A… E. V1. GmbH samt ihren acht Tochtergesellschaften in einem Umfang von € 500 Mio., weil dieser Gewinn ebenso wie der aus der Veräußerung der Anteile an der A… I… D… GmbH in das Beteiligungsergebnis des Jahres 2020 eingeflossen ist.
358
b. Weitere Sonderwerte oder weiteres nicht betriebsnotwendiges Vermögen mussten in die Ermittlung des Unternehmenswertes nicht einfließen.
359
(1) Nicht betriebsnotwendige Liquidität musste nicht als Sonderwert angesetzt werden. Der Anteil der nicht betriebsnotwendigen Liquidität ergab sich ausgehend vom 31.12.2019 aus der Differenz der gesamten Liquidität abzüglich der betriebsnotwendigen Liquidität. Aus bewertungstechnischen Gründen wurde vom Bestand der liquiden Mittel zum 31.12.2019 in Höhe von € 11.731 Mio. die Ergebnisabführung für das Jahr 2019, die im Jahr 2020 abgeflossen ist, in Höhe von € 3.752 Mio. abgezogen. Nach Abzug der als betriebsnotwendig identifizierten Liquidität in einem Umfang von € 7.000 Mio. verblieben zum Beginn des Planungszeitraums noch € 979 Mio. als nicht betriebsnotwendige Liquidität. Deren Bestand wurde periodenspezifisch im Rahmen der integrierten Planungsrechnung unter Berücksichtigung des Finanzierungsgeschäfts der A… AG und der Ausschüttungen fortgeschrieben. Die nicht betriebsnotwendige Liquidität wurde somit im Rahmen der Ermittlung der Verschuldungsgrade bereits unternehmenswerterhöhend berücksichtigt und kann folglich nicht nochmals als Sonderwert einfließen.
360
(a) Die Höhe der betriebsnotwendigen Liquidität stellt sich als unternehmensspezifisch zu bestimmende Größe dar, die in erster Linie von den unternehmerischen Entscheidungen der Gesellschaft abhängt. Die Bewertungsgutachter leiteten ihre Höhe auf der Grundlage erhaltener unternehmensspeziFi… Informationen zum unterjährigen Liquiditätsbedarf von etwa € 5,5 Mrd. ab. Dieser Mindestbedarf wurde um einen Risikopuffer erhöht, um zusätzlichen Bedarf abdecken zu können. Die Höhe der Mindestliquidität führt nicht automatisch zu dem Ansatz, dass nur diese Mindestliquidität als betriebsnotwendig anzusetzen sei. Der Umfang der betriebsnotwendigen Liquidität kann sinnvollerweise angesichts der Möglichkeit von Schwankungen plausibel erhöht werden, die beispielsweise auch durch exogene Schocks auftreten können. Unvorhergesehen Risiken traten in der Vergangenheit auf und sind auch für die Zukunft zu erwarten, selbst wenn sie wie die COVID-19-Pandemie nicht vorhergesehen wurden. Der Ansatz einer betriebsnotwendigen Liquidität von € 7.000 Mio. unterstellt indes gerade nicht, dass die Pandemie dauerhaft anhalten werden und dafür eine höhere Liquidität vorzuhalten wäre. Vielmehr geht der Liquiditätspuffer davon aus, dass unvorhergesehene Liquiditätsbelastungen auftreten können. Daneben sollten auch Liquiditätsschwankungen innerhalb eines Monats abgesichert werden.
361
Dieser Wert von € 7.000 Mio. an betriebsnotwendiger Liquidität wurde aus der Multiplikation des Cash Conversion Cycle von 50 Tagen – also der Zeitspanne zwischen dem Augenblick des Mittelabflusses für die Beschaffung von Rohstoffen oder Waren und dem Zeitpunkt des Mittelzuflusses aus dem Verkauf von Lagerbeständen – mit den Herstellungskosten von € 140 Mio. Tag, wie Herr M3. von der Bewertungsgutachterin in der mündlichen Verhandlung erläuterte. So ermittelte sich der Bedarf an betriebsnotwendiger Liquidität bei der Gesellschaft.
362
(b) Zudem muss auch die Finanzbedarfsplanung berücksichtigt werden. Der Finanzbedarf für Vorräte war im Vergleich zur intendierten und geplanten Ausweitung des Geschäfts sehr optimistisch geplant. Der Vergleich mit realisierten Werten der Vergangenheit ergibt in diesem Zusammenhang einen erheblichen Finanzbedarf, der so in der Bewertung nicht abgebildet war, worauf Herr Br… im Rahmen seiner mündlichen Anhörung ebenfalls hinwies. Die Ableitung des Liquiditätsbedarfs beruhte auf einer unternehmerischen Entscheidung, die von den Planverantwortlichen der A… AG dem Bewertungsgutachter vermittelt wurde.
363
(c) Ein Widerspruch zu den Annahmen beim Unlevern kann im Ansatz einer betriebsnotwendigen Liquidität in diesem Umfang nicht gesehen werden. Ihre Ermittlung geschah bei der Gesellschaft auf der Grundlage detaillierter Analysen, die so für die Vergleichsunternehmen der P. Group allerdings nicht durchführbar waren. Daher wurden bei den P. Group-Unternehmen 1/12 des Jahresumsatzes als betriebsnotwendig angesetzt, um die Höhe der dortigen betriebsnotwendigen Liquidität abschätzen zu können. Die Zuordnung von liquiden Mitteln zum Leistungsbereich hat zur Konsequenz, dass diese im Rahmen des Unlevern und Relevern nicht in den Verschuldungsgrad einfließen können. Da die Höhe der betriebsnotwendigen Liquidität vom jeweiligen Unternehmenskonzept abhängt und daher von außen nur eingeschränkt abschätzbar ist, sind auch unterschiedliche Ansätze zu ihrer Höhe möglich. Die Vorgehensweise der Bewertungsgutachter von P… führte dazu, dass bei der A… AG zwar relativ mehr liquide Mittel dem Leistungsbereich zugeordnet und daher als betriebsnotwendig eingestuft werden als bei den Unternehmen der P. Group. Bei diesen Vergleichsunternehmen kam es zu einer vereinfachenden Betrachtungsweise. Angesichts der detaillierten Analysen sowohl der Bewertungsgutachter als auch der Abfindungsprüfer kann ein Rückschluss dergestalt, auch bei der A… AG müsse 1/12 der Jahresumsätze als betriebsnotwendige Liquidität ausreichen, nicht gezogen werden. Der Ansatz um einer um € 2,5 Mrd. bis € 3,5 Mrd. niedrigeren Liquidität als betriebsnotwendig unterschreitet bereits den notwendigen Mindestbestand von € 5,5 Mrd. und lässt keinen Puffer mehr für unvorhersehbare Ausnahmesituationen zu, weshalb dieser Ansatz mit einer Größenordnung von € 3,5 Mrd. bis € 4,5 Mrd. an betriebsnotwendiger Liquidität nicht sachgerecht sein kann. Die Abfindungsprüfer nahmen auch eigene Analysen vor, die dazu führen, dass der Betrag von € 7.000 Mio. nicht zu beanstanden sei. Sie leiteten dabei vor allem eine Relation der bei der Gesellschaft ermittelten absoluten betriebsnotwendigen Liquidität zum Marktwert des Eigenkapitals ab; diese Relation wurde sodann beim Unlevern zur Bestimmung der Höhe der betriebsnotwendigen Liquidität auf die von ihnen herangezogene ermittelt. Dadurch haben die Abfindungsprüfer die gleiche Relation von betriebsnotwendiger Liquidität in Bezug zum Marktwert des Eigenkapitals beim Unlevern für die Unternehmen der P. Group und beim Relevern für die A… AG angesetzt. Daraus lässt sich die Schlussfolgerung ziehen, dass der Umfang der betriebsnotwendigen Liquidität als sachgerecht angesehen werden muss.
364
(d) Aus dem hohen Cashflow der Gesellschaft und zusätzlicher Liquidität aus den Verkäufen der A… I… D… GmbH, der A… E… V… GmbH und der A… J… S… ergibt sich kein anderes Ergebnis. Soweit diese Transaktionen im Geschäftsjahr 2020 realisiert wurden, wurden sie mit ihren Ertrags- und Liquiditätsauswirkungen in der Planung abgebildet. Damit sind die daraus resultierenden finanziellen Überschüsse im Rahmen der Finanzplanung der Gesellschaft, als der periodenspezifischen Ermittlung nicht betriebsnotwendiger Liquidität berücksichtigt; sie können allerdings nicht nochmals als Sonderwert ausgewiesen werden.
365
(2) Schadensersatzansprüche gegen ehemalige Organmitglieder mussten nicht zwingend als Sonderwert einfließen. Zum Stichtag der Hauptversammlung waren weder Klagen gegen ehemalige Organmitglieder der Gesellschaft anhängig noch anderweitige vertragliche Regelungen mit ihnen im Hinblick auf Schadensersatzansprüche der A… AG vereinbart worden. Eine hinreichende Konkretisierung derartiger Schadensersatzansprüche war nicht gegeben, wie die Einsicht in die Aufsichtsratsprotokolle durch die Abfindungsprüfer von B… T… ergab. Soweit es zu einer Kostenübernahme im Zusammenhang mit gegenüber der Gesellschaft geltend gemachten Ansprüchen aufgrund von beanstandeten Vier Zylinder-TDI-Motoren durch die Antragsgegnerin in Höhe von € 100 Mio. gab, wurde dies als Rückstellung bilanziell erfasst. Aufwand hieraus wurde durch die Einbuchung einer entsprechenden Forderung im Geschäftsjahr 2019 neutralisiert. Eine Berücksichtigung als Sonderwert kommt nicht mehr in Betracht, weil der positive Effekt daraus bereits im Ergebnis des Geschäftsjahres 2019 abgebildet wurde und damit der für die Ermittlung des Unternehmenswerts nicht mehr relevanten Vergangenheit.
366
(3) Steuerliche Verlustvorträge und das steuerliche Einlagekonto waren nicht als Sonderwert zu berücksichtigen.
367
(a) Die zum 31.12.2019 im A…-Konzern bestehenden steuerlichen Verlustvorträge in Höhe von € 2.985 Mio. wurden im Rahmen einer gesonderten Berechnung im Detailplanungszeitraum bei der effektiven Steuerbelastung der Gesellschaften dieses Konzerns ermittelt, bei denen steuerlich Verlustvorträge vorlagen und genutzt werden konnten. Dabei entfiel der größte Einzelposten auf die A… Hu… zrt mit einem steuerlichen Verlustvortrag von € 2.574 Mio. zum 31.12.2019. Soweit die steuerlichen Verlustvorträge bis zum Ende der Detailplanungsphase noch nicht verbraucht wurden, wurden die durch die weitere Nutzung noch realisierbaren Steuerentlastungen über eine gesonderte Berechnung ermittelt und in eine Annuität umgerechnet. Dieser Ansatz führte insgesamt zu einer geringeren effektiven Steuerquote des A…-Konzerns und zu einer Minderung des Steueraufwands in der Ewigen Rente. Da die steuerlichen Verlustvorträge aber bereits im Rahmen der Steuerbelastung berücksichtigt wurden, können sie nicht nochmals als Sonderwert in den Unternehmenswert einfließen; dies würde wiederum eine unzulässige Doppelerfassung bedeuten.
368
(b) Ein Sonderwert aus einem steuerlichen Einlagekonto im Sinne des § 27 KStG konnte nicht angesetzt werden, weil die Voraussetzungen für dessen Nutzung im Sinne einer steuerfreien Ausschüttung nicht gegeben waren. Aufgrund von § 27 Abs. 1 Satz 1 KStG hat eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft die nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen am Schluss eines jeden Wirtschaftsjahres auf einem besonderen Konto, dem steuerlichen Einlagekonto, auszuweisen. Soweit Dividendenzahlungen den nach § 27 KStG ermittelten ausschüttbaren Gewinn übersteigen, sind diese als Kapitalrückzahlung zu qualifizieren, wenn diese dann das steuerliche Einlagekonto mindern und steuerfrei bleiben. Im Rahmen der Bewertung wurde aus dem in jedem Jahr geplanten laufenden Ergebnis eine Ausschüttung in Höhe von 50 % an die Anteilseigner angesetzt; dann aber sind die Voraussetzungen für die Nutzung des steuerlichen Einlagekontos, mithin eine Ausschüttung aus der Substanz, also eine Kapitalrückzahlung, nicht anzunehmen gewesen.
369
(4) Im Konzernabschluss zum 31.12.2019 „Als Finanzinvestitionen gehaltene Immobilien“, die mit € 314 Mio. ausgewiesen wurden, dienen dem Unternehmenszweck und sind folglich betriebsnotwendig. Es handelt sich dabei nämlich zum einen in einem Umfang von € 195 Mio. um Nutzungsrechte für die als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien, die im Wesentlichen A…-Zentren im Eigentum der V… Group Real Estate, im Logistikparkt am Werk S. J. sowie Showräume der USamerikanischen Händler betrafen, wobei diese Immobilien nicht im Eigentum der Gesellschaft standen; ausweislich des Konzernabschlusses zum 31.12.2019 verfügt die Gesellschaft über Nutzungsrechte an diesen Immobilien. Die verbleibenden € 119 Mio. beziehen sich auf Immobilien von Konzerngesellschaften, die als Finanzinvestitionen gehalten werden und im Wesentlichen an A…-Händler vermietet werden. Dadurch wird Einfluss auf die Präsentation der Marke A… genommen. Folglich dienen diese Vermögensgegenstände dem Unternehmenszweck, weshalb sie dem betriebsnotwendigen Vermögen zugerechnet werden müssen.
370
(5) Die im Konzernabschluss vom 31.12.2019 unter den kurzfristigen Vermögenswerten jeweils ausgewiesenen „sonstige finanzielle Vermögenswerte“ in Höhe von € 5.427 Mio. bzw. € 1.273 Mio. sowie Wertpapiere in einem Umfang von € 5.592 Mio. wurden bei der Bewertung der Gesellschaft in den Verschuldungsgrad einbezogen und mindern diesen folglich. Dies wiederum führt zu einer Erhöhung des Unternehmenswertes. Die Zinserträge aus diesen Positionen flossen in die Ertragsplanung mit ein. Daher verbietet sich auch hier eine nochmalige Erfassung als Sonderwert.
371
(6) Die Marke „A…“ durfte nicht als nicht betriebsnotwendiges Vermögen angesetzt werden. Die Marke dient nämlich unmittelbar dem Erzielen der Erlöse, weshalb ihr Wert über die Ertragsplanung in die Unternehmensbewertung einfließt und demzufolge nicht im Rahmen des nicht betriebsnotwendigen Vermögens Berücksichtigung finden kann; anderenfalls käme es zu einer unzulässigen Doppelerfassung (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 19.1.2011, Az. 20 W 3/09; LG München I AG 2017, 501, 507; Beschluss vom 28.3.2019, Az. 5HK O 3374/18; Beschluss vom 16.4.2021, Az. 5711/19; Beschluss vom 22.6.2020, Az. 5HK O 16116/08; Beschluss vom LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 9.8.2010, Az. 3-5 O 73/04; Beschluss vom 30.6.2023, Az. 5HK O 4509/21; Beschluss vom 29.11.2013, Az. 5HK O 5321/19; Ruiz de Vargas in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, a.a.O., Anh 305 Rdn. 36 b).
372
Angesichts dessen sind zu dem Ertragswert der A… AG in Höhe von € 74.202 Mio. die gesondert bewerteten Vermögensgegenstände mit einem Umfang von € 1.251 Mio. hinzuzuaddieren, woraus sich dann ein Unternehmenswert zum 31.7.2020 von € 75.452 Mio. ergibt. Bei insgesamt 43.000.000 Aktien resultiert daraus eine Barabfindung in Höhe von € 1.754,71 je Aktie. Diese von der Antragsgegnerin geschuldete Barabfindung liegt um etwa 13,1 % über dem von der Hauptversammlung festgesetzten Wert. Für die Annahme einer lediglich geringfügigen Abweichung, bei der die ursprüngliche Barabfindung nicht zu erhöhen wäre (vgl. hierzu BayObLG, Beschluss vom 18.5.2022, Az. 101 ZBR 97/20; OLG München AG 2020, 133, 134, 138 = WM 2019, 2104, 2106, 2117; OLG Stuttgart AG 2011, 205, 211; OLG Frankfurt AG 2012, 330, 334 f. = ZIP 2012, 371, 376; AG 2015, 504, 508 = Der Konzern 2015, 378, 387 f.; AG 2016, 551, 555 = ZIP 2016, 716, 719; OLG Düsseldorf WM 2019, 1789, 1795; LG München I, Beschluss vom 22.6.2022, Az. 5HK O 16226/08) kann kein Raum sein. Bei einer Abweichung in einer sogar deutlich über 10 % liegenden Erhöhung lassen sich die Grundsätze über die Bagatellgrenze, die vielfach bei maximal 5 % angesetzt wird, nicht mehr anwenden.
373
Der Notwendigkeit der Erhöhung der Barabfindung kann der Börsenkurs nicht entgegengehalten werden, der sich im maßgeblichen Referenzzeitraum von drei Monaten vor der Bekanntgabe der Squeeze out-Absicht am 28.2.2020, mithin vom 28.11.2019 bis zum 27.2.2020, auf einen von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht nach § 31 Abs. 1 und Abs. 7 WpÜG berechneten Mindestpreis von € 813,15 je Aktie belief. Zwar geht der BGH in seiner jüngsten Rechtsprechung davon aus, dass die Angemessenheit der Barabfindung der außenstehenden Aktionäre auch anhand des Börsenkurses ermittelt werden kann, nachdem der Rückgriff auf den Börsenkurs als marktorientierte Methode zur Schätzung des Unternehmenswerts und des Werts der Beteiligung des außenstehenden Aktionärs geeignet sein kann. Dies beruht nach dieser Rechtsprechung auf der Annahme, dass die Marktteilnehmer auf der Grundlage der ihnen zur Verfügung gestellten Informationen und Informationsmöglichkeiten die Ertragskraft des Unternehmens, um dessen Aktien es geht, zutreffend bewerten und sich die Marktbewertung im Börsenkurs niederschlägt (vgl. BGHZ 236, 180, 186 ff. = NJW 2023, 2114, 2116 f. = NZG 2023, 937, 939 f. = AG 2023, 443, 444 f. = ZIP 2023, 795, 796 f. = WM 2023, 714, 715 f. = DB 2023, 953, 954 f. = Der Konzern 2023, 217, 219 = DZWIR 2023, 486, 488 f. = DStR 2023, 2575, 2576 f.).
374
Von einer solchen Situation kann vorliegend jedoch nicht ausgegangen werden, auch wenn die in § 5 Abs. 4 WpÜG-AngVO genannten Kriterien für die Berücksichtigung des Börsenkurses eingehalten worden, weil in dem maßgeblichen Zeitraum von drei Monaten an 60 von 61 möglichen Tagen Handel mit Aktien der Gesellschaft stattfand und auch eine Aktienkursabweichung von mehr als 5 % von einem auf den nächsten Handelstag nicht festzustellen war.
375
Maßgeblich muss vielmehr zum einen sein, dass der Aktienkurs der Gesellschaft ganz wesentlich von der Entwicklung des Aktienkurses der Antragsgegnerin beeinflusst wird, weil sich der Ausgleich an dem bestehenden Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag nach der Dividende richtet, die im gleichen Geschäftsjahr den Aktionären der Antragsgegnerin auf eine V…-Stammakte gezahlt wird. Dann aber muss davon ausgegangen werden, dass Informationen des Kapitalmarkts durch die börsennotierte Antragsgegnerin auch Einfluss auf den Aktienkurs der A… AG haben. Damit aber werden die Marktteilnehmer die Ertragskraft der Gesellschaft nicht ausschließlich nach den Informationen beurteilen, die sich auf sie selbst beziehen, sondern gerade auch Informationen der Antragsgegnerin berücksichtigen.
376
Zum anderen aber muss ganz wesentlich gesehen werden, dass im vorliegenden Fall der Börsenkurs aus dem maßgeblichen Zeitraum von drei Monaten vor der Bekanntgabe der aktienrechtlichen Strukturmaßnahme den Wert der Beteiligung nicht widerspiegeln kann. Vorliegend lag bereits der von der Hauptversammlung bestimmte Abfindungsbetrag um ca. 90 % über dem von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ermittelten Durchschnittskurs. Die über den Ertragswert ermittelte angemessene Barabfindung beträgt mehr als das Doppelte des durchschnittlichen volumengewichteten Aktienkurses aus dem maßgeblichen Referenzzeitraum. Bei einer solchen Abweichung kann jedenfalls nicht von einer nicht mehr relevanten oder unwesentlichen Abweichung vom Börsenkurs gesprochen werden. Dies zeigt sich insbesondere auch an einem Vergleich zu den in § 255 AktG in der Fassung des Zukunftsfinanzierungsgesetzes niedergelegten Grundsätzen, ohne dass die Kammer abschließend entscheiden müsste, inwieweit diese Gesetzesänderung mit der starken Betonung des Börsenkurses auf die nicht von dieser Vorschrift erfassten aktienrechtlichen Strukturmaßnahmen ausstrahlen kann oder nicht (im Grundsatz bejahend Wasmann AG 2023, 810, 811; zumindest zweifelnd Schwarz AG 2024, 531, 540 ff.). In einer solchen Situation mit einer gravierenden Abweichung zwischen Börsenkurs und Ertragswert würde die alleinige Maßgeblichkeit des Börsenkurses einen nicht mehr hinnehmbaren Eingriff in das durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Eigentum der Aktionäre bedeuten. Bei der Regelung des § 327 a Abs. 1 Satz 1 AktG über den Ausschluss der Minderheitsaktionäre handelt es sich allerdings nicht um eine Enteignung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG, sondern um eine verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. BVerfG NJW 2007, 3268, 3269 = NZG 2007, 587, 588 = AG 2007, 544, 545 = ZIP 2007, 1261, 1262 = WM 2007, 1329, 1330 = DB 2007, 1577 = BB 2007, 1515 f. = Der Konzern 2007, 524, 525; AG 2008, 27 = ZIP 2007, 2121 = WM 2007, 2199, 2200; BGH NZG 2006, 117 = AG 2005, 921 = ZIP 2005, 2107 f. = BB 2005, 2651 = MDR 2006, 524 f. = DStR 2006, 198 f.; Koch, AktG, a.a.O., § 327 a Rdn. 6; Grunewald in: Münchener Kommentar zum AktG, 6. Aufl., Vor § 327 a Rdn. 7; Singhof in: BeckOGK AktG, Stand: 1.2.2024, § 327 a Rdn. 7; Lochner in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Aufl., Vor §§ 327 a ff. Rdn. 7). Dann aber muss bei ausgleichspflichtigen Inhalts- und Schrankenbestimmungen zugunsten Privater wie den Squeeze out die grundrechtlich relevante Einbuße vollständig kompensiert werden und darf folglich – anders als bei der Enteignung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG – nicht unter dem Verkehrswert liegen (vgl. BVerfGE 100, 289, 305 = NJW 1999, 3769, 3770 = AG 1999, 566, 567 = ZIP 1999, 1436, 1440 = WM 1999, 1666, 1668 = DB 1999, 1693, 1694 = BB 1999, 1778, 1780; WM 2005, 855, 856 = NJW-RR 2005, 741, 742; Papier/Shirvani in: Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz-Kommentar, Werkstand: 103. EL Januar 2024, Art. 14 Rdn. 488). Zwar kann entsprechend den obigen Ausführungen eine Kompensation auch auf der Grundlage des Börsenkurses als Verkehrswert festgestellt werden. Doch kann dies dann nicht gelten, wenn der innere Wert der Aktie sehr viel höher liegt als der Börsenkurs, der zudem von Faktoren außerhalb des Bewertungsobjekts beeinflusst wird. Die Kammer muss nicht abschließend entscheiden, wo diese Grenze zu ziehen ist, ab der der Börsenkurs nicht mehr maßgeblich sein kann. Ist der innere Wert der Aktie bereits nach dem Beschluss der Hauptversammlung um etwa 90 % höher, kann der Börsenkurs keinesfalls maßgeblich sein, so dass der Ertragswert auch in vollem Umfang überprüft und dann auch wie hier erhöht werden kann. Nichts anderes gilt, wenn der Vortrag der Antragsgegnerin zugrunde gelegt würde über einen durchschnittlichen Börsenkurs von € 1.011,- je Aktie ab dem 28.2.2020 zugrunde gelegt würde. Denn dann überstiegt selbst der von der Hauptversammlung festgesetzte Abfindungsbetrag den Börsenkurs immer noch um nahezu 53,5 %. Bei einer derart hohen Abweichung wäre eine Abfindung auf der Grundlage des Börsenkurses nicht mehr angemessen, weil sie nicht den inneren Wert der Aktie widerspiegelt. Hierfür spricht jedenfalls die Wertung aus § 255 Abs. 5 Satz und Satz 2 AktG. Nach § 255 Abs. 5 Satz 1 AktG entspricht bei einer Kapitalerhöhung gegen Einlage der Wert der gewährten Aktien ihrem Börsenkurs. Unterschreitet der Ausgabebetrag den Börsenkurs nicht wesentlich, so entfällt der Anspruch auf Ausgleichszahlung nach § 255 Abs. 4 Satz 2. Im Falle eines unangemessen niedrigen Werts der Einlage kann jeder durch den Ausschluss des Bezugsrechts betroffene Aktionär einen Ausgleich durch bare Ausgleichszahlung verlangen. Daraus muss aber für den hier gegebenen Fall die Schlussfolgerung gezogen werden, dass der Börsenkurs für die Abfindung nicht maßgeblich sein kann, wenn er den Ertragswert wesentlich unterschreitet. Angesichts der hier gegebenen Wertverhältnisse kann der Börsenkurs nicht maßgeblich sein. Auf die von der Antragsgegnerin abgelehnte Problematik der Marktenge oder die von ihr bejahte hinreichende Liquidität der Aktie der Gesellschaft im Zeitraum vom 28.2.2020 bis zum 16.6.2020 kann es daher entscheidungserheblich nicht ankommen.
377
4. Aus anderen Gründen lässt sich eine höhere Barabfindung nicht rechtfertigen.
378
a. Die Höhe der Barabfindung muss Vorerwerbspreise nicht berücksichtigen.
379
Soweit teilweise in Rechtsprechung und Literatur die Ansicht vertreten wird, Vorerwerbspreise seien zu berücksichtigen, weil auch eine sogenannte „Kontrollprämie“ Teil des Unternehmenswertes sei (vgl. LG Köln AG 2009, 835, 838 = Der Konzern 2009, 494, 496 f.; Schüppen/Tretter in: Frankfurter Kommentar zum WpÜG, 3. Aufl., § 327 b AktG Rdn. 16; Hüttemann in: Festschrift für Hoffmann-Becking, 2013, S. 603, 615 f.; Behnke NZG 1999, 934; in diese Richtung auch Emmerich in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, a.a.O., § 305 Rdn. 68; für einen Sonderfall auch LG Frankfurt, Beschluss vom 25.11.2014, Az. 3-05 O 43/13), vermag dem die Kammer nicht zu folgen. Erwerbspreise, die ein Großaktionär in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit einem Squeeze out entrichtet, spielen für die Bemessung der angemessenen Barabfindung keine Rolle. Der Preis, den ein Mehrheitsaktionär an die Minderheitsaktionäre zu zahlen bereit ist, hat zu dem „wahren“ Wert des Anteilseigentums in der Hand der Mindestaktionäre regelmäßig keine Beziehung. In ihm kommt nämlich der Grenznutzen zum Ausdruck, den der Mehrheitsaktionär an den erworbenen Aktien ziehen kann. Dieser ist wesentlich dadurch bestimmt, dass der Mehrheitsaktionär mit den so erworbenen Aktien ein Stimmenquorum erreicht, das aktien- oder umwandlungsrechtlich Voraussetzung für bestimmte gesellschaftsrechtliche Maßnahmen ist. Daher ist der Mehrheitsaktionär vielfach bereit, einen „Paketzuschlag“ zu zahlen. Aus der Sicht des Minderheitsaktionärs ist der vom Mehrheitsaktionär außerbörslich bezahlte (erhöhte) Preis nur erzielbar, wenn es ihm gelingt, gerade seine Aktien an den Mehrheitsaktionär zu veräußern. Darauf aber hat der Minderheitsaktionär weder verfassungsrechtlich aus Art. 14 Abs. 1 GG noch einfachrechtlich angesichts des Grundsatzes der Vertragsfreiheit einen Anspruch (vgl. BVerfGE 100, 289, 306 f. = NJW 1999, 3769, 3771 = NZG 1999, 931, 932 = WM 1999, 1666, 1669 = AG 1999, 566, 568 = ZIP 1999, 1436, 1441 = DB 1999, 1693, 1695 = BB 1999, 1778, 1780 = JZ 1999, 942, 944 – DAT/Altana; BGHZ 186, 229, 241 = NJW 2010, 2657, 2660 = NZG 2010, 939, 943 = ZIP 2010, 1487, 1491 = AG 2010, 629, 632 = DB 2010, 1693, 1697 = WM 2010, 1471, 1475 = Der Konzern 2010, 499, 503 – Stollwerck; LG München I AG 2020, 222, 228; Beschluss vom 24.5.2013, Az. 5HK O 17095/11; Beschluss vom 31.7.2015, Az. 5HK O 16371/13; Beschluss vom 21.12.2015, Az. 5HK O 24402/13; Beschluss vom 25.4.2016, Az. 5HK O 20672/14; Beschluss vom 29.6.2018, Az. 5HK O 4268/17; Beschluss vom 29.8.2018, Az. 5HK O 16858/15; Beschluss vom 29.11.2023, Az. 5HK O 5321/19; van Rossum in: Münchener Kommentar zum AktG, a.a.O., § 305 Rdn 91; Veil/Preisser in: BeckOGK AktG, Stand: 1.7.2023, § 305 Rdn. 71 f.; Steinle/Liebert/Katzenstein: in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 7: Gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten (Corporate Litigation), 6. Aufl., § 34 Rdn. 177 f.; Habersack NZG 2019, 881, 883 f.; E. Vetter AG 1999, 569, 572). Aus der Wertung des § 31 Abs. 4 WpÜG lässt sich das gegenteilige Ergebnis nicht begründen, weil das System des WpÜG mit dem der aktienrechtlichen Strukturmaßnahmen wie dem Squeeze out nicht vergleichbar ist. Die Annahme des Erwerbsangebots beruht auf einer freien Entscheidung des Aktionärs, während er sich bei einem Squeeze out der Mehrheitsentscheidung der vom Hauptaktionär dominierten Hauptversammlung beugen muss. §§ 31 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 WpÜG, 4 WpÜG-AngVO verfolgen zudem einen anderen Zweck als die Bestimmung der Abfindung nach § 305 AktG. Sie sollen bei öffentlichen Übernahmeangeboten das in § 3 Abs. 1 WpÜG verankerte übernahmerechtliche Gleichbehandlungsgebot absichern (vgl. Krause in: Assmann/Pötzsch/Uwe H. Schneider, WpÜG, 3. Aufl., § 31 Rdn. 4 und § 4 WpÜG-AngVO Rdn. 1). Demgegenüber sollen im Rahmen der Abfindung die außenstehenden Aktionäre für den mit dem Squeeze out verbundenen Eingriff in ihr Aktieneigentum entschädigt werden, ohne dass sie einen Anspruch auf einen solchen Preis haben, den ein anderer Minderheitsaktionär bei der Veräußerung an den herrschenden Aktionär erzielt (vgl. van Rossum in: Münchener Kommentar zum AktG, 6. Aufl., § 305 Rdn. 7 m.w.N.). Hierfür spricht insbesondere auch die Gesetzgebungsgeschichte. Die noch im Regierungsentwurf (vgl. BT-Drucks. 14/7084) enthaltene Regelung, wonach eine im Rahmen eines Angebots nach dem WpÜG angebotene Gegenleistung als angemessene Barabfindung anzusehen sei, sofern das Angebot von mindestens 90 % der Aktionäre, an die es gerichtet gewesen sei, angenommen worden sei, entfiel im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens, nachdem der Bundesrat und Aktionärsvereinigungen rechtliche Bedenken geltend gemacht hatten (vgl. BT-Drucks. 14/7477). Zudem muss gesehen werden, dass der Kaufpreis die Gegenleistung für die freiwillig erfolgte Veräußerung ist, während die Barabfindung eine Entschädigungsleistung oder Kompensation und gerade keine „Gegenleistung“ für die regelmäßig gegen den Willen der außenstehenden Minderheitsaktionäre durchgesetzte aktienrechtliche Strukturmaßnahme darstellt (vgl. OLG Düsseldorf AG 2019, 732, 735; Heller in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 5. Aufl., § 305 Rdn. 99; Paschos in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 6. Aufl., § 305 Rdn. 23).
380
b. Aus dem Barwert der Ausgleichszahlung lässt sich keine höhere Barabfindung herleiten. Zwar ist im Ausgangspunkt anzunehmen, dass der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zu den Verhältnissen der Gesellschaft im Sinne des § 327 b Abs. 1 Satz 1 AktG gehört, auch wenn er früher abgeschlossen wurde, aber von seinem Fortbestand auszugehen ist und sich dann der Wert der Unternehmensbeteiligung aus der Sicht der durch den Squeeze out-Beschluss betroffenen Minderheitsaktionäre primär durch die Erträge bemisst, die sie ohne den Beschluss über den Squeeze out erhalten hätten – während der Laufzeit des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages sind dies die Ausgleichszahlungen nach § 304 AktG, so dass deren Wert grundsätzlich auch bei der Barabfindung abgebildet werden muss. Demgemäß kann die Diskontierung der Ausgleichszahlung auch eine geeignete Methode sein, um den Wert des Fruchtziehungsrechts der Minderheitsaktionäre zu ermitteln. Da aber der Ausgleichsanspruch nur die Aussicht auf die Dividende ersetzt, nicht aber den Anteil an der Vermögenssubstanz, auf den bei Auflösung und Liquidation ein Anspruch bestünde, der ebenfalls Teil der in der Aktie durch Artikel 14 Abs. 1 GG geschützten Vermögenswerte ist, stellt der Barwert des (festen) Ausgleichsanspruchs regelmäßig nur den Mindestwert dar (vgl. BGHZ 227, 137, 147 ff. = NZG 2020, 1386, 1388 f. = AG 2020, 949, 952 = ZIP 2020, 2230, 2233 f. = WM 2020, 2139, 2141 f. = DB 2020, 2399, 2402 f. = DZWIR 2021, 104, 107 = Der Konzern 2021, 115, 177 f. = DStR 2020, 2742, 2744; OLG Düsseldorf NZG 2023, 160, 168 = AG 2022, 705, 712 = ZIP 2022, 1269, 1276 = WM 2022, 1480, 1488 = Der Konzern 2022, 483, 494; Singhof in: BeckOGK AktG, Stand: 1.2.2024, § 327 b Rdn. 6; Koch, AktG, a.a.O., § 327 b Rdn. 11; a.A. Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, a.a.O., § 327 b Rdn. 9 b). Dabei kann offen bleiben, inwieweit diese Grundsätze bei einem variablen Ausgleich überhaupt zur Anwendung gelangen können, weil die Kapitalisierung der Ausgleichszahlung den Wert von € 1.754,71 keinesfalls übersteigt. Selbst man von dem Dividendenvorschlag des Jahres 2019 in Höhe von € 6,50 und dem aktuellen Abgeltungssteuersatz zuzüglich Solidaritätszuschlag und nicht vom Durchschnitt der letzten zehn Jahre mit einer Dividendenzahlung von jährlich € 2,99 ausgeht, müsste der Diskontierungszinssatz deutlich unter 1 % liegen, um einen rechnerischen Wert in Höhe der angemessenen Barabfindung zu erreichen, wie die Abfindungsprüfer in ihrem Prüfungsbericht ausgeführt haben. Dies entspricht indes keinesfalls der Risikostruktur der Aktien der A… AG oder auch der Antragsgegnerin.
381
5. Weitere Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhalts sind auch unter Berücksichtigung des in §§ 17 Abs. 1 SpruchG, 26 FamFG normierten Amtsermittlungsgrundsatzes nicht geboten.
382
a. Dabei ist namentlich die Durchführung einer gesonderten Beweisaufnahme durch die Einholung des Gutachtens eines gerichtlich bestellten Sachverständigen nicht erforderlich, weil die Anhörung der gerichtlich bestellten Prüfer bereits zu einem für die Kammer überzeugenden Ergebnis geführt hat.
383
(1) Ein gerichtliches Sachverständigengutachten muss nur dann eingeholt werden, wenn nach der Anhörung des Prüfers, die sachlich auf § 8 Abs. 2 Satz 1 SpruchG gestützt wurde, weiterer Aufklärungsbedarf besteht (vgl. OLG München AG 2014, 453, 454 = Der Konzern 2014, 172, 173; AG 2015, 508, 512 = ZIP 2015, 1166, 1172; Beschluss vom 13.11.2018, Az. 31 Wx 372/15; OLG Düsseldorf AG 2015, 573, 575 = ZIP 2015, 1336, 1338 = Der Konzern 2016, 94, 96; NZG 2023, 160, 163 = AG 2022, 705, 709 f. = ZIP 2022, 1269, 1272 = WM 2022, 1480, 1482 = Der Konzern 2022, 483, 487 f.; LG München I, Beschluss vom 28.3.2019, Az. 5HK O 3374/18; Klöcker/Wittgens in: K. Schmidt/Lutter, AktG, a.a.O., § 8 Rdn. 4; Winter in: Simon, SpruchG, a.a.O., § 8 Rdn. 21; im Grundsatz auch Drescher in: BeckOGK, Stand 1.2.2024, § 8 SpruchG Rdn. 15). Aufgrund des Berichts der Abfindungsprüfer, ihrer umfangreichen ergänzenden Stellungnahme und ihrer ausführlichen Erläuterungen in einem ganztägigen Anhörungstermin hat die Kammer keinen Zweifel an der Plausibilität der Planannahmen, den Feststellungen zur Ewigen Rente, der Problematik der Thesaurierung sowie zu den Grundlagen des Kapitalisierungszinssatzes und zum nicht betriebsnotwendigen Vermögen als den wesentlichen Aspekten der hier vorzunehmenden Ermittlung der angemessenen Abfindung.
384
Dem kann nicht entgegengehalten werden, die Anhörung der gemäß §§ 327 c Abs. 2 Sätze 2 bis 4, 293 c Abs. 1 AktG bestellten Abfindungsprüfer diene nur der Aufklärung über ihre anlässlich der Prüfung getroffenen Feststellungen, nicht jedoch der Überprüfung der inhaltlichen Angemessenheit der Planung und sonstiger Bewertungsparameter (in diese Richtung aber auch Puszkajler in: Kölner Kommentar zum AktG, 3. Aufl., Vorb. §§ 7 bis 11 SpruchG Rdn. 29 und § 8 Rdn. 32 f.; krit. auch Sturm/Stottmann NZG 2020, 974 ff.). Diese Auffassung ist nämlich mit dem vom Gesetzgeber verfolgten Zweck des § 8 Abs. 2 SpruchG nicht vereinbar. Mit der Anhörung des sachverständigen Prüfers soll nach dem Willen des Gesetzgebers die Erkenntnisbasis schon zu Beginn des Verfahrens verbreitert und eine eventuell zusätzlich notwendig werdende Beauftragung eines gerichtlichen Sachverständigen zur Begutachtung bestimmter Fragen erleichtert werden. Damit allerdings erschöpft sich nicht die Zielsetzung dieser Vorschrift. Bereits aus der Formulierung in der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 8 SpruchG, die sich der Deutsche Bundestag erkennbar zu eigen gemacht hat, ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, es könne auch aufgrund der Anhörung des Prüfers eine abschließende Entscheidung des Gerichts getroffen werden. Hierfür spricht insbesondere auch der Gedanken in den Gesetzesmaterialien, die Prüfungsberichte sollten künftig verstärkt als Grundlage zur Entscheidungsfindung der Gerichte beitragen; der Beschleunigungseffekt soll sich dann gerade auch daraus ergeben, dass ein gerichtliches Sachverständigengutachten als Folge der Bestellung und letztlich auch der Anhörung ganz vermieden werden kann (vgl. BT-Drucksache 15/371 S. 14 f. und 18; auch Gayk in: Kölner Kommentar zum AktG, 4. Aufl., Einl. SpruchG Rdn. 50). Dann aber muss es dem Gericht möglich sein, auch Aussagen des gerichtlich bestellten Prüfers zu Bewertungsfragen im Rahmen seiner Entscheidung zu verwerten. Dem steht letztlich auch nicht die Formulierung in § 8 Abs. 2 Satz 1 SpruchG entgegen, wenn dort die Anhörung des Prüfers als „sachverständiger Zeuge“ beschrieben wird. Auch wenn dies suggeriert, er solle dem Gericht nur Tatsachen bekunden, die er aufgrund seiner besonderen Sachkunde wahrgenommen hat (vgl. § 414 ZPO), kann seine Rolle nicht auf die eines sachverständigen Zeugen beschränkt werden, weil anderenfalls der vom Gesetzgeber bezweckte Effekt der Beschleunigung des Verfahrens konterkariert würde. Dies gilt umso mehr, als das Problem der rechtlichen Einordnung des gerichtlich bestellten Prüfers in den Gesetzesmaterialien nicht weiter problematisiert wurde.
385
Die weitere Einschaltung eines gerichtlich bestellten Sachverständigen wird namentlich auch nicht vom Schutz der Minderheitsaktionäre gefordert. Die Einschaltung eines vom Gericht bestellten sachverständigen Prüfers im Vorfeld der Strukturmaßnahmen soll dem präventiven Schutz der Anteilseigner im Spruchverfahren dienen; deshalb kann sein Prüfungsbericht zusammen mit dem Ergebnis einer auf § 8 Abs. 2 SpruchG gestützten Anhörung zusammen mit der aufgrund von § 8 Abs. 2 Satz 3 SpruchG eingeholten ergänzenden Stellungnahme im gerichtlichen Verfahren berücksichtigt werden. Im Übrigen haftet der sachverständige Prüfer nach §§ 327 c Abs. 2 Satz 4, 293 d Abs. 2 AktG, 323 HGB auch gegenüber den Anteilsinhabern. Gerade durch die Verweisung auf die für Abschlussprüfer geltenden Bestimmungen der §§ 319 Abs. 1 bis Abs. 3, 323 HGB ist die Unabhängigkeit des Prüfers sichergestellt. Der Umstand der Parallelprüfung, also der Prüfung zeitgleich mit dem Erstellen des Berichts des Hauptaktionärs, vermag an der Unabhängigkeit der Prüfung nichts zu ändern und begründet für sich genommen keine Zweifel an der Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit des vom Gericht bestellten Prüfers (vgl. OLG München ZIP 2007, 375, 377 f. = Der Konzern 2007, 356, 359; OLG Stuttgart AG 2007, 128, 129 f.; LG München I, Beschluss vom 28.6.2013, Az. 5HK O 18685/11; Beschluss vom 29.8.2017, Az. 5HK O 16585/15; Beschluss vom 28.3.2019, Az. 5HK O 3374/18; Winter in: Simon, SpruchG, a.a.O., § 8 Rdn. 21; Emmerich in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, a.a.O., § 8 SpruchG Rdn. 6). § 407 a ZPO ist angesichts der Sonderregelung in § 8 SpruchG unanwendbar.
386
Eine Mitgliedschaft der Abfindungsprüfer im Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. begründet kein Bestellungsverbot im Sinne des § 319 Abs. 1 bis Abs. 4 HGB, der aufgrund der Verweisung in §§ 327 c Abs. 2 Satz 4, 293 d Abs. 1 AktG Anwendung findet. Angesichts dessen muss die Kammer auch nicht entscheiden, inwieweit sich daraus ein Verwertungsverbot ableiten ließe. Einen Ablehnungsgrund vermag die Kammer gleichfalls nicht zu erkennen. Dabei muss bereits davon ausgegangen werden, dass die Vorschriften über die Sachverständigenablehnung in §§ 17 Abs. 1 SpruchG, 30 Abs. 1 FamFG, 406 Abs. 1, 42 Abs. 2 ZPO auf den gerichtlich bestellten Prüfer keine Anwendung finden. Das Spruchverfahrensgesetz behandelt ihn aufgrund der Vorschrift des § 8 Abs. 2 nicht als Sachverständigen, sondern als sachverständigen Zeugen, weshalb die Vorschriften über die Ablehnung eines Sachverständigen auf ihn nicht anwendbar sind (vgl. LG Stuttgart, Beschluss vom 23.3.2017, Az. 31 O 1/15; LG München I, Beschluss vom 28.3.2019, Az. 5HK O 3374/18; Drescher in: BeckOGK, Stand 1.2.2024, § 8 SpruchG Rdn. 15). Abgesehen davon wäre ein Befangenheitsgrund auch nicht zu bejahen. Ein solcher ergibt sich nicht aus einer Mitgliedschaft der Vertragsprüfer im IDW. § 4 Abs. 9 der Satzung des IDW enthält nämlich keine unbedingte Verpflichtungserklärung des Wirtschaftsprüfers auf die Vorgaben des IDW. Zwar hat jedes Mitglied die Prüfungsstandards aufgrund dieser Vorschrift zu beachten. Aufgrund von § 4 Abs. 9 Satz 2 und Satz 3 der Satzung kann eine sorgfältige Prüfung indes ergeben, dass ein Prüfungsstandard nicht anzuwenden oder hiervon abzuweichen ist. Somit bietet die genannte Selbstverpflichtung genügend Raum für die dem Vertragsprüfer auferlegte unparteiische Überprüfung (vgl. OLG Karlsruhe AG 2018, 405, 406). Ein Ablehnungsgrund lässt sich auch nicht daraus ableiten, wenn namentlich Herr Br… und Frau Fi… in anderen Fällen als gerichtlich bestellter Prüfer tätig wurde und gegebenenfalls auch Privatgutachten zur Unternehmensbewertung erstellt. Zwar wird davon auszugehen sein, dass bei einem (gerichtlich bestellten) Sachverständigen, der in derselben Sache für einen nicht unmittelbar am Rechtsstreit beteiligten Dritten ein entgeltliches Privatgutachten zu einem gleichartigen Sachverhalt erstattet hat, ein Ablehnungsgrund besteht, weil dann die Besorgnis besteht, er werde von einer früher geäußerten Begutachtung nicht abweichen (vgl. BGH MDR 2017, 479 f. = VersR 2017, 641, 642 = NJW-RR 2017, 569, 570 m.w.N. auch zur Gegenauffassung). Von einem gleichgelagerten Sachverhalt kann vorliegend aber nicht ausgegangen werden, wenn die gerichtlich bestellten Abfindungsprüfer völlig andere Unternehmen bewertet haben (vgl. auch OLG Karlsruhe AG 2018, 405, 406). In dem vom BGH entschiedenen Fall ging es dagegen um die Frage, dass möglicherweise die zu begutachtende Hüftgelenksprothese aus derselben Modellreihe stammte wie die, die dort bestellte Sachverständige auch als Privatgutachter zu beurteilen hatte. Vorliegend wird auch von Seiten der Antragsteller nicht vorgetragen, B… T… sowie namentlich Herr Br… und Frau Fi… seien früher mit der Bewertung der A… AG befasst gewesen.
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(2) Die Kammer hat keinen Zweifel an der Richtigkeit der von den Wirtschaftsprüfern von B… T… als Abfindungsprüfer getroffenen Feststellungen. Herr Br… und Frau Fi… verfügen zweifelsohne über die zur Beurteilung auch komplexer Fragen der Unternehmensbewertung erforderliche Sachkunde. Sie haben sowohl im Prüfungsbericht als auch in der mündlichen Anhörung samt ihrer ergänzenden Stellungnahme die vorgenommenen Prüfungshandlungen hinreichend erläutert und dabei insbesondere auch begründet, warum die Abfindungsprüfer gerade auch die Planansätze aus dem Bewertungsgutachten von P… für angemessen und sachgerecht begründet erachteten. Daraus wird deutlich, dass sie sich ihrer Aufgabe und Funktion als gerichtlich bestellte Abfindungsprüfer in vollem Umfang bewusst waren. Dies zeigt sich weiterhin daran, dass die Abfindungsprüfer bei der Ableitung des Beta-Faktors über die P. Group-Unternehmen weitergehende Analysehandlungen durch eine eigenständig gebildete P. Group und eine im Vergleich zu den Bewertungsgutachtern von P… unterschiedliche Berücksichtigung der Finanzierungstätigkeit der drei P. Group-Unternehmen B… AG, Da… AG und der Antragsgegnerin vorgenommen haben. Ebenso erläuterten sie die Überprüfung der Ansätze zur Betriebsnotwendigkeit der liquiden Mittel über eine eigenständige Untersuchung über die P. Group-Unternehmen. Weiterhin zogen sie zur externen Plausibilisierung Marktanalysen insbesondere zu den Umsatzplanungen heran, wobei sie sich entsprechend den obigen Ausführungen sowohl in der Detailplanungsphase wie auch im Terminal Value auf die Analysen von I. M. stützen und deren Erkenntnisse mit den Planungen abgleichen konnten.
388
(2) Bei der Entscheidungsfindung konnte auch auf das Bewertungsgutachten von P… und die Aussagen von Herrn M. von der Bewertungsgutachterin im Termin zur mündlichen Verhandlung zurückgegriffen werden. Das Gutachten wie auch die Angaben im Termin können im Wege der freien Beweiswürdigung durch die Kammer verwertet werden, wobei sich die Kammer bewusst ist, dass es hierbei um den Vortrag eines Beteiligten geht. Da die Erkenntnisse der Bewertungsgutachter vom Abfindungsprüfer einer umfassenden Überprüfung unterzogen wurden, hat die Kammer allerdings keinen Zweifel an ihrer Richtigkeit, zumal sie sich in das Gesamtbild des zu bewertenden Unternehmens einfügen.
389
b. Die Vorlage weiterer Unterlagen zur Planung und zur Bewertung war ebenso wenig anzuordnen wie die Vorlage der Arbeitspapiere der beteiligten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, weil die Voraussetzungen von § 7 Abs. 7 Satz 1 SpruchG als einzig denkbarer Anspruchsgrundlage nicht erfüllt sind.
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(1) Nach dieser sehr weit gefassten Vorschrift sind sonstige Unterlagen, die für die Entscheidung des Gerichts erheblich sind, auf Verlangen der Antragsteller oder des Vorsitzenden des Gerichts und gegebenenfalls eines vom Gericht bestellten gemeinsamen Vertreters unverzüglich vorzulegen. Zwar gehören auch Planungsunterlagen einer Gesellschaft zu den sonstigen Unterlagen im Sinne dieser Vorschrift (vgl. nur Winter in: Simon, SpruchG, a.a.O., § 7 Rdn. 55). Allerdings haben die Antragsteller die Entscheidungserheblichkeit der Vorlage der vollständigen Planungsunterlagen nicht plausibel dargelegt, was indes zwingende Voraussetzung für eine entsprechende Anordnung wäre (so OLG Düsseldorf AG 2021, 25, 27; OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.10.2010, Az. 20 W 17/06; OLG München, Beschluss vom 13.11.2018, Az. 31 Wx 372/15; LG München I, Beschluss vom 7.5.2014, Az. 5HK O 21386/12; Beschluss vom 25.4.2016, Az. 5HK O 20672/14; Beschluss vom 30.6.2017, Az. 5HK O 13182/15; LG Frankfurt AG 2022, 548, 552 = Der Konzern 2022, 435, 439; Dorn in: Kölner Kommentar zum AktG, 4. Aufl., § 7 SpruchG Rdn. 67; Wittgens in: K. Schmidt/Lutter, AktG, a.a.O., § 7 SpruchG Rdn. 13). Einen derartigen Vortrag zur Entscheidungserheblichkeit vermag die Kammer nicht zu erkennen. In diesem Zusammenhang ist entscheidend zu berücksichtigen, dass wesentliche Grundlagen der Planung im Prüfungsbericht der gerichtlich bestellten Abfindungsprüfer dargestellt wurden, weshalb dieser eine ausreichende Basis für die Erhebung hinreichend substantiierter Einwendungen bildet.
391
(2) Die Antragsgegnerin ist weiterhin nicht verpflichtet, die Arbeitspapiere der Bewertungsgutachter von P… sowie der Abfindungsprüfer von B… T… vorzulegen. Einem derartigen Verlangen steht nach h.M. bereits die Regelung in § 51 b Abs. 4 WPO entgegen, weil es keinen durchsetzbaren Anspruch des Auftraggebers – hier also der Antragsgegnerin – gegen den Wirtschaftsprüfer auf Herausgabe der Arbeitspapiere gibt (vgl. nur LG Frankfurt AG 2022, 548, 552 = Der Konzern 2022, 435, 439; Winter in: Simon, SpruchG, a.a.O., § 7 Rdn. 58; Emmerich in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, a.a.O., § 7 SpruchG Rdn. 22; Bungert/Mennicke BB 2003, 2021, 2029; Wasmann/Roßkopf ZIP 2003, 1776, 1780). Ob dem mit Blick auf §§ 17 Abs. 1 SpruchG, 26 FamFG in jedem Fall zu folgen sein wird (kritisch zur h.M. Drescher in: BeckOGK SpruchG, Stand: 1.2.2024, § 7 SpruchG Rdn. 10), kann vorliegend aber dahinstehen. Es fehlt nämlich jedenfalls an der Entscheidungserheblichkeit. Zwar sind die Arbeitspapiere in der Begründung zum Regierungsentwurf des Spruchverfahrensgesetzes (vgl. BT-Drucks. 15/371 S. 15) beispielhaft aufgeführt. Dies bedeutet indes nicht, dass die Antragsteller verlangen können, ihnen müssten sämtliche Unterlagen, die die Wirtschaftsprüfer verwendet und in ihren Arbeitspapieren festgehalten haben, in jedem Fall zugänglich gemacht werden. Der Bericht der Hauptaktionärin wie auch der Bericht des gerichtlich bestellten Prüfers soll neben den allgemein zugänglichen Erkenntnisquellen nur eine Plausibilitätskontrolle ermöglichen. Diese ist durch die Vorlage des Berichts der Hauptaktionärin sowie des Prüfungsberichts des gerichtlich bestellten Abfindungsprüfers gewährleistet. Zudem fehlt es vorliegend an einem begründeten Vorlageverlangen der Antragsteller, die sich auf einen Anspruch nach § 7 Abs. 7 Satz 1 SpruchG hinsichtlich der Arbeitspapiere berufen. Sie haben nicht hinreichend begründet, warum ihnen nur mit Hilfe der Vorlage der Arbeitspapiere eine hinreichend substantiierte Rüge namentlich in Bezug auf die Planung möglich sein sollen; dies wäre indes erforderlich gewesen (vgl. OLG Karlsruhe AG 2006, 463, 464 = NZG 2006, 670, 671 f.; OLG München, Beschluss vom 13.11.2018, Az. 31 Wx 372/15; LG München I, Beschluss vom 30.6.2017, Az. 5HK O 13182/15; Dorn in: Kölner Kommentar zum AktG, 4. Aufl., § 7 SpruchG Rdn. 67; Drescher in: BeckOGK SpruchG, Stand: 1.2.2024, § 7 SpruchG Rdn. 10; Wittgens in: K. Schmidt/Lutter, AktG, a.a.O., § 7 SpruchG Rdn. 13). Gerade auch unter diesem Gesichtspunkt können keine überspannten Anforderungen an die Substantiierungslast bezüglich einzelner Rügen gestellt werden.
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(3) Eine Vorlage der letzten drei Jahresabschlüsse der L… S.p.A. und der D… Motor Holding S.p.A. ist nicht veranlasst. Der Ertragswert wird nicht auf der Grundlage von Vergangenheitswerten, sondern auf der Basis der in die Zukunft gerichteten Planannahmen abgebildet. Hierfür ist die konsolidierte Planungsrechnung des A…-Konzerns maßgeblich, die auch die Planungen dieser beiden Tochtergesellschaften enthält. Die Jahresabschlüsse der letzten drei Jahre dieser beiden Gesellschaften spiegelt sich nicht im Ertragswert wider, weshalb es dem Antrag auf deren Vorlage an der Entscheidungserheblichkeit fehlt.
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(4) Soweit insbesondere die Antragsteller zu 2) und zu 7) bis 10) die Vorlage einer Vielzahl näher beschriebener Unterlagen verlangen, haben sie gleichfalls die Entscheidungserheblichkeit nicht dargelegt. Der sehr allgemein gehaltene Hinweis, die Unterlagen für eine sachgerechte Beurteilung der aktuellen Planungsrechnung zu benötigen, genügt nicht für die Darlegung der Entscheidungserheblichkeit solcher Unterlagen. Ein allgemeines Einsichtsrecht und damit eine umfassende Vorlagepflicht kann nicht angenommen werden. Das Merkmal der Entscheidungserheblichkeit soll die Vorlagepflicht sachlich begrenzen; daher kann es nicht schon dann erfüllt sein, wenn die betreffenden Unterlagen überhaupt mit der Bewertung zu tun haben, weil dies im Ausgangspunkt auf sämtliche unternehmensbezogenen Dokumente zutrifft (vgl. OLG Düsseldorf BeckRS 2020, 3158; AG 2012, 797, 802; OLG Stuttgart, Beschluss vom 19.1.2011, Az. 20 W 3/09; OLG Frankfurt, Beschluss vom 17.1.2017, Az. 21 W 37/12).
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(5) Die Vergütungsvereinbarung zwischen der Antragsgegnerin und der Abfindungsprüferin B… T… fehlt ebenfalls die Entscheidungserheblichkeit, weil aus ihr nicht auf den Ertragswert geschlossen werden kann. Dasselbe gilt für die Auftragsdurchführungsbedingungen. Abgesehen davon sind die Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften am Ende des Prüfungsberichts abgedruckt, die auch maßgeblich sein werden, nachdem ungeachtet der Bestellung durch das Gericht ein Geschäftsbesorgungsvertrag mit Werkvertragscharakter im Sinne der §§ 675 Abs. 1, 631 BGB zwischen der Gesellschaft und der Abfindungsprüferin zustande komm (Schenk in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, a.a.O., § 293 c Rdn. 8; Mülbert in: Großkommentar zum AktG, 4. Aufl., § 293 c Rdn. 14; Altmeppen in: Münchener Kommentar zum AktG, 6. Aufl., § 293 d Rdn. 12; Emmerich in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, a.a.O., § 293 c Rdn. 9).
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(6) Gleichfalls nicht entscheidungserheblich ist der Inhalt des Sponsoringvertrages zwischen der A… AG und der FC… AG. Für die oben unter B. II. 3. a. (2) (a) dargestellte Ermittlung des Werts der Beteiligung an der FC… AG sind die Sponsoringvereinbarungen jedoch nicht entscheidungserheblich. Daneben muss gesehen werden, dass der Konzernjahresabschluss und der Jahresabschluss der A… AG zum 31.12.2090 das uneingeschränkte Testat der Wirtschaftsprüfer erhielt, nach die Abschlussprüfer keine Einwendungen gegen die Ordnungsmäßigkeit des Konzernabschlusses und des Konzernlageberichts erhoben haben, was in gleicher Weise für den Jahresabschluss und den Lagebericht der Gesellschaft gilt. Der Abschlussprüfer, der das Testat erteilt, übernimmt sehr wohl die Verantwortung für den Jahresabschluss, weshalb auch die Prüfer hierauf ihre Erkenntnisse stützen können (vgl. auch OLG München, Beschluss vom 7.12.2012, Az. 31 Wx 163/12; Beschluss vom 14.12.2021, Az. 5HK O 11456/21). Zudem wäre der Ansatz eines potenziell höheren Verkaufserlöses für die Ableitung des Werts der Beteiligung nicht ausschlaggebend. Die Gesellschaft kann nämlich bei Beendigung des Sponsoringvertrages nach den von den Antragstellern zu 22) bis 25), zu 62) und zu 63) nicht bestrittenen und daher gemäß §§ 8 Abs. 3 SpruchG, 138 Abs. 3 als zugestanden geltenden Vortrag nicht frei über die Beteiligung verfügen und selbst bei einer Veräußerung dieser Beteiligung an der FC… AG nicht über einen die Anschaffungskosten etwa übersteigenden Veräußerungserlös verfügen. Dann aber ist der Inhalt dieses Vertrages für die Bewertung des Anteils an der FC… AG nicht maßgeblich; ein höherer Wert lässt sich daraus nicht herleiten.
396
6. Die Entscheidung über die Zinsen beruht auf § 327 b Abs. 2 1. Hs. AktG.
397
a. Die Verzinsung beginnt dabei mit der Bekanntmachung der Eintragung des Verschmelzungsvertrages in das Handelsregister, die hier am 8.6.2021 erfolgte. Da die Zinspflicht mit Ablauf des Tages beginnt, an dem die Bekanntmachung vorgenommen wurde (vgl. Singhof in: BeckOGK AktG, Stand: 17.11.2020, § 320 b Rdn. 13), war die Verzinsung ab dem 18.11.2020 auszusprechen. Eine bereits mit dem Tag der Hauptversammlung beginnende Verzinsung kann nicht angenommen werden. Die an die Bekanntmachung der Eintragung anknüpfende gesetzliche Regelung entspricht verfassungsrechtlichen Vorgaben (vgl. BVerfG NJW 2007, 3268, 3271 = NZG 2007, 587, 589 f. = AG 2007, 544, 546 = ZIP 2007, 1261, 1263 = WM 2007, 1329, 1330 = DB 2007, 1577, 1579 = BB 2007, 1515, 1517; OLG Stuttgart ZIP 2006, 27, 30 = AG 2006, 340, 343 = WM 2006, 292, 296; LG München I, Beschluss vom 30.3.2013, Az. 5HK O 11296/06; Beschluss vom 24.5.2013, Az. 5HK O 17095/11; Koch, AktG, a.a.O., § 305 Rdn. 52). Dabei durfte insbesondere berücksichtigt werden, dass die Aktionärsstellung und damit der Verlust des durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Aktieneigentums erst mit der Eintragung des Beschlusses in das Handelsregister eintritt, nicht aber bereits im Zeitpunkt des Beschlusses der Hauptversammlung.
398
b. Die Höhe des Zinssatzes ergibt sich unmittelbar aus § 327 b Abs. 2 1. Hs. AktG.
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1. a. Die Entscheidung über die Gerichtskosten hat ihre Grundlage in § 15 Abs. 1 SpruchG. Nachdem es zu einer Erhöhung der Kompensationsleistung kam, besteht für eine vom Grundsatz des § 15 Abs. 1 SpruchG abweichende Regelung kein Anlass; demgemäß hat die Antragsgegnerin die Gerichtskosten zu tragen.
400
b. Bezüglich der außergerichtlichen Kosten beruht die Entscheidung auf § 15 Abs. 2 SpruchG; danach ordnet das Gericht an, dass die Kosten der Antragsteller, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, ganz oder zum Teil vom Antragsgegner zu erstatten sind, wenn dies unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens der Billigkeit entspricht. Davon muss vorliegend ausgegangen werden. Soweit teilweise in der Rechtsprechung die Auffassung vertreten wird, selbst bei einer Erhöhung der Kompensationsleistung unterhalb einer Größenordnung von 15 bis 20 %, sei eine Kostenteilung angemessen (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 5.11.2009, Az. 5 W 48/09), vermag dem die Kammer nicht zu folgen. Wenn es wie hier zu einer Erhöhung der maßgeblichen Kompensationsleistung kommt, ist eine Kostenaufteilung nicht gerechtfertigt. Da Informationsmängel hinsichtlich der Angemessenheit der Kompensation ebenso wenig wie die Rüge der fehlenden Angemessenheit eine erfolgreiche Anfechtungsklage begründen können, was sich bezüglich Informationsmängeln nunmehr aus § 243 Abs. 4 Satz 2 AktG ergibt, indes schon vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechtes am 1.11.2005 auch für den Squeeze out von der h.M. vertreten wurde, stellt sich die Kostenbelastung der Antragsteller bei Anträgen, die sogar zu einer Erhöhung der Barabfindung führen – unabhängig von prozentualen Werten im Einzelnen –, als dazu angetan dar, Aktionäre von ihrem Rechtsschutz abzuhalten, wenn sie selbst bei einem erfolgreichen Ausgang des Spruchverfahrens einen Teil ihrer außergerichtlichen Kosten selbst tragen müssten (so ausdrücklich Emmerich in: Emmerich/Habersack; Aktien- und GmbH-Konzernrecht, a.a.O., § 15 SpruchG Rdn. 20 f.).
401
2. Der Geschäftswert war in Anwendung von § 74 Satz 1 2. Hs. GNotKG festzusetzen. Der Erhöhungsbetrag beläuft sich auf € 203,18. Da nach Mitteilung der Antragsgegnerin von dem Squeeze out 152.749 außenstehende Aktien betroffen sind und sich aus der Multiplikation dieser beiden Zahlen ein Geschäftswert von € 31.035.541,82 Mio. errechnen würde, greift die Deckelung des Geschäftswerts auf € 7,5 Mio. ein. Dieser Wert bildet auch die Grundlage für die gesondert zu erfolgende Festsetzung der von der Antragsgegnerin geschuldeten Vergütung der gemeinsamen Vertreterin.