Titel:
Kein Erfordernis der Angabe einer Telefonnummer bei Absehen von der Verwendung der Muster-Widerrufsbelehrung
Normenketten:
EGBGB Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 2
EGBGB Art. 246a § 1 Abs. 1 (idF bis zum 28.5.2022)
ZPO § 29
BGB § 188 Abs. 1, § 193, § 312c, § 355 Abs. 2 S. 2 Var. 2, § 356 Abs. 2 Nr. 1 lit. a, Abs. 3 S. 1, S. 2, § 357 Abs. 1, § 357a Abs. 1, § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2
Leitsätze:
1. Die Klage auf Rückgewähr der Leistung Zug-um-Zug ist einheitlich an dem Ort zu erheben, wo sich der Kaufgegenstand vertragsgemäß befindet bzw. befinden müsste – sog. Austauschort -, in der Regel am Wohnsitz des Käufers. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Wird nicht die Musterwiderrufsbelehrung verwendet, besteht keine Pflicht zur Angabe einer Telefonnummer; für den Beginn der Widerrufsfrist ist die Angabe einer Telefonnummer auch nicht als Teil der Belehrung über das Verfahren nach Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 2 BGB erforderlich (vgl. LG Heidelberg BeckRS 2023, 52435 Rn. 67). (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die für den Fristbeginn maßgebliche vollständige Informationserteilung erfordert bei Fernabsatzverträgen (lediglich) eine ausreichende Information des Verbrauchers über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts sowie über das Muster-Widerrufsformular nach Anlage 2 (und nicht über die Muster-Widerrufsbelehrung nach Anlage 1); die Verletzung weiterer, auf den Vertragsgegenstand bezogener Informationspflichten haben bei Fernabsatzverträgen keinen Einfluss auf den Beginn der Widerrufsfrist (vgl. LG Weiden BeckRS 2023, 52436 Rn. 44-46). (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
4. Wird ein Sachmangel iSv § 434 BGB bereits nicht schlüssig dargelegt; bedarf es zu dieser Frage auch keiner Beweisaufnahme (vgl. OLG München BeckRS 2022, 32517 Rn. 12). (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
5. Der Kläger muss eine genaue „Teststrategie“ erläutern und vortragen, worauf die Behauptung gestützt wird, auch im Prüfverfahren würden die Werte nicht eingehalten werden (vgl. LG Offenburg BeckRS 2021, 41292 Rn. 24). (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
örtliche Zuständigkeit, Rückgewähr der Leistung, Austauschort, Informationserteilung, Musterwiderrufsbelehrung, Muster-Widerrufsformular, Fernabsatzverträge, Sachmangel, Verbrauch, Teststrategie
Fundstelle:
BeckRS 2024, 20934
Tenor
1. Das Versäumnisurteil vom 09.01.2024 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen mit Ausnahme der Kosten der Säumnis, welche die Beklagte trägt.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf … € festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über die Rückzahlung des Kaufpreises für einen Pkw nachdem der Kläger den Vertrag widerrufen hatte und zurückgetreten war.
2
Die Parteien schlossen am 01.05.2022 einen Kaufvertrag über einen Pkw der Marke Tesla, Modell Y, Fahrzeug-Ident-Nummer: …. Das klägerische Kaufangebot erfolgte über die von der Beklagten betriebenen Internetseite mittels Eingabe der Daten in einem Bestellformular. Daraufhin versandte die Beklagte an den Kläger einen als Fahrzeugbestellvertrag betitelten Vertrag samt AGB, Widerrufsbelehrung und Widerrufsformular.
3
Die Widerrufsbelehrung und das Widerrufsformular hatten den in Anlage K 1 ersichtlichen Wortlaut und enthielten keine Angabe einer Telefonnummer der Beklagten.
4
Am 02.09.2022 wurde das Kfz an den Kläger übergeben.
5
Am 29.08.2023 erklärte der Kläger per E-Mail gegenüber der Beklagten den Widerruf des Kaufvertrages und verlangte Rückabwicklung durch Kaufpreisrückzahlung und bot das Fahrzeug zur Rückgabe an einem durch die Beklagte mitzuteilenden Standort an.
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Die Beklagte wies den Widerruf am 31.08.2023 unter Hinweis auf die abgelaufene Widerrufsfrist zurück.
7
Mit Schreiben des Klägervertreters vom 15.11.2023 machte der Kläger gegenüber der Beklagten Sachmängel an dem streitgegenständlichen Fahrzeug geltend und forderte die Beklagte auf, diese Mängel innerhalb der nächsten 21 Tage zu beheben. In der Klageschrift vom 15.12.2023 erklärte der Klägervertreter den Rücktritt vom Kaufvertrag.
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Der Kläger behauptet, die Fahrassistenzsysteme, Tempomat und Kameras des Fahrzeugs würden nur sehr unzuverlässig funktionieren. Es komme sehr oft zu Fehlermeldungen während der Fahrt, die nicht gerechtfertigt seien. Auch würde das Fahrzeug sogenannte „Phantombremsungen“ vornehmen, also ein plötzliches Abbremsen des Fahrzeugs durch das Assistenzsystem ohne entsprechenden Anlass. Zudem arbeite der Fernlichtassistent des Fahrzeugs nicht zuverlässig, am Fahrzeug bilde sich Flugrost, der Regensensor steuere unpassend zum aktuellen Regenaufkommen, der Scheibenwischer arbeite bei Kälte sehr laut, bei kalten Temperaturen weise das Fahrzeug einen deutlich erhöhten Verbrauch auf, das Fahrzeug sei schlecht verarbeitet, das Lenkgetriebe habe aufgrund von Mängeln bereits ausgetauscht werden müssen und die Klimaautomatik arbeite nicht verlässlich.
9
Der Kläger vertritt die Rechtsauffassung, dass es sich bei der Widerrufsbelehrung um eine Muster-Widerrufsbelehrung der Anlage 1 zu Art. 246 a § 1 Abs. 2 S. 2 EGBGB handele. In dieser habe auch die Telefonnummer angegeben werden müssen. Da dies nicht der Fall war, sei die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt worden.
10
Am 09.01.2024 erging gegen die Beklagte ein Versäumnisurteil, welches dieser am 12.01.2024 zugestellt wurde. Am 22.01.2024 legte die Beklagte Einspruch gegen das Versäumnisurteil ein.
das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten,
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei den Kaufpreis in Höhe von … EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit nach erfolgter Rückübereignung des am 01.05.2022 gekauften … in weiß, Fahrzeug-Ident-Nummer: … zu zahlen.
2. Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, das Angebot der Klagepartei auf Rückgabe und Rückübereignung des in Ziffer näher bezeichneten Fahrzeugs anzunehmen.
12
Die Beklagte beantragt,
das Versäumnisurteil vom 09.01.2024 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
13
Die Beklagte vertritt die Rechtsauffassung, dass das Landgericht Traunstein örtlich nicht zuständig sei. Der Sitz der Beklagten sei in Berlin und der Gerichtsstand sei nicht aus § 29 ZPO ableitbar. Ferner meint die Beklagte, dass eine individuelle Widerrufsbelehrung vorgelegen habe, da von der Muster-Widerrufsbelehrung nach Anlage 1 zu Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 2 EGBGB abgewichen worden sei. In jedem Fall sei die Angabe einer Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung nicht erforderlich. Weiter ist die Beklagte der Auffassung, dass der Widerruf rechtsmissbräuchlich sei, da der Kläger den Pkw auf sich zugelassen habe, den Umweltbonus der BAFA beantragt und sehr wahrscheinlich die staatliche CO2-Gutschrift erhalten habe. Hilfsweise erklärt die Beklagte die Aufrechnung mit Wertersatzansprüchen nach § 357 a Abs. 1 BGB. Das Vorbringen des Klägers zu den Sachmängeln sei unsubstantiiert und nicht einlassungsfähig.
14
Wegen des übrigen Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
15
Die zulässige Klage erwies sich als unbegründet, womit das Versäumnisurteil aufzuheben war und die Klage abzuweisen.
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Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Landgericht Traunstein örtlich zuständig. Die örtliche Zuständigkeit folgt aus § 29 Abs. 1 ZPO. In Fällen der Klage auf Rückgewähr der Leistung Zugum-Zug ist die Klage einheitlich an dem Ort zu erheben, wo sich der Kaufgegenstand vertragsgemäß befindet bzw. befinden müsste – sog. Austauschort, idR der Wohnsitz des Käufers (Musielak/Voit/Heinrich, 20. Aufl. 2023, ZPO § 29 Rn. 28).
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Die Klage ist jedoch unbegründet.
18
1. Ein Anspruch aus § 357 Abs. 1 BGB scheitert daran, dass der Kläger den Widerruf nicht fristgerecht erklärt hat.
19
Die Widerrufsfrist beträgt nach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB 14 Tage. Sie beginnt im Falle eines – hier vorliegenden – Verbrauchsgüterkaufs nach §§ 355 Abs. 2 S. 2 Var. 2, 356 Abs. 2 Nr. 1 lit. a BGB mit Erhalt der Ware. Der Kläger erhielt die Kaufsache am 02.09.2023, sodass die 14-tägige Widerrufsfrist nach §§ 188 Abs. 1, 193 BGB am Montag, den 18.09.2023 endete. Der Kläger hat den Widerruf erst am 29.08.2023 erklärt.
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Das Widerrufsrecht erlischt hier nicht wie vom Kläger vorgetragen erst mit Ablauf von 12 Monaten und 14 Tagen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn abweichend von §§ 355 Abs. 2 S. 2 Var. 2, 356 Abs. 2 Nr. 1 lit. a BGB die Widerrufsfrist nach § 356 Abs. 3 S. 1 BGB wegen fehlerhafter oder nicht erfolgter Widerrufsbelehrung noch nicht begonnen hätte. Sodann würde das Widerrufsrecht nach § 356 Abs. 3 S. 2 BGB abweichend von § 355 Abs. 2 S. 1 BGB erst nach zwölf Monaten und 14 Tagen erlöschen.
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Die mit dem Kaufvertrag übersandte Widerrufsbelehrung war jedoch nicht fehlerhaft und genügt den nach § 356 Abs. 3 S. 1 BGB erforderlichen Pflichtangaben, die in Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB für Fernabsatzverträge statuiert sind (LG Heidelberg, Urteil vom 22. Dezember 2023 – 3 O 159/23 –, Rn. 52-53, juris).
22
Die Beklagte hat nicht die Musterwiderrufsbelehrung verwendet.
23
Die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung weicht nämlich von dem Wortlaut der Musterwiderufsbelehrung ab und bereits bei kleinsten Abweichungen liegt keine Musterwiderrufsbelehrung sondern eine eigene Widerrufsbelehrung vor. Der erste Teil des ersten Satzes der von der Beklagten verwendeten Widerrufsbelehrung beschreibt die Voraussetzungen unter denen ein Widerruf zulässig ist und dieser Satzteil ist in der Musterwiderrufsbelehrung nicht vorhanden. Zudem hat die Beklagte – über den Wortlaut hinaus – in ihrer Widerrufsbelehrung den Hinweis auf die Möglichkeit des Widerrufs durch Telefax aufgenommen (LG Heidelberg a.a.O., Rn. 56-58, juris).
24
Die Angabe einer Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung ist nach dem Wortlaut der einschlägigen Normen für den Beginn der Widerrufsfrist bereits nicht notwendig.
25
Der § 356 Abs. 3 BGB stellt für den Beginn der Widerrufsfrist bei Fernabsatzverträgen (§ 312 c BGB) auf Art. 246 a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB ab. Ein Verweis auf Art. 246a § 1 Abs. 1 insbesondere auf Nr. 2 der alten Fassung und Nr. 3 der neuen Fassung, wonach der Unternehmer dem Verbraucher die Telefonnummer zur Verfügung stellen muss, erfolgt gerade nicht. Jedenfalls für die Frage des Fristbeginns nach § 356 Abs. 3 BGB sind in der Widerrufsbelehrung daher nur die Angaben erforderlich, die in Art. 246 a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB genannt werden, und gerade nicht die Angaben aus Art. 246 a § 1 Abs. 1 EGBGB.
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Eine für den Fristbeginn allein maßgebliche vollständige Informationserteilung erfordert bei Fernabsatzverträgen somit nach Art. 246 a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB (lediglich) eine ausreichende Information des Verbrauchers über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts sowie über das Muster-Widerrufsformular nach Anlage 2 (und nicht über die Muster-Widerrufsbelehrung nach Anlage 1). Die Verletzung weiterer, auf den Vertragsgegenstand bezogener Informationspflichten, die nicht in Art. 246 a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB genannt werden, haben bei Fernabsatzverträgen dahingegen keinen Einfluss auf den Beginn der Widerrufsfrist (LG Weiden, Urteil vom 5. Dezember 2023 – 23 O 296/23 –, Rn. 44-46, juris).
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Entgegen der Ansicht des Klägers verlangt Art. 6 Abs. 1 lit. c) der sog. „Verbraucherrechterichtlinie“ (Richtlinie (EU) 2011/83 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates) gerade nicht die Angabe einer Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung. Die Verbraucherrechterichtlinie gibt auf europäischer Ebene in Art. 6 Abs. 1 lit. c) lediglich vor, dass dem Verbraucher vorvertraglich die Kontaktdaten des Unternehmers und gegebenenfalls eine Telefonnummer mitzuteilen sind. Diese Informationspflicht steht jedoch nicht im Zusammenhang mit Art. 6 Abs. 1 lit. h) der Verbraucherrechterichtlinie, der die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung regelt. Nach dieser Vorschrift hat der Unternehmer den Verbraucher – wie im nationalen Recht auch – im Falle des Bestehens eines Widerrufsrechts lediglich über „die Bedingungen, Fristen und Verfahren für die Ausübung dieses Rechts gemäß Artikel 11 Absatz 1 sowie das Muster-Widerrufsformular gemäß Anhang I Teil B“ zu informieren. Eine Information über die Form des Widerrufs und somit eine Verpflichtung zur Angabe einer Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung ist auch in Art. 6 Abs. 1 lit. h) der Verbraucherrechterichtlinie nicht vorgesehen (LG Weiden a.a.O., Rn. 54, juris).
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2. Ein Rücktrittsrecht aufgrund von Sachmängeln steht dem Kläger nicht zu.
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Der Kläger hat einen Sachmangel i.S.v. § 434 BGB schon nicht schlüssig dargelegt; deshalb bedurfte es dazu auch keiner Beweisaufnahme (OLG München, Beschluss vom 4. Oktober 2022 – 8 U 1627/22 –, Rn. 12, juris).
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Die Beklagte verweist hinsichtlich der „Phantombremsungen“ auf das insoweit im Fahrzeug zum Einsatz kommende GPS. Zur Feststellung der Mangelfreiheit bzw. Mangelhaftigkeit eines Fahrzeugs ist gem. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB darauf abzustellen, ob es sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (OLG München a.a.O., Rn. 14, juris). Wenn Ursache des klägerseits geltend gemachten angeblichen „Grundmangels“ die Besonderheiten des im streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten GPS-unterstützten Abstands-Tempomat sein sollen, können zum Vergleich nicht andere Fahrzeuge anderer Hersteller mit Abstands-Tempomat ohne GPS-Unterstützung herangezogen werden, wie der Kläger wohl meint (Blatt 149 der Akte; OLG München a.a.O., Rn. 15, juris). Bei dieser Sachlage fehlt es schon an konkretem Klägervortrag dazu, inwieweit das Fahrzeug nicht „dem Stand der Technik“ für GPS-un-terstützte Abstands-Tempomaten entsprechen soll (OLG München a.a.O., Rn. 18, juris).
31
Soweit der Kläger meint, die „Phantombremsungen“ des Fahrzeugs seien so stark, dass der nachfolgende Verkehr hierdurch gefährdet werden könnte, stellt sich das ebenfalls als unsubstantiierte Behauptung ins Blaue dar. Ein automatisiertes „Starkes Bremsen“ des GPS-unterstützten Abstands-Tempomaten der Beklagten, das deutlich über das Maß eines „normalen“ Bremsvorganges hinausginge in Richtung einer „Vollbremsung“, hat der Kläger aber weder konkret dargelegt (z.B. durch Angabe der Bremsverzögerung in m/s2; die Angaben auf Bl. 151 sind reine Schätzungen), noch hat er hierfür konkrete Anhaltspunkte geliefert (z.B. durch eigene Messungen; OLG München a.a.O., Rn. 25, 27, juris).
32
Auch im Schriftsatz vom 09.04.2024 erfolgt kein nachvollziehbarer Vortrag dazu, wie konkret ein „träges“ Reagieren von Regensensor und Fernlichtassistent aussehen soll. Auch hier wären entsprechende Messungen des Klägers erforderlich gewesen.
33
Die geringere Reichweite bei niedrigerer Temperatur ist nach Ansicht des Gerichts bei Elektrofahrzeugen bauartbedingt. Der reine Vergleich von tatsächlichem Verbrauch und Verbrauch nach einem Testverfahren ist insofern auch unergiebig. Denn die tatsächliche Reichweite (bzw. Verbrauch bei einem Diesel- oder Benzinfahrzeug) hängt unstreitig von verschiedenen veränderlichen äußeren Faktoren, wie beispielsweise der Temperatur, Fahrtverhalten, Verkehr ab und die Ergebnisse im tatsächlichen Betrieb und im Betrieb nach festen Vorgaben können deswegen regelmäßig erheblich voneinander abweichen.
34
Der Kläger hat Behauptungen zur Reichweite bei seiner eigenen Fahrweise aufgestellt. Er hat auch keine genaue „Teststrategie“ erläutert (Bl. 154 der Akte; LG Offenburg, Urteil vom 9. Juli 2021 – 3 O 62/21 –, Rn. 26-27, juris).
35
Die Angaben zum Flugrost sind nicht nachvollziehbar. Es wird nicht einmal geschildert wo und in welchem Ausmaß exakt sich dieser gebildet haben soll.
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Ein Mangel am Lenkgetriebe wurde bereits behoben, ist also nicht Gegenstand des hiesigen Rücktritts.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 344 ZPO; diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.