Inhalt

VGH München, Beschluss v. 23.01.2024 – 4 ZB 21.168, 4 ZB 21.169
Titel:

Festsetzung von Fremdenverkehrsbeiträgen

Normenketten:
BayKAG Art. 6, Art. 13
AO § 102 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3, § 119 Abs. 1
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3
Leitsätze:
1. Bei der Erhebung von Fremdenverkehrsbeiträgen kommt mangels einer gesetzlichen Verweisung in Art. 6 KAG die für sonstige Beiträge geltende Vorschrift des Art. 5 Abs. 3 KAG nicht zur Anwendung. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
2. Fremdenverkehrsbeitragssätze müssen nicht vorab kalkuliert werden, sondern dürfen lediglich nicht so hoch angesetzt werden, dass es zu einer Kostenüberdeckung kommt. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine nur geringfügige und ungewollte Überschreitung der Kosten ist nach gefestigter Rechtsprechung unschädlich, solange es jedenfalls auf Dauer der Wahrscheinlichkeit nach zu keiner Überdeckung kommt. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
4. Ein beitragsrelevanter mittelbarer Vorteil muss, um ihn von der nicht beitragsbegründenden allgemeinen wirtschaftlichen Prosperität als Folge der Fremdenverkehrsentwicklung eines Ortes abzugrenzen, durch einen typischen und offensichtlichen Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr geprägt sein. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
5. Freiberufler wie Rechtsanwälte und Steuerberater können zum Fremdenverkehrsbeitrag herangezogen werden, weil sie die besondere Chance haben, für Personen oder Unternehmungen tätig zu werden, die zu den am Fremdenverkehr unmittelbar beteiligten Kreisen gehören. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
6. Wer eine behördliche Schätzung im gerichtlichen Verfahren angreifen will, muss zumindest substantiiert darlegen, weshalb die geschätzten Besteuerungsgrundlagen zu hoch sein sollen; er muss dazu ggf. anhand der ihm zugänglichen Erkenntnisquellen eine substantiierte eigene Schätzung vornehmen. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Fremdenverkehrsbeitrag, gemeindlicher Eigenanteil, Kostenkalkulation, mittelbarer wirtschaftlicher Vorteil, Bestimmtheitsanforderungen, strukturelles Vollzugsdefizit, standesrechtliche Verschwiegenheitspflicht, Schätzung der Bemessungsgrundlagen, Steuerberater, Bemessungsgrundlagen, Schätzung, Gleichbehandlung
Vorinstanzen:
VG Regensburg, Urteil vom 25.11.2020 – RN 11 K 19.2454
VG Regensburg, Urteil vom 25.11.2020 – RN 11 K 19.2455
Fundstellen:
BeckRS 2024, 2086
LSK 2024, 2086
DStRE 2025, 187

Tenor

I. Die Verfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II. Die Anträge auf Zulassung der Berufung werden abgelehnt.
III. Die Klägerin trägt jeweils die Kosten des Zulassungsverfahrens.
IV. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird im Verfahren 4 ZB 21.168 auf 946 Euro und im Verfahren 4 ZB 21.169 auf 1.065 Euro, nach der Verbindung auf insgesamt 2.011 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Klägerin, die im Stadtgebiet der Beklagten eine Steuerkanzlei betreibt, wendet sich gegen die Festsetzung von Fremdenverkehrsbeiträgen für die Jahre 2014 und 2015 (Az. 4 ZB 21.168) und für die Jahre 2009 bis 2013 (Az. 4 ZB 21.169).
2
Auf der Grundlage ihrer Satzung für die Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrags (Fremdenverkehrsbeitragssatzung – FBS) veranlagte die Beklagte die Klägerin mit Bescheiden vom 22. Oktober 2013 (Beitragsjahre 2009 und 2010), 3. Dezember 2015 (Beitragsjahre 2011 und 2012), 29. November 2017 (Beitragsjahr 2013) und 30. Oktober 2018 (Beitragsjahre 2014 und 2015) zu jährlichen Beiträgen in Höhe von 100 Euro (2009 und 2010), 140 Euro (2011 und 2012), 585 Euro (2013) und 473 Euro (2014 und 2015). Dabei wurden aufgrund von Schätzungen jeweils unterschiedliche hohe steuerpflichtige Gewinne (zwischen 25.000 Euro und 150.000 Euro) sowie Vorteilssätze von 10%, 7,8% und 6,31% zugrunde gelegt.
3
Gegen die genannten Bescheide erhob die Klägerin – teilweise nach erfolglosem Widerspruchsverfahren – jeweils Klage.
4
Das Verwaltungsgericht wies die Klagen mit Urteilen vom 25. November 2020 ab.
5
Dagegen richten sich die von der Klägerin gestellten Anträge auf Zulassung der Berufung, denen die Beklagte entgegentritt.
6
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
7
1. Die zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Anträge auf Zulassung der Berufung haben keinen Erfolg, da die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen.
8
a) Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Urteile (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Klägerin hat keinen einzelnen tragenden Rechtssatz und keine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt (zu diesem Maßstab BVerfG, B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587/17 – BVerfGE 151, 173 Rn. 32 m.w.N.).
9
aa) Die von der Klägerin erhobenen Einwände gegen die Nichtberücksichtigung eines gemeindlichen Eigenanteils greifen nicht durch. Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass bei der Erhebung von Fremdenverkehrsbeiträgen mangels einer gesetzlichen Verweisung in Art. 6 KAG die für sonstige Beiträge geltende Vorschrift des Art. 5 Abs. 3 KAG nicht zur Anwendung kommt (BayVGH, B.v. 10.12.2019 – 4 CS 19.712 – NVwZ-RR 2020, 842 Rn. 11 m.w.N.). In der gemeindlichen Eigenbeteiligung liegt kein ungeschriebenes Wesensmerkmal eines Beitrags (Hasl-Kleiber in Ecker, Kommunalabgabenrecht, Stand 1.8.2023, 45.00, Anm. 3.3.4.3). Der Hinweis der Klägerin auf eine zum Kurbeitrag (Art. 7 KAG) ergangene frühere Entscheidung des Senats (BayVGH, U.v. 19.6.2008 – 4 N 07.555 – BayVBl 2009, 72 Rn. 33), in der von einer „angemessenen Eigenanteilsquote“ die Rede ist, führt zu keinem anderen Ergebnis. Schon der Umstand, dass mit dem Fremdenverkehrsbeitrag im Unterschied zum Kurbeitrag nicht der Aufwand für die einem auswärtigen Personenkreis dienenden „Einrichtungen und Veranstaltungen“ (Art. 7 Abs. 1 Satz 1 KAG) gedeckt werden soll, sondern allgemein der gemeindliche Aufwand für die Fremdenverkehrsförderung (Art. 6 Abs. 1 KAG), schließt eine schematische Gleichbehandlung dieser beiden Beitragsarten aus (vgl. VerfGH, E.v. 24.5.2019 – Vf. 23-VI-17 – NVwZ 2019, 881 Rn. 55), auch wenn es gewisse Überschneidungen geben mag. Es bedarf hier daher keiner weiteren Prüfung, ob bezüglich der Kurbeiträge an der im Urteil vom 19. Juni 2008 geäußerten Rechtsauffassung festzuhalten ist.
10
bb) Ernstliche Bedenken gegen die Richtigkeit der angegriffenen Entscheidungen ergeben sich auch weder aus dem Fehlen einer Kostenkalkulation bei Satzungserlass noch aus der unterbliebenen Nachholung einer solchen Kalkulation im verwaltungsgerichtlichen Verfahren.
11
Das Erfordernis einer Kalkulation lässt sich entgegen der Annahme der Klägerin nicht den Ausführungen des Senats im Beschluss vom 5. Juni 2018 entnehmen (Az. 4 ZB 17.1865 – ZKF 2018, 239 Rn. 26 ff.). Im dortigen Zusammenhang ging es lediglich um die Frage, unter welchen Voraussetzungen in der Nichtheranziehung bereits vorhandener Kalkulationsunterlagen ein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz und damit ein Verfahrensmangel liegen kann. Ob es der Erstellung solcher Unterlagen kraft Gesetzes bedarf, wurde in der Entscheidung nicht erörtert. Insoweit bleibt es daher bei dem vom Senat in ständiger Rechtsprechung bekräftigten Grundsatz, dass Fremdenverkehrsbeitragssätze nicht vorab kalkuliert werden müssen, sondern lediglich nicht so hoch angesetzt werden dürfen, dass es zu einer Kostenüberdeckung kommt (vgl. BayVGH, U.v. 9.5.2016 – 4 B 14.2771 – KStZ 2016, 173 Rn. 29 m.w.N.; vgl. auch Wölfl, Kur- und Fremdenverkehrsbeiträge, 2017, § 3 Rn. 134).
12
Da sich diese Obergrenze der Beitragserhebung – im Unterschied zu den Benutzungsgebühren nach Art. 8 Abs. 6 KAG – nur mittelbar aus der Zweckbindung des Fremdenverkehrsbeitrags ergibt (Art. 6 Abs. 1 KAG: „zur Deckung des gemeindlichen Aufwands für die Fremdenverkehrsförderung“) und das Gesetz keinen speziellen (Berechnungs- bzw. Kalkulations-)Zeitraum vorgibt, reicht es aus, wenn das tatsächliche Verhältnis von Einnahmen und Ausgaben zumindest für einen überschaubaren Zeitraum keine erhebliche Überdeckung erwarten lässt (vgl. Hasl-Kleiber, a.a.O., m.w.N.). Ist dies der Fall, so kann die Gemeinde auch bei jährlich unterschiedlichem Aufwand an einem starren Abgabesatz festhalten, um kurzfristige Schwankungen abzumildern und die Abgabenbelastung zu verstetigen (vgl. BayVGH, U.v. 17.4.1985 – 4 B 83 A.263 – n.v., S. 7). Eine nur geringfügige und ungewollte Überschreitung der Kosten ist nach gefestigter Rechtsprechung unschädlich, solange es jedenfalls auf Dauer der Wahrscheinlichkeit nach zu keiner Überdeckung kommt (BayVGH, U.v. 17.4.1985, a.a.O., S. 8 m.w.N.). Es bedarf aus diesem Grund auch keiner exakten Zuordnung der jährlichen Einnahmen zu den im jeweiligen Jahr getätigten Aufwendungen (BayVGH, a.a.O.).
13
Hiernach muss entgegen der Vorstellung der Klägerin nicht in jedem (Streit-)Fall eine Nachholung der ursprünglich unterbliebenen Kalkulation des Fremdenverkehrsaufwands erfolgen. Lässt sich bereits aufgrund bestimmter Rahmendaten klar erkennen, dass der fortlaufend anfallende finanzielle Aufwand für die Fremdenverkehrsförderung die nach der bisherigen Erfahrung zu erwartenden Beitragseinnahmen langfristig übersteigt, so müssen in Bezug auf die Einhaltung des Kostendeckungsgrundsatzes keine detaillierteren Ermittlungen angestellt werden. Von einer solchen Situation ist das Verwaltungsgericht ausgegangen, indem es auf die Feststellung des Senats im Eilverfahren (B.v. 10.12.2019 – 4 CS 19.712, 4 CS 19.713 – juris Rn. 17) verwiesen hat, wonach es die im Internet veröffentlichten Vorberichte zu den Haushaltsplänen 2011 bis 2015 allein schon wegen des von der Beklagten betriebenen Personalaufwands für die Touristeninformation und wegen des Sachaufwands für weitere tourismusspezifische Maßnahmen als plausibel erscheinen ließen, dass bisher keine Überdeckung eingetreten ist, wobei auch keine Anhaltspunkte für eine entscheidende Änderung der Kosten- und Einnahmesituation in den Jahren nach 2015 bestanden.
14
Welche insoweit von der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren erhobenen Einwände zu einem gegenteiligen Ergebnis führen müssten, so dass ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestünden, lässt sich der Antragsbegründung nicht entnehmen. Mit den dort unter dem Gliederungspunkt „Missachtung des Kostendeckungsprinzips“ erwähnten Einzelpunkten werden zwar verschiedene zwischen den Beteiligten „strittige Positionen“ bzw. „Plausibilisierungshemmnisse“ benannt, zu denen gerichtlicher Aufklärungsbedarf bestehe. Es wird aber nicht substantiiert dargelegt, dass für die streitgegenständlichen Beitragsjahre entgegen den vorgelegten Haushaltsansätzen der fremdenverkehrsbedingte Aufwand deutlich und dauerhaft hinter den regelmäßigen Beitragseinnahmen zurückgeblieben sei. Auch für die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 19. November 2020 in das Verfahren eingebrachte Anlage 92 wird nur pauschal behauptet, dass „eine Kostenüberdeckung unter Berücksichtigung eines angemessenen gemeindlichen Eigenanteils … zumindest wahrscheinlich und für die Streitjahre nicht ausgeschlossen“ sei, wobei ohnehin aus den bereits genannten Gründen kein Eigenanteil der Gemeinde angesetzt werden muss. Dass die Klägerin die Auflistungen und Angaben der Beklagten verschiedentlich in Frage stellt und aufgrund eigener Berechnungen von einem (bloßen) „Risiko einer Kostenüberdeckung“ ausgeht, reicht nicht aus, um die Ergebnisrichtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung in Zweifel zu ziehen.
15
cc) Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass ihr durch den Fremdenverkehr im Gemeindegebiet kein oder jedenfalls nur ein geringerer „mittelbarer wirtschaftlicher Vorteil“ im Sinne von Art. 6 Abs. 1 KAG und § 2 Abs. 1 FBS erwachsen würde.
16
Bei diesem Tatbestandsmerkmal kommt es nicht auf die Art der ausgeübten Erwerbstätigkeit an, sondern allein auf die Frage, ob und inwieweit der Beitragspflichtige mit den unmittelbar am Fremdenverkehr Beteiligten Geschäftsbeziehungen unterhält und daraus Vorteile erlangt (vgl. BayVGH, U.v. 18.3.1988 – 4 B 95.3470 – ZKF 1998, 135). Entgegen der Forderung der Klägerin war daher das Verwaltungsgericht nicht gehalten, im Hinblick auf das Vorliegen eines mittelbaren wirtschaftlichen Vorteils das „Leistungsbündel einer Steuerkanzlei“ näher zu untersuchen, sondern konnte sich darauf beschränken, den Kundenkreis des Unternehmens in den Blick zu nehmen.
17
Ein beitragsrelevanter mittelbarer Vorteil muss allerdings, um ihn von der nicht beitragsbegründenden allgemeinen wirtschaftlichen Prosperität als Folge der Fremdenverkehrsentwicklung eines Ortes abzugrenzen, durch einen typischen und offensichtlichen Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr geprägt sein (BayVGH, U.v. 29.1.2020 – 4 B 18.2285 – BayVBl 2020, 563 Rn. 23 m.w.N.). Der Senat hat demzufolge in der zitierten Entscheidung bei einer entgeltlichen Gebrauchsüberlassung von Immobilien an Ortsansässige einen mittelbaren fremdenverkehrsbedingten Vorteil immer dann angenommen, wenn die betreffenden Räume unmittelbar einem Fremdenverkehrsbetrieb zu dienen bestimmt sind (BayVGH, a.a.O., unter Hinweis auf BayVGH, U.v. 27.3.2003 – 4 B 98.2772 – BayVBl 2003, 725 m.w.N.). Übertragen auf die von der hiesigen Klägerin betriebene Steuerkanzlei bedeutet dies, dass alle Einnahmen aufgrund von steuerlichen Dienstleistungen, die für einen ortsansässigen Fremdenverkehrsbetrieb erbracht wurden, als mittelbarer wirtschaftlicher Vorteil der Beitragspflicht unterliegen. Dass Freiberufler wie Rechtsanwälte und Steuerberater zum Fremdenverkehrsbeitrag herangezogen werden können, weil sie die besondere Chance haben, für Personen oder Unternehmungen tätig zu werden, die zu den am Fremdenverkehr unmittelbar beteiligten Kreisen gehören, ist im Übrigen seit langem anerkannt (vgl. VerfGH, E.v. 27.3.2001 – Vf. 62-VI-00 – VerfGHE 54, 7/11 = BayVBl 2001, 398 m.w.N.).
18
dd) Soweit die Klägerin die Unbestimmtheit der in § 3 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 FBS verwendeten Begriffe des „(einkommen- bzw. körperschaft-)steuerpflichtigen Gewinns“ bzw. „steuerbaren Umsatzes“ rügt, ist darauf zu verweisen, dass die entsprechenden Tatbestandsmerkmale in der Rechtsprechung des Senats wie auch des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs seit langem geklärt sind. Es handelt sich danach im Wesentlichen um eine dynamische Verweisung auf die gleichlautenden steuerrechtlichen Bestimmungen. Der Begriff „Gewinn“ kann sich dabei angesichts der mit Art. 6 Abs. 1 KAG beabsichtigten Heranziehung aller selbständigen Personen und Unternehmungen, die aus dem Fremdenverkehr besonderen wirtschaftlichen Nutzen ziehen, allerdings nur auf die Gesamtheit der Gewinn- und Überschusseinkünfte beziehen, die der Einkommen- oder Körperschaftsteuer unterliegen (VerfGH, E.v. 24.5.2019 – Vf. 23-VI-17 – NVwZ 2019, 881 Rn. 61 m.w.N.). Der „steuerbare Umsatz“ im fremdenverkehrsbeitragsrechtlichen Sinne umfasst wie bei § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG alle Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt (BayVGH, B.v. 5.2.2013 – 4 CS 12.2584 – KStZ 2013, 194 Rn. 28). Da die für die Beitragserhebung maßgebenden steuerlichen Anknüpfungspunkte hiernach bereits bundesrechtlich hinreichend genau definiert sind, können auch hinsichtlich der Person der jeweiligen Beitragsschuldner keine durchgreifenden Bedenken unter dem Gesichtspunkt der erforderlichen Normbestimmtheit bestehen. Die vorliegende Sache weist demzufolge diesbezüglich auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf.
19
ee) Entgegen der Darstellung der Klägerin ergibt sich aus der Gestaltung der Erklärungsvordrucke zum Fremdenverkehrsbeitrag kein strukturelles Vollzugs- bzw. Erhebungsdefizit, das zur Verfassungswidrigkeit der Besteuerungsgrundlage führen würde.
20
Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verlangt für das Abgabenrecht, dass die Abgabenpflichtigen durch eine Abgabennorm rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden. Wird die Gleichheit im Belastungserfolg durch die rechtliche Gestaltung des Erhebungsverfahrens prinzipiell verfehlt, kann dies die Verfassungswidrigkeit der normativen Erhebungsgrundlage nach sich ziehen. Eine in den Verantwortungsbereich des Normgebers fallende strukturell gegenläufige Erhebungsregel begründet die Verfassungswidrigkeit der zu vollziehenden materiellen Abgabennorm, wenn dadurch der Anspruch des Abgabengläubigers weitgehend nicht durchgesetzt werden kann (vgl. BVerfG, U.v. 27.6.1991 – 2 BvR 1493/89 – BVerfGE 84, 239/268 ff.). Mögliche Vollzugsmängel, wie sie immer wieder vorkommen können und sich tatsächlich ereignen, sind dafür aber nicht ausreichend; sie führen noch nicht zur Verfassungswidrigkeit der materiellen Beitragsnorm (BVerfG, B.v. 22.3.2022 – 1 BvR 2868/15 u. a. – NVwZ 2022, 1038 Rn. 143 ff.; U.v. 9.3.2004 – 2 BvL 17/02 – juris Rn. 63). Erforderlich sind auch nicht nur einzelne, sondern wesentliche Erhebungsdefizite, die den Regelfall des Erhebungsverfahrens betreffen (BVerfG, U.v. 9.3.2004 2 BvL 17/02 – BVerfGE 110, 94 m.w.N.).
21
Hieran gemessen hat die Klägerin ein strukturelles Vollzugsdefizit nicht aufgezeigt. Mit ihrem Einwand, die von der Beklagten verwendeten Formblätter zur Beitragserhebung könnten eine tatsächlich gleiche Abgabenbelastung nicht sicherstellen, vermag sie die Rechtmäßigkeit der Beitragssatzung schon deshalb nicht in Frage zu stellen, weil es sich bei den Erhebungsformblättern nicht, wie in der höchstrichterlichen Rechtsprechung gefordert, um eine in den Verantwortungsbereich des Normgebers fallende Erhebungsregel handelt. Anders als etwa in dem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall der Zinsbesteuerung, bei dem der als Verwaltungsvorschrift ergangene sog. Bankenerlass vom Gesetzgeber bewusst und gewollt beim Erlass der angegriffenen Steuergesetze hingenommen und seiner Regelung zugrunde gelegt wurde (BVerfG, U.v. 27.6.1991 – 2 BvR 1493/89 – BVerfGE 84, 239/281 f.), spricht hier nichts dafür, dass der kommunale Satzungsgeber beim Erlass der Fremdenverkehrsbeitragssatzung im Jahr 1993 oder bei den späteren Änderungen in den Jahren 2007, 2008 und 2010 die von der Klägerin angeführten Details zu den Erhebungsvordrucken gekannt und als Vollzugshindernis bewusst in Kauf genommen hätte.
22
Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich aus den aus Sicht der Klägerin bestehenden Unklarheiten bei den Erhebungsvordrucken nicht nur in Einzelfällen Vollzugsmängel, sondern darüber hinaus wesentliche, den Regelfall des Erhebungsverfahrens betreffende Erhebungsdefizite ergeben könnten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die in den genannten Formularen verwendeten Formulierungen nicht isoliert betrachtet werden können, sondern stets mit Blick auf die zu vollziehende Satzung verstanden werden müssen. Dass mit dem Begriff des „steuerpflichtigen Gewinns“ der einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtige Gewinn im Sinne des § 3 Abs. 3 FBS gemeint ist, versteht sich danach von selbst. Auch der Begriff der „Auswärtslieferungen“ erschließt sich aus dem Sachzusammenhang mit der Satzung; damit können nur Geschäfte und Dienstleistungen gemeint sein, die in anderen Gemeinden durchgeführt werden (vgl. VG Würzburg, U.v. 28.9.2005 – W 2 K 04.387 – juris Rn. 58). Ob die Beklagte in einem der Vordrucke zeitweise eine Aufteilung des steuerpflichtigen Gewinns entsprechend der Gewerbesteuerzerlegung gefordert hat, was nach der Rechtsprechung des Senats unzulässig wäre (BayVGH, U.v. 5.4.2017 – 4 BV 16.1970 – KommJur 2017, 211 Rn. 21), kann hier dahinstehen, da ein derartiger punktueller Verstoß noch nicht zur Unwirksamkeit der Satzung wegen eines wesentlichen Erhebungsdefizits führen könnte. Inwiefern sich aus dem Umstand, dass die Klägerin seit 2014 laut eigenen Angaben andere Erklärungsvordrucke als andere mittelbar Bevorteilte erhält, für die betreffenden Erhebungsjahre ein strukturelles Vollzugsdefizit ergeben könnte, geht aus dem Sachvortrag im Zulassungsverfahren ebenfalls nicht hervor.
23
ff) Die mit der Einbeziehung auch der nur mittelbar Bevorteilten (§ 2 Abs. 1 FBS) unvermeidbar verbundene Verpflichtung zur Benennung von Mandanten, denen durch den Fremdenverkehr ein unmittelbarer Vorteil erwächst, verstößt nicht gegen die standesrechtliche Verschwiegenheitspflicht von Steuerberatern nach § 57 Abs. 1 StBerG. Es liegt vielmehr, wie das Bundesverwaltungsgericht in einem die Klägerin betreffenden Verfahren festgestellt hat (B.v. 17.11.2016 – 9 B 51.16 – juris Rn. 4), auf der Hand, dass Informationen, die im Abgabenerhebungsverfahren aufgrund gesetzlicher Vorschriften an die zuständige Behörde weitergegeben werden, die ihrerseits dem strafbewehrten Steuergeheimnis unterliegt, nicht „unbefugt“ offenbart werden. Die vom Senat im damaligen Verfahren vorgenommene Güterabwägung, wonach die verlangten Auskünfte gegenüber der Beklagten nicht besonders schützenswert waren, weil diese die aus dem Fremdenverkehr unmittelbare Vorteile ziehenden Personen und Betriebe aus deren eigener Veranlagung bereits kenne, hat das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich gebilligt. Dass das Verwaltungsgericht auch in diesem Punkt auf die Rechtsprechung des Senats verweist, vermag daher keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit seiner Entscheidung zu begründen.
24
gg) Es ist auch nicht ersichtlich, dass die angegriffenen Urteile deshalb fehlerhaft sein könnten, weil die Beklagte eine rechtswidrige Schätzung der Bemessungsgrundlagen vorgenommen hätte.
25
Zwar macht die Klägerin im Berufungszulassungsverfahren wie schon im erstinstanzlichen Verfahren geltend, dass nach einer Überprüfung einzelner Mandanten begründete Zweifel an der Richtigkeit der von der Beklagten angesetzten Vorteilssätze bestünden und in einem Fall sogar ein nur mittelbar Bevorteilter einbezogen worden sei. Damit erfüllt sie jedoch, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, noch nicht die geltenden Substantiierungsanforderungen. Wer eine behördliche Schätzung im gerichtlichen Verfahren angreifen will, muss zumindest substantiiert darlegen, weshalb die geschätzten Besteuerungsgrundlagen zu hoch sein sollen; er muss dazu ggf. anhand der ihm zugänglichen Erkenntnisquellen eine substantiierte eigene Schätzung vornehmen (vgl. BFH, B.v. 23.6.2017 – X B 11/17 – BFH/NV 2017, 1440 Rn. 14; B.v. 14.8.2013 – III B 13/13 – BFH/NV 2013, 1795, Rn. 11 m.w.N.). Zumindest letzteres hat die Klägerin unterlassen, so dass für das Verwaltungsgericht kein Anlass für eine eingehendere Prüfung und für eine mögliche eigene Schätzung der Bemessungsgrundlagen bestand.
26
Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, weshalb an der Rechtsprechung des Senats, wonach sich die Berechnungsgrundlage bei nur mittelbar durch den Fremdenverkehr begünstigten Freiberuflern aus dem unmittelbaren fremdenverkehrsbedingten Vorteil ihrer Mandanten ergeben muss (BayVGH, U.v. 9.5.2016 – 4 B 14.2771- KStZ 2016, 173 Rn. 34), nicht mehr festgehalten werden sollte. Der mittelbare Vorteil kann und muss nur anhand des jährlichen Gewinns bzw. Umsatzes aus der Geschäftsbeziehung mit den betreffenden Mandanten ermittelt werden; einer auf einzelne Geschäftsvorgänge bezogenen Betrachtung bedarf es dabei nicht. Entgegen dem von der Klägerin im Schriftsatz vom 19. November 2020 (S. 77 f.) vorgestellten Berechnungsbeispiel müssen daher für den fremdenverkehrsbezogenen Anteil der erbrachten Dienstleistungen keine fiktiven Gebühren und entsprechende Vorteilssätze angesetzt werden, um daraus schließlich einen Gesamtvorteilssatz zu errechnen.
27
Da die Schätzung als Teil der behördlichen Sachverhaltsermittlung noch keine Sachentscheidung darstellte, musste der Klägerin dazu nicht in gesonderter Form gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. cc Dreifachbuchst. ccc i.V.m. § 91 Abs. 1 AO rechtliches Gehör gewährt werden.
28
hh) Den angegriffenen Bescheiden fehlt es auch nicht an der erforderlichen inhaltlichen Bestimmtheit (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG i. V. m. § 119 Abs. 1 AO). Wie der Senat bereits im vorangegangenen Eilbeschluss (BayVGH, B.v. 10.12.2019 – 4 CS 19.712 u.a. – NVwZ-RR 2020, 842 Rn. 22) dargelegt hat, ergaben sich über die gesetzlich normierten Vorgaben hinaus keine weiteren Bestimmtheitsanforderungen aus dem vom Bundesministerium der Finanzen herausgegebenen Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO), da die Beklagte beim Vollzug ihrer Beitragssatzung schon aus kompetenzrechtlichen Gründen nicht an diese bundesrechtliche Verwaltungsvorschrift gebunden war; ohnehin gilt der Erlass nur für den Bereich der Steuern und nicht auch der sonstigen Abgaben (AEAO zu § 1). Von einer Anwendbarkeit bei kommunalen Abgaben ist entgegen der Annahme der Klägerin auch das Verwaltungsgerichts Göttingen in der zitierten Entscheidung nicht ausgegangen (U.v. 12.5.2016 – 2 A 2/15 – juris Rn. 68).
29
b) Die Berufung gegen die Urteile des Verwaltungsgerichts ist auch nicht wegen besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen.
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Die Klägerin listet hierzu unter der Überschrift „Bestimmtheit des Beitragsschuldners und Bestimmtheit von für die Berechnung des Fremdenverkehrsbeitrags notwendiger Begrifflichkeiten“ eine Reihe von Teilaspekten auf, die „derzeit nicht rechtssicher beantwortet“ werden könnten. Sie legt aber nicht dar, inwieweit die damit aufgeworfenen Rechtsfragen in ihrem konkreten Fall von Bedeutung sind und sich auf die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Bescheide auswirken könnten.
31
aa) Nicht erkennbar ist hiernach die konkrete Entscheidungsrelevanz der Fragen, ob Gewinnausschüttungen in das steuerliche Privatvermögen eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers und Gewinne aus der Veräußerung einer Beteiligung im Sinne des § 17 EStG beitragspflichtige Einnahmen darstellen, ob bei Personengesellschaften die den Gesellschaftern zuzurechnenden Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben bei der Gewinnermittlung der Gesellschaft zu berücksichtigen sind, wie sich Wertänderungen und Vermögensumschichtungen im steuerlichen Betriebs- und Privatvermögen beim Fremdenverkehrsbeitrag gleichheitsgerecht erfassen lassen, inwieweit stille Reserven nachträglich zu berücksichtigen sind, ob auch Aufgabegewinne im Sinne von § 16 EStG beitragspflichtige Einnahmen darstellen, ob ein Mehrfachabzug des Freibetrags nach § 16 Abs. 4 EStG beitragsrechtlich gerechtfertigt ist, ob die einkommensteuerrechtlichen Regelungen über nichtabziehbare Schuldzinsen und Kinderbetreuungskosten als Betriebsausgaben auch im Fremdenverkehrsbeitragsrecht anzuwenden sind, ob die innerhalb eines umsatzsteuerrechtlichen Organkreises bewirkten Innenumsätze fremdenverkehrsrechtliche Relevanz haben und ob Einfuhren und innergemeinschaftliche Erwerbe fremdenverkehrsbeitragsrechtlich zu beachten sind.
32
Die Klägerin legt nicht ansatzweise dar, weshalb die genannten Fragen, die sich durchweg auf Aspekte der Gewinnermittlung beziehen, überhaupt einer spezifisch fremdenverkehrsbeitragsrechtlichen Beantwortung bedürfen. Das Tatbestandsmerkmal des „einkommen- und körperschaftsteuerpflichtigen Gewinns“ in § 3 Abs. 3 Satz 1 FBS enthält, wie oben dargelegt, eine dynamische Verweisung auf die im Einkommenssteuergesetz und Körperschaftsteuergesetz enthaltenen Vorschriften, so dass die dazu ergangene Rechtsprechung auch beim Vollzug der Fremdenverkehrsbeitragssatzung herangezogen werden kann. Inwieweit sich daraus besondere rechtliche Schwierigkeiten ergeben sollen, ist nicht erkennbar.
33
bb) Soweit die Klägerin die Frage aufwirft, wer bei Güter- und Grundstücksgemeinschaften Beitragsschuldner ist, legt sie nicht dar, dass davon die rechtliche Beurteilung der angegriffenen Bescheide abhängt. Bei der weiteren Frage, ob die Nichtabziehbarkeit der (nach § 4 Abs. 5b EStG nicht als Betriebsausgabe absetzbaren) Gewerbesteuer beim Fremdenverkehrsbeitrag „zu rechtfertigen“ ist, wird nicht erläutert, inwieweit darin überhaupt ein rechtfertigungsbedürftiger Eingriff bzw. eine zu begründende Ungleichbehandlung zu sehen ist. An die gesetzlichen Wertungen des Bundesgesetzgebers im Rahmen des Einkommensteuerrechts ist der örtliche Satzungsgeber bei der Festlegung des Abgabenmaßstabs jedenfalls nicht gebunden.
34
c) Den Rechtssachen kommt auch nicht die grundsätzliche Bedeutung zu (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), die die Klägerin ihnen beimisst.
35
aa) Wie bereits oben dargelegt, bestehen zwischen einem Fremdenverkehrsbeitrag und einem Kurbeitrag schon nach deren gesetzlicher Ausgestaltung so erhebliche Unterschiede, dass eine schematische Gleichbehandlung dieser beiden Beitragsarten ausscheidet. Dass für den Kurbeitrag laut einer bereits älteren Entscheidung des Senats (U.v. 16.8.2008 – 4 N.07.555 – BayVBl 2009, 72 Rn. 37) strengere Anforderungen hinsichtlich einer Beitragskalkulation gelten sollen als für den Fremdenverkehrsbeitrag, verleiht dem vorliegenden Rechtsstreit noch keine grundsätzliche Bedeutung. Für den Fremdenverkehrsbeitrag sind die mit der Nachprüfbarkeit einer Kalkulation und mit einem etwaigen gemeindlichen Eigenanteil zusammenhängenden Fragen vielmehr seit langem geklärt (BayVGH, U.v. 9.5.2016 – 4 B 14.2771 – KStZ 2016, 173 Rn. 29 m.w.N.; B.v. 10.12.2019 – 4 CS 19.712 – NVwZ-RR 2020, 842 Rn. 11 m.w.N.).
36
bb) Auch die von der Klägerin thematisierten Fragen in Bezug auf die berufsrechtliche Pflicht zur Verschwiegenheit gemäß § 102 Abs. 1 Nr. 3 Buchst b AO besitzen keine grundsätzliche Bedeutung, die eine Zulassung der Berufung rechtfertigen könnten.
37
Es ist bereits zweifelhaft, ob es auf diese Fragen, die den Umfang der Erklärungspflicht des Beitragspflichtigen betreffen, im vorliegenden Verfahren überhaupt ankommt, da die angegriffenen Bescheide auf einer von der Beklagten vorgenommenen Schätzung des Gewinns und der für die Erhebungsjahre geltenden Vorteilssätze beruhen. Zwar erklärt sich diese Vorgehensweise aus der Weigerung der Klägerin, am Verfahren der Beitragserhebung mitzuwirken. Es steht aber nicht sicher fest, dass es im Rahmen dieser Mitwirkung – auch aus Sicht der Beklagten – überhaupt einer namentlichen Auflistung der Mandanten, denen aus dem Fremdenverkehr ein unmittelbarer Vorteil erwächst, bedurft hätte. Sollte sich erweisen, dass es für die Heranziehung der Klägerin zum Fremdenverkehrsbeitrag ausreicht, wenn sie bezüglich dieser Mandanten aussagefähige Daten in anonymisierter Form (z. B. den jeweiligen Jahresumsatz und die Branchenzugehörigkeit) mitteilt (s. BayVGH, B.v. 1.2.2007 – 4 ZB 06.167 – juris Rn. 8; VG Freiburg, U.v. 28.8.2002 – 1 K 675/00 – juris Rn. 15), würde sich die Frage einer etwaigen Offenlegung der einzelnen Mandatschaftsverhältnisse von vornherein nicht stellen (vgl. BayVGH, B.v. 10.12.2019 – 4 CS 19.712 – NVwZ-RR 2020, 842 Rn. 26).
38
Selbst wenn sich aber die Höhe des von der Klägerin geschuldeten Fremdenverkehrsbeitrags nur durch eine Namensnennung der unmittelbar durch den Fremdenverkehr bevorteilten Mandanten ermitteln ließe, ergäbe sich aus ihren Ausführungen im Berufungsverfahren und aus der dazu vorgelegten Stellungnahme der Steuerberaterkammer München vom 29. Januar 2021 noch kein weiterer Klärungsbedarf. Nach der Grundsatzentscheidung des Senats vom 9.6.2016 (Az. 4 B 14.2771 – KStZ 2016, 173 Rn. 31 ff.) besteht in einer solchen Fallkonstellation keine berufsrechtliche Verschwiegenheitspflicht nach § 102 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b AO. Diese Pflicht ist nicht geschaffen worden, um den dort genannten Berufsgruppen die Möglichkeit zu eröffnen, sich einer eigenen Abgabenpflicht zu entziehen. Bei der gebotenen Abwägung, deren Notwendigkeit auch die Steuerberaterkammer München in ihrer Stellungnahme nicht in Zweifel zieht, ist vor allem zu berücksichtigen, dass diejenigen Mandanten, die nach der Art ihrer Tätigkeit und nach der Zusammensetzung ihres Kundenkreises aus dem Fremdenverkehr unmittelbar Vorteile ziehen und daher der Fremdenverkehrsbeitragspflicht unterliegen, ihrerseits schon nach § 4 Abs. 2 Satz 2 FBS verpflichtet sind, ihre Umsatz- und Gewinnzahlen gegenüber der Beklagten offenzulegen. Werden ihre Namen und die jeweils erzielten Jahresumsätze von der Klägerin mitgeteilt, liegt darin also aus Sicht dieser Betroffenen kein (zusätzlicher) Eingriff in eine geschützte Rechtsposition.
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Ob danach schon in der Mandatserteilung an einen der Beitragspflicht unterliegenden Steuerberater im Sinne von § 102 Abs. 3 AO ein konkludenter Verzicht auf die Geheimhaltung der Identität gegenüber der Beklagten in Angelegenheiten des Fremdenverkehrsbeitrags liegt (vgl. BFH, U.v. 8.4.2008 – VIII R 61/06 – NJW 2008, 2366/2377), kann offenbleiben. Würde dies verneint, wäre jedenfalls bei der Abwägung zwischen dem Allgemeininteresse an einer gleichheitsgerechten und gesetzmäßigen Abgabenerhebung (Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3 GG) und dem in § 102 AO grundsätzlich normierten Berufsgeheimnisschutz des Steuerberaters den abgabenrechtlichen Mitwirkungs- und Offenbarungspflichten dieser Berufsgruppe der Vorrang einzuräumen sein (vgl. allgemein Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand 10/2019, § 102 AO Rn. 16). Dies muss jedenfalls dann gelten, wenn faktisch keine andere Möglichkeit zur Ermittlung der beitragsrelevanten Daten besteht. In diesem Sinne hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass Rechtsanwälte die nach dem Einkommensteuerrecht erforderlichen Angaben zu Teilnehmern und Anlass einer Bewirtung regelmäßig nicht unter Berufung auf die anwaltliche Schweigepflicht verweigern dürfen (BFH, U.v. 26.2.2004 – IV R 50/01 – NJW 2014, 1614 ff. m.w.N.). Auskunftspflichten, die das Gesetz jedermann oder einer nicht nach dem Beruf abgegrenzten Gruppe auferlegt, treffen demnach grundsätzlich auch die durch ein besonderes Berufsgeheimnis zur Verschwiegenheit verpflichteten Angehörigen der freien Berufe (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2011 – 8 C 24/10 – NJW 2012, 1241 Rn. 25 m.w.N.).
40
cc) Soweit die Klägerin auf eine Änderung im Kommunalabgabengesetz des Landes Rheinland-Pfalz und eine dazu ergangene Entscheidung des dortigen Oberverwaltungsgerichts verweist, lässt sich daraus wegen der unterschiedlichen landesrechtlichen Ausgangslage weder eine klärungsbedürftige Grundsatzfrage noch eine zur Berufungszulassung führende Divergenz im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ableiten.
41
d) Die Urteile leiden auch nicht an Verfahrensmängeln (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
42
aa) Da die Klägerin aus den oben genannten Gründen (1.a.ee) ein bestehendes strukturelles Vollzugsdefizit im Zusammenhang mit der Gestaltung der Beitragserklärungen schon nicht schlüssig dargelegt hatte, bedurfte es insoweit entgegen ihrem Vortrag keiner (weiteren) gerichtlichen Sachaufklärung gemäß § 86 Abs. 1 VwGO. Für die in den Zulassungsanträgen aufgestellte Behauptung, dass ein entsprechender Beweisantrag gestellt und vom Gericht übergangen worden wäre, findet sich im Protokoll vom 25. November 2020, dem insoweit Beweiskraft zukommt (§ 105 VwGO i.V.m. § 165 ZPO), keinerlei Anhaltspunkt.
43
bb) Soweit die Klägerin die nicht erfolgte Beiziehung der Akten zur Kalkulation rügt und darin einen Verstoß gegen die gerichtliche Sachaufklärungspflicht und eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO) sieht, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Wie oben dargelegt (1.a.bb), bedarf es für die Rechtmäßigkeit einer Fremdenverkehrsbeitragssatzung keiner ausdrücklichen vorherigen Beitragskalkulation. Für das Verwaltungsgericht bestand daher keine Veranlassung, zu dieser Frage ohne besonderen Anlass in Ermittlungen einzutreten. Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör ergab sich auch keine Verpflichtung des Gerichts, der gegenteiligen Rechtsmeinung der Klägerin zu folgen und deren Anregung auf Beiziehung bestimmter Akten nachzukommen.
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cc) Ein Aufklärungsmangel liegt schließlich auch nicht darin, dass das Gericht aus dem Sachvortrag der Klägerin zur Einbeziehung von nur mittelbar begünstigten Mandanten nicht den Schluss gezogen hat, dass die von der Beklagten vorgenommene Schätzung aus diesem Grund rechtswidrig sei, so dass die angegriffenen Bescheide aufzuheben seien. Nach der oben (1.a.gg) wiedergegebenen höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Überprüfung einer behördlichen Schätzung muss der Abgabenpflichtige im Gerichtsverfahren nicht nur darlegen, weshalb die geschätzten Besteuerungsgrundlagen zu hoch seien, sondern auch eine substantiierte eigene Schätzung vornehmen. Da es hieran fehlte, musste das Verwaltungsgericht dem genannten Einwand der Klägerin nicht weiter nachgehen.
45
2. Die Kostenentscheidungen folgen aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzungen beruhen auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
46
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung der Anträge werden die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).