Titel:
Unrichtigkeit der richterlichen Überzeugungsbildung
Normenkette:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 5
Leitsatz:
Die Richtigkeit der richterlichen Überzeugungsbildung kann nur ernstlich in Frage gestellt werden, wenn aufgezeigt wird, dass sie mangelhaft ist, etwa, weil das Verwaltungsgericht mit Blick auf entscheidungserhebliche Tatsachen von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist oder die Beweiswürdigung gedankliche Lücken oder Ungereimtheiten aufweist. Die bloße Möglichkeit einer anderen Bewertung des Ergebnisses einer Beweisaufnahme genügt dagegen zur Begründung ernstlicher Zweifel nicht. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Führens eines Fahrrads in erheblich alkoholisiertem Zustand, Einstellung des strafrechtlichen Verfahrens gegen Geldauflage, Bestreiten der Trunkenheitsfahrt, richterliche Überzeugungsbildung, Sachverhaltswürdigung, ernstliche Zweifel
Vorinstanz:
VG Ansbach, Urteil vom 14.06.2023 – AN 10 K 22.1494
Fundstelle:
BeckRS 2024, 2078
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 12.500,- EUR festgesetzt.
Gründe
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Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen AM, A1 (79.05), A (79.03, 79.04), B, BE (79.06), C1 (171), C1E und L (174,175) und die Verpflichtung zur Abgabe seines Führerscheins.
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Anfang September 2021 wurde dem Landratsamt A. bekannt, dass der Kläger am 21. Juli 2021 auf einer öffentlichen Straße in D. ein Fahrrad mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,88 ‰ geführt hatte. Gegenüber der Polizei hatte er angegeben, aus einer Hofausfahrt über eine Muldenwasserrinne auf die Fahrbahn gefahren zu sein und dabei das Gleichgewicht verloren zu haben. Er sei ins Straucheln gekommen und auf die Fahrbahn gestürzt. Dabei zog er sich nach den polizeilichen Feststellungen mittelschwere Verletzungen zu. Am 4. August 2021 informierte ihn die Polizei telefonisch über das Ergebnis der Blutuntersuchung und belehrte über seine Rechte als Beschuldigter. Am 9. August 2021 behauptete der Kläger bei einem Telefonat mit der Polizei, er habe das Fahrrad auf die Straße geschoben und sei dann darüber gefallen. Nach dem polizeilichen Sachbericht gab das Ehepaar S., bei dem der Kläger einige Bier konsumiert hatte, am Unfalltag an, sie hätten gerade ihr Fahrzeug umgebaut, um den Kläger mit dem Fahrrad nach Hause zu fahren, als sich dieser in einem unbeobachteten Moment sein Fahrrad geschnappt habe und aus dem Anwesen gefahren sei. Sie hätten nach dem Unfall den Rettungsdienst verständigt. Bei ihrer polizeilichen Vernehmung am 16. August 2021 gaben sie an, sie hätten nicht gesehen, wie der Kläger zu Fall gekommen sei.
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Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen Trunkenheit im Verkehr wurde mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 29. September 2021 nach § 153a Abs. 1 StPO gegen eine Geldauflage eingestellt.
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Unter Bezugnahme auf diesen Sachverhalt forderte das Landratsamt A. den Kläger mit Schreiben vom 5. Januar 2022 gestützt auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV auf, bis 16. März 2022 ein medizinisch-psychologisches Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung zu den Fragen beizubringen, ob zu erwarten sei, dass er zukünftig ein fahrerlaubnispflichtiges Fahrzeug unter einem die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholeinfluss führen werde und/oder ob als Folge eines unkontrollierten Alkoholkonsums körperliche und/oder geistige Beeinträchtigungen vorlägen, die das sichere Führen eines Kraftfahrzeugs der Gruppen 1/2 in Frage stellten. Insbesondere sei zu klären, ob die Trunkenheitsfahrt mit dem Fahrrad vom 21. Juli 2021 Ausdruck eines Kontrollverlusts gewesen sei, der genauso gut zu einer Verkehrsteilnahme mit einem erlaubnispflichtigen Fahrzeug führen könne.
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Der Kläger brachte in der Folge kein Gutachten bei. Im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis äußerte er sich telefonisch dahin, dass das Gutachten negativ gewesen und er gar nicht mit dem Fahrrad gefahren sei.
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Mit Bescheid vom 3. Juni 2022 entzog das Landratsamt dem Kläger unter Bezugnahme auf § 11 Abs. 8 FeV die Fahrerlaubnis für Kraftfahrzeuge aller Klassen und verpflichtete ihn unter Androhung unmittelbaren Zwangs, den Führerschein innerhalb einer Woche nach Zustellung des Bescheids abzugeben. Ferner ordnete es die sofortige Vollziehung der beiden Verfügungen an.
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Am 16. Juni 2022 ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Klage zum Verwaltungsgericht Ansbach erheben und einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes stellen.
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Am 19. Juli 2022 beschlagnahmte die Polizei den Führerschein des Klägers.
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Mit Beschluss vom 18. Oktober 2022 lehnte das Verwaltungsgericht die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ab. Eine Beschwerde wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 11. Januar 2023 verworfen.
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Mit Urteil vom 14. Juni 2023 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Die Fahrerlaubnisbehörde habe zu Recht gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens angeordnet, ohne dass ihr insoweit ein Ermessensspielraum zugestanden habe. Der Kläger habe bei dem maßgeblichen Vorfall eine Blutalkoholkonzentration von 1,88 ‰ gehabt. Zur Verwirklichung des Tatbestands des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV genüge die Fahrt mit einem Fahrzeug im Straßenverkehr, also auch die mit einem Fahrrad. Derjenige, der auf einem rollenden Fahrrad sitze, führe dieses, weil es des Lenkens bedürfe. Entscheidend sei, dass das Fahrrad nicht geschoben werde. Die Kammer sei nach Durchführung der mündlichen Verhandlung und der Beweisaufnahme, insbesondere aufgrund der Einlassungen der Polizeibeamtin, der polizeilichen Ermittlungsakte und der widersprüchlichen Angaben des Klägers im Rahmen des Verfahrens, davon überzeugt, dass er sein Fahrrad zumindest auch im öffentlichen Verkehrsraum geführt habe. In der mündlichen Verhandlung habe er angegeben, sein Bekannter habe bei seinem Fahrzeug die Rückbank umklappen wollen, weil man ihn nach einer Feier nach Hause habe fahren wollen. Als er dann sein draußen abgestelltes Fahrrad habe hereinschieben wollen, sei wohl irgendwo hängen geblieben und hingefallen. Keinesfalls habe er mit dem Fahrrad fahren wollen und sei auch nicht gefahren. Er wisse nicht, wie die Polizeibeamtin dazu gekommen sei, in ihren Aktenvermerk aufzunehmen, dass er aus der Hofeinfahrt habe herausfahren wollen. Die den Unfall aufnehmende Polizeibeamtin habe ausgesagt, sie erinnere sich nicht, was der Kläger genau gesagt habe. Es könne sein und sei auch sehr wahrscheinlich, dass ihr Kollege ihn bereits zu dem Vorfall befragt habe, weil er zunächst zu ihm Kontakt gehabt habe und eigentlich immer zuerst danach gefragt werde, was passiert sei. Es sei aber klar gewesen und nicht in Frage gestellt worden, dass der Kläger mit dem Fahrrad gefahren sei. Sie vermute, er habe dies dem Kollegen gegenüber selber angegeben. Es wäre zu erwarten gewesen, dass etwaige Unklarheiten zu diesem Punkt auch in die polizeiliche Dokumentation eingeflossen wären. Aufgrund der schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben der Zeugin sehe die Kammer keinen Anlass, an ihrer Aussage zu zweifeln. Sie habe Erinnerungslücken offen benannt und aus eigener Erinnerungsleistung, ohne konkrete Nachfrage dazu, Einzelheiten und Nebensächlichkeiten zu dem fraglichen Einsatz geschildert, wie den frischen Blutfleck auf der Straße und das notwendige Umparken des Polizeiwagens. Ebenso habe sie nachvollziehbar von der emotionalen Verfassung des Klägers berichtet. Anfangs sei er zugänglich und ruhig gewesen. Als die Sprache auf einen Alkoholkonsum gekommen sei, habe er auf sie so gewirkt, als ob man einen Schalter umgelegt habe. Ab da habe er blockiert und sich nicht mehr wegen seiner Verletzungen helfen lassen wollen. Diese Reaktion des Klägers deute ebenfalls auf ein Fahren des Fahrrads und nicht auf ein bloßes Schieben hin. Es seien weder Erinnerungsfehler noch Wiedergabefehler erkennbar, dafür aber hinreichende Realkennzeichen, so dass von der Zuverlässigkeit der Aussage ausgegangen werden könne. Die Schilderungen des Klägers seien – unabhängig von seinen Angaben vor Ort – nicht konstant gewesen und hätten Widersprüche aufgewiesen. Im ersten Telefonat mit der Polizei nach dem Vorfall, in dem er über das Ergebnis der Blutalkoholuntersuchung informiert und gefragt worden sei, ob er sich als Beschuldigter zum Tatvorwurf äußern wolle, habe er nicht gesagt, dass er nicht mit dem Fahrrad gefahren sei. Dies wäre in einem Gespräch über den Vorwurf einer Trunkenheitsfahrt mit dem Fahrrad jedoch zu erwarten gewesen. In einem weiteren Telefonat habe der Kläger angegeben, sein Fahrrad nur auf die Straße hinausgeschoben und dann darüber gefallen zu sein. Er habe geleugnet, gefahren zu sein. Schriftlich habe er hingegen vortragen lassen, er habe sich in die S. straße begeben, wo sein Fahrrad ca. zwei Meter vor dem Hoftor abgestellt gewesen sei. Er habe es in den Hof schieben wollen, sei bei der Hofeinfahrt gestolpert und zu Fall gekommen. Hieran habe er in der mündlichen Verhandlung festgehalten. Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Kläger sein Fahrrad vor dem Hoftor und nicht in dem sehr großzügigen Hof der Eheleute abgestellt habe. Auch der von der Polizeibeamtin wahrgenommene frische Blutfleck ein bis zwei Meter vor der Hofeinfahrt und der dortigen Rinne deute darauf hin, dass der Kläger mit seinem Fahrrad aus dem Hof gefahren und es nicht in den Hof hineingeschoben habe; ebenso seine erkennbaren Schürf- und Platzwunden an Kopf, Gesicht, Armen und Beinen sowie starke Schmerzen an der Schulter. Die Einwände des Bevollmächtigten gegen den polizeilichen Aktenvermerk und die Unfallanzeige vom 21. Juli 2021 hätten sich als nicht stichhaltig erwiesen. Die Angaben des Klägers am Unfalltag seien auch verwertbar gewesen, selbst wenn er unter Verstoß gegen strafprozessuale Vorschriften nicht als Beschuldigter belehrt worden sein sollte. Auch seine Gedächtnislücken während der Sachbehandlung hätten die beiden Polizeibeamten nicht als derart beachtlich eingestuft, dass sich hieraus eine Unverwertbarkeit sämtlicher Angaben ergebe. Schließlich spreche seine Zustimmung zur Einstellung des Strafverfahrens gegen Geldauflage dafür, dass er tatsächlich gefahren sei. Weiter begegne die Fragestellung keinen rechtlichen Bedenken. Die Frage nach körperlichen und/oder geistigen Beeinträchtigungen im Zusammenhang mit einem missbräuchlichen Konsum von Alkohol sei dahin zu verstehen, dass sie nur der Abklärung des nach Nr. 8.1 und 8.2 der Anlage 4 zur FeV erforderlichen Trennvermögens diene. Hierfür seien auch Befunde des medizinischen Teils der Untersuchung relevant und daher anlassbezogen zu erheben. Auch wenn sich diese Frage bei der Abklärung des Trennungsvermögens ohnehin stelle, also möglicherweise verzichtbar sei, sei sie zur Klarstellung für den Kläger und den Gutachter hilfreich und damit unschädlich. Im Übrigen ziele die Fragestellung unmittelbar auf die Abklärung des Trennungsvermögens im Sinne des Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV mit Blick auf das Führen fahrerlaubnispflichtiger Fahrzeuge ab.
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Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem der Beklagte entgegentritt, begehrt der Kläger die Aufhebung des Urteils und bestreitet den vom Verwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt. Es gehe um die Entziehung einer Fahrerlaubnis aufgrund einer angeblichen Alkoholfahrt mit dem Fahrrad von ca. fünf bis zehn Metern. Der Kläger sei Rentner und früher im Außendienst tätig gewesen. In dieser Zeit sei er weder im Straßenverkehr noch sonst alkoholbezogen in Erscheinung getreten. Nach einer Fahrradtour mit seinem Freund hätten sie bei dessen Anwesen im öffentlichen Bereich vor dem Hof sein Fahrrad an einer Mauer abgestellt. Nach einem Umtrunk sei der Kläger alkoholisiert gewesen sei. Zusammen mit seinem Freund habe er entschieden, dass er nicht mehr mit dem Fahrrad nach Hause fahre, sondern dessen Frau ihn mit dem Auto heimfahre. Während sein Freund das Fahrzeug für das Fahrrad präpariert habe, habe der Kläger das Fahrrad von draußen geholt und es in den Hof geschoben. Dabei sei er gestolpert und habe sich beim Sturz verletzt. Daraufhin habe die Frau seines Freundes den Krankenwagen gerufen. In diesem Zusammenhang sei auch die Polizei informiert worden. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen habe diese den Sachverhalt dahingehend verfälscht, dass gesagt worden sei, der Kläger sei mit dem Fahrrad aus dem Hof gefahren. Sein Freund habe jedoch schriftlich seine Darstellung bestätigt und dies dem Beklagten mitgeteilt. Gleichwohl gehe das Gericht nach der Befragung der Polizistin davon aus, dass er mit dem Fahrrad gefahren sei. Nach ihrer Aussage habe sie allerdings den Kläger weder fahren sehen, noch sich daran erinnern können, dass er oder ein anderer gesagt habe, er sei mit dem Fahrrad gefahren. Mit zum Teil abenteuerlichen Konstruktionen komme das Gericht zu der Annahme, aus dem allgemeinen Hörensagen vor Ort ergebe sich, dass der Kläger mit dem Fahrrad gefahren sei. Aus dieser angeblichen Fahrt gewinne der Beklagte trotz der nachgewiesenen jahrzehntelangen fahrerischen Tätigkeit des Klägers die Erkenntnis, dass ihm angeblich die Fahreignung fehle. In der mündlichen Verhandlung habe der Kläger berichtet, dass er bei der medizinisch-psychologischen Untersuchung in einer diskriminierenden und ehrabschneidenden Art und Weise behandelt worden sei. Dies lasse das Gericht aber – weil offenbar allgemein üblich – dahinstehen. Es habe noch darauf hingewiesen, es reiche nicht aus, nicht alkoholisiert gefahren zu sein, sondern bedürfe zum Bestehen der Untersuchung eines entsprechenden Kurses und einer entsprechenden Begutachtung. Schon hieraus ergebe sich die Absurdität der medizinisch-psychologischen Untersuchung an sich. Der Kläger halte es für lebensfremd, dass ihm, nachdem er so viele Jahre im Außendienst mit seinem Pkw gefahren sei, ohne in irgendeiner Art und Weise auffällig geworden zu sein, aufgrund des Schiebens eines Fahrrads in einen Hof und dem damit verbundenen Sturz unterstellt werde, er sei nicht in der Lage, im Straßenverkehr alkoholfrei zu fahren, und stelle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar. Spätestens mit der nochmaligen schriftlichen Einlassung seines Freundes sei klar, dass der Kläger lediglich das am Zaun stehende Fahrrad in den Hof zum Auto geschoben habe und dabei gestolpert sei. Auf den Amtsermittlungsgrundsatz sei hinzuweisen. Weder das Landratsamt noch das Gericht hätten es für geboten gehalten, seinen Freund als einzige zum angeblichen Tatzeitpunkt anwesende Person zu vernehmen. Die Zeugenaussage der Polizistin ergebe gerade keine Tatsachenanknüpfungspunkte an eine angebliche Fahrt mit dem Fahrrad. Im Übrigen übersehe das Gericht ihr pflichtwidriges Handeln. Sie habe ausgesagt, sie habe einen offensichtlich angetrunkenen, blutenden, verletzten und unter Schock stehenden Beschuldigten vernommen, ohne diesen darüber zu belehren, dass er Beschuldigter sei und keinerlei Aussagen machen müsse. Sie habe die Zeugenaussage auch nicht protokolliert, sondern erst im Nachhinein aus der eigenen Erinnerung heraus wiedergegeben. Dabei beziehe sie sich auf einen Fleck auf der Straße, den sie allerdings weder untersucht noch dokumentiert habe, den sie aber im Nachhinein als Blutfleck zu erkennen geglaubt habe, deren Abstand zum Hof sie aber weder vermessen noch dokumentiert habe. Auch die Abstände zwischen dem angeblichen Parkort des Fahrrads und dem angeblichen Unfallort habe sie nicht dokumentiert. Diese lägen nach ihrer Aussage wohl zwischen einem und zwei Meter auseinander. Wie es dann auf dieser Strecke von ein bis zwei Metern zu einer Fahrradfahrt gekommen sei, habe sie sich nicht erklären können. Angesichts der Vielzahl von Fehlern, die die Polizeibeamtin hier begangen habe, sei schon ihr Aktenvermerk letztlich aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren und einem Verwaltungsprozess nicht verwertbar. Es könne nicht sein, dass eine Polizistin in Ausübung ihrer Tätigkeit im Wesentlichen gegen alle von der StPO vorgesehenen Regelungen verstoße, einen Sachverhalt aus eigener Phantasie wiedergebe und man dann in einem gerichtlichen Verfahren davon ausgehe, dass das was die Polizistin sich zusammengereimt habe, der Wahrheit entspreche.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da die sinngemäß geltend gemachten Zulassungsgründe ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und eines Verfahrensmangels in Form der Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO; BayVerfGH, E.v. 14.2.2006 – Vf. 133-VI 04 – VerfGHE 59, 47/52; E.v. 23.9.2015 – Vf. 38-VI-14 – BayVBl 2016, 49 Rn. 52; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 54), nicht hinreichend dargelegt sind (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) und auch nicht vorliegen.
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1. Der Antrag ist trotz der fehlerhaften Bezugnahme auf eine „bereits erhobene Berufung“ mit entsprechender Antragstellung zulässig. Mit Schriftsatz vom 27. Juli 2023 hat der Bevollmächtigte des Klägers eindeutig und fristgemäß die allein statthafte Zulassung der Berufung beantragt und eine gesonderte Begründung angekündigt. Die Bezugnahme in der nachfolgenden Begründung auf eine in Wahrheit nicht erhobene Berufung, die entsprechende Antragstellung und die nicht auf bestimmte Zulassungsgründe bezogene Begründung weisen zwar auf eine nachträgliche Fehlvorstellung über das eingelegte Rechtsmittel hin, lassen aber nicht ohne weiteres darauf schließen, dass der Bevollmächtigte bereits zu dem Zeitpunkt eine nicht statthafte Berufung einlegen wollte, als er den Zulassungsantrag gestellt hat. Ferner beinhalten sie nicht den Erklärungswillen, (konkludent) das statthafte Rechtsmittel zurückzunehmen und ggf. stattdessen ein unstatthaftes Rechtsmittel einzulegen. Die Auslegung des Zulassungsantrags, der wie jede andere prozessuale Erklärung und insbesondere jede Prozesshandlung auslegungsfähig ist, orientiert sich an dem Grundsatz, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und dem recht verstandenen Interesse des Rechtsmittelführers entspricht (Happ in Eyermann, VwGO, § 124 Rn. 57 m.w.N.; Rudisile in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand März 2023, § 124a Rn. 92, 127). Vorliegend handelt es sich schlicht um einen nachträglichen Irrtum über das eingelegte Rechtsmittel, der freilich zur Folge haben kann, dass dessen gesetzliche Anforderungen nicht erfüllt werden.
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2. Hinsichtlich des Zulassungsgrunds ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist dies jedoch nicht schon deshalb der Fall, weil der Kläger jenen nicht ausdrücklich benannt und die Antragsbegründung in der Art einer Berufungsbegründung abgefasst hat. Letzteres kann genügen, wenn sich der Rechtsmittelführer wie hier mit der Begründung des angefochtenen Urteils auseinandersetzt und sich im Wege der Auslegung ergibt, dass ein Zulassungsgrund gegeben ist (Rudisile, a.a.O. § 124a Rn. 90 m.w.N.). Der Urteilskritik des Klägers ist zu entnehmen, dass er die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts und damit auch dessen Entscheidung für falsch hält.
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Allerdings ist die Antragsbegründung nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zu begründen. Ernstliche Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind anzunehmen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfG, B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587/17 – BVerfGE 151, 173 Rn. 32 m.w.N.; B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 16 m.w.N.) und dies zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründet (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9). Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt werden, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546 Rn. 19).
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Soweit sich der Kläger auf eine Kopie einer Erklärung mit dem Namenszug seines Freunds beruft, in der dieser angeblich seine Darstellung des Sachverhalts bestätigt, führt dies nicht zur Zulassung der Berufung. Zwar steht einer Berücksichtigung im Zulassungsverfahren nicht entgegen, dass diese Erklärung dem Verwaltungsgericht nicht vorlag und es sie bei seiner Entscheidung somit nicht berücksichtigen konnte (vgl. BVerwG, B.v. 11.11.2002 – 7 AV 3.02 – NVwZ 2003, 490 = juris Rn. 10 ff.; B.v. 14.6.2002 – 7 AV 1.02 – BayVBl 2003, 159 = juris Rn. 6; Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 86; Rudisile, a.a.O. § 124 Rn. 26k). Doch genügt es nicht, neue Tatsachen im Zulassungsverfahren lediglich zu behaupten. Der Rechtsmittelführer muss vielmehr neuen Tatsachenvortrag substantiieren und glaubhaft machen, um dem Berufungsgericht die summarische Beurteilung zu ermöglichen, das noch zuzulassende Rechtsmittel werde voraussichtlich zum Erfolg führen (Seibert, a.a.O. § 124 Rn. 91; Rudisile, a.a.O. § 124 Rn. 26k). Die bloße Möglichkeit, dass sich – nach weiterer Sachverhaltsaufklärung im Berufungsverfahren – eine (entscheidungserheblich) veränderte Sachlage ergeben kann, genügt für die Zulassung der Berufung nicht. Dabei können im Einzelfall die Anforderungen an die Glaubhaftmachung umso höher sein, je weniger nachvollziehbar ein Unterlassen des Vorbringens in der ersten Instanz ist (vgl. VGH BW, B.v. 7.11.2023 – 2 S 572/23 – juris Rn. 25; NdsOVG, B.v. 12.2.2008 – 5 LA 326/04 – juris Rn. 10; Seibert, a.a.O. § 124 Rn. 91).
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Vor diesem Hintergrund, jedoch vor allem, weil ihr keine eigene Wahrnehmung zugrunde liegt, vermag die undatierte, nicht näher substantiierte Erklärung keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils zu begründen. Nach der gegengezeichneten Angabe des Freunds bei seiner Zeugenbefragung durch die Polizei hat dieser nicht gesehen, wie der Kläger mit dem Fahrrad auf die Straße gefahren und dort zu Fall gekommen ist, sondern den Unfall erst bemerkt, als sich dieser bereits ereignet hatte. Nach der ebenfalls unterzeichneten Angabe seiner Ehefrau hat auch diese nicht gesehen, wie der Kläger zu Fall gekommen ist, weil sie mit dem Rücken zur Straße gestanden habe. Beide erwähnen als Bezugspunkt die „Straße“, aber nicht, dass der Kläger sein Fahrrad zwecks Transports von der Straße auf ihr Grundstück schieben wollte. Wie sich dem polizeilichen Aktenvermerk weiter entnehmen lässt, wurde als Grund für die fehlende Wahrnehmung genannt, dass beide mit der Vorbereitung ihres Fahrzeugs für den Transport des Fahrrads beschäftigt waren. Die gegenüber der Polizei getätigten Aussagen schließen damit keineswegs aus, dass der Kläger mit seinem Fahrrad von dem Anwesen seines Freunds auf die öffentliche Straße gefahren ist und dies gegenüber den ihn befragenden Polizeibeamten auch so angegeben hat. Wie sein Freund nachträglich zu der schriftlichen Behauptung gelangt, der Kläger sei „definitiv“ nicht gefahren, wenn er nichts gesehen hat, wird nicht ansatzweise dargelegt. Die Erklärung ist allenfalls als bloße Meinungsäußerung zu werten.
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Ferner hat das Verwaltungsgericht seine Annahme einer Fahrradfahrt unter Alkoholeinfluss auch nicht auf allgemeines „Hörensagen vor Ort“ gestützt. Weder hat die als Zeugin vernommene Polizeibeamtin angegeben, ihr Kollege oder ein sonstiger Dritter habe ihr berichtet, dass der Kläger die Fahrradfahrt eingeräumt habe, noch hat das Verwaltungsgericht dies so festgestellt. Vielmehr konnte sich die Zeugin daran erinnern, dass der Kläger sich mit ihrem Kollegen unterhalten hat, als sie ihre Unterlagen für die Sachbearbeitung geholt und den Polizeiwagen umgesetzt hatte. Nachdem es keine unmittelbaren Zeugen für die Fahrradfahrt gab, schloss sie aufgrund des allgemein üblichen polizeilichen Vorgehens und ihrer vor Ort begonnenen Aufzeichnungen, dass der Kläger die am Unfalltag nicht in Frage gestellte Sachverhaltsdarstellung selbst abgegeben hat. Wenn das Verwaltungsgericht dem gefolgt ist, widerspricht dies nicht allgemeinen Erfahrungssätzen. Auch ist es nicht offensichtlich sachwidrig oder willkürlich, wenn das Gericht hiervon ausgehend erwartet hat, dass sich etwaige Unklarheiten über die für die Ermittlungen zentrale Frage, ob der Kläger sein Fahrrad auf einer öffentlichen Straße geführt hat, in der polizeilichen Dokumentation niedergeschlagen hätten. Die Gründe, aus denen das Gericht die Beamtin für zuverlässig erachtet hat, hat der Kläger nicht angegriffen. Für seine Behauptung, sie habe den Sachverhalt verfälscht, vermochte er selbst keine nachvollziehbaren Gründe zu nennen. Ein Belastungseifer ist in den Aussagen der Zeugin und den sonstigen Akten nicht erkennbar. Auch war dem Kläger bereits am Unfalltag bewusst, dass es um diese Frage ging, was sich in mangelnder Kooperationsbereitschaft niederschlug, sobald das Thema Alkohol zur Sprache gebracht worden war. Dies wurde nicht nur von der Zeugin, sondern auch von dem diensthabenden Arzt so gesehen, der das Verhalten des Klägers als aggressiv und seine Stimmung als gereizt beurteilt hat. Weiter hat das Verwaltungsgericht Anhaltspunkte dafür genannt, dass der vom Kläger im gerichtlichen Verfahren geschilderte Sachverhalt nicht zutrifft, namentlich die Schwere der erlittenen Verletzungen und seine nicht konsistenten Angaben. So hat er in dem Telefonat mit der Polizei am 4. August 2021, in dem es um seinen Beschuldigtenstatus ging, nicht erwähnt, nicht gefahren zu sein. Im Telefonat am 9. August 2021 hat er sodann erstmals behauptet, das Fahrrad auf die Straße geschoben zu haben und dabei über dieses gefallen zu sein, wohingegen er im Verfahren schriftlich vortragen ließ, das auf der Straße geparkte Fahrrad in den Hof des Anwesens hineingeschoben zu haben.
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Die Richtigkeit der richterlichen Überzeugungsbildung kann nur ernstlich in Frage gestellt werden, wenn aufgezeigt wird, dass sie mangelhaft ist, etwa, weil das Verwaltungsgericht mit Blick auf entscheidungserhebliche Tatsachen von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist oder die Beweiswürdigung gedankliche Lücken oder Ungereimtheiten aufweist. Letzteres ist insbesondere bei einer Verletzung von gesetzlichen Beweisregeln, Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen, bei aktenwidrig angenommenem Sachverhalt oder offensichtlich sachwidriger und damit willkürlicher Beweiswürdigung anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer anderen Bewertung des Ergebnisses einer Beweisaufnahme genügt dagegen zur Begründung ernstlicher Zweifel nicht (Rudisile, a.a.O. § 124 Rn. 26g m.w.N.; stRspr vgl. BayVGH, B.v. 9.2.2023 – 9 ZB 22.1947 – juris Rn. 12; B.v. 1.3.2022 – 9 ZB 21.85 – juris Rn. 20; B.v. 18.12.2019 – 20 ZB 19.602 – juris Rn. 5; B.v. 13.1.2020 – 10 ZB 19.1599 – juris Rn. 7; OVG LSA, B.v. 14.8.2023 – 3 L 54/23 – juris Rn. 7; OVG Bremen, B.v. 13.3.2023 – 2 LA 301/21 – juris Rn. 16; OVG NW, B.v. 2.8.2022 – 12 A 766/20 – juris Rn. 8 ff.; B.v. 28.7.2021 – 12 A 4504/19 – juris Rn. 5; NdsOVG, B.v. 27.6.2022 – 10 LA 18/22 – juris Rn. 5 ff. jeweils m.w.N.). Die Richtigkeit der vom Verwaltungsgericht festgestellten entscheidungserheblichen Tatsachen ist daher nicht schon dann schlüssig in Frage gestellt, wenn ein Beteiligter eine oder mehrere dieser Tatsachen bestreitet, ihr Gegenteil behauptet, die zugrunde liegenden Erkenntnisquellen anders würdigt oder aus ihnen andere Schlüsse zieht, sondern erst, wenn er auch gute Gründe dafür aufzeigt, dass diese Tatsachen möglicherweise nicht zutreffen, das Urteil mithin auf einer ernstlich zweifelhaften Sachverhalts- und Beweiswürdigung beruht (VGH BW, B.v. 10.1.2022 – 2 S 2436/21 – juris Rn. 14). Dies ist hier, wie dargelegt, nicht der Fall.
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Hinsichtlich der Einwände gegen die Verwertung der Angaben des Klägers am Unfalltag wird gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO auf die Gründe des angefochtenen Urteils (S. 11) Bezug genommen. Darüber hinaus kommt es nicht auf die nicht näher substantiierten, pauschalen Vorwürfe an, ob die Polizeibeamtin strafprozessualen Pflichten nicht nachgekommen ist, indem sie etwa die Angaben des Klägers zum Unfallhergang nicht sofort vor Ort protokolliert hat, den von ihr als Blutfleck angesehenen Fleck auf der Straße nicht näher untersucht und die Abstände zwischen dem Ort, an dem der Kläger zuletzt sein Fahrrad abgestellt haben will, und der Unfallstelle nicht vermessen hat. Da nach ihrer Aussage das Führen des Fahrrads durch den Kläger am Unfalltag nicht in Frage stand und der Kläger erst später behauptet hat, er habe das Fahrrad von außerhalb des Anwesens holen wollen, hatte sie zu derartigen Ermittlungsmaßnahmen keinen unmittelbaren Anlass.
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Soweit der Kläger eine diskriminierende Behandlung während der medizinisch-psychologischen Untersuchung einwendet, mag dies für die Verwertung des Gutachtens im Fall der Vorlage rechtlich von Belang sein, nicht aber für dessen Anordnung auf der Grundlage des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV) vom 13. Dezember 2010 (BGBl I S. 1980), im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses zuletzt geändert durch Verordnung vom 18. März 2022 (BGBl I S. 498). Nach dieser Vorschrift hat die Fahrerlaubnisbehörde (zwingend) die Beibringung eines medizinisch-psychologisches Gutachtens anzuordnen, wenn der Betroffene ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 ‰ oder mehr oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l oder mehr geführt hat. Vorliegend ist daher allein rechtlich maßgebend, ob der Kläger das Fahrrad im Straßenverkehr trotz eines bestimmten Alkoholisierungsgrads geführt hat. Die Entziehung seiner Fahrerlaubnis beruht nicht auf dem festgestellten Fehlen seiner Fahreignung, sondern auf § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV, wonach die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen darf, wenn dieser sich weigert, sich untersuchen zu lassen, oder wenn er – wie hier – das zu Recht geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt.
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Ebenso wenig kommt es auf rechtspolitische Zweckmäßigkeitsüberlegungen noch darauf an, ob der Kläger in der Vergangenheit im Straßenverkehr auffällig geworden ist oder wieviel Fahrpraxis er erworben hat.
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3. Mit der Rüge, das Gericht habe es nicht für nötig befunden, den bei dem Unfall anwesenden Freund des Klägers zu vernehmen, ist auch kein Verfahrensfehler im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO dargelegt.
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So hat der Kläger nicht vorgetragen, dass er die Einvernahme seines Freunds als Zeuge beantragt hat. Ein dahingehender Beweisantrag ist auch dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 14. Juni 2023 nicht zu entnehmen, obwohl das Gericht bereits mit Schreiben vom 8. März 2023 um zeitnahe Mitteilung etwa beabsichtigter Beweisanträge gebeten hatte und dem Bevollmächtigten den Beweisbeschluss vom 26. Mai 2023 über die Einvernahme der sachbearbeitenden Polizeibeamtin bekannt gegeben hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, B.v. 20.12.2012 – 4 B 20.12 – juris Rn. 6 m.w.N.) verletzt ein Gericht seine Pflicht zur erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter nicht ausdrücklich beantragt hat. Die Aufklärungsrüge dient nicht dazu, Versäumnisse eines anwaltschaftlich vertretenen Verfahrensbeteiligten zu kompensieren und insbesondere Beweisanträge zu ersetzen, die ein Beteiligter zumutbarerweise hätte stellen können, jedoch zu stellen unterlassen hat.
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Ferner hat der Kläger nicht dargelegt, dass und weshalb es sich dem Verwaltungsgericht auch ohne einen dahingehenden Beweisantrag hätte aufdrängen müssen, Herrn S. als Zeugen zu laden (vgl. BVerwG, B.v. 11.2.2022 – 7 B 9.21 – juris Rn. 24), nachdem dieser gegenüber der Polizei am 16. August 2021 erklärt hatte, er habe nicht gesehen, wie der Kläger auf die Straße gefahren und dort gefallen sei, weil er erst durch einen Aufschrei auf den Unfall aufmerksam geworden sei, nachdem jener am Boden lag.
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4. Als unterlegener Rechtsmittelführer hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO).
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5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes und den Empfehlungen in Nr. 46.2, 46.3 und 46.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
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6. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).