Titel:
Vorrang der aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage vor einstweiligem Rechtsschutz
Normenketten:
VwGO § 80, § 80a, § 123 Abs. 1, Abs. 5
BayWaldG Art. 17 Abs. 2
1. SprengV § 23
Leitsätze:
1. Nach § 123 Abs. 5 VwGO ist im Rahmen des gerichtlichen Eilrechtsschutzes vorrangig zu prüfen, ob §§ 80, 80a VwGO Anwendung finden. Ist dies der Fall, wird vorläufiger Rechtsschutz allein durch die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 VwGO gewährt. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ungeschriebene Voraussetzung für die Zulässigkeit einer jeden Inanspruchnahme des Gerichts, ob durch Klage oder Antrag, ist das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis. Das Gericht darf die Gewährung von Rechtsschutz aber nur verweigern, wenn ein rechtlich anerkennenswertes Interesse des Klägers bzw. Antragstellers an der erstrebten gerichtlichen Entscheidung unter keinem denkbaren Gesichtspunkt in Betracht kommt, dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine Vorwegnahme der Hauptsache ist nur dann zulässig, wenn dem Antragsteller schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile drohen bzw. wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes geboten ist und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit dafürspricht, dass der mit der Hauptsache verfolgte Anspruch begründet ist. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Vorrangigkeit einstweiligen Rechtsschutzes gemäß § 80 VwGO, Regelungsanordnung, Feststellungsbegehren, Vorwegnahme der Hauptsache, Feststellungsbescheid der unteren Forstbehörde zu Art. 17 Abs. 2 Nr. 2 BayWaldG, Feuergefahr bei Abbrennen eines Feuerwerks in Waldnähe (<100 m) bei Waldbrandalarmstufe 3, Feuerwerksanzeige, Einzelfallprüfung, vorläufige Suspendierung, Rechtsschutzbedürfnis
Fundstelle:
BeckRS 2024, 20712
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 1.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller, ein gewerblicher Anbieter und Veranstalter von Feuerwerken, wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Feststellung des Antragsgegners, dass das Abbrennen eines für den Abend des 10. Juni 2024 geplanten Feuerwerks nur dann nicht als unvorsichtig im Sinne von Art. 17 Abs. 2 BayWaldG angesehen werde, sofern zum konkreten Zeitpunkt des Abbrennens die Waldbrandalarmstufe 3 nicht erreicht sei.
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Mit Schreiben vom 7. Mai 2024 zeigte der Antragsteller beim Gewerbeaufsichtsamt … gemäß § 23 Abs. 3 der Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz (1. SprengV) das für 10. Juni 2024 zwischen 22:00 und 23:00 Uhr geplante Abbrennen eines Feuerwerks mit Feuerwerkskörpern der Kategorie F2 und F3 an.
3
Das Gewerbeaufsichtsamt leitete die Anzeige mit Email vom 16. Mai 2024 an das Landratsamt …, das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten … (AELF) sowie die Polizeiinspektion … zur Information und zum Vollzug in deren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen (z.B. öffentliche Sicherheit und Ordnung, Waldgesetz) weiter.
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Mit Schreiben vom 17. Mai 2024 teilte das AELF dem Antragsteller mit, dass Feuerwerke im Regelfall dem Verbot des Art. 17 Abs. 2 Nr. 2 BayWaldG unterliegen würden. Ein Abbrennen sei demnach im Wald oder in einer Entfernung von weniger als 100 Metern grundsätzlich nicht zulässig. Bei vorsichtiger Handhabung sei das Verbot nach Art. 17 Abs. 2 Nr. 2 BayWaldG jedoch nicht einschlägig. Da vorliegend der Abstand des geplanten Feuerwerks zum Wald etwa zwischen 51 m und 77 m und der berechnete Schutzabstand 25 m betrage (in der Anzeige über das Abbrennen seien Feuerwerksartikel der Kategorie F2 und F3 mit einem Schutzabstand von 25 m aufgeführt), die erforderlichen Erlaubnisse nach dem Sprengstoffgesetz vorlägen und die Feuerwehr vor Ort den Brandschutz übernehme, könne von einer vorsichtigen Handhabung ausgegangen werden, so dass die angegebenen Feuerwerkskörper gezündet werden dürften. Ab der Waldbrandalarmstufe 3 (die Wettervorhersage beachten z.B. www.agrowetter.de) dürfe kein Abbrennen des Feuerwerks erfolgen.
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Mit Email vom 17. Mai 2024 wendete der Antragsteller ein, dass das AELF zwar einerseits feststelle, dass u.a. Art. 17 Abs. 2 Nr. 2 BayWaldG vorliegend keine Anwendung fände, andererseits dem Antragsteller das Feuerwerk ab Waldbrandalarmstufe 3 ohne weitere Begründung und ohne Nennung der Grundlage verbiete. Dies sei unverständlich. Die Freiwillige Feuerwehr sei vor Ort und übernehme den Brandschutz. Auch bisher habe die verantwortliche Person der Freiwilligen Feuerwehr in Absprache mit dem verantwortlichen Pyrotechniker des Antragstellers vor Ort über die Durchführbarkeit des Feuerwerks entschieden.
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Mit Bescheid vom 6. Juni 2024 stellte das AELF fest, dass das Abbrennen des beabsichtigten Feuerwerks durch einen Pyrotechniker am 10. Juni 2024 am angegebenen Ort nur dann nicht als unvorsichtig im Sinne von Art. 17 Abs. 2 BayWaldG angesehen werde, sofern zum konkreten Zeitpunkt des Abbrennens die Waldbrandalarmstufe 3 nicht erreicht sei. Das AELF sei zur Entscheidung über den Antrag gemäß Art. 39 Abs. 1 und 27 Abs. 1 Nr. 2 BayWaldG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG und der Verordnung über die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sachlich und örtlich zuständig. Das Abbrennen von Feuerwerken im oder in der Nähe von Wald (100 m) sei wegen der Feuergefahr für den Wald gemäß Art. 17 Abs. 2 Nr. 2 BayWaldG grundsätzlich untersagt, da im Regelfall das Verbot des Wegwerfens oder sonstigen unvorsichtigen Handhabens brennender oder glimmender Sachen einschlägig sei. Könne dagegen das Tatbestandsmerkmal des unvorsichtigen Handhabens dieser Gegenstände im Sinne von Art. 17 Abs. 2 Nr. 2 BayWaldG von vorneherein ausgeschlossen werden, greife das waldgesetzliche Verbot nicht. Inwieweit das der Fall sei, könne nur nach sorgfältiger Prüfung im Einzelfall beurteilt werden. Die diesbezügliche Einschätzung obliege im Kontext mit Art. 17 BayWaldG der zuständigen unteren Forstbehörde (Art. 39 Abs. 1 BayWaldG). Bei kritischen Witterungsverhältnissen, wie z.B. Sturm, Windböen, besonderer Trockenheit und der damit verbundenen höheren Waldbrandgefahr (ab Waldbrandalarmstufe 3), könne von einer vorsichtigen Handhabung nicht mehr ausgegangen werden, so dass das Abbrennen des Feuerwerks ab Waldbrandalarmstufe 3 dann wiederum dem Regelfall des Verbots des Art. 17 Abs. 2 Nr. 2 BayWaldG unterliege. Das betroffene Gebiet gelte nach Fachinformationen als besonders brandgefährdet. Die größtenteils aus Nadelholz bestehende Bestockung entwickle trockene Streu, die bereits bei einer mittleren Waldbrandalarmstufe (Stufe 3) leicht entzündlich sein könne. Nachdem die mit Schreiben vom 17. Mai 2024 erfolgte Einwertung des AELF durch den Antragsteller mit Schreiben vom 17. Mai 2024 in Frage gestellt worden sei, sei die durch diesen Bescheid getroffene Feststellung geboten.
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Mit Telefax vom 7. Juni 2024 hat der Antragsteller einen Antrag auf einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutz gestellt. Es erschließe sich nicht, warum vorliegend mit dem Bayerischen Waldgesetz ein Landesgesetz Anwendung finden solle. Es sei bereits gerichtlich festgestellt worden, dass Brandgefahren als feuerwerksspezifische Gefahren abschließend im Sprenggesetz (Bundesrecht) geregelt seien. Zudem unterstelle die Behörde einen Zusammenhang zwischen der Waldbrandgefahr und der dann nicht mehr vorsichtigen Handhabung des Pyrotechnikers. Diese Unterstellung beruhe nicht auf einer rechtlichen Grundlage. Anders als bei Wind- und Sturmböen, für welche es gesetzliche Regelungen in der Anlage 6 der 1. SprengV gebe, vertraue der Gesetzgeber hinsichtlich der Durchführung eines Feuerwerks bei Trockenheit auf die fachkundige Einschätzung des Pyrotechnikers. Vorliegend werde ohne Gesetzesgrundlage eine pauschale Unvorsicht ab einer Waldbrandalarmstufe unterstellt, die dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen sei. Als verantwortungsvoller und vorsichtiger Pyrotechniker habe der Antragsteller auf Grund der eventuell erhöhten Waldbrandgefahr Folgendes veranlasst: Er habe frühzeitig die Feuerwehr zum Brandschutz kontaktiert, damit diese während und nach dem Feuerwerk den Brandschutz übernehme, er habe die gesetzlichen Möglichkeiten (Einsatz von F4 Feuerwerk; Mindestsicherheitsabstand 50 m) bewusst nicht maximal ausgereizt und halte eigene Löschmittel bereit, um Entstehungsbrände frühzeitig zu bekämpfen. Des Weiteren bestehe die Möglichkeit, vor Ort auf den Einsatz von F3 Feuerwerkskörpern zu verzichten, somit würde sich der gesetzliche Sicherheitsabstand auf 8 m reduzieren. Zudem bestehe die Möglichkeit, das Feuerwerk gegebenenfalls nach Rücksprache mit der Feuerwehr nicht durchzuführen. Eine willkürliche Festsetzung, das Feuerwerk bei Waldbrandalarmstufe 3 zu untersagen, erscheine auf Grund dessen nicht gerechtfertigt und nicht auf gesetzlichen Grundlagen zu beruhen. Die Annahme, dass das betroffene Gebiet besonders brandgefährdet sei, sei nicht relevant. Die Waldbrandalarmstufe werde für den Landkreis erlassen, die Gegebenheiten vor Ort könnten durchaus anders sein. Da die Möglichkeit bestehe, dass die Waldbrandalarmstufe 3 am Tag des geplanten Feuerwerks eintrete oder ausgerufen werde (siehe aktuelles Wetter) beantrage er „den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Sicherung seiner Rechte“.
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Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,
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Die Feuerwerksanzeige sei, wie im Bescheid dargelegt, einer Einzelfallprüfung unterzogen worden. Auch bei vorsichtiger Handhabung sei das Abbrennen der Feuerwerksartikel nur bis Waldbrandalarmstufe 2 (geringe Gefahr) ohne forstfachliche Bedenken möglich. Der betroffene Wald bestehe größtenteils aus Kiefer, deren trockene Streu besonders leicht entzündlich sei. Zusätzlich sei laut den Fachinformationen der beigefügten Waldbrandkarte mit erhöhter Brandgefahr in diesem Waldbestand zu rechnen. Es sei daher im Rahmen eines Feststellungsbescheids festgestellt worden, dass in diesem Fall das Abbrennen des beabsichtigten Feuerwerks durch einen Pyrotechniker nur dann nicht als unvorsichtig im Sinne von Art. 17 Abs. 2 BayWaldG angesehen werde, sofern im konkreten Zeitpunkt des Abbrennens die Waldbrandalarmstufe 3 (mittlere Gefahr) nicht erreicht sei. Nach aktueller Wetterlage werde jedoch davon ausgegangen, dass das Feuerwerk ohnehin stattfinden könne, da Waldbrandalarmstufe 1 bzw. 2 erwartet werde (siehe beigefügte DWD-Karte).
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Auf Nachfrage des Gerichts, ob sich auf Grund des Hinweises des Antragsgegners, dass davon ausgegangen werde, dass das geplante Feuerwerk angesichts der erwarteten Waldbrandalarmstufe 1 bzw. 2 nach aktueller Wetterlage ohnehin stattfinden könne, der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz erledigt habe, teilte der Antragsteller mit, dass laut dem Schreiben die Waldbrandalarmstufe 3 immer noch nicht ausgeschlossen werden könne und er daher eine Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz wünsche.
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Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegte elektronische Behördenakte verwiesen.
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO „zur Sicherung der Rechte“ des Antragstellers ist nicht zulässig.
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Dies gilt unabhängig davon, ob der Antrag seitens des Gerichts gemäß § 88 VwGO i.V.m. §§ 133, 157 BGB zur Gewährung effektiven Rechtschutzes dahingehend ausgelegt wird, dass der Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Suspendierung des Feststellungsbescheides des AELF vom 6. Juni 2024 (im Folgenden Ziffer 1) begehrt oder die vorläufige bzw. endgültige Feststellung, dass das Abbrennen des Feuerwerks am Abend des 10. Juni 2024 auch bei Waldbrandalarmstufe 3 nicht unvorsichtig im Sinne des Art. 17 Abs. 2 Nr. 2 BayWaldG sei (im Folgenden Ziffer 2).
14
Eine Auslegung des antragstellerseitigen Begehrens auf vorläufige Suspendierung der (vermeintlichen) Versagung des Abbrennens des Feuerwerks am 10. Juni 2024 bei Waldbrandalarmstufe 3 scheidet bereits mangels einer seitens des AELF dahingehend ausgesprochenen Verfügung im Bescheid vom 6. Juni 2014 aus. In Ziffer 1 des Bescheids trifft das AELF die Feststellung, „dass das Abbrennen des beabsichtigten Feuerwerks durch einen Pyrotechniker am 10. Juni 2024 am angegebenen Ort nur dann nicht als unvorsichtig im Sinne von Art. 17 Abs. 2 BayWaldG angesehen wird, sofern zum konkreten Zeitpunkt des Abbrennens die Waldbrandstufe 3 nicht erreicht ist“. Eine Versagung des Feuerwerks erfolgt damit weder laut Bescheidstenor noch nach dessen Gründen. Für eine solche würde es dem AELF auch an der erforderlichen Anordnungsbefugnis fehlen. Als untere Forstbehörde (Art. 27 Abs. 1 Nr. 2 BayWaldG) ist das AELF zwar gemäß Art. 26 Abs. 2 Nr. 2 BayWaldG dafür zuständig, Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften des Waldgesetzes, mithin auch Art. 17 Abs. 2 BayWaldG, zu verhüten, allerdings ist dem AELF in diesem Zusammenhang nicht die Befugnis eingeräumt, auch Versagungen auszusprechen. Für solche ist die Sicherheitsbehörde unter eigens geregelten Voraussetzungen gemäß Art. 7 ff. des Gesetzes über das Landesstrafrecht und das Verordnungsrecht auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (Landesstraf- und Verordnungsgesetz – LStVG) zuständig.
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1. Sofern der Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Suspendierung des Feststellungsbescheides des AELF vom 6. Juni 2024 begehrt, ist – unabhängig von der Frage eines diesbzgl. bestehenden Rechtsschutzbedürfnisses, d.h. des Nutzens eines solchen Rechtsschutzziels für den Antragsteller – ein Antrag auf gerichtlichen Eilrechtschutz im Wege einer einstweiligen Anordnung bereits nicht statthaft. Der Antragsteller hätte vorrangig einstweiligen Rechtschutz über § 80 Abs. 1 VwGO, d.h. die Erhebung einer Anfechtungsklage, in Anspruch nehmen müssen, die die gewünschte aufschiebende Wirkung hinsichtlich des feststellenden Bescheides des AELF entfaltet hätte.
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Nach § 123 Abs. 5 VwGO ist im Rahmen des gerichtlichen Eilrechtsschutzes vorrangig zu prüfen, ob §§ 80, 80a VwGO Anwendung finden. Ist dies der Fall, wird vorläufiger Rechtsschutz allein durch die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 VwGO gewährt (vgl. Eyermann, 16. Aufl. 2022, VwGO § 80 Rn. 8).
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Vorliegend findet vorrangig § 80 VwGO Anwendung, da sich der Antragsteller in der Hauptsache gegen einen feststellenden Bescheid wendet, dessen Aufhebung als Verwaltungsakt gemäß § 42 Abs. 1. Alt. 1 VwGO im Wege der Anfechtungsklage zu begehren ist; siehe auch Rechtsbehelfsbelehrungmit Hinweis auf die Klage als statthaften Rechtsbehelf im Bescheid vom 6. Juni 2024. Mit dem in der Hauptsache statthaften Rechtsbehelf der Anfechtungsklage hätte der Antragsteller gleichzeitig – und ohne weiteres Zutun des Gerichts – sein Ziel der vorläufigen Suspendierung des feststellenden Bescheides erreicht. Gemäß § 80 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 VwGO hätte eine Anfechtungsklage gegen den feststellenden Bescheid des ALEF allein durch deren Einlegung, unabhängig von deren Zulässigkeit (nach h.M. soll allein offensichtlich unzulässigen Rechtsbehelfen keine aufschiebende Wirkung zukommen, zum Meinungsstand vgl. BeckOK VwGO/Gersdorf, 69. Ed. 1.1.2024, VwGO § 80 Rn. 20) und Begründetheit (vgl. a.a.O. § 80 Rn. 17), aufschiebende Wirkung entfaltet und damit dem Begehren des Antragstellers hinsichtlich der vorläufigen Suspendierung des Feststellungsbescheides vollumfänglich abgeholfen. Mit der Einlegung der Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO wäre die Feststellung des AELF, dass das Abbrennen des Feuerwerks am angegebenen Ort nur dann nicht als unvorsichtig im Sinne von Art. 17 Abs. 2 BayWaldG angesehen werde, sofern zum konkreten Zeitpunkt des Abbrennens die Waldbrandstufe 3 nicht erreicht sei, im Sinne einer Wirksamkeits- oder Vollziehbarkeitshemmung (vgl. Eyermann, 16. Aufl. 2022, VwGO § 80 Rn. 10) vorläufig suspendiert und im Ergebnis wegen der aufschiebenden Wirkung einstweilen als rechtlich wirkungslos zu erachten gewesen (vgl. Schoch/Schneider/Schoch, 44. EL März 2023, VwGO § 80 Rn. 108).
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2. Sofern der Antragsteller die vorläufige bzw. endgültige positive Feststellung begehrt, dass das Abbrennen des Feuerwerks am Abend des 10. Juni 2024 auch bei Waldbrandgefahr 3 nicht unvorsichtig im Sinne des Art. 17 Abs. 2 Nr. 2 BayWaldG sei, ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung „zur Sicherung der Rechte des Antragstellers“ nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO in Form der sog. Regelungsanordnung grundsätzlich statthaft.
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Gemäß § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen zur Abwendung wesentlicher Nachteile, Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Da Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG möglichst lückenlosen Rechtsschutz verbürgt, umfasst die Gewährleistung vorläufigen Rechtsschutzes auch Feststellungsbegehren, wenn anders effektiver Rechtsschutz nicht geleistet werden kann (vgl. Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, Zweiter Teil: Die einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO Rn. 217, beck-online).
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Ein Rechtsverhältnis stellt jede rechtliche Beziehung, also jedes subjektive Recht und jede Pflicht dar. Es geht, so die Formulierung des Bundesverwaltungsgerichts, um rechtliche Beziehungen „kraft deren eine der beteiligten Personen etwas Bestimmtes tun muss, kann oder darf oder nicht zu tun braucht“ (vgl. Schoch/Schneider/Marsch, 44. EL März 2023, VwGO § 43 Rn. 5). Auf ein solches feststellungsfähiges Rechtsverhältnis – das Vorliegen des Art. 17 Abs. 2 Nr. 2 BayWaldG durch das Abbrennen eines Feuerwerks bei Waldbrandalarmstufe 3 und die daraus mittelbar resultierende Verhaltensdirektive für den Antragsteller – bezieht sich die antragstellerseitig begehrte Regelungsanordnung.
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Dem Antrag fehlt jedoch das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis.
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Ungeschriebene Voraussetzung für die Zulässigkeit einer jeden Inanspruchnahme des Gerichts, ob durch Klage oder Antrag, ist das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis, d.h. die Verfolgung eines rechtsschutzwürdigen Interesses. Für eine unnötige oder gar missbräuchliche Ausübung von Klage-/Antragsmöglichkeiten brauchen die Gerichte nicht zur Verfügung zu stehen. Damit ist diese Prozessvoraussetzung Ausfluss des allgemeinen Verbots eines Rechtsmissbrauchs. Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis ist insbesondere dann nicht gegeben, wenn der Kläger bzw. Antragsteller sein Ziel auf anderem Wege schneller und einfacher erreichen könnte, wenn ein Erfolg seine Rechtsstellung nicht verbessern würde, er nutzlos wäre oder wenn es ihm auf den Klageerfolg gar nicht ankommt. Keine Verbesserung seiner Rechtsstellung bringt es, wenn der Kläger die Aufhebung eines erledigten oder irreversibel vollzogenen Verwaltungsakts begehrt. Allerdings darf das Gericht die Gewährung von Rechtsschutz nur verweigern, wenn ein rechtlich anerkennenswertes Interesse des Klägers bzw. Antragstellers an der erstrebten gerichtlichen Entscheidung unter keinem denkbaren Gesichtspunkt in Betracht kommt, dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. Eyermann, VwGO vor § 40 Rn. 11, 16 beck-online).
23
Vorliegend fehlt es an einem rechtlich anerkennenswerten Interesse des Antragstellers an der erstrebten gerichtlichen Entscheidung.
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Laut Waldbrandgefahrindex des Deutschen Wetterdienstes lag an der relevanten Messstelle in … am 10. Juni 2024, 4:05 Uhr (https://www.dwd.de/DE/leistungen/waldbrandgef/waldbrandgef.html, abgerufen am 10.6.2024, 15:00 Uhr) lediglich Waldbrandalarmstufe 2 vor. Zwar weist der Deutsche Wetterdienst darauf hin, dass die örtliche Einschätzung der Waldbrandgefahr vom DWD-Produkt abweichen könne, weitere Informationen hierzu fänden sich auf den Internetseiten der Landesforstbehörden, die über www.forstwirtschaft-in-deutschland.de zu erreichen seien. Auch das AELF wies im Schreiben vom 17. Mai 2024, in dem es dem Antragsteller mitteilte, dass ab der Waldbrandalarmstufe 3 kein Abbrennen des Feuerwerks erfolgen dürfe, darauf hin, dass bezüglich der Waldbrandalarmstufe die Wettervorhersage z.B. www.agro-wetter.de zu beachten sei. Jedoch war am 10. Juni 2024 (Abruf 15:00 Uhr) auf keiner dieser Webseiten ein Hinweis auf eine erhöhte, über Waldbrandalarmstufe 2 hinausgehende, Waldbrandgefahr enthalten. Auch ausweislich der seitens des Antragsgegners im Rahmen der Antragserwiderung vorgelegten Wettervorhersage des DWD für Montag, den 10. Juni 2024, war in keiner Weise mit plötzlich auftretenden extrem hohen Temperaturen, Trockenheit oder Wind in niederen Lagen zu rechnen. Auch der Antragsteller hat diesbezüglich nichts Substantiiertes vorgetragen, sondern ohne weitere Ausführungen lediglich pauschal darauf verwiesen, dass die Möglichkeit bestehe, dass die Waldbrandstufe 3 am Montag eintrete oder ausgerufen werde.
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Damit wies im Zeitpunkt der Entscheidung der Kammer am 10. Juni 2024 gegen 15:00 Uhr, auf den es zur Beurteilung des Rechtsschutzbedürfnisses als allgemeiner Sachurteilsvoraussetzung ankommt, nichts darauf hin, dass für den Abbrennplatz am Abend des 10. Juni 2024 mit Waldbrandalarmstufe 3 zu rechnen sei. Die Feststellung des AELF, dass das Abbrennen des beabsichtigten Feuerwerks nur dann nicht als unvorsichtig im Sinne von Art. 17 Abs. 2 BayWaldG angesehen werde, sofern zum konkreten Zeitpunkt des Abbrennens die Waldbrandalarmstufe 3 nicht erreicht sei, konnte damit überhaupt nicht zum Tragen kommen. Die Feststellung konnte rein tatsächlich keinerlei Wirkungen entfalten, insbesondere keine belastenden für den Antragsteller. Einstweiliger gerichtlicher Rechtsschutz in Form einer Regelungsanordnung war folglich nicht erforderlich. Die begehrte vorläufige Feststellung, dass das Abbrennen des Feuerwerks auch bei Waldbrandalarmstufe 3 nicht unvorsichtig im Sinne des Art. 17 Abs. 2 Nr. 2 BayWaldG sei, hätte die Rechtsstellung des Antragstellers mangels tatsächlicher Auswirkungen in keiner Weise verbessert.
26
Darüber hinaus wäre das Rechtschutzziel auf eine faktische Vorwegnahme der Hauptsache hinausgelaufen, deren Voraussetzungen vorliegend nicht gegeben sind. Zwar wäre es theoretisch möglich, das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers auf die nur vorläufige Feststellung, dass das Abbrennen des Feuerwerks auch bei Waldbrandalarmstufe 3 nicht unvorsichtig im Sinne des Art. 17 Abs. 2 Nr. 2 BayWaldG sei, gerichtet auszulegen. Nicht ersichtlich ist jedoch, welchen rechtlichen Nutzen dies dem Antragsteller gebracht hätte. Es hätte die Rechtsstellung des Antragstellers in Bezug auf seine Pflichten im Sinne des Sprengstoffrechts nicht verbessert und ihm mangels Verbindlichkeit bzw. Endgültigkeit der Feststellung auch keine verlässliche Verhaltensanweisung hinsichtlich etwaiger Feuergefahren durch das Abbrennen des Feuerwerks am 10. Juni 2024 geliefert. Rein tatsächlich war der begehrte Erlass einer Regelungsanordnung damit auf eine endgültige Feststellung und folglich eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet. Eine solche ist jedoch nur dann zulässig, wenn dem Antragsteller schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile drohen bzw. wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes geboten ist und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit dafürspricht, dass der mit der Hauptsache verfolgte Anspruch begründet ist (vgl. Eyermann, 16. Aufl. 2022, VwGO § 123 Rn. 65b-66a). Dies ist vorliegend nicht ersichtlich.
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Aus dem feststellenden Charakter des Bescheides des AELF vom 6. Juni 2024 erwachsen dem Antragsteller bereits keine wesentlichen Nachteile, die es durch eine feststellende Regelungsanordnung zu verhindern gegolten hätte. Der Bescheid enthält in Bezug auf das geplante Feuerwerk und die dadurch gegebenenfalls bestehende Feuergefahr lediglich eine Feststellung des AELF als Fachbehörde für den Forst über dessen Rechtsauffassung zu Art. 17 Abs. 2 BayWaldG.
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Durch feststellende Verwaltungsakte wird die materielle Rechtslage für einen Einzelfall verbindlich festgestellt, ohne dass ihre Änderung beabsichtigt ist. Der Verfügungssatz eines feststellenden Verwaltungsaktes beschränkt sich somit darauf, das Ergebnis eines behördlichen Subsumtionsvorgangs festzuschreiben, ohne selbst hieran Rechtsfolgen z.B. in Form von (vollstreckungsfähigen) Ge- oder Verboten, Genehmigungen oder Leistungsgewährungen zu knüpfen. Soweit erforderlich bleibt dies (ggf. von einer anderen Behörde zu treffenden) Folgemaßnahmen vorbehalten (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs/U. Stelkens, 10. Aufl. 2022, VwVfG § 35 Rn. 219); vorliegend einer etwaigen Untersagungsverfügung oder einem Ordnungswidrigkeitenverfahren. Beides wären jedoch eigenständige, davon losgelöste Verfahren und Entscheidungen, gegen die der Antragsteller jeweils selbst Rechtsschutz suchen könnte. Der Bescheid des ALEF vom 6. Juni 2024 entwickelt auch keine Präjudizwirkung dahingehend, dass damit bereits ein Ordnungswidrigkeitentatbestand festgestellt oder eine Untersagungsverfügung durch die Sicherheitsbehörde vorgezeichnet wäre.
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3. Die Kostenfolge ergibt sich vorliegend auf Grund des Unterliegens des Antragstellers aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG und beläuft sich auf den Auftragswert des geplanten Feuerwerks in Höhe von 1.500,00 EUR. Zwar handelt es sich vorliegend um ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, in dem gemäß Ziffer 1.5 Satz 1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit der Streitwert in der Regel die Hälfte des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwertes beträgt. Da der Antrag vorliegend mitunter auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet war, hält die Kammer gemäß Ziffer 1.5 Satz 2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit die eine Anhebung des Streitwertes bis zur Höhe des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts für angemessen.