Titel:
Klage gegen Vollstreckung aus Vergleich
Normenketten:
ZPO § 726, § 767 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3, § 776, § 794 Abs. 1 Nr. 4
BGB § 197 Abs. 1 Nr. 4, § 212 Abs. 1 Nr. 2, § 242, § 812, § 894
VwGO § 101 Abs. 2, § 106 S. 1, § 167 Abs. 1 S. 1, § 168 Abs. 1 Nr. 3
Leitsätze:
1. Wird aus einem verwaltungsgerichtlichen Vergleich vollstreckt, kann verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz grundsätzlich mit der - in der Zivilprozessordnung geregelten - Vollstreckungsgegenklage erlangt werden. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Vollstreckungsabwehrklage ist nur begründet, wenn dem Kläger materiell-rechtliche Einwendungen gegen den titulierten Anspruch zustehen, die zur Unzulässigkeit der Vollstreckung führen. (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine solche materiell-rechtliche Einwendung liegt insbesondere vor, wenn geltend gemacht wird, der titulierte Anspruch könne wegen Unmöglichkeit nicht erfüllt werden oder sei bereits erfüllt worden. (Rn. 50 und 59) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Vollstreckung aus gerichtlichem Vergleich, Vollstreckungsabwehrklage, Unmöglichkeit, Erfüllung, Einwendungen, Rechtsmissbrauch, Vollstreckung, entsprechende Geltung der ZPO, verwaltungsgerichtliche Vollstreckungsabwehrklage, Vollstreckungsgegenklage
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 13.08.2024 – 8 ZB 24.789
Fundstelle:
BeckRS 2024, 20349
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Die Klägerin begehrt die Feststellung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung, die der Beklagte aus dem Vergleich des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. August 2010 (8 B 09.846) zur Durchsetzung der Verpflichtung zur Einräumung eines Geh- und Fahrtrechts (Ziffer III und V des Vergleichs) gegen sie betreibt und die Rückzahlung beigetriebenen Zwangsgeldes.
2
Die Klägerin und ihr Ehemann sind in Gütergemeinschaft Eigentümer des Wohngrundstücks FlNr. 1* … der Gemarkung S* … (alle weiteren FlNr. ohne Nennung der Gemarkung ebenda). Südlich hieran grenzt die FlNr. 2* … („N* … Weg“) an. Dieses Grundstück wurde nach dem Prozessvergleich vom 17. August 2010 gebildet und an ihm soll gemäß des Vergleichs ein Geh- und Fahrtrecht eingetragen werden. Der Beklagte ist Eigentümer des Wohngrundstücks FlNr. 3* …, an dessen Nordgrenze in einem Teilbereich die FlNr. 2* … grenzt. Östlich hieran grenzt die FlNr. 4* …, welche mittlerweile im Eigentum der Ehefrau des Beklagten steht. Auch diese Fläche grenzt mit ihrer Nordgrenze teilweise an die FlNr. 2* … an. Teilweise befindet sich zwischen der FlNr. 2* … und der FlNr. 3* … die FlNr. 5* …, die im Eigentum des Beklagten steht.
3
Im Anschluss an das Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Regensburg (RN 2 K 06.1752), in dem die Klägerin gegen die Stadt M* … wegen Feststellung der Nichtigkeit eines Straßengrundabtretungsvertrags vom 12. Februar 1981 geklagt hatte, schlossen die damals Beteiligten am 17. August 2010 einen Vergleich im Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (8 B 09.846), in dem sich die Stadt M* … verpflichtete, der Klägerin und ihrem Ehemann sowie deren zum Verfahren beigeladenen Grundstücksnachbarn jeweils Grundstücksteilflächen zu übertragen. Die Klägerin und ihr Ehemann verpflichteten sich, an dem ihnen übertragenen Grundstück (FlNr. 2* …*) den jeweiligen Eigentümern der Grundstücke FlNrn. 3* … und 4* … ein Geh- und Fahrtrecht in Gestalt einer Grunddienstbarkeit einzuräumen. Der damals beigeladene Beklagte verpflichtete sich, auf seinem Grundstück „entlang der Grenzen zu den Grundstücken FlNrn. 1* …, 6* …, 7* … und 8* …“ einen 15 Meter tiefen Streifen von jeglicher Bepflanzung durch Bäume, Sträucher oder Hecken freizuhalten und dem widersprechende Bepflanzungen bis 15. April 2011 zu beseitigen.
4
In der Folgezeit kam es zu zahlreichen vollstreckungsrechtlichen Streitigkeiten zwischen den Parteien, bei denen teils auch die Ehefrau des Beklagten und die Tochter und der Ehemann der Klägerin beteiligt waren.
5
Der Beklagte übertrug die östlich an sein Grundstück angrenzende landwirtschaftliche Fläche FlNr. 4* … am 31. August 2010 an seine Ehefrau; die Eintragung im Grundbuch datiert vom 17. September 2010.
6
Am 23. September 2011 erteilte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs den damaligen Bevollmächtigten des Beklagten eine Zwangsvollstreckungsklausel gegen die Klägerin.
7
Im Verfahren RN 2 V 11.1620 wurde gegenüber der Klägerin zur Durchsetzung der Eintragung des Geh- und Fahrtrechts ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 Euro festgesetzt. Auf den Beschluss wird verwiesen. Die Beschwerde hiergegen wurde verworfen (BayVGH, B.v. 3. September 2012 – 8 C 11.3024). Das Zwangsgeld wurde im Nachgang beigetrieben.
8
Im Jahre 2012 scheiterte die Eintragung eines Geh- und Fahrtrechts am mittlerweile gebildeten Grundstück FlNr. 2* …, da nach Ansicht des Beklagten dieser Entwurf (Urkunds-Nr. 9* … vom 6. Dezember 2012) in Ziffer 4 eine Gegenleistung enthielt, die laut Vergleich nicht geschuldet werde.
9
Die Klägerin und ihr Ehemann übertrugen das Grundstück FlNr. 2* … am 6. Februar 2013 an ihre Tochter; die Eintragung im Grundbuch erfolgte am 15. Februar 2013.
10
Am 6. November 2013 stellte der Beklagte einen Antrag auf Festsetzung eines weiteren Zwangsgeldes. Der Antrag wurde unter dem Aktenzeichen RO 2 V 13.1827 geführt und mit Beschluss vom 2. September 2014 abgelehnt. Auf den Beschluss wird verwiesen.
11
Nach Vorlage eines beglaubigten Grundbuchauszugs wurde von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs am 25. Oktober 2016 eine Zwangsvollstreckungsklausel gegen die Tochter der Klägerin als Rechtsnachfolgerin ausgestellt.
12
Am 18. Oktober 2012 erhob die Klägerin im Hinblick auf die Vollstreckung des Beklagten aus dem Prozessvergleich vom 17. August 2010 (Eintragung eines Geh- und Fahrtrechts) gegen den Beklagten Vollstreckungsabwehrklage zum Verwaltungsgericht Regensburg. Gleichzeitig beantragte sie im Wege einer einstweiligen Anordnung, bis zum Erlass des Urteils über die in § 767 ZPO bezeichneten Einwendungen die Zwangsvollstreckung vorläufig einzustellen (RN 2 E 12.1594). Der Antrag wurde mit Beschluss vom 5. November 2012 abgelehnt, die hiergegen erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss vom 28. August 2014 verworfen. Das Klageverfahren wurde zuletzt unter dem Aktenzeichen RN 2 K 16.1236 geführt. Mit Urteil vom 6. Dezember 2018 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Es führte hierzu im Wesentlichen aus, dass die Klägerin vorgebracht habe, die Verpflichtung aus dem Vergleich aufgrund des Eigentumsübergangs auf ihre Tochter nicht mehr erfüllen zu können. Das Gericht gehe jedoch aufgrund neuer Erkenntnisse aus der mündlichen Verhandlung vom 13. September 2018 nicht von einem wirksamen Eigentumsübergang aus. Einziger Zweck der Grundstücksübertragung sei die Herbeiführung der Unmöglichkeit einer Vollstreckung aus dem Vergleich hinsichtlich des Geh- und Fahrtrechts zum Schaden des Begünstigten und der am Vergleich beteiligten Stadt M* … gewesen, die ihre Verpflichtungen aus dem Vergleich bereits erfüllt habe. Alle Beteiligten des Überlassungsvertrags vom 6. Februar 2013 einschließlich der Tochter der Klägerin und ihres Ehemanns hätten sittenwidrig gehandelt. Das der Übereignung zugrundeliegende Rechtsgeschäft sei daher ebenso wie die Auflassung nichtig. Das Eigentum sei nicht auf die Tochter übergegangen und das Grundbuch insoweit unrichtig. Eine Unmöglichkeit der Klägerin zur Erfüllung ihrer Verpflichtung aus dem Prozessvergleich liege daher nicht vor. Auch wurde in den Gründen ausgeführt, dass die Klage im Hinblick auf eine Rückzahlung der bereits beigetriebenen 5.000 Euro Zwangsgeld jedenfalls unbegründet sei. Auf das Urteil wird im Übrigen verwiesen.
13
Mit Beschluss vom 21. Januar 2020 lehnte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil ab (8 ZB 19.192). In den Gründen führte er u.a. aus, dass das Verwaltungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen habe, dass die Nichtigkeitsfolge nicht nur das Verpflichtungsgeschäft, sondern auch die Auflassung des Grundstücks betreffe. Da die Eintragung des Geh- und Fahrtrechts gerade durch die Übereignung des Grundstücks habe vereitelt werden sollen, erfasse die Sittenwidrigkeit auch die Auflassung. Als „wahre“ Eigentümerin könne die Beschwerdeführerin trotz der Eintragung ihrer Tochter im Grundbuch die Eintragungsbewilligung für das Geh- und Fahrtrecht wirksam abgeben. Im Übrigen wird auf den Beschluss verwiesen. Eine von der Klägerin erhobene Anhörungsrüge wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 2. März 2020 ebenfalls zurück (8 ZB 20.290). Gegen die verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen erhob die Klägerin Verfassungsbeschwerde. Mit Entscheidung vom 25. Mai 2021 wies der Bayerische Verfassungsgerichtshof die Verfassungsbeschwerde im Verfahren Vf. 38-VI-20 ab. Auf die Entscheidung wird verwiesen.
14
Am 3. Mai 2017 ließ die Tochter der Klägerin gegen den Beklagten Vollstreckungsabwehrklage erheben (RN 2 K 17.744). Mit Urteil vom 6. Dezember 2018 erklärte das Verwaltungsgericht Regensburg in diesem Verfahren die Zwangsvollstreckung gegen die Tochter der Klägerin für unzulässig. Das Verwaltungsgericht sah eine Vollstreckung gegen die Tochter der Klägerin als unzulässig an, da diese infolge der Sittenwidrigkeit der Übereignung nicht Eigentümerin des Grundstücks FlNr. 2* … geworden sei. Im Übrigen wird auf das Urteil verwiesen. Rechtsmittel hiergegen wurde nicht erhoben.
15
Ebenfalls am 6. Dezember 2018 entschied das Verwaltungsgericht Regenburg im Verfahren RN 2 K 18.857, einer Vollstreckungsabwehrklage der Ehefrau des Beklagten gegen die Klägerin betreffend die Ziffer IV des Vergleichs vom 17. August 2010 (Freischneiden und Freihalten von Bewuchs), dass die Vollstreckung unzulässig sei. Die Ehefrau des Beklagten sei nicht Rechtsnachfolgerin in den materiellen Anspruch aus dem Vergleich. Mit Beschluss vom 21. Januar 2020 lehnte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den Antrag auf Zulassung der Berufung der Klägerin ab (8 ZB 19.193).
16
Am 4. März 2020 beantragte der Beklagte die Festsetzung eines weiteren Zwangsmittels gemäß § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 888 ZPO zur Erzwingung der in Ziffern III und V des Vergleichs bezeichneten Handlungen (Einräumung eines Geh- und Fahrtrechts; notarielle Beurkundung) gegen die Klägerin. Das Verfahren wurde unter dem Aktenzeichen RN 2 V 20.367 geführt. Am 15. Juni 2020 erteilte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs dem Beklagten eine „Zweite Zwangsvollstreckungsklausel“ gegen die Klägerin. Mit Beschluss vom 18. Januar 2022 hat das Verwaltungsgericht Regensburg gegen die Klägerin ein Zwangsgeld in Höhe von 7.500 EUR, ersatzweise Zwangshaft, festgesetzt für den Fall, dass diese die im Vergleich vom 17. August 2010 eingegangenen Verpflichtungen aus den Ziffern III und V (Einräumung eines Geh- und Fahrtrechts in Gestalt einer Grunddienstbarkeit durch notarielle Beurkundung) nicht bis spätestens 15. März 2022 erfüllt. In den Gründen wird insbesondere auch ausgeführt, dass einer Vollstreckung nicht entgegenstehe, dass die Klägerin derzeit nicht im Grundbuch eingetragen sei, da auch der „wahre“ Eigentümer die formellrechtliche Eintragungsbewilligung nach § 19 GBO wirksam abgeben könne. Auch wird zur Unmöglichkeit ausgeführt, dass der Vollstreckungsschuldner alles Erforderliche tun müsse, um mögliche Gründe, die ihn an einer Erfüllung hindern, zu beseitigen. Im Übrigen wird auf die Gründe des Beschlusses verwiesen. Die gegen diesen Beschluss von der Klägerin erhobene Beschwerde wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 27. Oktober 2022 zurück. In diesem führte der Verwaltungsgerichtshof zur Frage der Unmöglichkeit aus, dass selbst wenn man davon ausgehe, dass die Klägerin als „wahre“ Eigentümerin eine formellrechtliche Eintragungsbewilligung nicht abgeben könne, sie gegen ihre Tochter einen Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs nach § 894 BGB habe. Auch die Mitwirkung ihres Ehemanns bei der Bestellung einer Grunddienstbarkeit an einem Grundstück, das zum Gesamtgut der Gütergemeinschaft gehöre, sei nicht ausgeschlossen. Im Übrigen wird auf den Beschluss verwiesen.
17
Am 5. März 2023 ließ die Klägerin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 769 ZPO stellen (RN 2 E 23.369). Mit Beschluss vom 19. April 2023 lehnte das Verwaltungsgericht Regensburg den Antrag der Klägerin im Eilverfahren RN 2 E 23.369 ab. In den Gründen wurde ausgeführt, dass das Gericht nicht von überwiegenden Erfolgsaussichten der Vollstreckungsgegenklage ausgehe. Weder das Vorbringen der Unmöglichkeit der Erfüllung noch der Einwand des Rechtsmissbrauchs wurde als voraussichtlich zielführend eingestuft. Im Übrigen wird auf den Beschluss verwiesen. Die hiergegen eingelegte Beschwerde verwarf der Bayerischen Verwaltungsgerichtshof im Verfahren 8 C 23.807 mit Beschluss vom 5. Juli 2023 als unzulässig.
18
Ebenfalls am 5. März 2023 ließ die Klägerin die hier gegenständliche Vollstreckungsabwehrklage erheben.
19
Mit Schreiben vom 12. Juni 2023 legte die Klägerseite die Kopie einer unter dem Datum 7. Juni 2023 beglaubigten „Bewilligung Grunddienstbarkeit“ vom 17. Mai 2023, die von der Klägerin unterzeichnet ist, und einen Schriftverkehr mit der Hauptgerichtsvollstreckerin vor.
20
Am 17. Juli 2023 ließ die Klägerin einen weiteren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 769 ZPO zum Verwaltungsgericht Regensburg stellen. Das Verfahren wurde unter dem Aktenzeichen RN 2 E 23.1270 geführt. Mit Beschluss vom 1. August 2023 lehnte das Verwaltungsgericht Regensburg den Antrag ab. In den Gründen wurde ausgeführt, dass das Gericht nicht von überwiegenden Erfolgsaussichten der Vollstreckungsgegenklage ausgehe. Das Gericht sah die vorgetragene Erfüllung als nicht ausreichend glaubhaft gemacht an. Allein durch die Weiterleitung der vorgelegten Bewilligung vom 17. Mai 2023 sei weder eine Erfüllung durch die Klägerin noch ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Beklagten glaubhaft gemacht. In den Gründen wies das Gericht auf die Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Beschluss vom 27. Oktober 2022 im Verfahren 8 C 22.334 hin: „Die Zwangsvollstreckung wegen einer nicht vertretbaren Handlung i.S.d. § 888 Abs. 1 ZPO ist nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil ein Dritter an der Handlung mitwirken muss. Der Unmöglichkeitseinwand greift nur durch, wenn eindeutig feststeht, dass der Vollstreckungsschuldner – erfolglos – alle zumutbaren Maßnahmen einschließlich eines gerichtlichen Vorgehens unternommen hat, um den Dritten zur Duldung bzw. Mitwirkung zu veranlassen; die Voraussetzungen für diesen Ausnahmetatbestand hat der Vollstreckungsschuldner im Einzelnen darzulegen (vgl. BGH, B.v. 27.11.2008 – I ZB 46/08 – JR 2010, 76 = juris Rn. 13 m.w.N.; Seibel in Zöller, ZPO, § 888 Rn. 2).“ Diese Ausführungen, die damals im Zusammenhang mit der damals vorgetragenen Unmöglichkeit der Erfüllung vorgetragen worden seien, sah das Gericht auch als relevant für die Erfüllung an. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Rechtskraft des Urteils vom 6. Dezember 2018 im Verfahren RN 2 K 17.744. Im Übrigen wird auf den Beschluss verwiesen.
21
Mit Schreiben vom 11. September 2023 erging folgender Hinweis des Amtsgerichts K* … an die Klägerseite: „Der beantragten Eintragung steht folgendes Hindernis entgegen: Zur Eintragung einer Änderung des Eigentums im Grundbuch sind Einigung und Eintragung notwendig, d.h. der derzeitige Eigentümer als Veräußerer und ein eventueller Erwerber müssen in einer notariellen Urkunde die Auflassung des betroffenen Grundbesitzes erklären. Lediglich die Ansicht des VG Regensburg (welche hier nicht vorliegt) reicht dazu nicht aus. Soweit Ihre Mandantin dann Alleineigentümerin würde (dann wohl zum Vorbehaltsgut, da sie nach hiesiger Kenntnis in Gütergemeinschaft verheiratet ist), bestünde dann auch die Möglichkeit, das Geh- und Fahrtrecht gem. Urkunde UVZ-Nr. 771/2023 des Notars Müller-Jonies in M* … erneut zu bestellen und zur Eintragung zu beantragen. Zur Behebung des Hindernisses ist eine Nachtragserklärung erforderlich. Nach ständiger Rechtsprechung des BayObLG kann keine Zwischenverfügung nach § 18 GBO erlassen werden, wenn diese Nachtragserklärung erst Grundlage des einzutragenden Rechts sein soll und eine Rangwahrung des vorliegenden Antrags nicht möglich ist. Das genannte Hindernis wird Ihnen deshalb im Rahmen der gerichtlichen Aufklärungspflicht mitgeteilt. Der vorliegende Eintragungsantrag wird nicht vor dem 11.10.2023 zurückgewiesen. Es wird Ihnen anheimgestellt, innerhalb dieses Zeitraums den Mangel durch Nachtragserklärung zu beheben oder den Antrag zurückzunehmen. Sollten jedoch zwischenzeitlich weitere Eintragungsanträge eingehen, müsste Ihr Antrag sofort zurückgewiesen werden.“
22
Am 16. Oktober 2023 ließ die Klägerin einen weiteren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 769 ZPO zum Verwaltungsgericht Regensburg stellen. Das Verfahren wurde unter dem Aktenzeichen RN 2 E 23.1877 geführt. In dem Verfahren legte die Klägerseite u.a. den richterlichen Hinweis des Amtsgerichts K* … vom 11. September 2023, Schriftverkehr zwischen der Klägerin und ihrer Tochter und Lichtbilder von der Klägerseite vor. Der Beklagte führte in diesem Verfahren aus, dass die Klägerin im Wesentlichen die gleichen Umstände wie im zweiten abgelehnten Eilantrag „RN 2 E 23.1270“ vortrage. Wie aus dem rechtlichen Hinweis des Grundbuchamtes am Amtsgericht K* … vom 11. September 2023 hervorgehe, habe die Klägerin offenbar nicht einmal die gerichtliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 6. Dezember 2018 (RN 2 K 16.1236) vorgelegt, mit dem das Verwaltungsgericht die Übertragung des Eigentums an die Tochter als sittenwidrig und damit nichtig angesehen habe. An die Rechtskraft dieser Entscheidung sei auch das Grundbuchamt gebunden. Solange dem Grundbuchamt aber das betreffende Urteil nicht vorliege, könne und dürfe es auch nicht von der Unwirksamkeit der Eigentumsumschreibung auf die Tochter ausgehen und das Grundbuch von Amts wegen berichtigen. Deshalb sei auch das Vorbringen, wonach die geforderte Nachtragserklärung nicht abgegeben werden könne, unbehelflich, da eine solche Erklärung bei einer Berichtigung des Grundbuchs von Amts wegen überhaupt nicht erforderlich wäre. Die Erklärung der Tochter hindere die Klägerin nicht, das Grundbuch richtigstellen zu lassen. Ein entsprechender Antrag an das Grundbuchamt sei nicht vorgetragen worden. Die Tochter der Klägerin habe das Grundstück im Übrigen nicht gutgläubig erworben, wie aus dem rechtskräftigen Urteil vom 6. Dezember 2018 im Verfahren RN 2 K 16.1236 hervorgehe. Auch eine tatsächliche Unmöglichkeit der Einräumung eines Geh- und Fahrtrechts sei nicht gegeben. Die Bewilligung einer Dienstbarkeit sei von tatsächlichen Gegebenheiten völlig unabhängig. Die Klägerin habe nicht glaubhaft gemacht, dass die Herstellung einer Zufahrt gemäß dem begehrten Fahrtrecht tatsächlich unmöglich wäre. Bestritten werde die Behauptung der Klägerin, der Beklagte habe seine Verpflichtung aus dem Vergleich nicht erfüllt. Man verweise hierzu auf die Entscheidung des BayVGH – 8 ZB 19.193/2020 – vom 21. Januar 2020. Während des Verfahrens wurde die Bezahlung des Zwangsgeldes an den Gerichtsvollzieher mitgeteilt. Nach übereinstimmenden Erledigterklärungen stellte das Verwaltungsgericht das Verfahren RN 2 E 23.1877 mit Beschluss vom 12. Dezember 2023 ein und legte die Kosten der Klägerin auf. In den Gründen wurde ausgeführt, dass nach wie vor nicht ersichtlich sei, dass die Klägerin alles Mögliche getan habe, die im Prozessvergleich vom 17. August 2010 vereinbarte Eintragung eines Geh- und Fahrtrechts zu erlangen. Im Übrigen wird auf den Beschluss verwiesen.
23
Am 20. Dezember 2023 beantragte der Beklagte die Festsetzung eines weiteren Zwangsmittels gemäß § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 888 ZPO gegen die Klägerin. Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen RN 2 V 23.2394 geführt.
24
Die hier streitgegenständliche Klage vom 5. März 2023 begründete die Klägerin im Wesentlichen wie folgt:
„Die Klägerin habe mit Schreiben vom 20. Januar 2023 das Notariat M* … beauftragt, eine Bewilligung zu erstellen und einen Notartermin zu bestimmen. Das Notariat M* … habe am 15. Februar 2023 mitgeteilt, dass es eine Beurkundung aus rechtlichen Gründen nicht durchführen werde. Hierüber sei der Vollstreckungsgläubiger informiert worden. Es sei ersucht worden, einen Notar zu benennen, der wie im Vergleich vereinbart protokollieren würde. Dies sei von Seiten des Vollstreckungsgläubigers abgelehnt worden. Am 24. Februar 2023 habe vor dem Landgericht Regensburg ein Verhandlungstermin in der Zivilsache der Parteien (Az.: 45 O 2110/22) stattgefunden. Im Rahmen eines Verhandlungstermins vor dem Landgericht sei auf Anregung des Beklagten von Seiten der Klägerin die Zustimmung zu einem Güterichterverfahren erklärt worden. Weiter wird ausgeführt, dass das Notariat zutreffend darauf hingewiesen habe, dass bereits mit der Urkunde vom 6. Dezember 2012, Urkunden-Nr. …, die Klägerin die Bewilligung in der notwendigen Form abgegeben habe. An diese halte sich die Klägerin nach wie vor gebunden, unabhängig von einer Genehmigung durch den Beklagten und unabhängig von den dort aufgeführten Gegenleistungen. Einem Vollzugsauftrag werde von Seiten der Klägerin zugestimmt. Des Weiteren wird zur Begründetheit der Vollstreckungsabwehrklage ausgeführt, dass materiell-rechtliche Einwendungen der Klägerin gegen den Anspruch bestünden. Die in „Ziffer 1 des Beschlusses vom 13. Dezember 2011“ angeordnete und nicht vertretbare Handlung der Vollstreckungsschuldnerin (Einräumung eines Geh- und Fahrtrechts in Gestalt einer Grunddienstbarkeit durch notarielle Beurkundung) sei der Vollstreckungsschuldnerin derzeit rechtlich unmöglich. Das beauftragte Notariat sei mit einer Entgegennahme in der im Vergleich bestimmten notariellen Form und mit einem Vollzugsauftrag nicht einverstanden. Die Klägerin könne daher derzeit Ziffer I des gerichtlichen Vergleichs vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, Az.: 8 B 09.846, Vergleich vom 17. August 2010, nicht erfüllen. Zudem verhalte sich der Beklagte widersprüchlich und verstoße gegen Treu und Glauben, § 242 BGB. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass trotz Zustimmung der Klägerin zum Güterichterverfahren und auch einer Mitteilung dorthin, dass ein Notar benannt werden möge, der protokolliere, die Zwangsvollstreckung ohne Stellungnahme in der Sache weiterbetrieben werde.“
25
Im weiteren Verlauf des Verfahrens wird schriftsätzlich und durch die Bezugnahme auf die Eilverfahren vorgetragen, dass die Klägerin ihrer Verpflichtung aus dem Vergleich nunmehr jedenfalls nachgekommen sei. Sie habe – wie im Vergleich ursprünglich vereinbart – an dem „übertragenen Grundstück den jeweiligen Eigentümern der Grundstücke FlNrn. 3* … und 4* … ein Geh- und Fahrtrecht in Gestalt einer Grunddienstbarkeit“ eingeräumt und habe die notwendigen Erklärungen in der grundbuchrechtlich ausreichenden Form (notarielle Beglaubigung) am 17. Mai 2023 unter der UR-Nr. …, Notariat M* …, erbracht. Das Notariat habe den Antrag auf Eintragung beim Grundbuchamt gestellt. Jedenfalls liege damit jetzt aber ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Beklagten vor, da durch die Vorgehensweise rechtlich keinerlei Nachteil entstehe. Die grundbuchmäßige Form sei gewahrt. Weitergehende Maßnahmen oder Erklärungen seien nach dem Vergleich seitens der Klägerin nicht geschuldet. Zudem läge jedenfalls ein rechtsmissbräuchliches Verhalten vor, da weitergehende Maßnahmen der Klägerin nicht abverlangt werden könnten und nach dem Vergleich nicht geschuldet gewesen seien. Der Beklagte habe gegen die Tochter der Klägerin vollstreckt. Das klageabweisende Urteil habe er rechtskräftig werden lassen. Das Urteil vom 6. Dezember 2018 habe rechtskräftig festgestellt, dass die Zwangsvollstreckung gegen die Tochter der Klägerin unzulässig sei. Wenn der Klägerin nunmehr Maßnahmen gegen die Tochter (welche?) abverlangt würden, würde die Rechtskraft ausgehebelt. Widersprüchliches Verhalten läge vor. Die Klägerin sei ihrer Verpflichtung aus dem Vergleich – soweit ihr möglich – nachgekommen. Die Festsetzung eines (weiteren) Zwangsgeldes sei nach § 888 ZPO nur dann möglich, wenn feststehe, dass der Schuldner die von ihm geschuldete Leistung im Zeitpunkt der Verhängung des Zwangsgeldes noch erbringen könne. Dies sei nicht mehr der Fall, wenn das Grundstück nicht mehr im Eigentum des Schuldners stehe. Auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 2. September 2014 (RO 2 V 13.1827), Seite 8, werde hingewiesen. Die Rechtskraft aus dem Urteil vom 6. Dezember 2018 würde jedenfalls umgangen, wenn nunmehr ein Prozess der Schuldnerin gegen die Eigentümerin mit dem Ziel der Durchsetzung des Vergleichs abverlangt würde. Es wird weiter auf die Aussage des Verwaltungsgerichts Regensburg im Beschluss vom 2. September 2014 hingewiesen: „Erst wenn die Mitwirkungsbereitschaft des Dritten feststeht, kann nach § 888 ZPO vollstreckt werden“. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Wobei dann, wenn wie hier die Einräumung von einem fremden Willen abhänge, also die Bewilligung durch die Schuldnerin von der Zustimmung durch die Eigentümerin abhängig sei, es sogar irrelevant sei, ob die unüberwindlichen Hindernisse auf einem Verschulden des Schuldners beruhten oder nicht. Im Übrigen binde jedenfalls ein Urteil zwischen dem Gläubiger und der Schuldnerin (Abweisung Vollstreckungsgegenklage RN 2 K 16.1236 vom 6. Dezember 2018) nicht die im Grundbuch eingetragene Eigentümerin, weil sie nicht Partei oder Beigeladene des Verfahrens gewesen sei. Eine „Bewilligung Grunddienstbarkeit“ mit der Bezeichnung „Beglaubigte Abschrift“ und der Nr. …, datiert vom 17.Mai 2023, wurde beigefügt. Weiter trägt die Klägerseite vor, dass die Klägerin die Grundbucheigentümerin aufgefordert habe, das Geh- und Fahrtrecht wie im Vergleich vereinbart einzuräumen. Dies habe die Grundbucheigentümerin, S* …, vehement abgelehnt. Zum einen, weil sie gutgläubig erworben habe, zum anderen, weil der Beklagte sie regelmäßig beleidige und schikaniere. Vorangegangen sei der rechtliche Hinweis des AG K* … vom 11. September 2023, wonach die Eintragung des bewilligten Geh- und Fahrtrechtes rechtlich unmöglich wäre. Es sei die notarielle Auflassung erforderlich, „lediglich die Ansicht des VG Regensburg…reicht dazu nicht aus.“ Im Übrigen wurde weitgehend wiederholend vorgebracht, dass Unmöglichkeit vorliege, da die Klägerin nicht mehr Eigentümerin des Grundstücks sei, wobei auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 2. September 2014, Az: RO 2 V 13.1827, S. 8, hingewiesen wurde. Ebenfalls vorgetragen wurde, dass die Einräumung eines Geh- und Fahrtrechtes, wie im Vergleich vereinbart, im Übrigen auch deshalb tatsächlich unmöglich sei, weil seitens des Beklagten das Fahrtrecht lt. Vergleich für FlNr. 4* … schon deshalb nicht eingeräumt werden könne, da ein solches zwingend über die FlNr. 5* … führen müsste, dieses aber vom Beklagten eingezäunt sei. Um FlNr. 4* … erreichen zu können, müssten auf FlNr. 5* … von den 16 Zaunelementen alleine sieben dauerhaft entfernt werden. Es seien dauerhaft und fest verankerte Pfosten und die Granitzeile im Weg. Die Laderspur zeige deutlich, wie die Zufahrt aussehen solle, nicht im Grundstück FlNr. 5* …, sondern entgegen der Vereinbarung entlang der Grenze FlNr. 5* … und FlNr. 3* … Eine erneute Einräumung des Fahrtrechts, wie im Vergleich vereinbart, sei nicht möglich, das Fahrtrecht würde tatsächlich in einem nicht vom Vergleich umfassten Grundstück enden. Im Übrigen sei Pkt. IV des Vergleichs, Entfernung der Bepflanzung von 3* … – 4* … mit Frist bis 15. April 2011 und Freihalten von Bepflanzung, bis heute nicht erfolgt.
26
Mit Schreiben vom 19. Dezember 2023 teilte die Klägerin mit, dass die Klage unter Aufrechterhaltung des bisherigen Klageantrags erweitert werde. Wie aus dem Verfahren RN 2 E 23.1877 ersichtlich werde, sei nunmehr ein Betrag von 7.680,53 Euro beigetrieben worden. Die Klage sei insoweit zu erweitern gewesen und eine verlängerte Vollstreckungsabwehrklage insoweit zu erheben. „Nach der Zwangsvollstreckung insoweit ist wegen des zu Unrecht geleisteten Betrages ein Anspruch auf Rückzahlung im Wege der materiell-rechtlichen Bereicherungsklage geboten“. Dieser richte sich gegen den Beklagten, da dieser insoweit etwas erlangt habe, nämlich Befriedigung aus der von ihm beantragten und durchgeführten Zwangsvollstreckung, wenn auch die Staatskasse einvernahmt habe.
27
Mit Schriftsatz vom 1. März 2024 trug die Klägerin erneut vor, dass sie ihre Verpflichtung aus dem Vergleich erfüllt habe. Geschuldete Handlung sei die Eintragungsbewilligung für das Geh- und Fahrtrecht. Diese sei wirksam gegenüber dem Grundbuchamt K* … abgegeben worden. Auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe im Beschluss vom 21. Januar 2020, Az. 8 ZB 19.192, ausgeführt, dass seitens der Vollstreckungsschuldnerin „trotz der Eintragung ihrer Tochter im Grundbuch die Eintragungsbewilligung für das Geh- und Fahrtrecht wirksam abgeben“ werden könne. Dies sei mittlerweile unstreitig geschehen. Die Klägerin und ihr Ehemann seien in Gütergemeinschaft Eigentümer des Grundstücks gewesen. Sie hätten gegenüber dem Beklagten mit Schriftsatz vom 1. März 2024 die Einrede der Verjährung gegen einen etwaigen Anspruch des Beklagten aus dem Vergleich vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Az. 8 B 09.846, vom 17. August 2010 erheben lassen und dem Vertreter des Beklagten gegenüber mitgeteilt. Der Anspruch des Beklagten sei damit nicht mehr durchsetzbar. Verjährung sei jedenfalls bereits mit Ablauf der Verjährungshöchstfrist des § 199 Abs. 4 BGB entsprechend mit Ablauf von 10 Jahren ab Vergleichsschluss, d.h. zum 17. August 2020 eingetreten. Zudem greife vorliegend im Übrigen die Regelverjährungsfrist, §§ 195, 199 BGB. Die Verjährungsregelung des § 197 Abs. 1 Nr. 4 BGB greife schon deshalb nicht ein, weil ein vollstreckbarer Inhalt insoweit nicht vorliege. Die Klägerin und ihr Ehemann hätten sich im Vergleich zur Einräumung eines Geh- und Fahrtrechts in Gestalt einer Grunddienstbarkeit durch notarielle Beurkundung verpflichtet. Ein vollstreckbarer Inhalt i.S.d. § 197 Abs. 1 Nr. 4 BGB sei damit nicht gegeben. Dies ergebe sich im Übrigen schon daraus, dass Zwangsgeldantrag gestellt sei und nicht die im Vergleich vorgesehene Leistung im Wege der Zwangsvollstreckung beansprucht sei, was auch nicht möglich sei. Der Anspruch sei daher nicht (mehr) durchsetzbar.
28
Die Klägerin beantragt zuletzt,
- 1.
-
Die Vollstreckung durch den Beklagten aus dem Vergleich vom 17. August 2010, Az.: 8 B 09.846 Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (RN 2 K 06.1752, Verwaltungsgericht Regensburg) wird für unzulässig erklärt.
- 2.
-
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
- 3.
-
Der Beklagte wird verurteilt an die Klägerin € 7.860,53 nebst Zinsen i.H.v. 5%-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit der Klageerweiterung zu zahlen.
29
Der Beklagte beantragt,
Die Klage wird abgewiesen.
30
Mit Schriftsatz vom 2. April 2024 teilte die Beklagtenseite mit, dass zur Begründung des Antrags vollinhaltlich auf den Schriftsatz vom 16. März 2023 im Eilverfahren RN 2 E 23.369 und auf den Schriftsatz vom 19. Juli 2023 im Eilverfahren RN 2 E 23.1270 verwiesen werde.
31
Im Eilverfahren RN 2 E 23.369 hatte der Beklagte im in Bezug genommenen Schriftsatz vom 16. März 2023 im Wesentlichen vorgetragen, dass der Vollstreckungsabwehrklage bereits gem. § 121 VwGO die Rechtskraft der Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 6. Dezember 2018 (RN 2 K 16.1236) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Januar 2020 (8 ZB 19.192) entgegenstünden. Sämtliche Argumente und Beweismittel, die die Klägerin nunmehr vorbringe, seien bereits Gegenstand der vorgenannten Verfahren gewesen. Dies gelte insbesondere für die von der Klägerin vorgelegte Urkunde vom 6. Dezember 2012, die bereits in einem von der Klägerin angestrengten Verfahren im Jahre 2012 (RN 2 E 12.1594) vorgelegt worden sei. Man weise auf Seite 7 des Beschlusses in diesem Verfahren hin. Mit Beschluss vom 28. August 2014 habe der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde der Klägerin abgelehnt. Im Wesentlichen werde die Vollstreckungsabwehrklage damit begründet, dass eine „Unmöglichkeit“ seitens der Klägerin vorliege. Im Weiteren wird ausgeführt, dass diese nicht vorliege, da die Klägerin nicht den Nachweis geführt habe, dass sie alle zumutbaren Maßnahmen für eine Beurkundung unternommen habe. Die „Beauftragung“ habe in einer fehlerhaften Anfrage bestanden, ohne die Umstände des Verfahrens zu benennen. Ferner wies der Beklage auf die Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in seiner Entscheidung vom 27. Oktober 2022 – 8 C 22.334 – und des Verwaltungsgerichts Regensburg im Beschluss vom 18. Januar 2022 im Verfahren RN 2 V 20.367 zur Unmöglichkeit hin. Es mangle nach wie vor an der erforderlichen Mitwirkung der Klägerin. Ferner führt der Beklagte aus, dass die Urkunde vom 6. Dezember 2012, Urkunden-Nr. 9* …2012, die schon in vielen Verfahren vorgelegt worden sei, eine nicht geschuldete Gegenleistung enthalte. Auch der Notar habe diese als offensichtlich dauerhaft nicht vollzugsfähig bezeichnet. Die Klägerin berufe sich nunmehr aufgrund der Aussage des Notars darauf, dass sie doch die Bewilligung in der notwendigen Form bereits abgegeben habe und sie sich daran gebunden fühle. Diese Selbstbindung betreffe aber eine inhaltlich falsche, weil nicht dem gerichtlichen Bescheid entsprechende Urkunde und sei deshalb wertlos. Darauf folge jedenfalls keine Unmöglichkeit, dem Verlangen des Beklagten nachzukommen. Der Beklagte sei auch nicht mit der Beglaubigung der Urkunde vom 6. Dezember 2012 einverstanden. Denn diese Urkunde enthalte, wie bereits ausgeführt, eine unzulässige Gegenleistung. Bei der erwähnten Gegenleistung unter Ziffer IV des Vergleichsvertrags vom 17. August 2010 handele es sich um eine persönliche Verpflichtung des Beklagten, wohingegen die Verpflichtung der Klägerin aus Ziff. III des Vergleichsvertrages gegenüber dem jeweiligen Eigentümer der Grundstücke FlNrn. 3* … und 4* … bestehe. Es sei nicht vereinbart gewesen und es sei auch unzulässig, die einzelnen Ziffern des Vergleichsvertrags als synallagmatisch verknüpfte Leistungen zu behandeln. Im Übrigen trage die Klägerin auch nicht vor, dass der Beklagte seine Verpflichtung aus dem Vergleichsvertrag nicht erfüllt habe. Des Weiteren führt der Beklagte aus, dass die von der Klägerin erwähnte zivilrechtliche Streitigkeit mit dem vorliegenden Rechtsstreit nichts zu tun habe. Abgesehen davon, dass an jenem Rechtsstreit weitere Personen beteiligt seien, betreffe er einen völlig anderen Lebenssachverhalt, der mit dem streitgegenständlichen Geh- und Fahrtrecht keinerlei Überschneidungen aufweise.
32
Im in Bezug genommenen Schriftsatz vom 19. Juli 2023 im Verfahren RN 2 E 23.1270 führte der Beklagte im Wesentlichen aus, dass sich die Sach- und Rechtslage nach Abschluss des Verfahrens „RN 2 E 23.369“ nicht nachträglich zu Gunsten der Klägerin geändert habe. Die Klägerin habe ihre Verpflichtung aus dem Vergleich vom 17. August 2010 nach wie vor nicht erfüllt. Er verweist hierbei auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 19. April 2023 (RN 2 E 23.369). Mit der vorgelegten Urkunde vom 17. Mai 2023 könne die Klägerin nicht nachweisen, dass sie alles ihr Zumutbare zur Erfüllung des Vergleichs getan habe. Es handele sich um eine notariell beglaubigte Abschrift einer „Bewilligung Grunddienstbarkeit“. Der Klägerin sei sehr wohl bewusst, dass derzeit ihre Tochter als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen sei. Daher werde das Grundbuchamt die Eintragung nicht vornehmen können. Des Weiteren führt der Beklagte aus, dass die Urkunde auch sachlich falsch sei. Die Verpflichtung der Klägerin bestehe gegenüber den jeweiligen Eigentümern der bezeichneten Grundstücke, nicht persönlich gegenüber dem Beklagten. Die Grunddienstbarkeit sei gemäß der vorgelegten Bewilligung nicht eintragungsfähig, da sie nicht hinreichend bestimmt sei. Es fehle eine Karte, aus der die Lage des Geh- und Fahrtrechts hervorgehe. Der Beklagte legt einen Lageplan mit den Flurnummern der beteiligten Grundstücke als Anlage bei. In Ziffer V des Vergleichs hätten sich die Beteiligten verpflichtet, entsprechende Verträge abzuschließen. Die vorgelegte einseitige Bewilligung stelle aber keinen Vertragsentwurf dar. Nach Auffassung des Beklagten sei der Vergleich erst dann erfüllt – und erst dann sei die Zwangsvollstreckung einzustellen – wenn die Grunddienstbarkeit gemäß dem abgeschlossenen Vergleich in der Abteilung II des Grundbuchs FlNr. 2* … eingetragen sei. Bis dato habe der Beklagte seinen Zwangsvollstreckungsauftrag nicht zurückgenommen. Im Übrigen verweist die Beklagtenseite auf die Gründe im Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 1. August 2023, den sie sich zu eigen mache.
33
Der erweiterte Klageantrag gemäß Schriftsatz vom 19. Dezember 2023 sei ebenfalls zurückzuweisen. Die Begründung hierfür reiche schon ansatzweise nicht aus. Denn mit der vorliegenden Klage verfolge die Klägerin das Ziel, die Vollstreckung zukünftig für unzulässig zu erklären. Selbst wenn man diesem Klageantrag entgegen der Auffassung des Beklagten stattgeben würde, stehe damit nicht fest, dass die Vollstreckung des rechtskräftig festgesetzten Zwangsgeldes in der Vergangenheit rechtswidrig gewesen sei. Darüber hinaus habe der Beklagte mit der Bezahlung des Zwangsgeldes an die Staatskasse keinen unmittelbaren Vermögensvorteil erlangt, sodass eine Bereicherungsklage schon aus diesem Grund ausscheide, ungeachtet der Frage, ob für eine solche Klage überhaupt der Verwaltungsrechtsweg eröffnet wäre. Bereits mit Schriftsatz vom 11. Januar 2024 hatte die Beklagtenseite zum „erweiterten Klageantrag“ ausgeführt, dass es für den Klageantrag auf Rückzahlung des beigetriebenen Zwangsgeldes keine Rechtsgrundlage gebe.
34
Mit Schreiben vom 28. Dezember 2023 wurde bei den Beteiligten zum Erfordernis einer mündlichen Verhandlung angefragt. Mit Schreiben vom 11. Januar 2024 teilte die Beklagtenseite mit, dass sie mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden sei. Mit Schreiben vom 19. Januar 2024 teilte die Klägerseite ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung mit.
35
Mit Schreiben vom 24. Januar 2024 teilte das Gericht mit, dass eine Entscheidung voraussichtlich erst ab der zweiten Märzhälfte ergehen könne und gab Gelegenheit zur Stellungnahme bis 1. März 2024.
36
Mit Schreiben vom 1. März 2024 beantragte die Vollstreckungsschuldnerseite im Verfahren RN 2 K 06.1752 die Übersendung einer vollstreckungsfähigen Ausfertigung des Vergleichs vom 17. August 2010. Mit Schreiben vom 5. März 2024 verwies das Gericht diesbezüglich an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof.
37
Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten verwiesen. Die Gerichtsakten in den Verfahren RN 2 K 06.1752, RN 2 V 11.1224, RN 2 K 11.1279, RN 2 E 11.1280, RN 2 V 11.1620, RN 2 V 11.1861, RN 2 K 18.857 (ehemals RN 2 K 11.1862), RN 2 E 12.1594, RN 2 V 13.1170, RO 2 V 13.1827, RN 2 V 16.1237 (ehemals RN 2 V 12.615), RN 2 V 18.1990 (ehemals RN 2 V 17.175), RN 2 K 17.744, RN 2 E 17.743, RN 2 K 16.1236 (ehemals RN 2 K 12.1595), RN 2 V 20.367, RN 2 E 23.369, RN 2 E 1270, RN 2 E 23.1877 und RN 2 V 2394 wurden zum Verfahren beigezogen.
Entscheidungsgründe
38
Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten mit den Schriftsätzen vom 11. Januar 2024 und 19. Januar 2024 auf mündliche Verhandlung verzichteten (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
39
Die Klage bleibt insgesamt ohne Erfolg.
40
Der Prozessvergleich vom 17. August 2010 ist ein Vollstreckungstitel (§ 168 Abs. 1 Nr. 3 VwGO). Die Vollstreckung aus einem verwaltungsgerichtlichen Titel richtet sich, wenn sie – wie hier – sowohl auf Gläubigerwie auf Schuldnerseite eine Person des Privatrechts betrifft, gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO nach den einschlägigen Bestimmungen der Zivilprozessordnung (ZPO).
41
Die mit Klageantrag Ziffer 1 erhobene Vollstreckungsabwehrklage ist zulässig, aber unbegründet.
42
1. Die Vollstreckungsabwehrklage (Klageantrag Ziffer 1) ist zulässig.
43
Es liegt mit der unter Ziffer 1 des Klageantrags erhobenen Klage eine statthafte Vollstreckungsabwehrklage i.S. d. § 767 Abs. 1 ZPO vor. Mit Schriftsatz vom 5. März 2023 ließ die Klägerin eine als Vollstreckungsabwehrklage bezeichnete Klage erheben und beantragte, dass die Vollstreckung aus dem Vergleich des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. August 2010 für unzulässig erklärt wird. Aus der Begründung der Klage ergibt sich hinreichend, dass konkret die Vollstreckung zur Durchsetzung der Verpflichtung zur Einräumung eines Geh- und Fahrtrechts (Ziffer III und V des Vergleichs), die der Beklagte gegen die Klägerin betreibt, für unzulässig erklärt werden soll. Die Vollstreckungsabwehrklage i.S.d. § 767 Abs. 1 ZPO ist eine prozessuale Gestaltungsklage mit dem Ziel, die Vollstreckbarkeit des Titels zu beseitigen (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 38. Aufl. 2017, § 767 Rn. 2; Vorwerk/Wolf, BeckOK ZPO, 52. Edition Stand 1.3.2024, § 767 Rn. 1). Mit ihr können materiell-rechtliche Einwendungen vorgebracht werden, die einem Titel die Vollstreckbarkeit nehmen können (Vorwerk/Wolf, BeckOK ZPO, 52. Edition Stand 1.3.2024, § 767 Rn. 15). Die Klägerseite brachte gegen die Vollstreckung zunächst die Unmöglichkeit der Erfüllung bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit zum einen in Zusammenhang mit einer Beglaubigung und zum anderen in Zusammenhang mit einem anderen Zivilgerichtsverfahren vor. Später wurde auch vorgetragen, dass die Klägerin mit der beglaubigten Bewilligung der Dienstbarkeit vom 17. Mai 2023 bereits erfüllt habe bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit in diesem Zusammenhang. Auch wurde auf eine tatsächliche Unmöglichkeit des Geh- und Fahrtrechts wegen einer Einzäunung auf FlNr. 5* … bzw. zuletzt auch auf eine Verjährung des Anspruchs abgestellt. Die Klägerin greift mit ihrem Vorbringen die Vollstreckbarkeit des Titels, nämlich des Prozessvergleichs vom 17. August 2010, an, da die vorgebrachten Einwendungen dazu führen könnten, dass die Eintragung des Geh- und Fahrtrechts an der FlNr. 2* … nicht mehr vollstreckbar ist. Es handelt sich bei den vorgetragenen Einwendungen der Unmöglichkeit, der Erfüllung und des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Beklagten um Einwendungen, die sich gegen den titulierten materiellen Anspruch richten. Auch dass die Einwendungen teils nachgeschoben wurde, stehen der Statthaftigkeit der Klage nicht entgegen, da dies jedenfalls über § 264 Nr. 1 ZPO zulässig wäre (vgl. Anders/Gehle, ZPO, 82. Auflagen 2024, § 767 Rn. 32) bzw. Sachdienlichkeit für eine Klageerweiterung vorläge.
44
Der Zulässigkeit der Vollstreckungsabwehrklage steht auch nicht entgegen, dass unter dem Aktenzeichen RN 2 K 16.1236 bereits eine Vollstreckungsabwehrklage im Zusammenhang mit der Durchsetzung der Eintragung des Geh- und Fahrtrechts aus dem Prozessvergleich vom 17. August 2010 geführt worden war und rechtskräftig abgelehnt wurde. Hierin liegt kein Prozesshindernis der entgegenstehenden Rechtskraft des Urteils vom 6. Dezember 2018 im Verfahren RN 2 K 16.1236. In diesem war zwar entschieden worden, dass es der Klägerin nicht infolge der Übereignung des Grundstücks an ihre Tochter unmöglich sei, eine Eintragung des Geh- und Fahrtrechts gemäß dem Vergleich vom 17. August 2010 zu leisten, da die Tochter infolge der Sittenwidrigkeit der Übereignung nicht Eigentümerin des Grundstücks FlNr. 2* … geworden sei. Auch ist der Beklagtenseite zuzugeben, dass auch mit der streitgegenständlichen Vollstreckungsklage teils alte Begründungsansätze zur Unmöglichkeit vorgebracht werden. Das Vorliegen eines Prozesshindernisses der entgegenstehenden Rechtskraft setzt jedoch zum einen voraus, dass der Streitgegenstand wirklich identisch ist, was vorliegend bereits zweifelhaft ist. Zum anderen aber bringt die Klägerin jedenfalls mit ihrem Vorbringen zu
45
§ 242 BGB im Hinblick auf die Güteverhandlung im Zivilprozess, der Erfüllung bzw. der Verjährung neue Punkte vor, so dass ein Vorgehen im Wege der Vollstreckungsklage zulässig ist. Ob und wieweit über die einzelnen Einwendungen bereits rechtskräftig entschieden wurde, ist damit eine Frage der präjudiziellen Wirkung im Rahmen der Begründetheit. Des Weiteren ergibt sich eine Unzulässigkeit der erneuten Vollstreckungsgegenklage auch nicht aus § 767 Abs. 2 oder 3 ZPO, da diese lediglich Einwendungen ausschließen, so dass die wiederholte Klage zwar nur auf neu entstandene Einwendungen gestützt werden kann, aber nicht unzulässig ist (Thomas/Putzo, ZPO, 38. Aufl. 2017, § 767 Rn. 27).
46
Der Vollstreckungsabwehrklage fehlt auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis, insbesondere ist dies nicht dadurch entfallen, dass die Vollstreckung bereits vollzogen wurde, also das Zwangsgeld in Höhe von 7.500 Euro bereits beigetrieben wurde. Das Rechtsschutzbedürfnis entfällt, wenn die Zwangsvollstreckung als Ganzes beendet ist (Thomas/Putzo, ZPO, 38. Aufl. 2017, § 767 Rn. 16), was vorliegend nicht der Fall ist. Der Beklagte versucht nach wie vor, im Wege der Zwangsvollstreckung die Eintragung des Geh- und Fahrtrechts aus dem Vergleich vom 17. August 2010 zu erreichen. Ein weiterer Antrag auf Festsetzung eines weiteren Zwangsgeldes ist unter dem Aktenzeichen RN 2 V 23.2394 anhängig. Eine weitere Vollstreckung droht daher immer noch.
47
Ein Entfallen der Vollstreckungsabwehrklage ergibt sich auch nicht aus dem Schriftsatz vom 19. Dezember 2023. Die anwaltlich vertretene Klägerin hat mit diesem Schreiben ausdrücklich eine Klageerweiterung vorgetragen und einen zusätzlichen, neuen Klageantrag auf Rückzahlung des beigetriebenen Betrags nebst Zinsen beantragt. Der mit Schriftsatz vom 5. März 2023 gestellte Antrag, die Vollstreckung für unzulässig zu erklären, blieb damit bestehen.
48
Die Vollstreckungsabwehrklage (Klageantrag Ziffer 1) ist nach alledem zulässig.
49
2. Die zulässige Vollstreckungsabwehrklage ist jedoch unbegründet, weil der Klägerin keine materiell-rechtliche Einwendung gegen den titulierten Anspruch zusteht, d.h. keine der vorgetragenen Einwendungen zur Unzulässigkeit der Vollstreckung der Verpflichtung zur Einräumung eines Geh- und Fahrtrechts (Ziffer III und V des Vergleichs) führt.
50
a. Eine Unmöglichkeit, die Verpflichtung des Vergleiches in den Ziffern III und IV zu erfüllen, liegt bei der Klägerin nicht vor. Die Unmöglichkeit der Erfüllung ist grundsätzlich eine zulässige Einwendung, wenn sie den Schuldner von der Verpflichtung zur Leistung befreit (vgl. Anders/Gehle, ZPO, 82. Auflage 2024 § 767 Rn. 62). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Soweit die Klägerin ursprünglich mit der Weigerung des Notars, eine Beurkundung durchzuführen, argumentiert, ist bereits zweifelhaft, ob es sich hierbei überhaupt um eine neue Einwendung handelt, da die Frage der Unmöglichkeit bereits Gegenstand der Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 6. Dezember 2018 (RN 2 K 16.1236) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 21. Januar 2020 (8 ZB 19.192) war und insofern eine Bindungswirkung ohne erneute Prüfung durchaus in Betracht kommt. Allerdings erscheint unklar, ob die Frage der Unmöglichkeit überhaupt an der materiellen Rechtskraftwirkung teilnimmt. So geht der BGH in seiner Entscheidung vom 13. Juli 2017 (I ZR 64/16) für einen Zwangsmittelbeschluss davon aus, dass Begründungselemente an der materiellen Rechtskraft nicht teilnehmen, bzw. in seiner Entscheidung vom 11. Februar 1992 (XI ZR 47/91), dass bei einer Vollstreckungsgegenklage als prozessualer Gestaltungsklage die Entscheidung über das Bestehen einer materiellrechtlichen Einwendung nicht in Rechtskraft erwachse. Andererseits darf über Einwendungen, die den Tenor der ersten Vollstreckungsabwehrklage tragen, wegen entgegenstehender Rechtskraft nicht erneut entschieden werden (Thomas/Putzo, ZPO, 38. Aufl. 2017, § 767 Rn. 28). Für dieses Ergebnis spricht auch § 767 Abs. 2 bzw. 3 ZPO. Wenn danach bereits Einwendungen, die im Rahmen der Leistungsklage bzw. der ersten Vollstreckungsabwehrklage vorgebracht werden hätten können, in einer weiteren Vollstreckungsabwehrklage präkludiert sind, kann eine erneute oder abweichende Entscheidung über bereits vorgebrachte Einwendungen ohne Änderung des Sachverhalts in einer zweiten Vollstreckungsabwehrklage ebenfalls nicht möglich sein. Andernfalls könnte mit der gleichen Einwendung trotz Rechtswegerschöpfung Vollstreckungsmaßnahmen immer wieder durch neue Vollstreckungsklagen bzw. Anträge nach § 769 ZPO verzögert werden. Die Klägerin bringt vorliegend nicht direkt wiederholend den Einwand der Unmöglichkeit aufgrund der Übereignung an die Tochter vor, sondern, dass es ihr, da ihre Tochter im Grundbuch als Eigentümerin der FlNr. 2* … eingetragen sei, unmöglich sei, ihre Verpflichtung aus den Ziffern III und V des Vergleichs zu erfüllen. Die Unrichtigkeit des Grundbuchs war jedoch bereits ein Aspekt, der im Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg im Verfahren RN 2 K 16.1236 bereits berücksichtigt worden war. Damit dürfte der Vortrag, dass eine Eintragung wegen der Weigerung des Notars bzw. später der Weigerung der Tochter nicht möglich sein, bereits wohl keine neuen Aspekte betreffen.
51
Überdies ist bereits zweifelhaft, ob sich die Klägerseite noch auf den Einwand der Unmöglichkeit beruft, da sie in späteren Schreiben in den Eilverfahren RN 2 E 23.1270 und RN 2 E 23.1877 und auch im Schriftsatz vom 1. März 2024 vielmehr vorbringt, dass sie ihre Verpflichtung durch die Abgabe der beglaubigten Eintragungsbewilligung vom 17. Mai 2023 und deren Weiterleitung an das Grundbuchamt erfüllt habe. Ein gleichzeitiges Berufen auf eine subjektive Unmöglichkeit der Erfüllung und ein Berufen auf Erfüllung ist widersprüchlich. Allerdings hat die Klägerseite diesen Einwand nie ausdrücklich zurückgenommen und z.B. auch im Schriftsatz vom 17. Juli 2023 im Verfahren RN 2 E 23.1270 im Hinblick auf weitere Handlungen – neben der vorgetragenen Erfüllungshandlung – angenommen.
52
Das Gericht geht jedoch jedenfalls auch derzeit davon aus, dass sich auch aus dem Vorbringen, dass eine Eintragung des Geh- und Fahrtrechts daran scheitere, dass die Tochter der Klägerin im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen sei und hierzu insbesondere das Schreiben des Amtsgerichts K* … vom 11. September 2023 vorlegt, keine subjektive Unmöglichkeit für die Klägerin ergibt. Gleiches gilt für den Vortrag, dass ihre Tochter weder zu einer Eintragung des Geh- und Fahrtrechts noch zu einer Rückübertagung bereit sei, wofür die Klägerseite ein Schreiben der Tochter der Klägerin vorlegt. Unabhängig von der Frage, ob darin überhaupt eine neue Einwendung zu sehen ist, ergibt sich aus dem Vorbringen keine neue Einschätzung der Frage der Unmöglichkeit. Das Gericht verweist auf die Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in seinem Beschluss vom 27. Oktober 2022 im Verfahren 8 C 22.334:
53
Der Unmöglichkeitseinwand greift nur durch, wenn eindeutig feststeht, dass der Vollstreckungsschuldner – erfolglos – alle zumutbaren Maßnahmen einschließlich eines gerichtlichen Vorgehens unternommen hat, um den Dritten zur Duldung bzw. Mitwirkung zu veranlassen; die Voraussetzungen für diesen Ausnahmetatbestand hat der Vollstreckungsschuldner im Einzelnen darzulegen (vgl. BGH, B.v. 27.11.2008 – I ZB 46/08 – JR 2010, 76 = juris Rn. 13 m.w.N.; Seibel in Zöller, ZPO, § 888 Rn. 2).
54
Dies zeigt die Beschwerde nicht auf. Selbst wenn man mit ihr annimmt, dass die Vollstreckungsschuldnerin als „wahre“ Eigentümerin eine formellrechtliche Eintragungsbewilligung nicht abgeben könnte (vgl. aber BGH, U.v. 20.1.2006 – V ZR 214/04 – NJW-RR 2006, 888 = juris Rn. 13), besitzt sie einen Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs nach § 894 BGB gegen ihre Tochter.“
55
Auch aus dem nun vorgelegten Schriftverkehr ergibt sich in keiner Weise, dass die Klägerin alles Erforderliche unternommen hat, die Eintragung des Geh- und Fahrtrechts zu erreichen. Vielmehr ergibt sich aus dem Schreiben des Amtsgerichts K* …, dass die Klägerin weder das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 6. Dezember 2018 (RN 2 K 16.1236) vorgelegt hat noch die nachfolgenden Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs und des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs. Das Amtsgericht schreibt ausdrücklich von einer „Ansicht des VG Regensburg (welche hier nicht vorliege)“. Damit ist bereits nicht klar, ob die Klägerin als wahre Eigentümerin keine Eintragung des Geh- und Fahrtrechts erreichen kann. Unabhängig davon wären in dem Fall, dass eine Eintragung des Geh- und Fahrtrechts als „wahre“ Eigentümerin nicht erreicht werden kann, obwohl das Grundbuchamt über die Sittenwidrigkeit der Übereignung an die Tochter und die Urteile hierzu umfassend informiert wurde, weitere Schritte erforderlich, wie sich auch aus der oben zitierten Passage aus dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs ergibt. Ein ausreichendes Bemühen der Klägerin um Richtigstellung des Grundbuches ist bislang in keiner Weise dargelegt. Es wurde weder vorgetragen, dass ein Antrag auf Grundbuchberichtigung gestellt wurde, noch, dass gegen die Tochter vorgegangen werde, um eine Eintragung der wahren Eigentümer zu erreichen. Der vorgelegte Schriftverkehr, in dem die Tochter angibt, dass sie gutgläubig Eigentum an dem Grundstück erworben habe und eine Eintragung des Geh- und Fahrtrechts oder eine Rückübereignung für sie nicht in Betracht komme, reicht für die Annahme einer Unmöglichkeit nicht aus. Wie im Urteil vom 6. Dezember 2018 (RN 2 K 16.1236) ausgeführt, ging das Gericht davon aus, dass alle Beteiligten bei der Übereignung sittenwidrig gehandelt haben. Dies wurde auch im Urteil vom 6. Dezember 2018 im Verfahren RN 2 K 17.744, mit dem der Vollstreckungsabwehrklage der Tochter der Klägerin gegen den Beklagten aus diesem Grunde stattgegeben wurde, ausgeführt. Sofern die Tochter der Klägerin dennoch davon ausgeht, dass sie zu Recht im Grundbuch als Eigentümerin der FlNr. 2* … eingetragen ist, wäre ein Anspruch der wahren Eigentümerin, der Klägerin, von dieser im Bedarfsfall auch gerichtlich durchzusetzen.
56
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Hinweis der Klägerseite auf die Rechtskraft des Urteils vom 6. Dezember 2018 im Verfahren RN 2 K 17.744. In diesem wurde lediglich entschieden, dass Vollstreckungsmaßnahmen des Beklagten gegen die Tochter der Klägerin unzulässig seien, da diese tatsächlich nicht Eigentümerin der FlNr. 2* … sei. Vorliegend geht es nicht um eine Vollstreckung des Beklagten aus dem Vergleich gegen die Tochter der Klägerin, sondern um eine Vollstreckung gegen die Klägerin und Handlungen der Klägerin, die von ihr für eine Erfüllung gefordert werden können. Wie ebenfalls mit Urteil vom 6. Dezember 2018 im Verfahren RN 2 K 16.1236 entschieden wurde, ist die Vollstreckung gegen die Klägerin trotz Eintragung der Tochter im Grundbuch zulässig, da die Übereignung sittenwidrig und damit unwirksam war. Auch dieses Urteil gegen die Klägerin ist rechtskräftig. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 21. Januar 2020 im Verfahren 8 ZB 19.192 den Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung ab. Auch eine Anhörungsrüge und die erhobene Verfassungsbeschwerde der Klägerin blieben erfolglos. Würde man dem Urteil im Verfahren RN 2 K 17.744, in dem die Zwangsvollstreckung gegen die Tochter als unzulässig erklärt wurde, auch entnehmen, dass seine Rechtskraft (die sich im Übrigen auch nicht auf die Klägerin erstreckt) auch einem Einwirken der wahren Eigentümerin und Vollstreckungsschuldnerin auf die im Grundbuch eingetragene Tochter entgegenstehe, würde damit die unwirksame Übereignung verfestigt und das Ziel der sittenwidrigen Übereignung gerade erst recht erreicht. Damit würde auch das rechtskräftige Urteil vom 6. Dezember 2018 im Verfahren RN 2 K 16.1236 konterkariert. Indem für eine Erfüllung verlangt wird, dass die Klägerin alles ihr Mögliche unternimmt, um eine Eintragung des Geh- und Fahrtrechts trotz der derzeit bestehenden unrichtigen Grundbuchlage zu erreichen, wird daher weder gegen die Rechtskraft des Urteils im Verfahren RN 2 K 17.444 verstoßen noch diese ausgehebelt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Tochter der Klägerin im Verfahren der Antragstellerin RN 2 K 16.1236 nicht beigeladen war. Unabhängig davon, dass die Frage der Unwirksamkeit der Übereignung auch eine zentrale Frage im Verfahren RN 2 K 17.444 war, in dem die Tochter der Vollstreckungsschuldnerin selbst Klägerin war, würde eine fehlende Beiladung lediglich dazu führen, dass das Urteil gegen die Klägerin vom 6. Dezember 2018 im Verfahren RN 2 K 16.1236 nicht unmittelbar gegen die Tochter der Klägerin wirkt. Soweit ersichtlich wurde eine fehlende Beiladung im Verfahren RN 2 K 16.1236 im Übrigen auch nicht in den Verfahren im Nachgang zu diesem Urteil von der Klägerin oder von der Tochter vorgebracht.
57
Auch soweit die Klägerseite auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 2. September 2014 im Verfahren RO 2 V 13.1827 hinweist, ergibt sich keine andere Einschätzung. Dort wurde eine Unmöglichkeit der Leistung bejaht, weil man damals davon ausging, dass die Klägerin nicht mehr Eigentümerin ist. Wie bereits ausgeführt, wurde die Eigentümerstellung der Klägerin später bejaht und in mehreren Verfahren entschieden, dass eine subjektive Unmöglichkeit bei der Klägerin gerade nicht vorliegt (vgl. z.B. VG Regensburg, B.v. 19.4.2023 – RN 2 E 23.269; VG Regensburg, B.v. 18.1.2022 – RN 2 V 20.367 und BayVGH, B.v. 27.10.2022 – 8 C 22.334; VG Regensburg, U.v. 6.12.2018 – RN 2 K 16.1236 und BayVGH, B.v. 21.1.2020 – 8 ZB 19.192).
58
Nach alledem wird festgestellt, dass sich die Klägerin nicht erfolgreich auf eine Unmöglichkeit berufen kann.
59
b. Soweit im weiteren Fortgang des Verfahrens vorgetragen wurde, dass die Klägerin die ihr mögliche Verpflichtung aus dem Vergleich bereits erfüllt habe, führt dies ebenfalls nicht zum Erfolg der Vollstreckungsabwehrklage, da das Gericht nicht davon ausgeht, dass die Klägerin bereits mit der Abgabe und Weitergabe der Bewilligung die Verpflichtung aus den Ziffern III und V des Vergleichs vom 17. August 2010 erfüllt hat.
60
In Ziffer III des Prozessvergleichs vom 17. August 2010 verpflichteten sich die Klägerin und ihr Ehemann, an dem Grundstück, das gemäß Ziffer I. des Vergleichs an sie übertragen wird, zugunsten der jeweiligen Eigentümer der Grundstücke FlNrn. 3* … und 7* …12 ein Geh- und Fahrtrecht in Gestalt einer Grunddienstbarkeit einzuräumen. Gemäß Ziffer V. des Prozessvergleichs soll der weitere Vollzug des Vergleichs durch notariell zu beurkundende Verträge erfolgen. Zu deren Abschluss verpflichteten sich die Beteiligten.
61
Soweit die Klägerin nun vorträgt, dass durch die Abgabe der Bewilligung vom 17. Mai 2023 und deren Weiterleitung bereits Erfüllung eingetreten sei, teilt das Gericht diese Einschätzung nicht. Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass der Abschluss eines Vertrages im Vergleich vorgesehen ist. Ein solcher liegt unstreitig nicht vor. Es ist nicht ersichtlich, warum die Klägerin – jedenfalls nach Klärung der wahren Eigentumslage im Grundbuch – am Abschluss eines notariell zu beurkundenden Vertrags gehindert ist und dieses geschuldete Vorgehen nicht zur Eintragung des Geh- und Fahrtrechts führen kann. Grundsätzlich besteht ein Anspruch des Beklagten auf Erfüllung der Verpflichtung, wie im Vergleich vom 17. August 2010 vorgesehen, und die aus den oben genannten Gründen auch möglich ist.
62
Eine Erfüllung dergestalt liegt nicht vor. Sie ergibt sich auch nicht aus dem Verweis auf die Urkunde vom 6. Dezember 2012 (Urkunden-Nr. …*). Bereits aus dem Datum der Urkunde wird klar, dass es ich um keine nach der ersten Vollstreckungsabwehrklage entstandene Einwendung handeln kann.
63
Eine Erfüllung der Verpflichtung aus den Ziffer III und V des Vergleichs vom 17. August 2010 liegt daher derzeit nicht vor.
64
c. Auch liegt von Seiten des Beklagten kein rechtsmissbräuchliches Verhalten dadurch vor, dass er allein die Bewilligung vom 17. Mai 2023 und ihre Weitergabe an das Grundbuchamt noch nicht als Erfüllung sieht. Zwar ist der Einwand des Rechtsmissbrauchs ein zulässiger Einwand im Rahmen der Vollstreckungsgegenklage (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 75. Aufl. Stand 2017, § 767, Rn. 28), aber ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Beklagte ist vorliegend nicht ersichtlich. Der Einwand des Rechtsmissbrauchs beruht auf dem Grundsatz von Treu und Glauben, der als allgemeiner Rechtsgrundsatz auch im öffentlichen Recht gilt. Er wird aus § 242 BGB abgeleitet, der über seinen Wortlaut hinaus das allgemeine Gebot der Beachtung von Treu und Glauben im rechtlichen Verkehr als allgemeinen Maßstab enthält, unter dem das gesamte private und öffentliche Recht steht (BVerwG, U.v. 11.10.2012 – 5 C 22/11 – BVerwGE 144, 313 – 326). Die Konkretisierung dieses Grundsatzes erfolgt durch Typisierung anhand von Fallgruppen (BVerwG, U.v. 23.11.1993 – BVerwG 1 C 21.92 – BVerwGE 94, 294 ff.). Im öffentlichen Recht spielt vornehmlich die unzulässige Ausübung von Rechten eine Rolle, die dann gegeben ist, wenn eine atypische Situation vorliegt, die die Geltendmachung eines an sich vorgesehenen Rechtes als missbräuchlich erscheinen lässt. Übertragen auf die vorliegende Situation wäre ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Beklagten denkbar, wenn auf anderem Weg ein wie im Vergleich vom 17. August 2010 vorgesehener Eintrag in das Grundbuch erfolgt wäre oder jedenfalls gesichert zu erwarten wäre. Dies ist durch die übersandte Bewilligung jedoch nicht der Fall. Eine Eintragung ins Grundbuch ist bislang nicht erfolgt und es ist aus dem vorgelegten Schreiben des Amtsgerichts K* … vom 11. September 2023 auch ersichtlich, dass eine solche ohne weiteres Zutun der Klägerin oder ihrer Tochter nicht zu erwarten ist. Es kann vorliegend daher auch offen bleiben, ob die Bewilligung entgegen ihrer Einleitung eine Verpflichtung gegenüber den jeweiligen Eigentümern der FlNrn. 3* … und 4* … enthält, wofür viel spricht, und ob die weitergeleitete Bewilligung mangels einer Karte oder eines Lageplans nicht ausreichend bestimmt und damit nicht eintragungsfähig sei, wie der Beklagte vorträgt. Da nach dem vorgelegten Schriftverkehr offensichtlich ist, dass die abgegebene Bewilligung ohne weiteres Zutun der Klägerseite nicht zur Eintragung des Geh- und Fahrtrechts in das Grundbuch führt, kann ein missbräuchliches Verhalten des Beklagten im Zusammenhang mit der Bewilligung nicht erkannt werden.
65
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag der Klägerseite, dass ein weiteres Handeln der Klägerin nicht gefordert werden könne. Denn auch im Zusammenhang mit der Erfüllung ist – wie bei der Unmöglichkeit – zu fordern, dass die Klägerin alles Erforderliche unternimmt, dass es zu einer Eintragung des vereinbarten Geh- und Fahrtrechts in das Grundbuch kommt. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Klägerin argumentierte in der Vergangenheit u.a. damit, dass eine Bewilligung durch sie nicht zum Erfolg führen könne, da sie nicht im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen sei und ihr daher eine Erfüllung unmöglich sei (s.o.). Nun trägt sie vor, dass mit der vorgelegten Bewilligung, die nach wie vor nicht zur Eintragung führen wird, wie sich aus dem Schreiben des Amtsgerichts vom 11. September 2023 ergibt, bereits Erfüllung eingetreten sei bzw. nicht mehr von ihr verlangt werden könne. Soweit die Klägerin hierbei auf den Wortlaut des Prozessvergleichs vom 17. August 2010 abstellt, lässt sie außer Betracht, dass das Gericht im Rahmen der Vollstreckungsabwehrklage der Klägerin im Verfahren RN 2 K 16.1236 und der Vollstreckungsgegenklage ihrer Tochter im Verfahren RN 2 K 17.744 jeweils mit Urteil vom 6. Dezember 2018 zu dem Ergebnis kam, dass die Übereignung an die Tochter der Klägerin sittenwidrig war. Damit ist die Klägerin nach wie vor auch Eigentümerin der FlNr. 2* … und die nach wie vor wohl bestehende Eintragung der Tochter als Eigentümerin der FlNr. 2* … im Grundbuch unrichtig. In dieser Konstellation ist zum einen – wie bereits mehrfach entschieden – nicht von einer Unmöglichkeit der Erfüllung durch die Klägerin auszugehen (s.o), zum anderen aber auch nicht von einer Erfüllung oder einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten des Beklagten, wenn er die abgegebene Bewilligung nicht als ausreichend erachtet, da diese alleine nicht zum Erfolg einer Eintragung des geschuldeten Geh- und Fahrtrechts führen wird. Auch für eine Erfüllung ist vielmehr zu fordern, dass die Klägerin auch den Mehraufwand leistet, der für die Rückgängigmachung der Folgen der sittenwidrigen Übereignung an die Tochter entsteht, soweit diese der Eintragung des vereinbarten Geh- und Fahrtrechts entgegensteht. Auf die Ausführungen im Rahmen der Unmöglichkeit (s.o.) wird verwiesen.
66
Auch soweit die Klägerseite zuletzt auf die Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Beschluss vom 21. Januar 2020 (8 ZB 19.192) hinweist, führt dies nicht zu einer anderen Einschätzung. Zwar trifft es zu, dass in dem Beschluss ausgeführt wurde, dass auch die „wahre“ Eigentümerin die formellrechtliche Eintragungsbewilligung nach § 19 Grundbuchordnung (GBO) wirksam abgeben kann und hierfür eine Entscheidung des BGH zitiert wurde. Vorliegend ist jedoch – wie bereits oben ausgeführt – nicht klar, dass die Klägerin ihre Eigenschaft als „wahre“ Eigentümerin ausreichend gegenüber dem Grundbuchamt kommuniziert hat. Außerdem hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im späteren Beschluss vom 27. Oktober 2022 (8 C 22.334) ausgeführt, dass selbst wenn man annehme, dass die Vollstreckungsschuldnerin als „wahre“ Eigentümerin eine formellrechtliche Eintragungsbewilligung nicht abgeben könnte, sie einen Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs nach § 894 BGB gegen ihre Tochter besitze (siehe auch Zitat oben). Die Klägerin kann sich damit nicht alleine mit der Abgabe der Bewilligung auf eine Erfüllung bzw. ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Beklagten in diesem Zusammenhang berufen.
67
d. Ebenfalls nicht zur Unzulässigkeit der Vollstreckung führt der Einwand des Rechtsmissbrauchs im Zusammenhang mit einem Zivilprozess. Die Klägerin bringt vor, dass ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen dadurch vorliege, dass der Beklagte trotz Zustimmung der Klägerin in einem Zivilprozess am Landgericht R* … die Zwangsvollstreckung in diesem Verfahren weiter betreibe. Er verhalte sich dadurch widersprüchlich. Es handelt sich insoweit um ein neues Vorbringen, das auch nicht bereits früher geltend gemacht wurde oder früher geltend gemacht werden hätte können. Allein aus dem Vortrag der Klägerin, dass in einem anderen Prozess am Zivilgericht die Klägerin die Zustimmung zum Güterrichtertermin erteilt habe und die Anregung hierzu von Seiten des Beklagten gekommen sei, lässt sich jedoch ein widersprüchliches und sogar treuwidriges Verhalten des Beklagten nicht erkennen. Ein Zusammenhang mit dem hier streitgegenständlichen Verfahren ist von Klägerseite weder vorgetragen noch näher belegt. Auch dem Vortrag des Beklagten, dass die erwähnte zivilrechtliche Streitigkeit mit der vorliegenden Rechtssache nichts zu tun habe, wurde nicht widersprochen oder die Argumentation im Nachgang zur Entscheidung im Verfahren RN 2 E 23.369 vom 19. April 2023 ergänzt. Ein Gebot von gleichen Prozessparteien in verschiedenen Prozessen, sich in gewisser Weise einheitlich zu verhalten, existiert nicht. Besondere Gründe, warum der Beklagte durch sein Verhalten im Prozess vor dem Zivilgericht den gerechtfertigten Eindruck erweckt habe, dass er in diesem Verfahren die Zwangsvollstreckung nicht betreibe, wurden weder vorgetragen, geschweige denn substantiiert belegt, noch sind sie ersichtlich.
68
e. Ein Erfolg der Vollstreckungsabwehrklage ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag der Klägerseite, dass eine Eintragung des Geh- und Fahrtrechts, wie im Vergleich vereinbart, schon deshalb tatsächlich unmöglich sei, weil seitens des Beklagten das Fahrtrecht lt. Vergleich für FlNr. 4* … schon deshalb nicht eingeräumt werden könne, da ein solches zwingend über die FlNr. 5* … führen müsste, dieses aber vom Beklagten eingezäunt sei. Geschuldet ist die in Ziffer III des Vergleichs vom 17. August 2010 beschriebene Eintragung des Geh- und Fahrtrechts. Aus aktuellen Luftbildern und den vorgelegten Lageplänen ist ersichtlich, dass die FlNr. 2* … im Süden sowohl an Teilbereiche der FlNr. 3* … als auch der FlNr. 4* … angrenzt, für deren Eigentümer das Geh- und Fahrtrecht eingeräumt werden soll. Die ebenfalls angrenzende FlNr. 5* … ist im Vergleich nicht erwähnt. Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Einzäunung dieses Grundstücks, die zudem revisibel ist, der geschuldeten Eintragung für die Eigentümer der beiden anderen Grundstücke FlNr. 3* … und FlNr. 4* … dergestalt betreffen soll, dass die Eintragung wegen tatsächlicher Unmöglichkeit nicht mehr geschuldet sei. Zudem steht das Grundstück FlNr. 5* … im Eigentum des Beklagten.
69
f. Auch soweit die Klägerseite im Eilverfahren RN 2 E 23.1877 vortrug, dass im Übrigen Punkt IV des Vergleichs, Entfernen der Bepflanzung von 3* … – 4* … mit Frist bis 15. April 2011 und Freihalten von Bepflanzung, bis heute nicht erfolgt sei und hierzu ein undatiertes Lichtbild vorlegte und den Sachvortrag mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2023 in die Vollstreckungsabwehrklage einbezog, führt dies – unabhängig davon, ob derzeit ein Verstoß gegen Ziffer IV des Vergleichs vorliegt – nicht zum Erfolg der Vollstreckungsabwehrklage. Wie sich bereits aus der Formulierung „bis heute nicht erfolgt sei“ ergibt, handelt es sich nicht um eine neue Einwendung. Im Übrigen wird auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 13. Dezember 2011 im Verfahren RN 2 V 11.1620 hingewiesen, in dem ausgeführt wurde, dass die Erfüllung der Verpflichtungen aus den Ziffern III und V des Vergleichs nicht Zug um Zug mit der Erfüllung der Verpflichtung des Vollstreckungsgläubigers aus Ziffer IV zu erfolgen habe (vgl. § 756 ZPO) und es sich auch nicht um eine bedingte Verpflichtung der Vollstreckungsschuldnerin handele (§ 726 ZPO). Ein weiterer Vortrag bzw. die Benennung einer konkreten und neuen Einwendung in diesem Zusammenhang wurde weder im Nachgang zum Vortrag des Beklagten im Eilverfahren RN 2 E 23.1877 gemacht noch nach dem Einstellungsbeschluss in besagtem Eilverfahren.
70
g. Soweit die Klägerseite zuletzt vorbringt, dass gegenüber dem Beklagten die Einrede der Verjährung erhoben worden sei und argumentiert, dass der Anspruch auf Eintragung des Geh- und Fahrtrechts aus dem Vergleich vom 17. August 2010 verjährt sei, führt dies ebenfalls nicht zum Erfolg der Vollstreckungsabwehrklage. Die Einrede der Verjährung kann zwar als rechtshemmende Einwendung mit der Vollstreckungsabwehrklage geltend gemacht werden (vgl. Vorwerk/Wolf, BeckOK ZPO, Stand 1.3.2024, § 767 Rn. 24). Die Klägerseite nimmt jedoch zu Unrecht an, dass die Verjährungsregelung des § 197 Abs. 1 Nr. 4 BGB nicht greift. Vorliegend soll ein Anspruch aus den Ziffern III und IV des Vergleichs vom 17. August 2010 vollstreckt werden. Mit diesem Vergleich wurde das Verfahren 8 B 09.846 vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof beendet. Es handelt sich um einen gerichtlichen Vergleich im Sinne des § 106 Satz 1 VwGO. Gerichtliche Vergleiche sind Vollstreckungstitel i.S.d. § 168 Abs. 1 Nr. 3 VwGO, § 794 Abs. 1 Nr. 4 ZPO. § 197 Abs. 1 Nr. 4 BGB sieht für Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen eine 30-Jährige Verjährung vor. Warum diese für den hier zugrundeliegenden Vergleich, aus dem jedenfalls seit 2011 vollstreckt wird, mangels vollstreckbarem Inhalt nicht gelten soll, erschließt sich dem Gericht nicht (vgl. VG Bremen, B.v. 10.1.2024 – 6 Z 2277/23 – juris). Eine wiederkehrende Leistung i.S.d. § 197 Abs. 2 BGB liegt ersichtlich nicht vor. Im Übrigen wird im Hinblick auf die zahlreichen Vollstreckungsbemühungen des Beklagten zur Durchsetzung der Eintragung der Verpflichtung aus den Ziffern III und V des Vergleichs vom 17. August 2010 in der Vergangenheit auch auf die Regelungen des § 212 Abs. 1 Nr. 2 BGB hingewiesen.
71
Nach alledem bleibt festzuhalten, dass die erhobene Vollstreckungsabwehrklage (Klageantrag Ziffer 1) zulässig, aber unbegründet ist.
72
2. Die Klage ist im Klageantrag zu 3) jedenfalls unbegründet.
73
Mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2023 erweiterte die Klägerseite ihren Antrag, die Vollstreckung aus dem Vergleich vom 17.08.2010 für unzulässig zu erklären um einen Antrag auf Rückzahlung und Verzinsung der mittlerweile beigetriebenen Summe von 7.860,53 Euro. Die Klägerseite machte eine Klageerweiterung auf eine – so von Klägerseite bezeichnete – „verlängerte Vollstreckungsabwehrklage“ geltend. Der Beklagte stimmte der Klageerweiterung nicht zu.
74
Zwar meint die Formulierung „verlängerte Vollstreckungsgegenklage“ üblicherweise eine Konstellation in zivilrechtlichen Prozessverhältnissen, nämlich die Rückforderung des Vollstreckungserlöses auf Grundlage von § 812 BGB. Trotz anwaltlicher Vertretung kann das Gericht das Begehren der Klägerin jedoch, da das Ziel der Klageerweiterung erkennbar ist, als Klage auf Rückzahlung des beigetriebenen Zwangsgeldes auslegen. Ob die Rückzahlung von Zwangsgeld bei nachträglicher Erfüllung überhaupt auf diesem Wege erreicht werden kann, ist strittig. Anders als in den Fällen der Rückforderung des Vollstreckungserlöses auf Grundlage von § 812 BGB geht es nicht um eine Rückzahlung zwischen den Parteien, da der Beklagte das beigetriebene Zwangsgeld nicht erhält, sondern um einen Rückzahlungsanspruch gegen die Staatskasse. Die Frage, ob das Prozessgericht des ersten Rechtszugs überhaupt eine Anweisung an die Staatskasse zur Rückzahlung eines beigetriebenen Zwangsgeldes aussprechen darf, ist in Rechtsprechung und Schrifttum nicht einheitlich beantwortet. Zum Teil wird die Meinung vertreten, der Schuldner müsse seinen Rückzahlungsanspruch gegen die Staatskasse im ordentlichen Klagewege verfolgen. Nach anderer Ansicht ist jedoch die Anordnung einer Rückzahlung durch das Prozessgericht des ersten Rechtszuges, das die Maßnahme nach § 888 ZPO erlassen hat, im Beschlussverfahren analog § 776 ZPO zulässig (vgl. zum Streit OLG Zweibrücken, B.v. 13.3.2000 – 3 W 44/00 – juris m.w.N.). Es spricht bereits viel dafür, dass die von Klägerseite begehrte Rückzahlung des Zwangsgeldes bereits nicht im Wege der Erweiterung dieses Klageverfahrens geltend gemacht werden konnte. Jedenfalls aber ist der Klageantrag in Ziffer 3 unbegründet, da das Gericht aus den oben genannten Gründen nicht davon ausgeht, dass die Klägerin nachträglich erfüllt hat.
75
Nach alledem war die Klage vollumfänglich abzuweisen.
76
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
77
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 ff. ZPO.