Titel:
Wirksamkeit einer Heilquellenschutzgebietsverordnung - hier: Schutzbedürftigkeit eines Heilwasservorkommens
Normenketten:
VwGO § 47, § 86 Abs. 1
WHG § 51 Abs. 2, § 52, § 53
LAWA-Richtlinien
Leitsatz:
Bei Wässern, die weniger als 1 g/l, aber andere wertbestimmende Bestandteile oder charakterisierende Eigenschaften haben, ist kein Nachweis der Eignung zu Heilzwecken durch die Ergebnisse einer klinischen oder sonstigen ärztlichen Erprobung (klinische Prüfung) erforderlich. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Normenkontrolle, Heilquellenschutzgebietsverordnung, staatliche Anerkennung als Heilquelle, Eignung zu Heilzwecken, Kluftgrundwasserleiter, Notwendigkeit qualitativer Schutzzonen, Schutzanordnungen, staatliche Anerkennung, Heilquelle, Heilzwecken, akratische Wässer, Erfahrung, Heil- und Rehabilitationseinrichtung, Schutzbedürftigkeit, Grenzziehung, Schutzzone, Bildungstyp, Bauverbot
Fundstelle:
BeckRS 2024, 20347
Tenor
I. Die Normenkontrollsachen Az. 8 N 22.2471, 8 N 22.2478 und 8 N 22.2479 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II. Die Anträge werden abgelehnt.
III. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen jeweils zu einem Drittel.
IV. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. V.Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Gegenstand der Normenkontrolle ist die Verordnung des Landratsamts Kelheim über die Ausweisung eines Heilquellenschutzgebietes zur Sicherung des Schwefelwasserbrunnens HB 1 für das … Klinikum Bad A. vom 22. November 2021. Die am 3. Dezember 2021 im Amtsblatt bekanntgemachte Verordnung ist am 4. Dezember 2021 in Kraft getreten (vgl. § 12 der Verordnung [HQSG-VO]).
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Das Schutzgebiet dient der Sicherung eines auf Grundstück FlNr. … Gemarkung ... erschlossenen Schwefelwasserbrunnens, der mit Bescheid des früheren Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 22. Oktober 1997 als Heilquelle staatlich anerkannt wurde. Es umfasst qualitativ einen Fassungsbereich (Schutzzone I), eine engere Schutzzone (II) und zwei weitere Schutzzonen (III A und III B) sowie quantitativ eine innere (A) und eine äußere (B) Schutzzone.
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Die Heilquelle versorgt das Klinikum der Beigeladenen und – in geringer Menge (< 200 m3/a) – die …therme ... mit Wasser für balneologische Anwendungen. Die mittlere Jahresförderung betrug im Zeitraum 1998 bis 2017 – bei einer wasserrechtlich erlaubten Entnahme von damals 141.620 m3/a – ca. 18.300 m3/a.
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Die Antragsteller sind Eigentümer von Grundstücken im Schutzgebiet.
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Unter dem 26. Januar 2018 legte die Beigeladene die Planunterlagen vor. Dem Schutzgebietsvorschlag liegt eine maximale Jahresentnahme von 50.000 m3/a zugrunde. Die maximale Momentaufnahme soll bei 8 l/s liegen, um eine bedarfsgesteuerte Entnahme über kürzere Förderzeiträume mit längeren Pausen zu ermöglichen.
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Die Antragsunterlagen mit Schutzgebietsvorschlag wurden beim Landratsamt Kelheim und beim Markt Bad Abbach ausgelegt. Die Antragsteller haben fristgerecht Einwendungen gegen die Festsetzung eines Heilquellenschutzgebiets erhoben.
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Anstelle eines Erörterungstermins wurde während der COVID-19-Pandemie eine Online-Konsultation gemäß § 5 Abs. 2 und 4 PlanSiG durchgeführt. Die Antragsteller setzten sich für die Durchführung eines Erörterungstermins ein, verzichteten auf eine weitere Stellungnahme und hielten ihre bisherigen Einwendungen aufrecht.
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Am 28. November 2022 haben die Antragsteller Normenkontrollanträge stellen lassen. Zur Begründung machen sie geltend, der unter Schutz gestellte Schwefelwasserbrunnen sei zu Unrecht staatlich als Heilquelle anerkannt worden. Eine Heilwirkung des Wassers sei nicht nachgewiesen; es fehle jede belastbare klinische Erprobung. Das Schutzgebiet sei überdimensioniert; ihm liege mit 50.000 m3/a bei einer mittleren Jahresförderung von nur 18.300 m3/a ein zu hoher Förderbedarf zugrunde. Das Wasservorkommen sei aufgrund der flächendeckend hohen Schutzfunktion der Grundwasserüberdeckung nicht schutzbedürftig. Die Festsetzung der qualitativen Schutzzonen II und III sei nicht begründet worden, obwohl diese beim Bildungstyp 1 nicht und beim Bildungstyp 2 in der Regel nicht erforderlich seien. Die Abgrenzung des quantitativen Schutzgebiets sei nicht nachvollziehbar; abstromig des Brunnens gelegene Flächen hätten nicht einbezogen werden dürfen. Alle Schutzanordnungen, die auf die Vermeidung eines potenziellen Eintrags von Fremdwasser in das Grundwasser abzielten, seien nicht gerechtfertigt, weil die Deckschichten mächtig seien und im oberirdischen Einzugsgebiet keine Grundwasserneubildung stattfinde. Die landwirtschaftliche Nutzbarkeit der Flächen werde erheblich eingeschränkt, weil Pflanzenschutzmittel in Schutzgebieten nicht eingesetzt werden dürften. Das Verbot von Versickerungszisternen sei ungerechtfertigt und widerspreche dem präventiven Hochwasserschutz.
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Die Antragsteller beantragen,
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Die vom Landratsamt Kelheim am 22. November 2021 erlassene und am 3. Dezember 2021 im Amtsblatt des Landkreises Kelheim bekannt gemachte Verordnung über die Ausweisung eines Heilquellenschutzgebiets für den Schwefelwasserbrunnen HB 1 der … Klinikum GmbH Bad A. ist mit Ausnahme des § 11 (Ordnungswidrigkeiten) unwirksam.
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Der Antragsgegner und die Beigeladene beantragen,
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den Antrag abzulehnen.
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Die Heilquelle sei zu Recht staatlich anerkannt worden. Das geförderte Wasser sei – wie mit dem Medizinisch-Balneologischen Gutachten vom 13. März 1996 nachgewiesen – aufgrund seiner chemischen Zusammensetzung geeignet, Heilzwecken zu dienen. Auf die Ausweisung qualitativer Schutzzonen könne nicht verzichtet werden, weil die Schutzfunktion über den geologischen Störungen und den Braunkohleschichten, denen das Schwefelwasservorkommen zu verdanken sei, deutlich geringer ausgeprägt sei. Die abstromig in die quantitative Zone A einbezogenen Flächen (Grundstück FlNr. …; bebautes Gebiet im Osten) seien von Störungen durchzogen.
14
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der beigezogenen Behördenakten und der Gerichtsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässigen Normenkontrollanträge haben keinen Erfolg. Die angegriffene Verordnung (HQSG-VO) weist weder formelle noch materiell-rechtliche Fehler auf.
Die Normenkontrollanträge sind zulässig, insbesondere statthaft (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, Art. 4 Satz 1 AGVwGO). Die Antragsteller sind als Eigentümer im Geltungsbereich der Verordnung liegender Grundstücke antragsbefugt nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Die Jahresfrist ab Bekanntmachung der Verordnung ist eingehalten.
Die Normenkontrollanträge sind unbegründet. Die angegriffene Verordnung verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
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Die Verordnung ist formell rechtmäßig.
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Die Antragsteller haben keine Verfahrensfehler geltend gemacht; solche sind auch sonst nicht erkennbar. Die Durchführung einer Online-Konsultation anstelle des Erörterungstermins (Art. 73 Abs. 3 Satz 1 BayWG i.V.m. Art. 73 Abs. 6 BayVwVfG) war von § 5 Abs. 4 des Gesetzes zur Sicherstellung ordnungsgemäßer Planungs- und Genehmigungsverfahren während der COVID-19-Pandemie (Planungssicherstellungsgesetz – PlanSiG; i.d.F.v. 18.3.2021) abgedeckt. Dass dabei ihre Rechte nicht gewahrt worden wären, tragen die Antragsteller im Normenkontrollverfahren nicht vor.
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Die Verordnung leidet nicht an materiell-rechtlichen Fehlern.
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Rechtsgrundlage der Verordnung ist § 53 Abs. 4 WHG. Hiernach kann die Landesregierung oder eine ermächtigte Landesbehörde – hier das Landratsamt Kelheim als zuständige Kreisverwaltungsbehörde (vgl. § 11 Nr. 4 der Verordnung über die Zuständigkeit zum Erlass von Rechtsverordnungen [Delegationsverordnung – DelV]) – zum Schutz staatlich anerkannter Heilquellen durch Rechtsverordnung ein Heilquellenschutzgebiet festsetzen. In Heilquellenschutzgebieten können bestimmte Handlungen verboten oder für nur eingeschränkt zulässig erklärt und Eigentümer, Nutzungsberechtigte und Begünstigte zur Vornahme bzw. Duldung bestimmter Handlungen und Maßnahmen verpflichtet werden (vgl. § 53 Abs. 5 i.V.m. § 52 Abs. 1 WHG).
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1. Die Verordnung wurde zum Schutz einer staatlich anerkannten Heilquelle erlassen.
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Mit der staatlichen Anerkennung als Heilquelle wird festgestellt, dass deren Erhaltung aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit – insbesondere aus Gründen der öffentlichen Gesundheit – erforderlich ist (vgl. § 53 Abs. 2 WHG; BT-Drs. 16/12275 S. 68; BayVGH, U.v. 13.11.2012 – 22 N 09.1092 und 22 N 09.1093 – juris Rn. 15 bzw. 16; Ormond in Schink/Fellenberg, GK-WHG, 1. Aufl. 2021, § 53 Rn. 31). Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. Der unter Schutz gestellte Schwefelwasserbrunnen HB 1 wurde mit Bescheid des früheren Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 22. Oktober 1997 als Heilquelle staatlich anerkannt. Die Regierung von Niederbayern hat als seit 1. März 2010 zuständige Behörde (Art. 33 BayWG) einen Widerruf dieser Anerkennung abgelehnt (vgl. Behördenakte [BA] S. 771 ff.).
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2. Die staatliche Anerkennung als Heilquelle ist sachlich gerechtfertigt.
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Die Antragsteller können grundsätzlich einwenden, der unter Schutz gestellte Brunnen sei zu Unrecht als Heilquelle anerkannt worden. Da ihnen mangels Beeinträchtigung ihrer Rechte kein Rechtsschutz gegen die staatliche Anerkennung als Heilquelle eröffnet war (zum wasserrechtlichen Nachbarschutz grundlegend vgl. BVerwG, U.v. 20.10.1972 – IV C 107.67 – BVerwGE 41, 58 = juris Rn. 18 ff.), hat dies im Normenkontrollverfahren gegen die der Anerkennung nachfolgende Schutzgebietsverordnung zu erfolgen (vgl. BayVGH, U.v. 15.3.1977 – 127 VIII 76 – DVBl 1977, 931 = juris Rn. 21; U.v. 13.11.2012 – 22 N 09.1092 und 22 N 09.1093 – juris Rn. 17 bzw. 18).
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Heilquellen sind natürlich zu Tage tretende oder künstlich erschlossene Wasser- oder Gasvorkommen, die auf Grund ihrer chemischen Zusammensetzung, ihrer physikalischen Eigenschaften oder der Erfahrung nach geeignet sind, Heilzwecken zu dienen (Art. 53 Abs. 1 WHG; früher: Art. 38 BayWG i.d.F.v. 19.7.1994). Ihre besondere gesundheitsfördernde Bedeutung rechtfertigt es, ihren Bestand vorbeugend gegen mögliche Beeinträchtigungen und Schäden zu schützen (vgl. BT-Drs. 16/12275 S. 68).
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a) Die Heilquelle HB 1 ist auf Grund ihrer chemischen Zusammensetzung geeignet, Heilzwecken zu dienen (Art. 53 Abs. 1 Alt. 1 WHG).
28
Zwar erreicht das aus ihr geförderte Wasser mit einem Mineralgehalt von 709 mg/l nicht den Mindestgehalt von 1 g/l gelöste Mineralstoffe (vgl. Deutscher Heilbäderverband [DHV] / Deutscher Tourismusverband [DTV], Begriffsbestimmungen / Qualitätsstandards für Heilbäder und Kurorte, Luftkurorte, Erholungsorte – einschließlich der Prädikatisierungsvoraussetzungen – sowie für Heilbrunnenbetriebe und Heilquellen (im Folgenden: Begriffsbestimmungen], 14. Auflage 2024, S. 121 f.; der „Grenzwert“ von 1g/l geht zurück auf die Bad Nauheimer Beschlüsse des Allgemeinen Deutschen Bäderverbands aus dem Jahr 1911). Allerdings enthält das geförderte Heilwasser besondere wertbestimmende Einzelbestandteile; für fluorid- und schwefelhaltige Wasser werden die festgelegten Mindestwerte von 1 mg/l Fluorid und 1 mg/l Sulfidschwefel unstreitig überschritten (vgl. Medizinisch-Balneologisches Gutachten vom 13.3.1996, BA Anerkennungsverfahren S. 17 ff./19; Gutachten des Instituts für Wasserchemie und chemische Balneologie der Technischen Universität … vom 28.10.2002, Antragsunterlagen [AU] S. 205 ff./228 f.). Wässer, die weniger als 1 g/l, aber andere wertbestimmende Bestandteile oder charakterisierende Eigenschaften haben, nennt man akratische Wässer (vgl. DHV/DTV, Begriffsbestimmungen S. 122).
29
Ein Nachweis der Eignung zu Heilzwecken durch die Ergebnisse einer klinischen oder sonstigen ärztlichen Erprobung (klinische Prüfung) ist damit nicht erforderlich (vgl. Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand März 2024, § 53 WHG Rn. 8; Schwendner in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, Stand: August 2023, § 53 Rn. 3 und 7; DHV/DTV, Kommentierte Fassung der Begriffsbestimmungen – Qualitätsstandards für die Prädikatisierung von Kurorten, Erholungsorten und Heilbrunnen, 12. Aufl. 2005, Stand Oktober 2011, S. 59, abrufbar unter https://www.bezreg-muenster.de/de/gesundheit_und_soziales/anerkennungen_nach_dem_kurortegesetz_nrw/_ablage/Begriffsbestimmungen-12-Aufl-kommentierte-Fassung-aktualisiert-PDF-685371.pdf).
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b) Die Geeignetheit der Heilquelle, Heilzwecken zu dienen, ergibt sich im vorliegenden Fall zudem aus der Erfahrung (§ 53 Abs. 1 Alt. 3 WHG).
31
Eine auf Erfahrung beruhende Heilwirkung ist eine solche, die sich nach dem heutigen Erkenntnisstand der Wissenschaft aus seiner chemischen Zusammensetzung oder den physikalischen Eigenschaften nicht hinreichend erklären lässt (vgl. Ormond in Schink/Fellenberg, GK-WHG, § 53 Rn. 12; Kotulla, WHG, 2. Aufl. 2011, § 53 Rn. 5). Die Heilwirkung muss in diesem Fall praktisch klinisch erprobt worden sein (vgl. Hünnekens in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 53 WHG Rn. 10; Schwendner in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, § 53 Rn. 9). Die bloße Behauptung oder Vermutung einer Heilwirkung reicht angesichts der weitreichenden Folgen für den verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz der betroffenen Grundstückseigentümer und Nutzungsberechtigten dagegen nicht aus (vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, 13. Aufl. 2023, § 53 Rn. 7; tendenziell weiter Schwind in Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, 2. Aufl. 2017, § 53 Rn. 7, wonach eine Vermutung auf der Grundlage eines bei einem bestimmten Personenkreis vorhandenen Erfahrungsschatzes genügt). Auf der anderen Seite ginge es zu weit, eine klinische Prüfung vergleichbar derjenigen von Arzneimitteln zu verlangen (vgl. Ormond in Schink/Fellenberg, GK-WHG, § 53 Rn. 12).
32
Diese Anforderungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Das vom amtlichen Sachverständigen (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a der Verordnung über das Verfahren für die staatliche Anerkennung von Heilquellen [Heilquellen-V]) im Anerkennungsverfahren abgegebene Medizinisch-Balneologisches Gutachten vom 13. März 1996 (vgl. BA Anerkennungsverfahren S. 17 ff.) entspricht den anerkannten Standards für die medizinisch-wissenschaftliche Begutachtung staatlich anerkannter Heilquellen (vgl. DHV/DTV, Begriffsbestimmungen S. 119 und 195 f.). Es enthält insbesondere gutachterliche Aussagen zu den medizinisch-balneologischen Anwendungsmöglichkeiten sowie den Indikationen (Heilanzeigen) und Kontraindikationen (Gegenanzeigen). Hiernach eignet sich das schwefel- und fluoridhaltige Wasser in Form von Wannenbädern bei „Erkrankungen des Bewegungsapparats“ (vgl. dort S. 10). Diese prospektiven Aussagen reichen zur Anerkennung aus; differenziertere oder erweiterte Indikationen können laut Gutachter erst im Anschluss an eine medizinisch-balneologische Untersuchung mit Patientenbeobachtungen begutachtet werden (vgl. Gutachten vom 13.3.1996 S. 13).
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Diesbezüglich hat die Beigeladene eine Ärztliche Stellungnahme vom 19. Oktober 2023 vorgelegt. Darin bestätigt die ärztliche Leitung des Zentrums für orthopädische und rheumatologische Rehabilitation – Abteilung Rheumatologie, dass die Heilwirkung von Schwefelbädern bei Patienten mit entzündlich rheumatischen Erkrankungen – insbesondere rheumatoider Arthritis – in Studien belegt sei. Die positiven Studienergebnisse passten zur persönlichen Erfahrung in der Einrichtung, wonach die Patienten seit Jahrzehnten von den Schwefelbädern profitierten. Diese berichteten regelhaft von einer deutlichen Besserung ihrer Beschwerden (Schmerzen, Gelenkschwellungen, Gelenkbeweglichkeit, Allgemeinbefinden, psychisches Wohlbefinden). Schwefelbäder seien deshalb ein sehr wichtiger Bestandteil der physikalischen Therapie der Einrichtung der Beigeladenen und aus deren Gesamtkonzept nicht wegzudenken.
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Der bedingt gestellte Beweisantrag der Antragsteller (Schriftsatz vom 30.4.2024 S. 5 Nr. 5a), ein Sachverständigengutachten einzuholen zum Beweis der Tatsache, dass eine positive (stoffliche) Wirkung des aus Brunnen HB 1 gewonnen, im Klinikbetrieb eingesetzten Wassers bei den angeführten Patientenbeschwerden wissenschaftlich nicht nachweisbar ist, gibt nach § 86 Abs. 1 VwGO keinen Anlass für eine weitere Sachverhaltsaufklärung (zu diesem Maßstab vgl. BVerwG, B.v. 1.12.2022 – 7 B 18.22 – juris Rn. 7 m.w.N.). Auf die Frage, ob die Heilwirkung des geförderten Heilwassers wissenschaftlich nachweisbar ist, kommt es gemäß § 53 Abs. 1 WHG nicht an (vgl. oben Rn. 31). Im Übrigen liegen zur Eignung des Wassers für Heilzwecke bereits Gutachten vor (vgl. oben Rn. 32 f.), die als Grundlage für die richterliche Überzeugungsbildung geeignet und ausreichend sind (§ 98 VwGO i.V.m. § 412 ZPO entsprechend, vgl. auch BVerwG, B.v. 26.6.2020 – 7 BN 3.19 – NJW 2020, 3672 = juris Rn. 5).
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Auf die Frage, ob die Antragsteller mit ihrem Vortrag, die Heilwirkung des Wassers sei nicht hinreichend nachgewiesen, nach Art. 73 Abs. 3 Satz 1 BayWG i.V.m. Art. 73 Abs. 4 Satz 3 BayVwVfG ausgeschlossen sind, kommt es deshalb nicht an.
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3. Die Schutzwürdigkeit des geförderten Wasservorkommens steht außer Zweifel (zur Heranziehung der zu Trinkwasserschutzgebieten von der Rechtsprechung entwickelten Erforderlichkeitskriterien bei Heilquellenschutzgebieten vgl. BayVGH, U.v. 13.11.2012 – 22 N 09.1092 und 22 N 09.1093 – juris Rn. 32 bzw. 34; Breuer/Gärditz, Öffentliches und privates Wasserrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 1137). Der Schwefelwasserbrunnen HB 1 ist seit Jahrzehnten in eine Heil- und Rehabilitationseinrichtung eingebunden und liefert schwefel- und fluoridhaltiges Heilwasser, das nach seiner Menge und Qualität für die öffentliche Gesundheit geeignet ist (vgl. Heilwasseranalysen 2002-2017, AU S. 109 ff.; Ingenieurbüro I., Hydrologischer Bericht – Fachgutachten Hydrogeologie und Vorschlag bezüglich eines quantitativen und qualitativen Schutzgebiets vom 24.1.2018 [AU S. 1 ff.; im Folgenden: Gutachten vom 24.1.2018] S. 5). Die Heilwasseranalysen bestätigen ein von anthropogenen Einflüssen freies Wasser.
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4. Die Schutzbedürftigkeit des Heilwasservorkommens liegt vor.
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Ohne die Festsetzung des Schutzgebiets wäre zu befürchten, dass die chemische Beschaffenheit oder die hygienische Eignung des unter Schutz gestellten Heilwasservorkommens nicht unwesentlich beeinträchtigt wird (vgl. BVerwG, U.v. 20.1.2015 – 7 BN 2.14 – W+B 2015, 120 = juris Rn. 30 zu § 51 Abs. 1 WHG) und dass der individuelle Charakter der Heilquelle durch ein Entweichen von Schwefelwasserstoff verändert wird. Es ist daher vernünftigerweise geboten, typischerweise gefährlichen Situationen (abstrakten Gefährdungen) zu begegnen; eines konkreten Nachweises eines unmittelbar drohenden Schadenseintritts bedarf es nicht (vgl. BVerwG, U.v. 12.9.1980 – IV C 89.77 – NJW 1981, 837 = juris Rn. 14; BayVGH, U.v. 13.11.2012 – 22 N 09.1092 und 22 N 09.1093 – juris Rn. 36 bzw. 38; U.v. 16.8.2022 – 8 N 19.1138 – juris Rn. 54; NdsOVG, U.v. 28.11.2022 – 7 KN 1/21 – NVwZ-RR 2023, 270 = juris Rn. 42; OVG RhPf, U.v. 29.9.2020 – 1 C 10840/19 – ZNER 2021, 186 = juris Rn. 100).
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Eine abstrakte Gefährdung ist vorliegend trotz der (sehr) hohen Schutzfunktion der Deckschichten (vgl. Ingenieurbüro I., Gutachten vom 24.1.2018 S. 37 [Tabelle 7]; Wasserwirtschaftsamt [WWA], Gutachten vom 15.3.2021 [BA S. 805 ff.] S. 6) gegeben. Denn im Einzugsgebiet des Brunnens HB 1 sind oberflächennahe tektonische Störungen vorhanden, über denen die Deckschichten nur mittel bzw. gering ausgeprägt sind. Zudem weisen die Deckschichten über Braunkohlehorizonten, die für die Bildung des Heilwassers essentiell sind, teilweise nur eine mittlere Schutzfunktion auf (vgl. WWA, Stellungnahme vom 12.9.2023 S. 5 f. und Anhang 1; Sitzungsprotokoll vom 16.7.2024 S. 4).
40
5. Die Grenzen des Heilquellenschutzgebiets und seiner Schutzzonen wurden in rechtlich nicht zu beanstandender Weise festgesetzt.
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a) Die gerichtlich voll überprüfbare Erforderlichkeit der Schutzgebietsfestsetzung, die auch beim Heilquellenschutz nach § 53 Abs. 4 WHG zu verlangen ist, setzt der räumlichen Ausdehnung des Schutzgebiets Grenzen. Es dürfen nur solche Grundstücke in das Schutzgebiet einbezogen werden, die im Einzugsgebiet des Brunnens liegen und von denen Einwirkungen auf das zu schützende Gewässer ausgehen können (vgl. BVerfG, B.v. 6.9.2005 – 1 BvR 1161/03 – NVwZ 2005, 1412 = juris Rn. 26; BVerwG, B.v. 23.1.1984 – 4 B 157.83 u.a. – DVBl 1984, 342 = juris Rn. 4; U.v. 2.8.2012 – 7 CN 1.11 – NVwZ 2013, 227 = juris Rn. 21). Der Verordnungsgeber muss sich daher bei der Abgrenzung – soweit möglich – an den hydrogeologisch-hydraulisch ermittelten Grenzen des Wassereinzugsgebiets orientieren. Eine Arrondierung über das Maß des Erforderlichen hinaus ist grundsätzlich nicht möglich (vgl. BVerwG, U.v. 2.8.2012 – 7 CN 1.11 – NVwZ 2013, 227 = juris Rn. 21; B.v. 30.12.2021 – 7 BN 2.21 – juris Rn. 19; B.v. 20.1.2015 – 7 BN 2.14 – W+B 2015, 120 = juris Rn. 26).
42
Eine solche Grenzziehung trifft indessen auf praktische Schwierigkeiten. Die Ermittlung der Grenze des Wassereinzugsgebiets ist aus der Natur der Sache bei Wahrung eines angemessenen Verwaltungsaufwands mit fachlichen Unsicherheiten behaftet. Die Behörde darf sich folglich mit wissenschaftlich abgesicherten, in sich schlüssigen Schätzungen begnügen (vgl. BVerwG, U.v. 2.8.2012 – 7 CN 1.11 – NVwZ 2013, 227 = juris Rn. 22; B.v. 30.12.2021 – 7 BN 2.21 – juris Rn. 19; BayVGH, U.v. 16.8.2022 – 8 N 19.1138 – juris Rn. 61; NdsOVG, U.v. 28.11.2022 – 7 KN 1/21 – NVwZ-RR 2023, 270 = juris Rn. 44). Dabei kommt den Beurteilungen des Wasserwirtschaftsamts als kraft Gesetzes eingerichteter Fachbehörde (vgl. Art. 63 Abs. 3 Satz 1 BayWG) besondere Bedeutung zu. Weil sie auf jahrzehntelanger Bearbeitung eines bestimmten Gebiets und nicht nur auf der Auswertung von Aufträgen oder Aktenvorgängen im Einzelfall beruhen, haben sie grundsätzlich ein wesentlich größeres Gewicht als Expertisen privater Fachinstitute (stRspr, vgl. nur BayVGH, U.v. 16.8.2022 – 8 N 19.1138 – juris Rn. 61; B.v. 23.2.2016 – 8 CS 15.1096 – BayVBl 2016, 677 = juris Rn. 36).
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b) Das Schutzgebiet ist nicht deshalb überdimensioniert, weil die maximale jährliche Gesamtentnahme (Fördermenge) mit 50.000 m3 veranschlagt worden ist.
44
Die räumliche Abgrenzung wurde nicht auf eine – von der Fördermenge beeinflussbare – analytische Berechnung mit geohydraulischen Kennwerten gestützt, sondern anhand strukturgeologischer Daten getroffen. Der Vorhalt der Antragsteller, die beantragte Fördermenge von 50.000 m3/a sei viel zu hoch, geht deshalb ins Leere.
45
Bei dem erschlossenen Grundwasserleiter handelt es sich um einen Kluftgrundwasserleiter, dessen hydraulische Eigenschaften sich grundlegend von denen eines Porengrundwasserleiters unterscheiden. Der Grundwasserfluss erfolgt hier nicht durch ein homogenes Medium, sondern auf bruchtektonisch vorgezeichneten Bahnen entlang geologischer Störungen und Klüfte (vgl. Ingenieurbüro I., Gutachten vom 24.1.2018 S. 31 ff.; WWA, Gutachten vom 15.3.2021 S. 14 f. und Stellungnahme vom 12.9.2023 S. 1 ff.). Deshalb wurden für die Schutzgebietsabgrenzung strukturgeologische Gesichtspunkte herangezogen (vgl. Ingenieurbüro I., Strukturgeologische Karte mit Störungen, AU, Anlage 1.4, S. 68). Geohydraulische Kennwerte – wie z.B. die untere Kulmination und die Entnahmebreite (vgl. dazu Ingenieurbüro I., Gutachten vom 24.1.2018 Anlage 11) – hat die Gutachterin der Beigeladenen lediglich der Vollständigkeit bzw. Form halber ermittelt, aufgrund ihrer geringen Aussagekraft aber „allenfalls zur Orientierung herangezogen“ (vgl. Ingenieurbüro I., Stellungnahmen vom 30.11.2023 S. 4 und vom 26.10.2020 S. 12). Die Formulierung auf Seite 49 des Gutachtens vom 24. Januar 2018 („Abstromig von Brunnen HB 1 wurde die Schutzgebietsgrenze etwa 50 m jenseits des rechnerischen unteren Kulminationspunktes [bei einer Entnahme von 8 l/s) gezogen.“), auf die sich die Antragstellerseite stützt, beweist nichts Anderes. Der Vertreter der Gutachterin der Beigeladenen hat in der mündlichen Verhandlung noch einmal klargestellt, dass der Schutzgebietsumgriff anhand strukturgeologischer Daten festgelegt wurde; mit der „klassischen“ Berechnung habe man lediglich zeigen wollen, dass der Schutzgebietsumgriff auch bei einer Berechnung ausreichend dimensioniert wäre (vgl. Sitzungsprotokoll vom 16.7.2024 S. 3). Der amtliche Sachverständige hat dies bestätigt. Die Vorgehensweise stehe im Einklang mit dem Merkblatt Nr. 1.2/7 des Bayerischen Landesamts für Umwelt; die Dimensionierung sei zutreffend vorgenommen worden (vgl. Sitzungsprotokoll vom 16.7.2024 S. 3; Gutachten vom 15.3.2021 S. 15). Die Fördermenge spiele deshalb für die Bemessung des Heilquellenschutzgebiets keine Rolle (vgl. WWA, Stellungnahme vom 12.9.2023 S. 1 f.)
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Der bedingt gestellte Beweisantrag, ein Gutachten einzuholen zu der Tatsache, dass bei Zugrundelegung des tatsächlichen Förderbedarfs die untere Kulmination nord-/nordwestlich des Brunnens HB 1 bei ca. zehn Metern und der halbe Anstrombereich bei ca. 33 Metern liegt, und ab dem unteren Kulminationspunkt das Grundwasser nicht mehr in den Absenktrichter des Brunnens und damit in den Brunnen fließt, gibt keinen Anlass für eine weitere Sachverhaltsaufklärung. Die unter Beweis gestellte Tatsache ist – ausgehend von der hier angewandten Methodik der Schutzgebietsabgrenzung (vgl. oben Rn. 45) – nicht entscheidungserheblich. Zudem liegen auch zur „klassischen Bemessung“ gutachterliche Aussagen vor (vgl. AU S. 323 ff. Anlage 11). Der amtliche Sachverständige hat auch plausibel erläutert, dass die Reichweite der Absenkung – auch entgegen der Strömungsrichtung – in dem Kluftgrundwasserleiter viel weiter sei als in einem Porengrundwasserleiter (vgl. Sitzungsprotokoll vom 16.7.2024 S. 3).
47
c) Die Schutzzonen wurden in rechtlich nicht zu beanstandender Weise abgegrenzt.
48
Heilquellenschutzgebiete sollen nach Maßgabe der allgemein anerkannten Regeln der Technik in Zonen mit unterschiedlichen Schutzbestimmungen unterteilt werden (§ 53 Abs. 5 i.V.m. § 51 Abs. 2 WHG). Bei der Gliederung und Bemessung der Schutzzonen können die einschlägigen Regelwerke als „antizipierte Sachverständigengutachten“ herangezogen werden (vgl. BVerwG, B.v. 26.6.2020 – 7 BN 3.19 – NJW 2020, 3672 = juris Rn. 11; U.v. 2.8.2012 – 7 CN 1.11 – NVwZ 2013, 227 = juris Rn. 29). Vorliegend sind insbesondere die Richtlinien für Heilquellenschutzgebiete der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (3. Aufl. 1998 [im Folgenden: LAWA-Richtlinien]) relevant. Hiernach werden für Heilquellen quantitative Schutzzonen zum Schutz des Fließsystems (Schutzzonen A und B) und – im Einzelfall – qualitative Schutzzonen zum Schutz vor anthropogenen Stoffeinträgen (Schutzzonen I, II und III) vorgesehen (vgl. dort S. 11 ff.). Aufgrund der quantitativ-chemischen/physikalischen Abhängigkeiten ist der Heilquellenschutz damit umfassender als der Trinkwasserschutz (vgl. dort S. 8).
49
Für die Gliederung des Schutzgebiets und die Bemessung der Schutzzonen ist der Bildungstyp der Heilquelle (vgl. LAWA-Richtlinien S. 8 ff. Nr. 2.2 mit Tabelle 1) und das Fließsystem mit seiner Überdeckung von entscheidender Bedeutung. Daneben spielt auch die Wechselwirkung zwischen Wasser und Gas der Heilquelle und dem sonstigen Grundwasser eine wesentliche Rolle (vgl. LAWA-Richtlinien S. 11 f. Nr. 4.1).
50
aa) Die Zonen A und B (quantitativ) wurden rechtsfehlerfrei festgesetzt.
51
Der quantitative Schutz soll gewährleisten, dass das hydraulische System (Fließsystem) nicht beeinträchtigt und somit die Schüttung oder Ergiebigkeit nicht gemindert oder der individuelle Charakter der Heilquelle nicht verändert wird. Bei der Ausweisung wird zwischen einer Zone A und B (Innere bzw. Äußere Zone) unterschieden. Lage, Grenzen und Größe der Schutzzonen und die Schutzmaßnahmen in den Zonen richten sich im Wesentlichen nach dem Bildungstyp der Heilquelle, der Fassungsanlage, der geologischen Struktur und den hydrogeologischen Verhältnissen im Fließsystem der Heilquelle sowie der Ausbildung der Überdeckung des Fließsystems. Maßgebliche Kriterien sind insbesondere die Tiefe, Art und Wirkung eines Eingriffs in den Wasserhaushalt des Fließsystems und die Wirkung des Eingriffs auf die Druckverhältnisse des Grundwassers oder des Gases im Fließsystem (vgl. LAWA-Richtlinien S. 11 ff.).
52
Die Einbeziehung des abstromig des Brunnens HB 1 gelegenen Grundstücks FlNr. … und des weiter östlich gelegenen bebauten Gebiets in Zone A ist gerechtfertigt. Der Vorhalt der Antragsteller, die Bereiche lägen weit über dem unteren Kulminationspunkt, ab dem kein Grundwasser zum Brunnen mehr zufließe, geht fehl.
53
Der amtliche Sachverständige hat plausibel erläutert, dass Eingriffe an diesen Orten die Schüttung und die Ergiebigkeit der Heilquelle verringern können. Die Antragstellerseite verkennt, dass das Wasser dem Brunnen auch jenseits des unteren Kulminationspunkts entlang von Klüften zuströmen kann; entlang solcher Vorzugsrichtungen geht die Reichweite des Brunnens über die analytisch berechnete Reichweite hinaus. Im Bereich des Grundstücks FlNr. … und östlich davon sind mehre Störungen vorhanden, die eine Einbeziehung in das Schutzgebiet erfordern (vgl. WWA, Stellungnahme vom 12.9.2023 S. 2 mit Abbildung 1 [Tektonische Gegebenheiten]; Gutachten vom 15.3.2021 S. 16 oben; Sitzungsprotokoll vom 16.7.2024 S. 4). Damit bestätigt der amtliche Sachverständige die eingehende Begründung der Gutachterin der Beigeladenen für die Bemessung der Schutzzone A unter Einbeziehung der Struktur des Weichs-Frauenbründl-Grabens in seiner gesamten Breite (vgl. Ingenieurbüro I., Stellungnahmen vom 24.1.2018 S. 49 f., 26.10.2020 S. 11 f. und 30.11.2023 S. 5).
54
Die Erstreckung der Schutzzone A auf Bereiche im Norden und Osten der Fassungsanlage dient zudem dem Schutz des Charakters der Heilquelle. Der Charakter der Heilquelle wird nicht nur durch das Grundwasser selbst, sondern auch durch dessen Anreicherung mit Schwefel bestimmt. Das Schwefelwasser ist einem Braunkohlevorkommen zu verdanken; das Wasser fließt durch die Schichten eines Braunkohletertiärs und wird so zu Schwefelwasser. Damit muss neben dem Grundwasser auch die Schwefelgasmenge geschützt werden. Die Zonen A und B haben beide Schutzobjekte im Blick. Eingriffe in die Braunkohlehorizonte könnten zu einem Austreten von Schwefelgas führen und den individuellen Charakter der Heilquelle beeinflussen. Die Braunkohlehorizonte liegen – vor allem in der Zone A – teilweise sehr oberflächennah (vgl. WWA, Gutachten vom 15.3.2021 S. 17; Stellungnahmen vom 12.9.2023 S. 7 und vom 21.6.2024 S. 5). Der Vorhalt der Antragsteller, eine Ausgasung gelösten Schwefelwasserstoffs infolge einer Ausdünnung der Deckschichten sei nicht zu befürchten, weil die Grundwasserneubildung außerhalb des Schutzgebiets stattfinde, geht fehl. Das Bildungsgebiet einer Heilquelle umfasst nicht nur das Gebiet der Grundwasserneubildung. Für die Bildung des Schwefelwassers ist der Kontakt des Grundwassers mit den Braunkohlesedimenten erforderlich (vgl. Ingenieurbüro I., Stellungnahme vom 29.5.2024 S. 5). Zum Bildungsgebiet gehört auch der Bereich, in dem sich das Grundwasser und/oder Gas zur Fassungsanlage bewegt und derjenige, in dem die Mineralisation stattfindet und Gas (z.B. Schwefelwasserstoff) zugeführt wird (vgl. LAWA-Richtlinien S. 7). Vorliegend umfasst das Bildungsgebiet auch den Grabenbruch „Weichs-Frauenbründl-Graben“ in seiner gesamten Breite (vgl. WWA, Stellungnahme vom 21.6.2024 S. 2 f. mit Abbildung 1); die quantitativen Schutzzonen gehen östlich über die 3-Jahres-Fließzeitisochrone hinaus, die für den qualitativen Schutz maßgeblich ist (vgl. Ingenieurbüro I., Stellungnahme vom 30.11.2023 S. 5).
55
Ausgehend davon besteht kein Anlass, Beweis zu erheben zu der Behauptung der Antragsteller, Schwefelwasserstoffausgasungen, die in einem Bereich über den unteren Kulminationspunkt hinaus aufgrund eines Bodenaufschlusses ausgelöst würden, könnten den Schwefelwasserstoffgehalt des zu Tage geförderten Wassers aus dem Brunnen HB 1 nicht beeinflussen. Dasselbe gilt für ihre Behauptung, insbesondere im Bereich des Brunnens HB 1 sowie der weiteren Objekte GM 10, VB 1, GM 4 und Brunnen Peising würden aufgrund der dort vorhandenen Mächtigkeit und Ausprägung der Deckschichten auch Bodenaufschlüsse bis zu einer Tiefe von 20 Metern keine Ausgasung des Schwefelwasserstoffes aus dem Grundwasser bewirken (vgl. Schriftsatz vom 30.4.2024 Nr. 5b Spiegelstriche 2 und 3). Zu den unter Beweis gestellten Tatsachen liegen gutachterliche Aussagen vor (vgl. oben Rn. 53 f.), die im Wesentlichen das Gegenteil der ohne greifbare Anhaltspunkte aufgestellten Behauptungen der Antragsteller belegen und von diesen nicht substanziiert in Zweifel gezogen wurden.
56
bb) Die qualitativen Schutzzonen II und III wurden ohne Rechtsfehler festgesetzt.
57
(1) Die weitere Schutzzone III ist nicht zu beanstanden.
58
Die Erforderlichkeit einer weiteren Schutzzone III wurde hinreichend nachgewiesen. Ob eine solche festzusetzen ist, hängt vom Bildungstyp der Heilquelle ab. Für den Bildungstyp 1 ist eine Zone III generell nicht erforderlich. Für den Bildungstyp 2 ist eine Zone III in der Regel nicht erforderlich; in bestimmten Fällen kann sie jedoch notwendig sein. Dies ist der Fall, wenn sich aus der isotopenhydrologischen Untersuchung (Tritiumgehalt) des Wassers der Heilquelle Hinweise auf Anteile jüngeren Wassers ergeben oder messbare Gehalte an anthropogenen Schadstoffen (z.B. Pestizide, chlorierte Kohlenwasserstoffe, Schwermetalle) auf lokale Störungen der Schutzfunktion der Überdeckung des Fließsystems hindeuten (vgl. LAWA-Richtlinien S. 13 f.).
59
Die streitbefangene Heilquelle ist dem Bildungstyp 1-2 zuzuordnen (Ingenieurbüro I., Gutachten vom 24.1.2018 S. 44; WWA, Gutachten vom 15.3.2021 S. 15). Die Grundwasserüberdeckung hat weitestgehend eine sehr hohe Schutzfunktion. Ein Schadstoffeintrag aus oberflächennahen Quellen in den genutzten Grundwasserleiter ist – wie auch Tritiumanalysen bestätigen – nicht zu erwarten. Dem oberirdischen Einzugsgebiet kommt bei der Neubildung von Grundwasser demgemäß keine Bedeutung zu (vgl. Ingenieurbüro I., Gutachten vom 24.1.2018 S. 5 f., 19, 34 f., 37 ff. und 48). Allerdings sind die Deckschichten über Störungen, durch die das Heilwasser zuströmt, teilweise nur mittel bis gering ausgeprägt (vgl. WWA, Stellungnahme vom 12.9.2023 S. 6 f. und Anhang 1). Die Schutzzone III zielt auf den Erhalt der Deckschichten über dem Grundwasserspiegel (vgl. WWA, Gutachten vom 15.3.2021 S. 17; Ingenieurbüro I., Stellungnahme vom 26.10.2020 S. 10). Bohrprofile zeigen, dass gerade die oberflächennahen Bodenschichten zu einer hohen Schutzfunktion der Grundwasserüberdeckung beitragen (vgl. Ingenieurbüro I., Stellungnahme vom 26.10.2020 S. 14). Im Übrigen trägt der Verbotskatalog der (sehr) hohen Schutzfunktion der Überdeckung Rechnung. Das Verbot der Düngung mit Gülle besteht nur in der sehr kleinen Schutzzone II; in Zone III wird die landwirtschaftliche Nutzung – mit Ausnahme der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln aus Luftfahrzeugen oder zur Bodenentseuchung – nicht eingeschränkt (Ingenieurbüro I., Stellungnahmen 30.11.2023 S. 5 f. und vom 26.10.2020 S. 9 f.; zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln vgl. auch unten Rn. 76 ff.).
60
Die konkrete Bemessung der Zone III wird von den Antragstellern nicht angegriffen. Sie erfolgte aufgrund der (sehr) hohen Schutzfunktion der Deckschichten nachvollziehbar anhand der 3-Jahres-Fließzeitisochrone (vgl. Ingenieurbüro I., Gutachten vom 24.1.2018 S. 48; WWA, Gutachten vom 15.3.2021 S. 16 unter Bezugnahme auf LfU, Merkblatt Nr. 1.2/7 [vgl. dort S. 18] und Stellungnahme vom 21.6.2024 S. 1 f.).
61
(2) Auch die Festsetzung einer engeren Schutzzone II wurde ausreichend begründet.
62
Die Zone II hat eine minimale Ausdehnung um den Brunnen (mind. 50 m), um einem Aerosoleintrag in das Grundwasser über die die Brunnenanlage durch landwirtschaftliche Düngung vorzubeugen. Die Zone II wurde vorliegend also nicht auf eine Gefahr des Eintrags von oberflächlichem Sickerwasser gestützt; eine solche besteht wegen der sehr hohen Schutzfunktion der Deckschicht nicht (vgl. Ingenieurbüro I., Gutachten vom 24.1.2018 S. 6, 37 und 39; WWA, Gutachten vom 15.3.2021 S. 8 oben). Der amtliche Sachverständige hat die Erforderlichkeit einer Zone II mit der festgesetzten minimalen Ausdehnung bestätigt (vgl. WWA, Gutachten vom 15.3.2001 S. 7 unten).
63
6. Die von den Antragsstellern im quantitativen und qualitativen Schutzgebiet angegriffenen Schutzanordnungen sind rechtlich nicht zu beanstanden.
64
a) Der Vorhalt, alle auf die Vermeidung eines potenziellen Eintrags von „Fremdwasser“ in das Grundwasser abzielenden Verbote im qualitativen Schutzgebiet (§ 3 Abs. 1 HQSG-VO) seien nicht erforderlich, weil keine Grundwasserneubildung im oberirdischen Einzugsgebiet stattfinde, greift zu kurz. Die Anordnungen zielen auf den Erhalt der schützenden Deckschichten und nicht auf die Vermeidung des Eintrags verunreinigten Oberflächenwassers. Dementsprechend wird die landwirtschaftliche Nutzung in der Zone III – mit Ausnahme des Verbots der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln aus Luftfahrzeugen (potenzieller Eintrag des Sprühnebels in den Fassungsbereich) – nicht substanziell eingeschränkt (§ 3 Abs. 1 Nr. 6 HQSG-VO; vgl. Ingenieurbüro I., Stellungnahme vom 29.5.2024 S. 6); die (organische) Düngung bleibt möglich. Die Anordnungen in Zone II dienen nur dem Schutz vor Aerosoleintrag (vgl. oben Rn. 62).
65
b) Die Untersagung oder Beschränkung von Eingriffen in den Untergrund (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 HQSG-VO) ist zum Schutz der Heilquelle gerechtfertigt.
66
Die Antragsteller halten das Verbot von Aufschlüssen in der Zone III A und die Beschränkung auf maximal 10 m in der Zone III B aufgrund der großen Mächtigkeit der Deckschicht für nicht erforderlich. Damit können sie nicht durchdringen. Sie verkennen, dass die Schutzanordnung gerade auf den Erhalt der das Grundwasser schützenden Deckschicht abzielt (vgl. Ingenieurbüro I., Stellungnahmen vom 30.11.2023 S. 7 f. und vom 26.2020 S. 13). Deren Schutzfunktion ist zwar in der Fläche hoch bis sehr hoch ausgeprägt; allerdings sind Störungen, in denen das Grundwasser fließt (vgl. oben Rn. 45), oberflächennah ausgebildet; das Schutzpotenzial der Deckschichten ist dort reduziert (vgl. WWA, Stellungnahme vom 12.9.2023 S. 5 f. und Bohrprofile Anhang 1). Hinzu kommt, dass gerade die oberflächennahen Bodenschichten (Lehm/Schluff) überproportional zur Schutzfunktion beitragen (vgl. Ingenieurbüro I., Stellungnahmen vom 29.5.2024 S. 8, 30.11.2023 S. 7 f. und 26.10.2020 S. 14).
67
c) Das Gebot, alle zehn Jahre eine Druckprüfung neuer Abwasserleitungen durchzuführen und das Verbot, außerhalb des Schutzgebiets gesammeltes Abwasser durchzuleiten (§ 3 Abs. 1 Nr. 3.6 HQSG-VO), erweisen sich als verhältnismäßig.
68
Die Einwände, kleinste Leckagen führten zum Scheitern der Druckprüfung und die dafür anfallenden Kosten seien unverhältnismäßig, weil eine Grundwassergefährdung aufgrund der hohen Schutzüberdeckung nicht zu besorgen sei, erweisen sich als unberechtigt. Die Schutzanordnung ist ohne Nachweis einer konkreten Grundwassergefährdung gerechtfertigt; Regelungen in Wasserschutzgebietsverordnungen dürfen an typischerweise gefährliche Situation anknüpfen (vgl. BVerwG, U.v. 12.9.1980 – IV C 89.77 – NJW 1981, 837 = juris Rn. 14; BayVGH, U.v. 16.8.2022 – 8 N 19.1138 -juris Rn. 54). Im Übrigen entspricht die Regelung in § 3 Abs. 1 Nr. 3.6 HQSG-VO derjenigen in § 12 Abs. 1 Satz 2 HS 2 der Satzung für die öffentliche Entwässerungseinrichtung des Marktes Bad Abbach (EWS), worauf das Wasserwirtschaftsamt hingewiesen hat (vgl. Gutachten vom 15.3.2021 S. 18 f.; Stellungnahme vom 12.9.2023 S. 7).
69
Auch das Verbot des Durchleitens außerhalb des Heilquellenschutzgebiets gesammelten Abwassers in der Schutzzone III ist gerechtfertigt. Es dient dem legitimen Ziel, die Abwassermenge im Heilquellenschutzgebiet und damit die Grundwassergefährdung zu verringern (vgl. Wasserwirtschaftsamt, Gutachten vom 15.3.2021 S. 19).
70
d) Die angegriffenen Verbote und Beschränkungen bei baulichen Anlagen (§ 3 Abs. 1 Nr. 5 HQSG-VO) sind ebenfalls nicht zu beanstanden.
71
aa) Das Bauverbot in Zone III A (§ 3 Abs. 1 Nrn. 5.1 HQSG-VO) ist verhältnismäßig. Soweit sich die Antragsteller auf die gutachterliche Aussage stützen, wonach bauliche Tätigkeiten im Anstrombereich bei üblichen Aushubtiefen für Wohn- und Geschäftsgebäude aufgrund der großen Deckschichtenmächtigkeit den Schwefelwasseraquifer nicht gefährden (vgl. Ingenieurbüro I., Gutachten vom 24.1.2018 S. 39), verkennen sie, dass das Bauverbot gerade auf die Erhaltung der guten Schutzfunktion der Grundwasserüberdeckung abzielt (vgl. bereits oben Rn. 66; Ingenieurbüro I., Stellungnahmen vom 30.11.2023 S. 8 und vom 26.2020 S. 15 oben). Hinzu kommt, dass vor allem in der Zone III A tektonische Störungen oberflächennah liegen; die Gefahr ihres An- bzw. Aufgrabens ist dort sehr hoch (vgl. WWA, Stellungnahme vom 21.6.2024 S. 4). Im Übrigen hat der amtliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat plausibel auf die durch eine Bebauung entstehende Summenwirkung verwiesen, die das Wasservorkommen gefährde (vgl. Sitzungsprotokoll vom 16.7.2024 S. 4).
72
In der engeren Schutzzone II ist das Bauverbot ohne Weiteres verhältnismäßig. Dort ist das Errichten und Erweitern baulicher Anlagen in der Regel nicht tragbar (vgl. DVGW, Arbeitsblatt W 101, März 2021, S. 21 Nr. 6.3.1, das analog anzuwenden ist, vgl. LAWA-Richtlinien S. 6). Die Antragsteller greifen dies auch nicht an.
73
Auf die Frage, ob die Antragsteller mit ihrem Vorbringen, das Bauverbot sei unverhältnismäßig, bereits nach Art. 73 Abs. 3 Satz 1 BayWG i.V.m. Art. 73 Abs. 4 Satz 3 BayVwVfG ausgeschlossen sind, kommt es deshalb nicht an. Im Anhörungsverfahren haben sie lediglich die Bestimmtheit des § 3 Abs. 1 Nr. 5.1 des Schutzgebietsentwurfs (vgl. BA S. 349) infrage gestellt; dem hat das Landratsamt abgeholfen.
74
bb) Mit den weiteren Schutzanordnungen nach § 3 Abs. 1 Nrn. 5.2 bis 5.5 HQSG-VO haben sich die Antragsteller nicht konkret auseinandergesetzt. Deshalb kann offenbleiben, ob sich die Zulassung der Ausweisung neuer Baugebiete unter Beachtung von Nr. 5.1 (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 5.2 HQSG-VO) in das Schutzkonzept einfügt (vgl. WWA, Gutachten vom 15.3.2021 S. 22; Stellungnahme vom 12.9.2023 S. 8).
75
cc) Die maximale Aushubtiefe von 5 m bei der Bebauung von Grundstücken in der Schutzzone III B dient dem weitgehenden Erhalt der Deckschichten in ihrer derzeitigen Form (vgl. WWA, Stellungnahme vom 21.6.2024 S. 4). Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung wurde zu Recht berücksichtigt, dass Einfamilien- oder Doppelhäuser grundsätzlich ohne Befreiung (vgl. § 5 HQSG-VO) errichtet werden können (vgl. Ingenieurbüro I., Stellungnahme vom 30.11.2023 S. 9).
76
e) Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln wird durch die Verordnung nicht beschränkt; mittelbare Restriktionen führen nicht zu ihrer Unverhältnismäßigkeit.
77
Bei der Schutzanordnung, dass in den Schutzzonen II und III A die jeweils geltende Fassung des Pflanzenschutzgesetzes bzw. nach Landesrecht vorgenommene Abweichungen zu beachten sind (§ 3 Abs. 1 Nr. 6.9 HQSG-VO), handelt es sich um einen klarstellenden Verweis auf die geltende Rechtslage ohne eigenständigen Regelungsinhalt (vgl. auch WWA, Gutachten vom 15.3.2021 S. 24 f.). Die Gutachterin der Beigeladenen hat deshalb in der Sache zu Recht kein Bewirtschaftungshindernis erkannt (vgl. Ingenieurbüro I., Stellungnahmen vom 29.5.2024 S. 9 und vom 26.10.2020 S. 7).
78
Das Vorbringen der Antragsteller, die Festsetzung als Heilquellenschutzgebiet habe zur Folge, dass der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln nach anderen Vorschriften eingeschränkt werde, so dass der Anbau von Zuckerrüben nicht mehr rentabel sei, führt nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Verordnung. Im Hinblick auf die Unersetzlichkeit und die örtliche Gebundenheit von Heilquellen (vgl. BayVGH, U.v. 13.11.2012 – 22 N 09.1092 und 22 N 09.1093 – juris Rn. 22 bzw. 26; Breuer/Gärditz, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rn. 1137), ist es nicht zu beanstanden, dass der Verordnungsgeber der Sicherung des Heilwasservorkommens den Vorrang gegenüber den landwirtschaftlichen Eigentümer- und Nutzerinteressen eingeräumt hat.
79
Die Anregung der Antragsteller, ein Sachverständigengutachten einzuholen zu der Tatsache, dass aufgrund des Verbots von einzelnen Pflanzenschutzmitteln, insbesondere aus dem Bereich der Herbizide, im Bereich des Heilquellenschutzgebietes der Anbau von Zuckerrüben wirtschaftlich nicht mehr möglich ist, gibt mangels Entscheidungserheblichkeit keinen Anlass für eine weitere Aufklärung des Sachverhalts.
80
f) Die Beschränkung von Eingriffen in den Untergrund in den quantitativen Zonen A und B (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 HQSG-VO) ist ebenfalls gerechtfertigt.
81
Die nicht näher belegte Behauptung der Antragsteller, aufgrund der großen Mächtigkeit der Deckschicht sei auch bei Aushubtiefen von mehr als 5 bzw. 10 m nicht mit einem Aufbruch von Schwefelwasser zu rechnen, kann die Tragfähigkeit der Gefahrenprognose, der eingehende geologische Begutachtungen zugrunde liegen, nicht erschüttern. Im Bildungsgebiet des Schwefelwasservorkommens wurde eine heterogene vertikale Verteilung verschieden durchlässiger Schichten festgestellt (vgl. Ingenieurbüro I., Gutachten vom 24.1.2018 S. 23 ff.; Stellungnahme vom 26.10.2020 S. 15). Braunkohlehorizonte, die essentiell für die Entstehung des Schwefelwassers sind, und tektonische Störungen liegen teilweise oberflächennah (vgl. WWA, Stellungnahmen vom 21.6.2024 S. 5 und vom 12.9.2023 S. 7 und 9). In der Zone A sind die Verhältnisse noch sensibler; dort liegen mehrere Kreuzungspunkte von Störungen, an denen der Untergrund besonders gestört bzw. aufgelockert ist und bevorzugte Fließwege u.a. für den Schwefelwasserstoff bildet (vgl. WWA, Stellungnahme vom 21.6.2024 S. 5).
82
Ausgehend davon ist die am Besorgnisgrundsatz orientierte typisierende Regelung der Verordnung (vgl. Ingenieurbüro I., Gutachten vom 24.1.2018 S. 49 ff.) nicht zu beanstanden (vgl. BVerwG, U.v. 12.9.1980 – IV C 89.77 – NJW 1981, 837 = juris Rn. 14; B.v. 28.6.2019 – 7 B 26.18 – juris Rn. 17). Da sich flächig keine einheitliche Maximaltiefe festlegen ließ, orientierte sich die Gutachterin der Beigeladenen an den Maximaltiefen im qualitativen Schutzgebiet (vgl. Ingenieurbüro I., Stellungnahme vom 30.11.2023 S. 9). Dies führt vorliegend zu keinem Rechtsfehler. Die vorhandenen tektonischen Kleinstrukturen, die „Gaswegsamkeiten“ darstellen können, sind nicht flächendeckend über direkte oder indirekte Erkundungsverfahren kartierbar (vgl. Ingenieurbüro I., Stellungnahme vom 29.5.2024 S. 7). Ausgehend davon war es zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit nicht geboten, kleinräumig Maximaltiefen zu erkunden. In Einzelfällen, in denen der Schutzzweck nicht gefährdet ist, kann eine Befreiung nach § 53 Abs. 5, § 52 Abs. 1 Satz 2 und 3 WHG i.V.m. § 5 HQSG-VO erteilt werden.
83
Der bedingte Beweisantrag der Antragsteller, ein Sachverständigengutachten einzuholen zum Beweis der Tatsache, dass insbesondere im Bereich des Brunnens HB 1 sowie der weiteren Objekte GM 10, VB 1, GM 4 und Brunnen Peising, gemäß Tabelle 7 auf Blatt 37 des Gutachtens vom 24. Januar 2018 aufgrund der dort vorhandenen Mächtigkeit und Ausprägung der Deckschichten auch Bodenaufschlüsse bis zu einer Tiefe von 20 Metern keine Ausgasung des Schwefelwasserstoffes aus dem Grundwasser bewirken würden, gibt auch insoweit keinen Anlass für eine Beweiserhebung. Dem Senat liegen tragfähige Gutachten vor, die eine abstrakte Gefahr einer Entgasung trotz verbreitet mächtiger Grundwasserüberdeckung belegen (vgl. oben Rn. 81) und die von der Antragstellerseite nicht substanziiert in Zweifel gezogen wird.
84
Der Befürchtung der Antragsteller, die Maximaltiefe für Bohrungen (§ 4 Abs. 1 Nr. 1.4 HQSG-VO) erschwere die Punktfundamente von Häusern, ist die Gutachterin der Beigeladenen entgegengetreten (vgl. Ingenieurbüro I., Stellungnahmen vom 30.11.2023 S. 9 und vom 26.10.2020 S. 15). Damit setzen sich die Antragsteller nicht auseinander. Dem Senat erschließt sich auch nicht, weshalb Einfamilien- und Doppelhäuser grundsätzlich nur mit einer Spezialgründung mit Bohrungen über 5 m zu errichten wären.
85
g) Auch das Verbot, flüssige Stoffe (Abwasser und von Dachflächen, Straßen oder Verkehrsflächen abfließendes Wasser) in den Untergrund – in der Zone B in mehr als zehn Metern Tiefe – einzuleiten (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 HQSG-VO), ist nicht zu beanstanden.
86
Die Antragsteller beanstanden das Verbot von Versickerungszisternen, ohne sich mit der Einschätzung des amtlichen Sachverständigen auseinanderzusetzen. Dieser hat sich für ein generelles Verbot ausgesprochen, weil Belastungen des Niederschlagswassers von Dach- und Verkehrsflächen – z.B. durch Freisetzung von Schwermetallen bei Metalldächern – nicht generell auszuschließen seien (vgl. WWA, Gutachten vom 15.3.2021 S. 28 und Stellungnahme vom 12.9.2023 S. 9). Im Einzelfall kommt eine Befreiung nach § 53 Abs. 5, § 52 Abs. 1 Satz 2 und 3 WHG i.V.m. § 5 HQSG-VO in Betracht. In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, ob mit der Befreiung der Schutzzweck der Heilquellenschutzgebietsverordnung gefährdet wird. Dies garantiert nicht nur die Betrachtung der Anforderungen an den jeweiligen Standort, sondern ermöglicht zudem die Festlegung etwaiger Bedingungen und Auflagen für das Einleiten von flüssigen Stoffen in den Untergrund (vgl. WWA, Stellungnahme vom 12.9.2023 S. 9).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, den unterlegenen Antragstellern die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, weil diese einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO).
88
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO.
89
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.