Inhalt

VGH München, Beschluss v. 24.07.2024 – 15 CS 24.1065
Titel:

Anordnung der dauerhaften Sicherung eines denkmalgeschützten Gebäudes

Normenketten:
BayBO Art. 54 Abs. 4
BayDSchG Art. 2 Abs. 1, Art. 4 Abs. 2
Leitsatz:
Ist ein Gebäude in die Bayerische Denkmalliste aufgenommen (Art. 2 Abs. 1 BayDSchG), befindet es sich in einem denkmalgeschützten Ensemblebereich und gehen sowohl die Untere Denkmalschutzbehörde als auch ein Sachverständiger übereinstimmend – trotz durch die Entfernung der kompletten Dacheindeckung vom Gebäudeeigentümer selbst herbeigeführter erheblicher Schäden an dem Gebäude – von einer weiterhin bestehenden Denkmalwürdigkeit aus, so ist die Denkmaleigenschaft des Gebäudes gegeben. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Wohnhaus aus dem 19. Jahrhundert, Aufnahme in die Bayerische, Denkmalliste, Sicherungsmaßnahmen wegen Gefahr im Verzug und drohenden Verfalls, Denkmaleigenschaft, denkmalgeschützter Ensemblebereich, Gebäude, Beschädigung, Sicherungsmaßnahmen, Gefahr im Verzug, Schäden
Vorinstanz:
VG Regensburg, Beschluss vom 11.06.2024 – RO 7 S 24.1114
Fundstelle:
BeckRS 2024, 20332

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 17.500,- € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragstellerin wendet sich gegen eine für sofort vollziehbar erklärte, zwangsgeldbewehrte Anordnung des Antragsgegners, mit der ihr die dauerhafte Sicherung eines ihr gehörenden Gebäudes mittels verschiedener Sofortmaßnahmen aufgegeben wurde. Das Bauwerk ist als „Wohnhaus, eingeschossiger Eckbau mit Satteldach und Einfahrtstor, Fenster mit Granitgewänden, 19. Jh.“ in die Bayerische Denkmalliste eingetragen und liegt im denkmalgeschützten Ensemblebereich der Altstadt von Schönsee.
2
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der von der Antragstellerin erhobenen Klage abgelehnt. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung werde die Klage voraussichtlich keinen Erfolg haben. Die verfügten Notsicherungsmaßnahmen, die angesichts der von dem teilweise einsturzgefährdeten Gebäude ausgehenden Gefahr für die Allgemeinheit sowie im Hinblick auf dessen weiteren Erhalt geeignet, erforderlich und verhältnismäßig seien und ihre Rechtsgrundlage sowohl in den Vorschriften der Bayerischen Bauordnung als auch des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes fänden, würden sich aller Voraussicht nach als rechtmäßig erweisen.
3
Mit der eingelegten Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Rechtsschutzziel weiter. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags macht sie im Wesentlichen geltend, bereits die Denkmaleigenschaft ihres Hauses sei fraglich. Im Übrigen sei sie vor Erlass des streitgegenständlichen, nicht ausreichend bestimmten sowie insgesamt unverhältnismäßigen Bescheids nicht angehört worden und das Bestehen einer von dem Bauwerk ausgehenden Gefahr für Leib und Leben der Allgemeinheit sei „frei erfunden“. Sie hat beantragt,
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1. den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 11. Juni 2024 abzuändern und
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2. die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage vom 12. April 2024 gegen den Bescheid des Beklagten wiederherzustellen.
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Der Antragsgegner – Landesanwaltschaft Bayern – hat beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen
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und verteidigt den angefochtenen Beschluss.
9
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie auf den elektronisch übermittelten Behördenakt verwiesen.
II.
10
Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die von der Antragstellerin dargelegten Gründe, auf die die Prüfung des Senats im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses. Bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage, wie sie das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kennzeichnet, hat das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragstellerin auf vorläufigen Rechtsschutz (§ 80 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO) zu Recht abgelehnt, weil die Klage im Hauptsacheverfahren voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Der angefochtene Bescheid ist angesichts eines drohenden weiteren Einsturzes des unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes und der von ihm ausgehenden Gefahr sowie zur Verhinderung seines weiteren Verfalls rechtmäßig (vgl. Art. 54 Abs. 4 BayBO; Art. 4 Abs. 2 BayDSchG) und verletzt keine Rechte der Antragstellerin, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Senat nimmt deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO Bezug auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses und sieht von einer weiteren Begründung ab. Lediglich ergänzend bleibt im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen Folgendes zu bemerken:
11
Entgegen der (erstmals im Beschwerdeverfahren geäußerten) Auffassung der Antragstellerin ist die Denkmaleigenschaft des streitgegenständlichen Gebäudes – jedenfalls nach summarischer Einschätzung – nicht ernstlich zweifelhaft. Es ist in die Bayerische Denkmalliste aufgenommen (Art. 2 Abs. 1 BayDSchG), befindet sich im denkmalgeschützten Ensemblebereich der Altstadt von Schönsee und sowohl Untere Denkmalschutzbehörde als auch der von der Antragstellerin beauftragte Sachverständige gehen übereinstimmend – trotz der von der Antragstellerin durch Entfernung der kompletten Dacheindeckung selbst herbeigeführten erheblichen Schäden an dem Gebäude – von einer weiterhin bestehenden Denkmalwürdigkeit aus. Hierauf hat bereits das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen (BA S. 12 f.). Der Einwand der Antragstellerin, es sei nicht ersichtlich, „was nun das vorliegende Wohnhaus aus dem 19. Jahrhundert so besonders dokumentationswürdig erscheinen lassen soll“, denn das Bauwerk sei stark beschädigt, habe große Teile seiner Originalsubstanz verloren und Häuser wie das ihre gebe es in Schönsee und den Nachbarorten zuhauf, stellt angesichts dessen lediglich ihre eigene, laienhafte und nicht näher substantiierte Beurteilung sowohl der sicherheits- als auch denkmalschutzrechtlichen Situation dar.
12
Soweit die Antragstellerin an ihrer Ansicht festhält, es fehle an ihrer Anhörung vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheids gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG, hat bereits das Verwaltungsgericht zutreffend auf deren Entbehrlichkeit nach Art. 28 Abs. 2 Nr.1 BayVwVfG hingewiesen. Ungeachtet dessen wäre aber auch eine im Verwaltungsverfahren zu Unrecht unterbliebene Anhörung jedenfalls mit Durchführung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nach Art. 45 Abs. 2 BayVwVfG geheilt. Auch die weiteren Einwände der Antragstellerin gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids – im Hinblick auf dessen angeblich mangelnde Bestimmtheit, eine in ihren Augen fehlende Gefahr für Leib und Leben, seine Unverhältnismäßigkeit und die verhängten Zwangsgelder – erschöpfen sich in einer bloßen Wiederholung erstinstanzlichen Vortrags. Der Senat verweist deshalb nochmals ausdrücklich auf die entsprechenden, nachvollziehbaren Ausführungen des Verwaltungsgerichts und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer diesbezüglichen Begründung ab.
13
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nrn. 1.7.2, 1.5, 12.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung von 2013 und entspricht der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.
14
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).