Titel:
Vergabe einer Dienstleistungskonzession für den Betrieb eines Rettungswagens an einen Konkurrenten
Normenketten:
BayRDG Art. 13
VgV § 60
VwGO § 80, § 80a, § 123
BayKommZG Art. 33 Abs. 4
BayGO Art. 49
BayVwVfG Art. 1, Art. 20, Art. 21
Leitsätze:
1. Wendet sich ein Anbieter gegen die Vergabe einer Dienstleistungskonzession für den Betrieb eines Rettungswagens an einen Konkurrenten und erstrebt er zugleich die Vergabe an sich selbst, muss er sowohl die durch Verwaltungsakt bekanntgegebene Vergabeentscheidung mit der Anfechtungsklage angreifen, wie auch die Vergabe der Konzession an sich selbst im Wege einer Verpflichtungsklage erstreiten (sog. verdrängende Konkurrentenklage). (Rn. 23)
2. Hat der übergangene Anbieter gegen die zu seinen Lasten ergangene Vergabeentscheidung einen entsprechenden Anfechtungsantrag gestellt bzw. Anfechtungsklage erhoben, kommt dieser Klage nach § 80 Abs. 1 Sätze 1 und 2 VwGO aufschiebende Wirkung zu mit der Folge, dass der Rettungszweckverband die Auswahlentscheidung ohne Anordnung des Sofortvollzugs nicht durch Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags mit dem ausgewählten Anbieter vollziehen darf. (Rn. 26)
3. Bestreitet der Rettungszweckverband den Eintritt der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen die Auswahlentscheidung oder droht deren faktischer Vollzug, kommt dem übergangenen Konkurrenten vorläufiger Rechtsschutz nach § 80a Abs. 3 Satz 2, § 80 Abs. 5 VwGO durch Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage zu (Fortführung von BayVGH, B.v. 15.11.2018 – 21 CE 18.854 – BeckRS 2018, 29069). (Rn. 24)
Schlagworte:
Vergabe einer Dienstleistungskonzession für einen Rettungswagen (RTW), Konkurrentenverdrängungsklage, vorläufiger Rechtsschutz, Feststellung der aufschiebenden Wirkung, Vergabeverfahren, Ausschluss bzw. Befangenheit eines Verbandsrats des Rettungszweckverbands, Mutmaßliches Unterpreisangebot, Auskömmlichkeitsprüfung, Dienstleistungskonzession, Rettungswagen, Ausschluss bzw. Befangenheit, Verbandsrat des Rettungszweckverbands, Verbandsrats des Rettungszweckverbands, mutmaßliches Unterpreisangebot, Auswahlverfahren, Objektivitäts- und Unbefangenheitsprinzip, Neutralitätsgrundsatz
Vorinstanz:
VG Regensburg, Beschluss vom 11.06.2024 – RO 4 E 24.567
Fundstellen:
VergabeR 2024, 767
NVwZ-RR 2024, 1041
ZfBR 2024, 595
LSK 2024, 20324
BeckRS 2024, 20324
Tenor
I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 11. Juni 2024 (Az.: RO 4 E 24.567) wird insoweit aufgehoben, als der Antragstellerin vorläufiger Rechtsschutz zu Unrecht versagt wurde:
1. Es wird festgestellt, dass bereits der Klage der Antragstellerin vom 13. März 2024 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 13. Februar 2024 aufschiebende Wirkung zukommt.
Der Antragsgegner ist daher nach § 80 Abs. 1 Satz 2 3. Alt. VwGO von Gesetzes wegen gehindert, den „Zuschlag“ in Gestalt des Abschlusses eines öffentlich-rechtlichen Vertrags zu erteilen, ohne dass es einer weiteren Antragstellung bedarf.
2. Soweit die Antragstellerin im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung die Beteiligung an einer Interimsvergabe einer Dienstleistungskonzession für den Betrieb dreier Rettungswägen anstrebt, wird die Beschwerde zurückgewiesen.
II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird für das Verfahren in beiden Rechtszügen auf 45.000,- € festgesetzt.
Gründe
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Die Beteiligten streiten über die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen für drei Rettungswägen im Bereich des Zweckverbandes für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung (ZRF) Regensburg.
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1. Im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. S Nr. 226/2023) vom 23. November 2023 schrieb der Antragsgegner die Stationierung und den Betrieb von insgesamt sieben Rettungswägen (RTW) an jeweils unterschiedlichen Standorten (Lose 1 bis 7) im Rettungsdienstbereich Regensburg zur Vergabe aus. Hinsichtlich der Einzelheiten der „Bewerbungsbedingungen“ wird auf den Ausschreibungstext verwiesen. Für die Lose 3 (Standort Obertraubling, neuer Standort), 6 (Standort Neumarkt, Bestandsstandort) und 7 (Standort Seubersdorf, Bestandsstandort) gaben – neben anderen Bewerbern – die Antragstellerin, eine gGmbH, sowie der Beigeladene, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, Angebote ab. Mit einer „Vorabinformation über die Auswahlentscheidung“ vom 13. Februar 2024 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, dass ihre Angebote für die Lose 3, 6 und 7 (darüber hinaus auch im Hinblick auf das vorliegend nicht streitgegenständliche Los 5) im Rahmen der Angebotswertung nach Maßgabe der Vorgaben aus Ziffer 12 Teil A der Auswahlunterlagen jeweils nicht als wirtschaftlichstes Angebot ausgewählt worden seien. Es sei beabsichtigt, den „Zuschlag“ dem Beigeladenen zu erteilen. Die in Bescheidform ergangene, begründete Vorabinformation war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung(Klage zum VG Regensburg) versehen.
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2. Daraufhin ließ die Antragstellerin gegen den „Bescheid“ vom 13. Februar 2024 am 13. März 2024 „Verpflichtungsklage“ erheben und im Hauptantrag beantragen, „den Bescheid des Beklagten vom 13. Februar 2024 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin den Zuschlag im Verfahren A207B49-EU auf die Lose 3, 6 und 7 durch Verwaltungsakt zu erteilen.“ Zeitgleich beanspruchte sie im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes den Erlass einer einstweiligen Anordnung des Inhalts, den Antragsgegner zu verpflichten, „es vorläufig zu unterlassen, dem B., K.d.ö.R. oder einem Dritten den Zuschlag in dem ‚Auswahlverfahren A207B49-EU‘ für die Lose 3, 6 und 7 auf Basis einer Dienstleistungskonzession zu erteilen“ (Antrag I.) sowie „es zu unterlassen, die interimsweise Beauftragung des Betriebs der RTW für die Lose 3, 6 und 7 auszuführen / zu vollziehen, ohne die Antragstellerin an einem hierauf gerichteten Auswahlverfahren als Bewerberin / Bieterin zu beteiligen“ (Antrag II.).
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3. Mit Beschluss vom 11. Juni 2024 lehnte das angerufene Verwaltungsgericht Regensburg die für zulässig erachteten Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung als unbegründet ab.
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3.1 Die Anträge nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO seien statthaft. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung komme nach § 123 Abs. 5 VwGO gegenüber dem Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO nur subsidiär zum Tragen. Sei in der Hauptsache eine Anfechtungsklage statthaft, richte sich vorläufiger Rechtsschutz regelmäßig nach § 80 Abs. 5 VwGO; bei einem Verpflichtungs- bzw. Leistungsbegehren in der Hauptsache sei demgegenüber ein Antrag nach § 123 VwGO zu stellen. Die Erhebung einer Anfechtungsklage in der Hauptsache erweise sich im Zuge des vorliegenden Verfahrens jedoch als unstatthaft. Zwar handle es sich bei der „Vorabinformation“ des Antragsgegners vom 13. Februar 2024 um einen Verwaltungsakt im Sinne von Art. 35 Satz 1 BayVwVfG. Dieser bilde aber keinen Gegenstand des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens, da die Antragstellerin mit diesem vom Antragsgegner ein vorläufiges Unterlassen der Zuschlagserteilung an einen anderen Bewerber begehre. Dieses Rechtsschutzziel sei in der Hauptsache im Wege der allgemeinen Leistungsklage zu verfolgen. Demgegenüber käme einer isolierten Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen die „Vorabinformation“ nicht die gleiche Reichweite zu. Denn die „Vorabinformation“ eines Bewerbers, dass er auf sein Angebot den Zuschlag nicht erhalte, bilde nach § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB in Verbindung mit § 134 GWB keine Voraussetzung für eine wirksame Zuschlagserteilung an einen Dritten. Selbst wenn die Frage der statthaften Antragsart rechtlich anders zu bewerten gewesen wäre, hätte im Rahmen dieser komplexen Rechtsfrage eine Umdeutung des Antrags seitens des Gerichts vorgenommen werden müssen.
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3.2 Weiter erweise sich der Antrag zu I. als unbegründet, da die Antragstellerin zwar einen Anordnungsgrund, nicht hingegen das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs habe glaubhaft machen können.
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3.2.1 Für alle streitgegenständlichen Lose habe die Antragstellerin zunächst einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Aus der Vorabinformation vom 13. Februar 2024 folge, dass ab dem 18. März 2024 ein Vertragsabschluss mit dem Beigeladenen beabsichtigt gewesen sei. Durch den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags im Sinne von Art. 54 BayVwVfG mit dem Beigeladenen oder einem Dritten über eine Vertragslaufzeit von zehn Jahren werde ein möglicher Vertragsabschluss mit der Antragstellerin vereitelt oder zumindest wesentlich erschwert. Die wiederholt verlängerten Stillhalteerklärungen des Antragsgegners, zuletzt bis zum 30. Juni 2024, änderten am Vorliegen eines Anordnungsgrundes nichts, da sie lediglich vor dem Hintergrund des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens abgegeben worden seien.
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3.2.2 Für alle streitgegenständlichen Lose fehle es hingegen an der Glaubhaftmachung des Vorliegens eines Anordnungsanspruchs.
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Voraussetzung eines Anspruchs der Antragstellerin dahingehend, dem Antragsgegner die Zuschlagserteilung für das streitgegenständliche Los 3 vorläufig zu untersagen, wäre zunächst, dass die in der Verbandsversammlung des Antragsgegners am 9. Februar 2024 getroffene Auswahlentscheidung nach Art. 13 Abs. 2 Satz 1 des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes (BayRDG) fehlerhaft gewesen sei. Unabhängig davon, ob die Antragstellerin sich hierauf überhaupt berufen könne, seien im Rahmen des verwaltungsrechtlichen Auswahlverfahrens des Antragsgegners, auf das die Vorschriften des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes anzuwenden seien, keine ausgeschlossenen Personen im Sinne von Art. 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayVwVfG beteiligt gewesen, die in diesem Verfahren nicht hätten tätig werden dürfen, sodass die Auswahlentscheidung an keinem Verfahrensfehler leide. Zudem liege der Auswahlentscheidung der Verbandsversammlung vom 9. Februar 2024 kein unwirksamer Beschluss zugrunde, da die Verbandsversammlung beschlussfähig gewesen und die Beschlussfassung ohne Beteiligung auszuschließender Personen erfolgt sei. Zwar hätten an der Beschlussfassung über die Vergabe der streitgegenständlichen Dienstleistungskonzessionen die Landrätin des Landkreises R. als Verbandsvorsitzende und der Landrat des Landkreises N. nicht teilgenommen. Letzterer sei allerdings durch den stellvertretenden Landrat vertreten worden, sodass drei von vier stimmberechtigten Verbandsräten anwesend und die Verbandsversammlung damit beschlussfähig gewesen sei. Weiter sei der Landrat des Landkreises C. als Vorstandsmitglied des Bezirksverbands des Beigeladenen auch nicht wegen persönlicher Beteiligung nach Art. 33 Abs. 4 BayKommZG in Verbindung mit Art. 49 Abs. 1 BayGO von der Beschlussfassung ausgeschlossen gewesen. Zwar habe der Landrat an der Beratung und Abstimmung teilgenommen, jedoch sei kein hieraus resultierender Vor- oder Nachteil der von ihm vertretenen juristischen Person oder sonstigen Vereinigung ersichtlich. Im Übrigen hätte seine Mitwirkung nach Art. 49 Abs. 4 GO nicht die Ungültigkeit des Beschlusses der Verbandsversammlung zur Folge gehabt, da das Abstimmungsergebnis einstimmig ausgefallen sei und sich seine Stimme daher nicht als entscheidend erwiesen habe.
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Die Auswahlentscheidung leide auch nicht deshalb an einem Fehler, weil das Angebot der Antragstellerin zu Unrecht aus dem Auswahlverfahren ausgeschlossen worden sei. Dabei könne im Ergebnis offenbleiben, ob ein Ausschluss bereits nach Ziffer 12 lit. a) dd) Teil A der Auswahlunterlagen habe erfolgen dürfen, da Einzelkosten in unzutreffender Höhe angegeben worden seien. Jedenfalls erweise sich der Angebotsausschluss auf der vierten Wertungsstufe nach Ziffer 12 lit. d) Teil A der Auswahlunterlagen als rechtmäßig, da sich das Angebot der Antragstellerin als unauskömmlich erwiesen habe. Auf Unterkostenangebote werde nach Ziffer 12 lit. d) Teil A der Auswahlunterlagen kein Zuschlag erteilt. Auf der vierten Wertungsstufe, der Prüfung der Angemessenheit des Angebots, habe der Antragsgegner § 60 der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV) entsprechend anwenden dürfen. Einen hierin liegenden etwaigen Rechtsverstoß habe die Antragstellerin nicht nach Ziffer 10 Teil A der Auswahlunterlagen vor Ablauf der Angebotsfrist gerügt. Soweit der öffentliche Auftraggeber nach § 60 Abs. 1 VgV über ein ungewöhnlich niedrig erscheinendes Angebot vom Bieter Aufklärung verlangen könne, bestehe ein weiter Beurteilungsspielraum. Angesichts eines Abstand des Angebots der Antragstellerin zum Angebot des Beigeladenen von 12% sei der Antragsgegner zu Recht von einem entsprechenden Aufklärungsbedarf ausgegangen und habe eine entsprechende Aufklärung verlangen dürfen. Das rechtmäßige Aufklärungsgesuch führe zur Beweislast der Antragstellerin als Bieterin über die Auskömmlichkeit ihres Angebots. Da im Rahmen der Bewertung des Aufklärungsergebnisses der Verdacht der Unauskömmlichkeit des Angebots nicht habe ausgeräumt werden können, hätte nach § 60 Abs. 3 VgV die Zuschlagserteilung auf das Angebot der Antragstellerin abgelehnt werden dürfen. Zwar habe ein Teil der aufklärungsbedürftigen Kostenpositionen im Zuge des Aufklärungsverlangens aufgeklärt, jedoch keine vollumfängliche Klärung aller fraglichen Kostenpunkte, insb. die Kosten zu „Verwaltungspersonal“, „Medikamente“, „Medizinisches Verbrauchsmaterial“ und „Reparaturen-Wartung“, erzielt werden können. Selbst wenn diese Kostenpunkte, wie von der Antragstellerin vorgetragen, lediglich 1% der Gesamtangebotssumme ausmachten, handle es sich dennoch um eine Mehrzahl von variablen Kostenpunkten, die durchaus in der Summe eine Unauskömmlichkeit begründen könnten. Soweit § 60 Abs. 3 Satz 1 VgV die Ablehnung eines Angebots in das rechtlich gebundene Ermessen des Antragsgegners stelle, seien keine Ermessensfehler erkennbar. Weiter könnten auch die nachträglichen Erläuterungen der angegebenen Preise durch die Antragstellerin im Zuge des gerichtlichen Verfahrens nicht zu einer anderen Bewertung der Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung führen, da diese Erkenntnisse und Ausführungen der Verbandsversammlung am 9. Februar 2024 nicht zur Verfügung gestanden hätten und daher der Auswahlentscheidung auch nicht hätten zugrunde gelegt werden können.
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Weiter seien auch keine Ermessensfehler bei der Anwendung von Art. 13 Abs. 2 Satz 1 BayRDG ersichtlich. So liege in der nachträglichen Ausübung eines Sonderkündigungsrechts kein milderes Mittel gegenüber einem Angebotsausschluss. Ferner liege in der Annahme des Antragsgegners, die Antragstellerin sei als „junges Unternehmen“ mit beschränkter finanzieller Ausstattung, das sich aktuell auf starkem „Expansionskurs“ befinde, nicht in der Lage, die geforderte Leistung zu den angebotenen Konditionen über die gesamte Vertragsdauer zu erbringen, kein Ermessensfehlgebrauch. Gleiches gelte hinsichtlich der Berücksichtigung des Kostendeckungsprinzips beim Ausschluss des Angebots der Antragstellerin. Ausweislich der vorliegenden Unterlagen habe der Antragsgegner den Angebotsausschluss auch nicht auf Erwägungen zum Kostendeckungsprinzip gestützt.
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Auch für die Vergabe der Dienstleistungskonzession bei Los 6 komme der Antragstellerin kein Anordnungsanspruch zu. Eine Fehlerhaftigkeit des Beschlusses der Verbandsversammlung vom 9. Februar 2024 folge hier weder aus dem Tätigwerden von nach Art. 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayVwVfG im Verwaltungsverfahren auszuschließenden Personen noch aus der Teilnahme von persönlich Beteiligten im Sinne von Art. 33 Abs. 4 BayKommZG, Art. 49 Abs. 1 BayGO. Entsprechend den Auswahlkriterien in Ziffer 12 lit. e) Teil A der Auswahlunterlagen habe die Antragstellerin den „Zuschlag“ zu Recht nicht erhalten, da insoweit das Angebot des Beigeladenen die wirtschaftlichste und effektivste Leistungserbringung versprochen habe. Die Leistungskosten der Antragstellerin überstiegen diejenigen der Beigeladenen nach der Wertungsübersicht des Vergabevorschlags um 104.554,96 €. Soweit die Antragstellerin vorgetragen habe, dass bei dem Beigeladenen das Unterkriterium „Ausfallsicherheit des Personals“ in diesem Kontext mit 0 Punkten hätte bewertet werden müssen, könne sie damit nicht durchdringen. Im Rahmen der zweiten Wertungsstufe des Angebots sei die grundsätzliche Eignung des Beigeladenen geprüft und bejaht worden. Soweit sich die diesbezügliche Prüfung durch den Antragsgegner aus den dem Gericht vorliegenden Aktenbestandteilen nachvollziehen lasse, hätten sich insoweit keine Ausschlussgründe für ein Zuschlagsverbot ergeben. Probleme bei vorangegangenen Aufträgen, wie von der Antragstellerin bezüglich des Beigeladenen vorgetragen, müssten sich nicht zwangsläufig auf die zukünftige Leistungsfähigkeit auswirken. Aufgrund der nicht vollständig offengelegten Unterlagen des Vergabeverfahrens könne das Gericht nicht abschließend feststellen, ob und inwieweit der Beigeladene auf die Problematik von Personalausfällen eingegangen und gegebenenfalls sein Konzept angepasst habe. Jedenfalls habe die Antragstellerin nicht substantiiert vorgetragen, dass der Antragsgegner bei der Prüfung der Angebote und Konzepte zu Unrecht das Angebot des Beigeladenen nicht nach § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB ausgeschlossen habe. Die Antragstellerin habe nicht darlegen können, dass die vorgetragene Schlechtleistung des Beigeladenen in der Vergangenheit aufgrund von Personalproblemen so erheblich oder fortdauernd gewesen wäre, dass § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB dem Antragsgegner die Möglichkeit eröffnet hätte, das Angebot des Beigeladenen auszuschließen. Im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes lasse es sich ferner nicht abschließend aufklären, ob der stellvertretende Geschäftsleiter des Antragsgegners Äußerungen bezüglich der Unzuverlässigkeit des Kreisverbands N. des Beigeladenen überhaupt, und wenn ja, mit welchem Wortlaut getätigt habe. Folglich habe die Antragstellerin weder die Ungeeignetheit des Beigeladenen noch sonstige Ermessensfehler des Antragsgegners im Rahmen der Vergabe der Dienstleistungskonzession dargelegt.
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Für die Vergabe der Dienstleistungskonzession bei Los 7 seien die gleichen Erwägungen maßgeblich wie bei Los 6. Auch insoweit habe die Antragstellerin keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
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3.3 Der weitere Antrag der Antragstellerin, es zu unterlassen, eine interimsweise Beauftragung für den Betrieb der Krankentransportwägen ohne deren Beteiligung an einem Auswahlverfahren zu vollziehen, habe ebenfalls keinen Erfolg. Mangels fehlerhafter Auswahlentscheidung der Verbandsversammlung am 9. Februar 2024 bedürfe es keiner Interimsvergabe, sodass es der Antragstellerin für ihr Begehren bereits am notwendigen Anordnungsgrund fehle.
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4. Demgegenüber macht die Antragstellerin zur Begründung ihrer Beschwerde gegen den verwaltungsgerichtlichen Beschluss weiterhin geltend, dass die Verbandsversammlung des Antragsgegners bei der Beschlussfassung über die streitgegenständliche Vergabe beschlussunfähig gewesen sei, da mit dem Landrat von C. eine nach Art. 49 BayGO ausgeschlossene Person mitgewirkt und diese Mitwirkung sich auch auf das Entscheidungsergebnis ausgewirkt habe. Ferner sei das Angebot der Antragstellerin betreffend Los 3 auch zu Unrecht von einer Wertung auf der ersten und der vierten Wertungsstufe ausgeschlossen worden. Betreffend die erste Wertungsstufe habe die Antragstellerin in ihrem Angebot Einzelkosten nicht in unzutreffender Höhe angegeben. Zudem handle es sich bei dem vom Antragsgegner angeführten Kostendeckungsprinzip nicht um den korrekten Wertungsmaßstab. Im Rahmen der vierten Wertungsstufe sei das Verwaltungsgericht zu Unrecht von einem unauskömmlichen Angebot der Antragstellerin ausgegangen, habe der Auftraggeber im Vergabeverfahren die gebotene Aufklärung verbleibender Ungewissheiten unterlassen und hätten die nachträglichen Erläuterungen der Antragstellerin zu ihren angebotenen Preisen berücksichtigt werden müssen. Verfehlt seien auch die vom Verwaltungsgericht geteilten Erwägungen des Antragsgegners zu der Frage, ob die Antragstellerin, unterstellt es liege ein unauskömmliches Angebot vor, gleichwohl wettbewerbskonforme Ziele verfolge und zu den angebotenen Kosten in wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht über den Vertragszeitraum voraussichtlich leistungsfähig sein werde. Als ermessensfehlerhaft erweise es sich, in diesem Kontext darauf abzustellen, bei der Antragstellerin handle es sich um ein „junges Unternehmen“, das einen starken „Expansionskurs“ verfolge. Soweit die Antragstellerin betreffend Los 6 und 7 vorgetragen habe, der Beigeladene sei wegen Unzuverlässigkeit auszuschließen gewesen, sei das Verwaltungsgericht seiner Amtsermittlungspflicht nicht nachgekommen.
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Weiter sei der Streitwert im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bei insgesamt sechs im Streit stehenden Rettungswägen nach Ziffer 16.5 des Streitwertkatalogs mit dem halben Hauptsachestreitwert, und damit mit 45.000,- € zu bemessen, da Anhaltspunkte für eine Vorwegnahme der Hauptsache nicht bestünden.
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Demgegenüber lässt der Antragsgegner beantragen, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen. Insbesondere sei der Beschluss der Verbandsversammlung vom 9. Februar 2024 wirksam gewesen. Bei dem Landrat von C. handle es sich nicht um eine von der Mitwirkung nach Art. 33 Abs. 4 BayKommZG in Verbindung mit Art. 49 Abs. 1 BayGO ausgeschlossene Person. Weiterhin erwiese sich seine Mitwirkung auch nach Art. 49 Abs. 4 BayGO als für das Abstimmungsergebnis unbeachtlich. Die Antragstellerin sei zu Recht sowohl auf der ersten wie der vierten Wertungsstufe mit ihrem Angebot ausgeschlossen worden. So habe die Antragstellerin in ihrem Angebot hinsichtlich der Kostenpositionen „Verwaltungspersonal und sonstiges Personal“, „Medikamente“, „medizinisches Verbrauchsmaterial“ und „Reparaturen-Wartung“ unzutreffende Angaben gemacht, was den Ausschluss bereits auf der ersten Wertungsstufe rechtfertige. Was den Ausschluss auf der vierten Wertungsebene betreffe, sei auch dieser zu Recht erfolgt. Soweit sich die Antragstellerin gegen die Installierung einer Rügeobliegenheit parallel zur Regelung nach § 160 GWB wende, sei dies angesichts der sehr offenen Verfahrensregelung in Art. 13 BayRDG im Vergleich zum wesentlich strengeren Vergaberecht möglich, ebenso, dass der Antragsgegner die entsprechende Anwendung der Regelungen des § 60 VgV in seine Ausschreibungsbedingungen aufnehme. Weiter sei § 60 VgV auch zutreffend und rechtmäßig angewandt worden. So hätten die Voraussetzungen für ein sog. Aufklärungsverlangen vorgelegen und sei die hierfür gesetzte Frist angemessen gewesen. Die Antragstellerin habe die strittigen Kostenpositionen auch nicht zufriedenstellend aufgeklärt. Schließlich sei die Prognose des Antragsgegners, die Antragstellerin sei als „junges Unternehmen mit beschränkter finanzieller Ausstattung“, das sich auf „Expansionskurs“ befinde, wirtschaftlich und finanziell voraussichtlich nicht in der Lage, über den Vertragszeitraum vertragsgerecht Leistungen zu erbringen, nicht zu beanstanden. Auch hinsichtlich der vom Antragsgegner im Rahmen der Vergabe der Lose 6 und 7 vorgenommenen Eignungsprüfung des Beigeladenen sei die Vergabeentscheidung trotz der von der Antragstellerin behaupteten Unzuverlässigkeit nicht zu beanstanden. Für den Antrag II betreffend die Interimsvergabe fehle es sowohl an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs wie eines Anordnungsgrunds.
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Der Beigeladene hat lediglich zur vom Senat geforderten Stillhalteerklärung bis einschließlich 31. Juli 2024 Stellung genommen, sich darüber hinaus nicht zur Sache geäußert und im Beschwerdeverfahren keinen Antrag gestellt.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Gerichtsakten, ferner die Gerichtsakten des Klageverfahrens und die in elektronischer Form vorliegenden Behördenakten verwiesen.
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Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist zum weitaus überwiegenden Teil begründet. Soweit sie im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Unterlassung des „Zuschlags“ für die Lose 3, 6 und 7 im Auswahlverfahren A207B49-EU zugunsten des Beigeladenen beansprucht, ist nach der für derartige Auswahlentscheidungen zugrunde zu legenden Rechtsschutzsystematik die verwaltungsgerichtliche Entscheidung aufzuheben und stattdessen die Feststellung auszusprechen, dass der am 13. März 2024 erhobenen Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung zukommt (1.). Demgegenüber liegen für das weitere Rechtsschutzbegehren, an einer – zukünftigen – Interimsvergabe für den Betrieb von Rettungswägen an den Standorten der Lose 3, 6 und 7 beteiligt zu werden, jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Gewähr vorbeugenden Rechtsschutzes nicht vor. Insoweit erweist sich die Antragsablehnung durch das Verwaltungsgericht – nach augenblicklichem Stand – im Ergebnis als zutreffend (2.).
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1. Die Beschwerde erweist sich als begründet, soweit die Antragstellerin im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes das Unterlassen des „Zuschlags“ an den Beigeladenen im Rahmen der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen bei den Losen 3, 6 und 7 des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens beansprucht. Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Beschluss dieses Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin unzutreffend nicht in die Systematik der sog. verdrängenden Konkurrentenklage eingeordnet (1.1). Mit der Rechtsprechung des vormals für das Rettungsdienstrecht zuständigen 21. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs kommt entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Regensburg der von der Antragstellerin erhobenen kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, soweit sie die als Verwaltungsakt im Sinne von Art. 35 BayVwVfG ergehende Vorabinformation im Wege der Anfechtungsklage angreift, aufschiebende Wirkung zu, die den Antragsgegner von Gesetzes wegen dazu verpflichtet, die angefochtene Auswahlentscheidung durch Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags nicht zu vollziehen (1.2). Da der Antragsgegner seine Auswahlentscheidung bislang nicht für sofort vollziehbar erklärt hat und zugleich beabsichtigt, mit dem Beigeladenen öffentlich-rechtliche Verträge über die Erteilung der streitgegenständlichen Dienstleistungskonzession abzuschließen, war zugunsten der Antragstellerin die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage vom 13. März 2024 festzustellen (1.3).
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1.1 Mit der Novellierung des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes durch das Gesetz zur Änderung des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes und des Bayerischen Krankenhausgesetzes vom 22. April 2022 (GVBl. 2022, 132) hat der Landesgesetzgeber unter Inanspruchnahme der sog. Bereichsausnahme nach § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB das Auswahlverfahren für die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen an gemeinnützige Organisationen und Vereinigungen nunmehr ausschließlich verwaltungsrechtlich ausgestaltet. Die Beauftragung eines Dienstleistenden für die bodengebundene Durchführung von Notfallrettung und Krankentransport erfolgt dabei nach Maßgabe von Art. 13 Abs. 2 bis 5 BayRDG in einem zweistufigen Verfahren, bei dem der zuständige Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung zunächst mittels eines Verwaltungsakts im Sinne von Art. 35 Satz 1 BayVwVfG unter verschiedenen Bewerbern eine Auswahlentscheidung trifft, deren Umsetzung durch den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags („Zuschlag“) im Sinne von Art. 13 Abs. 5 Satz 1 BayRDG erfolgt (hierzu bereits BayVGH, B.v. 12.4.2016 – 21 CE 15.2559 – BeckRS 22016, 45841 Rn. 25 f.; vgl. hierzu Braun in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 5. Aufl. 2024, § 134 GWB Rn. 191 ff. unter Auseinandersetzung mit der abzulehnenden Gegenauffassung; ders. in Gabriel/Krohn/Neun, Handbuch Vergaberecht, 3. Aufl. 2021, § 68 GWB, Rn. 22 f.). Bekanntgegeben wird die zugunsten eines Bewerbers und zulasten der übrigen Mitbewerber ausgefallene Auswahlentscheidung im Rahmen der sog. Vorabinformation. In dieser liegt daher, wie in der rettungsdienstlichen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs geklärt ist, ein janusköpfiger Verwaltungsakt, der die Begünstigung eines Bewerbers mit der Belastung der nicht zum Zuge gekommenen Konkurrenten kombiniert (vgl. hierzu etwa Braun in Müller-Wrede/Braun, KonzVgV, 2019, RDG Rn. 242). Der bisherigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs diesbezüglich explizit folgend, hat der Antragsgegner die Vorabinformation über die Auswahlentscheidung an die Antragstellerin vom 13. Februar 2024 auch in Bescheidform gefasst und mit einer Begründung und einer Rechtsbehelfsbelehrung- Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg – versehen.
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An der vorstehend geschilderten Systematik des verwaltungsrechtlichen Vergabeverfahrens orientiert sich der Rechtsschutz des unterlegenen Konkurrenten in der Hauptsache sowie – daran anknüpfend – im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes. Kann eine bestimmte staatliche Begünstigung, hier die Übertragung einer Dienstleistungskonzession für den Betrieb eines Rettungswagens im Bereich der bodengebundenen Notfallrettung, bei mehreren Bewerbern nur an einen vergeben werden, muss der unterlegene Mitbewerber, der die Dienstleistungskonzession für sich selbst beansprucht, gegen den Verwaltungsakt mit Drittwirkung im Wege der „verdrängenden Konkurrentenklage“ vorgehen (zur verdrängenden Konkurrentenklage und zu der gebotenen Rechtsschutzform vgl. Sennekamp in Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 2021 § 42 VwGO Rn. 34; Pietzcker/Marsch in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand Januar 2024, § 42 VwGO Rn. 141 ff.; Schoch in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand Januar 2024, § 80 VwGO Rn. 48). Bei der verdrängenden Konkurrentenklage handelt es sich nicht um eine Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage, sondern vielmehr um eine Kombination aus einer Anfechtungsklage, gerichtet auf die Beseitigung der (rechtswidrigen) „Vergabe“ an den Konkurrenten, und einer Verpflichtungsklage, gerichtet auf die „Vergabe“ an sich selbst. Diesem Ansatz folgend hat die Antragstellerin mit ihrem als „Verpflichtungsklage“ überschriebenen Klageantrag vom 13. März 2024 im Hauptantrag zutreffend beantragt, „den Bescheid des Beklagten vom 13.02.2024 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin den Zuschlag im Verfahren A207B49-EU auf die Lose 3, 6 und 7 durch Verwaltungsakt zu erteilen“. Diese Ausgestaltung des Hauptsacherechtsschutzes wirkt sich unmittelbar auf die Form der Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes aus.
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1.2 Knüpft nämlich der vorläufige Rechtsschutz eines unberücksichtigt gebliebenen Konkurrenten an eine Versagungsgegenklage in der Hauptsache an, richtet sich der vorläufige Rechtsschutz, mit dem der übergangene Konkurrent die vorläufige Unterlassung des Zuschlags an den Mitbewerber bzw. – falls der Zuschlag bereits erteilt ist – dessen Rückabwicklung erreichen will, nach § 123 VwGO. Demgegenüber ist in der rettungsdienstlichen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs geklärt, dass nach der landesrechtlichen Regelung des Auswahlverfahrens in Art. 13 Abs. 2 bis 5 BayRDG einer gegen die Auswahl eines Konkurrenten erhobenen Anfechtungsklage nach § 80a Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung zukommt (BayVGH, B.v. 15.11.2018 – 21 CE 18.854 – BeckRS 2018, 29069 Rn. 49-51; zuvor bereits B.v.12.4.2016 – 21 CE 15.2559 – BeckRS 2016, 45841 Rn. 24 f.; a.A. allerdings in Bezug auf die Hamburger Rechtslage OVG Hamburg, B.v. 26.9.2023 – 3 Bs 86/23 – NordÖR 2024, 135; vgl. hierzu ausführlich Schoch in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand Januar 2024, § 80 VwGO Rn. 48; Bühs, BayVBl. 2019, S. 514 ff.; Rennert, NZBau 2019, 411 ff., 414). Die mit der Erhebung der Anfechtungsklage bzw. des Anfechtungsantrags von Gesetzes wegen verbundene aufschiebende Wirkung führt zur Vollzugshemmung des Auswahlverwaltungsakts (so Rennert, DVBl 2009, S. 1333 ff., 1335), was bei der vorliegenden Konstellation zur Folge hat, dass der Rettungszweckverband ohne Anordnung des Sofortvollzugs der Auswahlentscheidung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO mit dem ausgewählten Bewerber bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache keinen „Zuschlag“ erteilen bzw. keinen öffentlich-rechtlichen Vertrag nach Art. 13 Abs. 5 Satz 1 BayRDG abschließen darf.
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Dieser Systematik des vorläufigen Rechtsschutzes hat das Verwaltungsgericht bei der Einordnung des Rechtsschutzbegehrens der Antragstellerin nicht Rechnung getragen, obwohl es sich der Möglichkeit einer Auslegung bzw. Umdeutung des Rechtsschutzbegehrens durchaus bewusst war. Zwar überschreibt die Antragstellerin ihren Antrag an das Verwaltungsgericht als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO. Ihr Rechtsschutzbegehren ist jedoch – ausgehend von der zeitgleichen Klageerhebung in der Hauptsache – dahingehend auszulegen bzw. umzudeuten, dass angesichts der unterbliebenen Sofortvollzugsanordnung des Antragsgegners die Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage bzw. des Aufhebungsantrags vom 13. März 2024 beansprucht wird. Soweit das Verwaltungsgericht die Auslegung bzw. Umdeutung des Antrags der Antragstellerin zwar für möglich gehalten, unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs eine Anknüpfung an eine in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage bzw. eines Aufhebungsbegehrens dem Rechtsschutzbegehren nicht entsprechend angesehen hat, erschließt sich dies dem Senat nicht.
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1.3 Das nach dem vorstehend Ausgeführten zutreffend als Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung der gegen die Vorabmitteilung vom 13. März 2024 erhobenen Anfechtungsklage bzw. des Aufhebungsbegehrens verstandene Rechtsschutzbegehren erweist sich als zulässig und begründet. Einer solchen Klage kommt nach § 80 Abs. 1 Satz 1, 2 VwGO bereits von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung zu. Anhaltspunkte dafür, dass im vorliegenden Fall die Anfechtungsklage bzw. das Aufhebungsbegehren der Antragstellerin mangels Klagebefugnis als offensichtlich unzulässig anzusehen wäre, liegen nicht vor, da die Antragstellerin sich in der streitgegenständlichen Konkurrenzsituation sowohl auf Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. hierzu Antweiler in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 5. Aufl. 2024, § 107 GWB Rn. 21) wie auch auf Art. 12 GG (vgl. hierzu Wahl/Schütz in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand Januar 2024, § 42 Abs. 2 VwGO Rn 307) berufen kann (allgemein zur Klagebefugnis in diesen Fällen Rennert, DVBl 2009, 1333 ff., 1337 f.; Braun in Müller-Wrede/Braun, KonzVgV 2019, RDG Rn. 29 f.).
27
Besteht zwischen den Beteiligten eines Verwaltungsrechtsverhältnisses Streit darüber, ob einem Rechtsbehelf gegen eine behördliche Maßnahme kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung zukommt, so ist Rechtsschutz anerkanntermaßen im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO zu gewähren. Dem Anliegen des Betroffenen, einer sog. faktischen Vollziehung, also der unter Missachtung der aufschiebenden Wirkung erfolgenden behördlichen Vollziehung des Verwaltungsakts entgegenzuwirken, wird dadurch Rechnung getragen, dass das Gericht in analoger Anwendung von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs feststellt (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 18.11.2019 – 4 CS 19.1839 – BeckRS 2019, 30501 Rn. 4; speziell für die Konzessionsvergabe im Rettungswesen BayVGH, B.v. 15.11.2018 – 21 CE 18.854 – BeckRS 2018, 29069 Rn. 46 ff.). Dies gilt auch für Fälle einer (lediglich) drohenden faktischen Vollziehung, in denen sich die Behörde eines Vollziehungsrechts berühmt, weil sie beispielsweise dem Rechtsbehelf zu Unrecht die aufschiebende Wirkung aberkennt (BayVGH, B.v. 18.11.2019 – 4 CS 19.1839 – BeckRS 2019, 30501 Rn. 4).
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Im vorliegenden Verfahren hat der Bevollmächtigte des Antragsgegners sowohl das Vorliegen einer nach § 80 Abs. 1 VwGO die aufschiebende Wirkung auslösenden Anfechtungsklage der Antragstellerin in Abrede gestellt, wie auch die Antragstellerin auf den nachgelagerten Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren nach erfolgter Vergabe der Dienstleistungskonzessionen an den Beigeladenen verwiesen. Nachdem die Vorabmitteilung vom 13. Februar 2024 auch keine Sofortvollzugsanordnung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO enthält, war daher zugunsten der Antragstellerin die aufschiebende Wirkung ihrer Klage vom 13. März 2024 festzustellen.
29
Der Umstand, dass die Antragstellerin die systemwidrige Einordnung ihres vorläufigen Rechtsschutzbegehrens nicht explizit rügt, steht § 146 Abs. 4 Satz VwGO, der das Beschwerdegericht auf die Prüfung der dargelegten Gründe beschränkt, nicht entgegen, da eine Beschwerde auch unabhängig von den dargelegten Beschwerdegründen Erfolg hat, wenn die angefochtene Entscheidung offensichtlich unzutreffend ist (vgl. mit weiteren Nachweisen Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 146 Rn. 27). Im Übrigen liegt in der vom Senat vorgenommenen Einordnung des vorläufigen Rechtsschutzbegehrens der Antragstellerin auch keine unzulässige Überraschungsentscheidung, da das Konzept des vorläufigen Rechtsschutzes bei der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen im Rettungswesen in der rettungsdienstlichen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bereits angelegt ist und sowohl das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung wie auch der Bevollmächtigte des Antragsgegners hierauf – allerdings der Sache nach unzutreffend – Bezug nehmen. Eine Hinweispflicht des Senats im Zuge des Anspruchs auf Gewähr rechtlichen Gehörs bestand daher nicht.
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2. Soweit die Antragstellerin weiter beantragt hat, dem Antragsgegner zu untersagen, „die interimsweise Beauftragung des Betriebs der RTW für die Lose 3, 6 und 7 auszuführen / zu vollziehen, ohne die Antragstellerin an einem hierauf gerichteten Auswahlverfahren als Bewerberin / Bieterin zu beteiligen“, beansprucht sie nach § 123 VwGO „vorläufigen“ (vorbeugenden) Rechtsschutz. In einem Hauptsacheverfahren wäre insoweit eine vorbeugende Leistungs- bzw. eine Unterlassungsklage statthaft. Für die eingeforderte Beteiligung an einer zukünftigen Interimsvergabe der drei streitgegenständlichen Dienstleistungskonzessionen fehlt es indes – zumindest derzeit – am erforderlichen besonderen Rechtsschutzbedürfnis. So ist aktuell insbesondere nicht absehbar, ob der Antragsgegner seinem Sicherstellungsauftrag aus Art. 5 BayRDG überhaupt durch Durchführung einer Interimsvergabe oder nach Art. 13 Abs. 4 BayRDG in Form einer unwesentlichen Änderung oder Erweiterung der bestehenden Dienstleistungskonzessionen nachkommt. Damit fehlt es – jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt – bereits an einem hinreichend konkreten Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten, dass durch eine einstweilige Anordnung entsprechend – auch vorbeugend – gestaltet werden könnte.
31
Darüber hinaus liegt auch ein Anordnungsgrund für die ausnahmsweise Gewähr vorbeugenden Rechtsschutzes – zumindest derzeit – nicht vor (vgl. hierzu und zum Folgenden Kuhla in BeckOK VwGO, Stand 1.7.2023, Rn. 132 ff.). Hierzu müsste die Antragstellerin darlegen, dass ihr nicht zugemutet werden kann, die drohende Rechtsverletzung abzuwarten, um dann nachträglich – ggf. auch einstweiligen – Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen. Ein Abwarten erweist sich dann als unzumutbar, wenn schon die kurzfristige Hinnahme der befürchteten Handlungsweise geeignet wäre, den Betroffenen in seinen Rechten in besonders schwerwiegender Weise zu beeinträchtigen. Da es bei einer Interimsvergabe nicht um die auf 10 Jahre befristete Vergabe einer Dienstleistungskonzession geht, besteht auf Seiten der Antragstellerin insbesondere keine Gefahr der irreversiblen Beeinträchtigung subjektiv-öffentlicher Rechte. Im Übrigen stünden der Bejahung eines Anordnungsgrunds mit der Sicherstellung des Rettungsdienstes besonders gewichtige öffentliche Gründe entgegen. Das Verwaltungsgericht hat daher den entsprechenden Antrag – jedenfalls im Ergebnis – zu Recht abgewiesen. Angesichts der bereits von Gesetzes wegen bestehenden aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin besitzt dieser Gesichtspunkt allerdings nur untergeordnete Bedeutung.
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3. Ergänzend zu dem vorstehend Ausgeführten weist der Senat für das Hauptsacheverfahren oder für ein mögliches weiteres vorläufiges Rechtsschutzverfahren nach Anordnung des Sofortvollzugs der Auswahlentscheidung darauf hin, dass entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch ernstliche Zweifel (im Sinne von § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO analog) an der Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung bestehen.
33
3.1 Es liegen zunächst gewichtige Anhaltspunkte dafür vor, dass der Vergabebeschluss des Antragsgegners in der Verbandsversammlung vom 9. Februar 2024 aufgrund der Mitwirkung des Landrats von C. bereits nach Art. 33 Abs. 4 Satz 1 BayKommZG in Verbindung mit Art. 49 Abs. 1 BayGO unwirksam bzw. nach Art. 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 oder Art. 21 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG zumindest rechtswidrig aufhebbar ist.
34
Schon die Annahme, dass im vorliegenden Fall aufgrund der einstimmigen Beschlussfassung der drei (verbliebenen) Verbandsräte bzw. Stellvertreter die Regelung des Art. 49 Abs. 4 BayGO Anwendung findet, wovon das Verwaltungsgericht wie auch der Bevollmächtigte des Antragsgegners ausgehen, erweist sich als unzutreffend. Denn die Mitwirkung eines persönlich Beteiligten wird auch dann entscheidend für das Abstimmungsergebnis, wenn sie zur Beschlussunfähigkeit der Verbandsversammlung des Zweckverbands führt (vgl. hierzu Kreiselmeier in BeckOK Kommunalrecht Bayern, Stand 1.5.2024, Art. 49 GO Rn. 4; Glaser in Widtmann/Grasser/Glaser, BayGO, Stand April 2023, Art. 49 Rn. 6). Wäre im vorliegenden Fall der Landrat von C. daher wegen persönlicher Beteiligung von Beratung und Abstimmung ausgeschlossen, wäre die Verbandsversammlung mangels Anwesenheit der Mehrheit der stimmberechtigten Mitglieder beschlussunfähig. Demzufolge erwiese sich die Mitwirkung des Landrats von C. auch für das Abstimmungsergebnis als erheblich.
35
Nach Art. 49 Abs. 1 BayGO ist ein Mitglied – hier der Verbandsversammlung eines Rettungszweckverbands – dann von der Beratung und Abstimmung ausgeschlossen, wenn der Beschluss einer von ihm vertretenen natürlichen oder juristischen Person oder sonstigen Vereinigung einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann. Der Landrat von C. ist als sog. „Hinzuberufener“ Mitglied des Vorstands des Bezirksverbands des Beigeladenen. Angesichts des Vortrags der Antragstellerin, wonach dem Bezirksverband des Beigeladenen über eine entsprechende Umlage der Kreisverbände finanzielle Mittel zufließen und der jeweilige Kreisverband des Beigeladenen die Dienstleistungskonzession für den Betrieb eines Rettungswagens am jeweiligen Standort wahrnimmt, liegt die Annahme eines unmittelbaren Vorteils im Sinne einer insoweit maßgeblichen adäquaten Kausalität jedenfalls nicht fern.
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Dies gilt umso mehr, als der Landesgesetzgeber bei der letzten Novelle des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes in der Gesetzesbegründung ausdrücklich darauf hinweist, dass am Auswahlverfahren nach Art. 13 Abs. 3 BayRDG gemäß Art. 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayVwVfG Personen von der Auswahlentscheidung ausgeschlossen sein sollen, die bei einem Beteiligten als Mitglied des Vorstands, des Aufsichtsrats oder eines gleichartigen Organs tätig sind (Bayerischer Landtag Drucksache 18/19306, S. 29). Ob angesichts dessen im Bereich der Rettungszweckverbände die Ausschlussregelung in Art. 33 Abs. 4 Satz 1 BayKommZG in Verbindung mit Art. 49 BayGO als inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmung im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG die Anwendung von Art. 20 Abs. 1 BayVwVfG suspendiert, darf daher ebenfalls mit guten Gründen bezweifelt werden. Demzufolge kann der Landrat von C. zumindest als Mitglied eines „gleichartigen Organs“ des Beigeladenen angesehen werden, was sein Tätigwerden im Rahmen des Auswahlverfahrens verbieten würde. Seine Mitwirkung an der Abstimmung über die Vergabe der Dienstleistungskonzessionen würde in diesem Fall nach Art. 44 Abs. 3 Nr. 2 BayVwVfG zwar nicht zwingend zur Nichtigkeit des Beschlusses führen, jedoch zu seiner Rechtswidrigkeit, da bei einer Ermessensentscheidung nach Art. 13 BayRDG die Anwendung von Art. 46 BayVwVfG ausscheidet.
37
In diesem Kontext nicht erwogen hat das Verwaltungsgericht weiterhin, dass hinsichtlich des Landrats von C. in jedem Fall Anhaltspunkte für die Annahme einer Besorgnis der Befangenheit nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG vorliegen, dessen Anwendung nicht hinter den Bestimmungen des Art. 33 Abs. 4 Satz 1 BayKommZG in Verbindung mit Art. 49 Abs. 1 BayGO zurücktritt. Wirkt an einer Verwaltungsentscheidung eine Person mit, hinsichtlich derer Gründe für die Annahme der Besorgnis der Befangenheit bestehen, macht dies die Entscheidung ebenfalls aufhebbar rechtswidrig. Auch in diesem Fall führt angesichts der Ausgestaltung der Auswahlentscheidung nach Art. 13 Abs. 3 BayRDG als Ermessensentscheidung Art. 46 BayVwVfG nicht zur Unbeachtlichkeit des Verfahrensfehlers.
38
Generell begegnet auch unterhalb der Schwelle des Art. 33 Abs. 4 BayKommZG in Verbindung mit Art. 49 Abs. 1 BayGO der Umstand durchgreifenden Bedenken, dass, wie das vorliegende Verfahren exemplarisch zeigt, führende Vertreter im Rettungsdienst tätiger Organisationen zugleich als Verbandsräte des Rettungszweckverbands amtieren. Der „böse Schein“ der Besorgnis einer möglichen Befangenheit – vor allem bei der Vergabe von Rettungsdienstkonzessionen – wird dadurch nicht von vornherein gemieden, sondern im Gegenteil nachhaltig erzeugt.
39
Auch ohne Bestehen ausdrücklicher Inkompatibilitätsregelungen müsste eine solche Praxis, wie sie auch im vorliegenden Fall zutage tritt, gegen das jedes Verwaltungs- und Vergabeverfahren beherrschende Unbefangenheitsprinzip verstoßen. Entsprechend den Grundsätzen eines rechtsstaatlichen (fairen, objektiven, unparteiischen, allein an Recht und Gesetz orientierten) Verwaltungsverfahrens können nur solche Personen für einen Zweckverband tätig werden, bei denen nicht Umstände vorliegen, die objektiv geeignet sind, Misstrauen gegen ein neutrales, unparteiisches Verhalten zu rechtfertigen, auch wenn die einzelnen Verbandsräte grundsätzlich die Interessen ihres Verbandsmitglieds zu wahren haben (vgl. Art. 33 Abs. 4 Satz 2 BayKommZG).
40
Bürgerinnen und Bürger, aber auch juristische Personen als Beteiligte eines Auswahlverfahrens müssen die Gewähr dafür besitzen, dass die Entscheidung über vorgelegte Angebote allein nach Recht und Gesetz ergeht und an der inhaltlichen Vorbereitung der Auswahlentscheidung keine Personen mitwirken, deren Unbefangenheit gegenüber der zu treffenden Entscheidung aufgrund mangelnder Distanz zum Gegenstand des Verfahrens gefährdet sein könnte (Objektivitäts- und Unbefangenheitsprinzip).
41
Neben dieser, für den beteiligten Bieter maßgeblichen Funktion hat das Prinzip verwaltungsverfahrensrechtlicher Unbefangenheit und Objektivität zugleich auch den Belangen des Zweckverbands und den wohlverstandenen Interessen des einzelnen Verbandsrats selbst zu dienen, indem es verhindert, dass der Amtswalter aufgrund seiner Funktion in einer im Rettungsdienst tätigen Organisation in eine Interessenkollision gerät (vgl. hierzu ausführlich Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 20 Rn. 1 m.w.N.).
42
Der so verstandene Neutralitätsgrundsatz bindet die öffentliche Hand und damit einen Rettungszweckverband gerade auch bei der Auftragsvergabe in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Form. Er wird verletzt, wenn – wie im vorliegenden Fall – Personen an einer Vergabeentscheidung auf Seiten des Zweckverbands mitwirken, die zugleich Aufsichtsfunktionen in Organisationen auf Bieterseite ausüben (vgl. OLG Brandenburg, B.v. 3.8.1999 – 6 Verg 1/99 – NVwZ 1999, 1142, 1146 f. LS 1).
43
3.2 Auch soweit der Antragsgegner das Angebot der Antragstellerin zu Los 3 (Standort Obertraubling) bereits nach Teil A Ziffer 12 lit. a, dd der Bewerbungsbedingungen auf der ersten Wertungsstufe ausschließen möchte, da im Angebot der Antragstellerin mehrfach „Einzelkosten nicht in der zutreffenden Höhe bei den betreffenden Kostenkategorien angegeben werden“, begegnet dies ernstlichen Zweifeln. Der Antragsgegner legt diesbezüglich in der Begründung der „Vorabinformation“ bereits nicht hinreichend nachvollziehbar dar, weshalb verschiedene Kostenpositionen „unzutreffend“ angegeben sein sollen. Dies gilt zunächst hinsichtlich der Bezifferung der Kosten „für Verwaltungspersonal und für sonstiges Personal“ mit 0,00 €. Weshalb diese Angabe „offenkundig nicht der zutreffenden Höhe der hier anzugebenden Kosten“ entsprechen soll, erschließt sich gerade nicht von selbst. Der Umstand, dass in einer vertraglichen Vereinbarung zwischen der R. Holding und der Antragstellerin geregelt worden ist, dass diese die entsprechenden Verwaltungstätigkeiten für die Antragstellerin übernimmt und ihr in Rechnung stellt, trägt den Schluss auf eine unzutreffende Angabe von Kosten in Höhe von 0,00 € schon deshalb nicht, weil die R. Holding die entsprechenden Kosten der Antragstellerin beispielsweise in Form einer Spende auch „erlassen“ kann. So erfährt etwa der Beigeladene durch die Tätigkeit von Ehrenamtlichen ebenfalls einen „Zuschuss“ zu seinen Personalkosten, der mit 0,00 € in ein entsprechendes Angebot (im Rahmen der 20% Grenze für den Einsatz von Ehrenamtlichen) eingeht. Die vom Antragsgegner angeführten Gründe für die Annahme einer unzutreffenden Kostenangabe erweisen sich mithin als nicht tragfähig. Dies gilt in gleicher Weise für die Annahme, die Angaben zu den Kosten für Medikamente, für medizinisches Verbrauchsmaterial und für Reparaturen-Wartung seien „unzutreffend“. Hier schließt der Antragsgegner aus der Angabe gleicher Kostenwerte in den Losen 3, 6 und 7 bei unterschiedlichen Kalkulationsvorgaben auf die Unrichtigkeit der Angaben. Dieser Schluss erweist sich jedoch ebenfalls nicht als zwingend, weil er voraussetzt, dass die genannten Kosten sich stets proportional entwickeln und daher auch bei unterschiedlichen Ausgangswerten zu unterschiedlichen Kostenangaben führen müssen. Damit ist jedoch der Ansatz der Antragstellerin, sie habe aufgrund entsprechender Erfahrungswerte mit einem durchschnittlichen Betrag bzw. einem maximal anfallenden Betrag kalkuliert, nicht widerlegt. Ebenso wenig erweist sich bei den weiteren Kostenpositionen ein Ausschluss wegen „unzutreffender“ Angaben als nicht hinreichend begründet. Der Ausschluss der Antragstellerin bei Los 3 bereits auf der ersten Wertungsstufe begegnet daher, jedenfalls nach derzeitigem Kenntnisstand, ernstlichen Zweifeln.
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3.3 Dies gilt gleichermaßen für den Ausschluss des Angebots der Antragstellerin bei Los 3 auf der vierten Wertungsstufe.
45
Für das nunmehr ausschließlich verwaltungsrechtlich geregelte Vergabeverfahren bei Dienstleistungskonzessionen im Rettungswesen enthält das Bayerische Rettungsdienstgesetz, wovon auch der Bevollmächtigte des Antragsgegners ausgeht, nur wenige inhaltliche Vorgaben. So entscheidet nach Art. 13 Abs. 2 Satz 1 der Rettungszweckverband „in einem Auswahlverfahren über den Gegenstand der Beauftragung und einen geeigneten Durchführenden nach pflichtgemäßem Ermessen“. Das Auswahlverfahren ist nach Art. 13 Abs. 3 BayRDG rechtzeitig in geeigneter Weise bekanntzumachen und transparent, unter Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung und unter Wahrung der Vertraulichkeit durchzuführen. Angesichts der geringen Regelungsdichte ist es daher für den Antragsgegner durchaus möglich, im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens auch vergaberechtliche Vorschriften im verwaltungsrechtlichen Vergabeverfahren zu rezipieren, soweit sie mit der gesetzlichen Zielsetzung nach Art. 13 Abs. 3 Satz 5 BayRDG, nämlich der Auswahl des wirtschaftlichsten und effizientesten Leistungserbringers, in Einklang stehen. Angesichts dessen erscheint der Verweis auf die Anwendung von § 60 VgV im Hinblick auf „ungewöhnlich niedrige Angebote“ in den Ausschreibungsbedingungen als grundsätzlich zulässig.
46
Demgegenüber stehen entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten des Antragsgegners Rügeobliegenheiten analog § 160 Abs. 3 GWB, die zu einer Präklusion des Vorbringens eines Anbieters führen, mit dem Ziel der Auswahl des wirtschaftlichsten und effizientesten Bewerbers für den Rettungsdienst nicht in Einklang. Zwar gilt hinsichtlich des maßgeblichen Entscheidungszeitpunkts im Rahmen der Anfechtungsklage der Grundsatz, dass hier auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen ist, sofern sich nicht aus Sinn und Zweck des Gesetzes ein anderer maßgeblicher Zeitpunkt ergibt. Würde man daher im vorliegenden Fall bei der Anwendung von § 60 VgV auf den Kenntnisstand des Rettungszweckverbands im Zeitpunkt der Vergabeentscheidung abstellen, bliebe möglicherweise ein wirtschaftlicheres und effizienteres Angebot gegenüber einem unwirtschaftlichen unberücksichtigt, wenn sich nach der Vergabeentscheidung aber vor Vertragsschluss noch wesentliche Gesichtspunkte im Hinblick auf die Angebotswertung ergeben. Ungeachtet dessen hat die Antragstellerin (zusätzlich) in der Hauptsache auch Verpflichtungsklage erhoben, um selbst in den Genuss einer Konzession zu gelangen. Demzufolge ist das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss unzutreffend davon ausgegangen, dass Erläuterungen der Antragstellerin zu ihrem Angebot, die im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens gegeben wurden, bei der Entscheidung nicht zu berücksichtigen sind und dass stattdessen der Kenntnisstand des Rettungszweckverbands am 9. Februar 2024 maßgeblich ist.
47
Ausgehend hiervon erweist sich aus Sicht des Senats die Annahme des Antragsgegners und des Verwaltungsgerichts, das Angebot der Antragstellerin sei als „Unterangebot“ anzusehen bzw. sei „unauskömmlich“ unter mehreren Gesichtspunkten als nicht nachvollziehbar (vgl. hierzu Steck in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 5. Aufl. 2024, § 60 VgV Rn. 13b, 16, 16a). So ist völlig unklar, wie das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss zu der Auffassung gelangen kann, dass die „Unauskömmlichkeit“ des Angebots bereits dann anzunehmen sei, wenn die angeblich ungeklärten Kostenpositionen lediglich 1% der Gesamtangebotssumme ausmachen. Darüber hinaus liefern die Erläuterungen der Antragstellerin zu den anzusetzenden Personalkosten, die sie aufgrund eines Haustarifvertrags günstiger als der Beigeladene anbieten kann, einen durchaus nachvollziehbaren Ansatz für ein niedrigeres Angebot. Angesichts dessen ist im vorliegenden Fall ein „Unterangebot“ der Antragstellerin schon nicht nachgewiesen.
48
Hinzu kommt, dass – worauf die Antragstellerin zu Recht verweist – einem Unterangebot gemessen an der Zwecksetzung der Gewinnung des wirtschaftlichsten und effizientesten Angebots auch dann im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens der „Zuschlag“ zu erteilen wäre, wenn die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit des Anbieters eine Vertragserfüllung über die gesamte Vertragsdauer erwarten lässt (zur diesbezüglichen Prüfungspflicht vgl. Steck in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 5. Aufl. 2024, § 60 VgV Rn. 14b; Horn in Müller-Wrede, VgV/UVgO, 2017, § 60 VgV Rn. 23). Soweit sowohl der Antragsgegner als auch das Verwaltungsgericht bei der Antragstellerin unter Verweis auf ein „junges Unternehmen mit geringer finanzieller Ausstattung“, das sich auf „Expansionskurs“ befindet, die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit in Abrede stellen, ist dies weder durch Tatsachen belegt noch sonst offenkundig und negiert den Umstand, dass es sich bei der Antragstellerin um eine der Gesetzesänderung des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes geschuldete Ausgründung aus einem Unternehmen handelt, das bereits über einen längeren Zeitraum im Bereich des Rettungsdienstes wirtschaftlich tätig ist. Sofern sich die Erwägungen des Antragsgegners nicht auf nachvollziehbare Tatsachen stützen lassen, liegt in ihnen, worauf die Antragstellerin zu Recht verweist, demzufolge ein Ermessensfehlgebrauch.
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Soweit der Antragsgegner darüber hinaus, jedenfalls im gerichtlichen Verfahren, das Kostendeckungsprinzip und die ihm angeblich innewohnende Missbrauchsgefahr thematisiert, ist diesem Ansatz schon deshalb nicht Folge zu leisten, weil es, wie bereits dargelegt, an einem Beleg dafür fehlt, dass das Angebot der Antragstellerin sich auf Dauer als nicht kostendeckend erweist.
50
3.4 Zweifel an der Richtigkeit bestehen auch hinsichtlich der Vergabeentscheidung zugunsten des Beigeladenen bei den Losen 6 und 7.
51
Insoweit ist dem Ansatz der Antragstellerin, eine defizitäre Auftragserfüllung des Beigeladenen in der Vergangenheit lasse einen Schluss auf die zukünftige Aufgabenerfüllung und damit auf die Eignung für die in Rede stehende Dienstleistung zu, durch das Verwaltungsgericht nicht ausreichend Rechnung getragen worden. Bei Ausfallzeiten an Bestandsstandorten handelt es sich um einer Sachverhaltsermittlung zugängliche objektive Tatsachen ebenso wie sich der Inhalt der Äußerung eines Verwaltungsbeamten durch dessen Zeugeneinvernahme klären lässt. Angesichts dessen wird in einem Hauptsacheverfahren zu klären sein, ob tatsächlich Anhaltspunkte für eine defizitäre Aufgabenerfüllung durch den Beigeladenen in der Vergangenheit bestehen und ob er im Rahmen des Angebots ein hinreichendes Personalkonzept zur Sicherstellung der Aufgabenerfüllung vorgelegt hat.
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3.5 Sinnvollerweise wird die Auswahlentscheidung daher insgesamt auf eine neue Grundlage zu stellen sein.
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4. Die Kosten des Verfahrens trägt nach § 154 Abs. 1 VwGO der Antragsgegner in beiden Rechtszügen. Sie sind ihm nach § 155 Abs. 1 Satz 3 insgesamt aufzuerlegen, da die Antragstellerin mit ihren weiteren Anträgen im Beschwerdeverfahren und im Verfahren erster Instanz nur zu einem geringen Teil unterlegen ist. Dem Beigeladenen können nach § 154 Abs. 3 VwGO keine Kosten auferlegt werden, da er sich am Verfahren nicht durch eigene Antragstellung beteiligt und damit kein Kostenrisiko übernommen hat; er trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst. Der Streitwert bestimmt sich vorliegend nach § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG in Verbindung mit Ziffer 16.5, Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Anhaltspunkte für eine Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung bestehen, wie die Antragstellerin zu Recht vorträgt, nicht. Demzufolge ist auch die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts entsprechend zu korrigieren.
54
Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.