Titel:
Kein Fortsetzungsfeststellungsintereese nach einem Versammlungsverbot nach der Auslaufen der Regelungen zu Corona-Schutzmaßnahmen
Normenketten:
GG Art. 8 Abs. 1, Art. 38 Abs. 1 S. 1, Art. 103 Abs. 1
VwGO § 86 Abs. 3, § 113 Abs. 1 S. 4, § 124 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 5, Abs. 4 S. 4
Leitsätze:
1. Angesichts der erheblichen Entspannung des pandemischen Geschehens und der stark veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen mit dem Auslaufen der Regelungen zu Corona-Schutzmaßnahmen, kann nicht mehr im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ernsthaft zweifelhaft sein, dass vergleichbare Beschränkungen in Zukunft nicht hinreichend wahrscheinlich sind. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
2. Überwiegt das Gewicht der Modalitäten der geplanten Veranstaltung, die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung zielen, ist die Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung. Im umgekehrten Fall genießt die Veranstaltung nicht den Schutz des Versammlungsrechts. Ist ein Übergewicht des einen oder des anderen Bereichs nicht zweifelsfrei festzustellen, ist die Veranstaltung wie eine Versammlung zu behandeln. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Fortsetzungsfeststellungsklage, Fortsetzungsfeststellungsinteresse, Parteiveranstaltung, Versammlungseigenschaft (verneint), Zulassungsgründe nicht dargelegt, Versammlungseigenschaft, Zulassungsgründe, Wiederholungsgefahr, Auslaufen der Regelungen zu Corona-Schutzmaßnahmen, Versammlungsfreiheit
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 12.10.2023 – M 10 K 22.408
Fundstelle:
BeckRS 2024, 20318
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. In Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. Oktober 2023 wird der Streitwert für beide Instanzen jeweils auf 5.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
1
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seine in erster Instanz erfolglose Fortsetzungsfeststellungsklage, mit der er die Rechtswidrigkeit der Auflösung der Veranstaltung seines Kreisverbandes am 17. Dezember 2021 feststellen lassen will, weiter. Das Verwaltungsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen, weil der Kläger kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse dargelegt habe.
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Mit dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag sind weder die in der Zulassungsbegründung vorgebrachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO noch ein Zulassungsgrund im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
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1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – juris Rn. 11; B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – juris Rn. 16; B.v. 8.5.2019 – 2 BvR 657/19 – juris Rn. 33). Die von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geforderte Darlegung dieses Zulassungsgrundes erfordert innerhalb der Zulassungsbegründungsfrist von zwei Monaten eine konkret fallbezogene und hinreichend substantiierte Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung; es muss dargelegt werden, dass und weshalb das Verwaltungsgericht entscheidungstragende Rechts- und Tatsachenfragen unrichtig entschieden hat (BayVGH, B.v. 29.4.2020 – 10 ZB 20.104 – juris Rn. 3). Diese Anforderungen verfehlt das Zulassungsvorbringen.
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Das Verwaltungsgericht hat die Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) mit Urteil vom 12. Oktober 2023 der Sache nach abgewiesen, weil es an einem Fortsetzungsfeststellungsinteresse fehle. Eine Wiederholungsgefahr bestehe nach Ende der Pandemie nicht. Alle rechtlichen Infektionsschutzmaßnahmen seien aufgehoben worden. Mangels Rechtsgrundlage könne der Beklagte keine vergleichbaren Kontrollen des Genesenen- bzw. Geimpftenstatus und bei fehlendem Nachweis eine Auflösung der Veranstaltung durchführen. Auch auf ein Rehabilitationsinteresse könne der Kläger sich nicht berufen. Es sei weder vorgetragen noch erkennbar, inwieweit durch die Kontrolle der Teilnehmer und die Auflösung der Veranstaltung das Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabgesetzt worden sei. Ein tiefgreifender Grundrechtseingriff habe ebenfalls nicht dargelegt werden können. Die Veranstaltung sei nicht als Versammlung im Sinne von Art. 8 Abs. 1 GG, sondern lediglich als eine Parteiveranstaltung ohne Versammlungscharakter anzusehen. Bei „gemischten“ Veranstaltungen sei das Gesamtgepräge entscheidend. Die in der Einladung genannten Tagesordnungspunkte würden keinen Bezug zu einem politischen Thema oder ähnlichem erkennen lassen. Der Umstand, dass auf der Veranstaltung Informationen über die Partei gegeben und Aktivitäten und Arbeitsgruppen im Kreisverband vorgestellt worden seien, genüge nicht. Es handle sich vielmehr um vereinstypische Maßnahmen der Mitgliederwerbung bzw. -konsolidierung respektive um Maßnahmen der vereinstypischen Berichterstattung. Dies untermauere das Mietvertragsdokument, in dem die Veranstaltung als Info-Veranstaltung bezeichnet werde, und der wöchentliche Rhythmus der Treffen. Der Umstand, dass Parteien nach dem (grund-)gesetzlichen Verständnis bei der politischen Willensbildung des Volkes mitwirken würden (Art. 21 Abs. 1 des Grundgesetzes; § 1 Abs. 2 des Parteiengesetzes), führe nicht ipso jure dazu, dass jede Veranstaltung einer Partei eine Versammlung im Sinne von Art. 8 Abs. 1 GG sei. Zwar könnten auch Parteitage als Versammlungen von Art. 8 GG angesehen werden, von dem Kläger sei jedoch nicht substantiiert vorgetragen worden, dass bei der hier in Rede stehenden Veranstaltung Themen und Entscheidungen behandelt oder beschlossen worden seien, die der Veranstaltung den Bezug zur Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung verleihen würde. Dies indiziere auch die Tatsache, dass die Veranstaltung bereits um 17:00 Uhr für die Teilnehmer in der Gastwirtschaft begonnen habe, obwohl der offizielle Teil erst um 18:30 Uhr angefangen und ein gastronomisches Angebot (über ein Buffet) eingeschlossen habe.
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Das Vorbringen des Klägers im Zulassungsantrag zieht diese Ausführungen nicht durchgreifend in Zweifel.
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a) Der Annahme des Verwaltungsgerichts, nach Ende der Pandemie bestehe keine Wiederholungsgefahr, tritt der Kläger nicht nachvollziehbar entgegen. Dass vergleichbare Umstände erneut mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eintreten könnten, zeigt das Zulassungsvorbringen nicht auf. Soweit der Kläger vorträgt, dass es wieder zu pandemischen Lagen kommen könne, der Verweis auf die potentielle Möglichkeit einer entsprechenden Wiederholung der Substantiierungspflicht der Kläger genüge und es nicht ausgeschlossen sei, dass durch äußere Umstände wiederum die Versammlungsfreiheit beschränkt werde, legt sie damit nicht ansatzweise dar, dass eine vergleichbare (Sach-)Lage, also eine Pandemie mit einem potentiell lebensbedrohlichen, durch Aerosole übertragbaren Virus, gegen das es (noch) keinen Impfstoff gab bzw. (noch) nicht alle geimpft waren, tatsächlich in absehbarer Zeit wieder eintreten könnte. Ausgehend vom obergerichtlich gefestigten Maßstab einer „hinreichend bestimmte(n) Gefahr, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen erneut gleichartige Maßnahmen ergehen werden“ (vgl. BVerwG, U.v. 12.10.2006 – 4 C 12.04 – juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 11.3.2024 – 10 ZB 24.219 – juris Rn. 8; B.v. 12.5.2015 – 10 ZB 13.629 – juris Rn. 8), kann angesichts der erheblichen Entspannung des pandemischen Geschehens und der stark veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen mit dem Auslaufen der Regelungen zu Corona-Schutzmaßnahmen nicht mehr im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ernsthaft zweifelhaft sein, dass vergleichbare Beschränkungen in Zukunft nicht hinreichend wahrscheinlich sind (BayVGH, B.v. 3.1.2023 – 10 ZB 22.285 juris Rn. 7; SächsOVG, U.v. 21.4.2021 – 3 C 8/20 – juris Rn. 16 für eine Ausgangssperre und OVG Saarl, U.v. 31.3.2022 – 2 C 317/20 – juris Rn. 28 für die Schließung von Fitnessstudios). Nicht entscheidungserheblich kommt es daneben auf den Willen der Kläger an, in Zukunft Veranstaltungen abzuhalten, die ihrer Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen und damit der gleichen Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit führen könnten.
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b) Der Kläger kann auch kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitierung geltend machen. Er hat insoweit nicht dargelegt, inwieweit er entgegen den Ausführungen im Urteil des Erstgerichts in der Öffentlichkeit stigmatisiert worden sei.
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c) Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich ein berechtigtes Fortsetzungsfeststellungsinteresse auch nicht aus dem Vorliegen eines tiefgreifenden Grundrechtseingriffs in Art. 8 Abs. 1 GG begründen. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr zu Recht festgestellt, dass es sich bei der Veranstaltung des Klägers nicht um eine Versammlung, sondern um eine Parteiveranstaltung, die nicht unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 GG fällt, gehandelt hat.
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Versammlungen im Sinne von Art. 8 Abs. 1 GG sind örtliche Zusammenkünfte mehrerer Personen zur gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung. Enthält eine Veranstaltung sowohl Elemente, die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet sind, als auch solche, die diesem Zweck nicht zuzurechnen sind („gemischte Versammlung“), so ist entscheidend, ob die Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung darstellt (BayVGH, U.v. 8.3.2022 – 10 B 21.1694 – juris Rn. 56). Bleiben insoweit Zweifel, so bewirkt der hohe Rang der Versammlungsfreiheit, dass die Veranstaltung wie eine Versammlung behandelt wird (BVerfG, B.v. 12.7.2001 – 1 BvQ 28/01, 1 BvQ 30/01 – juris Rn. 29). Bei der Frage, welches Gesamtgepräge einer Veranstaltung zukommt, ist zwar zu berücksichtigen, dass die Beteiligten berechtigt sind, selbst darüber zu bestimmen, was sie zum Gegenstand öffentlicher Meinungsbildung machen und welcher Formen der kommunikativen Einwirkung sie sich bedienen wollen. Die rechtliche Einordnung dieses Verhaltens als Versammlung aber steht den dazu berufenen Gerichten zu (BVerfG, B.v. 12.7.2001 – 1 BvQ 28/01, 1 BvQ 30/01 – juris Rn. 30; BayVGH, U.v. 22.9.2015 – 10 B 14.2246 – juris Rn. 47). Überwiegt das Gewicht der Modalitäten der geplanten Veranstaltung, die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung zielen, ist die Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung. Im umgekehrten Fall genießt die Veranstaltung nicht den Schutz des Versammlungsrechts. Ist ein Übergewicht des einen oder des anderen Bereichs nicht zweifelsfrei festzustellen, ist die Veranstaltung wie eine Versammlung zu behandeln (BVerwG, U.v. 16.5.2007 – 6 C 23.06 – juris Rn. 17 f.).
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Soweit der Kläger vorträgt, dass sich die Veranstaltung auch an die Öffentlichkeit gerichtet und bereits vor der eigentlichen Mitgliederversammlung eine Versammlung stattgefunden habe, insoweit auch nicht maßgeblich sei, welche zivilrechtliche Vereinbarung zwischen dem Gaststättenbetreiber und der Gruppierung geschlossen worden sei, auch eine wiederholende Versammlung nicht dazu führe, dass eine Versammlung den Charakter verliere, sowie die Versammlung und die Parteitätigkeit nachhaltig gestört worden sei, geht das Zulassungsvorbringen nicht auf die maßgeblichen Erwägungen des Erstgerichts ein, dass sich vor allem aus der Tagesordnung kein Bezug zu politischen Themen oder ähnlichen und somit keine Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung erkennen lasse. Auch im Zulassungsvorbringen wird nicht dargelegt, inwieweit die aufgelöste Veranstaltung der öffentlichen Meinungsbildung dienen hätte sollen. Das Verwaltungsgericht weist insoweit zu Recht darauf hin, dass ausweislich der Tagesordnung neben dem Angebot eines Caterings Informationen über die Mitmachpartei, Vorstellung der Anwesenden und Vorstellung der Aktivitäten und Arbeitsgruppen des Kreisverbands Thema der Veranstaltung waren und es sich dabei um vereinstypische Maßnahmen der Mitgliederwerbung mit reinem Informationscharakter gehandelt hat. Darauf geht das Zulassungsvorbringen nicht ein. Das Vorbringen des Klägers verhält sich des Weiteren nicht dazu, dass das Erstgericht davon ausgegangen ist, dass (zumindest) das Gesamtgepräge der Veranstaltung auf Information und nicht auf öffentlicher Meinungsbildung gelegen hat. Dass und welche politische Themen neben den in der Tagesordnung angegebenen Informationspunkten übermittelt hätten werden sollen und dass die politischen Themen ein Übergewicht gehabt hätten, wird nicht dargelegt beziehungsweise Letzteres noch nicht einmal behauptetet. Ohne dies näher auszuführen, wird lediglich behauptet, dass die Voraussetzungen der gemeinsamen Meinungsbildung und die gemeinsame Meinungsäußerung mit Bezug auf eine öffentliche Angelegenheit erfüllt gewesen seien. Soweit der Kläger darauf abstellt, dass Parteien gleichberechtigt am politischen Wettbewerb teilnehmen können müssten und das Recht der politischen Parteien auf Chancengleichheit unter der Beachtung des Gebots staatlicher Neutralität in engem Zusammenhang mit den Grundsätzen der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl gemäß Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG stehe, legt sie damit nicht ansatzweise dar, inwieweit der Kläger anderen Parteien gegenüber, die ebenfalls die geltenden Coronaregeln einhalten mussten, benachteiligt worden sein soll. Dass die Veranstaltung ein Parteitag gewesen sei, wird nicht geltend gemacht.
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2. Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO liegt ebenfalls nicht vor. Die Darlegung eines Verfahrensmangels erfordert die konkrete Bezeichnung des Verfahrensmangels in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht und die Darlegung, inwiefern die Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf dem Verfahrensmangel beruhen kann.
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Soweit der Kläger vorträgt, dass erst in der mündlichen Verhandlung auf die Problematik des Fortsetzungsfeststellungsinteresses hingewiesen worden sei sowie auch die für die rechtliche Würdigung maßgebliche Einordnung „in der Versammlung“ nicht erfolgt und damit eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG in Ausprägung der richterlichen Hinweispflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO) verbunden sei und es ansonsten möglich gewesen wäre, durch Einvernahme von Zeugen darzulegen, wie sich die Veranstaltung, insbesondere vor Beginn der eigentlichen Mitgliederversammlung, konkret gestaltet habe, greift diese Rüge nicht durch.
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Eine hinreichende Darlegung der Verletzung des rechtlichen Gehörs in der Ausprägung der richterlichen Hinweispflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO (vgl. BVerfG B.v. 29.10.2015 – 2 BvR 1493/11 – juris Rn. 37) ist nicht gegeben. Nach ständiger Rechtsprechung besteht keine generelle Pflicht des Gerichts, die Beteiligten vorab auf seine Rechtsauffassung oder die mögliche Würdigung des Sachverhalts hinzuweisen, weil sich die tatsächliche oder rechtliche Einschätzung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Entscheidungsfindung nach Schluss der mündlichen Verhandlung ergibt. Das Verwaltungsgericht ist allenfalls verpflichtet gewesen, entsprechende Hinweise zu erteilen, wenn es seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten oder sonst hervorgetretenen rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt hätte stützen und damit dem Rechtsstreit eine Wendung hätte geben wollen, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens auch unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen brauchten und die Beteiligten sich dazu nicht äußern konnten (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 29.11.2021 – 8 B 15.21 – juris Rn. 7; B.v. 15.7.2022 – 4 B 32/21 – juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 20.3.2023 – 23 ZB 22.2666 – juris Rn. 20).
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Ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung des Verwaltungsgerichts am 12. Oktober 2023 wurden ausdrücklich die Fragen des Vorliegens eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses und die Versammlungseigenschaft der Veranstaltung des Klägers angesprochen und zwischen den Beteiligten streitig diskutiert. Des Weiteren wurde die Frage der rechtlichen Einordnung der Veranstaltung des Klägers bereits im Eilverfahren (VG München, B.v.11.2.2022 – M 33 E 22.409, den Beteiligten bekannt) zwischen den Beteiligten thematisiert. Von einem prozesskundigen Verfahrensbeteiligten wäre zu erwarten gewesen, dass er die Problematik der Erforderlichkeit eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses kennt und entsprechend vorträgt.
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Zudem stellt die Aufklärungsrüge kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz zu kompensieren. Vielmehr ist darzulegen, dass bereits im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist. Hat ein anwaltlich vertretener Kläger im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht nicht durch Stellung eines Beweisantrags auf die von ihm nunmehr beanstandete unterbliebene Sachaufklärung hingewirkt, kann eine Aufklärungsrüge keinen Erfolg haben (vgl. BVerwG, B.v. 13.1.2009 – 9 B 64.08 – juris Rn. 5), außer es wird dargelegt, aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne einen Beweisantrag hätten aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2021 – 2 B 69.20 – juris Rn. 27; BayVGH, B.v. 18.8.2022 – 10 ZB 22.1265 – juris Rn. 6; B.v. 9.2.2024 – 21 ZB 19.1734 – juris Rn.16 ff.).
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Ein Beweisantrag wurde ausweislich des Protokolls vom damaligen Klägerbevollmächtigten nicht gestellt, obwohl in der mündlichen Verhandlung über die Problematik der rechtlichen Einordnung der Veranstaltung gesprochen wurde. Es wurde im Zulassungsverfahren auch nicht dargelegt, dass sich eine weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen, weshalb das Verwaltungsgericht von Amts wegen weitere Aufklärungsbemühungen hätte unternehmen müssen und welche tatsächlichen Feststellungen bei Vornahme der entsprechenden Sachaufklärung getroffen worden wären, die zudem auch noch entscheidungserheblich gewesen wären.
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3. Der nur hilfsweise gestellte weitere Antrag, das Urteil gemäß § 130 Abs. 2 VwGO aufzuheben und das Verfahren an das Verwaltungsgericht München zurückzuverweisen, ist schon deshalb erfolglos, da diese Norm nur im Berufungsverfahren zur Anwendung kommt.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 2 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).