Inhalt

VG Ansbach, Beschluss v. 08.08.2024 – AN 9 S 24.327
Titel:

Bebaubarkeit des Areals der historischen Radrennbahn – Reichelsdorfer Keller

Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5 S. 1, Abs. 2 Nr. 3
UmwRG § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, § 2 Abs. 4 S. 1 Nr. 2
BauGB § 1 Abs. 3, § 13a, § 30, § 33, § 212a
BNatSchG § 44, § 45
Leitsätze:
1. Aus dem Unionsrecht oder der Aarhus-Konvention folgt kein zwingender Anspruch auf eine vollständige Inzidentkontrolle eines Bebauungsplans in dem – von einem Antragsteller freiwillig gewählten – Verfahrensstadium eines Eilverfahrens gegen eine auf seiner Grundlage ergangene Genehmigungsentscheidung. (Rn. 72) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Siedlungsbereich wird grundsätzlich durch eine Bebauung gekennzeichnet, die nicht nur vereinzelt ist, sondern den Eindruck einer jedenfalls lockeren Zusammengehörigkeit erweckt; er wird zur Ortslage, wenn er ein gewisses Gewicht erreicht. Gebiete, die nach den tatsächlichen Verhältnissen einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil iSv § 34 Abs. 1 BauGB bilden, erfüllen diese Voraussetzungen ohne weiteres. Der Siedlungsbereich reicht jedoch über diesen Kern hinaus. (Rn. 87) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine frühere und nachwirkende bauliche Nutzung kann eine besondere inhaltliche Nähe zum Siedlungsbereich indizieren. Das Fehlen einer solchen Nutzung, mit der wegen der Versiegelung des Bodens eine geringere Schutzwürdigkeit der Flächen einhergeht, steht der Zugehörigkeit zum Siedlungsbereich allerdings nicht entgegen. (Rn. 92) (redaktioneller Leitsatz)
4. Ein Bebauungsplan, dessen Umsetzung artenschutzrechtliche Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 BNatSchG entgegenstehen, ist nicht erforderlich (§ 1 Abs. 3 BauGB) und damit nichtig. (Rn. 108) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
sog. Umweltverbandsklage gegen mehrere Baugenehmigungen auf der Grundlage eines vorhabensbezogenen Bebauungsplanes, welcher im vereinfachten Verfahren aufgestellt worden ist;, Rechtsschutzbedürfnis, ; Prüfungsmaßstab und Prüfungsdichte im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, Hauptsache Anfechtungsklage, Maßnahme der Innenentwicklung, sog. Umweltverbandsklage gegen mehrere Baugenehmigungen auf der Grundlage eines vorhabensbezogenen Bebauungsplanes, welcher im vereinfachten Verfahren aufgestellt worden ist, Prüfungsmaßstab und Prüfungsdichte im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, Siedlungsbereich, unüberwindliche artenschutzrechtliche Hindernisse
Fundstelle:
BeckRS 2024, 20295

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
3. Der Streitwert wird auf 22.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Beteiligten streiten über die Bebaubarkeit des Areals der historischen Radrennbahn am „…“. Der Antragsteller wendet sich als anerkannte Umweltvereinigung nach § 3 Umweltrechtsbehelfsgesetz (UmwRG) gegen die der Beigeladenen erteilten Baugenehmigungen jeweils mit Fällgenehmigung auf dem Gebiet des mittlerweile in Kraft getretenen Bebauungsplans Nr. … „…“ für ein Gebiet westlich der …, zwischen …, … und … Festgesetzt wird mit dem Bebauungsplan ein allgemeines Wohngebiet im Sinne von § 4 Baunutzungsverordnung (BauNVO). Das Quartier umfasst drei- bis fünfgeschossigen Geschosswohnungsbau mit ca. 22.600 m2 Geschossfläche für Wohnen, Gewerbe und eine Kindertagesstätte an der … sowie verdichtete Einfamilienhausbebauung mit Reihen- und Doppelhaustypen mit ca. 3.560 m2 Geschossfläche im Inneren des Plangebiets. Die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. … erfolgte im beschleunigten Verfahren gemäß § 13a Baugesetzbuch (BauGB).
2
Am 28. Juni 2023 schlossen die Antragsgegnerin und die Beigeladene einen städtebaulichen Vertrag nach § 11 BauGB.
3
Mit Bescheid vom 7. Februar 2024 (Aktenzeichen …*) erteilte die Regierung von Mittelfranken der Beigeladenen eine Ausnahme nach § 45 Abs. 7 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) von den Verboten des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG (Großer Abendsegler).
4
Für die denkmalgeschützte Radrennbahn wurde unter dem Aktenzeichen … die Erlaubnis zum (Teil-)Abbruch nach Art. 6 Denkmalschutzgesetz (BayDSchG) erteilt. Einem Eilantrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die für sofort vollziehbar erklärte Abbrucherlaubnis gab die erkennende Kammer mit Beschluss vom 28. Februar 2024 nicht statt (AN 9 S 23.2188).
5
Unter dem behördlichen Aktenzeichen … beantragte die Beigeladene für das Grundstück mit der FlNr. … der Gemarkung … die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung einer Wohnanlage mit einer Kindertageseinrichtung, Gewerbeeinheiten und einer Tiefgarage (Bauabschnitt 1). Unter dem behördlichen Aktenzeichen … beantragte die Beigeladene für das Grundstück mit der FlNr. … der Gemarkung … die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung einer Wohnanlage mit 78 Wohneinheiten und einer Tiefgarage (Bauabschnitt 2). Unter dem behördlichen Aktenzeichen … beantragte die Beigeladene für das Grundstück mit der FlNr. … der Gemarkung … die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung einer Wohnanlage mit 122 Wohneinheiten und einer Tiefgarage (Bauabschnitt 3). Jeweils mit Bescheid vom 14. Februar 2024 erteilte die Bauordnungsbehörde der Antragsgegnerin die beantragte Baugenehmigung unter Auflagen. Sämtliche Baugenehmigungen enthalten die beantragten Genehmigungen zur Beseitigung des vorhandenen Baumbestandes. Die Baugenehmigungen wurden im Amtsblatt der Antragsgegnerin Nr. 5 am 28. Februar 2024 öffentlich bekanntgemacht.
6
Mit bei Gericht am 15. Februar 2024 eingegangenem Schriftsatz ließ der Antragsteller unter dem gerichtlichen Aktenzeichen AN 9 K 24.328 gegen die Baugenehmigungen Klage erheben.
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Mit Änderungsbescheiden vom 13. Juni 2024 verfügte die Antragsgegnerin weitere bzw. geänderte Auflagen zum Immissions- und Naturschutz. Gleichzeitig erfolgte eine „Klarstellung“ zur Beseitigung des Erdwalls und eine ergänzende Begründung für die zugelassenen Baumfällungen. Die Änderungsbescheide wurden mit anwaltlichem Schriftsatz vom 15. Juli 2024 in die unter dem gerichtlichen Az. AN 9 K 24.328 anhängige Klage einbezogen.
8
Mit weiteren Änderungsbescheiden vom 2. Juli 2024 gestattete die Antragsgegnerin die Abtragung des Erdwalls mit Tribünen. Eine Einbeziehung in die unter dem gerichtlichen Aktenzeichen AN 9 K 24.328 anhängige Klage erfolgte mit Schriftsatz vom 6. August 2024.
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Im vorliegenden Eilverfahren ließ der Antragsteller im Wesentlichen Folgendes vortragen:
10
Das Plangebiet grenze mit der … unmittelbar an das Vogelschutzgebiet … (* …*) im Osten und befinde sich ca. 285 m östlich des im Westen gelegenen … in … (* …*). Wie aus der insgesamt mit Anlagen 204 Seiten umfassenden SAP aus dem Bauleitplanverfahren mit Stand 25. Juli 2022 ersichtlich sei, führe die Bauleitplanung zu zahlreichen Betroffenheiten europarechtlich geschützter Arten, z.B. Fledermäuse wie dem Großen Abendsegler. Die mit der Planung verbundenen Eingriffe könnten auch nicht allesamt über die in der SAP (Kapitel 3) vorgesehenen Vermeidungs-, Ausgleichs- und vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen (CEF-Maßnahmen) ausgeglichen oder kompensiert werden. Vielmehr bedürfe es zur Realisierung der Planung einer artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG. Die SAP und die Entwurfsbegründung legten dar, dass für die Fledermausart „Großer Abendsegler“ eine Lebensstättenzerstörung im Sinne von § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG erfolge, die nicht im Wege einer CEF-Maßnahme (§ 44 Abs. 5 BNatSchG) vorgezogen ausgeglichen werden könne.
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Bei den erteilten Baugenehmigungen handele es sich um Verwaltungsakte im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG, durch die ein anderes als in den Nrn. 1 bis 2b des § 1 Abs. 1
12
UmwRG genanntes Vorhaben zugelassen werde. Dies geschehe unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG. Nach § 1 Abs. 4 UmwRG handele es sich bei umweltbezogenen Rechtsvorschriften um Bestimmungen, die sich zum Schutz von Mensch und Umwelt auf den Zustand von Umweltbestandteilen im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG (§ 1 Abs. 4 Nr. 1 UmwRG) oder Faktoren im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 2 UIG (§ 1 Abs. 4 Nr. 2 UmwRG) bezögen. Umweltbestandteile seien demnach insbesondere, aber nicht ausschließlich, Luft und Atmosphäre, Wasser, Boden, Landschaft und natürliche Lebensräume. Faktoren seien Stoffe, Energie, Lärm und Strahlung, Abfälle aller Art sowie Emissionen, Ableitungen und sonstige Freisetzungen von Stoffen in die Umwelt. Demnach beschränkten sich umweltbezogene Rechtsvorschriften nicht auf Rechtsvorschriften, in denen der Begriff Umwelt im Titel oder der Überschrift vorkomme. Dementsprechend zählten auch Vorschriften des Baugesetzbuchs zu den umweltbezogenen Rechtsvorschriften, soweit diese sich konkret in irgendeiner Weise auf die Umwelt bezögen (unter Hinweis auf BayVGH, U.v. 25.9.2023 – 9 BV 22.481). Der Antragsteller macht geltend, durch die streitgegenständlichen Baugenehmigungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Baugenehmigungen berührt zu sein (unter Hinweis auf BVerwG, U.v. 11.10.2017 – 9 A 14.16 -juris Rn. 10; BayVGH, U.v. 15.3.2021 – 8 A 18.40041 – juris Rn. 25). Insoweit gehöre auch der Denkmalschutz als umweltbezogener Belang zu den satzungsgemäßen Zielen des Antragstellers. Die Klage- und Antragsbefugnis sei bereits dann anzunehmen, wenn die bloße Möglichkeit eines Widerspruchs auf der Grundlage des Vortrags der anerkannten Vereinigung bestehe. Dies sei vorliegend der Fall. Die Baugenehmigungen verstießen gegen zahlreiche umweltbezogene Rechtsvorschriften, u.a. des Bundesnaturschutzgesetzes (§§ 34, 36, 44, 45 BNatSchG), des Baugesetzbuchs (§ 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB), Art. 51 Abs. 1 Nr. 5 BayNatSchG i.V.m. Baumschutzverordnung (BaumschutzVO) der Stadt … vom 24. April 1999 und des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes (Art. 6 BayDSchG) und berührten damit Umweltbelange, die der Antragsteller satzungsgemäß vertrete.
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Die Klage sei begründet, da die erteilten Baugenehmigungen rechtswidrig seien und daher aufzuheben seien. Denn die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 und 4 UmwRG lägen vor, ohne dass der Antragsteller als anerkannte Naturschutzvereinigung im Sinne von § 3 UmwRG in eigenen Rechten verletzt sein müsse.
14
Die angegriffenen Baugenehmigungen seien bereits formell rechtswidrig und erfüllten das Begründungserfordernis des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG nicht. Unter Hinweis auf das Verwaltungsgericht München, B.v. 9.8.2018, M 1 SN 18.2253 – juris Rn. 53, müsse der Begründungszwang angesichts der Klagerechte von anerkannten Naturschutzvereinigungen nach Sinn und Zweck der Vorschrift auch auf die Betroffenheiten im Bereich Umwelt und Naturschutz ausgeweitet werden. So entspreche die jeweilige Begründung der angefochtenen Baugenehmigungen nicht dem Begründungserfordernis des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG im Hinblick auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit, für die erteilten Ausnahmen von der Baumschutzverordnung und für die Entscheidung zum Abriss des Baudenkmals der historischen Radrennbahn. Diese Begründungsmängel seien auch beachtlich.
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Die Untere Denkmalschutzbehörde der Antragsgegnerin habe mit dem Abrissbescheid vom 24. Mai 2023 (* …*) lediglich über das Vorhaben „Abbruch von Teilen des Baudenkmals“ entschieden und insoweit auch nur den von der Beigeladenen im denkmalschutzrechtlichen Verfahren beantragten Teilabbruch der Betonfahrbahn „…“ und der „Vereinsgebäude und Nebenanlagen“ zugelassen. Das Baudenkmal bestehe jedoch aus sämtlichen Bauteilen und baulichen Anlagen. Dies schließe die Unterkonstruktion, Banden und Balustraden, Betonstrebepfeiler und die Wallanlage in das Baudenkmal mit ein. Denn nach Art. 1 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG seien Baudenkmäler bauliche Anlagen oder Teile davon. Es sei in der Rechtsprechung anerkannt und ergebe sich auch aus der Bayerischen Bauordnung (etwa Art. 57 Abs. 1 Nr. 9 BayBO), dass auch Aufschüttungen wie vorliegend die Wallanlage als Teil der Radrennbahn als bauliche Anlage gelten würden. Auch das BLfD habe in seiner die Denkmaleigenschaft anerkennenden Stellungnahme bzw. in der Konkretisierung vom 26. September 2022 u.a. ausgeführt, dass „die kühne Steilheit der Zementkurven wesentlich für die Denkmaleigenschaft ist.“ Vor diesem Hintergrund komme gerade der Geländemodellierung in Form der Wallanlage Denkmalschutzeigenschaft zu. Der mit dem Bescheid vom 24. Mai 2023 zugelassene Teilabbruch verdeutliche insoweit, dass im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens noch eine weitere denkmalschutzrechtliche Entscheidung hätte getroffen werden müssen. Demgegenüber ließen die drei angegriffenen Baugenehmigungsbescheide nicht erkennen, dass Denkmalschutzrecht überhaupt Prüfgegenstand des Baugenehmigungsverfahrens gewesen sei. Insoweit sei zunächst festzustellen, dass auch im vereinfachten Genehmigungsverfahren der Denkmalschutz gemäß Art. 59 Abs. 1 Nr. 3 BayBO, Art. 6 Abs. 3 Satz 1 BayDSchG zum Prüfprogramm des Baugenehmigungsverfahrens gehöre (unter Hinweis auf VG Augsburg, U.v. 15.2.2024 – AU 5 K 23.375 – juris Rn. 25). Der Abriss des Baudenkmals der historischen Radrennbahn bedürfe insoweit grundsätzlich einer Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 BayDSchG, über welche im Baugenehmigungsverfahren gemäß Art. 6 Abs. 2, 3 BayDSchG nach pflichtgemäßem Ermessen entschieden werde. Auch beim Denkmalschutz handele es sich um einen Umweltbelang, den der Antragsteller satzungsmäßig vertrete.
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Der Bebauungsplan Nr. … sei bereits dauerhaft nicht vollziehbar, da ihm denkmalschutzrechtliche Belange entgegenstünden und die beabsichtigte Planung daher dauerhaft nicht umgesetzt werden könne. Damit stehe und falle die Planung mit der Frage der Zulässigkeit des Abrisses des historischen Baudenkmals. An der Erforderlichkeit der Planung fehle es auch deshalb, weil nicht sichergestellt sei, dass die Planung den Umweltzielen nach Art. 4 EU-Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL) und den Bewirtschaftungszielen der §§ 27, 28, 47 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) entspreche. Diesbezüglich fehle es den Unterlagen des Bauleitplanverfahrens bereits grundsätzlich an einem Fachbeitrag zur EU-WRRL und einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Auseinandersetzung mit den von der Planung betroffenen Grund- und Oberflächenwasserkörpern.
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Der Bebauungsplan könne auch nicht wie von der Entwurfsbegründung vorgesehen nach § 13a BauGB im beschleunigten Verfahren erlassen werden. Zunächst liege eine Fläche der Innenentwicklung vorliegend nicht vor. Vom Begriff der Innenentwicklung seien nur solche Bebauungspläne erfasst, welche Maßnahmen zur Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und den Umbau vorhandener Ortsteile festsetzten. Isoliert in den Außenbereich hineinstoßende Flächen seien jedoch von diesem Begriff nicht erfasst (unter Hinweis auf Battis/Krautzberger/Löhr, § 13a BauGB, Rn. 4).
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Ein beschleunigtes Verfahren scheide auch deshalb aus, weil entgegen der rudimentären FFH-VP vom 26. Oktober 2016 (ergänzt am 30.1.2019) im Umfang von lediglich drei Seiten nicht ausgeschlossen werden könne, dass mit der Planung Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele des Vogelschutzgebietes … hervorgerufen würden (§ 13a Abs. 1 Satz 5 BauGB).
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Die Bauleitplanung enthalte ausweislich der Unterlagen des Plangebers zahlreiche CEF-Maßnahmen, die als vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen vor einem etwaigen Eingriff in Form von Baumfällungen oder Baumaßnahmen durchgeführt werden müssten und deren Wirksamkeit bestätigt werden müsse. Die in der SAP auf den Seiten 15 f. aufgelistete Maßnahmen halte der Antragsteller bereits insgesamt für ungeeignet bzw. stellten diese teilweise keine CEF-Maßnahmen im Sinne von § 44 Abs. 5 BNatSchG dar, die als vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen – hier vorrangig für den Verlust von Lebensstätten – vorgesehen seien.
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Die Bauleitplanung sowie die hier verfahrensgegenständlichen Baugenehmigungen verstießen gegen die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BNatSchG. Darüber hinaus lägen auch die Voraussetzungen für die erforderliche Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG für die Art Großer Abendsegler nicht vor.
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Die der Bauleitplanung und der Baugenehmigungen zugrundeliegende SAP genüge fachlich methodisch und rechtlich nicht den Anforderungen an eine solche Unterlage und sei daher nicht geeignet, die Vereinbarkeit des Vorhabens mit den artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen zu belegen.
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Die SAP und die Entwurfsbegründung legten dar, dass für die Fledermaus Großer Abendsegler eine Lebensstättenzerstörung im Sinne von § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG stattfinde, die nicht im Wege einer CEF-Maßnahme (§ 44 Abs. 5 BNatSchG) vorgezogen ausgeglichen werden könne. Damit sei auch nach Auffassung der SAP eine Vorhabenrealisierung nur im Wege einer Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG zulassungsfähig. Umso überraschender sei es, dass die Voraussetzungen der Ausnahmeerteilung in den Auslegungsunterlagen des Bauleitplanverfahrens nicht geprüft worden seien. Auf Seite 56 der Entwurfsbegründung heiße es lediglich, dass eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung beantragt und zur Billigung des Bebauungsplans durch die Regierung von Mittelfranken als höhere Naturschutzbehörde in Aussicht gestellt worden sei. Dass die Vorhabenrealisierung ausnahmefähig sei, sei jedoch nicht ersichtlich. Denn unabhängig von einer etwaigen durch die Regierung in Aussicht gestellte Ausnahmegenehmigung lägen jedenfalls aktuell keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Voraussetzungen nach § 45 Abs. 7 BNatSchG erfüllt sein könnten.
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Mit der Baugenehmigung habe die Antragsgegnerin zugleich über eine Ausnahmegenehmigung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 4 Nr. 2, § 5 Abs. 5 BaumschutzVO der Stadt … vom 24. April 1994 entschieden. Wie aus den Unterlagen zum Bauleitplanverfahren deutlich werde (Entwurfsbegründung, SAP und Anlagen), führe die Bebauung des Plangebiets zu einem weitreichenden Verlust von Fortpflanzungs- und Ruhestätten, Nahrungshabitaten und Lebensräumen für zahlreiche geschützte Arten. Gerade die Fällungen der besonders wertvollen Höhlenbäume führten dazu, dass das Vorhaben nur unter Inanspruchnahme einer artenschutzrechtlichen Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG für die Art Großer Abendsegler zulässig wäre. Dies allein verdeutliche, dass die wertvolle Funktion des Baumbestandes und dessen Schutzzweck nach § 2 Nr. 1 BaumschutzVO diametral widerspreche. Der Verlust der Höhlenbäume könne schließlich auch nicht durch CEF-Maßnahmen kompensiert werden.
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Der materiellen Planreife des Bebauungsplans stehe zudem entgegen, dass der Bebauungsplan Nr. … im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung an Ermittlungsdefiziten gemäß § 214 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i.V.m. § 2 Abs. 3 BauGB gelitten habe, weil die Belange des Arten- und Naturschutzes nicht ordnungsgemäß ermittelt worden seien. Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, wozu insbesondere die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt gehörten (§ 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. a BauGB), seien von der Antragsgegnerin nicht ausreichend ermittelt worden und hätten auch dem Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren nicht zugrunde gelegen. Da die Voraussetzungen eines beschleunigten Verfahrens nicht vorlägen, fehle es auch an dem erforderlichen Umweltbericht, aus dem sich die Betroffenheiten der Schutzgüter des § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. a BauGB durch die vorgelegte Planung ergäben. Selbst wenn man jedoch von der Rechtmäßigkeit des beschleunigten Verfahrens ausgehe, seien die Umweltbelange auch vom Anwendungsbereich des § 13a BauGB zu ermitteln und in die Abwägung einzustellen (unter Hinweis auf VfGHG, Entscheidung vom 13.7.2009 – VF.3-VII-09 – juris Rn. 45). Auch wenn auf Grund des beschleunigten Verfahrens ein Umweltbericht entsprechend den Vorgaben des § 2 Abs. 4 Satz 1 BauGB i.V.m. Anlage 1 zu § 2 Abs. 4 und den §§ 2a und 4c BauGB formal nicht erforderlich gewesen sei, so bedürfe es doch einer ausreichenden Ermittlung und Bewertung der von der Planung betroffenen Umweltbelange, um diese einer sachgerechten Abwägung zuzuführen. Die von der Antragsgegnerin ausgelegten Planunterlagen, die in ergänzter Form auch Gegenstand des Satzungsbeschlusses vom 14. März 2024 gewesen seien, stellten eine solche Grundlage jedoch nicht dar.
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Die drei angegriffenen Baugenehmigungsbescheide seien rechtswidrig, weil die erforderlichen Voraussetzungen für eine Ausnahme von der Baumschutzverordnung nicht vorlägen. Zunächst sei festzustellen, dass sich weder aus den drei angegriffenen Baugenehmigungsbescheiden selbst noch aus den übermittelten Behördenvorgängen eine Prüfung der Voraussetzungen der Baumschutzverordnung ergebe. Die Behördenakten ließen weder erkennen, welche Ausnahmevoraussetzungen den Entscheidungen zur Fällung und zum Rückschnitt und/oder Wurzeleingriff von der Antragsgegnerin geprüft worden seien, noch, dass die Ausnahmevoraussetzungen vorlägen.
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Eine Ermessensentscheidung oder Ermessenserwägungen seien jedoch weder im Bescheid selbst noch in den Behördenakten dokumentiert. Insoweit liege bereits ein vollständiger Ermessensausfall vor, da die Antragsgegnerin offenbar von einer gebundenen Entscheidung ausgegangen sei, weil sie als Auflage Ersatzpflanzungen vorgesehen habe.
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Unabhängig von dem Umstand, dass aus Sicht des Antragstellers die Ausnahmevoraussetzungen nach § 45 Abs. 7 BNatSchG nicht vorlägen, verkenne der Antragsteller nicht, dass die Antragsgegnerin mit der Anlage AG 17 eine Ausnahmegenehmigung der Regierung von Mittelfranken vom 7. Februar 2024 (* …*) vorgelegt habe. Überzeugende Ausnahmegründe würden darin jedoch nicht aufgeführt. Insbesondere verkenne die Regierung, dass vorliegend durch eine Umplanung allein der drei Einfamilienhäuser auf eine Ausnahme verzichtet werden könne. Die Annahmen, dass sowohl sozialer Wohnungsbau als auch eine Kindertagesstätte bei Erhalt eines einzigen Baumes ohne Alternative verhindert würde, entspreche nicht dem Lebenssachverhalt. Der Antragsteller sei am Verfahren bei der Regierung von Mittelfranken weder beteiligt gewesen, noch sei ihm eine Ausnahmegenehmigung übermittelt, zugestellt oder bekanntgegeben worden. Er habe sie erst bei der Gelegenheit der Akteneinsicht mit Übersendung durch die Antragsgegnerin am 9. März 2024 erhalten. Der Antragsteller habe damit noch gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 UmwRG bis zum Ablauf der Jahresfrist am 9. März 2025 die Möglichkeit, gegen die Ausnahmegenehmigung Klage zu erheben, und behalte sich dies ausdrücklich vor.
28
Der Antragsteller beantragt im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes,
die aufschiebende Wirkung der unter dem gerichtlichen Aktenzeichen AN 9 K 24.328 erhobenen Klage anzuordnen.
29
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
30
Die Antragsgegnerin begründet dies im Wesentlichen wie folgt:
„Die genehmigten Vorhaben würden die umweltbezogenen Festsetzungen des Bebauungsplans einhalten.“
31
Der Bebauungsplan sei erforderlich. Dessen Verwirklichung stünden dauerhafte Hindernisse tatsächlicher oder rechtlicher Art nicht entgegen. Insbesondere scheitere die Umsetzung des Bebauungsplans nicht daran, dass eine Abrisserlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 BayDSchG zur Beseitigung des Baudenkmals „Radrennbahn“ rechtmäßig nicht erteilt werden könne. Nicht die Erlaubnis als solche, sondern das Vorliegen der Voraussetzungen für eine solche Erlaubnis sei Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des Plans. Es gelte insoweit nichts Anderes als für natur- oder artenschutzrechtliche Zugriffs- und Beeinträchtigungsverbote. Der Antragsgegnerin sei somit erlaubt gewesen, in eine Erlaubnislage „hinein zu planen“ (Brügelmann/Diercke, 128. EL Oktober 2023, BauGB, § 1 Rn. 677).
32
Die Antragsgegnerin habe die Vereinbarkeit der Planung mit den Umweltzielen nach Art. 4 der EU-WRRL und den Bewirtschaftungszielen nach §§ 27, 28, 47 WHG überprüft. Die Überprüfung sei auf einen Einwand des Antragstellers im Beteiligungsverfahren zum Bebauungsplan erfolgt. Die Vorhaben würden keine signifikante Auswirkung auf die Grundwasserneubildungsrate haben. In Anbetracht der hydrogeologischen Verhältnisse sei ein Wirkzusammenhang zwischen der Bebauung und dem Grundwasserspiegel nicht erkennbar. Eine Erhöhung des Grundwasserflurabstands auf Grund der Planung und daraus resultierender Schäden am Bestand seien nicht zu erwarten.
33
Mit der Festsetzung einer privaten Grünfläche, verbunden mit der besonderen Zweckbestimmung „…“ verfolge die Antragsgegnerin das Ziel, den Erhalt eines Teilstücks der ehemaligen Radrennbahn zu sichern. Damit werde der Bedeutung der ehemaligen Radrennbahn für die Stadt … Rechnung getragen. Neben der zeichnerischen Darstellung gebe es keine weiteren Festsetzungen in der Bebauungsplansatzung (Textteil). Unter § 2 Nr. 6.6 der Satzung werde lediglich geregelt, dass innerhalb der privaten Grünfläche mit Zweckbestimmung „…“ Stützmauern zur statischen Sicherung des zu erhaltenden Teilsegmentes der ehemaligen Radrennbahn zulässig seien. Gegenstand der Klage seien die erteilten Baugenehmigungen. Diese Baugenehmigungen widersprächen nicht der Festsetzung des Bebauungsplans zum Erinnerungsort. Der … werde keiner Bebauung zugeführt.
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Der Bebauungsplan habe gemäß § 13a BauGB im beschleunigten Verfahren erlassen werden dürfen. Denn es handele sich um eine Maßnahme der Innenentwicklung nach § 13a Abs. 3 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 BauGB. Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. b BauGB genannten Schutzgüter lägen nicht vor (§ 13a Abs. 1 Satz 4 BauGB). Unter Hinweis auf die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 13. Juli 2009 (VF.3-VII-09 – juris Rn. 41 bis 42) führt die Antragsgegnerin aus, dass es nicht darauf ankomme, ob es sich um einen „Außenbereich“ nach dem Maßstab des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB („innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile“) handele. Gerade die antragstellerseits zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. April 2023 (4 CN 5/21 – juris Rn. 16) belege diese Auffassung. Ob das Plangebiet tatsächlich eine Außenbereichsinsel darstelle, spiele demnach keine maßgebliche Rolle. Das Vorliegen einer Außenbereichslage gebe lediglich Anlass, die Voraussetzungen des § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB vertiefter zu prüfen. Im Übrigen könne der Auffassung des Antragstellers, es handele sich deshalb um eine Außenbereichsfläche, weil sie sich als Fortführung der Flächen des … nordöstlich der … darstelle, nicht gefolgt werden.
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Der Anwendungsbereich des § 13a BauGB sei auch nicht wegen einer mutmaßlichen Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. b BauGB genannten Schutzgüter (§ 13a Abs. 2 Satz 4 BauGB) ausgeschlossen. Es bestünden keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung von Schutzgütern. Es sei eine FFH-VP nach den aktuellen rechtlichen, fachlichen und methodischen Anforderungen erstellt worden.
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Sowohl die SAP als auch die FFH-VP entsprächen den aktuellen rechtlichen, methodischen und fachlichen Standards. Die Feststellung, dass keine erheblichen Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets aus der Planung resultieren würden, sei auch unter Beachtung der aktuellen Veränderungen in der Nutzung des Geländes weiterhin belastbar. Dies werde u.a. auch durch die 2023 durchgeführt Plausibilisierung der Habitat-Potentiale untermauert. Das Artenspektrum sei rechtskonform abgeschichtet und ermittelt worden, die Auswirkungen der Planung korrekt bewertet und entsprechende Vermeidungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen entwickelt worden. Die Gutachten seien abgestimmt mit den entsprechenden Fachbehörden, Einwendungen hiergegen externer Behörden, insbesondere der Höheren Naturschutzbehörde seien nicht erhoben worden. Die Ausgleichsmaßnahmen würden in enger Zusammenarbeit mit der Unteren Naturschutzbehörde und mit Fledermausexperten der Antragsgegnerin entwickelt (vgl. SaP, Anlage AG 16, Seite 9).
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Somit verstießen die Baugenehmigungen auch nicht gegen § 34 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 BNatSchG. Danach sei ein Vorhaben unzulässig, wenn es zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen könne. Die Vorprüfung habe jedoch das Ergebnis erbracht, dass keine Beeinträchtigung zu erwarten sei.
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Der Bebauungsplan sei entgegen der Auffassung des Antragstellers erforderlich. Eine Gemeinde müsse nicht bereits auf der Planungsebene zwingend eine umfassende spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vornehmen. Ihre Ermittlungspflicht beschränke sich im Planaufstellungsverfahren vielmehr ausschließlich auf die Frage, ob die Umsetzung des Bebauungsplans zwangsläufig an artenschutzrechtlichen Hindernissen scheitern müsse. Insofern setze die Prüfung, ob einem Planvorhaben naturschutzrechtliche Verbote entgegenstehen würden, zunächst eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Planbereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume voraus. Keineswegs müsse ein lückenloses Arteninventar erstellt werden. Die Untersuchungstiefe hänge vielmehr maßgeblich von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab. Dabei kämen als Erkenntnisquellen Bestandserfassungen vor Ort und die Auswertung bereits vorhandener Erkenntnisse und Fachliteratur in Betracht, die sich wechselseitig ergänzen könnten. Die Anforderungen seien jedoch nicht zu überspannen. Bestandsaufnahmen vor Ort seien nur eine Momentaufnahme, die den „wahren“ Bestand nie vollständig abbilden könnten (OVG Schleswig-Holstein, B.v. 26.5.2023 – 1 MB 13/22 – juris Rn. 63).
39
Der Umsetzung des Bebauungsplans Nr. … stünden artenschutzrechtliche Verbote des § 44 BNatSchG nicht entgegen. In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (SAP) der ANUVA (Anlage AG 16) würden die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 BNatSchG bezüglich der gemeinschaftsrechtlich geschützten Arten (europäische Vogelarten gemäß Art. 1 VSRL, Arten nach Anhang 4 der FFH-Richtlinie), die durch das Vorhaben eintreten könnten, ermittelt und dargestellt. Außerdem würden die naturschutzfachlichen Voraussetzungen für eine Ausnahme von den Verboten gemäß § 45 Abs. 7 BNatSchG geprüft. Der Gutachter komme auf Seite 49 zu dem Ergebnis, dass trotz entsprechender CEF-Maßnahmen und Vermeidungsstrategien für den Großen Abendsegler als Art des Anhangs 4 der FFH-Richtlinie Beeinträchtigungen der kontinuierlichen ökologischen Funktionalität von Fortpflanzungs- und Ruhestätten nicht gänzlich ausgeschlossen werden könnten. Durch FCS-Maßnahmen könnten die Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet erhalten werden und der Erhaltungszustand werde sich trotz der Ausnahmegenehmigung nicht weiter verschlechtern. Für alle weiteren grundsätzlich betroffenen europarechtlich geschützten Arten würden unter Berücksichtigung der betroffenen Vermeidungs- und CEF-Maßnahmen keine Verbotstatbestände nach § 44 BNatSchG erfüllt.
40
Für die Fledermausart Großer Abendsegler finde somit eine Lebensstättenzerstörung im Sinne von § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG statt. Da diese nicht im Wege einer CEF-Maßnahme gemäß § 44 Abs. 5 BNatSchG vorgezogen ausgeglichen werden könne, sei eine Vorhabenrealisierung nur im Wege einer Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG zulassungsfähig. Nach Prüfung der Voraussetzungen einer Ausnahmegenehmigung sei diese mit Bescheid der Regierung von Mittelfranken vom 7. Februar 2024 (Anlage AG 17) erteilt worden. Der Beigeladenen sei darin zur Auflage gemacht worden, die in der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung des Büros … vom 25. Juli 2022, letztmalig aktualisiert am 11. Januar 2024, unter der Nr. 3 auf den Seiten 14 bis 21 dargestellten Maßnahmen zur Vermeidung, zur Sicherung der kontinuierlichen ökologischen Funktionalität und zur Sicherung des Erhaltungszustandes vollumfänglich umzusetzen und die Ausgleichsmaßnahmen dauerhaft zu unterhalten.
41
Die Einhaltung der artenschutzrechtlichen Vorgaben des Bebauungsplans sei durch Auflagen in den Baugenehmigungen sichergestellt. Mit den Auflagen zum Artenschutz würden fachlich anerkannte Standardmaßnahmen umgesetzt, deren Wirkung wissenschaftlich evaluiert und attestiert sei. Die in der SAP vorgeschlagenen Maßnahmen seien teilweise bereits im Jahre 2022/2023 umgesetzt worden (Anlage AG 22). Dies habe die Untere Naturschutzbehörde der Antragsgegnerin der Regierung von Mittelfranken mit E-Mail vom 30. Januar 2024 bestätigt (Anlage AG 23). Der Einwand der fehlenden Eignung vorgezogener Ausgleichsmaßnahmen im Hinblick auf die bereits durchgeführten Baumfällungen sei somit unbegründet. Die Baumfällungen seien ausweislich der SAP quasi antizipiert.
42
Von den Baugenehmigungen sei am 15. und 16. Februar 2024 in der Weise Gebrauch gemacht worden, dass die Beigeladene Baumfällungen habe durchführen lassen. Diese seien von der Firma … ökologisch begleitet und dokumentiert worden (Anlage AG 24). Sämtliche Bäume seien vor der Fällung visuell vom Boden aus einer artenschutzrechtlichen Prüfung (auf Besatz von wildlebenden Tieren) unterzogen worden. Schnittholz sei gesichert geschlichtet worden, die Aufarbeitung und Abfuhr sei zeitnah erfolgt, damit sich keine Brüter oder anderweitiger Tierbesatz einstellen könne.
43
Die Regelungen der Baumschutzverordnung könnten ebenso wie Regelungen des gebietsbezogenen Landschaftsschutzes eine zulässige Bebauung nicht verhindern. Die Antragsgegnerin habe in der Bauleitplanung bei der planerischen Abwägung die Anforderungen der Baumschutzverordnung berücksichtigt und damit den Weg zur Erteilung der Fällgenehmigungen geebnet (vgl. die Planungshilfen 2018/2019 des Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr, Ziffer 3.2, Seite 31). Die Genehmigungen zum Fällen der Bäume seien auch nicht deshalb rechtswidrig, weil mit den Baumfällungen gegen den Schutzzweck der Baumschutzverordnung verstoßen würde.
44
Die Beigeladene beantragt,
den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 15. Februar 2024 abzulehnen.
45
Zur Begründung lässt sie im Wesentlichen ausführen, dass der gestellte Eilantrag bereits unzulässig sei. Dies ergebe sich aus der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 11. April 2018 (2 CS 18.198 – juris Rn. 9), wonach bei einer Baugenehmigung oder einer Teilbaugenehmigung nach § 30 BauGB gerade keine umweltbezogenen Rechtsvorschriften zur Anwendung kommen würden.
46
Soweit der Antragsteller die Rechtswidrigkeit des Bebauungsplans aus einer vermeintlich fehlenden Erforderlichkeit auf Grund denkmalrechtlicher Belange ableiten wolle, sei hierzu angemerkt, dass der Denkmalschutz keinen Belang darstelle, der zu den Zielen gehöre, die der Antragsteller nach seiner Satzung fördere (§ 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UmwRG). Im Übrigen ergebe sich aus der Entscheidung des erkennenden Gerichts im Verfahren AN 9 S 23.2188, dass der vorliegende Bebauungsplan gerade nicht in eine sog. denkmalrechtliche Versagungslage hineinplane, sondern vielmehr auch auf genehmigungsrechtlicher Ebene denkmalschutzrechtlich umsetzbar sei.
47
Entgegen der Auffassung des Antragstellers lägen die Voraussetzungen für einen Bebauungsplan der Innenentwicklung nach § 13a BauGB vor. Eine Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. b BauGB genannten Schutzgüter (§ 13a Abs. 1 Satz 5 BauGB) sei vorliegend ausgeschlossen. Insoweit werde auf die Stellungnahme des Büros ANUVA vom 29. April 2024 (Seite 1) verwiesen. Daraus werde deutlich, dass mit der geplanten Bebauung keinerlei zusätzliche oder direkte Einwirkungen, wie z.B. Lärm, zu erwarten seien, die nicht bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt im Umgriff des Baugrundstücks bestehen würden. So sei das Vogelschutzgebiet vorliegend insbesondere durch die innerorts stark befahrene … bereits belastet. Zusätzlich gehe aus der vorgenannten Stellungnahme hervor, dass Nahrungsflächen für Schwarzspechte innerhalb des 38.000 ha großen Vogelschutzgebietes ausreichend vorhanden seien. Zusammenfassend stelle der Geltungsbereich des Bebauungsplans keinen maßgeblichen Bestandteil außerhalb des Vogelschutzgebietes dar, ohne dessen Erhaltung der Schwarzspecht im Schutzgebiet erheblich beeinträchtigt wäre. Im Ergebnis sei daher festzuhalten, dass die vorliegende FFH-VP den insoweit zu stellenden Anforderungen vollumfänglich genüge und der Verzicht auf eine vollständige FFH-Verträglichkeitsprüfung im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden sei.
48
Unklar sei, weshalb die im Rahmen der artenschutzrechtlichen Prüfung vorgesehenen CEF-Maßnahmen untauglich oder ungeeignet sein sollten. Inhaltliche Gründe würden hierfür nicht vorgebracht. Wie bereits von der Antragsgegnerin ausgeführt, seien die entsprechenden Maßnahmen bereits weitgehend umgesetzt. Auf die Anlagen AG 22 bis 24 werde Bezug genommen.
49
Schließlich seien die Maßnahmen gemäß SAP im Rahmen der streitgegenständlichen Baugenehmigung auch im Rahmen der Nebenbestimmungen berücksichtigt worden, so dass eine Umsetzung auf Baugenehmigungsebene auch gewährleistet sei. Im Hinblick auf den Fällungszeitpunkt sei die antragstellerseitige Einschätzung, wonach dieser in der Baugenehmigung nicht festgelegt werde, unzutreffend. Eine entsprechende Nebenbestimmung finde sich in Ziffer 19 zu den jeweiligen Baugenehmigungen. Insgesamt gehe daher die Kritik des Antragstellers an den vorgesehenen CEF-Maßnahmen ins Leere.
50
Auch ein Verstoß gegen artenschutzrechtliche Verbotstatbestände könne vorliegend ausgeschlossen werden. Hierzu werde nochmals auf die Stellungnahme des Büros … vom 29. April 2024 Bezug genommen. Die antragstellerseitige Darstellung verfälsche die Ausführungen der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung ganz erheblich.
51
Auch der von Antragstellerseite unterstellte Verstoß gegen Zugriffsverbote gemäß BNatSchG lägen nicht vor. Die unsubstantiierte Kritik an der Methodik der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung sei nicht nachvollziehbar. So seien Kartierung, Abschichtung und Erstellung der SAP nach den einschlägigen Vorgaben der (seinerzeitigen) Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern auch in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde der Antragsgegnerin durchgeführt worden. Auch im Hinblick auf die Bearbeitung des relevanten Artenspektrums sei die von Seiten des LfU herausgegebene Abschichtungsliste einschließlich der entsprechenden Mustervorlage für die SAP verwendet worden. Soweit die Unvollständigkeit der der SAP zugrunde gelegten Unterlagen moniert werde, werde auf den Anhang der SAP verwiesen, woraus sich die vorgenommenen Kartierungstermine und die entsprechenden Rahmenbedingungen mit hinreichender Bestimmtheit ergeben würden.
52
Auch der Vorwurf eines veralteten Standes der SAP sei unzutreffend. Wie bereits wiederholt vorgetragen, sei die faunistische Erfassung im Jahr 2016 erfolgt, im Jahr 2019 habe eine entsprechende Kontrollbegehung stattgefunden. Auch in diesem Zusammenhang werde auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verwiesen, welches einen Zeitraum von acht Jahren hinsichtlich naturschutzfachlicher Bestandsaufnahmen für ausreichend gehalten habe (BVerwG, U.v. 7.7.2022 – 9 A 1/21). Eine Verifizierung der erfolgten Bestandserfassung sei zuletzt im Jahr 2023 erfolgt. Ausweislich Seite 3 der Stellungnahme des Büros … vom 29. April 2024 seien insbesondere bei der Begehung im Herbst 2023 keine Veränderungen der Habitatstrukturen im Geltungsbereich des Bebauungsplans festgestellt worden. So sei insbesondere keine Ansiedlung neuer Arten festgestellt worden.
53
Soweit von Seiten des Antragstellers die fehlende Voraussetzung zur Ausnahme von der städtischen Baumschutzverordnung gerügt werde, greife auch dieser Einwand nicht durch. Der Antragsteller habe diesen Einwand bereits im Rahmen der entsprechenden Beteiligungsverfahren erhoben. Die Antragsgegnerin habe sich daher bereits auf Ebene der Bauleitplanung dezidiert unter jedem in Betracht kommenden und auch von Seiten des Antragstellers in Bezug genommenen Aspekt auseinandergesetzt. Abwägungsfehler vermöge man nicht zu erkennen.
54
Mit Beschluss des Vorsitzenden der Kammer vom 15. Februar 2024 wurde die Antragsgegnerin verpflichtet, bis zu einer Entscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO sämtliche Baumfällarbeiten einzustellen.
55
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Gerichts- und Behördenakten im vorliegenden Verfahren und in den Verfahren AN 9 S 23.2188 und AN 9 K 23.2112 Bezug genommen.
II.
56
Der gestellte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß §§ 80a Abs. 1, 2, 80 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212a BauGB erweist sich nach Auffassung der erkennenden Kammer jedenfalls als unbegründet, da die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage voraussichtlich keinen Erfolg haben wird.
57
1. Gegenstand des vorliegenden Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung sind zunächst die unter dem gerichtlichen Az. AN 9 K 24.328 angefochtenen Baugenehmigungsbescheide jeweils mit Fällgenehmigung der Antragsgegnerin vom 14. Februar 2024 (Az.:* …*). In die Klage mit einbezogen wurden darüber hinaus die Änderungsbescheide der Antragsgegnerin vom 13. Juni 2024 durch anwaltlichen Schriftsatz vom 15. Juli 2024. und vom 2. Juli 2024 durch anwaltlichen Schriftsatz vom 6. August 2024.
58
2. Die insoweit erhobene Anfechtungsklage wird aller Voraussicht nach jedenfalls unbegründet sein.
59
2.1 Das Gericht teilt die von der Beigeladenenseite erhobenen Zweifel an der Antragsbefugnis des Antragstellers nicht. Der Antragsteller hat als Umweltverband die Möglichkeit, ein Vorhaben, welches auf der Grundlage eines Bebauungsplanes zugelassen worden ist, mit der sog. Verbandsklage gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG anzugreifen. So ist der Beigeladenen zwar insoweit Recht zu geben, als die Entscheidung des 9. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. Dezember 2020 (9 CS 20.892 – juris) der von ihm bemühten Entscheidung des 2. Senats vom 11. April 2018 (2 CS 18.198 – juris) zuwiderläuft, diese aber nicht aufzuheben vermag. In seiner Entscheidung vom 8. Oktober 2020 (2 ZB 19.449 – juris Rn. 3) hat der 2. Senat die Frage der Antragsbefugnis im Rahmen einer Verbandsklage gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG gegen eine nach § 30 Abs. 1 BauGB erteilte Baugenehmigung hingegen offen gelassen. Die in der Entscheidung vom 11. April 2018 geäußerte Auffassung wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung und Literatur wohl mehrheitlich nicht geteilt (vgl. OVG Lüneburg, B. v. 29.12.2020 – 1 ME 68/20 – juris Rn. 35 unter Hinweis auf Michl, Die Baugenehmigung als Gegenstand der Umweltverbandsklage, NuR 2018, 845; Osthoff, Klagebefugnis von Umweltvereinigungen gegen eine Baugenehmigung, jurisPR-ÖffBauR 3/2021 Anm. 1). Das OVG Lüneburg hat in seiner o.g. Entscheidung folgendes hervorgehoben: „Nur ergänzend merkt der Senat an, dass die Auslegung des Verwaltungsgerichts zu dem kaum nachvollziehbaren Ergebnis führen würde, dass ein Umweltverband zwar einen fehlerhaften Bebauungsplan angreifen und so ein Vorhaben verhindern kann. Er hätte indes keine Möglichkeit, im Fall eines fehlerfreien Bebauungsplans dessen in Bezug auf den Umweltschutz ordnungsgemäßen Vollzug einzufordern. Die Zielsetzung des Umweltvölkerrechts, den Umweltverband auch rechtlich zum Sachwalter des Umweltschutzes zu erheben, wäre damit empfind-lich gestört.“ Dem schließt sich die erkennende Kammer für das vorliegende Verfahren an.
60
Indes umfasst das Verbandsklagerecht grundsätzlich nicht die Befugnis, sich zum Sachwalter von Rechten zu machen, die nach der Rechtsordnung bestimmten anderen Rechtsinhabern zur eigenverantwortlichen, ausschließlichen Wahrnehmung und Konkretisierung zugewiesen sind (BayVGH, U.v. 19.12.2023 – 8 A 19.40024 – juris Rn. 18). Ausgehend davon mögen Zweifel am Vorliegen der Antragsbefugnis gemäß § 3 UmwRG im Hinblick darauf bestehen, dass der Antragsteller Belange des Denkmalschutzes geltend macht und diese satzungsgemäß „nur“ vertritt, indem er in § 2 seiner Satzung (Stand: 6.12.2021) die Förderung des Umweltschutzes ausdrücklich nennt, nicht jedoch die Förderung des Denkmalschutzes, wie dies beim Antragsteller im Verfahren AN 9 S 23.2188 der Fall war. Die hier erkennende Kammer hatte sich der wohl herrschenden Meinung angeschlossen, dass Denkmalschutz Teil des Umweltschutzes im Sinne eines weit zu verstehenden Umweltbegriffs sei. Letztlich handelt es sich vorliegend um den umgekehrten Fall, da der Antragsteller nicht nur einen Teilaspekt des Umweltbegriffs satzungsgemäß vertritt, sondern ausweislich des Wortlauts der Satzung auf die Förderung des Umweltschutzes wohl in einem weit zu verstehenden Sinne abzielt. Hingewiesen sei an dieser Stelle darauf, dass der Antragsteller in seiner Satzung jedenfalls auf den weiten Umweltbegriff abstellt, soweit er „die Heimat in ihrer natürlichen und kulturellen Vielfalt“ zu erhalten strebt und sich damit ebenfalls einem weit zu verstehenden Umweltbegriff verpflichtet sieht.
61
Der Kammer erscheint dies auch im Hinblick auf die Entscheidung im Verfahren AN 9 S 23.2188 ausreichend, um vorliegend die Antragsbefugnis zu bejahen.
62
2.2 Ob dem gestellten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung bereits teilweise das Rechtsschutzbedürfnis im Hinblick auf die bereits gefällten Bäume fehlt, kann die Kammer dahinstehen lassen.
63
Sämtliche in den Bauabschnitten 1 und 2 für eine Fällung vorgesehenen und durch die Baugenehmigungen zur Fällung freigegebenen Bäume sind nach dem Vorbringen der Beteiligten entfernt. Insofern könnte von einem Wegfall (bzw. von vornherein Fehlen) des Rechtsschutzbedürfnisses auszugehen sein, da der Antragsteller die Fällung der Bäume – auch vorläufig – nicht mehr verhindern kann. Stellt sich die gerichtliche Eilentscheidung für den Antragsteller von vornherein als nutzlos dar, kann das Rechtsschutzbedürfnis nämlich ausnahmsweise fehlen (Schoch/Schneider/Schoch, 45. EL Januar 2024, VwGO § 80 – beck-online Rn. 492). Insofern ist jedoch neben der Frage eines etwaigen Folgenbeseitigungsanspruchs gemäß § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO (vgl. Eyermann, 16. Aufl. 2022, VwGO § 80 – beck-online Rn. 83) vorliegend zu berücksichtigen, dass sich die Schaffung vollendeter Tatsachen, deren Verhinderung Rechtsschutzziel eines Antrags gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ist, nicht in den Baumfällungen erschöpft. Vielmehr steht vorliegend auch der weitere Abriss der Radrennbahn und die Errichtung der mit der Baugenehmigung zugelassenen baulichen Anlagen inmitten. Somit kann der Antragsteller seine Rechtsstellung im Hauptsacheverfahren noch verbessern, so dass ein Rechtsschutzbedürfnis insgesamt wohl noch fortbesteht.
64
Ob man das Rechtsschutzbedürfnis des Rechtsbehelfs insoweit ablehnen kann, als er auf Belangen beruht, welche einzig auf die Verhinderung der Baumfällungen gerichtet sind, lässt die Kammer hingegen offen. Allerdings erscheint eine derartige Differenzierung dogmatisch zumindest fraglich.
65
2.3 Zweifel am Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnis bestehen auch, soweit sich der Antragsteller auf Belange des Denkmalschutzes beruft und diese dem Ziel, die Bäume als Lebensraum für geschützte Arten zu erhalten, widersprechen bzw. in Konkurrenz dazu treten (vgl.: „(…) gerade die denkmalrechtliche Pflicht, Denkmäler sinnvoll zu nutzen, kann im Einzelfall zum Hintanstellen naturschutzrechtlicher Belange führen“ (Martin/Krautzberger Denkmalschutz-HdB, Teil E. Denkmalrechtliche Ge- und Verbote und deren Durchsetzung Rn. 84, beck-online)).
66
Denn das Rechtsschutzbedürfnis als allgemeine Voraussetzung eines jeden Rechtsbehelfs fußt unter anderem auf dem Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben, so dass sich im Einzelfall durchaus die Frage stellen kann, ob einander möglicherweise widersprechende Belange einem Rechtsbehelf überhaupt zur Zulässigkeit verhelfen können. So wäre vorliegend klärungsbedürf-tig, wie ein Erhalt der Radrennbahn als Baudenkmal und ggf. mit seiner historischen Nutzung als solche möglich sein kann, ohne dass dies Baumfällungen bzw. Störungen anderer Art nach sich zöge.
67
Allerdings kann die Kammer auch dies dahinstehen lassen, da die erhobene Anfechtungsklage aller Voraussicht nach unbegründet sein wird.
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3. Der Antrag ist jedenfalls unbegründet.
69
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO hat das erkennende Gericht eine eigenständige und originäre Interessenabwägung zwischen dem – in § 212a BauGB zum Ausdruck gelangten – Vollzugsinteresse der Beigeladenen und dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers zu treffen. Bei dieser gerichtlichen Ermessensentscheidung kommt vor allem den – nach dem Wesen des Eilverfahrens nur summarisch zu prüfenden – Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs eine maßgebliche Bedeutung zu (vgl. BVerwG, B.v. 6.7.1994 – 1 VR 10.93 – juris Rn. 4). Dabei können allerdings – eben wegen des summarischen Charakters des Eilverfahrens und seiner nur begrenzten Erkenntnismöglichkeiten – weder schwierige Rechtsfragen vertieft oder abschließend geklärt noch komplizierte Tatsachenfeststellungen getroffen werden; solches muss dem Verfahren der Hauptsache überlassen bleiben (OVG NRW, B.v. 26.1.1999 – 3 B 2861/97 – juris Rn. 4). Wird bei einer derartigen summarischen Prüfung der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf voraussichtlich erfolgreich sein, so wird dem Antrag regelmäßig zu entsprechen sein. Wird dagegen der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf voraussichtlich keinen Erfolg haben, so ist dies ein starkes Indiz für die Ablehnung des Antrags.
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In Anwendung dieser Maßstäbe kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass die unter dem gerichtlichen Az. AN 9 K 24.328 erhobene Klage wohl erfolglos bleiben wird und der vorliegend gestellte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen ist.
71
3.1 Was die Prüfungsdichte angeht, weist die Kammer vorab auf folgendes hin: So handelt es sich in der Hauptsache um eine Anfechtungsklage gegen die bauaufsichtlichen Zulassungen von Einzelbauvorhaben auf der Grundlage eines Bebauungsplanes. Schon aus dem Umstand, dass die VwGO eine konkrete Normenkontrolle zur Überprüfung einer Satzung, wie sie der zugrunde liegende Bebauungsplan darstellt, in § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO vorsieht, ergibt sich, dass im Rahmen der Anfechtungsklage zwar eine inzidente, jedoch keine umfassende Kontrolle des Bebauungsplanes erfolgen muss bzw. darf. Nichts anderes kann im vorliegenden Eilverfahren mit seinem gegenüber der Hauptsache eingeschränktem Prüfungsmaßstab gelten, der gerade keine umfassende und abschließende, sondern nur eine summarische Überprüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache gebietet. Dies steht im Einklang mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes, da auch die Normenkontrolle in § 47 Abs. 6 VwGO ein Eilverfahren zur Verfügung stellt, und mit der Rechtsprechung des BayVGH:
„Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Baugenehmigung anhand der Festsetzungen des vorhabenbezogenen Bebauungsplans, der mittlerweile in Kraft getreten ist, zu beurteilen ist. Dabei kann eine inzidente Überprüfung des Bebauungsplans im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur eingeschränkt erfolgen, es müssen offensichtliche Fehler vorliegen, für die geltend gemachten Unwirksamkeitsgründe muss eine hohe Wahrscheinlichkeit sprechen (vgl. OVG NW, B.v. 13.7.2023 – 7 B 503/23 – juris Rn. 5; OVG SH, B.v. 26.5.2023 – 1 MB 13.22 – juris Rn. 37; HessVGH, B.v. 25.10.2017 – 3 B 1572/17 – BauR 2018, 504; VGH BW, B.v. 22.10.2015 – 10 S 1773/15 – BauR 2016, 252). Die vom Verwaltungsgericht angenommenen Ermittlungs- und Abwägungsfehler liegen nach summarischer Prüfung nicht vor, es bestehen auch keine sonstigen offensichtlichen Fehler.“ (BayVGH, B.v. 9.1.2024 – 1 CS 23.2032 – Rn. 12, juris)
72
Nichts anderes folgt daraus, dass es sich vorliegend um eine Verbandsklage im Sinne des UmwRG handelt:
„Aus dem Unionsrecht oder der Aarhus-Konvention folgt kein zwingender Anspruch auf eine vollständige Inzidentkontrolle eines Bebauungsplans in dem – von einem Antragsteller freiwillig gewählten – Verfahrensstadium eines Eilverfahrens gegen eine auf seiner Grundlage ergangene Genehmigungsentscheidung. Dass die Prüfung insoweit im Eilverfahren gegen eine Baugenehmigung auf offensichtliche Fehler eines Bebauungsplans beschränkt ist, ist insoweit nicht zu beanstanden.“ (OVG NRW, B.v. 20.5.2019 – 2 B 1649/18 – juris)
Dem schließt sich die Kammer für das vorliegende Eilverfahren an und beschränkt sich daher darauf, den Bebauungsplan auf offensichtliche Fehler, soweit sie geltend gemacht worden sind, zu überprüfen.
3.2 Offenbleiben kann an dieser Stelle, ob die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Baugenehmigungen anhand von § 33 BauGB oder § 30 BauGB zu prüfen ist. So sind die ursprünglichen Baugenehmigungsbescheide am 14. Februar 2024 erlassen worden, der zugrundeliegende vorhabensbezogene Bebauungsplan Nr. … „…“ jedoch erst am 24. April 2024 in Kraft getreten. Die nachfolgenden, als Änderungsbescheide bezeichneten Genehmigungen vom 13. Juni 2024 und vom 2. Juli 2024 basieren auf den ursprünglichen Bescheiden, wurden jedoch erst nach Inkrafttreten des Bebauungsplanes erlassen.
Zwar ist maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die gerichtliche Entscheidung in einer Anfechtungssituation, wie dies vorliegend mit der Hauptsache der Fall ist, die letzte Behördenentscheidung. Dies wäre bezogen auf die ersten Bescheide der Planungs- und Rechtsstand am 14. Februar 2024; zu diesem Zeitpunkt lag die sog. formelle Planreife (§ 33 Abs. 1 Nr. 1 BauGB) unstreitig vor. Da die Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 Nr. 3 und 4 BauGB erfüllt sind, kommt es somit auf die materielle Planreife des Vorhabens an (§ 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB).
Diese lässt sich wie folgt beschreiben: „Die nach § 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB erforderliche Annahme, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegensteht, kann nur vorliegen, wenn der Planungsstand den hinreichend sicheren Schluss darauf zulässt, dass der Planentwurf in der Fassung, die er nach Abschluss der in § 33 Abs. 1 Nr. 1 BauGB genannten Verfahrensschritte erhalten hat, auch als Satzung in Kraft treten wird (Rieger, in: Schrödter, BauGB, 9. Aufl. 2019, § 33 Rn. 8 m. w. N.). Das Planaufstellungsverfahren darf nicht an rechtserheblichen Rechtsmängeln leiden. Sind nach dem gegebenen Planungsstand Mängel erkennbar, kann nicht erwartet werden, dass der in Aufstellung begriffene Plan wirksam werden wird, es sei denn, es handelt sich um kleine, leicht behebbare Fehler, deren Beseitigung auch konkret erwartet werden kann. Mit dieser Einschränkung scheidet ein verfahrensrechtlich nicht korrekt zustande gekommener Planentwurf als Grundlage für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 33 BauGB aus (Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, BauGB, Stand: 149. EL Februar 2023, § 33 Rn. 37, 40 m. w. N.). Baugenehmigungsbehörde und Gericht müssen deshalb jedenfalls überschlägig eine Inzidentkontrolle des Planentwurfs durchführen, um eine Prognose abgeben zu können, ob der Entwurf in der vorliegenden Form rechtsverbindlich werden kann (Rieger, in: Schrödter a. a. O., § 33 Rn. 9).“
(Sächsisches OVG, B.v. 27.9.2023 – 1 B 131/23 – juris Rn. 20)
73
So verstanden unterscheidet sich der Maßstab der materiellen Planreife im Grunde nicht von der Prüfung eines Vorhabens anhand von § 30 Abs. 1 BauGB. Der BayVGH prüft in seiner oben zitierten Entscheidung (B.v. 9.1.2024, aaO) ebenfalls das Vorliegen der Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 BauGB und nicht des § 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB, ohne dies näher zu begründen.
74
Dem schließt sich die hier erkennende Kammer für das vorliegende Verfahren an.
75
3.3 Die Bescheide, welche mit der Hauptsache angefochten werden, erweisen sich nach gebotener, aber auch ausreichender summarischer Prüfung als rechtmäßig. Dies gilt für die Entscheidungen hinsichtlich des Denkmalschutzes, sofern dieser überhaupt geregelt worden ist (3.3.1), hinsichtlich der zugelassenen Errichtung der baulichen Anlagen (3.3.2) sowie der Fällgenehmigungen (3.3.3).
76
Gemäß § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UmwRG ist die Anfechtungsklage begründet, soweit die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 UmwRG oder deren Unterlassen gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind, und der Verstoß Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördert. § 2 Abs. 4 UmwRG bestimmt demnach abweichend von § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 VwGO, unter welchen Voraussetzungen ein Rechtsbehelf i. S. des Absatzes 1 begründet ist (Bunge, UmwRG Kommentar, § 2 – juris Rn. 114).
77
3.3.1 Offenbleiben kann die vom Antragsteller aufgeworfene Frage, ob und inwieweit der Abriss des Baudenkmals, soweit dieser über den Bescheid vom 24. Mai 2023 (Az. …*) hinausgeht, von den Bescheiden der Antragsgegnerin vom 14. Februar 2024 und 13. Juni 2024 überhaupt geregelt wurde und ob die möglicherweise in den Bescheiden enthaltenen denkmal-fachlichen Entscheidungen ermessenskonform ergangen sind.
78
So geht die Kammer in denkmalrechtlicher Hinsicht weiterhin davon aus, dass die Klage gegen den Bescheid vom 23. Mai 2023 keinen Erfolg haben wird, weil der Erhalt des Denkmals unzumutbar wäre, und nimmt insoweit Bezug auf den Beschluss im Verfahren AN 9 S 23.2188. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die ein anderes Ergebnis nach sich zögen, wenn nun weitere Teile des Denkmals einbezogen werden. Denn mit der Entscheidung über den Teilabriss ist letztlich bereits über die Zumutbarkeit des Erhalts des gesamten Denkmals entschieden worden.
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Nichts anderes gilt, soweit der Abriss auch der Wallanlage mit den Tribünen nun mit Änderungsbescheiden vom 2. Juli 2024 genehmigt worden ist.
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Die Antragsgegnerin hat zudem mitgeteilt, dass in der Zeit zwischen dem 25. Oktober 2023 bis zum 28. Oktober 2023 die Beigeladene von der denkmalrechtlichen Erlaubnis Gebrauch gemacht und in diesem Zeitraum die Oberschicht der ehemaligen Radrennbahn und die darunterliegenden Betonplatten zerkleinert und teilweise vom Grundstück entfernt hat. Es bestehen daher erhebliche Zweifel, ob überhaupt noch von einer Denkmaleigenschaft der Gesamtanlage Radrennbahn auszugehen ist.
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3.3.2 Die Bescheide erweisen sich nach summarischer Prüfung durch die Kammer als rechtmäßig, da sie insbesondere auf einem wirksamen Bebauungsplan beruhen, dessen Voraussetzungen einhalten und auch die erteilten Befreiungen rechtmäßig sind.
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3.3.2.1 Die Voraussetzungen des § 13a BauGB liegen vor.
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3.3.2.1.1 Gemäß § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB ist Grundvoraussetzung für die Aufstellung eines Bebauungsplanes im beschleunigten Verfahren (§ 13a Abs. 2 BauGB), dass es sich um einen Bebauungsplan für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, die Nachverdichtung oder andere Maßnahmen der Innenentwicklung (Bebauungsplan der Innenentwicklung) handelt. Nach Auffassung der Kammer liegt eine Maßnahme der Innenentwicklung in diesem Sinne vor.
84
Innenbereich im Sinne des § 34 BauGB und Innenentwicklung im Sinne des § 13a BauGB sind zunächst einmal voneinander zu unterscheiden (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger/ Krautzberger/Kerkmann, 153. EL Januar 2024, BauGB § 13a – beck-online Rn. 24).
85
Die Beteiligten berufen sich hinsichtlich der Frage, ob eine Maßnahme der Innentwicklung vorliegt, auf BVerwG, U.v. 25.4.2023 (4 CN 5/21 – BVerwGE 178, 239-246), kommen aber ausgehend von dieser Entscheidung für das vorliegende Verfahren zu gegenteiligen Ergebnissen. Das BVerwG führt folgendes aus:
„(…) Der Gesetzgeber knüpft mit § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB an die ältere Bodenschutzklausel des § 1a Abs. 2 Satz 1 BauGB an und verfolgt mit dem beschleunigten Verfahren und den damit verbundenen Verfahrenserleichterungen das Ziel, dass die Gemeinden von einer Neuinanspruchnahme von Flächen außerhalb der Ortslagen absehen und darauf verzichten, den äußeren Umgriff vorhandener Siedlungsbereiche zu erweitern (BVerwG, Urteile vom 4. November 2015 – 4 CN 9.14 – BVerwGE 153, 174 Rn. 24 und vom 25. Juni 2020 – 4 CN 5.18 – BVerwGE 169, 29 Rn. 26). Die auf vorhandene Ortsteile bezogene Innenentwicklung ist daher nur innerhalb des Siedlungsbereichs zulässig; (…)
86
Wenn der Gesetzgeber die gebietsbezogene Abgrenzung von Innen- und Außenentwicklung an der Belegenheit des betreffenden Gebiets in der Ortslage und dem Siedlungsbereich festmacht, wird deutlich, dass der planungsrechtliche Status der Flächen, ihre Zugehörigkeit zum Innen- oder Außenbereich, hierfür nicht ausschlaggebend sein soll (BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2020 – 4 CN 5.18 – BVerwGE 169, 29 Rn. 24 ff.). Schon der Begriff der Innenentwicklung greift nicht auf vorgegebene bauplanungsrechtliche Kriterien zurück, sondern knüpft an einen städtebaulichen Terminus an. Dementsprechend lösen sich auch die Maßstäbe für die Bestimmung des räumlichen Anwendungsbereichs des § 13a BauGB von den Vorgaben, die für die Frage der Vorhabenzulassung von Bedeutung sind; vielmehr ist der auf die Möglichkeit einer beschleunigten Bauleitplanung bezogene Siedlungsbereich – ungeachtet von räumlichen Überschneidungen – nach eigenständigen Kriterien festzulegen, wobei die tatsächlichen Verhältnisse im Vordergrund stehen.
87
Der Siedlungsbereich wird grundsätzlich durch eine Bebauung gekennzeichnet, die nicht nur vereinzelt ist, sondern den Eindruck einer jedenfalls lockeren Zusammengehörigkeit erweckt; er wird zur Ortslage, wenn er ein gewisses Gewicht erreicht. Gebiete, die nach den tatsächlichen Verhältnissen einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB bilden, erfüllen diese Voraussetzungen ohne weiteres (vgl. BT-Drs. 16/2496 S. 12). Der Siedlungsbereich reicht jedoch über diesen Kern hinaus. Geht es um den äußeren Umgriff der von der Bebauung geprägten Ortslage, kommen Erweiterungen bei der Fortwirkung aufgegebener baulicher Nutzungen in Betracht (BVerwG, Urteil vom 27. August 2020 – 4 CN 4.19 – BVerwGE 169, 219 Rn. 22 ff.), während bei der vorhandenen Bebauung – im Unterschied zur Abgrenzung des Innenbereichs – eine Einbeziehung des näheren Umfeldes zu erwägen ist (siehe zu § 246 Abs. 9 BauGB Krautzberger/Stüer, DVBl 2015, 73 <77>), die sich allerdings nicht an den Voraussetzungen einer Satzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB orientieren darf (BVerwG, Urteil vom 4. November 2015 – 4 CN 9.14 – BVerwGE 153, 174 Rn. 25). Flächen, die jenseits der so bestimmten Linie liegen, stehen für Maßnahmen der Innenentwicklung nicht zur Verfügung, sie sind im Regelverfahren zu überplanen.
88
Demgegenüber sind Flächen und Grundstücke, seien sie bebaut oder unbebaut, die diesseits der äußeren Grenze der Ortslage liegen, unabhängig von der Abgrenzung von Innen- und Außenbereich und folglich ungeachtet der Einordnung als sogenannte Außenbereichsinsel typischerweise Teil des Siedlungsbereichs, der vorrangig für eine Überplanung im Sinne einer städtebaulichen Entwicklung in den Blick genommen werden soll und im Interesse der Schonung der freien Landschaft durch Vermeidung einer weiteren Versiegelung von verfahrensmäßigen Erleichterungen profitiert.
89
Die Belegenheit einer Freifläche innerhalb der Ortslage rechtfertigt aber nicht immer deren Zuordnung zum Siedlungsbereich. Vielmehr ist eine wertende Betrachtung nach der Verkehrsauffassung unter Beachtung siedlungsstruktureller Gegebenheiten geboten, um festzustellen, ob sich eine solche Freifläche zur Überplanung im beschleunigten Verfahren anbietet.
90
Dabei sind je nach den Gegebenheiten des Einzelfalles verschiedene Kriterien heranzuziehen. So kann schon wegen der Größe der Freifläche, sei sie absolut, sei sie relativ zum umgebenden Siedlungsbereich, der Eindruck der Zugehörigkeit zum Siedlungsbereich fehlen und dieser unterbrochen werden, weil die Überplanung und die grundsätzliche Eröffnung der Bebaubarkeit nicht mehr als zwanglose Fortsetzung der Nutzung der umliegenden Bereiche erscheint und sich nicht mehr aufdrängt.
91
Von Bedeutung kann auch sein, ob die einbezogene Freifläche in einem besonderen funktionalen Zusammenhang mit dem sonstigen Plangebiet steht, oder ob dessen Zuschnitt, gerade in Bezug auf die Einbeziehung der Freifläche, als nicht nachvollziehbar oder gar willkürlich erscheint.
92
Eine frühere und nachwirkende bauliche Nutzung kann eine besondere inhaltliche Nähe zum Siedlungsbereich indizieren. Das Fehlen einer solchen Nutzung, mit der wegen der Versiegelung des Bodens eine geringere Schutzwürdigkeit der Flächen einhergeht, steht der Zugehörigkeit zum Siedlungsbereich allerdings nicht entgegen. Denn anderenfalls wäre die Einbeziehung von sogenannten Außenbereichsinseln, die der Gesetzgeber grundsätzlich dem Siedlungsbereich zugeordnet wissen will (siehe zu § 246 Abs. 9 BauGB BT-Drs. 18/2752 S. 7 f., 11), nur in einem eher beschränkten Maße möglich.“ (BVerwG, a.a.O. – juris Rn. 15ff.)
93
Ausgehend davon gilt für das vorliegende Verfahren folgendes:
94
Das inmitten stehende Gelände der ehemaligen Radrennbahn liegt innerhalb eines vorhanden Siedlungsbereichs, nämlich des … Ortsteils … Das Areal des Bebauungsplans ist entlang der … im Norden und entlang der … im Süden sowie entlang der … im Westen jeweils von einer Bebauung umgeben, welche nicht nur „den Eindruck einer jedenfalls lockeren Zusammengehörigkeit erweckt“, sondern durchaus Ortsteilcharakter aufweist. Im Osten entlang der … erstreckt sich die Bebauung ebenfalls ortsteilartig entlang des Areals. Lediglich im nordöstlichen Teil öffnet sich das Gelände der ehemaligen Radrennbahn hin zum …, allerdings durchschnitten von der … Soweit der Antragsteller meint, die Fläche sei nicht Teil eines Siedlungsbereichs, sondern sowohl vom Umfang der Fläche als auch von ihrer gesamten Erscheinung her, insbesondere des Bewuchses und des Baumbestandes sowie ihres Artenbestandes, welcher mit dem angrenzenden … vergleichbar und teilweise identisch sei, funktional und räumlich mit den umliegenden Außenbereichsflächen verbunden, ist dem folgendes entgegenzuhalten: Der Bewuchs und der Baumbestand sind nach Auffassung der Kammer nicht derart prägend, dass damit der Zusammenhang zu den umgebenden Siedlungsbereichen funktional und räumlich unterbrochen wäre und sich eine Zuordnung zum … aufdrängen würde. Zum einen wachsen die Bäume um die vorhandenen baulichen Anlagen herum bzw. teilweise darauf, so dass das Gelände einen durchaus anderen Charakter als den einer unbebauten Waldfläche hat. Zum anderen öffnet sich das Gelände nur im nordöstlichen Bereich zum … hin, wird allerdings hier durch die … unterbrochen.
95
Folgende siedlungsstrukturelle Aspekte sprechen vorliegend für die Zuordnung der Fläche der ehemaligen Radrennbahn zum Siedlungsbereich:
96
So weist die Antragsgegnerin zutreffend darauf hin, dass das Areal mit dem Bebauungsplan Nr. … bereits überplant war, was eine besondere inhaltliche Nähe zum Siedlungsbereich indiziert. Auch die Größe der in Anspruch genommenen Fläche von ca. 2,86 ha ist in Relation zum umgebenden Siedlungsbereich nicht so groß, dass der Eindruck der Zugehörigkeit zum Siedlungsbereich fehlen und dieser unterbrochen werden würde. Vielmehr gehen die … Ortsteile …, …, … (* …*), welche zwischen … und … bzw. Bahnlinie „eingeklemmt“ sind, ineinander über und bilden auf diese Weise einen ausgedehnten, aber zusammenhängenden Siedlungsbereich, der durch das Gelände des vorliegenden Bebauungsplanes nicht derart unterbrochen wird, dass dieser Zusammenhang optisch oder auch funktional wegfiele. Absolut ist die überplante Fläche, auf der etwa zwei Fußballfelder Platz haben, ebenfalls nicht derart groß, dass sie nicht mehr der Innenentwicklung zugeordnet werden könnte. § 13a BauGB lässt ein beschleunigtes Verfahren immerhin bis zu einer anrechenbaren Fläche von 70.000 qm zu. Die mit dem Bebauungsplan zulässige Grundfläche nach § 19 Abs. 2 BauNVO überschreitet das Maß von 20.000 m² nach § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB nicht. Aus den Festsetzungen des Bebauungsplans ergibt sich für die allgemeinen Wohngebiete eine anrechenbare Fläche von insgesamt ca. 16.500 m².
97
Nach alledem hält die Kammer den Anwendungsbereich des § 13a BauGB für eröffnet, da es sich um eine Maßnahme der Innentwicklung handelt.
98
3.3.2.1.2 Ein beschleunigtes Verfahren scheidet vorliegend auch nicht deshalb aus, weil Anhaltspunkte bestünden, dass mit der Planung Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele des Vogelschutzgebietes … hervorgerufen würden (§ 13a Abs. 1 Satz 5 BauGB).
99
Mit den in § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. b BauGB genannten Schutzgütern sind die Erhaltungsziele und der Schutzzweck von Natura 2000-Gebieten im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes gemeint, worunter auch die europäischen Vogelschutzgebiete im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 7 BNatSchG fallen. Das Plangebiet befindet sich im direkten Anschluss (südwestlich) an das europäische Vogelschutzgebiet „…“. Im Plangebiet selbst sind keine gesetzlich geschützten Biotope nach § 30 BNatSchG bzw. Art. 23 BayNatSchG bekannt. Des Weiteren befinden sich dort keine Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (FFH-Gebiete) oder Europäische Vogelschutzgebiete (SPA-Gebiete, engl. Special Protection Areas).
100
Das Vorgehen der Antragsgegnerin, was die Auswirkungen auf die Erhaltungsziele des Vogelschutzgebietes Nürnberger Reichswald angeht, weist jedenfalls keine offensichtlichen, hier justiziablen Fehler auf, die zu einer unzulässigen Planung im Sinne von § 13a Abs. 1 Satz 5 BauGB führen würden.
101
Dabei orientiert sich die Kammer an folgenden Ausführungen des BVerwG:
„Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG sind Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist im Rahmen einer Vorprüfung festzustellen. Vorprüfung und Verträglichkeitsprüfung sind naturschutzrechtlich obligatorische Verfahrensschritte (BVerwG, Urteil vom 10. April 2013 – 4 C 3.12 – BVerwGE 146, 176 Rn. 10). Eine Gefahr, welche eine Verträglichkeitsprüfung erforderlich macht, liegt vor, wenn anhand objektiver Umstände nicht ausgeschlossen werden kann, dass der betreffende Plan oder das betreffende Projekt das fragliche Gebiet erheblich beeinträchtigt (EuGH, Urteil vom 7. September 2004 – C-127/02 [ECLI:ECLI:EU:C:2004:482] – Rn. 44). Die FFH-Vorprüfung beschränkt sich auf die Frage, ob nach Lage der Dinge ernsthaft die Besorgnis nachteiliger Auswirkungen besteht (BVerwG, Beschluss vom 13. August 2010 – 4 BN 6.10 – NuR 2010, 797 Rn. 4). § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG verlangt keine formalisierte Durchführung der Vorprüfung, sondern regelt die Voraussetzungen, unter denen eine Verträglichkeitsprüfung geboten ist. Fehlen diese Voraussetzungen, weil eine Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des Gebiets ohne vertiefte Prüfung ausgeschlossen werden kann, so ist der Verzicht auf eine Verträglichkeitsprüfung nicht rechtsfehlerhaft (BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2011 – 9 A 12.10 – Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 13 Rn. 89 [insoweit in BVerwGE 140, 149 nicht abgedruckt]).“ (BVerwG, U.v. 18.12.2014 – 4 C 35/13 – juris Rn. 33)
102
Soweit der Antragsteller die Kürze und die Form der FFH-VP kritisiert, ist dementsprechend folgendes festzuhalten: § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG verlangt gerade keine formalisierte Durchführung der Vorprüfung. Entscheidend ist, ob eine Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des betroffenen Gebiets ohne vertiefte Prüfung ausgeschlossen werden kann. Dies ist – nach ausreichender summarischer Prüfung im vorliegend zur Entscheidung stehenden Eilverfahren – zu bejahen.
103
Dabei stellt die Kammer in ihre Überlegungen ein, dass die vom Antragsteller genannten Vogelarten (Schwarzspecht und Uhu) im Rahmen der FFH-VP und auch der im Jahre 2023 durchgeführten Plausibilisierung der Habitatpotentiale betrachtet wurden und insoweit nachvollziehbar festgestellt wurde, dass keine ernsthafte Besorgnis nachteiliger Auswirkungen besteht. Des Weiteren wurde insbesondere die Höhere Naturschutzbehörde im Bauleitplanverfahren beteiligt, welche die Methodik und die Untersuchungstiefe im Rahmen der FFH-VP nicht beanstandet hat.
104
In diesem Zusammenhang ist auf folgendes hinzuweisen: Die Beteiligung von Fachbehörden ist im Verwaltungsrecht üblich und wird von der obergerichtlichen Rechtsprechung gebilligt. Im Bauleitplanverfahren ist die Behördenbeteiligung zudem zwingend vorgeschriebener Bestandteil des Aufstellungsprozesses. Den Stellungnahmen der Höheren Naturschutzbehörde als amtlichem Sachverständigen kommt daher besondere Bedeutung zu, zumal diese Stellungnahmen auf jahrelanger Bearbeitung eines bestimmten Gebiets und nicht nur auf der Auswertung von Aktenvorgängen im Einzelfall beruhen. Insofern wertet die Kammer den Umstand, dass die Regierung von Mittelfranken als Höhere Naturschutzbehörde die Vorgehensweise und das Ergebnis im Rahmen der FFH-VP nicht beanstandet hat, als – von der Antragstellung nicht erschüttertes – Indiz für die Richtigkeit der Abschätzung.
105
3.3.2.2 Soweit sich der Antragsteller auf Belange des Denkmalschutzes beruft und dem Bebauungsplan seine Erforderlichkeit abspricht, nimmt die Kammer Bezug auf den Beschluss vom 28. Februar 2024 unter dem Az. AN 9 S 23.2188, wonach der Erhalt des Baudenkmals dem – gegenüber dem Denkmalschutz aufgeschlossenen – Eigentümer unzumutbar sein dürfte. Es ist demnach nicht so, dass die Überplanung des Gebiets der Radrennbahn durch die Antragsgegnerin auf Dauer ausgeschlossen ist, weil das Denkmal zwingend zu erhalten wäre. Vielmehr durfte die Antragsgegnerin davon ausgehen, dass das Areal – bis auf das zu erhaltende Teilstück – anderweitig bebaubar ist.
106
3.3.2.3 Soweit der Antragsteller moniert, im Rahmen der Bauleitplanung fehle es an einem Fachbeitrag zur EU-WRRL und einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Auseinandersetzung mit den von der Planung betroffenen Grund- und Oberflächenwasserkörpern, nimmt die Kammer zunächst Bezug auf die eingangs getroffene Feststellung zu Prüfungsdichte bzw. -umfang im vorliegenden Eilverfahren. Dies zugrunde gelegt ist bei Weitem kein offensichtlicher Mangel bei der Aufstellung des Bebauungsplanes erkennbar. So hat die Antragsgegnerin vielmehr plausibel vorgetragen, weshalb sie unter Berücksichtigung der Grundwassersituation und der Auswirkungen der Planung auf diese von einer Erforderlichkeit der Planung ausgegangen ist und ausgehen durfte: Im Rahmen der Beteiligungsverfahren seien keine Bedenken der zuständigen Fachbehörden wie z.B. dem Wasserwirtschaftsamt bezüglich der Wasserkörper geäußert worden. In Anbetracht der hydrogeologischen Verhältnisse sei ein Wirkzusammenhang zwischen der Bebauung und dem Grundwasserspiegel nicht erkennbar. Eine Erhöhung des Grundwasserflurabstands aufgrund der Planung und daraus resultierender Schäden am Bestand seien nicht zu erwarten.
107
3.3.2.4 Der Bebauungsplan ist zudem nicht deswegen nicht erforderlich im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB, weil unüberwindliche artenschutzrechtliche Hindernisse bestünden.
108
So ist das Artenschutzrecht bei der Bauleitplanung strikt zu befolgen, da es als zwingendes Recht nicht der Abwägung unterliegt. Ein Bebauungsplan, dessen Umsetzung artenschutzrechtliche Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 BNatSchG entgegenstehen, ist nicht erforderlich und damit nichtig (vgl. BVerwG, B.v. 25.8.1997 – 4 NB 12.97 – juris Rn. 12 ff.; BayVerfGH, E.v. 3.12.2013 – Vf. 8-VII-13 – BayVBl 2014, 237 ff. = juris Rn. 34 ff.; E.v. 18.2.2016 – Vf. 5-VII-14 – juris Rn. 45 m.w.N.; BayVGH, U.v. 18.1.2017 – 15 N 14.2033 – juris Rn. 31; HessVGH, B.v. 7.6.2022 – 3 B 357/22.N – juris Rn. 25 m.w.N.). Dies ist jedoch nach Auffassung der Kammer - jedenfalls in hier verfahrensrelevanter, nämlich offensichtlicher Art und Weise – nicht der Fall.
109
Die Antragsgegnerin durfte vielmehr davon ausgehen, dass die geplante Zulassung von Wohnbauvorhaben keine artenschutzrechtlichen Konflikte heraufbeschwört, die in einem nachfolgenden Zulassungsverfahren nicht zu bewältigen sind.
110
Der BayVGH führt insoweit aus:
„Die Ermittlungspflicht des Plangebers beschränkt sich im Rahmen der Bauleitplanung auf die Frage, ob die Umsetzung des Bebauungsplans zwangsläufig an artenschutzrechtlichen Hindernissen scheitern muss (vgl. BayVerfGH, E.v. 18.02.2016 a.a.O.; vgl. auch BVerfG, B.v. 23.10.2018 – 1 BvR 2523/13 – BVerfGE 149, 407 = juris Rn. 23). Lässt sich eine Verwirklichung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände beim Planvollzug nicht ausschließen, bedarf es der Klärung, ob die Umsetzung der vorgesehenen Festsetzungen nicht durch die Erteilung einer artenschutzrechtlichen Ausnahme (§ 45 Abs. 7 BNatSchG) oder Befreiung (§ 67 Abs. 2 BNatSchG) ermöglicht werden kann. Gleiches gilt für die Anordnung von funktionserhaltenden Vermeidungs- oder vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen im Sinn des § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG, die durch das Vorhaben beeinträchtigte Fortpflanzungs- und Ruhefunktionen der geschützten Art bereits im Zeitpunkt der Durchführung des Eingriffs oder des Vorhabens in gleichartiger Weise gewährleisten (sog. CEF-Maßnahmen: „measures to ensure the continued ecological functionality of breeding sites or resting places“; vgl. HessVGH, U.v. 15.12.2021 – 3 C 1465/16.N – juris Rn. 169, 174 m.w.N.), sodass ein Verstoß gegen die Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG kraft Gesetzes ausgeschlossen wird. Sind solche Maßnahmen möglich, ist das Vollzugshindernis überwindbar und ein Verstoß gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ausgeschlossen (BayVerfGH, E.v. 18.2.2016 a.a.O. m.w.N.; BayVGH, U.v. 18.1.2017 – 15 N 14.2033 – juris Rn. 32; HessVGH, B.v. 7.6.2022 – 3 B 357/22.N – juris Rn. 25).“ (BayVGH, U.v. 7.10.2022 – 9 N 21.190 – juris Rn. 25 – 28)
111
Vorliegend wurden im Rahmen einer speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (SAP) durch die … Stadt- und Umweltplanung vom 25. Juli 2022, ergänzt am 11. Januar 2024 (Anlage AG 16) die artenschutzrechtlich relevanten Arten hinsichtlich ihrer Betroffenheit durch spätere Bauvorhaben untersucht. Außerdem wurden mögliche Verbotstatbestände gemäß § 44 Abs. 1, Abs. 5 BNatSchG ermittelt. In der SAP schlägt … Vorkehrungen zur Vermeidung von Gefährdungen der geschützten Tier- und Pflanzenarten, Maßnahmen zur Sicherung der kontinuierlichen ökologischen Funktionalität (CEF-Maßnahmen) und Maßnahmen zur Sicherung eines günstigen Erhaltungszustands der geschützten Arten (FCS-Maßnahmen) vor. Diese Vorgehensweise ist weder methodisch noch inhaltlich zu beanstanden, sondern erscheint dem Gericht plausibel und wurde seitens des Antragstellers auch nicht – hinreichend konkret und substantiiert – erschüttert. Die Kammer verweist insoweit ergänzend auf die überzeugenden Ausführungen der Antragsgegnerin im vorliegenden gerichtlichen Verfahren, insbesondere auf S. 22 ff. des Schriftsatzes vom 4. April 2024.
112
Soweit der Antragsteller bemängelt, dass die in der SAP auf den Seiten 15 f. aufgelisteten Maßnahmen bereits insgesamt ungeeignet seien bzw. diese teilweise keine CEF-Maßnahmen im Sinne von § 44 Abs. 5 BNatSchG darstellten, die als vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen – hier vorrangig für den Verlust von Lebensstätten – vorgesehen seien, und beispielhaft auf die Maßnahme 5c verweist, ist dem folgendes entgegenzuhalten: Nach Mitteilung der Regierung von Mittelfranken, Höhere Naturschutzbehörde, vom 11. Juli 2024 handelt es sich aus fachlicher Sicht bei den CEF-Maßnahmen 4 und 5 tatsächlich um populationsstützende Maßnahmen, die jedoch nicht auf der Grundlage der Verwirklichung von Verbotstatbeständen erforderlich werden.
113
Die mit Bescheid der Regierung von Mittelfranken vom 7. Februar 2024 (* …*) der Beigeladenen erteilte Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG von den Verboten des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG (Großer Abendsegler) war erforderlich, da für die Fledermausart eine Lebensstättenzerstörung stattfindet (§ 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG) und diese nicht im Wege einer CEF-Maßnahme vorgezogen ausgeglichen werden kann. Dieser Bescheid ist nicht unmittelbar streitgegenständlich, ist aber seinerseits Voraussetzung für die Vollziehbarkeit des Bebauungsplanes und schließt einen Verstoß gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB aus.
114
3.3.2.5 Offenkundige Abwägungsmängel im Hinblick auf die Schutzgüter Mensch (Immissionen), Luft, Tiere, Klima vermag die im vorliegenden Eilverfahren zur Entscheidung berufene Kammer entgegen den Ausführungen des Antragstellers nicht erkennen. So lässt der Antragsteller darlegen, dass ausweislich der Begründung zum Bebauungsplan mit dem Vorhaben und insbesondere der verkehrsbedingten Lärmzunahme erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzgutes Mensch verbunden seien (§ 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. c BauGB). Danach führe der zusätzliche Verkehrslärm zu einer über den Grenzwerten der 16. BImSchV und der TA-Lärm liegenden Verlärmung des Plangebiets selbst sowie der näheren Umgebung (Entwurfsbegründung Seite 37 ff.). Eine Lösung bzw. Minderung dieses Konflikts könne nur durch aktive Schallschutzmaßnahmen wie z.B. eine Lärmschutzwand oder durch eine Reduzierung der Durchfahrtsgeschwindigkeit von 50 km/h auf 30 km/h gelöst werden. Von einer Lärmschutzwand werde jedoch aus planerischen Gründen abgesehen, gegen eine Reduzierung der Durchfahrtsgeschwindigkeit habe sich die Fachstelle der Verwaltung ausgesprochen (Entwurfsbegründung Juni 2023, Seite 46). Vorgesehen seien damit allein passive Schallschutzmaßnahmen.
115
Aus der Begründung zum Bebauungsplan ergibt sich, dass sich die Antragsgegnerin gegen die Errichtung einer Lärmschutzwand entschieden hat, weil eine solche – in der erforderlichen Höhe – „zu städtebaulichen Spannungen und zu einer Unverträglichkeit“, zu einer weiteren Pegelerhöhung im Bereich des – bereits schon stark belasteten – Bestands auf der östlichen Seite der … außerhalb des Plangebiets aufgrund der zu erwartenden Reflektionseffekts des Bauwerks und zu einer massiven Einschränkung der gewerblichen Nutzbarkeit im Erdgeschoss des sog. „Landmark“-Gebäudes“ im Plangebiet westlich der … führen würde“. Dabei handelt es sich um eine plausible Argumentation zugunsten von sog. passiven Schallschutzmaßnahmen, die im Bebauungsplan festgesetzt worden sind.
116
Was die Kritik der Antragstellung zum Thema „Klima“ angeht, nimmt die Kammer Bezug auf die Ausführungen der Antragsgegnerin auf S. 39 f. des Schriftsatzes vom 4. April 2024.
117
3.3.2.6 Die auf der Grundlage des wirksamen Bebauungsplans erteilten Baugenehmigungen vom 14. Februar 2024 i.d.F der Änderungsbescheide vom 13. Juni 2024 sind aller Voraussicht nach rechtmäßig.
118
3.3.2.6.1 Insbesondere wurde dem Begründungserfordernis genüge getan.
119
Gemäß Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG ist ein schriftlicher Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen. Nach Art. 39 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG bedarf es ausnahmsweise keiner Begründung, wenn sich dies aus einer Rechtsvorschrift ergibt. Eine solche Regelung ist in Art. 68 Abs. 3 Satz 2 BayBO vorgesehen. Danach ist die Baugenehmigung nur insoweit zu begründen, als ohne Zustimmung des Nachbarn von nachbarschützenden Vorschriften abgewichen wird oder der Nachbar gegen das Bauvorhaben schriftlich Einwendungen erhoben hat.
120
Soweit sich der Antragsteller auf VG München, B.v. 29.8.2018 – M 1 SN 18.2253 – juris Rn. 50 – 55 beruft und eine analoge Anwendung des Art. 68 Abs. 2 Satz 2 BayBO a.F. (jetzt: Art. 68 Abs. 3 Satz 2 BayBO) für geboten hält, da zwischen Nachbarn und anerkannten Naturschutzvereinigungen eine vergleichbare Interessenlage bestehe und eine planwidrige Regelungslücke vorliegen dürfte, ist dem folgendes entgegenzuhalten: In dem vom VG München entschiedenen Fall ging es um ein Bauvorhaben (Watzmannhaus) im Außenbereich und in der Kernzone eines Nationalparks, welches neben der Baugenehmigung einer Befreiung gemäß Art. 67 Abs. 1
121
BayNatSchG bedurfte. Vorliegend sind jedoch Baugenehmigungsbescheide auf der Grundlage eines wirksamen Bebauungsplanes streitgegenständlich. Im Gegensatz zu dem vom VG München entschiedenen Verfahren kann der Antragsteller sein Klagerecht vorliegend durchaus sachgerecht ausüben, da der zugrundeliegende Bebauungsplan die Voraussetzungen der Bebauung ausführlich regelt und selbst eine Begründung enthält. In einer derartigen Konstellation ist nicht von einer planwidrigen Regelungslücke auszugehen.
122
3.3.2.6.2 Die Baugenehmigungen halten die Festsetzungen des Bebauungsplanes weitgehend ein. Soweit dies nicht der Fall ist, wurden in nicht zu beanstandender Weise Befreiungen gemäß § 31 BauGB erteilt.
123
Die erteilten Befreiungen „wegen Nichteinhaltung der Festsetzung hinsichtlich des vorgesehenen Baumes Nr. 171 als zukünftigen Habitatbaum“ (* …*), „wegen Nichteinhaltung der Festsetzung Nr. 12.3 „Grundrissorientierung“ der Bebauungsplan-Satzung“ mehrerer Wohnungen von Haus Q und Haus R und „wegen Nichteinhaltung der Festsetzung hinsichtlich des vorgesehenen Baumes Nr. 306 als zukünftigen Habitatbaum“ (* …*) werden ausreichend begründet und sind von der Antragstellung auch nicht beanstandet worden. So sind die Bäume Nr. 171 und Nr. 306 abgängig, weshalb Bäume Nr. 213 und Nr. 355 als Habitatersatzbäume festgelegt werden, um die Forderung aus der SAP sowie dem städtebaulichen Vertrag zu erfüllen.
124
3.3.3 Die in den angefochtenen Bescheiden enthaltenen Fällgenehmigungen beruhen auf § 4 Nr. 1 BaumSchVO, dessen Voraussetzungen – zwischen den Beteiligten unstreitig – eingehalten werden.
125
Danach können Handlungen wie Baumfällungen und Kappungen genehmigt werden, wenn andernfalls ein Grundstück nicht bebaut werden könnte, obwohl der Grundstückseigentümer einen Rechtsanspruch auf Bebauung hat und die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz des zu erhaltenden Baumbestandes getroffen werden (Nr. 1) und die Maßnahme mit den öffentlichen Belangen i. S. dieser Verordnung, insbesondere mit den in § 2 angeführten Schutzzwecken, vereinbar ist.
126
Ermessensfehler, soweit sie gerichtlich nachprüfbar sind (§ 114 Satz 1 VwGO), sind nicht ersichtlich.
127
Zwar drängt sich vorliegend zunächst die Frage auf, ob bei einer Konstellation wie der vorliegenden, bei der bereits im zugrundeliegenden Bebauungsplan umfassend und abschließend geregelt wird, welche Bäume zu erhalten sind und – vor allem – welche Bäume entfernt bzw. gekappt werden dürfen, überhaupt noch ein „Ermessensrest“ für die zu gesondert zu prüfende Fällgenehmigung besteht oder ob nicht von einer Ermessensreduzierung „auf Null“ auszugehen ist. Insoweit sei auf § 18 Abs. 2 BNatSchG verwiesen, wonach auf Vorhaben in Gebieten mit Bebauungsplänen nach § 30 BauGB die §§ 14 bis 17 BNatSchG (Eingriffsregelung) nicht anzuwenden sind. Damit hat der Gesetzgeber einen Vorrang des Baurechts gegenüber dem Naturschutzrecht konstituiert. Allerdings hat die Antragsgegnerin mit der von ihr erlassenen BaumSchVO von der grundsätzlichen Möglichkeit Gebrauch gemacht, für ihr Stadtgebiet die Bäume noch einem gesonderten Regelungsregime zu unterwerfen. Jedoch verbleibt in Fällen, in denen ein Bebauungsplan wie vorliegend den Baumschutz – entsprechend der BaumSchVO – regelt, nur noch ein äußerst schmaler Anwendungsbereich für eine Ablehnung einer beantragten Fällgenehmigung, wenn der Bauherr gemäß § 30 Abs. 1 BauGB einen Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung hat und die Einhaltung des Bebauungsplanes die darin geregelten und von § 4 Nr. 1 BaumSchVO geforderten Schutzmaßnahmen und die Berücksichtigung der in § 2 BaumSchVO normierten Schutzzwecke garantiert. Im Grunde handelt es sich dabei um einen Zirkelschluss, der durch die Regelung in § 18 Abs. 2 BNatSchG vermieden werden soll.
128
Allerdings kann die Kammer diese Frage offenlassen, nachdem die Antragsgegnerin in ihren Änderungsbescheiden vom 13. Juni 2024, welche ausdrücklich in die Klage einbezogen worden sind, weshalb auch kein unzulässiger Fall des § 114 Satz 2 VwGO vorliegt, die Entscheidungen gemäß BaumSchVO bestätigt und ein ihr etwa zukommendes Ermessen erkennbar ausgeübt bzw. begründet hat. Inhaltlich nimmt die Kammer Bezug auf die Ausführungen unter Ziff. 3.3.2.4 und verweist auf den im vorliegenden Eilverfahren nur sehr beschränkten Prüfungsmaßstab hinsichtlich der Wirksamkeit des zugrundeliegenden Bebauungsplans (Ziff. 3.1).
129
4. Nach alledem wird die unter dem gerichtlichen Az. AN 9 K 24.328 anhängige Klage voraussichtlich erfolglos sein, weshalb der vorliegende Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen ist. Da die Beigeladene einen eigenen Antrag gestellt hat, ist es unter Billigkeitsgesichtspunkten angemessen, ihre außergerichtlichen Kosten ebenfalls der Antragstellerseite aufzuerlegen, § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziff. 1.5 der Vorbemerkungen und Ziff. 9.7.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. In Anbetracht dessen, dass für die Umweltverbandsklage keine eigene Gebührenziffer existiert, orientiert sich die Kammer am Rahmen der in Ziff. 9.7.1 geregelten Nachbarklage. Da in der Hauptsache drei Baugenehmigungsbescheide mit jeweils dutzenden Wohneinheiten streitgegenständlich sind, geht die Kammer von jeweils 15.000,00 EUR pro Baugenehmigungsbescheid (inklusive Änderungsbescheide) aus und halbiert die sich ergebende Summe von 45.000,00 EUR gemäß Ziff. 1.5 der Vorbemerkungen auf 22.500,00 EUR.