Titel:
Anforderungen an wirksames Testament
Normenkette:
BGB § 2247
Leitsatz:
Die Feststellungslast für die Testierunfähigkeit hat derjenige zu tragen, der sich auf die Unwirksamkeit eines Testaments wegen Testierunfähigkeit beruft. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
eigenhändiges Testament, Formwirksamkeit, Testierfähigkeit
Rechtsmittelinstanz:
OLG München, Beschluss vom 09.08.2024 – 33 Wx 115/24 e
Fundstelle:
BeckRS 2024, 20203
Tenor
1. Die Tatsachen, die zur Erteilung des von dem Beteiligten B. am 25.07.2023 beantragten Europäischen Nachlasszeugnisses erforderlich sind, werden für festgestellt erachtet.
2. Der Antrag des Beteiligten M. vom 20.10.2023 auf Erteilung eines Europäischen Nachlasszeugnisses wird zurückgewiesen.
3. Der Antrag des Beteiligten M. auf Bestellung eines Nachlasspflegers wird zurück gewiesen.
4. Die sofortige Wirksamkeit dieses Beschlusses wird ausgesetzt.
5. Die Erteilung des beantragten Erbscheins wird bis zur Rechtskraft dieses Beschlusses zurückgestellt.
6. Eine Kostenentscheidung nach § 81 FamFG ist nicht veranlasst, sodass die Kostentragungspflicht sich nach der Kostenordnung bzw. dem GNotKG richtet.
Gründe
1
Der Erblasser…ist zwischen dem 14.03.2023 und dem 17.03.2023 verstorben. Er war ausschließlich britischer Staatsangehöriger und hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Augsburg, Deutschland. Er war mit Frau… verheiratet. Im Jahr 2018 wurde diese Ehe rechtskräftig geschieden.
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Der Erblasser hat einen unehelichen Sohn, den Beteiligten M..Weitere Abkömmlinge sind nicht vorhanden.
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Der Erblasser hat am 24. März 2022 ein eigenhändiges Testament folgenden Inhalts erreichtet:
„LAST WILL AND TESTAMENT for …(Überschrift ist maschinengeschrieben)
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Der Erblasser litt unter einer schizoaffektiven Psychose. Das Gericht hat bezüglich der Erkrankung des Erblassers Arztauskünfte erholt.
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Der Sohn des Erblassers, der Beteiligte M., hat den Erblasser zuletzt im Dezember 2003, dann im Jahre 2011 mit der Kindsmutter gesehen. Zwischen dem Erblasser und der Kindsmutter war ein Verfahren wegen Umgangsregelung …vor dem Familiengericht A. anhängig. Im Rahmen dieses Verfahrens wurden für den Erblasser Gutachten erholt, die der Beteiligte M. vorgelegt hat.
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Der Beteiligte M. behauptet, dass der Erblasser zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments nicht testierfähig gewesen sei. Er zweifelt auch daran, dass das Testament vom 24.03.2022 vom Erblasser eigenhändig ge- und unterschrieben wurde. Im übrigen ist er der Auffassung, dass das Testament vom 24.03.2022 lediglich ein Entwurf darstelle und kein endgültiges Testament sei, das mit Testierwillen errichtet wurde. Er beantragt daher die Erteilung eines Europäischen Nachlasszeugnisses dergestalt, dass er als einziger Sohn des Erblassers aufgrund gesetzlicher Erbfolge Alleinerbe geworden sei. Zur Sicherung des Nachlasses beantragt er weiterhin, dass ein Nachlasspfleger bestellt wird.
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Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den Inhalt der Akte Bezug genommen.
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1. Das Gericht ist der Auffassung, dass es sich bei dem Testament vom 24.03.2022 um ein wirksames Testament handelt, das für die Erbfolge maßgeblich ist.
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1.1. Es handelt sich um ein formwirksames eigenhändig geschriebenes Testament gem. § 2247 BGB. Der ganze Inhalt des Testaments muss vom Erblasser persönlich niedergeschrieben und in der ihm eigenen Schrift geschrieben sein, so dass eine Nachprüfung der Echtheit aufgrund der individuellen Merkmale der Handschrift des Erblassers möglich ist. Das eigenhändig Geschriebene muss als selbstständige Verfügung einen für sich abgeschlossenen Sinn ergeben; unschädlich ist dann, wenn etwa die Überschrift oder die Orts- und Datumsangabe maschinenschriftlich gefertigt ist (vg. BayObLG NJW-RR 2005, 1025 = FamRZ 2005, 2019). Diese Anforderungen sind mit dem vorliegenden Testament erfüllt. Aus der Überschrift ergibt sich, dass es sich bei dem niedergelegten um den letzten Willen des Verstorbenen handelt. Der Inhalt des Testaments wurde vom Erblasser persönlich niedergeschrieben. Das Testament ist auch mit Angabe, zu welcher Zeit und an welchem Ort es niedergeschrieben wurde, eigenhändig unterschrieben worden. Die Verwendung der abgekürzten Vornamen ist unschädlich, da nachweisbar ist, um wen es sich handelt. Auch wenn, der Erblasser in dem Testament keine ausformulierten Sätze verwendet hat, so wird doch sein Wille klar, dass die benannten Personen mit den angegebenen Bruchteilen erben sollen. Sofern der Beteiligte M. anzweifelt, dass der Erblasser das Testament eigenhändig geschrieben hat, wurde er mit Verfügung vom 22.11.2023 aufgefordert, Vergleichsschriftproben vorzulegen, aus welchen sich Zweifel an der Echtheit des Testaments ergeben könnten. Der Beteiligte M. hat jedoch keine Vergleichsschriftproben vorlegen können, aus welchen sich Zweifel an der Echtheit des Testaments ergeben würden. Vielmehr ist das Gericht aufgrund des von der Verfahrensbevollmächtigten der übrigen Beteiligten vorgelegten handschriftlichen Briefes des Erblassers vom 25.11.2009 an seinen Sohn M. (vgl. Bl. 117 ff.) davon überzeugt, dass der Erblasser das Testament vom 24.03.2022 eigenhändig ge- und unterschrieben hat. Das Gericht konnte keinerlei Abweichungen in den Schriftbildern feststellen. Auch die Einwendung des Beteiligten M., der Erblasser hätte aufgrund seiner Erfahrung mit der Justiz nicht ein Testament wie obiges erlassen, sondern ein ausformuliertes notarielles Testament mit Rechtswahlklausel, führt zu keiner anderen Beurteilung. Diese Einwendung stellt lediglich eine Mutmaßung dar, die aufgrund der Tatsache, dass der Beteiligte M. zu seinem Vater seit 2011 keinerlei Kontakt hatte und es auch in der Zeit von 2003 bis 2011 keinerlei Kontakt des Berteiligten M. zum Erblasser gab, nicht auf einer Kenntnis der Persönlichkeit des Erblassers basieren kann. Das kurz gehaltene Testament ist vielmahr durch den Tremor zu erklären, der eine gewisse Zittrigkeit der rechten Hand des Erblassers auslöste.
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1.2. Des weiteren gibt es auch für die Behauptung des Beteiligten M., der Erblasser sei zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments am 24.03.2022 nicht mehr testierfähig gewesen, keine Anknüpfungspunkte. Die Feststellungslast für die Testierunfähigkeit hat derjenige zu tragen, der sich auf die Unwirksamkeit eines Testaments wegen Testierunfähigkeit beruft. Nach den mit Schriftsatz vom 17.11.2023 durch die Verfahrensbevollmächtigte der übrigen Beteiligten vorgelegten ärztlichen Berichte und Stellungnahmen bestehen für eine Testierunfähigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments am 24. März 2022 keine Anhaltspunkte.
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Der Erblasser litt unter einer schizoaffektiven Psychose. Er befand sich seit 2004 in einer ambulanten Langzeitbehandlung bei Herrn Dr. G..Aus dem Bericht des Herrn Dr. med. M. B. vom 08.12.2017 ist zu entnehmen, dass der Erblasser mehrere stationäre Aufenthalte, zuletzt vom 24.08.2017 bis 07.11.2017 mit der Diagnose schizoaffektive Störung – gegenwärtig depressiv hatte. Die erste Aufnahme erfolgte im Jahr 2003 mit der Diagnose einer Anpassungsstörung, dann im Jahr 2004 mit der Diagnose einer schizoaffektiven Störung, dann im Jahr 2006 mit einem akuten Krankheitsschub (maniformpsychotisch) ohne vollständige Remission, sondern mit wiederkehrender depressiver Symptomatik. Die produktiv-psychotische Symptomatik war jedoch, so der Bericht, vollständig abgeklungen. Dementsprechend wird der Erblasser in den Berichten als wach, bewusstseinsklar und umfassend orientiert beschrieben. Im Hinblick auf die vorliegenden Arztberichte ist die Erholung eines Sachverständigengutachtens zur Testierfähigkeit von Amts wegen nicht veranlasst. Die vorliegenden Arztberichte ergeben keine Anhaltspunkte für eine Annahme einer Testierunfähigkeit des Erblassers, sodass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit diese auch nicht in einem Sachverständigengutachten festgestellt werden würden.
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Mit Verfügung vom 22.11.2023 wurde dem Beteiligten M. anheim gestellt, die Erholung eines gerichtlichen Gutachtens zur Testierfähigkeit unter Hinweis auf die Möglichkeit, dem Beteiligten M. hierfür die Kosten aufzuerlegen, zu beantragen. Ein Antrag wurde nicht gestellt.
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2. Für die Bestellung eines Nachlasspflegers besteht kein Bedürfnis, da sich die Beteiligten…um die laufende Verwaltung des Nachlasses bis zur Feststellung der Erben kümmern, § 1960 BGB.
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Eine Kostenentscheidung ist grundsätzlich im Erbscheinsverfahren wegen § 81 FamFG nicht veranlasst, was sich auch aus § 335 Abs. 1 Satz 1 FamFG unmittelbar entnehmen lässt, wenn hier für das Erbscheineinziehungsverfahren ausdrücklich eine Kostenentscheidung vorgeschrieben ist. Damit trägt jeder Verfahrensbeteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst. Wer gegenüber der Staatskasse die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) zu tragen hat, regelt die Kostenordnung, eine davon abweichende Kostenentscheidung wird im Rahmen der Billigkeitserwägung nicht getroffen.