Titel:
Kein Schadensersatzanspruch des Erwerbers eines Diesel-Fahrzeugs mit geregeltem Kühlmittelthermostat
Normenketten:
BGB § 31, § 823 Abs. 2, § 826
EG-FGV § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1
Fahrzeugemissionen-VO Art. 3 Nr. 10, Art. 5 Abs. 2
Leitsätze:
1. Das Kriterium der Prüfstandsbezogenheit ist grundsätzlich geeignet, um zwischen nur unzulässigen Abschalteinrichtungen und solchen, deren Implementierung die Kriterien einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung erfüllen können, zu unterscheiden. Das sog. geregelte Kühlmittelthermostat ist jedoch nicht prüfstandsbezogen, da es im Prüfstand wie im Realbetrieb gleichermaßen funktioniert. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Wurde das vom KBA als unzulässige Abschalteinrichtung beanstandete geregelte Kühlmittelthermostat beim streitgegenständlichen Fahrzeug durch Aufspielen eines hierfür von der Fahrzeugherstellerin entwickelten Software-Updates entfernt, und wurde dieses Software-Update vom KBA zuvor geprüft und im Jahr 2020 freigegeben, drohen dem streitgegenständlichen Fahrzeug keinerlei Betriebsbeschränkungen mehr. Die Vorteilausgleichung kann der Gewährung auch eines Schadensersatzes aus § 823 Abs. 2 BGB entgegenstehen, wenn der Differenzschaden vollständig ausgeglichen ist. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Schadensersatz, sittenwidrige Schädigung, Schutzgesetz, Kfz-Hersteller, Dieselskandal, unzulässige Abschalteinrichtung, OM 651, geregeltes Kühlmittelthermostat, Differenzschaden, Software-Update
Vorinstanz:
LG Landshut, Urteil vom 23.03.2021 – 45 O 3347/20
Fundstelle:
BeckRS 2024, 2017
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 23.03.2021, Az. 45 O 3347/20, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Landshut ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe
1
Der Kläger begehrt von der beklagten Fahrzeugherstellerin Schadenersatz im Zusammenhang mit dem sog. Diesel- bzw. Abgasskandal.
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Der Kläger erwarb am 25.10.2012 (Anlage K 1a) von einem Händler einen gebrauchten Pkw, Marke Mercedes-Benz E 250 CDI Coupé (im Folgenden: Kfz), mit einem Motor des Typs OM 651 (Euro 5) zu einem Bruttokaufpreis von 29.750 € mit einer Laufleistung von 35.000 km.
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Das Kfz unterlag einem verpflichtenden Rückruf des KBA vom 05.06.2020 wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Form des sog. Geregelten Kühlmittelthermostats.
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Das von der Beklagten zu dessen Beseitigung angebotene Softwareupdate wurde bei dem Kfz am 16.09.2020 aufgespielt.
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Aktuell weist das Kfz einen Kilometerstand von 78.621 km auf.
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Das Landgericht hat die Klage mit Endurteil vom 23.03.2021 abgewiesen, da der Kläger eine unerlaubte sittenwidrige Handlung der Beklagten nicht substantiiert dargelegt habe. Andere Anspruchsgrundlagen bestünden ebenfalls nicht. Wegen der Einzelheiten wird auf das erstinstanzliche Urteil verwiesen.
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Dagegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 08.04.2021 (Bl. 1 ff. d.A.) eingelegte und mit Schriftsatz vom 22.06.2021 (Bl. 15 ff. d.A.) begründete Berufung des Klägers.
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Er beantragt zuletzt, unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils
- 1.1.1.
-
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 29.750,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeuges Mercedes E 250 CDI Coupé, FIN … zu zahlen, unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung in EUR pro
gefahrenem km seit dem 31.10.2012, die sich nach folgender Formel berechnet:
(29.750,00 EUR × gefahrene Kilometer) : 300.000 – 35.000 km.
- 2.
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Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Pkw des Klägers, Mercedes E 250 CDI Coupé, FIN … in Annahmeverzug befindet.
- 3.
-
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger Schadensersatz für Schäden, die aus der Ausstattung des Fahrzeugs Mercedes E 250 CDI Coupé, FIN … mit einer unzulässigen Abschaltvorrichtung resultieren, zu zahlen.
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Hilfsweise und für den Fall, dass der Klageantrag zu 1) zurückgewiesen wird, beantragt der Kläger,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 4.462,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 31.10.2012 zu zahlen;
Hinsichtlich der sich seit Klageerhebung weiter erhöhende Nutzungsentschädigung hat der Kläger den Rechtsstreit für erledigt erklärt.
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Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
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Der Senat hat mit Beschluss vom 27.06.2022 (Bl. 50 ff. Bd. II d.A.) Beweis erhoben durch Einholung einer Auskunft des Kraftfahrbundesamtes (KBA), die am 18.10.2022 (Bl. 54 f. Bd. II d.A.) erteilt worden ist.
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Vor dem Senat fand am 15.01.2024 eine mündliche Verhandlung statt, wegen deren Inhalts und Verlaufs auf das Sitzungsprotokoll (Bl. 267 ff. Bd. II d.A.) Bezug genommen wird.
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Die zulässige Berufung ist unbegründet.
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1. Ein Schadensersatzanspruch nach §§ 826, 31 BGB bzw. §§ 826, 831 BGB scheitert daran, dass der Kläger eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der Beklagten nicht hinreichend substantiiert dargetan bzw. keine hinreichenden Anhaltspunkte hierfür vorgebracht hat.
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Aus dem Vortrag des Klägers und den dazugehörigen Anlagen ergibt sich kein objektiv sittenwidriges Verhalten der Beklagten in Bezug auf die behaupteten Abschalteinrichtungen.
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Mit Blick auf das im streitgegenständlichen Fahrzeug ursprünglich verbaute Thermofenster ist bereits fraglich, ob es sich hierbei um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt. So hat das KBA im Rahmen der vom Senat erholten amtlichen Auskunft vom 18.10.2022 in Bezug auf das streitgegenständliche Fahrzeugmodell ausdrücklich bestätigt, dass im Hinblick auf das sog. Thermofenster auch unter Berücksichtigung der EuGH-Urteile vom 14. Juli 2022 zur Zulässigkeit von Thermofenstern (C-128/20, C-134-20, C-145/20) keine unzulässige Abschalteinrichtung festgestellt wurde (Bl. 55 Bd. II d.A.). Allerdings hat das KBA gleichzeitig mitgeteilt, dass bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug die Schadstoff- und Abgasstrategie „Geregeltes Kühlmittelthermostat“ als unzulässig eingestuft wurde und deshalb ein verbindlicher Rückruf des KBA wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung besteht (Bl. 54 Bd. II d.A.).
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Damit eine unzulässige Abschalteinrichtung eine Haftung der Beklagten wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung gemäß § 826 BGB auslösen kann, müssen nach der mittlerweile gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung jedoch weitere Umstände hinzutreten, die das Verhalten der für sie handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen lassen. Das Kriterium der Prüfstandsbezogenheit ist grundsätzlich geeignet, um zwischen nur unzulässigen Abschalteinrichtungen und solchen, deren Implementierung die Kriterien einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung erfüllen können, zu unterscheiden (vgl. z.B. BGH, Beschluss v. 04.05.2022, Az. VII ZR 733/21, Rn. 17 f. m.w.N.). Das sog. Geregelte Kühlmittelthermostat ist jedoch nicht prüfstandsbezogen, da es im Prüfstand wie im Realbetrieb gleichermaßen funktioniert.
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Zudem vermag der Senat keine weiteren Anhaltspunkte für eine besondere Verwerflichkeit erkennen. Aus der Auskunft des KBA geht klar hervor, dass es die Schadstoff- und Abgasstrategie „Geregeltes Kühlmittelthermostat“ nicht per se für unzulässig hält. Dass bestimmte Dieselmotoren der Beklagten diese Strategie aufwiesen, bedeute nicht zwangsläufig, dass diese in allen Fahrzeugtypen mit diesen Dieselmotoren als unzulässig einzustufen sei. Zudem nutzten nicht alle Fahrzeuge diese Strategie auch aktiv bzw. wirksam. Weiterhin hänge die Beurteilung der Zulässigkeit von einer Vielzahl weiterer Faktoren ab, wie z.B. Aufbau, Gewicht, Getriebe, Steuergerät und Luftwiderstand des Fahrzeugs. Schließlich habe in einem sog. „Testing out“-Verfahren bei einigen Fahrzeugen auch der Nachweis erbracht werden können, dass sie auch mit aktivierter Abschalteinrichtung die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte einhielten.
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Mangels Darlegung weiterer Umstände, die ein verwerfliches Handeln belegen würden – die Darlegungs- und Beweislast liegt insoweit beim Kläger –, kommt ein Anspruch aus §§ 826, 31 BGB nicht in Betracht.
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2. Auch ein sog. Differenzschadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einem Schutzgesetz besteht im Ergebnis nicht.
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a) Selbst wenn man hinsichtlich des ursprünglichen Thermofensters eine unzulässige Abschalteinrichtung unterstellt, ist jedenfalls insoweit ein Verschulden der Beklagten nicht anzunehmen.
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aa) Zwar besteht, wenn man das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Sinne der Art. 3 Nr. 10, Art. 5 Abs. 2 S. 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 unterstellt, eine von der objektiven Schutzgesetzverletzung ausgehende Verschuldensvermutung. Demnach muss derjenige, der objektiv ein Schutzgesetz verletzt hat, Umstände darlegen und erforderlichenfalls beweisen, die geeignet sind, die daraus folgende Annahme seines Verschuldens in Form einer Fahrlässigkeit auszuräumen. Dementsprechend muss der Fahrzeughersteller, wenn er eine Übereinstimmungsbescheinigung trotz der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgegeben und dadurch § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV verletzt hat, Umstände darlegen und beweisen, die sein Verhalten ausnahmsweise nicht als fahrlässig erscheinen lassen (BGH Urteil v. 26.06.2023, Az. VIa ZR 335/21, Rz. 59 m.w.N.).
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bb) Die Beklagte kann sich hinsichtlich des Thermofensters zu ihrer Entlastung vorliegend jedoch auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum berufen.
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Der Fahrzeughersteller, der sich unter Berufung auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum entlasten will, muss sowohl den Verbotsirrtum als solchen als auch die Unvermeidbarkeit des Verbotsirrtums konkret darlegen und beweisen. Für die Unvermeidbarkeit seines Verbotsirrtums kann sich der Fahrzeughersteller insbesondere auf eine hypothetische Genehmigung der für die EG-Typgenehmigung oder für anschließende Maßnahmen zuständigen Behörde stützen. Zu seiner Entlastung muss er in diesem Fall darlegen und erforderlichenfalls nachweisen, dass seine Rechtsauffassung von Art. 5 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 715/2007 bei entsprechender Nachfrage von der für die EG-Typgenehmigung oder für anschließende Maßnahmen zuständigen Behörde bestätigt worden wäre (hypothetische Genehmigung). Steht fest, dass eine ausreichende Erkundigung des einem Verbotsirrtum unterliegenden Schädigers dessen Fehlvorstellung bestätigt hätte, scheidet eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB infolge eines unvermeidbaren Verbotsirrtums auch dann aus, wenn der Schädiger eine entsprechende Erkundigung nicht eingeholt hat. Eine Entlastung auf dieser Grundlage setzt allerdings voraus, dass der Fahrzeughersteller nicht nur allgemein darlegt, dass die Behörde Abschalteinrichtungen der verwendeten Art genehmigt hätte, sondern dass ihm dies auch unter Berücksichtigung der konkret verwendeten Abschalteinrichtung in allen für die Beurteilung nach Art. 5 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 715/2007 maßgebenden Einzelheiten gelingt. Auf das Bestehen einer entsprechenden Verwaltungspraxis kommt es dabei zwar nicht maßgeblich an. Die Grundsätze der hypothetischen Genehmigung gelten mit Rücksicht auf ihren Sinn und Zweck auch, wenn der Fahrzeughersteller eine hypothetische Genehmigung bezogen auf den konkreten Motor einer bestimmten Baureihe nachweist. Neben anderen Indizien kann allerdings aufgrund einer bestimmten, hinreichend konkreten Verwaltungspraxis gem. § 286 Abs. 1 ZPO auf eine hypothetische Genehmigung geschlossen werden (BGH, a.a.O., Rz. 63 ff. m.w.N.).
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Vorliegend hat die Beklagte substantiiert vorgetragen, dass ihre Rechtsauffassung in Bezug auf das Thermofenster selbst bei einer konkreten Nachfrage beim KBA von diesem bestätigt worden wäre.
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In der vom Senat erholten amtlichen Auskunft bestätigt das KBA, dass es sowohl im maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses des Klägers als auch bis heute der Auffassung ist, dass das im streitgegenständliche Fahrzeug ursprünglich verbaute Thermofenster auch unter Berücksichtigung der EuGH-Rechtsprechung vom 14.07.2022 (C-128/20, V-134/20, C-145/20) keine unzulässige Abschalteinrichtung darstellt (Bl. 55 Bd. II d.A.).
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b) Wegen des sog. Geregelten Kühlmittelthermostats hingegen wäre ein Differenzschadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte hier wohl dem Grunde nach aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV oder Art. 5 VO 715/2007/EG anzunehmen.
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Er ist aber jedenfalls der Höhe nach ausgeglichen durch die nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil v. 26.06.2023, Az. VIa ZR 335/21, Rz. 80; Urteil v. 17.11.2022, Az. VII ZR 260/20, Rz. 25; Urteil v. 24.01.2022, Az. VIa ZR 100/21, Rz. 16 ff.; Urteil v. 06.07.2021, Az. VI ZR 40/20 Rn. 23 f.) im Wege der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigenden Vorteile des Klägers. Es ist auch rechtlich nicht zu beanstanden, dass der etwaige Schadenersatzanspruch des Klägers durch die Vorteilsanrechnung vollständig aufgezehrt wird und somit entfällt (BGH, Urteil v. 30.07.2020, Az. VI ZR 354/19, Rz. 15). Dass für die Schätzung des Differenzschadens auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen ist, schließt nach der Rechtsprechung des BGH eine schadensmindernde Berücksichtigung später eintretender Umstände im Wege der Vorteilsausgleichung, deren Voraussetzungen der Fahrzeughersteller darzulegen und zu beweisen hat, nicht aus. Beruft sich der Fahrzeughersteller auf die nachträgliche Verbesserung des Fahrzeugs durch ein Software-Update, kann damit eine Schadensminderung indessen nur verbunden sein, wenn und soweit das Software-Update die Gefahr von Betriebsbeschränkungen signifikant reduziert. Das wiederum kann nur dann der Fall sein, wenn es nicht seinerseits eine unzulässige Abschalteinrichtung beinhaltet (BGH Urteil v. 26.06.2023, Az. VIa ZR 335/21, Rz. 80 m.w.N.).
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Der Senat ist vorliegend unter Berücksichtigung des Parteivortrags zu der Überzeugung gelangt, dass ein etwaiger Differenzschadensersatzanspruch wegen des sog. Geregelten Kühlmittelthermostats durch das nachträgliche Software-Update beim streitgegenständlichen Fahrzeug vollständig ausgeglichen wurde. Das vom KBA als unzulässige Abschalteinrichtung beanstandete Geregelte Kühlmittelthermostat wurde beim streitgegenständlichen Fahrzeug am 16.09.2020 durch Aufspielen eines hierfür von der Beklagten entwickelten Software-Updates entfernt. Dieses Software-Update wurde vom KBA zuvor geprüft und im Jahr 2020 freigegeben. Damit drohen dem streitgegenständlichen Fahrzeug keinerlei Betriebsbeschränkungen mehr. Die Vorteilausgleichung kann der Gewährung auch eines Schadensersatzes aus § 823 Abs. 2 BGB entgegenstehen, wenn der Differenzschaden vollständig ausgeglichen ist. Der Schutz der unionsrechtlich gewährleisteten Rechte führt nicht zu einer ungerechtfertigten Bereicherung der Anspruchsberechtigten (BGH Urteil v. 26.06.2023, Az. VIa ZR 335/21, Rz. 80; EuGH, Urteil vom 21. März 2023 – C-100/21, NJW 2023, 1111 Rn. 94; vgl. schon BGH, Urteil vom 10. Oktober 2022 – VIa ZR 542/21, VersR 2023, 192 Rn. 22).
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Sollte man hinsichtlich des ursprünglichen Thermofensters wegen der Temperaturspanne von +7° bis +30° C eine Exkulpationsmöglichkeit in Form einer hypothetischen Genehmigung verneinen, wäre auch insoweit ein Differenzschadensersatzanspruch infolge des Software-Updates der Höhe nach ausgeglichen. Durch dieses vom KBA geprüfte und freigegebene Software-Update wurde das Thermofenster auf eine Spanne von 0° bis 40° Celsius aufgeweitet. Die vorstehenden Ausführungen gelten daher insoweit entsprechend.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10 S. 2, § 711 S. 1, 2 i.V.m. § 709 S. 2 ZPO.
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Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Auch erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO).
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Wie dargestellt, liegen den vorstehenden Ausführungen die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Leitlinien zugrunde.
34
Dazu handelt es sich hier um eine Einzelfallentscheidung (vgl. BGH, Beschluss v. 14.08.2013, Az. XII ZB 443/12, Rz. 6), über welche hinaus die Interessen der Allgemeinheit nicht nachhaltig berührt werden, weswegen eine höchstrichterliche Leitentscheidung notwendig wäre (s. dazu BGH, Beschluss v. 25.05.2003, Az. VI ZB 55/02, juris Rz. 8; Beschluss v. 29.05.2002, Az. V ZB 11/02, juris Rz. 10).
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle