Titel:
Antrag auf Durchführung einer selbständigen empirischen Untersuchung zur Ermittlung der Nutzung von Clouds
Normenketten:
VGG § 40, § 93, § 104, § 105, § 112, § 113, § 114, § 116
UrhG § 53, § 54, § 54a, § 54c, § 60a
EGGVG § 23, § 26
GG Art. 20, Art. 92
UrhDaG § 3
Leitsätze:
Die beim Deutschen Patent- und Markenamt gebildete Schiedsstelle nach dem Verwertungsgesellschaftengesetz ist berechtigt, den Antrag einer Verwertungsgesellschaft auf Durchführung einer selbständigen empirischen Untersuchung abzulehnen, wenn der Untersuchungsgegenstand nicht geeignet ist, den nach dem Urheberrechtsgesetz für die Vergütungshöhe maßgeblichen Umfang der Nutzung von Geräten und Speichermedien zu ermitteln (hier: Umfang der Nutzung von Clouds für im Rahmen der Privatkopieausnahme zulässige Vervielfältigungen). (Rn. 36 und 59)
1. Gegen die ablehnende Entscheidung der Schiedsstelle kann Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem. §§ 23 ff. EGGVG gestellt werden, denn die nach dem Verwertungsgesellschaftengesetz eingerichtete Schiedsstelle trifft Entscheidungen, die in Bezug auf das Urheberrecht ergehen, auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts und als Justizverwaltungsorgan. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei der Durchführung einer selbständigen empirischen Untersuchung nach § 93 VGG handelt es sich um einen Spezialfall der Beweisaufnahme. Der Umstand, dass das Verfahren zur Durchführung einer empirischen Untersuchung als selbständiges Verfahren der Beweiserhebung konzipiert ist, steht einer Befugnis der Schiedsstelle zur Prüfung von Rechtsfragen nicht entgegen. (Rn. 50 – 52) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Erlaubnistatbestand des § 53 Abs. 1 und 2 UrhG erfasst auch Speicherungen auf einem Cloud-Server, die von einem in Deutschland wohnhaften Nutzer des Dienstes veranlasst werden. (Rn. 71) (redaktioneller Leitsatz)
4. Eine Vergütungspflicht von Cloud-Anbietern als Ausgleich für die Privatkopiefreiheit besteht im Geltungsbereich des deutschen Urheberrechts nicht; die Anbieter von Cloud-Diensten sind nicht als "Hersteller", "Importeure" oder "Händler" von Speichermedien anzusehen, weshalb sie de lege lata nach deutschem Recht nicht zum Kreis der Vergütungspflichtigen zählen. (Rn. 89) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
empirische Untersuchung, Cloud
Fundstellen:
AfP 2024, 468
LSK 2024, 20106
MMR 2024, 950
ZUM-RD 2025, 53
GRUR-RS 2024, 20106
Tenor
I. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird als unbegründet zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert des Verfahrens wird auf 250.000,00 € festgesetzt.
III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
1
Verwertungsgesellschaften im Sinne des § 2 des Gesetzes über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten durch Verwertungsgesellschaften (Verwertungsgesellschaftengesetz – VGG) vom 24. Mai 2016 sind verpflichtet, aufgrund der von ihnen wahrgenommenen Urheberrechte und verwandten Schutzrechte jedermann auf Verlangen zu angemessenen Bedingungen Nutzungsrechte durch den Abschluss von Einzelverträgen einzuräumen (§ 34 Abs. 1 Satz 1 VGG) und mit Nutzervereinigungen Gesamtverträge zu angemessenen Bedingungen abzuschließen (§ 35 VGG). Die Einzel- und Gesamtverträge haben unter anderem eine angemessene Vergütung der Nutzungen vorzusehen (§ 34 Abs. 1 Satz 2 VGG, der auch im Rahmen des § 35 VGG anzuwenden ist). Soweit keine Gesamtverträge abgeschlossen sind, sind die Verwertungsgesellschaften verpflichtet, über die Vergütung, die sie aufgrund der von ihnen wahrgenommenen Rechte fordern, Tarife aufzustellen (§ 38 Satz 1 VGG). Soweit Gesamtverträge geschlossen sind, gelten die darin vereinbarten Vergütungssätze als Tarife (§ 38 Satz 2 VGG). Nach § 93 VGG können Verwertungsgesellschaften die bei dem Deutschen Patent- und Markenamt gebildete (§ 124 Abs. 1 i. V. m. § 75 Abs. 1 VGG) Schiedsstelle anrufen, um eine selbständige empirische Untersuchung zur Ermittlung der für die Höhe der Vergütung maßgeblichen Nutzungen durchführen zu lassen. Für das nicht streitige Verfahren gelten die Bestimmungen der §§ 112 bis 114 VGG.
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Die Urheber von Werken, welche nach ihrer Art eine Vervielfältigung zu privaten oder sonstigen erlaubnisfrei zulässigen Zwecken erwarten lassen, haben gemäß § 54 Abs. 1 UrhG (Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte – Urheberrechtsgesetz in den Fassungen vom 26. Oktober 2007, gültig bis 28. Februar 2018, und vom 1. September 2017, gültig ab 1. März 2018) einen Anspruch auf angemessene Vergütung gegen die Hersteller von Geräten und von Speichermedien, deren Typ allein oder in Verbindung mit anderen Geräten, Speichermedien oder Zubehör zur Vornahme solcher Vervielfältigungen benutzt wird. Dies stellt einen Ausgleich dafür dar, dass der Urheber die Beschränkung seiner Rechte nach § 53 Abs. 1 und 2 UrhG bzw. nach §§ 60a bis 60f UrhG in gewissem Umfang hinzunehmen hat und ihm hinsichtlich der privilegierten Vervielfältigungen individualvertragliche Lizenzeinnahmen entgehen. Die Höhe der Vergütung richtet sich nach § 54a UrhG und bestimmt sich danach, in welchem Maß die in § 54 Abs. 1 UrhG bezeichneten Geräte und Speichermedien als Typen für privilegierte Vervielfältigungen genutzt werden. Neben dem Hersteller haften Händler und Importeure der Geräte oder Speichermedien gesamtschuldnerisch für die Vergütung nach Maßgabe des § 54b UrhG. Für den Fall, dass keine Vereinbarung über die Vergütungssätze durch Abschluss eines Gesamtvertrags getroffen ist und somit grundsätzlich eine Verpflichtung zur Aufstellung eines Tarifs besteht, ordnet § 40 VGG an, dass der Tarif auf der Grundlage einer empirischen Untersuchung aus einem Verfahren gemäß § 93 VGG zu bilden ist.
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Die Antragstellerin ist ein Zusammenschluss von neun deutschen Verwertungsgesellschaften in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Als solche ist sie eine abhängige Verwertungseinrichtung im Sinne des § 3 Abs. 1 VGG. Die in ihr zusammengeschlossenen Verwertungsgesellschaften haben die ihnen zur Wahrnehmung übertragenen Vergütungsansprüche für Vervielfältigungen von Audiowerken und audiovisuellen Werken unter Abtretung an die Antragstellerin in die Gesellschaft eingebracht. Zu ihrem Gesellschaftszweck gehört es, die Vergütungs-, Melde- und Auskunftspflichten, die gemäß §§ 54, 54b, 54e, 54f UrhG den Herstellern, Importeuren und Händlern von Geräten und Speichermedien für die Möglichkeit der Vervielfältigung von Audiowerken und audiovisuellen Werken zum privaten oder sonstigen eigenen Gebrauch obliegt, gemäß § 54h Abs. 1 VGG geltend zu machen. Soweit sie danach die Tätigkeiten einer Verwertungsgesellschaft ausübt, gelten die Bestimmungen des Verwertungsgesellschaftengesetzes entsprechend, § 3 Abs. 2 VGG.
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Die Antragstellerin ist der Ansicht, aufgrund der Nutzung von Clouds für erlaubte Vervielfältigungen urheberrechtlich geschützter Werke und Leistungen bestünden von ihr wahrzunehmende Vergütungsansprüche nach dem Urheberrechtsgesetz. Für die beabsichtigte Aufstellung eines Tarifs für Clouds benötige sie belastbare, im gesetzlich dafür vorgesehenen Verfahren gewonnene Daten über den Umfang der Nutzung von Clouds zur erlaubten Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Werke durch Cloud-Kunden in der Bundesrepublik Deutschland.
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Am 27. September 2022 beantragte sie bei der Schiedsstelle nach dem Verwertungsgesellschaftengesetz beim Deutschen Patent- und Markenamt die Durchführung einer empirischen Untersuchung zur Ermittlung der nach § 54a Abs. 1 UrhG maßgeblichen Nutzung von Clouds.
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Eine Cloud im Sinne des Antrags sei das von einem Cloud-Anbieter einem Cloud-Kunden in der Bundesrepublik Deutschland auf schuldrechtlicher Basis im Wege des CloudComputings zur Nutzung überlassene Produkt-/Leistungspaket mit digitalem Online-Speicherplatz. Sie mache urheberrechtliche Auskunfts- und Vergütungsansprüche nach §§ 54 ff. UrhG gegen Cloud-Anbieter für den Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis 31. Dezember 2021 wegen der Überlassung von Clouds im Wege des Cloud-Computings an Cloud-Kunden in der Bundesrepublik Deutschland geltend und beabsichtige die Aufstellung eines Tarifs für Clouds. Das Verfahren nach § 93 VGG sei Voraussetzung für die Tarifaufstellung. Bislang bestehe kein Gesamtvertrag für Clouds; Vervielfältigungen mithilfe von Clouds würden bisher nicht vergütet. Die technische Entwicklung habe zu einer Erweiterung der Kopiermöglichkeiten geführt. Digitale Privatkopien würden nicht nur lokal auf einem oder zwei Geräten, sondern auch in der privaten Cloud gespeichert. Diese sei zumindest auch Speichermedium i. S. d. § 54 Abs. 1 UrhG, denn dem Cloud-Kunden werde stets digitaler Online-Speicherplatz überlassen und der Server, auf dem der Anbieter von Cloud-Computing-Dienstleistungen einem Nutzer Speicherplatz zur Verfügung stelle, sei ein „beliebiger Träger“ im Sinne des Art. 5 Abs. 2 der RL 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, zuletzt geändert durch Richtlinie (EU) 2019/790 des Europäischen Parlaments und des Rates (künftig: RL 2001/29/EG).
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Vergütungspflichtig seien die Cloud-Anbieter. Angeregt werde eine Screeningbefragung und im Anschluss daran eine Hauptbefragung zu bestimmten Fragestellungen durch ein von der Schiedsstelle zu beauftragendes Unternehmen.
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Dem Hinweis der Schiedsstelle vom 24. November 2022, dass nach vorläufiger Auffassung der Antrag auf Durchführung einer empirischen Untersuchung nicht statthaft sei, weil für die im Antrag beschriebene Dienstleistung der Cloud-Anbieter bereits keine Vergütungspflicht nach § 54 Abs. 1 UrhG bestehe und daher kein Raum für Ermittlungen zur Vergütungshöhe sei, widersprach die Antragstellerin mit Schriftsätzen vom 2. Januar 2023 und 24. Februar 2023. Sie vertrat die Ansicht, dass die beantragte Studie unabhängig von der Person des Vergütungspflichtigen erforderlich sei, um eine Tarifaufstellung und eine tarifbasierte Einpreisung durch die vergütungspflichtigen Unternehmen sowie eine tarifbasierte Anspruchsdurchsetzung zu ermöglichen. Vervielfältigungen in und aus Clouds seien zu vergüten. Gegebenenfalls könne die Befragung umformuliert und ergänzt werden, so dass alle potentiell Vergütungspflichtigen erfasst würden. Unabhängig davon seien auch Cloud-Anbieter vergütungspflichtig. CloudAnbieter würden zumindest die einzelnen Hard- und Software-Komponenten der Cloud kombinieren, implementieren und konfigurieren. Mithin produzierten sie das Produkt/Leistungspaket mit digitalem Online-Speicherplatz, wie es unter ihrer jeweiligen Marke in der Bundesrepublik Deutschland in den Verkehr gebracht werde, und seien somit als Hersteller und gegebenenfalls Importeure oder Händler der Clouds anzusehen.
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Die Schiedsstelle hielt mit Hinweis vom 2. Mai 2023 daran fest, dass aus ihrer Sicht kein tauglicher Untersuchungsgegenstand vorliege. Untersuchungsgegenstand könne – bei entsprechendem Antrag – die Nutzung etwaiger funktional mit der Cloud zusammenwirkender Geräte sein. Die Nutzung dieser noch näher zu bezeichnenden Geräte zu Vervielfältigungen nach § 53 Abs. 1 (und 2) oder §§ 60a bis 60f UrhG müsse dann allerdings umfassend untersucht werden. Die Untersuchung könne nicht auf die Nutzung zur Vervielfältigung speziell in Clouds beschränkt werden.
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Die Antragstellerin erläuterte mit Schriftsatz vom 13. Mai 2023 ihre gegenteilige Ansicht, wonach die Cloud im Sinne des gestellten Antrags mit ihrem digitalen Speicherplatz immer auch ein Gerät und/oder vergütungspflichtiges Speichermedium im Sinne des § 54 Abs. 1 UrhG bzw. ein beliebiger Träger im Sinne des Art. 5 Abs. 2 der RL 2001/29/EG sei. Dem von der Schiedsstelle skizzierten Untersuchungsansatz widersetzte sie sich mit der Begründung, dass Vervielfältigungen ohne Cloud-Beteiligung bereits mit dem überwiegenden Teil des jeweiligen Marktes gesamtvertraglich geregelt seien; insoweit komme es auf eine empirische Untersuchung nicht mehr an. In tatsächlicher Hinsicht sprächen gegen die Ermittlung „nicht relevanter Nutzungen“ die wahrscheinlich horrenden Kosten einer solchen Studie, mit der auch sämtliche Vervielfältigungen ohne Beteiligung von Clouds ermittelt würden, und die für eine solche Studie erforderliche Zeit.
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Nach mündlicher Erörterung am 15. Juni 2023 beantragte die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 28. Juli 2023 eine Sachverhaltsaufklärung durch die Schiedsstelle gemäß §§ 113, 104 VGG vor einer Entscheidung über den Antrag auf Durchführung einer empirischen Untersuchung. Da weder bei der Schiedsstelle noch bei der Antragstellerin gesicherte Kenntnis von den technischen Gegebenheiten und tatsächlichen Abläufen bei den Cloud-Anbietern sowie von deren verschiedenen Angebotsstrukturen und unterschiedlichen Cloud-Modellen vorhanden seien, seien zunächst diese aufzuklären, um zu vermeiden, dass eine Entscheidung auf der Basis von unzutreffenden Vermutungen ergehe. Im Übrigen hielt die Antragstellerin an ihrer Auffassung fest. Zudem führte sie vorsorglich zu Gesichtspunkten aus, die gegen eine umfassende Untersuchung zur Nutzung der mit Clouds funktional zusammenwirkenden Geräten sprächen. Sie machte unter anderem geltend, dass eine solche Studie einerseits „viel zu weit“ wäre, weil sie auch Nutzungen umfassen würde, die gesamtvertraglich geregelt seien und nicht in Verbindung mit Clouds erfolgten, andererseits aber zu eng wäre, weil Vervielfältigungen „nur mit Clouds und ohne funktionell zusammenwirkende Geräte“ (von Cloud zu Cloud, innerhalb einer Cloud) nicht erfasst wären.
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Mit Beschluss vom 24. Oktober 2023 wies die Schiedsstelle mit umfangreicher Begründung darauf hin, dass sie den Antrag auf Durchführung einer selbständigen empirischen Untersuchung weiterhin als nicht statthaft ansehe und allenfalls eine – umfassende – empirische Untersuchung zur Nutzung der Geräte, mit denen CloudVervielfältigungen erstellt bzw. bewirkt werden, durchzuführen wäre.
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Die Antragstellerin betonte mit Schriftsatz vom 30. November 2023 ihre Sicht. Sie führte erneut aus, dass Clouds im Sinne der von ihr vorgegebenen Definition vergütungspflichtige Produkte im Sinne von §§ 54 ff. UrhG seien. Zur Prüfung dieser Rechtsfrage sei die Schiedsstelle bereits nicht befugt. Deren gegenteilige Ansicht sei zudem unzutreffend. Jedenfalls sei unabhängig von der Frage, welche Produktkategorien letztlich vergütungspflichtig seien, zu untersuchen, in welchem Umfang Cloud-Kopien erstellt würden. Die hierzu formulierten Fragen stellten lediglich Vorschläge dar, die von der Schiedsstelle übernommen oder auch abgeändert und ergänzt werden könnten. Sie ließen sich beispielsweise umfassend im Hinblick auf alle potentiell Vergütungspflichtigen formulieren und ergänzen, so dass z. B. auch die Nutzung etwaiger funktional mit der Cloud zusammenwirkender Geräte und Speichermedien detailliert abgefragt werde.
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Hilfsweise beantragte die Antragstellerin die Durchführung einer empirischen Untersuchung zur Ermittlung der nach § 54a Abs. 1 UrhG maßgeblichen Nutzung von PCs, Tablets, Mobiltelefonen, Smartwatches und Cloud-Servern zur Vornahme von „Cloud-Kopien“, d. h. von Vervielfältigungen zum eigenen Gebrauch gemäß §§ 53 Abs. 1 oder Abs. 2 oder §§ 60a bis 60f UrhG mit einem „Cloud-Speicher“ (dem digitalen OnlineSpeicherplatz, auf den der Cloud-Nutzer über das Internet zugreifen kann) als Quelle und/oder einem Cloud-Speicher als Ziel solcher Vervielfältigungen.
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Da bislang keine Studie nach § 93 VGG zu Cloud-Kopien existiere, bestehe ein rechtliches Interesse an der Ermittlung des Maßes der relevanten Nutzungen und ein Anspruch auf Durchführung dieser Ermittlungen; dies gelte selbst dann, wenn CloudKopien bereits vergütet würden, insbesondere auch bei bestehenden Gesamtverträgen.
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Mit Beschluss vom 27. März 2024 hat die Schiedsstelle die Anträge zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt:
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Empirische Untersuchungen nach § 93 VGG seien solche, die der Ermittlung der nach § 54a Abs. 1 UrhG maßgeblichen Nutzung dienten, somit Untersuchungen, mit denen das Maß der Nutzung von Geräten oder Speichermedien im Sinne des § 54 UrhG für Vervielfältigungen nach § 53 Abs. 1 oder 2, §§ 60a bis 60f UrhG ermittelt werden solle. Der Hauptantrag ziele jedoch nicht auf eine Untersuchung zum Umfang der Nutzung von Geräten oder Speichermedien, die der Cloud-Anbieter (neben anderen IT-Ressourcen) zur Verfügung stelle, insgesamt. Untersucht werden solle vielmehr, in welchem Umfang Cloud-Kunden von der Möglichkeit Gebrauch machen, auf und von dem ihnen überlassenen Speicherplatz privilegierte Vervielfältigungen durchzuführen. Die den Cloud-Kunden vermittelte Möglichkeit, die von den Cloud-Anbietern bereitgehaltenen ITRessourcen zu nutzen, sei von § 54a UrhG aber nicht erfasst. Eine Cloud im Sinne des Antrags sei weder ein Gerät noch ein Speichermedium im Sinne des § 54a Abs. 1 UrhG.
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Unter Geräten und Speichermedien im Sinne dieser Norm seien nur körperliche Gegenstände zu verstehen. Die Anbieter von Clouds seien als solche weder Hersteller (§ 54 Abs. 1, § 54a Abs. 4 UrhG) noch Importeure oder Händler (§ 54b UrhG) eines Speichermediums. Die Vergütung für privilegierte Vervielfältigungen in Clouds erfolge nach nationalem Recht unter Anknüpfung an die Endgeräte, die für die Erteilung der Befehle zur Vervielfältigung geschützter Werke innerhalb einer Cloud oder von einer Cloud in eine andere erforderlich seien. Eine unionsrechtswidrige Schutzlücke bestehe nicht. Die Antragstellerin habe die tatsächliche Vermutung dafür, dass die von ihr für sämtliche in Betracht kommende Endgeräte gesamtvertraglich vereinbarten Vergütungssätze auch gegenwärtig noch der angemessenen Vergütung nach § 54a UrhG entsprächen, nicht widerlegt. Die Durchführung der hier begehrten empirischen Untersuchung dürfe deshalb trotz der Regelung in § 113 Satz 1 Halbsatz 2 VGG, die ein Recht der Schiedsstelle zur Ablehnung von empirischen Untersuchungen nach § 93 VGG ausschließe, abgelehnt werden. Jedenfalls sei die Schiedsstelle nur zur Erhebung erforderlicher Beweise verpflichtet. Da der Antrag nicht auf eine empirische Ermittlung der Nutzung von Geräten oder Speichermedien im Sinne der genannten Normen abziele, stellten sich keine beweisbedürftigen Fragen, die Anlass für eine Beweiserhebung geben würden. Die von der Antragstellerin beabsichtigte Tarifaufstellung betreffe nicht die Vergütung für Geräte und Speichermedien im Sinne des § 40 VGG.
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Auch der Hilfsantrag sei nicht statthaft. Danach solle nicht die Nutzung der bezeichneten Geräte (PCs, Tablets, Mobiltelefone, Smartwatches) zur privilegierten Vervielfältigung insgesamt, sondern lediglich deren Nutzung zur Vornahme von privilegierten CloudKopien untersucht werden. Untersuchungsgegenstand könne aber nur die Frage sein, in welchem Maß bestimmte Gerätetypen tatsächlich für privilegierte Vervielfältigungen genutzt werden. Auf der Grundlage einer Studie, die nur einen Teil der maßgeblichen Gerätenutzung abbilde, könne kein Tarif für die betreffenden Geräte aufgestellt werden. Eine solche Studie könne auch nicht zur Bestimmung der für den untersuchten Gerätetypus angemessenen Vergütung beitragen. Soweit der Hilfsantrag auf die empirische Ermittlung der Nutzung von Cloud-Servern zu privilegierten Vervielfältigungen gerichtet sei, beziehe er sich nicht auf einen eigenständigen Gerätetypus, da sich CloudServer nur durch ihren Zweck, nicht aber in objektiver technischer Hinsicht von sonstigen Servern unterschieden.
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Zur Prüfung und Beantwortung der durch den Antrag aufgeworfenen Rechtsfragen sei die Schiedsstelle befugt und verpflichtet.
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Gegen die ihr am 3. April 2024 zugegangene Entscheidung wendet sich die Antragstellerin mit ihrem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 3. Mai 2024, der am selben Tag beim Bayerischen Obersten Landesgericht eingegangen ist.
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Sie ist der Ansicht, einen Anspruch auf die Durchführung der selbständigen empirischen Untersuchung zur Ermittlung der Nutzung von Clouds als Typen und ebenso der hilfsweise beantragten Untersuchung der Geräte- oder Speichermediennutzung zur Vornahme von Cloud-Kopien zu haben. Die Bezifferung und Durchsetzung der von ihr wahrzunehmenden Ansprüche der Urheber und Leistungsschutzberechtigten auf Vergütung für Cloud-Kopien auf der Basis eines Tarifs für Clouds und/oder Cloud-Server oder im Wege eines Aufschlags für Cloud-Kopien auf die Vergütungssätze für PCs, Tablets, Mobiltelefone und Smartwatches setze die Ermittlung empirischer Daten voraus. Mit den bestehenden Gesamtverträgen sei die Vergütung für Cloud-Kopien, also Vervielfältigungen mit einem Cloud-Speicher als Quelle und/oder einem Cloud-Speicher als Ziel, nicht abgegolten. Da die Nutzervereinigungen die Rechtslage abweichend beurteilten, werde eine Änderung der gesamtvertraglichen Einigung in absehbarer Zeit nicht zustande kommen. Deshalb müsse es ihr, der Antragstellerin, möglich sein, den maßgeblichen Sachverhalt ohne Beteiligung der Nutzervereinigungen zu ermitteln und einseitig einen Tarif aufzustellen. Die Schiedsstelle sei nicht befugt, dies zu vereiteln, indem sie die streitigen Rechtsfragen im Verfahren nach § 93 VGG entscheide und auf dieser Basis die Durchführung der erforderlichen Untersuchung verweigere. Die gegenteilige Ansicht der Schiedsstelle stehe im Widerspruch zum Charakter des Verfahrens, das dem selbständigen Beweisverfahren nachgebildet sei. Rechtsfragen seien in diesem Verfahren nicht Prüfungsgegenstand. Vielmehr werde die Vergütungspflicht erst nachrangig zur Tarifaufstellung und in einer anderen Verfahrensart geklärt, etwa in Verfahren nach § 92 Abs. 1 Nr. 3 oder 3 VGG oder unter den Voraussetzungen des § 128 VGG im gerichtlichen Verfahren. Im Übrigen habe die Schiedsstelle die maßgeblichen Rechtsfragen unzutreffend beantwortet. Insbesondere unterfielen Clouds, also nur über das Internet zugängliche Online-Speicherplätze, dem in den §§ 54 ff. UrhG verwendeten Begriff „Geräte und Speichermedien“, auch wenn sie dem jeweiligen Nutzer nicht als körperlicher Gegenstand überlassen würden. Clouds substituierten zunehmend andere Speichermedien. Die Vergütung allein über die bei der Nutzung von Clouds benötigten Endgeräte gewährleiste nicht den unionsrechtlich gebotenen gerechten Ausgleich für Vervielfältigungen mit und in Clouds. Nötigenfalls sei das nationale Recht richtlinienkonform auszulegen oder fortzubilden, um es an die geänderten Gegebenheiten anzupassen. Aus der ablehnenden Sicht der Schiedsstelle resultiere eine wettbewerbswidrige Ungleichbehandlung der verschiedenen Kategorien von Wirtschaftsteilnehmern, die gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoße. Cloud-Anbieter würden hinsichtlich der Vergütungspflicht für erlaubte Vervielfältigungen zu Lasten der die Endgeräte vertreibenden Unternehmen anders behandelt. Unabhängig davon seien die Cloud-Infrastruktur als Sachgesamtheit und die diese (neben Software und anderen „IT-Gegenständen“) konstituierenden Cloud-Server unter Zugrundelegung eines funktionalen, technologieneutralen Ansatzes körperliche Gegenstände. Nichts anderes könne für die Cloud mit dem ihr inhärenten, über das Internet zugänglichen Datenträger, dem „Online-Speicher“, gelten.
23
Außerdem habe die Schiedsstelle die Antragstellerin dadurch in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, dass sie alle Beweisanträge und die Anträge auf Sachaufklärung übergangen habe. Weil die Schiedsstelle vor Erlass der Entscheidung nicht auf ihre Ansichten zum Umfang des Untersuchungsgegenstands in Bezug auf die zu erfassenden Vervielfältigungskategorien und zu „Servern“ als einheitlichem Gerätetyp hingewiesen habe, sei die Entscheidung zum Hilfsantrag überraschend. Im Falle eines Hinweises hätte sie, die Antragstellerin, dargelegt, dass Cloud-Server unabhängig von ihrer technischen Ausgestaltung eindeutig von sonstigen Servern unterscheidbar seien, wie schon die entsprechende Terminologie der Marktbeteiligten und in Rechtsprechung sowie Literatur zeige.
24
Die Antragstellerin beantragt, den Beschluss der Schiedsstelle vom 27. März 2024, Sch-Urh 11/22, aufzuheben und auszusprechen, dass die Schiedsstelle verpflichtet ist, gemäß den (Hilfs-) Anträgen vom 27. September 2022 und – hilfsweise – vom 30. November 2023 im Verfahren Sch-Urh 11/22 eine empirische Untersuchung gemäß § 93 VGG zur Ermittlung der Nutzung im Sinne des § 54a UrhG von Clouds (hilfsweise: von PCs, Tablets, Mobiltelefonen, Smartwatches und Cloud-Servern zur Vornahme von „Cloud-Kopien“, d. h. Vervielfältigungen zum eigenen Gebrauch gemäß § 53 Abs. 1 oder 2 UrhG oder §§ 60a bis 60f UrhG mit einem „CloudSpeicher“ [d. h. der digitale Online-Speicherplatz, auf den der Cloud-Nutzer über das Internet zugreifen kann] als Quelle und/oder einem Cloud-Speicher als Ziel solcher Vervielfältigungen) durchzuführen.
25
Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag der Antragstellerin zurückzuweisen.
26
Sie verteidigt die ergangene Entscheidung. Zu Unrecht spreche die Antragstellerin ihr, der Schiedsstelle, eine Prüfungskompetenz in Bezug auf Rechtsfragen ab. Der Hauptantrag sei zu Recht abgelehnt worden, weil der Gesetzgeber nur Geräte und Speichermedien einer Vergütungspflicht unterworfen habe, nicht aber die bloße Einräumung einer Vervielfältigungsmöglichkeit, die nur in der speziellen Konstellation des § 54c UrhG vergütungspflichtig sei. Der Hilfsantrag sei ohne Verstoß gegen das Gebot rechtlichen Gehörs abgelehnt worden. Aufgrund des am 2. Mai 2023 erteilten Hinweises habe die Antragstellerin mit einer Zurückweisung ihres Hilfsantrags rechnen müssen. Aus den bereits dort dargelegten Gründen sei der Hilfsantrag auch in der Sache zu Recht abgelehnt worden.
27
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen Bezug genommen.
28
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.
29
I. Der Antrag ist zulässig.
30
1. Er ist als Verpflichtungsantrag in der Form des Versagungsgegenantrags statthaft.
31
Gegen die ablehnende Entscheidung der Schiedsstelle kann Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß §§ 23 ff. EGGVG gestellt werden, denn die nach dem Verwertungsgesellschaftengesetz eingerichtete Schiedsstelle trifft Entscheidungen, die in Bezug auf das Urheberrecht ergehen, auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts und als Justizverwaltungsorgan (im Einzelnen: BayObLG, Beschluss vom 22. November 2021, 102 VA 119/21, juris Rn. 35 bis 39; dazu: Leister, GRUR-Prax 2022, 148).
32
Mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 Abs. 1 EGGVG kann ein Verpflichtungsantrag nach § 23 Abs. 2 EGGVG verbunden werden, wenn – wie es vorliegend der Fall ist – mit dem angefochtenen Justizverwaltungsakt ein konkret begehrtes Justizverwaltungshandeln abgelehnt worden ist (vgl. Pabst in Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2022, EGGVG § 23 Rn. 14; Mayer in Kissel/Mayer, GVG, 10. Aufl. 2021, EGGVG § 23 Rn. 48; Diehm in Kern/Diehm, ZPO, 2. Aufl. 2020, § 23 GVGEG Rn. 5).
33
2. Die Antragstellerin ist antragsbefugt, denn sie macht geltend, durch die ablehnende Entscheidung in eigenen Rechten verletzt zu sein.
34
Hierfür genügt es, wenn nach der Antragsbegründung ein Rechtsanspruch auf die begehrte Behördentätigkeit möglich ist (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Februar 2016, IV AR [VZ] 8/15, NJW-RR 2016, 445 Rn. 8; BayObLG, Beschluss vom 24. Februar 2021, 101 VA 151/20, juris Rn. 34; Beschluss vom 18. November 2020, 101 VA 124/20, juris Rn. 21 m. w. N.). Das ist vorliegend der Fall, denn die Antragstellerin macht geltend, aufgrund der gesetzlichen Regelungen in §§ 93, 113 Satz 1 VGG einen subjektiven Anspruch auf Durchführung der begehrten empirischen Untersuchung zu haben. Ob ein solcher Anspruch tatsächlich besteht, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit.
35
3. Der Antragsschriftsatz ist form- und fristgemäß (§ 26 Abs. 1 EGGVG) bei dem nach § 25 Abs. 2 EGGVG i. V. m. Art. 12 Nr. 3 AGGVG zuständigen Bayerischen Obersten Landesgericht eingegangen.
36
II. In der Sache ist der Rechtsbehelf nicht begründet. Eine Verpflichtung der Schiedsstelle zur Durchführung einer selbständigen empirischen Untersuchung auf Antrag einer Verwertungsgesellschaft besteht nur, wenn die Untersuchung – wie in § 93 VGG vorausgesetzt – auf die Ermittlung einer nach § 54a Abs. 1 UrhG maßgeblichen Nutzung zielt (dazu unter 1.). Ist das nicht der Fall, steht § 113 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VGG einer Entscheidung der Schiedsstelle dahingehend, die erbetene Untersuchung nicht durchzuführen, nicht entgegen (dazu unter 2.). Die vorliegend begehrte Untersuchung ist nicht dazu geeignet, die nach § 54a Abs. 1 UrhG maßgebliche Nutzung zu ermitteln (dazu unter 3.). Dasselbe gilt hinsichtlich des Hilfsantrags; die von der Antragstellerin insoweit gerügte Verletzung von Verfahrensrechten liegt nicht vor (dazu unter 4.).
37
1. Das bei der Schiedsstelle angesiedelte Verfahren nach § 93 VGG ist darauf gerichtet, die für die Aufstellung eines Tarifs erforderlichen Daten empirisch zu ermitteln.
38
Unter den in §§ 54, 54b UrhG genannten Voraussetzungen haben Urheber geschützter Werke gegen die Hersteller, Importeure und Händler bestimmter Geräte und Speichermedien einen Anspruch auf gerechten Ausgleich dafür, dass sie die Vervielfältigung ihres Werks zum gesetzlich privilegierten Gebrauch hinzunehmen haben. Die Vergütung besteht kraft Gesetzes in der durch § 54a Abs. 1 Satz 1 UrhG beschriebenen Höhe. Danach richtet sich die Vergütungshöhe nach dem Maß, in dem die Geräte und Speichermedien als Typen tatsächlich für Vervielfältigungen nach § 53 Abs. 1 oder 2, §§ 60a bis 60f UrhG genutzt werden. Diese nach dem Urheberrechtsgesetz bestehende Rechtslage wird in § 40 Abs. 1 Satz 1 VGG deklaratorisch wiedergegeben. Die tatsächliche Nutzung zur privilegierten Vervielfältigung ist von den Verwertungsgesellschaften durch entsprechende empirische Untersuchungen nachzuweisen, denn gemäß § 40 Abs. 1 Satz 2 VGG gehört zu ihren Aufgaben, „hierfür“ Tarife auf Grundlage einer empirischen Untersuchung aus einem Verfahren gemäß § 93 VGG aufzustellen. Bei den auf empirischen Untersuchungen beruhenden Tarifen handelt es sich um einseitige Angebote der Verwertungsgesellschaften an Nutzervereinigungen bzw. deren Mitglieder zum Abschluss eines Lizenzvertrags (BGH, Urt. v. 16. März 2017, I ZR 106/15, juris Rn. 16).
39
Gemäß § 93 VGG können Verwertungsgesellschaften die Schiedsstelle anrufen, um eine selbständige empirische Untersuchung zur Ermittlung der nach § 54a Abs. 1 UrhG maßgeblichen Nutzung durchführen zu lassen. Für die Durchführung der Untersuchung gilt § 104 VGG, wonach die Schiedsstelle ohne Bindung an Beweisanträge die erforderlichen Beweise in geeigneter Form erhebt und den Beteiligten (§§ 112, 116 VGG) Gelegenheit zur Äußerung zu den Ermittlungs- und Beweisergebnissen zu geben hat. Nach § 113 Satz 1 Halbsatz 2 VGG „kann“ die Schiedsstelle die Durchführung der empirischen Untersuchung nicht ablehnen.
40
Das mit dem Verwertungsgesellschaftengesetz zum 1. Juni 2016 neu eingeführte Verfahren zur Durchführung einer selbständigen empirischen Untersuchung soll nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers einen wesentlichen Beitrag zur effizienteren Ausgestaltung des Tarifverfahrens für die Privatkopievergütung leisten (vgl. BT-Drs. 18/8268 S. 10; BT-Drs. 18/7223 S. 103). Aufgrund der Neuerung entfällt die bis dahin geltende Verpflichtung zur Durchführung von Gesamtvertragsverhandlungen vor Aufstellung von Tarifen (vgl. § 13a Abs. 1 Sätze 2 und 3 UrhWahrnG in der bis zum 31. Mai 2016 geltenden Fassung). Nach dem Wortlaut der Regelung in § 93 VGG bildet die empirische Untersuchung die Grundlage zur Bewertung der relevanten Nutzung nach § 54a UrhG. Zweck des Verfahrens ist es, durch neutrale Untersuchungen der Schiedsstelle zu der Frage, ob und wenn ja in welcher Höhe den Urhebern oder sonstigen Leistungsschutzberechtigten ein Schaden durch die Nutzung von Geräten und Speichermedien für Privatkopien verursacht wird, die Grundlagen zur Aufstellung eines Tarifs für die Höhe der Geräte- und Speichermedienvergütung (§ 54a UrhG) zu beschaffen, § 40 Abs. 1 VGG (vgl. Freudenberg in BeckOK Urheberrecht, 42. Ed. Stand: 1. Mai 2024, VGG § 93 Rn. 4). Dementsprechend ist die Schiedsstelle gemäß § 114 Abs. 1 Satz 1 VGG verpflichtet, das Ergebnis der empirischen Untersuchung darauf zu überprüfen, ob es den Anforderungen entspricht, die im Hinblick auf die Aufstellung eines Tarifs gemäß § 40 VGG zu stellen sind. Diese Prüfung bezieht sich mithin auf die Frage, ob die notwendigen Informationen für die Bestimmung der Höhe der Geräte- und Speichermedienvergütung nach § 54a UrhG vorliegen (Staats in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 6. Aufl. 2022, VGG § 114 Rn. 2; BT-Drs. 18/7223 S. 103). Ist das nicht der Fall, hat sie die Ergänzung oder Änderung der Untersuchung zu veranlassen, § 114 Abs. 1 Satz 2 VGG (Freudenberg in BeckOK Urheberrecht, VGG, § 93 Rn. 5). Gemäß § 114 Abs. 2 VGG ist das finale Ergebnis zu veröffentlichen, um sicherzustellen, dass über den Kreis der Verfahrensbeteiligten hinaus auch sonstige Betroffene Kenntnis von den Untersuchungsergebnissen erhalten können (Freudenberg in BeckOK Urheberrecht, VGG § 93 Rn. 8).
41
Aus dieser systematischen Einordnung des Verfahrens zur Durchführung einer selbständigen empirischen Untersuchung und aus dem Gesetzeswortlaut des § 93 VGG ergibt sich dessen Anwendungsbereich. Die Verwertungsgesellschaften sind befugt, „zur Ermittlung der nach § 54a Abs. 1 UrhG maßgeblichen Nutzung“ die Schiedsstelle um eine selbständige empirische Untersuchung zu ersuchen. Dieser Rahmen begrenzt den Anspruch der Verwertungsgesellschaften auf Durchführung einer empirischen Untersuchung, der mit einer entsprechenden Verpflichtung der Schiedsstelle korrespondiert. Scheidet wegen des Untersuchungsgegenstands, auf den der an die Schiedsstelle gerichtete Antrag abzielt, eine Tarifaufstellung hingegen aus, ist der Antrag nicht auf „eine empirische Untersuchung zur Ermittlung der nach § 54a Abs. 1 UrhG maßgeblichen Nutzung“ gerichtet. Die Maßgabe des § 113 Satz 1 VGG, wonach die Schiedsstelle die Durchführung der Untersuchung nicht ablehnen könne, betrifft nur empirische Untersuchungen gemäß § 93 VGG, nicht aber Untersuchungsanträge, die außerhalb des durch die gesetzliche Regelung gesteckten Rahmens liegen. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Schiedsstelle im selbständigen Verfahren nach § 93 VGG keinen Einigungsvorschlag nach § 105 VGG unterbreitet, § 114 Abs. 2 Satz 2 VGG.
42
Dieses Verständnis steht im Einklang mit der Vorstellung des Gesetzgebers. Dieser ging bei Erlass des Zweiten Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft vom 26. Oktober 2007 davon aus, dass mit der Reform der Vergütungsregelung durch Neufassung des § 54 UrhG mögliche Konflikte auf die nicht vermeidbare Auseinandersetzung über die Vergütungshöhe reduziert seien, Streitigkeiten über die grundsätzliche Vergütungspflicht der jeweiligen Geräte oder Speichermedien jedoch für die Zukunft beendet seien (BT-Drs. 16/1828 S. 29 [li. Sp.]). Ausgehend von dieser Annahme ist es konsequent, die Schiedsstelle gemäß § 113 Satz 1 Halbsatz 2 VGG zur Durchführung der empirischen Untersuchung zu verpflichten, wie es sodann im Zuge der Umsetzung der RL 2014/26/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für Rechte an Musikwerken für die Online-Nutzung im Binnenmarkt sowie zur Änderung des Verfahrens betreffend die Geräte- und Speichermedienvergütung (VG-Richtlinie-Umsetzungsgesetz) mit dem Verwertungsgesellschaftengesetz geschehen ist. Ist hingegen der Untersuchungsgegenstand mit der – entgegen der Erwartung des Gesetzgebers streitigen – Frage der Vergütungspflicht verknüpft, muss die Schiedsstelle befugt sein, die beantragte, aber zur Aufstellung eines Tarifs von vornherein ungeeignete Untersuchung abzulehnen. Der Anwendungsbereich der §§ 93, 113 Satz 1 VGG ist in diesen Fällen bereits nicht eröffnet.
43
2. Die Schiedsstelle ist befugt zu prüfen, ob der an sie herangetragene Untersuchungsantrag in den durch die gesetzlichen Regelungen gezogenen Grenzen ihres behördlichen Zuständigkeitsbereichs liegt. Soweit im Rahmen dieser Prüfung die Frage zu beantworten ist, wie die maßgeblichen Normen zu verstehen sind, ist sie zur Auslegung unter Beachtung der in der Rechtsprechung entwickelten Vorgaben berechtigt.
44
a) Die Auslegung von Normen durch die Schiedsstelle verstößt entgegen der Meinung der Antragstellerin nicht gegen das Prinzip der Gewaltenteilung.
45
Die in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG normierte Teilung der Gewalten dient als tragendes Organisations- und Funktionsprinzip der gegenseitigen Kontrolle der Staatsorgane und damit der Mäßigung der Staatsherrschaft (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. März 2006, 2 BvR 486/05, BVerfGK 7, 363 [juris Rn. 73]; Beschluss vom 17. Juli 1996, 2 BvF 2/93, BVerfGE 95, 1 [15, juris Rn. 42 f.]).
46
Zu den Aufgaben der Exekutive gehört die Vollziehung von Gesetzen im Einzelfall, Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG („vollziehende Gewalt“). Dabei ist sie – wie die Judikative – nach Art. 20 Abs. 3 Halbsatz 2 GG an Recht und Gesetz gebunden. Wenngleich sich die Bindung der Exekutive an das Gesetz nicht ohne Weiteres auf dessen Auslegung durch Gerichte erstreckt (vgl. Grzeszick in Maunz/Dürig, GG, Stand: Januar 2024, Art. 20, Abschn. VI. Rn. 145; Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 18. Aufl. 2024, Art. 20 Rn. 53; Sachs in Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 20 Rn. 107; jeweils m. w. N.), sind die Entscheidungen der Gerichte beim Gesetzesvollzug als Rechtserkenntnisquelle zu berücksichtigen (vgl. Sommermann in Huber/Voßkuhle, GG, 8. Aufl. 2024, Art. 20 Rn. 286). Darüber hinaus sind nationale Verwaltungsorgane gemäß dem in Art. 4 Abs. 3 EUV verankerten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit an Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union gebunden, wenn sie Unionsrecht anzuwenden haben (vgl. EuGH, Urt. v. 4. Dezember 2018, C-378/17, NZA 2019, 27 Rn. 38 f. – Minister for Justice and Equality und Commissioner ua / Workplace Relations Commission).
47
Demgegenüber ist die gemäß Art. 92 GG den Richtern anvertraute rechtsprechende Gewalt den Gerichten des Bundes und der Länder vorbehalten. Der Begriff der rechtsprechenden Gewalt ist durch die Verfassungsrechtsprechung nicht abschließend geklärt. Er wird maßgeblich von der konkreten sachlichen Tätigkeit her, aber auch nach funktionellen Gesichtspunkten bestimmt. Kennzeichen rechtsprechender Tätigkeit ist typischerweise die letztverbindliche Klärung der Rechtslage in einem Streitfall im Rahmen besonders geregelter Verfahren (ausführlich: BVerfG, Urt. v. 8. Februar 2001, 2 BvF 1/00, BVerfGE 103, 111 [136 f., juris Rn. 97]).
48
Ausgehend von diesen Grundsätzen handelte die Schiedsstelle nicht deshalb ultra vires, weil sie die Rechtsfragen, die sich im Rahmen des Gesetzesvollzugs in Bezug auf das zutreffende Normenverständnis gestellt haben, unter Berücksichtigung auch der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union beantwortet und basierend auf ihrem Gesetzesverständnis den Antrag abgelehnt hat. Damit hat sich die Schiedsstelle keine Rechtsprechungsaufgabe angemaßt, sondern ist auf der Basis ihres Normenverständnisses zu dem Ergebnis gekommen, dass der Anwendungsbereich des § 93 VGG nicht eröffnet sei. Damit hat sie sich – unter Darlegung ihres Gesetzesverständnisses – im Bereich des Gesetzesvollzugs bewegt. Gegenteiliges lässt sich der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 9. Oktober 2018 in der Rechtssache PC mit Festplatte III (KZR 47/15, GRUR 2018, 1277 Rn. 29 f.) nicht entnehmen.
49
b) Die Prüfung, ob der Anwendungsbereich des § 93 VGG eröffnet ist, ist der Schiedsstelle nicht deshalb verwehrt, weil sich in diesem Zusammenhang schwierige Rechtsfragen stellen können und die Beantwortung von Rechtsfragen dem Wesen des Verfahrens als eines Spezialfalls der Beweisaufnahme widerspreche.
50
aa) Bei der Durchführung einer selbständigen empirischen Untersuchung handelt es sich um einen Spezialfall der Beweisaufnahme.
51
Voraussetzung für die Aufstellung eines Tarifs ist die Durchführung einer empirischen Untersuchung zur Ermittlung der maßgeblichen Nutzung von Geräten und Speichermedien. Durch die Einführung des selbständigen Schiedsstellenverfahrens nach § 93 VGG ist die Tarifaufstellung von der Durchführung eines Gesamtvertragsverfahrens entkoppelt worden (BT-Drs. 18/7223 S. 66). Die Trennung von empirischer Untersuchung (§ 93 VGG) und Gesamtvertragsverfahren (§ 92 Abs. 1 Nr. 3 VGG) soll das Verfahren bis zur Aufstellung des Tarifs verkürzen. Die Durchführung der selbständigen empirischen Untersuchung ist der Schiedsstelle aufgrund ihrer Sachkompetenz zugewiesen (BT-Drs. 18/7223 S. 103). Insoweit wird die Schiedsstelle – anders als in Verfahren nach § 92 VGG – nicht als unabhängige, unparteiische Streitbeilegungsstelle (BT-Drs. 18/7223 S. 99), aber dennoch als neutrale Institution tätig, der die Aufgabe obliegt, durch empirische Untersuchung, etwa im Wege der Einholung von Gutachten der Marktforschung, zu ermitteln, in welchem Umfang Geräte und Speichermedien tatsächlich für urheberrechtlich relevante Vervielfältigungen eingesetzt werden (Freudenberg in BeckOK Urheberrecht, VGG § 93 Rn. 1; BT-Drs. 18/7223 S. 64, 86).
52
bb) Der Umstand, dass das Verfahren zur Durchführung einer empirischen Untersuchung als selbständiges Verfahren der Beweiserhebung konzipiert ist, steht einer Befugnis der Schiedsstelle zur Prüfung von Rechtsfragen nicht entgegen.
53
Im Verfahren nach § 93 VGG ist der Schiedsstelle neben der Ermittlung von Tatsachen auch deren rechtliche Einordnung übertragen, wie sich bereits aus der ihr gemäß § 114 Abs. 1 Satz 1 VGG aufgetragenen Überprüfungspflicht ergibt. Danach beschränkt sich die Tätigkeit der Schiedsstelle im Verfahren nach § 93 VGG nicht auf tatsächliche Feststellungen. Vielmehr hat sie die von der beauftragten Organisation vorgelegten Ergebnisse der empirischen Untersuchung auch darauf zu prüfen, ob das Ergebnis den Anforderungen entspricht, die im Hinblick auf die Aufstellung eines Tarifs gemäß § 40 VGG zu stellen sind (vgl. Freudenberg in BeckOK Urheberrecht, VGG § 114 Rn. 3). Dies erfordert jedenfalls auch eine rechtliche Einordnung der tatsächlichen Feststellungen. Bereits der Prüfungsmaßstab, wonach das Ergebnis den Anforderungen zu entsprechen hat, die im Hinblick auf die Aufstellung eines Tarifs gemäß § 40 VGG zu stellen sind, erfordert eine rechtliche Sicht auf die Frage, welche Anforderungen die empirische Untersuchung mit Blick auf ihren Zweck, als Grundlage für eine Tarifaufstellung zu genügen, erfüllen muss.
54
Dem steht nicht entgegen, dass der Schiedsstelle die Durchführung der Verfahren nach § 93 VGG gerade wegen ihrer Sachkunde zur Tatsachenermittlung übertragen ist und demgemäß in den Beweisverfahren nach § 93 VGG ihre besondere Sachkunde für die Tatsachenermittlung nutzbar gemacht wird. Daraus lässt sich nichts in Bezug auf ihre Befugnis zu rechtlichen Wertungen herleiten. In der Rechtsprechung ist seit langem geklärt, dass auch Schiedsgutachtern, deren Tätigkeit regelmäßig darauf beschränkt ist, die zur Streitentscheidung notwendigen tatsächlichen Feststellungen zu treffen, die eigenständige Beurteilung von Rechtsfragen überlassen werden darf. Ihnen wird nicht selten eine rechtliche Einordnung abverlangt, und zwar auch in der Weise, dass ohne Beantwortung einer vorgreiflichen Rechtsfrage die von ihnen zu treffende Tatsachenfeststellung nicht durchgeführt werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 21. Mai 1975, VIII ZR 161/73, WM 1975, 770 [juris Rn. 17]; Urt. v. 17. Mai 1967, VIII ZR 58/66, BGHZ 48, 25 [30 f., juris Rn. 32]).
55
Nicht anders verhält es sich, wenn der Schiedsstelle gemäß § 93 VGG abverlangt wird, eine selbständige empirische Untersuchung „zur Ermittlung der nach § 54a Abs. 1 des Urheberrechtsgesetzes maßgeblichen Nutzung“ durchzuführen. Ohne Beantwortung der vorgreiflichen Rechtsfrage, worin die nach § 54a Abs. 1 UrhG maßgebliche Nutzung besteht, kann eine empirische Untersuchung zur Ermittlung derjenigen Tatsachen, die im konkreten Fall die gesetzliche Umschreibung ausfüllen, nicht konzipiert und durchgeführt werden. Weil nach § 54a Abs. 1 Satz 1 UrhG für die Vergütungshöhe entscheidend ist, in welchem Maß „die Geräte und Speichermedien“ ihrem Typ nach tatsächlich für privilegierte Vervielfältigungen genutzt werden, erstreckt sich die vorgreifliche Vorfrage auch auf das Verständnis der Begriffe „Geräte und Speichermedien als Typen“. Aufgrund der Verweisung in § 93 VGG auf § 54a Abs. 1 UrhG und des Zwecks der Beweiserhebung, Grundlage für eine Tarifaufstellung zu sein, hängt es vom Verständnis dieser Begriffe ab, welche Untersuchungsobjekte zum Gegenstand der empirischen Ermittlungen gemacht werden können.
56
Hinzu kommt, dass gemäß § 124 Abs. 2 Satz 1 VGG die Mitglieder der Schiedsstelle nach dem Verwertungsgesellschaftengesetz die Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz besitzen müssen. Danach liegt bereits der gesetzlichen Konzeption zugrunde, dass jedenfalls rechtliche Vorfragen von der Schiedsstelle im Rahmen der ihr übertragenen Verfahren zu beurteilen sind. Indem sich die Schiedsstelle diesen Vorfragen stellt, überschreitet sie mithin nicht die ihr im Verfahren nach § 93 VGG vom Gesetzgeber übertragene Aufgabe.
57
Dem Umfang der Rechte, die Antragstellern im selbständigen Beweisverfahren nach § 485 Abs. 2 ZPO eingeräumt sind, kommt für das vorliegende Verfahren keine Bedeutung zu. Dort bestimmt der Antragsteller in eigener Verantwortung durch seinen Antrag auf Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens den Gegenstand der Beweisaufnahme und die Beweismittel. Das Gericht ist an die Tatsachenbehauptungen des Antragstellers gebunden, es darf die Beweisbedürftigkeit und die Entscheidungserheblichkeit der behaupteten Tatsachen für den Hauptprozess nicht überprüfen (vgl. BGH, Beschluss vom 4. November 1999, VII ZB 19/99, NJW 2000, 960 [juris Rn. 9]; Herget in Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 485 Rn. 4). Daraus lässt sich für das Schiedsstellenverfahren nach § 93 VGG nichts herleiten. § 93 VGG weist zwar die Antragsbefugnis den Verwertungsgesellschaften zu, die danach die Möglichkeit haben, im Rahmen ihres Antrags den Gegenstand der empirischen Untersuchung festzulegen, indem sie bestimmen, für welche Geräte oder Speichermedien sie die Durchführung einer empirischen Untersuchung beantragen.
58
Allerdings hat das Schiedsstellenverfahren nach der gesetzlichen Konzeption die Funktion, diejenigen tatsächlichen Grundlagen zu beschaffen, die für eine Tarifaufstellung erforderlich sind. Dabei ist die Schiedsstelle nicht strikt an die Anträge der Verwertungsgesellschaft gebunden. Sie ist vielmehr verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass durch Umfang und Art der Beweiserhebung eben die für eine Tarifaufstellung erforderliche Tatsachenbasis untersucht wird. Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zum selbständigen Beweisverfahren nach der Zivilprozessordnung.
59
3. Die Schiedsstelle hat die Durchführung einer selbständigen empirischen Untersuchung zur Ermittlung der nach § 54a Abs. 1 UrhG maßgeblichen Nutzung von Clouds gemäß dem Hauptantrag vom 27. September 2022 auch in der Sache zu Recht abgelehnt. Zutreffend hat sie die rechtlichen Vorfragen dahingehend beantwortet, dass die begehrte Untersuchung nicht dazu geeignet ist, die nach § 54a Abs. 1 UrhG maßgebliche Nutzung zu ermitteln. Die beantragte empirische Untersuchung über „die Nutzung im Sinne des § 54a UrhG von Clouds“ wäre als Grundlage für die Aufstellung eines Tarifs geeignet, wenn Clouds als Geräte oder Speichermedien im Sinne des § 54 Abs. 1 UrhG und Cloud-Betreiber, die ihre Cloud-Dienste in Deutschland wohnhaften Kunden anbieten, nach den Bestimmungen des (deutschen) Urheberrechtsgesetzes als Hersteller, Importeur oder Händler der „Cloud“ anzusehen wären. Denn bestünde dem Grunde nach eine Vergütungspflicht der Cloud-Anbieter für das Bereitstellen von Cloud-Speicherplatz, würde die beantragte empirische Untersuchung über die Nutzung von Clouds das für die Höhe der Vergütung ausschlaggebende Maß der Nutzung des Speicherplatzes für gesetzlich erlaubte Vervielfältigungen liefern. Eine Vergütungspflicht der Cloud-Anbieter besteht jedoch bereits dem Grunde nach de lege lata nicht. Somit ist eine empirische Untersuchung, welche die Höhe der Vergütung durch Feststellungen zum Maß der Nutzung von Clouds als eigenständigem „Produkt “ beträfe, nicht durchzuführen.
60
a) Allerdings ist streitig und bislang nicht höchstrichterlich geklärt, wie Cloud-Betreiber im deutschen Vergütungssystem zu behandeln sind (vgl. Wiebe in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 4. Aufl. 2019, UrhG § 54 Rn. 13 m. w. N.).
61
aa) Kein Zweifel besteht in Bezug auf die Unionsrechtskonformität des deutschen Vergütungssystems als solches (vgl. BGH, Urt. v. 27. Juni 2024, I ZR 14/21, GRUR 2024, 1105 Rn. 39 ff. – Internet-Radiorecorder II; Urt. v. 10. November 2022, I ZR 10/22, GRUR 2023, 479 Rn. 25 – rakuten.de). §§ 54 ff. UrhG treffen Ausgleichsregelungen für die im nationalen Recht vorgenommene und nach Art. 5 Abs. 2 Buchst. b) der RL 2001/29/EG zulässige Beschränkung des Ausschließlichkeitsrechts des Urhebers, die darin besteht, dass Vervielfältigungshandlungen zu privaten Zwecken bzw. zum eigenen Gebrauch in bestimmten Grenzen zustimmungsfrei erlaubt sind (sogenannte Privatkopieschranke). Die RL 2001/29/EG gewährt den Mitgliedstaaten einen großen Spielraum bei der Ausgestaltung der Privatkopiefreiheit im Detail; nach eigenem Ermessen legen die Mitgliedstaaten die Person des Ausgleichspflichtigen fest, die Form des Ausgleichs, seine Höhe und weitere Einzelheiten (vgl. EuGH, Urt. v. 23. November 2023, C-260/22, GRUR 2024, 51 Rn. 35 – Seven.One Entertainment G. GmbH; Urt. v. 8. September 2022, C-263/21, GRUR 2022, 1522 Rn. 36 ff. – Ametic; Urt. v. 5. März 2015, C-463/12, GRUR 2015, 478 Rn. 20 – Copydan Bändkopi; Urt. v. 16. Juni 2011, C-462/09, GRUR 2011, 909 Rn. 23 – Stichting de Thuiskopie; auch Hofmann, EuZW 2024, 541 [546] m. w. N.). Mit der Abgabe für Privatkopien können auch diejenigen belastet werden, die Anlagen, Geräte und Medien zur digitalen Vervielfältigung privaten Endnutzern zur Verfügung stellen oder diesen eine Vervielfältigungsdienstleistung erbringen und über das hierfür gezahlte Entgelt die Abgabe auf die Endnutzer abwälzen können (EuGH, Urt. v. 21. Oktober 2010, C467/08, GRUR 2011, 50 Rn. 46 – Padawan). Sichergestellt werden muss dabei die wirksame Erhebung und tatsächliche Auszahlung des gerechten Ausgleichs an die Rechtsinhaber als Kompensation für den Schaden, der den Inhabern des ausschließlichen Vervielfältigungsrechts aufgrund der Vervielfältigung geschützter Werke durch private Nutzer, die im Hoheitsgebiet dieses Staates wohnen, entstanden ist (sogenannte Ergebnispflicht; vgl. EuGH GRUR 2024, 51 Rn. 29 – Seven.One Entertainment G. GmbH; GRUR 2022, 1522 Rn. 69 – Ametic; Urt. v. 24. März 2022, C-433/20, GRUR 2022, 558 Rn. 38 – Austro-Mechana / S. AG; Urt. v. 21. April 2016, C-572/14, GRUR 2016, 927 Rn. 20 – Austro-Mechana / Amazon; Urt. v. 11. Juli 2013, C-521/11, GRUR 2013, 1025 Rn. 47 – Amazon / Austro-Mechana).
62
Des Weiteren fällt die Speicherung urheberrechtlich geschützter Werke in digitaler Form auf dem von einem Cloud-Anbieter betriebenen Server (künftig kurz: Cloud-Server) unter den urheberrechtlichen Begriff der Vervielfältigung gemäß § 16 UrhG und Art. 2 der RL 2001/29/EG (zum Begriff der Vervielfältigung: BGH GRUR 2024, 1105 Rn. 12 f., Rn. 20 – Internet-Radiorecorder II; Urt. v. 5. März 2020, I ZR 32/19, GRUR 2020, 738 Rn. 21 – Internet-Radiorecorder I; Lehmann in Borges/Meents, Cloud Computing, 2016, § 14 [Immaterialgüterrechtliche Aspekte] Rn. 9; Stieper, ZUM 2019, 1 [4]; auch Grützmacher in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, UrhG § 69c Rn. 97). Dies betont auch der Gerichtshof der Europäischen Union. Danach ist der Begriff der Vervielfältigung im Sinne von Art. 2 der RL 2001/29/EG weit zu verstehen; das Erstellen einer Sicherungskopie durch Hochladen eines Werks von einem verbundenen Endgerät eines Nutzers in den virtuellen Speicher, der dem Nutzer im Rahmen des Cloud-Computings zur Verfügung gestellt wurde, stellt eine Vervielfältigung in diesem Sinne dar. Dasselbe gilt, wenn der Nutzer über ein verbundenes Endgerät auf die Cloud zugreift und ein zuvor dorthin hochgeladenes Werk auf sein Endgerät herunterlädt (EuGH, Urt. v. 13. Juli 2023, C426/21, GRUR 2023, 1284 Rn. 28 f. – Ocilion IPTV Technologies; GRUR 2022, 558 Rn. 16 f. – Austro-Mechana / S. AG).
63
Ebenso fraglos sind physische Server, wie sie im Rahmen des Cloud-Computings verwendet werden, unabhängig von ihrer eigentumsrechtlichen Zuordnung beliebige Träger im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Buchst. b) der RL 2001/29/EG (EuGH GRUR 2022, 558 Rn. 21, 23 und 33 – Austro-Mechana / S. AG) und – im räumlichen Anwendungsbereich des deutschen Urheberrechts – (digitale) Speichermedien im Sinne des § 54 Abs. 1 UrhG. Befinden sich diese im Ausland, fällt in Deutschland allerdings keine Geräte- bzw. Speichermedienvergütung an (vgl. Wiebe in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, UrhG § 54 Rn. 13; Stieper, ZUM 2019, 1 [4]; Klett, ZUM 2014, 18 [20 f.]).
64
Schließlich ist seit langem höchstrichterlich geklärt, dass in Deutschland in Verkehr gebrachte Endgeräte wie bestimmte Computer und Mobiltelefone mit eingebauter Festplatte sowie zum Einbau in Mobiltelefone bestimmte Speicherkarten vergütungspflichtig sind (vgl. BGH, Urt. v. 16. März 2017, I ZR 39/15, GRUR 2017, 702 Rn. 26 ff. – PC mit Festplatte I; Urt. v. 21. Juli 2016, I ZR 255/14, GRUR 2017, 172 Rn. 21 ff. – Musik-Handy [jeweils noch zu § 53 Abs. 1 und 2, § 54 Abs. 1 UrhG a. F.]). Daran hat sich mit der Novellierung des Urheberrechts durch das Zweite Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft („2. Korb“) vom 26. Oktober 2007 (BGBl. I S. 2513) im Ergebnis nichts geändert.
65
bb) Hingegen ist bislang nicht geklärt, ob Anbieter von Cloud-ComputingDienstleistungen de lege lata verpflichtet sind, wegen der Zurverfügungstellung von Speicherplatz (auch) für mögliche Privatkopien urheberrechtlich geschützter Werke eine angemessene Vergütung zu zahlen.
66
Mit dem Angebot von „Cloud-Storages“ steht deren Nutzern neben dem etablierten System zur Herstellung von Privatkopien auf lokalen Speichermedien wie Festplatten, Speichersticks, DVDs, CDs etc. die Möglichkeit offen, zur Speicherung von Medieninhalten Online-Speicher wie Dropbox, Google Drive und iCloud, die von den jeweiligen gewerblichen Cloud-Anbietern bereitgestellt werden, einzusetzen. Statt eine Kopie urheberrechtlich geschützter Werke auf einem lokalen Endgerät vorzunehmen, um ein weiteres Exemplar (fürs Auto, für die Ferienwohnung etc.) zur Verfügung zu haben, können die Nutzer die Dateien in der Cloud speichern und mit dem mobilen Endgerät je nach Bedarf von unterschiedlichen Orten aus darauf zugreifen (Stieper, ZUM 2019, 1). Infolge dieser Entwicklung ist – jedenfalls in Deutschland und Österreich – ein juristischer Diskurs darüber entstanden, ob CloudComputing-Anbieter eine Speichermedienvergütung für die Überlassung von Speicherplatz auf ihren Cloud-Servern zu leisten haben. Höchstrichterliche Rechtsprechung hierzu besteht bislang – soweit ersichtlich – nicht.
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(1) Diskutiert wurde, ob die Speicherung auf einem Cloud-Server als Inanspruchnahme einer Vervielfältigungsdienstleistung durch einen Dritten einzuordnen sei. Nach dieser Sicht würde die Vervielfältigungshandlung dem Diensteanbieter und nicht den privaten Nutzern zugeordnet. Das hätte zur Folge, dass das Herstellenlassen einer Kopie durch die Nutzer nicht nach § 53 Abs. 1 UrhG privilegiert, sondern nach deutschem Recht lizenzpflichtig wäre (vgl. Stieper, ZUM 2022, 455).
68
Gegen diese Sicht wurde ins Feld geführt, dass als Veranlasser der Vervielfältigung der jeweilige private Nutzer im Inland anzusehen sei, während der Betreiber des Cloud-Speicherdienstes lediglich die dafür notwendige technische Infrastruktur bereitstelle. Deshalb unterfielen Cloud-Speicherungen, welche zu privaten Zwecken vorgenommen würden, der Privatkopieausnahme des § 53 Abs. 1 UrhG (Grünberger, ZUM 2023, 309 [341]).
69
Diese Frage ist aus Sicht des Senats durch die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache Austro-Mechana / S. AG vom 24. März 2022 geklärt. Danach umfasst die Privatkopieermächtigung des Art. 5 Abs. 2 Buchst. b) der RL 2001/29/EG auch die Erstellung von Sicherungskopien urheberrechtlich geschützter Werke zu privaten Zwecken auf einem Server, auf dem der Anbieter von Cloud-Computing-Dienstleistungen einem Nutzer Speicherplatz zur Verfügung stellt. Der Grundsatz der Technologieneutralität des europäischen Urheberrechts verlange eine funktionale Betrachtungsweise, welche die technologische Entwicklung und das Aufkommen von digitalen Medien und CloudComputing-Dienstleistungen bei der Auslegung berücksichtige. So werde sichergestellt, dass der von der Richtlinie angestrebte Rechts- und Interessenausgleich unter den Beteiligten auch bei technologischen Entwicklungen grundsätzlich Bestand habe (Urt. v. 24. März 2022, C-433/20, GRUR 2022, 558 Rn. 28 bis 30 – Austro-Mechana / S. AG). Werde im Rahmen des Cloud-Computing eine Speicherdienstleistung angeboten, so habe grundsätzlich die Person, welche die Dienstleistung für das Erstellen einer Vervielfältigung geschützter Werke zum privaten Gebrauch nutze, den Ausgleich zu finanzieren, der an den Rechtsinhaber gezahlt werde (EuGH GRUR 2022, 558 Rn. 43 – Austro-Mechana / S. AG).
70
In Übereinstimmung hiermit ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung als Hersteller der Aufzeichnung eines Internet-Video- oder Radiorecorders allein der Kunde, mithin der Nutzer des Internetrecorders, anzusehen, wenn er eine Aufzeichnung unter Nutzung der vollständig automatisierten Vorrichtung des Anbieters des InternetRecorders anfertigt (BGH GRUR 2024, 1105 Rn. 16 ff., Rn. 29 – InternetRadiorecorder II m. w. N.). Er kann sich auf die Privilegien des § 53 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 UrhG berufen, wenn er Vervielfältigungen als natürliche Person zum privaten Gebrauch fertigt (vgl. BGH GRUR 2024, 1105 Rn. 35 – Internet-Radiorecorder II). Im Anwendungsbereich der privilegierten Nutzung für Unterricht, Wissenschaft und Institutionen gemäß §§ 60a ff. UrhG kann nichts wesentlich Anderes gelten.
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Mithin erfasst der Erlaubnistatbestand des § 53 Abs. 1 und 2 UrhG auch Speicherungen auf einem Cloud-Server, die von einem in Deutschland wohnhaften Nutzer des Dienstes veranlasst werden. Für die Schrankenregelungen bezüglich Unterricht, Wissenschaft und Nutzungen in bestimmten Institutionen wie Bibliotheken und Archiven dürfte – wie in § 60a Abs. 3a UrhG – auf den Sitz der Bildungseinrichtung oder des Instituts abzustellen sein. Für die lizenzfrei erlaubte Nutzung sind die Rechteinhaber durch Gewährung eines gerechten Ausgleichs zu entschädigen. Dies sicherzustellen ist Aufgabe des nationalen Rechts. Wie die Ergebnispflicht umgesetzt wird, ist – wie bereits ausgeführt – unionsrechtlich nicht vorgegeben, sondern liegt im Ermessen der Mitgliedstaaten (EuGH GRUR 2022, 558 Rn. 46 – Austro-Mechana / S. AG; BGH, Urt. v. 16. März 2017, I ZR 35/15, GRUR 2017, 684 Rn. 61 – externe Festplatten). Streitig ist insoweit, ob nach deutschem Recht die Anbieter von CloudSpeicherdiensten den gerechten Ausgleich für die Nutzung der Cloud-Speicherung zu privilegierten Vervielfältigungen geschützter Werke durch ihre Kunden zu leisten haben.
72
(2) Nach einer Ansicht ermöglichen es die deutschen Regelungen bei unionsrechtskonformer Auslegung, Cloud-Computing-Dienstleister zur Leistung des gerechten Ausgleichs im Wege einer Betreiberabgabe heranzuziehen.
73
Knüpfe der Ausgleich für Cloud-Speicherungen nur an die Veräußerung der beteiligten Geräte an, bestehe die Gefahr einer Unterkompensation. Die zunehmende Nutzung von Clouds habe zur Folge, dass klassische Speichermedien immer weniger genützt würden. Deshalb könne die Kompensation der Nachteile aufgrund von Privatkopien nicht mehr vollständig bzw. angemessen erfolgen, wenn Cloud-Dienste gänzlich von einer Speichermedienvergütungspflicht ausgenommen würden (Büttel, jurisPR-ITR 17/2022 Anm. 6; Leistner, CR 2018, 436 [442]). Würden bisher vergütungspflichtige Speichermedien vollständig durch Cloud-Server ersetzt, so würde das Aufkommen aus der Speichermedienvergütung entfallen und den Rechteinhabern nur noch das Aufkommen aus der Gerätevergütung verbleiben. Dadurch würden die Urheber trotz gleichbleibender Nutzung ihrer Werke für privilegierte Vervielfältigungen ein deutlich geringeres Vergütungsaufkommen als bisher erzielen (Müller, ZUM 2014, 11 [14]).
74
Die Leistungsfähigkeit der für das Hochladen in die Cloud verwendeten Endgeräte sei für sich genommen kein geeigneter Maßstab für den Umfang, in dem die Geräte zur Speicherung urheberrechtlich geschützter Werke in der Cloud genutzt werden könnten (Stieper, ZUM 2019, 1 [4]; Klett, ZUM 2014, 18 [20 f.]). Weil die für die Abgabe maßgeblichen Endgeräte der privaten Nutzer aufgrund der Cloud-Angebote mit einer geringeren Leistung auskämen und der Zugang zur Cloud auch mit einfachen Geräten ermöglicht werde, könne die Geräteabgabe im Vergleich zur möglichen Nutzung eines umfassenden Cloud-Speichers sehr günstig ausfallen (Roder-Hießerich, ZUM 2021, 569 [573]; Klett, ZUM 2014, 18 [20]).
75
Da die bestehenden Sätze ohnedies typischerweise durch die Kappungsgrenze des § 54a Abs. 4 UrhG geprägt seien, erscheine eine weitere Erhöhung unter Anknüpfung an neue Nutzungsformen im Netz wenig erfolgversprechend (Leistner, CR 2018, 436 [442]) und ZUM 2016, 580 [587]). Deshalb werde es zunächst ohne Auswirkungen auf die Vergütungshöhe für traditionelle Speichermedien bleiben, wenn eine zunehmende Anzahl privilegierter Vervielfältigungen nicht mehr auf diesen Medien, sondern auf Cloud-Servern erfolgen und sich die private Vervielfältigung insoweit in die Cloud verlagern würde (Müller, ZUM 2014, 11 [12]). Außerdem würden die Server, auf denen die Datenspeicherung stattfinde, typischerweise im Ausland stehen und nicht im Inland in Verkehr gebracht, weshalb die an den Import bzw. Handel mit Speichermedien geknüpfte Vergütungspflicht nach § 54b Abs. 1 UrhG nicht zum gerechten Ausgleich für inländische Vervielfältigungshandlungen beitrage (Stieper, ZUM 2019, 1 [4]; Müller, ZUM 2014, 11 [13]).
76
Der Gerichtshof der Europäischen Union habe ausdrücklich anerkannt, dass sich die praktischen Schwierigkeiten bei der Erfassung von Privatkopien in der Cloud daraus ergeben können, dass diese Dienstleistungen, die von anderen Mitgliedstaaten oder von Drittstaaten aus angeboten werden könnten, digitaler Natur seien und der Nutzer im Allgemeinen die Größe des Speicherplatzes, der für Privatkopien zur Verfügung stehe, nach Belieben erweitern und dynamisch verändern könne. Dies könne als Aufforderung an die nationale Gesetzgebung und Rechtsprechung zu lesen (Stieper, ZUM 2022, 455 [456]) oder als Weichenstellung durch richterliche Auslegung in einem Bereich aufzufassen sein, in dem die Anpassung des Rechts an neue Formen der Verwertung durch Rechtsentwicklungen seitens des Normgebers auf sich warten lasse (Pfeifer, JZ 2022, 521 [522]). Es sei methodisch zulässig und aus unionsrechtlichen Gründen geboten, den Online-Speicher in der Cloud als Gerät oder Speichermedium im Sinne des § 54 Abs. 1 UrhG, die Anbieter von Cloud-Diensten als Hersteller und ihr Angebot von Speicherplatz als (erstmaliges) Inverkehrbringen im Inland zu verstehen. Ein Abgabesystem, das Cloud-Dienste außer Acht lasse, kompensiere entgegen der Konzeption des Gerichtshofs nicht sämtliche Nachteile der Urheber, die ihnen aufgrund von Privatkopien entstünden (Roder-Hießerich, ZUM 2021, 569 [573, 576 ff.] zum österreichischen Recht).
77
In diesem Sinne hat das Handelsgericht Wien für das österreichische Recht (§ 42b öUrhG) auf der Grundlage der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache Austro-Mechana / S. AG (Urt. v. 24. März 2022, C433/20, GRUR 2022, 558) mit Teilurteil vom 21. März 2024 (Az. 43 Cg 29/19s – 34, Anlage AS 15) entschieden, dass die in Deutschland ansässige Anbieterin des Cloud-Speichers HiDrive gegenüber der klagenden Verwertungsgesellschaft verpflichtet sei, Rechnung zu legen und Auskunft zu erteilen, weil sie mit Blick auf ihr auch an österreichische Kunden gerichtetes Angebot eine Privatkopie-Abgabe für die in Österreich zur Verfügung gestellten und dadurch in Verkehr gebrachten virtuellen Cloud-Speicher zu leisten habe.
78
(3) Nach anderer Ansicht sind Cloud-Diensteanbieter unter den Bestimmungen des deutschen Rechts nicht zur Leistung des gerechten Ausgleichs heranzuziehen.
79
Da der genaue Ort der Speicherung bei der Cloud-Architektur nicht nachvollziehbar sei, ließe sich eine Abgabe nur dann aufrechterhalten, wenn die Abgabepflicht nicht mehr wie bisher an das Speichermedium, sondern an die Speicherdienstleistung angeknüpft würde (Dreier/Leistner, GRUR 2013, 881 [891]). Fraglich sei bereits, ob Vervielfältigungen auf Servern mit Standort im Ausland dem räumlichen Anwendungsbereich der Privatkopieschranke des § 53 UrhG unterfielen; einer Vergütungspflicht in Deutschland könne daher das Territorialitätsprinzip entgegenstehen (vgl. Homar, GRUR-Newsletter 02/2018, 28 [29]; Leister, ZUM 2016, 580 [587]; Dreier/Leistner, GRUR 2013, 881 [896]).
80
Der Cloud-Diensteanbieter könne nicht als Hersteller oder Importeur eines Speichermediums angesehen werden. Das Bereitstellen von Speicherplatz zur privaten Nutzung könne nicht als Inverkehrbringen eines Geräts oder eines Speichermediums aufgefasst werden (Stieper, ZUM 2019, 1 [4 f.]).
81
Der Gerichtshof der Europäischen Union habe zwar festgestellt, dass Server, wie sie im Rahmen von Cloud-Computing eingesetzt werden, unter das Tatbestandsmerkmal „auf beliebigen Trägern“ im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Buchst. b) der RL 2001/29/EG zu subsumieren seien (EuGH GRUR 2022, 558 Rn. 21, 24 f. und 33 – Austro-Mechana / S. AG) und eine im nationalen Recht vorgesehene Ausnahme für Privatkopien anwendbar sei, wenn geschützte Werke auf einem Server in einen Speicherplatz kopiert würden, den der Anbieter von Cloud-ComputingDienstleistungen dem Nutzer zur Verfügung stelle (EuGH GRUR 2022, 558 Rn. 38 f. – Austro-Mechana / S. AG). Für den den Rechtsinhabern deswegen zu gewährenden gerechten Ausgleich müsse jedoch nicht unbedingt der Cloud-Anbieter aufkommen. Die Mitgliedstaaten seien nicht verpflichtet, die Anbieter von Speicherdienstleistungen im Rahmen des Cloud-Computings zur Zahlung eines gerechten Ausgleichs im Sinne dieser Ausnahme heranzuziehen, sofern der zu Gunsten der Rechtsinhaber zu leistende gerechte Ausgleich anderweitig geregelt sei (Kuntz, MMR-Aktuell 2022, 447744).
82
Der deutsche Gesetzgeber habe durch das Zweite Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft vom 26. Oktober 2007 eine Flexibilisierung vorgenommen, aber seither in Kenntnis der fortschreitenden Verbreitung technischer Entwicklungen wie der Cloud-Dienste und entgegen verschiedentlicher Forderungen (z. B. Stieper, ZUM 2019, 1 [5] zum deutschen Recht; Walter, MR 2015, 158 [162] sowie GRUR Int. 2014, 437 [442 f.] zum österreichischen Recht) keine Vergütungspflicht für Cloud-Computing-Dienstleister geregelt. Er knüpfe unverändert die Vergütungspflicht an Tatbestände an, die auf physische Datenträger zugeschnitten seien. Die Ergebnispflicht könne erfüllt werden, indem bei der Berechnung der Vergütungshöhe für die in Deutschland in Verkehr gebrachten Geräte und Speichermedien auch die Speicherkapazität mitberücksichtigt werde, die sich aus dem Zusammenspiel mit den Cloud-Angeboten ergebe (dazu: Grünberger, ZUM 2023, 309 [342]).
83
Mit Urteilen vom 2. Februar 2024 (38 Sch 59/22 VVG e [Anlagenkonvolut AS 14]; 38 Sch 60/22 VVG e, juris – Dropbox) und 15. März 2024 (38 Sch 58/22 VVG e [Anlagenkonvolut AS 14]) hat das Oberlandesgericht München Auskunfts- und Vergütungsansprüche nach §§ 54 ff. UrhG gegen die dort verklagten Cloud-Anbieter verneint. Geräte und Speichermedien im Sinne der nationalen Regelungen seien nur körperliche Gegenstände, während Dienstleistungen wie die Überlassung einer internetbasierten Nutzungsmöglichkeit von §§ 54, 54a, 54b UrhG nicht erfasst würden. Speichermedium sei der Server, nicht die Cloud. Dies ergebe sich auch aus der Gesetzessystematik. § 54c UrhG zeige, dass das Bereitstellen einer Möglichkeit zur Vervielfältigung nur in dem dort geregelten Sachverhalt zu einer Vergütungspflicht der genannten Adressaten führe. Da außerdem nach §§ 54 ff. UrhG vorgesehen sei, dass Geräte und Speichermedien hergestellt, ausgeführt, (wieder-)eingeführt, veräußert und in den Verkehr gebracht werden können und dies nur für körperliche Gegenstände zutreffe, lägen die Voraussetzungen zwar in Bezug auf die einzelnen Hardwarekomponenten vor, derer sich der Cloud-Anbieter bediene, nicht aber in Bezug auf die einzelnen den Kunden zugewiesenen digitalen Speicherplätze. Da der Nutzer einer Cloud-Computing-Leistung stets auch ein Endgerät – wie etwa PC, Tablet oder Smartphone – benötige, um Privatkopien zu erstellen, sei die Vergütung nach der deutschen Gesetzessystematik in Anknüpfung an diese Geräte zu entrichten. Hierfür sei nicht maßgeblich, ob die Vervielfältigung auf dem Endgerät, mit dem sie veranlasst werde, oder auf dem Server des Cloud-Anbieters vorgenommen werde. Die jeweilige Cloud-Betreiberin hingegen sei in dieser Funktion weder Herstellerin noch Importeurin noch Händlerin von Geräten oder Speichermedien. Ob die gesamtvertraglich geregelte Höhe der Vergütungssätze für Speichermedien und Geräte angemessen sei, sei in einem etwaigen Streitfall gerichtlich zu entscheiden. Der Gesetzgeber habe den ihm durch die RL 2001/29/EG eingeräumten Spielraum unionsrechtskonform wahrgenommen, indem er eine umfassende Vergütungspflicht in Bezug auf Geräte und Speichermedien statuiert habe, die für die Nutzung des Cloudspeichers benötigt würden. Eine Pflicht zur Erhebung einer Vergütung bei Cloudbetreibern lasse sich nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union aus dem Unionsrecht nicht ableiten. Auch eine planwidrige Regelungslücke bestehe nicht, weshalb eine analoge Anwendung der nationalen Vorschriften nicht in Betracht komme.
84
(4) Schließlich wird de lege ferenda über die Notwendigkeit nachgedacht, eine spezifische Betreibervergütung für Cloud-Dienstleister durch entsprechende nationale Vorschrift einzuführen (Schaefer, GRUR 2022, 563 [564]; Büttel, jurisPR-ITR 17/2022 Anm. 6; Wünsche, CR 2022, 527 [528]; Leistner, CR 2021, 73 [85 f.]; Leistner, CR 2018, 436 [442 ff.]; Müller, ZUM 2014, 11 [14 f.]; Dreier/Leistner, GRUR 2013, 881 [890]; Vorschlag für eine entsprechende gesetzliche Regelung bei Flechsig, ZGE 2022, 154 [171]).
85
b) Der Senat schließt sich der Auffassung des Oberlandesgerichts München im Ergebnis an.
86
aa) Vorweg ist festzustellen, dass die am 11. Januar 2024 mit einer grundsätzlichen Übergangsfrist bis 12. September 2025 in Kraft getretene Verordnung (EU) 2023/2854 über harmonisierte Vorschriften für einen fairen Datenzugang und eine faire Datennutzung vom 13. Dezember 2023 (Data Act) für die Entscheidung nicht von Bedeutung ist. Auch der Anwendungsbereich des Gesetzes über die urheberrechtliche Verantwortlichkeit von Diensteanbietern für das Teilen von OnlineInhalten (Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz – UrhDaG) ist vorliegend nicht eröffnet, § 3 Nr. 7 UrhDaG, zumal es in der Sache um Vervielfältigungen ohne öffentliche Wiedergabe geht (vgl. Flechsig, ZGE 2022, 154 [166 f.]). Schließlich ist auch der Anwendungsbereich der RL 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (Enforcement-Richtlinie) nicht berührt.
87
bb) Durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist hinreichend geklärt, dass bei Bestehen einer Privatkopieschranke im nationalen Recht wegen des gerechten Ausgleichs an den Wohnsitz der Kunden des Cloud-Dienstes und an den Schaden anzuknüpfen ist, welcher den Inhabern des ausschließlichen Vervielfältigungsrechts aufgrund der Vervielfältigung geschützter Werke durch im Geltungsbereich des nationalen Rechts wohnhafte Endnutzer entstanden ist (vgl. EuGH GRUR 2022, 558 Rn. 38 – Austro-Mechana / S. AG).
88
Danach ist unabhängig vom Standort der physischen Server, auf denen ein Anbieter von Cloud-Diensten seinen Kunden Speicherplatz zur Verfügung stellt, und unabhängig vom Sitz des Cloud-Anbieters der Anwendungsbereich der deutschen Regelungen zur Privatkopieausnahme eröffnet, wenn in Deutschland wohnhafte private Nutzer unter Inanspruchnahme der Dienstleistungen von Cloud-Anbietern Privatkopien erstellen. In diesen Fällen wird die Vervielfältigung im Inland vorgenommen, sodass das Territorialitätsprinzip nicht gegen eine Ausgleichspflicht in Stellung gebracht werden kann (vgl. Schaefer, GRUR 2022, 563 [Anmerkung zum Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache Austro-Mechana / S. AG]; Wünsche, CR 2022, 527 [528, Anmerkung zum Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache Austro-Mechana / S. AG]; Homar, GRUR-Newsletter 02/2018, 28 [29]; so bereits Müller, ZUM 2014, 11 [14]).
89
cc) Eine Vergütungspflicht von Cloud-Anbietern als Ausgleich für die Privatkopiefreiheit besteht im Geltungsbereich des deutschen Urheberrechts jedoch nicht. Die Anbieter von Cloud-Diensten sind nicht als „Hersteller“, „Importeure“ oder „Händler“ von Speichermedien anzusehen, weshalb sie de lege lata nach deutschem Recht nicht zum Kreis der Vergütungspflichtigen zählen. Da Vervielfältigungen stets als Ergebnis des Zusammenwirkens eines Vervielfältigungsgeräts und eines Speichermediums entstehen (Müller, ZUM 2014, 11 [13]) und nach deutschem Recht eine Vergütungspflicht für in Deutschland (erstmals) in Verkehr gebrachte Geräte besteht, entsteht dadurch keine durch das Vergütungssystem bedingte Lücke. Ob die Kappungsgrenze faktisch bewirkt, dass Vervielfältigungen unter Nutzung der Cloud als Speicherplatz letztlich die Höhe des Ausgleichs nicht beeinflussen, kann im vorliegenden Fall offen bleiben.
90
(1) Das Vergütungssystem nach §§ 54 ff. UrhG beruht auf einem technologieoffenen Ansatz, mit dem den fortschreitenden technischen Entwicklungen Rechnung getragen werden soll. Die Regelungen sollen eine flexible Anpassung der Pauschalvergütung an den Stand der Technik gewährleisten (BT-Drs. 16/1828 S. 1). Der durch das Zweite Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft („2. Korb“) neu eingeführte Begriff der Speichermedien umfasst nach der Gesetzesbegründung „alle physikalischen Informations- und Datenträger mit Ausnahme von Papier oder ähnlichen Trägern.“ Das sind nach der Vorstellung des Gesetzgebers alle elektronischen (z. B. Festplatten, Smartcard, USB-Stick, MP3-Player), magnetischen (z. B. Musikkassette, Magnetband, Festplatte [auch extern], Diskette) und optischen (z. B. Film, DVD, CD-ROM, CD-R, CD-RW, Laserdisk) Speicher (vgl. Wirth in Eichelberger/Wirth/Seifert, UrhG, 4. Aufl. 2022, § 54 Rn. 6; BT-Drs. 16/1828 S. 29 li. Sp.).
91
Ob in Wahrheit alle „physischen“ Informations- und Datenträger gemeint waren und ein sprachliches Versehen der Grund dafür ist, dass die Gesetzesbegründung auf alle „physikalischen“ Informations- und Datenträger abstellt, kann dahinstehen. Jedenfalls knüpft das deutsche Recht die Vergütungspflicht an das Inverkehrbringen der Geräte oder Speichermedien in Deutschland durch Hersteller, Importeure oder Händler an (vgl. §§ 54, 54a, 54b, 54e, 54f UrhG). Danach wird der gerechte Ausgleich auf den Handelsstufen erhoben, die der Geräte- oder Speichermediennutzung für die Herstellung von Privatkopien durch den privaten Endkunden vorgelagert sind (vgl. Wirth in Eichelberger/Wirth/Seifert, UrhG, § 54 Rn. 7; auch Schaefer, GRUR 2022, 563 [564]). Der Bezug auf physische Trägermedien, der im deutschen Recht noch angelegt ist, geht daraus klar hervor (vgl. auch Wünsche, CR 2022, 527).
92
Cloud-Anbieter, die Speicherplatz auf (physischen) Servern in Deutschland wohnhaften Kunden zur Verfügung stellen, sind in dieser Funktion weder Hersteller noch Importeure oder Händler von Speichermedien, sondern Diensteanbieter (allerdings keine Diensteanbieter zum Teilen von Online-Inhalten). Die sperrige Argumentation der Antragstellerin, Cloud-Anbieter seien als Hersteller oder gegebenenfalls Importeure oder Händler der Clouds anzusehen, weil sie das Produkt/Leistungspaket mit digitalem Online-Speicherplatz, wie es unter ihrer jeweiligen Marke in der Bundesrepublik Deutschland in den Verkehr gebracht werde, produzierten, indem sie zumindest die einzelnen Hard- und Software-Komponenten der Cloud kombinierten, implementierten und konfigurierten sowie den Kunden Zugang hierzu gewährten, zeigt, dass die im Urheberrechtsgesetz vorgenommene Anknüpfung der Vergütungspflicht auf Anbieter von Cloud-Diensten nicht passt (so auch Stieper, ZUM 2019, 1 [4 f.]).
93
(2) Eine Vergütungspflicht für Cloud-Speicherangebote im Sinne einer Betreibervergütung nach dem Vorbild des § 54c UrhG wäre zwar mit Unionsrecht vereinbar (vgl. EuGH GRUR 2011, 50 Rn. 50 – Padawan), ist im deutschen Recht jedoch nicht kodifiziert (Stieper, ZUM 2019, 1 [5]). Gerade die in § 54c UrhG geregelte Vergütungspflicht bestimmter Gerätebetreiber zeigt, dass das bloße Bereitstellen einer Vervielfältigungsmöglichkeit für private Endnutzer eine Vergütungspflicht nur unter den Voraussetzungen des dort geregelten Ausnahmetatbestands auslöst. Die Ausdehnung der Vergütungspflicht auf spezielle Gerätebetreiber in § 54c UrhG wäre nicht erforderlich gewesen, wenn das Zurverfügungstellen von Geräten oder Speichermedien für Vervielfältigungen durch die Nutzer dieser Geräte oder Speichermedien ohnehin stets eine Vergütungspflicht nach § 54 UrhG auslösen würde (Stieper, ZUM 2019, 1 [5]).
94
Zu berücksichtigen ist außerdem, dass der Gesetzgeber in Kenntnis der technischen Entwicklung und der Ausbreitung von Cloud-Diensten (vgl. Loewenheim/Stieper in Loewenheim, Handbuch des Urheberrechts, 3. Aufl. 2021, § 91 Rn. 23 mit Hinweisen auf den Koalitionsvertrag des Jahres 2018; Pfeifer, JZ 2022, 521) bislang davon abgesehen hat, die Vorschläge aus der juristischen Fachdiskussion aufzugreifen und den Kreis der vergütungspflichtigen Personen auszuweiten. Obwohl dem Gesetzgeber die durch Cloud-Betreiber zur Verfügung gestellte Speichermöglichkeit bewusst war, ließ er die Anknüpfung der Vergütungspflicht an die Eigenschaft als Hersteller, Importeur und Händler gemäß §§ 54, 54b UrhG und an Betreiber im Sinne des § 54c UrhG unverändert, als er mit dem Gesetz zur Angleichung des Urheberrechts an die aktuellen Erfordernisse der Wissensgesellschaft vom 1. September 2017 (Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz – UrhWissG; BGBl. I S. 3346) Änderungen im Urheberrechtsgesetz zu den privilegierten Nutzungen vornahm (vgl. BT-Drs. 18/12329 S. 46 zu § 60h Reg-E [Angemessene Vergütung der gesetzlich erlaubten Nutzungen]; BR-Drs. 312/17 S. 48 zu § 60h Abs. 5 Reg-E; Plenarprotokoll 18/234 S. 23621 [li. Sp.]; auch [in anderem Zusammenhang] Plenarprotokoll 18/244 S. 25135 [li. Sp.]; aus der 17. Wahlperiode bereits: Dritter Zwischenbericht der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ – Urheberrecht, BT-Drs. 17/7899, insbesondere S. 24, 38, 78 ff. mit Handlungsempfehlungen u. a. zur Anpassung der Regelungen für die Privatkopie an die Herausforderungen des Internets, S. 98).
95
Jedenfalls im Zuge der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/790 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt vom 17. April 2019 (DSM-Richtlinie) wurde das Augenmerk (erneut) unter anderem auf die Anbieter von Cloud-Diensten gelenkt. Zwar lag der Fokus des Gesetzgebers bei Erlass des Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetzes (UrhDaG) auf der Verantwortlichkeit und der Haftung von Plattformbetreibern, die von Nutzern hochgeladenes urheberrechtlich relevantes Material öffentlich wiedergeben, sowie darauf, eine angemessene Vergütung der Kreativen zu gewährleisten, „Uploadfilter“ nach Möglichkeit zu verhindern, die Meinungsfreiheit sicherzustellen und die Nutzerrechte zu wahren (vgl. Wandte/Hauck, ZUM 2021, 763 [764]; Ory, jM 2021, 186 [188]). Jedoch waren Cloud-Dienste, die ihren Nutzern das Hochladen von Inhalten für den Eigengebrauch ermöglichen, im Blickfeld des Gesetzgebers präsent, wie schon die Definition des Anwendungsbereichs in § 3 Nr. 7 UrhDaG zeigt. Auch wenn diese Dienste nicht unter dem Blickwinkel der Gewährleistung einer angemessenen Entschädigung sondern der Verantwortlichkeit für das Teilen von Online-Inhalten betrachtet wurden, hätte es angesichts der anhaltenden Diskussion über die Vergütungspflicht von Cloud-Anbietern im System der Privatkopievergütung nahegelegen, eine solche Verpflichtung im Urheberrechtsgesetz anlässlich der durch die technischen Entwicklungen ohnehin erforderlichen Anpassungen des Rechts zu verankern, wäre sie gewollt gewesen. Dass der Gesetzgeber die Regelungen in § 54 Abs. 1, § 54b UrhG unverändert gelassen und von einer Reformierung abgesehen hat, die neben Herstellern, Importeuren und Händlern auch Anbieter moderner Nutzungsformen wie Cloud-Anbieter erfassen würde, zeigt vor diesem Hintergrund, dass die bestehende Anknüpfung der Vergütungspflicht an die Eigenschaft als Hersteller, Importeur oder Händler weiterhin dem objektivierten aktuellen Willen des Gesetzgebers entspricht (vgl. BGH GRUR 2023, 479 Rn. 21 – rakuten.de; in anderem Kontext: Hans. OLG Hamburg, Beschluss vom 27. Mai 2016, 2 Ws 88/16, juris Rn. 39).
96
Die Entscheidung für diese Art der Anknüpfung ist vom politischen Spielraum des Gesetzgebers gedeckt. Der Gesetzgeber hat eine eindeutige Entscheidung getroffen und davon abgesehen, die technische Entwicklung zum Anlass für eine Fortentwicklung des hier relevanten Teils des Urheberrechts zu nehmen. Die Gerichte müssen die gesetzgeberische Grundentscheidung respektieren, Art. 20 Abs. 3 GG. Eine Interpretation, die den klaren Wortlaut des Gesetzes hintanstellt und sich über den erkennbaren Willen des Gesetzgebers hinwegsetzt, greift unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ein (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6. Juni 2018, 1 BvL 7/14, BVerfGE 149, 126 Rn. 73; Beschluss vom 25. Januar 2011, 1 BvR 918/10, BVerfGE 128, 193 [206 ff., juris Rn. 52 ff.]). Auch für eine analoge Anwendung der §§ 54 ff. UrhG ist aus diesen Gründen kein Raum.
97
(3) Auch aus unionsrechtlichen Vorgaben, Art. 5 Abs. 2 Buchst. b) der Richtlinie 2001/29/EG und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, kann für das deutsche Vergütungssystem keine Pflicht abgeleitet werden, einen Anbieter von Cloud-Diensten, der sich mit seinem Angebot unter anderem an Kunden in Deutschland richtet, als Hersteller, Importeur oder Händler der „Cloud“ zu verstehen und auf diese Weise einer Vergütungspflicht unter Anknüpfung an das Maß der Nutzung der Cloud für privilegierte Vervielfältigungen zu unterstellen.
98
(i) Die Speicherung einer zu privaten Zwecken erstellten Kopie eines geschützten Werkes in einer Cloud ist zwar von der Privatkopieausnahme des Art. 5 Abs. 2 Buchst. b) der RL 2001/29/EG erfasst, weshalb die Rechtsinhaber einen gerechten Ausgleich erhalten müssen (EuGH GRUR 2022, 558 Rn. 46 – Austro-Mechana / S. AG). Außerdem obliegt es dem nationalen Gericht nach dem Grundsatz der unionsrechtskonformen Auslegung des innerstaatlichen Rechts, das nationale Recht so weit wie möglich in Übereinstimmung mit dem Unionsrecht auszulegen und auf diese Weise die volle Wirksamkeit des Unionsrechts sicherzustellen, wenn es über den bei ihm anhängigen Rechtsstreit entscheidet (vgl. EuGH, Urt. v. 24. Juni 2019, C573/17, juris Rn. 55 m. w. N. – Popławski). Für den gerechten Ausgleich muss aber nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht zwingend der Cloud-Anbieter aufkommen (EuGH GRUR 2022, 558 Rn. 51 bis 54 – AustroMechana / S. AG). Ein nationales Vergütungssystem, das keine Zahlungspflicht der Cloud-Anbieter vorsieht, und eine Auslegung der nationalen Bestimmungen in dem Sinne, dass aus ihnen keine Zahlungspflicht der Cloud-Anbieter folgt, ist danach grundsätzlich mit dem Unionsrecht vereinbar.
99
(ii) Die Vergütung der Urheber für die Verwertung ihrer Werke im Rahmen der Privatkopiefreiheit durch Vervielfältigungen in einer Cloud kann grundsätzlich über die in § 54 UrhG geregelte Geräteabgabe erfolgen, weshalb ein Ausfall des gerechten Ausgleichs nicht ohne Weiteres dann zu besorgen ist, wenn Cloud-Anbieter nicht zur Vergütung herangezogen werden.
100
Eine Cloud nützt dem Endverbraucher nur, wenn er mithilfe eines geeigneten Endgeräts – Tablet, Smartphone, Laptop etc. – darauf zugreifen kann. Dementsprechend nimmt der Nutzen dieser Endgeräte für die Erstellung von digitalen Privatkopien durch die mögliche Anbindung an Cloud-Systeme zu (Büttel, jurisPR-ITR 17/2022 Anm. 6; Leistner, CR 2021, 73 [84 f.]). Für die in Deutschland gehandelten Geräte, mit denen der Up- und Download erfolgt und Synchronisierungen angestoßen werden, wird typischerweise eine Geräte- oder Speichermedienvergütung gemäß § 54 Abs. 1 UrhG geschuldet (vgl. BGH GRUR 2017, 172 Rn. 21 ff. – Musik-Handy; Urt. v. 3. Juli 2014, I ZR 30/11, GRUR 2014, 984 Rn. 36 ff. – PC III). Die Vergütung der Urheber kann somit grundsätzlich über diese Abgabe erfolgen. Eine Lücke besteht im deutschen Recht nicht. Die Speichermöglichkeiten, die sich dem Nutzer mit dem durch das Endgerät vermittelten Zugang zum Cloud-Speicherplatz eröffnen, können vielmehr grundsätzlich im Rahmen der Gerätevergütung Berücksichtigung finden (vgl. Grünberger, ZUM 2023, 309 [342]). Insofern besteht ein Unterschied zum österreichischen Recht, das eine Gerätevergütung nur für Reprografiegeräte kennt (§ 42b Abs. 2 Nr. 1 öUrhG) und ansonsten – mit Ausnahme einer § 54c UrhG ähnlichen Betreibervergütung in § 42b Abs. 2 Nr. 2 öUrhG – lediglich eine Vergütung für Speichermedien regelt (§ 42b Abs. 1 öUrhG).
101
Art. 5 Abs. 2 Buchst. b) der RL 2001/29/EG steht einem nationalen Vergütungssystem, in dem ein gerechter Ausgleich nur in Bezug auf einzelne Geräte oder Speichermedien, die einen notwendigen Teil des Vervielfältigungsverfahrens darstellen, gezahlt wird, nicht per se entgegen. Vielmehr ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu beachten, dass die Abgabe nicht zu einer Überkompensation des Rechtsinhabers führt. Zwar können in einer Funktions- bzw. Vergütungskette mehrere Geräte oder Speichermedien vergütungspflichtig sein. In solchen Fällen muss jedoch zur Vermeidung einer Überkompensation der auf die Funktionskette zu verteilende Gesamtbetrag der Vergütung in etwa dem Betrag entsprechen, der geschuldet wäre, wenn die Vervielfältigung nur mittels eines Geräts bewirkt würde (vgl. EuGH, Urt. v. 27. Juni 2013, C-457/11 bis C-460/11, GRUR 2013, 812 Rn. 78 – VG Wort; Wünsche, CR 2022, 527 [528]). Dass zwingend alle Geräte oder Speichermedien in einer Funktionskette der Vergütungspflicht zu unterwerfen seien, ergibt sich daraus nicht. Für eine Ausdehnung der Vergütungspflicht auf Cloud-Anbieter besteht unter diesem Aspekt keine unionsrechtliche Verpflichtung. Der unionsrechtlich geforderte gerechte Ausgleich für den infolge der Vervielfältigung erlittenen Schaden der Rechtsinhaber wird auch im Fall der in die Cloud ausgelagerten Speicherung gewährt, indem beim Erwerb der für die Nutzung des Speicherplatzes erforderlichen Geräte (z. B. Smartphones, Tablets oder Computer) die Vergütung für Privatkopien in Form der Geräteabgabe anfällt (vgl. auch BGH GRUR 2024, 1105 Rn. 44 – InternetRadiorecorder II).
102
(iii) Dahinstehen kann, ob es – wie die Antragstellerin meint – grundsätzlich schon zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen vorzugswürdig erscheint, „alle an den gesetzlich erlaubten Vervielfältigungen beteiligten Produkte“ mit der Vergütung gemäß § 54 Abs. 1 UrhG zu belasten. Die Entscheidung darüber, Cloud-Betreiber für das Vorhalten der Speichermöglichkeit in der „Cloud“ einer Abgabepflicht zu unterwerfen, obliegt dem Gesetzgeber. Der Gleichheitsgrundsatz gebietet die Einbeziehung auch der Cloud-Betreiber in die Vergütungspflicht jedenfalls nicht.
103
Bei der Auslegung der RL 2001/29/EG und des ihrer Umsetzung dienenden nationalen Rechts sind nach Art. 51 Abs. 1 Satz 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GrCh) die dort aufgeführten Grundrechte zu beachten, mithin unter anderem das Grundrecht auf Gleichbehandlung nach Art. 20 GrCh. Der Grundsatz der Gleichbehandlung verlangt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, es sei denn, eine solche Behandlung ist objektiv gerechtfertigt (EuGH GRUR 2024, 51 Rn. 45 – Seven.One Entertainment Group; Urt. v. 18. Juli 2013, C-234/12, GRUR 2014, 198 Rn. 15 – Sky Italia/AGCOM). Die Mitgliedstaaten dürfen daher keine Modalitäten für einen gerechten Ausgleich vorsehen, die dazu führen, dass verschiedene Kategorien von Wirtschaftsteilnehmern, die vergleichbare, von der für Privatkopien geltenden Ausnahme erfasste Güter vermarkten, oder verschiedene Gruppen von Nutzern geschützter Gegenstände ungleich behandelt werden, ohne dass dies gerechtfertigt ist (EuGH GRUR 2015, 478 Rn. 32 u. 33 – Copydan Bändkopi). Desgleichen dürfen von der Privatkopieausnahme erfasste, aber nicht vergleichbare Geräte und Speichermedien nicht ohne rechtfertigenden Grund gleich behandelt werden (vgl. BGH GRUR 2017, 172 Rn. 66 – Musik-Handy).
104
Cloud-Betreiber einerseits und die Hersteller, Importeure und Händler von Geräten oder Speichermedien, die nach ihrem Typus zur Vornahme von erlaubten Vervielfältigungen geschützter Werke genutzt werden, andererseits bieten auf dem Markt ungleiche Güter (einerseits die Cloud-Dienste und andererseits die für die Nutzung der Cloud erforderlichen Geräte) an, weshalb die gegenwärtige Gesetzeslage in Deutschland nicht gegen das Gleichheitsgebot – auch des Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 GG – verstößt.
105
(iv) Auch unter dem Aspekt der sogenannten Ergebnispflicht der Mitgliedstaaten ist vorliegend keine andere Bewertung veranlasst.
106
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind die Mitgliedstaaten, die in ihrem nationalen Recht eine Privatkopieschranke eingeführt haben, verpflichtet, eine wirksame Erhebung des (nach der Methode der Lizenzanalogie zu berechnenden) gerechten Ausgleichs als Ersatz des Schadens zu gewährleisten, der den Urhebern durch die Einführung dieser Schranke im jeweiligen Hoheitsgebiet entsteht (EuGH GRUR 2022, 558 Rn. 53 f. – Austro-Mechana / S. AG; GRUR 2011, 909 Rn. 34 ff. – Stichting de Thuiskopie). Es ist Sache der Träger der öffentlichen Gewalt des jeweiligen Mitgliedstaats, insbesondere auch seiner Gerichte, sich um eine Auslegung des nationalen Rechts zu bemühen, die im Einklang mit dieser Ergebnispflicht steht und gewährleistet, dass die Rechtsinhaber den gerechten Ausgleich erhalten (EuGH GRUR 2011, 909 Rn. 39 – Stichting de Thuiskopie).
107
Zu Unrecht beruft sich die Antragstellerin für ihren Rechtsstandpunkt, wonach die Ergebnispflicht es erfordere, die Anbieter von Cloud-Speicherplatz unter die Begriffe des Herstellers, Importeurs oder Händlers zu subsumieren, auf diese Rechtsprechung. Es kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass sich das Vergütungsaufkommen der Rechtsinhaber aus der Geräte- und Speichermedienvergütung infolge der Einführung von Cloud-Angeboten nicht mehr als gerechter Ausgleich für den Schaden aus der Kopiertätigkeit im Rahmen der Privatkopieausnahme darstellt und deshalb eine Schutzlücke besteht, die aus europarechtlichen Gründen zu schließen wäre. Vielmehr bestehen zu dieser Frage Meinungsverschiedenheiten. Jedenfalls soweit infolge des technischen Fortschritts und des erweiterten Angebots von Streaming-Diensten an die Stelle der Vervielfältigung das Streamen von Inhalten tritt, reduziert sich der Umfang der vergütungspflichtigen Nutzung von Speichermedien und Geräten (vgl. Müller, ZUM 2014, 11 [17]). Ob die trotz Streamings verbleibende Nutzung von Speichermedien und Geräten zu Vervielfältigungszwecken die von den Verwertungsgesellschaften aktuell geforderten Vergütungen weiterhin rechtfertigt, ist nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin streitig und bislang nicht empirisch untersucht.
108
Zutreffend hat die Schiedsstelle deshalb vorgeschlagen, die Nutzung etwaiger funktional mit der Cloud zusammenwirkender Geräte – auf entsprechenden Antrag – einer empirischen Untersuchung im Verfahren gemäß § 93 VGG zu unterziehen. Zu Recht hat sie betont, dass diese konkret zu bezeichnenden Geräte dann allerdings umfassend untersucht werden müssten und die Untersuchung nicht auf die Nutzung zur Vervielfältigung speziell in Clouds beschränkt werden könne. Mit Blick darauf, dass der gerechte Ausgleich nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie zu berechnen ist (vgl. BGH, 10. September 2020, I ZR 66/19, GRUR 2021, 604 Rn. 14 – Gesamtvertragsnachlass; Urt. v. 18. Juni 2020, I ZR 93/19, GRUR 2020, 990 Rn. 12 – Nachlizenzierung; Urt. v. 16. März 2017, I ZR 36/15, GRUR 2017, 694 Rn. 47 – Gesamtvertrag PCs; GRUR 2017, 684 Rn. 66 – externe Festplatten), ist diese Vorgabe nicht zu beanstanden.
109
Wenn die Antragstellerin eine solche umfassende Untersuchung der Geräte- oder Speichermediennutzung mit der Begründung ablehnt, dass Vervielfältigungen ohne Cloud-Beteiligung bereits mit dem überwiegenden Teil des jeweiligen Marktes gesamtvertraglich geregelt seien, vernachlässigt sie unzulässig die möglichen Wechselwirkungen, welche mit den neuen Nutzungsformen im Netz in Bezug auf das relevante Kopierverhalten einhergehen können. Es kann gerade nicht unterstellt werden, dass Vervielfältigungen durch die Nutzung von Cloud-Speicherplatz zusätzlich zu Vervielfältigungen auf traditionellen Speichermedien hinzugekommen sind. Deshalb genügt es zur Feststellung des vergütungsrelevanten Umfangs der Geräte- und Speichermediennutzung nicht, die Ergebnisse früherer empirischer Untersuchungen oder bestehender gesamtvertraglicher Regelungen und das Ergebnis einer aktuellen Untersuchung, die sich auf die Geräte- und Speichermediennutzung für Vervielfältigungen speziell in Clouds beschränkt, schlicht aufzusummieren. Die Antragstellerin macht selbst geltend, dass die Indizwirkung von Gesamtverträgen (vgl. BGH, Urt. v. 25. Juli 2024, I ZR 27/23, juris Rn. 24 m. w. N. – Gesamtvertrag Kabelweitersendung) ihre Grenze findet, wenn spätere tatsächliche oder rechtliche Entwicklungen für eine abweichende Festlegung sprechen (BGH, Urt. v. 1. April 2021, I ZR 45/20, GRUR 2021, 1181 Rn. 44 – Gesamtvertrag USB-Sticks und Speicherkarten). Wenn sie dennoch an den bislang ungekündigten Gesamtverträgen festhält, zusätzlich aber einen Tarif wegen der Nutzung von CloudSpeicherplatz aufzustellen beabsichtigt, verliert sie den Umstand aus dem Blick, dass die Inanspruchnahme von Cloud-Speicherplatz für erlaubte Vervielfältigungen nicht isoliert für betrachtet werden kann, sondern ein geändertes Nutzerverhalten auch in seiner Auswirkung auf den Umfang der Nutzung von traditionellen Geräten und Speichermedien für privilegierte Vervielfältigungen zu betrachten wäre. Deshalb ist auch die Argumentation der Antragstellerin unbehelflich, wenn sie geltend macht, dass „zu Clouds, Cloud-Speichern, Cloud-Kopien und ähnliches“ keine (Gesamt) Vertragsverhandlungen oder sonstige kontradiktorischen Verhandlungen stattgefunden hätten, sodass insoweit keine Vertragspartei ihre spezielle Sachkompetenz und Marktkenntnis eingebracht habe.
110
Die Änderungen im Nutzerverhalten erfordern eine umfassende Untersuchung des Nutzungsmaßes der – von der Antragstellerin zu benennenden, nicht zwingend sämtlicher – End-/Zugriffsgeräte für privilegierte Vervielfältigungen, wie sie von der Schiedsstelle angeregt, von der Antragstellerin jedoch abgelehnt worden ist. Eine isolierte Untersuchung der Nutzung von Clouds für Privatkopien ist nicht geeignet, die erforderlichen Grundlagen für eine Tarifaufstellung zu liefern. Es genügt gerade nicht, Daten aus einem Teilbereich des Nutzungsverhaltens nachzuermitteln und die übrige Entwicklung der Geräte- und Speichermediennutzung für die Anfertigung von Privatkopien zu ignorieren.
111
(v) Aus denselben Gründen ergibt sich auch aus Art. 5 Abs. 5 der RL 2001/29/EG keine andere Wertung.
112
Nach dem sogenannten Dreistufentest dürfen die in Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie genannten Ausnahmen und Beschränkungen, mithin die mit §§ 53 ff., §§ 60a ff. UrhG umgesetzten Beschränkungen, nur in bestimmten Sonderfällen angewandt werden, in denen die normale Verwertung des Werks oder des sonstigen Schutzgegenstands nicht beeinträchtigt wird und die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers nicht ungebührlich verletzt werden. Dieser Test ist unter anderem Maßstab für die Anwendung der einschlägigen Vorschriften des Urheberrechtsgesetzes im Einzelfall (vgl. BGH, Urt. v. 30. April 2020, I ZR 228/15, GRUR 2020, 859 Rn. 69 f. – Reformistischer Aufbruch II). Die Prüfung, ob eine ungebührliche Verletzung der berechtigten Interessen des Rechtsinhabers vorliegt, würde allerdings die Durchführung einer Untersuchung mit dem von der Schiedsstelle vorgeschlagenen und von der Antragstellerin abgelehnten Umfang voraussetzen.
113
(vi) Soweit die Antragstellerin geltend macht, dass den Rechtsinhabern nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG das vermögenswerte Ergebnis ihrer Leistung in Form des Vergütungsanspruchs nach § 54 Abs. 1 UrhG zuzuordnen sei, kann gleichfalls auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen werden.
114
Erkenntnisse darüber, ob diesem Erfordernis gegenwärtig noch entsprochen wird, könnte eine Untersuchung zur Geräte- oder Speichermediennutzung für privilegierte Vervielfältigungen in dem von der Schiedsstelle angeregten und von der Antragstellerin abgelehnten Umfang liefern.
115
4. Die Schiedsstelle hat den Hilfsantrag vom 30. November 2023 ohne Verletzung von Verfahrensrechten der Antragstellerin und in der Sache zu Recht abgelehnt. Sie war berechtigt, die Durchführung einer empirischen Untersuchung gemäß § 93 VGG zur Ermittlung der nach § 54a Abs. 1 UrhG maßgeblichen Nutzung von PCs, Tablets, Mobiltelefonen, Smartwatches und Cloud-Servern zur Vornahme von „Cloud-Kopien“, d. h. Vervielfältigungen zum eigenen Gebrauch gemäß § 53 Abs. 1 oder 2 UrhG oder §§ 60a bis 60f UrhG mit einem „Cloud-Speicher“ (d. h. dem digitalen OnlineSpeicherplatz, auf den der Cloud-Nutzer über das Internet zugreifen kann) als Quelle und/oder einem Cloud-Speicher als Ziel solcher Vervielfältigungen abzulehnen.
116
a) Die Schiedsstelle hat die rechtlichen Vorfragen zutreffend dahingehend beantwortet, dass die begehrte Untersuchung nicht dazu geeignet ist, die nach § 54a Abs. 1 UrhG maßgebliche Nutzung von PCs, Tablets, Mobiltelefonen und Smartwatches zu ermitteln.
117
Aus den bereits unter B. II. 3. am Ende dargestellten Gründen wäre eine empirische Untersuchung zur Nutzung von Geräten und Speichermedien für privilegierte Zwecke geeignet, die nach § 54a Abs. 1 UrhG maßgebliche Nutzung von PCs, Tablets, Mobiltelefonen und Smartwatches zu ermitteln, sofern ein umfassender Untersuchungsansatz gewählt würde. Denn maßgebend ist nach § 54a Abs. 1 Satz 1 UrhG, in welchem Maß die Geräte und Speichermedien als Typen tatsächlich für Vervielfältigungen nach § 53 Abs. 1 oder 2 oder §§ 60a bis 60f UrhG genutzt werden. Die Durchführung entsprechend umfassender empirischer Untersuchungen wäre – entgegen der Ansicht der Antragstellerin – aus den dargelegten Gründen nicht sinnlos. Die Ergebnisse könnten zudem eine taugliche Grundlage für die Entscheidung bilden, ob an den bestehenden Gesamtverträgen weiterhin festgehalten oder ob diese oder einige von ihnen gekündigt werden sollen.
118
Nach dem Hilfsantrag sollte die Untersuchung jedoch nicht darauf gerichtet sein, die Nutzung von PCs, Tablets, Mobiltelefonen und Smartwatches für privilegierte Vervielfältigungen zu ermitteln. Die Untersuchung sollte vielmehr auf den Umfang der Nutzung für privilegierte Vervielfältigungen mit einem „Cloud-Speicher“ (d. h. mit einem digitalen Online-Speicherplatz, auf den der Cloud-Nutzer über das Internet zugreifen kann) als Quelle und/oder einem Cloud-Speicher als Ziel beschränkt werden. Eine solche beschränkte Untersuchung wäre keine taugliche Grundlage für eine
119
Tarifaufstellung. Auf die Ausführungen unter B. II. 3. b) cc) (iv) wird verwiesen. Ob die ungekündigten Gesamtverträge die gesetzlich erlaubte Geräte- und Speichermediennutzung derzeit noch zutreffend abbilden, kann dahinstehen. Es kommt auch nicht darauf an, ob bei Abschluss der Gesamtverträge die Möglichkeiten der Cloud-Nutzung zu Speicherzwecken (hinreichend) berücksichtigt worden sind. Die Antragstellerin hat eine umfassende Untersuchung der aktuellen Geräte- und Speichermediennutzung für privilegierte Zwecke ausdrücklich abgelehnt. Wenn sie mit ihrem Antrag die Durchführung einer Untersuchung „zur Ermittlung der nach § 54a Abs. 1 UrhG maßgeblichen Nutzung“ erstrebt, gleichzeitig aber an der ausdrücklich formulierten Einschränkung des Untersuchungsauftrags auf Nutzungen zu Vervielfältigungen mit einem „Cloud-Speicher“ als Quelle und/oder einem CloudSpeicher als Ziel solcher Vervielfältigungen festhält, erstrebt sie nach dem bereits Ausgeführten gerade keine Untersuchung, die auf die Ermittlung der nach § 54a Abs. 1 UrhG maßgeblichen Nutzung des jeweiligen Geräte- oder Speichermedientypus gerichtet ist.
120
b) Soweit der Hilfsantrag auf die empirische Ermittlung der Nutzung von Cloud-Servern zu privilegierten Vervielfältigungen (mit einem „Cloud-Speicher“ als Quelle und/oder einem Cloud-Speicher als Ziel solcher Vervielfältigungen) gerichtet ist, bezieht er sich – wie die Schiedsstelle zutreffend ausgeführt hat – nicht auf einen eigenständigen Gerätetypus.
121
Server als Hardware werden in unterschiedlichem Kontext und in verschiedenen Verwendungsbereichen zu Speicherzwecken eingesetzt. Server, die von CloudAnbietern betrieben werden und auf denen den jeweiligen Kunden Speicherplatz zur Verfügung gestellt wird, stellen keinen eigenständigen Gerätetypus im Sinne des § 54 Abs. 1 UrhG dar. „Cloud-Server“ sind sie deshalb, weil sie von Cloud-Anbietern zu dem Zweck betrieben werden, Online-Speicherplatz in der „Cloud“ zur Verfügung zu stellen. Diese Zweckbestimmung begründet jedoch keinen eigenständigen Gerätetyp im Sinne des § 54 Abs. 1 UrhG. Für die substanzlose Behauptung der Antragstellerin, dass es entgegen diesen Darlegungen der Schiedsstelle einen eigenständigen Typus physischer Server in Form von „Cloud-Servern“ gebe, ist nichts ersichtlich. Die Antragstellerin hat auch nicht vorgetragen, worin sich ein angeblicher Gerätetypus „Cloud-Server“ von „anderen“ Servern unterscheiden soll, oder die technischen Eigenschaften von „Cloud-Servern“ definiert. Vielmehr formulierte sie selbst noch am
122
3. Mai 2024: „Der Cloud-Anbieter verfügt über ein (virtuell) teilbares, mandantenfähiges Reservoir konfigurierbarer IT-Ressourcen (zB Betriebssysteme, Netzwerke, Server und sonstige Speichermedien und Geräte, Anwendungen), die er gleichzeitig einer Mehrzahl von Cloud-Kunden zur Nutzung zur Verfügung stellen kann“ (Hervorhebung durch den Senat). Ihr ist zudem aus der Entscheidung der Schiedsstelle bekannt, dass die angebliche typenmäßige Unterscheidbarkeit weder unzweifelhaft ist noch als allgemein bekannt vorausgesetzt werden kann. Wenn sie vorgeblich davon ausgeht, das Bestehen eines Gerätetypus „Cloud-Server“ sei gerichtsbekannt, ist das nicht nachvollziehbar. Der Senat hat nicht – was aber Voraussetzung für eine Verwertung von Tatsachen in der Entscheidung als gerichtsbekannt wäre (vgl. Abramenko in Prütting/Helms, FamFG, 6. Aufl. 2023, § 32 Rn. 13 m. w. N.) – mitgeteilt, dass ihm eine solche angebliche Tatsache, deren allgemeine Bekanntheit nicht unzweifelhaft feststeht, gerichtsbekannt sei.
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Unbehelflich sind die Ausführungen der Antragstellerin zur Differenzierung zwischen Hardware- und Softwareservern. Danach werde als „Software-Server“ ein Programm bezeichnet, das im Client-Server-Modell mit einem anderen Programm, dem Client, kommuniziere. „Hardware-Server“ bezeichne einen Computer, auf dem ein oder mehrere Software-Server liefen. Darauf kommt es aus den dargestellten Gründen für die Entscheidung nicht an; eine Abgabepflicht für „Software-Server“ im Sinne dieser Beschreibung steht nicht im Raum.
124
c) Die Schiedsstelle hat die Verfahrensrechte der Antragstellerin nicht verletzt.
125
Vor der Schiedsstelle nach dem Verwertungsgesellschaftengesetz hat die Partei keinen Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG, aber einen Anspruch auf ein faires Verfahren nach Art. 19 Abs. 4 GG.
126
aa) Zu den wesentlichen Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Verfahrens zählt das Recht auf ein faires Verfahren. Auch außerhalb des Anwendungsbereichs des Art. 103 Abs. 1 GG darf der Einzelne deshalb nicht zum bloßen Objekt staatlicher Entscheidung werden; ihm muss insbesondere die Möglichkeit gegeben werden, vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort zu kommen, um Einfluss auf das Verfahren und dessen Ergebnis nehmen zu können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Januar 2000, 1 BvR 321/96, BVerfGE 101, 397 [404 f., juris Rn. 29] m. w. N.).
127
Gegen diesen Grundsatz hat die Schiedsstelle nicht verstoßen.
128
bb) Die Antragstellerin rügt, sie habe ausführlich vorgetragen und unter Beweis gestellt, das Cloud-Kopien derzeit nicht vergütet würden; die Schiedsstelle sei dem nicht nachgegangen; die Vergütung von Cloud-Kopien könne aber nicht unter Berufung auf die Indizwirkung von Gesamtverträgen fingiert werden.
129
Ein Verstoß gegen die Grundsätze rechtsstaatlichen Verfahrens ist damit nicht dargetan, denn ausgehend vom Rechtsstandpunkt der Schiedsstelle kam es auf das als übergangen gerügte Vorbringen der Antragstellerin für die Entscheidung nicht an.
130
Maßgeblich für die Frage, ob ein Verfahrensmangel vorliegt, ist der materiellrechtliche Standpunkt der angegriffenen Entscheidung. Ebenso wenig wie der Anspruch auf rechtliches Gehör gewährt der Anspruch auf ein faires Verfahren Schutz gegen eine – nach Meinung eines Beteiligten sachlich unrichtige – Ablehnung eines Beweisantrags aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts (vgl. zu Art. 103 Abs. 1 GG: BVerfG, Beschluss vom 15. Februar 2017, 2 BvR 395/16, juris Rn. 6 m. w. N.; Urt. v. 8. Juli 1997, 1 BvR 1621/94, BVerfGE 96, 205 [216, juris Rn. 43]; Beschluss vom 30. Januar 1985, 1 BvR 393/84, BVerfGE 69, 141 [143 f., juris Rn. 10]; außerdem: BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2010, 5 B 38/10, juris Rn. 18; Beschluss vom 28. April 2008, 4 B 47/07, juris Rn. 15).
131
Aus der rechtlichen Sicht der Schiedsstelle spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die von der Antragstellerin für sämtliche in Betracht kommenden Endgeräte gesamtvertraglich vereinbarten Vergütungen der angemessenen Vergütung nach § 54a UrhG entspricht. Für diese Sicht stützt sich die Schiedsstelle auf höchstrichterliche Rechtsprechung zur Indizwirkung von gesamtvertraglich vereinbarten Vergütungssätzen (BGH GRUR 2021, 604 Rn. 20 – Gesamtvertragsnachlass; GRUR 2017, 694 Rn. 60 – Gesamtvertrag PCs). Diese Vermutung gelte nicht nur für den Abschlusszeitpunkt, sondern auch noch danach, solange die Vertragsparteien an den ungekündigten Gesamtverträgen festhielten. Weiter führt die Schiedsstelle aus: Weil die Vergütung für alle mit den betreffenden Geräten als Typen angefertigte privilegierte Vervielfältigungen zu zahlen sei und demgemäß die gesamtvertragliche Regelung nicht vorsehen könne, dass die vereinbarte Vergütung nur bestimmte privilegierte Vervielfältigungen abgelte, sei ein etwaiger Wille der Gesamtvertragsparteien, nur eine eingeschränkte Abgeltung vorzunehmen, rechtlich unbeachtlich (S. 22 f. des Beschlusses vom 27. März 2024). Dass die vereinbarte Vergütung sämtliche privilegierte Vervielfältigungen abgelte, ist mithin ein rechtliches Argument der Schiedsstelle. Dass die Schiedsstelle insoweit von der rechtlichen Sicht der Antragstellerin abweicht, bedeutet keine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren wegen vermeintlichen Übergehens von Tatsachenvortrag und Beweisangeboten.
132
Des Weiteren wäre aus der rechtlichen Sicht der Schiedsstelle nur die vorgeschlagene (und von der Antragstellerin abgelehnte) umfassende empirische Untersuchung zur Nutzung der Geräte und Speichermedien für privilegierte Vervielfältigungen dazu geeignet gewesen, in tatsächlicher Hinsicht Erkenntnisse darüber zu erbringen, ob die gesamtvertraglich vereinbarten Vergütungen Cloud-Kopien trotz geänderten Nutzerverhaltens weiterhin angemessen abgelten.
133
Ausgehend von diesen rechtlichen Prämissen stellt es keinen Verstoß gegen die Grundsätze fairen Verfahrens dar, dass die Schiedsstelle der Behauptung, CloudKopien würden derzeit nicht vergütet, nicht durch Beweiserhebung nachgegangen ist. cc) Die Antragstellerin rügt weiter, dass ihre mit Schriftsatz vom 28. Juli 2023 (Anlage AS 11) angebrachten Anträge auf Sachverhaltsaufklärung gemäß §§ 113, 104 VGG übergangen worden seien.
134
Sie lässt wiederum außer Acht, dass aus der maßgeblichen - und vom Senat geteilten - rechtlichen Sicht der Schiedsstelle bereits kein tauglicher Untersuchungsgegenstand vorgelegen hat, weshalb eine Sachverhaltsaufklärung nichts zur Erhellung entscheidungsrelevanter Tatsachen beitragen konnte. Dass die Schiedsstelle den Anträgen nicht nachgegangen ist, verstößt deshalb nicht gegen die Grundsätze eines fairen Verfahrens. Nichts anderes folgt daraus, dass die Schiedsstelle die Anträge weder explizit in der Entscheidung erwähnt noch das Absehen von Maßnahmen der Sachverhaltsaufklärung begründet hat. Die fehlende Entscheidungsrelevanz ergibt sich aus der ausführlich dargestellten Rechtsansicht der Schiedsstelle; eine Befassung mit Vorbringen, das nach dem eigenen Rechtsstandpunkt klar ohne Bedeutung für die Entscheidung ist, ist unter dem Gesichtspunkt eines rechtsstaatlichen Verfahrens nicht erforderlich. dd) Eine unzulässige Überraschungsentscheidung liegt nicht vor.
135
Die Schiedsstelle hat ihre Rechtsansicht, die der Zurückweisung des Hilfsantrags in der Entscheidung vom 27. März 2024 zugrunde liegt, mit dem Hinweis vom 2. Mai 2023 klar kommuniziert. Sie hat darin ausdrücklich ihre Rechtsansicht wiederholt, wonach kein tauglicher Untersuchungsgegenstand vorliege.
136
Untersuchungsgegenstand könne – bei entsprechendem Antrag – die Nutzung etwaiger funktional mit der Cloud zusammenwirkender Geräte sein. Die Nutzung dieser noch näher zu bezeichnenden Geräte zu Vervielfältigungen nach § 53 Abs. 1 (und 2) oder §§ 60a bis 60f UrhG müsse dann allerdings umfassend untersucht werden. Sie könne nicht auf die Nutzung zur Vervielfältigung speziell in Clouds beschränkt werden.
137
Soweit die Antragstellerin meint, die Schiedsstelle sei in der Entscheidung von einem rechtlich und technisch unzutreffenden Verständnis des Begriffs „Server“ ausgegangen, weil sie verkannt habe, dass es sowohl Software- als auch Hardwareserver gebe, ist ein relevanter Hinweismangel nicht dargetan. Die Antragstellerin behauptet zwar, sie hätte im Fall eines Hinweises die Eigenart von Cloud-Servern dargelegt. Sie hat jedoch nicht im Einzelnen dargetan, was sie konkret vorgetragen hätte, wäre ein Hinweis erteilt worden. Sie meint vielmehr, jedenfalls seien Cloud-Server unabhängig von ihrer technischen Ausgestaltung eindeutig von sonstigen Servern unterscheidbar, wie schon die Terminologie in Rechtsprechung, Literatur und der Marktbeteiligten zeige; sie gehe davon aus, dass dies gerichtsbekannt sei. Dies genügt nicht.
138
1. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil die Antragstellerin die gerichtlichen Kosten des Verfahrens bereits nach den gesetzlichen Bestimmungen zu tragen hat (§ 1 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 19 GNotKG i. V. m. § 22 Abs. 1 GNotKG).
139
2. Die nach § 1 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 19, § 3 Abs. 1 und 2 GNotKG in Verbindung mit Nr. 15301 KV GNotKG erforderliche Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 36 Abs. 1 GNotKG.
140
Das vorliegende Verfahren hat eine vermögensrechtliche Angelegenheit im Sinne des § 36 Abs. 1 GNotKG zum Gegenstand, denn die Antragstellerin führt das Verfahren in Wahrnehmung der ihr übertragenen, auf Geldeswert gerichteten Ansprüche. Es dient im Wesentlichen der Wahrung wirtschaftlicher Belange (vgl. dazu: BGH, Urt. v.
141
20. Dezember 1983, VI ZR 94/82, BGHZ 89, 198 [200, juris Rn. 13]; Soutier in BeckOK Kostenrecht, 45. Ed. Stand: 1. April 2024, § 36 GNotKG Rn. 1; Diehn in Bormann/ Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 4. Aufl. 2021, § 36 Rn. 6).
142
Den Geschäftswert bemisst der Senat nach billigem Ermessen mit einem Viertel des Werts des Interesses der Antragstellerin, dessen Vorbereitung die Durchführung des Verfahrens nach § 93 VGG dient.
143
Der Wert, der dem Interesse der Antragstellerin an der Durchführung der selbständigen empirischen Untersuchung beizumessen ist, leitet sich aus der Höhe derjenigen Ansprüche ab, die mit der Untersuchung vorbereitet werden sollen. Dafür ist von maßgeblicher Bedeutung, welche Vorstellungen die Antragstellerin selbst hinsichtlich der Anspruchshöhe hat. Dieses Interesse schätzt der Senat auf der Grundlage der Wertangaben, welche die Antragstellerin bei Einleitung derjenigen Verfahren gemacht hatte, mit denen sie Auskunftsansprüche gegen Cloud-Anbieter und die Feststellung begehrte, dass die Cloud-Anbieter zur Zahlung einer angemessenen Vergütung verpflichtet seien. Denn nach allgemeiner Auffassung stellt die eigene – nicht offensichtlich unzutreffende – Wertangabe eines Antragstellers zu Beginn des Verfahrens ein gewichtiges Indiz für eine zutreffende Bewertung dar (vgl. BGH, Urt. v. 24. April 1985, I ZR 130/84, GRUR 1986, 93 [juris Rn. 21]; BayObLG, Beschluss vom 20. September 2021, 101 ZBR 134/20, ZIP 2021, 2328 [juris Rn. 71] m. w. N.), weil in diesem Verfahrensstadium, in dem die spätere Kostentragungspflicht noch offen ist, erfahrungsgemäß Angaben von größerer Objektivität erwartet werden dürfen als zu einem Zeitpunkt, zu dem die Kostentragungspflicht bereits feststeht oder zumindest mit erheblicher Sicherheit vorauszusehen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2012, X ZR 110/11, GRUR 2012, 1288 Rn. 4 – Vorausbezahlte Telefongespräche II).
144
Ausweislich der Ausführungen der Schiedsstelle in der angefochtenen Entscheidung hatte die Antragstellerin den Wert dieser insgesamt sechs bei der Schiedsstelle gegen Cloud-Anbieter eingeleiteten Verfahren mit jeweils vorläufig 100.000,00 € angegeben. Dem entspricht auch die Streitwertfestsetzung in den vor dem Oberlandesgericht München geführten Verfahren (38 Sch 58/22 WEG bis 38 Sch 60/22 WEG), in denen die Antragstellerin urheberrechtliche Auskunfts- und Vergütungsansprüche nach §§ 54 ff. UrhG gegen Cloud-Anbieter geltend gemacht hatte.
145
Ausgehend davon, dass die Antragstellerin urheberrechtliche Vergütungsansprüche gegen alle Cloud-Anbieter behauptet, die ihre Dienste in Deutschland wohnhaften Kunden anbieten, kann der Wertfestsetzung zugrunde gelegt werden, dass das Verfahren nach § 93 VGG die Geltendmachung von Ansprüchen gegen (mindestens) zehn Cloud-Betreiber vorbereiten soll. Das Interesse an der Hauptsache kann danach in Übereinstimmung mit der Schiedsstelle auf 1.000.000,00 € geschätzt werden.
146
Des Weiteren berücksichtigt der Senat, dass das Verfahren nach § 93 VGG nicht der Anspruchsdurchsetzung selbst dient, sondern nur die Aufstellung eines Tarifs vorbereiten kann. Die Verpflichtung zur Zahlung einer Vergütung für Geräte oder Speichermedien wiederum besteht kraft Gesetzes (§ 54 Abs. 1, § 54b Abs. 1 UrhG) und wird nicht erst durch das Aufstellen eines Tarifs begründet. Diese Umstände berücksichtigt der Senat im Rahmen der Ermessensausübung in der Weise, dass lediglich ein nach § 3 ZPO zu schätzender Bruchteil vom Hauptsachewert angesetzt wird. Es erscheint sachgerecht, in Anlehnung an die Grundsätze zur Wertfestsetzung für Auskunftsansprüche das Interesse in Abhängigkeit davon zu bewerten, in welchem Maß die Durchsetzbarkeit der behaupteten Ansprüche von der Durchführung des Verfahrens nach § 93 VGG abhängt (vgl. zur Bewertung des Angreiferinteresses bei Auskunftsansprüchen: BGH, Urt. v. 10. Februar 2011, III ZR 338/09, juris Rn. 17; Herget in Zöller, ZPO, § 3 Rn. 16.28). Danach ist einerseits zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin einen Tarif nur auf der Basis einer im Verfahren nach § 93 VGG durchgeführten selbständigen empirischen Untersuchung aufstellen kann, andererseits, dass sie urheberrechtliche Auskunfts- und Vergütungsansprüche gegen Cloud-Betreiber unabhängig vom Bestehen eines Tarifs gerichtlich verfolgen kann.
147
Ausgehend davon schätzt der Senat den Wert im vorliegenden Fall auf 250.000,00 €.
148
Allerdings bemisst sich der Streitwert des selbständigen Beweisverfahrens (§§ 485 ff. ZPO) nach dem vollen mutmaßlichen Hauptsachestreitwert (BGH, Beschluss vom 16. September 2004, III ZB 33/04, NJW 2004, 3488 [juris Rn. 15 ff.]; OLG Hamburg, Beschluss vom 21. Juni 2023, 4 W 45/23, juris Rn. 9; OLG Stuttgart, Beschluss vom 9. August 2011, 12 W 36/11, NJW-RR 2012, 91 [juris Rn. 8]), wobei als Grundlage der Festsetzung der vom Antragsteller bei Verfahrenseinleitung geschätzte Wert dient, sofern entgegenstehende Anhaltspunkte fehlen (BGH NJW 2004, 3488 [juris Rn. 18]). Der Ansatz des vollen Werts der Hauptsache folgt daraus, dass das selbständige Beweisverfahren als vorweggenommener Teil des späteren Hauptsacheverfahrens anzusehen ist, weshalb es nicht der Verfolgung eines – im Verhältnis zum Hauptsacheverfahren – geringeren Rechtsschutzziel dient. Es kommt nicht darauf an, dass das selbständige Beweisverfahren nicht als solches auf die Schaffung eines Titels ausgerichtet ist (was wegen § 492 Abs. 3 ZPO nur mit Einschränkungen richtig ist), sondern darauf, dass es bestimmt und geeignet ist, in einem solchen Verfahren verwendet zu werden (BGH NJW 2004, 3488 [juris Rn. 17]).
149
Diese Grundsätze sind auf das Verfahren nach § 93 VGG nicht übertragbar. Das Verhältnis von selbständigem Beweisverfahren zu Hauptsacheverfahren ähnelt nur beschränkt dem Verhältnis, in dem Verfahren der selbständigen empirischen Untersuchung nach § 93 VGG zu bestimmten Verfahren über Streitfälle nach dem Urheberrechtsgesetz und über den Abschluss oder die Änderung von Gesamtverträgen stehen. So wurde mit der Einführung des selbständigen Schiedsstellenverfahrens durch das VG-Richtlinie-Umsetzungsgesetz die im Jahr 2008 eingeführte Bestimmung beibehalten, wonach vor Aufstellung eines Tarifs die maßgebliche Nutzung von Geräten und Speichermedien zur Vervielfältigung geschützter Werke durch eine empirische Untersuchung zu ermitteln ist. Die Reform entkoppelte diese Untersuchung von Verhandlungen über einen Gesamtvertrag und stellte hierfür ein gesondertes Verfahren bereit (BT-Drs. 18/7223 S. 66). Das Verfahren der selbständigen empirischen Untersuchung ist jedoch nach der gesetzlichen Konzeption nicht als vorweggenommener Teil eines späteren Hauptsacheverfahrens anzusehen. Vielmehr besteht lediglich die Möglichkeit, sein Ergebnis in späteren Verfahren über die Vergütung heranzuziehen. Denn es kann nach § 115 VGG in anderen Schiedsstellenverfahren und nach § 129 Abs. 2 Satz 2 VGG auch in gerichtlichen Verfahren verwertet werden. Anders als das selbständige Beweisverfahren nach der Zivilprozessordnung ist die Durchführung einer selbständigen empirischen Untersuchung nach § 93 VGG somit nicht zwingend Teil des späteren Hauptsacheverfahrens zur Durchsetzung von Vergütungsansprüchen.
150
Der Ansicht der Antragstellerin, die einen Wert von 5.000,00 € für angemessen hält, kann nicht gefolgt werden. Ihr Interesse an der Durchführung der empirischen Untersuchung gemäß § 93 VGG wird nicht durch den Kostenaufwand, den eine solche Untersuchung verursacht, bestimmt, sondern davon, dass nur die von einer neutralen Stelle durchgeführte Untersuchung im Verfahren nach § 93 VGG Grundlage für eine Tarifaufstellung sein kann. Bei der Streitwertbemessung für das Verfahren ist daher der Wert der – von der Antragstellerin angenommenen – Ansprüche zu berücksichtigen, deren Realisierung mit diesem spezifischen Beweisverfahren vorbereitet werden soll. Ein entsprechender Grundsatz ist auch für die Bemessung des Streitwerts des selbständigen Beweisverfahrens nach der Zivilprozessordnung anerkannt. Wenn die Feststellung von Mängeln oder Schäden bzw. deren Beseitigungskosten Gegenstand des Beweisverfahrens sind, kommt es für den Streitwert grundsätzlich auf die Kosten der Mängel- bzw. Schadensbeseitigung an. Sofern allerdings das Interesse des Antragstellers über die Mängel- bzw. Schadensbeseitigung hinausgeht und er erkennbar andere Ansprüche neben oder anstelle des Anspruchs auf Mängel- bzw. Schadensbeseitigung vorbereiten will, so ist auch der Wert dieser Ansprüche bei der Bemessung des Streitwerts des selbständigen Beweisverfahrens zu berücksichtigen (OLG Hamburg, Beschluss vom 21. Juni 2023, 4 W 45/23, juris Rn. 10 f.; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 10. November 2011, 4 W 246/11, juris Rn. 8; OLG Stuttgart NJW-RR 2012, 91 [juris Rn. 10]; ebenso Herget in Zöller, ZPO, § 3 Rn. 16.151).
151
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 29 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGGVG).
152
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Sache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage insbesondere dann, wenn sie vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden worden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird, oder wenn dazu in der Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten werden (BGH, Beschluss vom 26. September 2018, XII ZA 10/18, juris Rn. 3). Das ist hier der Fall. Zwar steht die Entscheidung des Senats im Einklang mit den Entscheidungen des Oberlandesgerichts München vom 2. Februar und 15. März 2024 zu den dortigen Aktenzeichen 38 Sch 58/22 VVG e bis 38 Sch 60/22 VVG e. Höchstrichterliche Rechtsprechung zu der inmitten stehenden Frage einer urheberrechtlichen Vergütungspflicht von Cloud-Betreibern im Rahmen der Privatkopiefreiheit existiert jedoch nicht. Auch in der juristischen Fachliteratur hat sich hierzu bislang keine allgemein akzeptierte Meinung herausgebildet. Die zu entscheidenden Fragen haben eine über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung.