Titel:
Teilweise Einstellung, Vorbescheid, Einfügen nach dem Maß der baulichen Nutzung, Einfügen nach der überbaubaren Grundstücksfläche, Anspruch auf Befreiung (bejaht), Maßnahmen der energetischen Sanierung
Normenketten:
BayBO Art. 71
BauGB § 34
BauGB § 31 Abs. 2
BauGB § 248
Schlagworte:
Teilweise Einstellung, Vorbescheid, Einfügen nach dem Maß der baulichen Nutzung, Einfügen nach der überbaubaren Grundstücksfläche, Anspruch auf Befreiung (bejaht), Maßnahmen der energetischen Sanierung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 19991
Tenor
I.Soweit die Hauptsache für erledigt erklärt wurde, wird das Verfahren eingestellt.
II.Die Antworten zu Frage 1b) und 1d) des Vorbescheids vom 24.10.22 (PlanNr. *********) werden aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, die Fragen 1b) und 1d) des Vorbescheidsantrags vom 6.5.22 (PlanNr. **) positiv zu beantworten.
III.Die Klägerin und die Beklagte haben die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte zu tragen.
IV.Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Die Klägerin begehrt einen positiven Vorbescheid für die energetische Sanierung und Erweiterung eines Mehrfamilienhauses hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung und der überbaubaren Grundstücksfläche.
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Das Vorhabengrundstück V. …straße 64, Fl.Nr. …260, Gem. …, ist gegenwärtig mit einem in Nord-Süd-Richtung ausgerichteten, zweigeschossigen Mehrfamilienhaus mit zurückgesetztem Terrassengeschoss mit Flachdach (2.OG) bebaut. Es liegt im Quartier V. …straße, N. … Straße, D. …straße und F. …straße. Entlang der V. …straße und entlang der F. …straße ist für dieses Quartier eine straßenseitige Baulinie festgesetzt. Vgl. zur Lage des Vorhabengrundstücks und der umgebenden Bebauung anliegenden Lageplan im Maßstab 1 : 1.000, der eine Darstellung des Vorhabens enthält (eventuell nicht mehr maßstabsgetreu):
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Am 6. Mai 2022 (Eingangsdatum) beantragte die Klägerin die Erteilung eines Vorbescheids (Fragen 1 a) – e) und 2 a) und b)) für die energetische Sanierung und Erweiterung des vorgenannten Mehrfamilienhauses (PlanNr. …*). Vorgesehen ist im Wesentlichen die Erweiterung des Baukörpers Richtung Süden um 4,90 m im EG und 1.OG bzw. 3,15 m im 2.OG (weiterhin zurückgesetztes Terrassengeschoss) unter Errichtung einer zum Teil überdachten Dachterrasse auf dem 1.OG. Das Vorhaben weist eine Grundfläche von ca. 275 m² auf. Der beantragte Anbau weicht auf der Westseite auf einer Länge von ca. 3,5 m um ca. 0,3 m bis 0,01 m (Maße jeweils abgegriffen) von der schräg verlaufenden straßenseitigen Baulinie (entlang der F. …straße) zurück. Weiterhin ist die Anbringung einer ca. 0,3 m breiten Dämmung (abgegriffen) an den Bestandsaußenwänden vorgesehen, was an der Nordseite eine Überschreitung der dort festgesetzten straßenseitigen Baulinie (entlang der V. …straße) zur Folge hat. Der Vorbescheidsantrag enthielt u.a. folgende Fragenstellungen:
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Frage 1: Ist auf dem Grundstück Fl.Nr. … der Gem. … die energetische Sanierung und Erweiterung eines Mehrfamilienhauses, wie in den anliegenden Plänen dargestellt, hinsichtlich
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b) dem Maß der baulichen Nutzung [und]
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d) der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll
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bauplanungsrechtlich zulässig?
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Mit Vorbescheid vom 24. Oktober 2022 (PlanNr. …*) beantwortete die Beklagte u.a. die Fragen 1b) und 1d) negativ. Das Vorhaben füge sich nach dem Maß der baulichen Nutzung nicht mehr die maßgebliche Umgebungsbebauung ein. Es übersteige das im Geviert prägende Nutzungsmaß. Weiterhin übersteige es die maßgebliche rückwärtige Bebauungstiefe. Diese werde durch den Baukörper V. …straße 66/66a geprägt. Die Überschreitung würde zu einer städtebaulich unerwünschten Verdichtung innerhalb des Gevierts und einem Verlust von Grünflächen führen. Die energetische Sanierung könne nicht beurteilt werden, da die Pläne hier keine Informationen enthielten.
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Mit Schriftsatz vom 14. November 2022, bei Gericht ein gegangen am selben Tag, erhob der Bevollmächtigte der Klägerin für diese Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München zunächst mit dem Ziel, den Vorbescheid vom 24. Oktober 2022 hinsichtlich der Fragen 1b) und d) sowie 2 a) und b) aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Vorbescheid auch insoweit zu erteilen. Die Klägerin beantragt zuletzt,
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Der Bescheid der Beklagten vom 24.10.2022, Az.: …, wird hinsichtlich der Fragen 1 b) und d) aufgehoben.
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Die Beklagte wird verpflichtet, den Vorbescheid, auch soweit er abgelehnt wurde, gemäß Antrag, eingegangen bei der Beklagten am 6.5.2022, zu erteilen.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung als Bezugsfall auf die F. …straße 27 (Fl.Nr. …*) abzustellen sei. Als nähere Umgebung sei insoweit das Geviert sowie die gegenüberliegende Straßenseite der F. …straße heranzuziehen. Das geplante Vorhaben füge sich auch in Bezug auf die überbaubare Grundstücksfläche ein. Eine faktische Baugrenze im rückwärtigen Bereich existiere ebenso wenig wie eine faktische Bebauungstiefe.
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Dem trat die Beklagte entgegen. Sie beantragt,
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Im Geviert finde sich kein Bezugsfall. Das Vorhaben würde zu einer erheblichen Nachverdichtung beitragen und städtebauliche Spannungen auslösen. Das Gebäude F. …straße 27 komme nicht als Bezugsfall in Betracht, da auf das jeweilige Geviert abzustellen sei und dieses Gebäude dem Baugrundstück nicht gegenüber liege. Auch hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche füge sich das Vorhaben nicht ein. Die Bebauungstiefe sei entlang derselben Erschließungsstraße zu beurteilen und werde durch das Nachbargebäude V. …straße 66/66a vorgegeben. Die Bebauungstiefe der zur F. …straße hin orientierten Gebäude sei hingegen nicht maßgeblich.
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Das Gericht hat am 18. März 2024 Beweis durch Augenschein erhoben und eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in der die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich der Vorbescheidsfragen 2a) und b) übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Auf die Protokolle des Augenscheins und der mündlichen Verhandlung wird verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten sowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich der Fragen 2a) und b) des Vorbescheidsantrags vom 6. Mai 2022 (PlanNr. …*) übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Da sich die Hauptsache nur teilweise erledigt hat, war kein gesonderter Beschluss zu erlassen, sondern die Entscheidung über die Verfahrenseinstellung und die Kostentragung zusammen mit der Sachentscheidung über den nicht erledigten Teil im Urteil zu treffen (vgl. BVerwG, B.v. 7.8.1998 – 4 B 75.98 – juris Rn. 2; Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 16. Auflage 2022, § 92 Rn. 24f., § 161 Rn. 14).
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Im Übrigen hat die zulässige Klage auch in der Sache Erfolg. Die Klägerin hat einen Anspruch auf positive Beantwortung der Vorbescheidsfragen 1b) und d) des Antrags vom 6. Mai 2022 nach PlanNr. …, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Dem abgefragten Vorhaben stehen keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegen, die im bauaufsichtlichen Verfahren zu prüfen sind, Art. 71 Satz 1 und 4 BayBO i.V.m. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO, Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO, Art. 59 Satz 1 Nr. 1 a) BayBO i.V.m. §§ 29 bis 38 BauGB. Das Vorhaben wahrt hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung den durch die Eigenart der näheren Umgebung bestimmten Rahmen im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. In Bezug auf das geringfügige Abrücken des Baukörpers von der straßenseitigen Baulinie entlang der F. …straße besteht ein Anspruch auf Befreiung, § 31 Abs. 2 BauGB iVm § 30 Abs. 3 BauGB. Im Übrigen fügt sich das Vorhaben auch hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung ein, § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Der Vorbescheid vom 24. Oktober 2022 war daher insoweit aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den begehrten Vorbescheid in diesen Fragen positiv zu beantworten.
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1. Nach Art. 71 Satz 4 Halbsatz 1 BayBO i.V.m. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO ist der begehrte Vorbescheid zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben, soweit seine Zulässigkeit mit dem Vorbescheid abgefragt wird, keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Verfahren zu prüfen sind. Der Umfang der Bindungswirkung des Vorbescheids richtet sich dabei nach den gestellten Fragen und den zugrundeliegenden Plänen (BayVGH, B.v. 29.4.2019 – 9 ZB 15.2606 – juris Rn. 6 m.w.N.) sowie der Planungsdichte (VG München, U.v. 30.1.2023 – M 8 K 20.2603 – juris Rn 43).
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2. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit in Bezug auf das Maß der baulichen Nutzung des streitgegenständlichen Vorhabens – Frage 1b) des Vorbescheidsantrags vom 6. Mai 2022 – richtet sich nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, da es im insoweit nicht überplanten Innenbereich verwirklicht werden soll. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ein Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung bauplanungsrechtlich zulässig, wenn es sich nach diesem Kriterium in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt.
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2.1. Ein Vorhaben fügt sich im Allgemeinen ein, wenn es sich innerhalb des Rahmens hält, der durch die in der Umgebung vorhandene Bebauung gezogen wird. Ein den Rahmen überschreitendes Vorhaben ist ausnahmsweise zulässig, wenn es keine „städtebaulichen Spannungen“ hervorruft. Welcher Bereich als „nähere Umgebung“ anzusehen ist, hängt davon ab, inwieweit sich einerseits das geplante Vorhaben auf die benachbarte Bebauung und andererseits sich diese Bebauung auf das Baugrundstück prägend auswirken (vgl. BVerwG, U.v. 26.5.1978 – IV C 9.77 – BVerwGE 55, 369/386 f.; U. v. 3.4.1981 – 4 C 61.78 – BVerwGE 62, 151). Wie weit diese wechselseitige Prägung reicht, ist eine Frage des Einzelfalls. Die Grenzen der näheren Umgebung lassen sich nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist (vgl. BVerwG, B.v. 28.8.2003 – 4 B 74.03 – juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 16.12.2009 – 1 CS 09.1774 – juris Rn. 21). Die maßgebliche nähere Umgebung ist für jedes der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgeführten Zulässigkeitsmerkmale gesondert zu ermitteln, weil die prägende Wirkung der jeweils maßgeblichen Umstände unterschiedlich weit reichen kann (vgl. BVerwG, B.v. 6.11.1997 – 4 B 172.97 – juris Rn. 5; B.v. 13.5.2014 – 4 B 38.13 – juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 14.2.2018 – 1 CS 17.2496 – juris Rn. 13). Bei den Kriterien Nutzungsmaß und überbaubare Grundstücksfläche ist der maßgebliche Bereich in der Regel enger zu begrenzen als bei der Nutzungsart (vgl. BVerwG, B.v. 13.5.2014 – 4 B 38.13 – juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 16.12.2009 – 1 CS 09.1774 – juris Rn. 21 m.w.N.). In der Regel gilt bei einem inmitten eines Wohngebiets gelegenen Vorhaben als Bereich gegenseitiger Prägung das Straßengeviert und die gegenüberliegende Straßenseite (vgl. BayVGH, U.v. 24.7.2014 – 2 B 14.1099 – juris Rn. 20; B.v. 14.2.2018 – 1 CS 17.2496 – juris Rn. 16 f.).
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2.2. Der für die Beurteilung der planungsrechtlichen Zulässigkeit – Maß der baulichen Nutzung – des Vorhabens relevante Bereich wechselseitiger Prägung wird bei Berücksichtigung dieser Grundsätze hier gebildet durch das Straßengeviert V. …straße, N. … Straße, D* …straße und F. …straße – Richtung Süden zumindest bis zur Höhe F. …straße 14 / N. … Straße 77 – sowie die straßenseitige Bebauung auf der Westseite der F. …straße, dort Richtung Süden zumindest bis zur F. …straße 25. In diesem Bereich findet sich eine zwar nicht eindimensionale, aber gleichwohl städtebaulich homogene Struktur mit bis zu dreigeschossigen Wohngebäuden, welche in offener Bauweise errichtet wurden und mit relativ großzügigen, mehrheitlich begrünten Freiflächen umgeben sind. Der F. …straße kommt als Anwohnerstraße aufgrund ihrer nur untergeordneten Verkehrsbedeutung und geringen Breite (ca. 7-8 m, abgegriffen) keine trennende Wirkung zu, vielmehr stellt sie einen städtebaulichen Bezug zwischen der Bebauung auf ihren beiden Seiten her. Ein Strukturschnitt ist nicht auszumachen, zudem besteht eine klare Sichtbeziehung der Bebauung zueinander. Ob auch die Nordseite der V. …straße sowie die Südseite des Gevierts V. …straße, N.* Straße, D. …straße und F. …straße zur maßgeblichen Umgebung zu zählen ist, kann offenbleiben, da bereits der gezogene Rahmen für die Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des beantragten Vorhabens nach dem Maß der baulichen Nutzung ausreicht.
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2.3. Ein Vorhaben fügt sich nach dem Maß der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung ein, wenn es in der näheren Umgebung Referenzobjekte gibt, die bei einer wertenden Gesamtbetrachtung von Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung auch nach dem Verhältnis zur Freifläche, vergleichbar sind (vgl. BVerwG, U.v. 8.12.2016 – 4 C 7.15 – juris Leitsatz 2, Rn. 20; BayVGH, B.v. 14.2.2018 – 1 CS 17.2496 – juris Rn. 13). Die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung sind in ihren Maßen zueinander in Beziehung zu setzen (vgl. BVerwG, U.v. 23.3.1994 – 4 C 18.92 – juris Rn. 7; U.v. 8.12.2016 – 4 C 7.15 – juris Rn. 20), wobei der aus der vorhandenen Bebauung zu entnehmende Maßstab notwendig grob und ungenau ist (vgl. BVerwG, U.v. 23.3.1994 – 4 C 18.92 – juris Rn. 7).
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Das Vorhaben wahrt bei einer Grundfläche von ca. 275 m² und einer vorgesehenen Geschossigkeit von E+I mit zurückgesetztem dritten Terrassengeschoss mit Flachdach den Rahmen der maßgeblichen Umgebung wechselseitiger Prägung und lässt es insoweit auch (angesichts der verbleibenden Abstände zwischen den Gebäuden) nicht an der gebotenen Rücksichtnahme gegenüber der sonstigen vorhandenen Bebauung fehlen.
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Es findet ein Vorbild im Anwesen F. …straße 27, welches laut den vorliegenden Behördenakten und dem Vorbringen der Beteiligten sowie nach eigenen Berechnungen des Gerichts (BayernAtlas) über eine Grundfläche von ca. 380 m² verfügt sowie über eine Geschossigkeit von E + II mit Flachdach. Dieses Anwesen kann – entgegen der Auffassung der Beklagten – hier als Vorbild dienen, obschon es – wie die Beklagte ausführt – dem Vorhaben nicht direkt gegenüberliegt. Für das Vorhandensein einer städtebaulichen Beziehung bzw. einer wechselseitigen Prägung ist regelmäßig ausreichend, wenn das Referenzobjekt innerhalb der näheren Umgebung, welche nach den Kriterien des § 34 Abs. 1 BauGB zu ziehen ist, liegt. Soweit die maßgebliche Umgebung auch die gegenüberliegende Straßenseite mitumfasst, ist insoweit kein direktes Gegenüberliegen erforderlich, vielmehr ist es ausreichend, dass sich das Referenzobjekt – wie hier – innerhalb der maßgeblichen Umgebung befindet.
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Selbst wenn man dem nicht folgen wollte, befindet sich in direkter Nachbarschaft zum Vorhabengrundstück innerhalb des Gevierts ein weiteres Referenzobjekt, nämlich das Anwesen N. … Straße 87/89. Dieser Gebäudekomplex verfügt laut Berechnungen des Gerichts über ca. 290 m² Grundfläche. Bei Einnahme des Augenscheins konnte überdies festgestellt werden, dass die im amtlichen Lageplan angegebene Geschossigkeit (zwei Geschosse) die Realität nicht abbildet. Das Gebäude verfügt neben einem Hochparterre mit Wohnraumfenstern Richtung Westen über ein Erdgeschoss, ein erstes Obergeschoss sowie ein Dachgeschoss mit einem Gaubenband mit zahlreichen Gauben, sodass es dreigeschossig in Erscheinung tritt und vom Gebäudevolumen her massiver wirkt als das Vorhaben.
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Bei offener Bebauung ist auch das Verhältnis zur Freifläche ein relevantes Einfügungskriterium. Insoweit ist die gesamte nähere Umgebung und nicht nur die Referenzobjekte zugrunde zu legen, da dieser Maßbestimmungsfaktor die Steuerung der Bebauungsdichte bezweckt. Da es im unbeplanten Innenbereich auf die Grundstücksgrenze nicht ankommt, kommt den Gebäudeabständen, die in der Regel optisch als erstes und am einfachsten wahrgenommen werden, bei der Betrachtung des Verhältnisses von bebauter zu Freifläche eine besondere Bedeutung zu (vgl. ausführlich: VG München, U.v. 9.11.2020 – M 8 K 20.2917 – BeckRS 2020, 33779, Rn. 43 ff.). Das Vorhaben vermag sich auch insoweit ohne Weiteres einzufügen, es trägt insbesondere keine gebietsuntypische Dichte in die maßgebliche Umgebung, welche von aufgelockerter Bebauung geprägt ist, hinein und verursacht auch insoweit keine städtebaulichen Spannungen. Es verbleiben nach Süden Gebäudeabstände von ca. 10 m und nach Osten von ca. 8 m. Letztere sind bereits durch die Bestandsbebauung vorgegeben und der maßgeblichen Umgebung immanent, im Übrigen beträgt auch der Abstand zwischen den Anwesen N. … Straße 87/89 und 77-85 ca. 10 m. Überdies verfügt das Vorhabengrundstück auch weiterhin über eine relativ großzügige, ihm optisch zurechenbare begrünte Freifläche (Gartenanteil) im Westen.
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3. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Bauvorhabens in Bezug auf die überbaubare Grundstücksfläche – Frage 1d) des Vorbescheidsantrags vom 6. Mai 2022 – bestimmt sich vorliegend im Hinblick auf das vorhandene, gemäß § 173 Abs. 3 Bundesbaugesetz (BBauG) und § 233 Abs. 3 BauGB übergeleitete Bauliniengefüge nach § 30 Abs. 3 BauGB und im Übrigen, d.h., soweit keine bauleitplanerischen Festsetzungen vorhanden sind, nach § 34 Abs. 1 BauGB.
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3.1. Das Vorhaben bedarf einer Befreiung (§ 31 Abs. 2 BauGB) von dem übergeleiteten Bauliniengefüge, da es auf einer Länge von ca. 3,5 m geringfügig (ca. 0,3 m bis 0,01 m) von der straßenseitigen Baulinie entlang der F. …straße Richtung Osten abweicht (vgl. die Bauvorlagen, hier insbesondere Plan V03 – „Grundriss Erdgeschoss“). Die Klägerin hat insoweit einen Anspruch auf Befreiung von dieser Bauraumfestsetzung, § 31 Abs. 2 BauGB.
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3.1.1. Zwar hat die Klägerin entgegen Art. 63 Abs. 2 Satz 1 BayBO keinen gesonderten schriftlichen Antrag auf Befreiung von der festgesetzten Baulinie gestellt. Allerdings kann sich die Baugenehmigungsbehörde im Rechtsstreit um die Verpflichtung zur Erteilung einer Baugenehmigung nicht auf die formalen Anforderungen des Art. 63 Abs. 2 Satz 1 BayBO berufen, soweit es um die nur durch Erteilung von Ausnahmen und Befreiungen herzustellende Vereinbarkeit des Vorhabens mit bundesrechtlichem oder auf der Grundlage von Bundesrecht erlassenem Planungsrecht geht (vgl. BayVGH, B.v. 2.8.2018 – 15 ZB 18.764 – juris Rn. 16; VG München, U.v. 16.3.2020 – M 8 K 18.1502 – juris Rn 41 ff.). Gleiches gilt für einen Vorbescheid, der bauplanungsrechtliche Fragen zum Gegenstand hat.
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3.1.2. Nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden, die Abweichung städtebaulich vertretbar ist und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. So liegt der Fall hier.
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Das geringfügige Abrücken von der Baulinie berührt die Grundzüge der Planung – im wesentlichen Freihaltung eines straßenseitig nicht bebauten Bereiches bzw. eines Vorgartens – nicht, die Bebauung entspricht weiterhin dem Planungskonzept. Die Abweichung ist zudem zweifelsohne städtebaulich vertretbar, zumal sie darauf zurückzuführen ist, dass die Baulinie der schräg verlaufenden F. …straße folgt und eine Einhaltung derselben bei einem Baukörper mit 90°- Winkel zur V. …straße – dort wird die Baulinie eingehalten – nicht möglich ist. Folgerichtig wurde bereits in der Baugenehmigung vom 14. Mai 1968 (PlanNr. 893/68) eine Befreiung für die Bestandsbebauung hinsichtlich der schräg verlaufenden Baulinie (dort „Baugrenze“) erteilt. Die Erteilung einer Befreiung steht zwar grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen der Baugenehmigungsbehörde, allerdings ist vorliegend angesichts der besonderen Umstände des Einzelfalls unter städtebaulichen Gesichtspunkten kein behördlicher Ermessensspielraum ersichtlich, zumal keine gegenläufigen öffentlichen oder nachbarlichen Belange erkennbar sind.
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Da vorliegend bereits die Befreiungsvoraussetzungen nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB gegeben sind, kommt es nicht mehr darauf an, ob auch eine Befreiung nach § 31 Abs. 3 BauGB i.V.m. § 1 der Verordnung zur bauplanungsrechtlichen Bestimmung von Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt (Gebietsbestimmungsverordnung Bau – GBestV-Bau) i.d.F.v. 6.9.2022 (GVBl. S. 578), zuletzt geändert am 25. April 2023 (GVBl. S. 206) infrage kommt.
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3.2. Das Bauvorhaben fügt sich hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, im Übrigen nach § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der maßgeblichen Umgebung ein.
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3.2.1. Auch für das Einfügen in Bezug auf dieses Kriterium ist nach § 34 Abs. 1 BauGB die nähere Umgebung wechselseitiger Prägung und deren Eigenart gesondert zu bestimmen. Insoweit gilt das oben Gesagte. Entscheidend ist auch hier, wie weit die wechselseitigen Auswirkungen im Verhältnis von Vorhaben und Umgebung im Einzelfall reichen (vgl. OVG Münster, U.v. 1.3.2017 – 2 A 46/16 – juris Rn. 35 m.w.N). Bei der überbaubaren Grundstücksfläche ist der maßgebliche Bereich in der Regel enger zu begrenzen als bei der Art der baulichen Nutzung, weil die Prägung, die von der für die Bestimmung der überbaubaren Grundstücksfläche maßgeblichen Stellung der Gebäude auf den Grundstücken ausgeht, im Allgemeinen deutlich weniger weit reicht, als die Wirkungen der Art der baulichen Nutzung. Dies kann im Einzelfall dazu führen, dass nur wenige, unter Umständen sogar nur zwei Grundstücke den maßgeblichen Rahmen bilden (BayVGH, B.v. 19.12.2006 – 1 ZB 05.1371 – juris Rn. 20; U.v. 18.7.2013 – 14 B 11.1238 – juris Rn. 20).
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Mit dem in § 34 Abs. 1 BauGB verwendeten Begriff der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, ist die konkrete Größe der Grundfläche der baulichen Anlage und ihre räumliche Lage innerhalb der vorhandenen Bebauung gemeint. Es geht also um den Standort i.S.d. § 23 BauNVO (BVerwG, B.v. 13.5.2014 – 4 B 38/13 – juris Rn. 8; B.v. 12.8.2019 – 4 B 1/19 – juris; B.v. 22.9.2016 – 4 B 23.16 – juris). Zur näheren Konkretisierung kann auf die Begriffsbestimmungen in § 23 BauNVO zur „überbaubaren Grundstücksfläche“, die wiederum gemäß § 23 Abs. 4 BauNVO auch durch Festsetzung der Bautiefe bestimmt werden kann, zurückgegriffen werden. Dieses Tiefenmaß, das die rückwärtige Bebauung in der gleichen Weise begrenzt wie eine festgesetzte hintere Baugrenze, ist gemäß § 23 Abs. 4 Satz 2 BauNVO grundsätzlich durch eine von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu messende Maßzahl zu bestimmen (BVerwG, B.v. 16.6.2009 – 4 B 50.08 – ZfBR 2009, 693). Nach der neueren Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist die Konsequenz daher, dass die Reichweite der näheren Umgebung auf diejenigen Grundstücke beschränkt ist, die durch die gleiche Erschließungsstraße erschlossen sind und in der Regel auch auf der gleichen Straßenseite liegen (BayVGH, B.v. 10.2.2022 – 2 ZB 21.1560 – juris Rn. 6; vgl. aber zur ggf. vorliegenden „Verzahnung“: VG München, U.v. 26.10.2015 – M 8 K 14.3339 – juris Rn. 43). Diese Annahmen für den „Regel- bzw. Einzelfall“ bezeichnen allerdings jeweils nur einen gedanklichen Ausgangspunkt, der jedenfalls von einer Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall nicht entbindet (vgl. hierzu grundsätzlich: BVerwG, B.v. 13.5.2014 – 4 B 38/13 – NVwZ 2014, 1246; OVG MV, U.v. 20.3.2019 – 3 LB 284/15 – juris Rn. 24).
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3.2.2. Dies berücksichtigend wird die maßgebliche Umgebungsbebauung wechselseitiger Prägung hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche hier durch die Bebauung auf der Südseite der V. …straße zwischen der F. …straße und der N. … Straße gebildet. Nur insoweit besteht hinsichtlich dieses städtebaulichen Merkmals eine Beziehung der vorhandenen Bebauung zueinander. Die Bebauung auf der Westseite der F. …straße und der Ostseite der N. … Straße ist ausschließlich zum jeweiligen dortigen Geviert hin orientiert und beeinflusst das Vorhabengrundstück in diesem Punkt nicht. Jedes der Quartiere verfügt über eine einheitliche, in sich abgeschlossene städtebauliche Struktur mit straßenseitig orientierter Bebauung und entsprechender Freihaltung innerer Bereiche. Eine wechselseitige Übertragung verbietet sich daher.
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3.2.3. Eine faktische Baugrenze bzw. eine die Bebauung von der V. …straße aus gesehen begrenzende Bebauungstiefe ist aus dem Vorhandenen bzw. der Eigenart der maßgeblichen Umgebung nicht ableitbar.
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Die planungsrechtlichen Instrumente Baugrenze, Baulinie und Bebauungstiefe (§ 23 Abs. 1 bis 4 BauNVO), mit denen die überbaubare Grundstücksfläche in einem Bebauungsplan festgesetzt werden kann, können – wie bereits ausgeführt – auch im Rahmen von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zur näheren Bestimmung dieses Zulässigkeitskriteriums herangezogen werden (BayVGH, B.v. 19.10.2020 – 15 ZB 20.280 – juris Rn. 8). Für die Annahme einer faktischen Baugrenze, als eine sich durch die tatsächliche Bebauung faktisch herausgebildete Linie, die entsprechend § 23 Abs. 3 BauNVO von Gebäuden und Gebäudeteilen im rückwärtigen oder vorderen (straßenseitigen) Bereich nicht überschritten werden darf, muss aus der Lage der in der vorhandenen Umgebungsbebauung befindlichen Hauptgebäude eine Regel ableitbar – d.h. erkennbar und formulierbar – sein. Hierfür bedarf es unter Berücksichtigung grundrechtlicher Wertungen aus Art. 14 Abs. 1 GG wegen der einschränkenden Wirkung auf das Grundeigentum hinreichender Anhaltspunkte für eine städtebaulich verfestigte Situation; die tatsächlich vorhandene Bebauung darf kein bloßes „Zufallsprodukt“ ohne eigenen städtebaulichen Aussagewert sein. Bei einer höchst unterschiedlichen Bebauung ohne gemeinsame vordere oder hintere Gebäudeflucht kann von einer faktischen vorderen bzw. rückwärtigen Baugrenze nicht gesprochen werden (vgl. BayVGH, B.v. 19.10.2020 – 15 ZB 20.280 – juris Rn. 8 m.w.N.).
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Die Bebauungstiefe steht in ihrer Rechtswirkung einer hinteren Baugrenze gleich. Sie beschreibt die überbaubare Grundstücksfläche, anders als die faktische Baugrenze durch ein festes Maß der maximalen Entfernung von der Erschließungsstraße. Sie ist regelmäßig von der jeweiligen Erschließungsstraße aus zu bemessen (vgl. BVerwG, B.v. 12.8.2019 – 4 B 1.19 – juris Rn. 6; B.v. 16.6.2009 – 4 B 50/08 – juris Rn. 4; VG München, U.v. 2.5.2022 – M 8 K 20.4178 – juris Rn.47 m.w.N.).
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3.2.4. Aus der als Vergleichsmaßstab heranzuziehenden Umgebungsbebauung lassen sich bei Berücksichtigung dieser Grundsätze vorliegend jedoch keine Beschränkungen entnehmen, welche bei einer Realisierung des Bauvorhabens beachtet werden müssen. Insoweit ist kein städtebauliches Ordnungssystem erkennbar.
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Zum einen ist die maßgebliche Umgebung, welche vorliegend nur aus drei Grundstücken besteht, inhomogen. Eine faktische Baugrenze bzw. eine die Bebauung begrenzende Bebauungstiefe ist nicht erkennbar, die Umgebung erscheint vielmehr als ein „bloßes Zufallsprodukt“. Das Anwesen N* Straße 87/89 verfügt über eine Bebauungstiefe von in etwa 38 m, was auch auf die im Verhältnis zur V. …straße schräg verlaufende N. … Straße zurückzuführen ist, das Gebäude V. …straße 66/66a kommt auf ca. 24 m, der Bestand auf dem Vorhabengrundstück auf ca. 21 m.
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Es kann zum anderen nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich bei den Anwesenden N. … Straße 87/89 und dem Vorhabengrundstück um Eckgrundstücke handelt, deren Bebauung sich sowohl zur V. …straße als auch zu den Querstraßen hin orientiert. Sie prägen damit nicht nur die überbaubare Grundstücksfläche in Bezug auf die V. …straße, sondern auch hinsichtlich der F. …straße bzw. N. … Straße, wo sie vorrangig als Straßenrandbebauung in Erscheinung treten. Die städtebauliche Wirkung ist bei einem Eckgrundstück regelmäßig eine andere als bei einem nur zu einer Straße hin orientiertem Grundstück. Dies hat hier zur Folge, dass die städtebauliche Aussagekraft für die „Bebauungstiefe“ entlang der V. …traße durch die beiden Eckgrundstücke nur begrenzt ist. Das verbleibende Grundstück V. …straße 66/66a vermag aus sich heraus keine städtebauliche Struktur zu begründen.
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Aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls kann daher aus der maßgeblichen Umgebung kein städtebauliches Ordnungssystem abgeleitet werden, das eine Bebauung mit einem Baukörper auf dem Vorhabengrundstück in der abgefragten Tiefe – gemessen von der V. …straße aus – entlang der F. …straße ausschließen würde. Das Vorhaben fügt sich daher ohne Weiteres auch hinsichtlich dieses Merkmals in die maßgebliche Umgebung ein. Insbesondere ist aufgrund der zur Nachbarbebauung gewahrten Gebäudeabstände (siehe oben) kein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme auszumachen.
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4. Aus der jeweils mit abgefragten „energetischen Sanierung“ folgt nichts Anderes.
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4.1. Soweit die Beklagte ausführt, dass die energetische Sanierung des Bestandes nicht beurteilt werden könne, da die Pläne keine Informationen über die geplanten Maßnahmen enthielten, teilt das Gericht diese Ansicht nicht.
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Nach Art. 71 Satz 1 und 4 BayBO i.V.m. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO, Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO iVm § 5 Bauvorlagenverordnung (BauVorlV) sind bei einem Vorbescheid diejenigen Bauvorlagen vorzulegen, die zur Beurteilung der durch den Vorbescheid zu entscheidenden Fragen des Bauvorhabens erforderlich sind. Der Vorbescheidsantrag muss überdies hinreichend bestimmt sein (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) und ein konkreter Vorhabensbezug bestehen (vgl. BayVGH, U.v. 5.7.2017 – 2 B 17.824 – juris Rn. 51; U.v. 14.2.2008 – 15 B 06.3463 – ZfBR 2008, 391; B.v. 26.2.2008 – 14 ZB 07.149 – BeckRS 2008, 27603). An die Bestimmtheit der Bauvoranfrage und die eingereichten Bauvorlagen dürfen jedoch keine überzogenen Anforderungen gestellt werden (vgl. Decker in: Busse/Kraus, Bayerische Bauordnung, Werkstand: 152. EL Oktober 2023, Art. 71 Rn. 36), zumal sich der Umfang der Bindungswirkung nach der Planungsdichte richtet (VG München, U.v. 30.1.2023 – M 8 K 20.2603 – juris Rn 43).
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Bei Berücksichtigung des Planungsstadiums enthalten die Vorbescheidsunterlagen alle erforderlichen Angaben, um die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der energetischen Sanierung bzw. deren Auswirkung auf den Hauptbaukörper beurteilen zu können. Insbesondere im PlanNr. V … – „Grundriss Erdgeschoss“ ist die umlaufend aufgebrachte Dämmung mit einer Breite von ca. 0,3 m ohne weiteres erkennbar.
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4.2. Das Aufbringen der vorgesehenen energetischen Sanierung (Dämmung) hat aufgrund ihrer Geringfügigkeit im Verhältnis zum Gesamtbaukörper keine wesentliche Auswirkung auf das städtebauliche Erscheinungsbild des Gebäudes, welche hinsichtlich der Vorbescheidsfragen 1b) und d) eine andere Beurteilung erforderlich machen würden.
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In Bezug auf die Überschreitung der straßenseitigen Baulinie entlang der V. …straße gilt überdies § 248 Satz 1 BauGB. Danach sind in Gebieten mit Bebauungsplänen bei Maßnahmen an bestehenden Gebäuden zum Zwecke der Energieeinsparung u.a. geringfügige Abweichungen von der überbaubaren Grundstücksfläche zulässig, soweit dies – wie hier – mit nachbarlichen Interessen und baukulturellen Belangen vereinbar ist. Die entsprechenden bauplanungsrechtlichen Zulässigkeitstatbestände werden durch diese Vorschrift erweitert, ohne dass es dafür einer Ausnahme oder Befreiung bedürfte (Reidt in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 15. Auflage 2022, § 248 Rn. 1).
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Die Kostenentscheidung folgt, soweit das Verfahren streitig entschieden wurde, aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Soweit der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes über die Kosten, § 161 Abs. 2 VwGO. Es entspricht billigem Ermessen, die Kosten des für erledigt erklärten Teils der Klägerin aufzuerlegen, da sie insoweit voraussichtlich im Rechtsstreit unterlegen wäre.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergeht gemäß § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO.