Titel:
Auswirkung eines Teilerfolges der Revision hinsichtlich der Einziehungsanordnung auf die Kostenentscheidung
Normenkette:
StPO § 465 Abs. 2, § 473 Abs. 4
Leitsätze:
Kostenentscheidung nach Aufhebung und Zurückverweisung einer landgerichtlichen Verurteilung durch den Bundesgerichtshof nur wegen eines kleinen Teils der Einziehungsentscheidung. (Rn. 4 – 6)
Hat die Revision eines Angeklagten nur hinsichtlich eines Teils der Einziehungsentscheidung Erfolg, findet bezüglich der Kosten insoweit § 473 Abs. 4 StPO Anwendung. Für eine entsprechende Anwendung des § 465 Abs. 2 StPO ist kein Raum, weil es sich dabei um eine Ausnahmevorschrift handelt, deren Anwendungsbereich nicht im Wege der Analogie ausgedehnt werden kann. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Kostenentscheidung, Revision, geringfügiger Erfolg, Einziehungsentscheidung, Zurückverweisung, einheitliche Kostenentscheidung, Billigkeitsentscheidung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 19946
Tenor
Soweit nicht bereits der Bundesgerichtshof im Beschluss vom 3. April 2024, Az.: 6 StR 36/24, über die Kosten des Verfahrens entschieden hat, trägt der Verurteilte die Kosten des Verfahrens, einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens und seine notwendigen Auslagen.
Entscheidungsgründe
(abgekürzt gem. § 267 Abs. 4 StPO)
1
Das Landgericht Nürnberg-Fürth – 18. Strafkammer – hat den Verurteilten mit Urteil vom 6. Oktober 2023 (18 KLs 111 Js 10215/20) wegen Betrugs in 25 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten verurteilt und die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 3.005.203,08 € angeordnet.
2
Gegen dieses Urteil legte der Verurteilte Revision ein. Der Bundesgerichtshof stellte mit Beschluss vom 3. April 2024 (6 StR 36/24, juris) das Verfahren bezüglich des Falles B.III.1 der Urteilsgründe wegen eingetretener Verfolgungsverjährung nach § 206a Abs. 1 StPO ein und erlegte der Staatskasse insoweit die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Verurteilten auf. Der Schuldspruch wurde dahingehend neu gefasst, dass der Angeklagte des Betruges in 24 Fällen schuldig ist. Des Weiteren hat der Bundesgerichtshof das Urteil mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit mehr als 2.735.932,08 € eingezogen wurden. Im Umfang dieser Aufhebung wurde die Sache zu neuer Verhandlung, auch über die verbleibenden Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückgewiesen. Die weitergehende Revision wurde verworfen.
3
Die Kammer hat mit Zustimmung der Generalstaatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung von einer Einziehungsentscheidung im Umfang der Zurückverweisung gem. § 421 Abs. 1 Nr. 3 StPO abgesehen.
4
1. Soweit der Bundesgerichtshof nicht bereits im Umfang der von ihm vorgenommenen Einstellung über die Kosten des Verfahrens entschieden hat, waren die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens vollständig dem Verurteilten aufzuerlegen. Die gesamten Kosten der ersten Instanz sind auch bei zwei Rechtsgängen kostenrechtlich als Einheit zu sehen (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2005 – 4 StR 143/05, juris Rn. 4; KK-StPO/Gieg, 9. Aufl., § 465 Rn. 3 m.w.N.). Der Verurteilte ist – soweit die Kammer darüber zu befinden hatte – vollständig anklagegemäß verurteilt worden, weil es im Rahmen des § 465 Abs. 1 StPO auf die Verurteilung und nicht auf die Einziehungsentscheidung ankommt (Meyer-Goßner/Schmitt/Schmitt, StPO, 67. Aufl., § 465 Rn. 2; HK-StPO/Schmidt/Zimmermann, 7. Aufl., § 465 Rn. 2), bei der der Angeklagte einen Teilerfolg erreicht hat.
5
2. Dem Verurteilten waren aber auch die Kosten der Revisionsinstanz und seine notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Da die Revision des Angeklagten nur hinsichtlich eines Teils der Einziehungsentscheidung Erfolg hatte, fand bezüglich der Kosten insoweit § 473 Abs. 4 StPO Anwendung (BGH, Beschluss vom 26. Mai 2021 – 5 StR 458/20, juris Rn. 4). Für eine entsprechende Anwendung des § 465 Abs. 2 StPO (dafür der 1. Strafsenat des BGH, vgl. Beschluss vom 25. Februar 2021 – 1 StR 423/20, juris Rn. 12 ff.; weitere Nachweise bei BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2021 – 3 StR 381/21, juris Rn. 24; zustimmend Habetha, NJW 2021, 1830; BayObLG, Beschluss vom 27. Oktober 2023 – 204 StRR 394/23, juris Rn. 34 ff.) sah die Kammer keinen Raum, da es sich dabei um eine Ausnahmevorschrift handelt, deren Anwendungsbereich nicht im Wege der Analogie ausgedehnt werden kann (wie hier BGH, Beschluss vom 26. Mai 2021, aaO, Rn. 5).
6
Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung nach § 473 Abs. 4 StPO hat die Kammer berücksichtigt, dass der Teilerfolg der Revision (hierzu als Maßstab vgl. BayObLG, Beschluss vom 27. Oktober 2023 – 204 StRR 394/23, juris Rn. 38 m.w.N.) lediglich darin bestand, dass die Einziehungsentscheidung von 3.005.203,08 € nur insoweit aufgehoben wurde, als sie 2.735.932,08 € überstieg, mithin in Höhe von 269.271 €. Diesem Teilerfolg misst die Kammer nur geringes Gewicht zu, zumal Aussichten auf eine erfolgreiche Vollstreckung nach Lage der Dinge ohnehin nur in der Größenordnung von rund 300.000 € bestehen. Daher war es nicht unbillig, dem Verurteilten auch die Tragung der Kosten des Revisionsverfahrens sowie seiner notwendigen Auslagen aufzuerlegen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 26. Mai 2021 – 5 StR 458/20, juris Rn. 3).