Titel:
Klage gegen Planfeststellungsbeschluss für Frankenschnellweg
Normenketten:
VwGO § 42 Abs. 2
BayStrWG Art. 3 Abs. 1 Nr. 2, Art. 36, Art. 37 Nr. 1
VwVfG § 72, § 73, § 75 Abs. 1a, § 96a Abs. 1 S. 2
UmwRG § 4 Abs. 1 Nr. 3, § 4 Abs. 1a
Leitsätze:
1. Einen zeitlichen Höchstrahmen, der für die Anwendung der Übergangsregelung in Art. 96a S. 1 BayVwVfG nicht überschritten werden darf, lässt sich weder den im Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetz enthaltenen Vorschriften zur Umweltverträglichkeitsprüfung noch den entsprechenden unionsrechtlichen Regelungen entnehmen. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
2. Zielrichtung der UVP ist nicht die Prüfung, ob das Vorhaben mit den übergeordneten schutzgutübergreifenden Zielvorgaben und Festsetzungen der Landes- und Regionalplanung im Einklang steht, sondern allein die Ermittlung und Bewertung der mit dem Vorhaben in Zusammenhang stehenden Umweltauswirkungen. Berücksichtigt werden die Umweltauswirkungen erst bei der anschließenden Zulassungsentscheidung, für deren Prüfung die UVP durch Zusammenstellung und Aufbereitung des umweltbezogenen Tatsachenmaterials den Rahmen und die Grundlage bildet. (Rn. 57) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die UVP nach altem Recht erforderte keine Berücksichtigung globaler Klimaauswirkungen. Der Begriff des Klimas wurde eng im Sinne des standortbezogenen lokalen Klimas verstanden. Auch europarechtlich war eine großräumigere Betrachtung des Klimas für den vergangenen Zeitraum nicht geboten. (Rn. 66) (redaktioneller Leitsatz)
4. Nach ständiger Rechtsprechung unterliegen Verkehrsprognosen nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Eine Prognose ist dann nicht zu beanstanden, wenn sie nach einer geeigneten Methode durchgeführt wurde, der ihr zugrundeliegende Sachverhalt zutreffend ermittelt und das Ergebnis einleuchtend begründet ist. (Rn. 90) (redaktioneller Leitsatz)
5. Die Einhaltung der Grenzwerte der 39. BImSchV stellt keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Planfeststellung eines Straßenbauvorhabens dar, weil Grenzwertüberschreitungen nach dem System der Luftreinhalteplanung unabhängig von den Immissionsquellen zu vermeiden sind. Allerdings ist das Gebot der Konfliktbewältigung als Ausformung des Abwägungsgebots verletzt, wenn die Planfeststellungsbehörde das Vorhaben zulässt, obgleich absehbar ist, dass seine Verwirklichung die Möglichkeit ausschließt, die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung in einer mit der Funktion des Vorhabens zu vereinbarenden Weise zu sichern. (Rn. 194) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Planfeststellung, kreuzungsfreier Ausbau einer Kreisstraße, Umweltverträglichkeitsprüfung, Verkehrsprognose, Lärm- und Luftimmissionen
Vorinstanz:
VG Ansbach, Urteil vom 14.07.2014 – AN 10 K 13.1444
Fundstelle:
BeckRS 2024, 18950
Tenor
I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der dem Beigeladenen entstandenen außergerichtlichen Kosten.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen den nach einem ergänzenden Verfahren geänderten Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für den kreuzungsfreien Ausbau der bereits derzeit durchgehend über mindestens zwei Fahrspuren je Fahrtrichtung verfügenden Kreisstraße N 4 (Frankenschnellweg) [im Folgenden: N 4] im Stadtgebiet der Beigeladenen. Der Umbau gliedert sich in die Teilbereiche West und Mitte.
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Der Kläger war bis Dezember 2018 Miteigentümer eines mit einem Wohnanwesen bebauten Grundstücks sowie weiterer Grundstücke (Garage mit Zuwegung und Garagenvorplatz). Seitdem steht ihm noch ein dingliches Wohn- und Mitbenutzungsrecht zu. Die klägerischen Grundstücke liegen im Ausbauabschnitt West.
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Am 28. Juni 2013 erließ der Beklagte den Planfeststellungsbeschluss für den kreuzungsfreien Ausbau der N 4 im Stadtgebiet der Beigeladenen in den Bereichen West (Str.-km 0+633 bis 2+336) und Mitte (Str.-km 3+451 bis 5+856) mit Neubau der Ortsstraße Neue Kohlenhofstraße (Str.-km 0+154 bis 0+876) und Abkoppelung der Gleisanlagen im Bereich des Kohlenhofes des Bahnhofes Nürnberg Hauptgüterbahnhof im Vorgriff zur geplanten Flächenfreisetzung.
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Im Abschnitt West, der von der Kreuzung mit der Fürther Straße (Anschlussstelle – AS – Nürnberg/Fürth) bis zur Jansenbrücke (AS Westring) reicht, soll auf der Südseite in Fahrtrichtung Nürnberg/Zentrum eine dritte Fahrspur angebaut werden. Im Abschnitt Mitte, der vor der Kreuzung mit der Rothenburger Straße beginnt und an der Otto-Brenner-Brücke (AS Südring) endet, sollen die bestehenden höhengleichen Kreuzungen höhenfrei umgebaut werden. Die N 4 soll die kreuzenden Straßen künftig in einem ca. 1,8 Kilometer langen Tunnel unterfahren. Wie im bisherigen Bestand sind je Fahrtrichtung jeweils zwei Fahrspuren vorgesehen. Daneben ist der Neubau der Neuen Kohlenhofstraße auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs als in beide Fahrtrichtungen befahrbare neue Zufahrt zum Stadtzentrum geplant, die an die Steinbühler Straße angebunden wird.
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Hiergegen hat der Kläger am 8. August 2013 Klage erhoben, die das Verwaltungsgericht Ansbach mit Urteil 14. Juli 2014 (Az. AN 10 K 13.1444) abgewiesen hat. Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung hat der Senat zugelassen und mit Beschluss vom 27. Oktober 2015 (Az. 8 B 15.1296) darauf hingewiesen, dass gegen die Klassifikation des „Frankenschnellwegs“ in dem vom Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Mittelfranken vom 28. Juni 2013 betroffenen Abschnitten als Kreisstraße keine rechtlichen Bedenken bestehen.
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Mit weiterem Beschluss vom 27. Oktober 2015 hat der Senat das Berufungsverfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen betreffend die Auslegung der RL 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten zur Vorabentscheidung vorgelegt, über die dieser mit Urteil vom 24. November 2016 (Az. C-645/15) entschieden hat. Nach Fortsetzung des Berufungsverfahrens wurde mit Beschluss vom 19. Dezember 2016 (Az. 8 B 16.2419) dessen Ruhen angeordnet, da die Beteiligten Gespräche über eine einvernehmliche Beilegung des Rechtsstreits führten.
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Während des laufenden Vorabentscheidungsverfahrens wurde ein ergänzendes Planfeststellungsverfahren durchgeführt. Nach dessen Abschluss erließ der Beklagte am 10. Juli 2020 einen Änderungs- und Ergänzungsplanfeststellungsbeschluss mit integrierter Umweltverträglichkeitsprüfung für den kreuzungsfreien Ausbau der N 4 (Frankenschnellweg) im Stadtgebiet der Beigeladenen in den Bereichen West (Str.-km 0+633 bis 2+336) und Mitte (Str.-km 3+451 bis 6+062) mit Neubau der Ortsstraße Neue Kohlenhofstraße (Str.-km 0+154 bis 0+876) und Abkoppelung der Gleisanlagen im Bereich des Kohlenhofes des Bahnhofes Nürnberg Hauptgüterbahnhof im Vorgriff zur geplanten Flächenfreisetzung mit Änderung des dieses Vorhaben betreffenden Planfeststellungsbeschlusses vom 28. Juni 2013 [im Folgenden: ÄEPFB].
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Nachdem außergerichtlich eine einvernehmliche Beilegung des Rechtsstreits nicht erreicht werden konnte, wurde das Berufungsverfahren fortgeführt.
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Der Kläger macht unter Anpassung an die zwischenzeitlich erfolgte Änderungs- und Ergänzungsplanung unverändert die Verletzung subjektiver Rechte, insbesondere immissionsschutzrechtlicher Belange geltend. Dem Vorhaben fehle die erforderliche Planrechtfertigung, da die Verkehrsprognose im Änderungsbeschluss widersprüchlich und methodisch unzureichend sei sowie auf unrealistischen Annahmen fuße. Auch sei die Finanzierung des Vorhabens nicht gesichert. Zudem sei die fachplanerische Abwägung fehlerhaft, soweit sie die klägerischen Belange betreffend Lärm- und Luftimmissionsschutz behandele. Dasselbe gelte hinsichtlich der Alternativenprüfung und der durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung. Im Übrigen sei die Beigeladene nicht antragsbefugt gewesen, da die N 4 nicht als Kreisstraße zu klassifizieren sei.
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I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 14. Juli 2014 wird aufgehoben.
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II. Der Planfeststellungsbeschluss der Regierung vom Mittelfranken vom 28. Juni 2013 in der geänderten Fassung des Änderungs- und Ergänzungsplanfeststellungsbeschlusses mit integrierter Umweltverträglichkeitsprüfung vom 10. Juli 2020 wird aufgehoben, hilfsweise für rechtswidrig erklärt.
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III. Hilfsweise wird beantragt, die Rechtswidrigkeit und die Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses festzustellen.
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IV. Weiter hilfsweise wird beantragt, den Beklagten zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts den Planfeststellungsbeschluss durch Schutzauflagen dahingehend zu ergänzen, dass
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1. Überschreitungen des Tagesmittelwertes von 50 µg/m³ bezüglich Feinstaub PM10 an nicht mehr als 35 Tagen im Jahr im Ausbaubereich auftreten können und 16
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2. Überschreitungen des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid NO2 an nicht mehr als 18 Tagen pro Jahr im Ausbaubereich auftreten können.
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V. Hilfsweise wird des Weiteren beantragt, den Beklagten zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts den Planfeststellungsbeschluss durch Schutzauflagen dahingehend zu ergänzen, dass dem Kläger im Bereich seines Wohnanwesens aktiver Lärmschutz zuerkannt wird, damit bei seinem Wohnanwesen die Lärmgrenzwerte der 16. BImSchV eingehalten werden können.
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VI. Des Weiteren wird darüber hinaus hilfsweise beantragt, den Beklagten zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes den Planfeststellungsbeschluss durch Schutzauflagen dahingehend zu ergänzen, dass dem Kläger passiver Lärmschutz zuerkannt wird.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die Beigeladene beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Der Beklagte und die Beigeladene verteidigen den Planfeststellungsbeschluss in Gestalt des Änderungs- und Ergänzungsplanfeststellungsbeschlusses mit integrierter Umweltverträglichkeitsprüfung und treten dem Vorbringen des Klägers im Einzelnen entgegen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 14. Juli 2014 hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
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Die Klage ist zulässig.
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Der Kläger war bei der Erhebung seiner Klage gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt als Miteigentümer von Grundstücken, die unmittelbar in räumlicher Nähe zum Ausbauabschnitt West liegen und daher von Lärm- und Luftschadstoffimmissionen betroffen sind. Die Klagebefugnis ist nicht dadurch entfallen, dass er im Laufe des gerichtlichen Verfahrens seinen Eigentumsanteil auf seinen Sohn übertragen hat. Zwar sind für die Beurteilung der Sachurteilsvoraussetzungen wie der Klagebefugnis die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der (letzten) mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht maßgeblich (vgl. BVerwG, U. v. 2.11.2017 – 7 C 25.15 – NVwZ 2018, 986 = juris Rn. 17; U.v. 14.9.2022 – 9 C 24.21 – BVerwGE 176, 259 = juris Rn. 14). Dem Kläger steht aber weiterhin an den Grundstücken ein grundbuchrechtlich gesichertes bedingtes Wohn- und Mitbenützungsrecht zu, das ihm in vergleichbarer Weise wie das Eigentum das Recht gewährt, als Nachbar gegen ein planfestgestelltes Vorhaben mit einer Anfechtungsklage vorzugehen (vgl. BVerwG, U.v. 21.11.2013 – 7 A 28.12 u.a. – DVBl 2014, 520 = juris Rn. 1, 15; U.v. 14.11.2012 – 9 C 14.11 – BVerwGE 145, 96 = juris Rn. 17). Zudem kann der Kläger gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO im Wege der gesetzlichen Prozessstandschaft das Verfahren in eigenem Namen für den Rechtsnachfolger weiterführen (vgl. BVerwG, B.v. 16.12.2015 – 4 B 48.15 – juris Rn. 4; B.v. 4.2.2022 – 4 B 24.21 – juris Rn. 16; BayVGH, U.v. 20.10.2020 – 22 A 16.40009 – juris Rn. 95).
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Die Klage ist jedoch weder mit dem Hauptantrag noch mit den Hilfsanträgen begründet.
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Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss in Gestalt des Änderungs- und Ergänzungsplanfeststellungsbeschlusses mit integrierter Umweltverträglichkeitsprüfung leidet an keinem formellen oder materiellen Fehler, den der Kläger rügen kann und der zu seiner Aufhebung oder – als rechtliches Minus – zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um Schutzauflagen zu.
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Als enteignungsrechtlich nicht Betroffener kann der Kläger nur die Verletzung gerade ihn schützender Normen des Verfahrensrechts und des materiellen Rechts sowie eine nicht ordnungsgemäße Abwägung seiner eigenen schutzwürdigen Privatbelange rügen, nicht aber eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen (vgl. BVerwG, U.v. 23.5.2023 – 4 C 1.22 – BVerwGE 178, 371 = juris Rn. 15; U.v. 16.3.2021 – 4 A 12.19 – juris Rn. 17; B.v. 25.4.2018 – 9 A 16.16 – DVBl 2018, 1426 = juris Rn. 6; B.v. 5.2.2015 – 9 B 1.15 – juris Rn. 5 m.w.N.). Die Rügebefugnis umfasst wegen der insoweit bestehenden Wechselbeziehung auch eine Überprüfung der den Privatbelangen gegenübergestellten, für das Vorhaben streitenden öffentlichen Belange, zu denen insbesondere die Planrechtfertigung gehört. Ob allerdings andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, können mittelbar Betroffene ebenso wenig geltend machen wie die Frage, ob Rechtsnormen beachtet wurden, die nicht ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 2.7.2020 – 9 A 19.19 – BVerwGE 169, 94 = juris Rn. 92 m.w.N.).
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Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Rechtmäßigkeit eines Planfeststellungsbeschlusses ist grundsätzlich dessen Erlass. Auf den Zeitpunkt des Änderungs- und Ergänzungsbeschlusses ist nur insoweit abzustellen, als die Planfeststellungsbehörde ihre Entscheidung im ergänzenden Verfahren auf veränderte tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse stützt und auf der Grundlage einer Aktualisierung der Beurteilungsgrundlagen eine Neubewertung vornimmt (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 = juris Rn. 163; U.v. 9.2. 2017 – 7 A 2.15 u.a. – BVerwGE 158, 1 = juris Rn. 21, U.v. 23.5.2023 – 4 C 1.22 – BVerwGE 178, 371 = juris Rn. 17 jeweils m.w.N.).
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I. Ein Verfahrensmangel liegt nicht vor.
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Die beigeladene Stadt hat als zuständige Straßenbaulast- und Vorhabenträgerin (Art. 41 Satz 1 Nr. 2, Art. 36 BayStrWG i.V.m. Art. 72 Abs. 1 BayVwVfG) einen wirksamen Antrag auf Einleitung des Verfahrens (Art. 22 Satz 2 Nr. 2, Art. 73 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG) gestellt, da es sich bei den von der Planfeststellung betroffenen Abschnitten des Frankenschnellwegs nach Durchführung der Ausbaumaßnahmen weiterhin um eine Kreisstraße handelt. Entgegen der klägerischen Auffassung weist die N 4 keinen bundesfernstraßenrechtlichen Charakter auf. Der Senat hält insoweit an seiner im Hinweisbeschluss vom 27. Oktober 2015 (Az. 8 B 15.1297) geäußerten Rechtsauffassung zur Klassifikation des Frankenschnellweges als Kreisstraße nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 BayStrWG in den vom Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 28. Juni 2013 betroffenen Abschnitten fest. Weder der Änderungs- und Ergänzungsplanfeststellungsbeschluss mit integrierter Umweltverträglichkeitsprüfung vom 10. Juli 2020 noch die erneut vorgetragenen klägerischen Einwendungen führen zu einer anderen rechtlichen Einordnung.
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Der Planfeststellungsbeschluss leidet damit auch an keinem beachtlichen materiell-rechtlichen Fehler in der Form, dass das Vorhaben unzutreffend als Kreisstraße qualifiziert worden und deshalb zwingende gesetzliche Vorgaben verletzt worden wären. Insoweit kann offenbleiben, ob sich der Kläger überhaupt auf einen diesbezüglichen Fehler berufen könnte.
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II. Die an der Umweltverträglichkeitsprüfung (im Folgenden: UVP) geübte Kritik berührt ebenfalls nicht die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses.
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Die grundsätzliche Pflicht zur Durchführung einer UVP ergibt sich für das zu beurteilende Vorhaben unmittelbar aus Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang I Nr. 7 Buchst. b der RL 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl EU Nr. L 26 S. 1, im Folgenden: UVP-RL). Danach sind Projekte wie der Bau von Schnellstraßen einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen. Dies wird zudem dadurch belegt, dass seit August 2017 der für Kreisstraßen relevante Art. 37 Nr. 1 BayStrWG eine vergleichbare Regelung enthält* Ob die jeweilige bauliche Änderung einer bestehenden Schnellstraße aufgrund ihres Umfangs und ihrer Modalitäten einem Bau im Sinne der UVP-RL gleichzustellen ist, ist im Einzelfall zu entscheiden (vgl. EuGH, U.v. 24.11.2016 – C-645/15 – NVwZ-RR 2017, 204 = juris Rn. 42). Da für das Änderungsvorhaben eine UVP auf der Grundlage der landesrechtlichen Regelungen der Art. 78a ff. BayVwVfG in der bis zum 31. Juli 2018 geltenden Fassung dieses Gesetzes erfolgte (vgl. ÄEPFB C.1.2 S. 24), kann dahinstehen, inwiefern die streitgegenständliche bauliche Änderung der N 4 konkret eine UVP-Pflicht ausgelöst hat.
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1. Der Kläger kann mit seinem Einwand, die UVP sei auf der Grundlage einer nicht einschlägigen gesetzlichen Fassung durchgeführt worden und damit fehlerhaft, in der Sache nicht durchdringen. Es kann deshalb offenbleiben, ob darin ein Verfahrensfehler i.S.v. § 4 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 1a UmwRG liegen würde und ob er dies als nur mittelbar Betroffener rügen könnte.
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Nach der Übergangsvorschrift des Art. 96a Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG sind Verwaltungsverfahren, die eine Umweltverträglichkeitsprüfung erfordern und die vor dem 16. Mai 2017 begonnen worden sind, nach den Vorschriften in der ab dem 1. August 2018 geltenden Fassung des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes zu Ende zu führen. Diese Regelung ist Ausdruck des intertemporalen Verfahrensrechts, nach dem neues Recht vom Zeitpunkt seines Inkrafttretens grundsätzlich auch bereits anhängige Verfahren erfasst, sofern das Gesetz nicht mit hinreichender Deutlichkeit etwas Abweichendes bestimmt (vgl. BVerwG, U.v. 23.9.2021 – 4 A 4.21 – juris Rn. 13; U.v. 25.10.2017 – 1 C 21.16 – BVerwGE 160, 128 = juris Rn. 18; U.v. 28. 9. 2011 – 3 C 39.10 – juris Rn. 10). Abweichende Vorgaben enthält vorliegend Art. 96a Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG, wonach Satz 1 nicht gilt für Verfahren, bei denen vor dem 16. Mai 2017 das Verfahren zur Unterrichtung des Trägers des Vorhabens nach Art. 78d BayVwVfG in der bis 31. Juli 2018 geltenden Fassung [im Folgenden: BayVwVfG a.F.] eingeleitet oder die Unterlagen nach Art. 78e BayVwVfG a.F. vorgelegt wurden. Die Sonderregelung des Satzes 2 wurde anlässlich der 1:1 Umsetzung der RL 2014/52/EU des Europäischen Parlaments und Rates vom 16. April 2014 zur Änderung der RL 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl EU Nr. L 124 S. 1) eingefügt (vgl. LT-Drs. 17/21732 S. 7). Die Vorschrift dient insbesondere dem Schutz des Vertrauens in den Bestand des bereits getätigten zeitlichen, sachlichen und auch finanziellen Aufwands in das laufende Verfahren und den dabei gewonnenen Erkenntnissen. Bereits begonnene Planungen sollen folglich durch Gesetzesänderungen nicht unnötig zurückgeworfen werden (vgl. zur ähnlich lautenden Übergangsvorschrift des § 74 UVPG Reidt/Eckart in Schink/Reidt/Mitschang, UVPG/UmwRG, 2. Aufl. 2023, § 74 UVPG Rn. 2; BVerwG, U.v. 4.5.2022 – 9 A 7.21 – BVerwGE 175, 312 = juris Rn. 66)
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Im Rahmen des ergänzenden Planfeststellungsverfahrens führte der Beklagte am 29. Juli 2015, also weit vor dem gesetzlichen Stichtag des 16. Mai 2017, einen sog. Scoping-Termin durch, bei dem Inhalt und Umfang der von der Vorhabenträgerin für die Durchführung der UVP beizubringenden Unterlagen besprochen und abgestimmt wurden (vgl. ÄEPFB C.1.2 S. 25; Ergebnisprotokoll vom 29.7.2015, Behördenakte „4354-4-10 N 4 Ausbau FSW Ergänzung/Änderung“ [im Folgenden: BA I] Bl. 40; Einladung vom 20.7.2015, Behördenakte „Auszug E-Akte Fortführung Altverfahren“ [im Folgenden: BA II] Bl. 1812). Auf diese Weise wurde das Verfahren i.S.v. Art. 78d BayVwVfG a.F. eingeleitet, sodass die Ausnahmevorschrift des Art. 96a Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG eingreift. Insofern konnte die Behörde das UVP-Verfahren auf Basis der bisherigen Gesetzesgrundlage ohne Berücksichtigung der Novellierungsvorschriften fortführen.
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a) Die Übergangsregelung des Art. 96a Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Der bayerische Landesgesetzgeber hat die europarechtlichen Anforderungen der UVP-Änderungsrichtlinie 2014/52/EU richtlinienkonform umgesetzt.
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Art. 3 Abs. 2 Buchst. a) der die UVP-RL ändernden RL 2014/52/EU bestimmt ausdrücklich, dass Projekte den einschlägigen Verpflichtungen der UVP-RL in der Fassung vor ihrer Änderung durch die RL 2014/52/EU unterliegen, wenn vor dem 16. Mai 2017 das Verfahren in Bezug auf die Stellungnahme gemäß Artikel 5 Abs. 2 der UVP-RL eingeleitet wurde. Die zuletzt genannte Vorschrift betrifft die in Art. 78d BayVwVfG a.F. entsprechend geregelte Unterrichtung des Projektträgers darüber, welche Angaben von ihm vorzulegen sind. Die landesrechtliche Übergangsvorschrift des Art. 96a Abs. 1 BayVwVfG ist insofern der europarechtlichen Regelung vollständig nachgebildet. Daher ist der vom Europäischen Gerichtshof für die Interpretation europarechtlicher Vorschriften entwickelten Maxime des „effet utile“ – der sog. praktischen Wirksamkeit (vgl. BVerwG, EuGH-Vorlage vom 10.7.2013 – 8 C 9.12 – GewArch 2014, 74 = juris Rn. 17) – bereits bei der gesetzlichen Umsetzung Rechnung getragen worden.
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b) Zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung führt der klägerische Vortrag, wonach über Art. 96a Satz 1 BayVwVfG die Vorschrift des Art. 78a BayVwVfG in der ab dem 1. August 2018 geltenden Fassung anzuwenden gewesen sei, weil zwischen dem Scoping-Termin am 29. Juli 2015 und der Vorlage der UVP-Unterlagen am 20. Februar 2019 über dreieinhalb Jahre vergangen sind.
43
Einen zeitlichen Höchstrahmen, der für die Anwendung dieser Übergangsregelung nicht überschritten werden darf, lässt sich weder den im Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetz enthaltenen Vorschriften zur Umweltverträglichkeitsprüfung noch den entsprechenden unionsrechtlichen Regelungen entnehmen. Als einzig relevanter Zeitpunkt wird in den Übergangsvorschriften jeweils nur der Stichtag 16. Mai 2017 genannt.
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c) Keine Auswirkung auf die maßgebliche Fassung der UVP-Rechtsgrundlagen hat der vom Kläger vorgetragene Umstand, dass wesentliche Planungsziele wie etwa die Ausgestaltung des Tunnels sowie der geplante Abbruch und Ersatzneubau der Eisenbahnüberführung Rothenburger Straße erst nach dem Unterrichtungstermin geändert wurden und folglich nicht Bestandteil des im Jahr 2015 abgestimmten Untersuchungsrahmens waren.
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aa) Weder aus Art. 96a Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG noch aus Art. 3 Abs. 2 der UV-Änderungsrichtlinie 2014/52/EU ergibt sich, dass nach Durchführung des Scoping-Termins vorgenommene Planänderungen dazu führen, dass ab dem Änderungszeitpunkt die seit dem 1. August 2018 geltende UVP-Rechtslage anzuwenden wäre. Die Übergangsvorschriften stellen allein auf Verfahrenshandlungen ab, die den Beginn des UVP-Verfahrens betreffen, nicht aber auf das Planungsvorhaben in seiner konkreten Ausgestaltung. Dadurch soll verhindert werden, dass bereits laufende Planfeststellungsverfahren aufgrund von Rechtsänderungen immer wieder von neuem begonnen oder abgeschlossene Verfahrensschritte wiederholt werden müssen (vgl. BVerwG, U.v. 4.5.2022 – 9 A 7.21 – BVerwGE 175, 312 = juris Rn. 66 zu § 74 Abs. 2 UVPG). Dieses Ziel würde unterlaufen, wenn nachträgliche Planänderungen zur Anwendung von novellierten UVP-Vorschriften führten, welche die Prüfungsinhalte der Sache nach erweitern.
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bb) Die Vorstellung des Klägers, dass grundlegender Inhalt des Scoping-Termins die Besprechung der konkreten Umweltauswirkungen des Vorhabens unter Betrachtung aller Planungserwägungen sei, entspricht nicht dem Wesen des Unterrichtungsverfahrens. In diesem geht es vielmehr darum, dass die Behörde den Vorhabenträger frühzeitig über Art und Umfang der voraussichtlich beizubringenden Unterlagen sowie über Gegenstand, Umfang und Methoden der UVP berät (vgl. Art. 78d Satz 1 und 3 BayVwVfG a.F.; vgl. auch BVerwG, U.v. 9. 11. 2006 – 4 A 2001.06 – BVerwGE 127, 95 = juris Rn. 26). Es handelt sich um einen freiwilligen Verfahrensschritt des Vorhabenträgers im Vorfeld des eigentlichen Zulassungsverfahrens, der allein der Verfahrensbeschleunigung und Kostenersparnis dienen soll (vgl. LT-Drs. 14/994 S. 16).
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Auch widerspricht der übliche weitere Ablauf eines Planungsverfahrens der klägerischen Ansicht, dass in einem Scoping-Termin bereits die endgültigen Planunterlagen vorgelegt werden müssten. Dies ist größtenteils zu diesem Zeitpunkt noch nicht möglich, da insbesondere die Beteiligung der Öffentlichkeit und der Behörden zu Änderungen eines Vorhabens führen können (vgl. BVerwG, U.v. 24.5.2018 – 4 C 4.17 – BVerwGE 162, 114 = juris Rn. 20) und insofern Einfluss auf die endgültig einzureichenden UVP-Unterlagen haben. Konsequent spricht daher Art. 78d Satz 1 BayVwVfG nur von den „voraussichtlich“ beizubringenden UVP-Unterlagen. Zudem ist die Behörde gemäß Art. 5 Abs. 2 Satz 3 der UVP-RL nach der Unterrichtung nicht gehindert, weitere Angaben zu verlangen. Diese Formulierungen bringen zum Ausdruck, dass bei den später einzureichenden UVP-Unterlagen im Verhältnis zu den Erkenntnissen zum Zeitpunkt des Unterrichtungstermins noch Anpassungsbedarf bestehen kann u.a. auch aufgrund von Änderungen des geplanten Vorhabens. Im Übrigen ist die Frage, welches UVP-Verfahrensrecht Anwendung findet, zu trennen von der Frage, welche Auswirkungen Planänderungen auf den förmlichen Verfahrensgang haben können (z.B. eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung nach Art. 78g Abs. 1 Satz 6 BayVwVfG a.F.; vgl. auch BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 11.19 – juris Rn. 22).
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cc) Entgegen dem Klägervortrag liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sich der Scoping-Termin zeitlich überholt hat bzw. nicht verwertbar ist, weil die tatsächlich vorgenommenen Änderungen des planfestgestellten Vorhabens gegenüber dem Scoping-Termin weitereichend und von erheblich größerer Umweltrelevanz gewesen sind und eine hinreichende Beurteilung der voraussichtlichen Umweltauswirkungen des Vorhabens ohne Betrachtung der Änderungen nicht möglich gewesen ist.
49
Die von der Beigeladenen am 21. Februar 2019 vorgelegten UVP-Unterlagen berücksichtigen die Planänderungen (vgl. Schreiben vom 20.2.2019, BA I Bl. 84), sodass alle mit der neuen Konzeption einhergehenden Umweltauswirkungen im Rahmen der integrierten UVP betrachtet wurden. Auch war die Aktualisierung bzw. Überarbeitung der Verkehrs- und Luftschadstoffgutachten gerade Gegenstand des Scoping-Termins am 29. Juli 2015. Insofern kommt es nicht darauf an, ob die erfolgten Änderungen ein Ausmaß erreicht haben, welches die Gesamtkonzeption oder wesentliche Teile des übrigen Planinhalts infrage stellen (vgl. BVerwG, U.v. 5.12.1986 – 4 C 13.85 – BVerwGE 75, 214 = juris Rn. 24) oder ob das zur Genehmigung gestellte und später mit Abweichungen vom Antrag genehmigte Vorhaben eine deutlich höhere Umweltrelevanz hat als das im Scoping-Termin beschriebene Vorhaben (vgl. BVerwG, U.v. 24.5.2018 – 4 C 4.17 – BVerwGE 162, 114 = juris Rn. 19). Diese zur UVP-Vorprüfung ergangene Rechtsprechung ist nicht übertragbar auf den vorliegenden Fall des Unterrichtungsverfahrens, da es sich beim Scoping-Termin lediglich um eine freiwillige Beratung durch die Behörde über die einzureichenden UVP-Unterlagen handelt, während im Rahmen der verpflichtend vorgeschriebenen UVP-Vorprüfung bereits die möglichen Umweltauswirkungen eines Vorhabens betrachtet werden.
50
Unabhängig davon war die dem Scoping-Termin zugrundeliegende Planung mit dem Vorhaben, das Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung und des ÄEPFB war, weitgehend identisch. Die im Vergleich zu der im Jahr 2013 festgestellten Planung vorgenommenen Änderungen haben weder Einfluss auf die Gesamtkonzeption der Planung noch auf die Identität des gegenständlichen Vorhabens.
51
2. Die vom Kläger geltend gemachten Mängel bei den Angaben zur Methodik des UVP-Berichts stellen keinen Verfahrensfehler i.S.v. § 4 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 1a UmwRG dar.
52
Unter dem im Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz nicht näher definierten Begriff des Verfahrensfehlers werden nach herkömmlichem Rechtsverständnis nur Verstöße gegen Rechtsvorschriften gefasst, die die äußere Ordnung des Verfahrens, d.h. den Verfahrensablauf als solchen betreffen. Hierzu gehören etwa Regelungen über den Beginn des Verfahrens, die Beteiligung anderer Behörden und der Öffentlichkeit sowie sonstige Verfahrensschritte, wie etwa die Durchführung einer UVP oder Vorprüfung. Nicht zum äußeren Verfahrensgang in diesem Sinne gehört dagegen der durch materiell-rechtliche Vorgaben gesteuerte Prozess der Willens- und Entscheidungsbildung (BVerwG, U.v. 19.12.2017 – 7 A 6.17 u.a. – UPR 2018, 300 = juris Rn. 18; U.v. 28.11.2017 – 7 A 17.12 – BVerwGE 161, 17 = juris Rn. 29, 37).
53
a) Der Vorhalt des Klägers, im UVP-Bericht seien Kriterien zur Bewertung der Erheblichkeit der schutzgutbezogenen Auswirkungen nicht erkennbar, ist unbegründet.
54
Nach Art. 78j BayVwVfG a.F. bewertet die zuständige Behörde die erheblichen Umweltauswirkungen des Vorhabens auf der Grundlage der nach Art. 78i BayVwVfG a.F. geforderten zusammenfassenden Darstellung. Mit diesem Verfahrensschritt wird gewährleistet, dass die erheblichen Umweltauswirkungen des geplanten Vorhabens der für die Zulassung zuständigen Behörde nicht nur als bloße Tatsachen bekannt sind, sondern dass sie für ihre Entscheidung auch Klarheit darüber erhält, welches Gewicht, welches Ausmaß und welche sonstige entscheidungserhebliche Bedeutung die Umweltauswirkungen des Vorhabens in Bezug auf die Schutzgüter des Art. 78c BayVwVfG a.F. einschließlich der jeweiligen Wechselwirkungen haben. Auf dieser Erkenntnisgrundlage kann die Behörde eine Abschätzung der Folgen des Vorhabens für die Umwelt insgesamt vornehmen, d.h. abschließend beurteilen, ob das Vorhaben insgesamt und in seinen einzelnen Auswirkungen für die Umwelt als Ganzes vorteilhaft oder nachteilig ist (vgl. LT-Drs. 14/994 S. 18). Da die UVP-Richtlinie weder in ihrer durch die RL 97/11/EG des Rates vom 3. März 1997 zur Änderung der RL 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen Projekten (ABl EU Nr. L 73 vom 14.3.1997 S. 5) noch in ihrer durch die Änderungsrichtlinie 2014/52/EU erlangten Fassung materielle Vorgaben, auch keine eigenständigen materiellen Kriterien für die Bewertung und Berücksichtigung der Umweltauswirkungen UVPpflichtiger Vorhaben enthält, muss die Zulassungsbehörde auf den Kenntnisstand und die Methoden zurückgreifen, wie sie bei der Anwendung des umweltbezogenen Fachrechts auch sonst zur Anwendung kommen; es gibt also grundsätzlich keine UVPspezifischen Prüf- und Bewertungsmaßstäbe dafür, welcher Rang den Umweltbelangen im Rahmen der Zulassungsentscheidung zukommt (vgl. LT-Drs. 14/994 S. 18; BVerwG, U.v. 25.1.1996 – 4 C 5.95 – BVerwGE 100, 238 = juris Rn. 27; U.v. 19.12.2017 – 7 A 6.17 u.a. – UPR 2018, 300 = juris Rn. 22).
55
Sofern der nicht weiter konkretisierte Einwand des Klägers auf eine Nichtbeachtung von Art. 78a Satz 1 BayVwVfG i.V.m. § 16 Abs. 3 UVPG i.V.m. Anlage 4 Nr. 4 anspielen sollte, verfängt dieser nicht, da diese Regelung aufgrund der vorliegend eingreifenden Übergangsregelung des Art. 96a Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG keine Anwendung findet. Eine Pflicht zur Begründung der Bewertung wurde ebenfalls erstmals mit Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie 2014/52/EU in den novellierten § 25 Abs. 1 Satz 2 UVPG aufgenommen.
56
b) Die klägerische Kritik, das Vorhaben widerspreche den übergeordneten landesplanerischen Vorgaben, kann nicht durchdringen. Die Argumentation, nach welcher die im UVP-Bericht unter „Zielvorgaben und Festsetzungen“ (Unterlage 16.1 Ä S. 9) beschriebene Raumanalyse zu einer fehlerhaften UVP führe, ist nicht nachvollziehbar.
57
Zielrichtung der UVP ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht die Prüfung, ob das Vorhaben mit den übergeordneten schutzgutübergreifenden Zielvorgaben und Festsetzungen der Landes- und Regionalplanung im Einklang steht, sondern allein die Ermittlung und Bewertung der mit dem Vorhaben in Zusammenhang stehenden Umweltauswirkungen. Berücksichtigt werden die Umweltauswirkungen erst bei der anschließenden Zulassungsentscheidung, für deren Prüfung die UVP durch Zusammenstellung und Aufbereitung des umweltbezogenen Tatsachenmaterials den Rahmen und die Grundlage bildet (vgl. BVerwG, U.v. 19.12.2017 – 7 A 6.17 u.a. – UPR 2018, 300 = juris Rn. 22). Inhaltliche oder methodische Fehler bei der Durchführung der UVP sind hingegen nicht als i.S.v. § 4 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 1a UmwRG relevante Verfahrensfehler zu qualifizieren (vgl. BVerwG, U.v. 19.12.2017 – 7 A 6.17 u.a. – UPR 2018, 300 = juris Rn. 27).
58
Unabhängig davon hält der Änderungs- und Ergänzungsplanfeststellungsbeschluss fest, dass das gegenständliche Vorhaben den maßgeblichen Zielen und Grundsätzen des Landesentwicklungsprogramms Bayern und des Regionalplans der Region Nürnberg entspricht (vgl. C.3.3.1 S. 117). Dies ist vom Kläger nicht substantiiert infrage gestellt worden.
59
c) Der Vorwurf, die klägerischen Belange seien im Rahmen der UVP nicht ausreichend bewertet und abgeschätzt worden, greift nicht durch.
60
Gegenstand der UVP ist nicht die Bewertung jeglicher in Betracht kommenden, konkreten individuellen Belange. Die UVP umfasst als unselbständiger Teil des Verwaltungsverfahrens unterschiedliche Verfahrensschritte und bezweckt – wie Art. 78b BayVwVfG a.F verdeutlicht – die frühzeitige und umfassende Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der erheblichen Umweltauswirkungen eines Vorhabens auf die in Art. 78c BayVwVfG a.F. beschriebenen Schutzgüter. Durch die Phasen der Informationsgewinnung und der Informationsverarbeitung dient sie hauptsächlich der Strukturierung des Verfahrens im Vorfeld der Sachentscheidung (vgl. BVerwG, U.v. 19.12.2017 – 7 A 6.17 u.a. – UPR 2018, 300 = juris Rn. 21; U.v. 28.11.2017 – 7 A 17.12 – BVerwGE 161, 17 = juris Rn. 31 m.w.N.). Wenn einzelne Umweltauswirkungen nicht mit einer hinreichenden Tiefe ermittelt, einzelne Angaben fehlerhaft, Unterlagen unzureichend oder Bewertungen fragwürdig sind, kann dies nur dann zu einem Verfahrensfehler i.S.v. 4 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 1a UmwRG führen, wenn infolge dieses Fehlers gerade die in den Beteiligungsgarantien wurzelnde Anstoß- und Informationsfunktion verfehlt werden (vgl. BVerwG, B.v. 26.3.2020 – 3 B 24.19 – NVwZ 2020, 1199 = juris Rn. 9 m.w.N.).
61
Gemessen daran erfüllen die streitgegenständlichen UVP-Unterlagen sowohl die formalen Anforderungen des Art. 78e BayVwVfG a.F. als auch die ihnen zukommende Anstoßfunktion. Der UVP-Bericht erwähnt die vom Kläger als beeinträchtigend beschriebenen Lärmschutzwände als im Bestand vorhanden und geht auf die geplante Errichtung der 8 m hohen Lärmschutzwände auf einer Länge von etwa 1,2 km ein (vgl. Unterlage 16.1 Ä S. 10, 38). Nur weil aus Klägersicht im UVP-Bericht in Bezug auf das Schutzgut Mensch Ausführungen dazu fehlen, dass durch die Lärmschutzwand als weiterer Aspekt eine Verschlechterung der Lichtverhältnisse eintritt einhergehend mit einer Verschattung und Sichtbehinderungen, entfällt nicht die Anstoßwirkung. Die Lärmschutzwände werden ausdrücklich erwähnt, allerdings nur aus einer anderen Perspektive beschrieben, und zwar in ihrer Funktion als Vermeidungsmaßnahme zur Verbesserung der Schallimmissionssituation (vgl. Planunterlage 16.1 Ä S. 48).
62
d) Die UVP ist nicht aus dem vom Kläger vorgetragenen Grund zu bestanstanden, dass die gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 UVPG zwingend vorgeschriebene Beschreibung des Vorhabens nicht umfangreich genug und nicht in der erforderlichen Detailtiefe erfolgt sei.
63
Der Mindestinhalt und -umfang der vorzulegenden Unterlagen richtet sich nach Art. 78e Abs. 3 Nr. 1 BayVwVfG a.F., der an die in den Planunterlagen enthaltenden Angaben ähnliche Anforderungen wie § 16 Abs. 1 Nr. 1 UVPG stellt. Der von der Beigeladenen vorgelegte UVP-Bericht enthält unter Punkt 6.1 „Beschreibung des Projekts“ die gesetzlich geforderte Beschreibung des Vorhabens mit Angaben über Standort, Art und Umfang sowie Bedarf an Grund und Boden (vgl. Planunterlage 16.1 Ä S. 38 f.).
64
Unabhängig davon führen – wie bereits dargelegt – inhaltliche oder methodische Fehler nicht zu einem Verfahrensfehler, sofern die Unterlagen die erforderliche Anstoßfunktion bewirken. Dafür, dass die Anstoßwirkung mit der vorliegenden Projektbeschreibung nicht erreicht werden konnte, liegen weder Anhaltspunkte vor noch enthält der Klägervortrag substantiierte Angaben dazu.
65
3. Die nach altem Recht durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung war darüber hinaus nicht deshalb unzureichend, weil Aspekte des Makroklimas keine Berücksichtigung gefunden haben.
66
Für das streitgegenständliche Planfeststellungsverfahren waren – wie bereits dargelegt – die in Art. 78a ff. BayVwVfG geregelten UVP-Vorschriften in der bis zum 15. Mai 2017 geltenden Fassung maßgebend. Daher findet die aktuelle Regelung, nach der über Art. 78a Satz 1 BayVwVfG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UVPG auch das Makroklima zum Gegenstand der Prüfung gehört, keine Anwendung. Die UVP nach altem Recht erforderte nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung keine Berücksichtigung globaler Klimaauswirkungen. Der Begriff des Klimas wurde in dem der UVP zugrundeliegenden Art. 78c Satz 2 Nr. 1 BayVwVfG a.F. (vergleichbar mit § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UVPG a.F.) eng im Sinne des standortbezogenen lokalen Klimas verstanden. Auch europarechtlich war eine großräumigere Betrachtung des Klimas für den vergangenen Zeitraum nicht geboten (vgl. BVerwG, U.v. 4.5.2022 – 9 A 7.21 – BVerwGE 175, 312 = juris Rn. 65; U.v. 12.6.2019 – 9 A 2.18 – BVerwGE 166, 1 = juris Rn. 20 jeweils m.w.N.). Die Europäische Kommission geht davon aus, dass in Bezug auf die Stichtagsregelung („vor dem 16. Mai 2017“) zwischen solchen Projekten, die der UVP-Richtlinie von 2011 (RL 2011/92/EU), und solchen, die der UVP-Richtlinie von 2014 (RL 2014/52/EU) unterfallen, zu unterscheiden ist und (nur) die geänderte Fassung der Richtlinie Bestimmungen zum Klimawandel umfasst (vgl. Bekanntmachung der Kommission, Technische Leitlinien für die Sicherung der Klimaverträglichkeit von Infrastrukturen im Zeitraum 2021 – 2027, ABl. 2021/C 373/1, S. 43 f., 64; BVerwG, U.v. 4.5.2022 a.a.O.).
67
Der Kläger kann mit seinem Einwand, aufgrund von § 4 KSG sei gesetzgeberisch eine vorhabenbezogene Betrachtung übergeordneter Klimaschutzaspekte gewollt gewesen, nicht durchdringen. Das Inkrafttreten des Bundes-Klimaschutzgesetzes gebietet gerade keine andere Beurteilung und führt nicht zu einer nachträglichen „Aufladung“ und Erweiterung des Begriffs der Umweltauswirkungen bei der Umweltverträglichkeitsprüfung um den Aspekt des globalen Klimas (vgl. BVerwG, U.v. 4.5.2022 – 9 A 7.21 – BVerwGE 175, 312 = juris Rn. 66).
68
4. Die UVP kann auch nicht erfolgreich als unzureichend und unvollständig gerügt werden, weil Vorsorge- und Notfallmaßnahmen i.S.v. Nr. 8 der Anlage 4 zum UVPG nicht angesprochen worden sind. Dem steht bereits entgegen, dass die UVP auf Basis der alten Rechtslage erfolgte, nach der dieser Punkt nicht zu den erforderlichen Angaben des UVP-Berichts gehörte.
69
Im Übrigen wäre auch diesbezüglich kein Verfahrensfehler festzustellen. Die Angaben nach Anlage 4 zählen nicht zu den obligatorischen Mindestanforderungen, die der UVP-Bericht stets enthalten muss. Es handelt sich um fakultative Anforderungen, die nur in besonderen Fällen unter strengeren Voraussetzungen vorzuweisen sind (vgl. OVG Berlin-Bbg, U.v. 12.3.2020 – 11 A 7.18 – juris Rn. 50). Der Kläger hat nicht substantiiert aufgezeigt, inwiefern hier nach den besonderen Umständen des Einzelfalls die zusätzlichen Angaben für das Vorhaben relevant wären.
70
5. Auch eine Alternativenprüfung, in dem Umfang wie der Kläger sie offensichtlich aus § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 UVPG ableitet, gehörte nicht zum notwendigen Prüfungsgegenstand der streitgegenständlichen UVP.
71
Nach dem einschlägigen Art. 78e Abs. 3 Nr. 5 BayVwVfG a.F. müssen die vorzulegenden UVP-Unterlagen eine Übersicht enthalten über die wichtigsten, vom Träger des Vorhabens geprüften Vorhabenalternativen und dabei die wesentlichen Auswahlgründe im Hinblick auf die erheblichen Umweltauswirkungen angeben. Diesen Anforderungen genügen die Unterlagen. Zum einen ist festzuhalten, dass die untersuchten Planungsvarianten bereits Gegenstand des Planfeststellungsbeschlusses für den kreuzungsfreien Ausbau der N 4 im Stadtgebiet Nürnberg in den Bereichen West (Str.-km 0+633 bis 2+336) und Mitte (Str.-km 3+451 bis 5+856) mit Neubau der Ortsstraße Neue Kohlenhofstraße (Str.-km 0+154 bis 0+876) und Abkoppelung der Gleisanlagen im Bereich des Kohlenhofes des Bahnhofes Nürnberg Hauptgüterbahnhof im Vorgriff zur geplanten Flächenfreisetzung [im Folgenden: PFB] vom 28. Juni 2013 waren und dort ausführlich beschrieben worden sind (vgl. PFB C.2.3.2 S. 31 f.). Zum anderen enthält der UVP-Bericht die vorgeschriebene Übersicht über anderweitige geprüfte Lösungsmöglichkeiten unter Angabe der wesentlichen Auswahlgründe (vgl. Planunterlage 16.1 Ä S. 78). Darüberhinausgehende Anforderungen an die Prüfung der Umweltauswirkungen von Planungsalternativen sind nicht ersichtlich. Ob und in welchem Umfang Alternativen geprüft werden müssen, richtet sich nach den jeweiligen fachgesetzlichen Anforderungen (BVerwG, U.v. 9.11.2017 – 3 A 4.15 – BVerwGE 160, 263 = juris Rn. 25 m.w.N.). In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Planfeststellungsbehörde auf der Grundlage einer Grobanalyse solche Alternativen, die als weniger geeignet erschienen, schon in einem frühen Verfahrensstadium ohne nähere Untersuchung ausscheiden darf (vgl. BVerwG, U. v. 23.03.2011 – 9 A 9.10 – juris Rn. 33). Diese ausgeschiedenen Alternativen dürfen bei der Umweltverträglichkeitsprüfung unberücksichtigt bleiben (vgl. SächsOVG, U.v. 12.1.2022 – 4 C 19/09 – juris Rn. 55; OVG NW, U.v. 17.11.2017 – 11 D 12/12.AK – juris Rn. 228).
72
III. Der Planfeststellungsbeschluss in Gestalt des Änderungs- und Ergänzungsplanfeststellungsbeschlusses leidet an keinen materiellen Rechtsfehlern.
73
1. Die planerische Rechtfertigung für das streitgegenständliche Straßenbauvorhaben liegt vor.
74
Auch wenn sich der Kläger als nicht enteignungsrechtlich Betroffener gegen das Vorhaben zur Wehr setzt, unterliegt die Planrechtfertigung der gerichtlichen Kontrolle. Die Planrechtfertigung ist ein ungeschriebenes Erfordernis jeder Fachplanung und eine Ausprägung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit staatlichen Handelns, das mit Eingriffen in private Rechte verbunden ist. Sie ist nicht nur zu prüfen, wenn Dritte für das Vorhaben enteignet werden, sondern immer dann, wenn das Vorhaben mit Eingriffen in ihre Rechte einhergeht (vgl. BVerwG, U.v. 9.11.2006 – 4 A 2001.06 – BVerwGE 127, 95, 102 = juris Rn. 33; U.v. 26.4.2007 – 4 C 12.05 – BVerwGE 128, 358 = juris Rn. 48; OVG NW, U.v. 1.6.2023 – 20 D 377/21.AK – juris Rn. 181 f.). Die planerische Rechtfertigung erfordert die Prüfung, ob das Vorhaben mit den Zielen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes übereinstimmt (fachplanerische Zielkonformität) und ob das Vorhaben für sich in Anspruch nehmen kann, in der konkreten Situation erforderlich zu sein (BVerwG, U.v. 9.11.2006 – 4 A 2001.06 – BVerwGE 127, 95 = juris Rn. 34). Dies ist nicht erst bei Unausweichlichkeit des Vorhabens der Fall, sondern schon dann, wenn dieses vernünftigerweise geboten ist (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 26.4.2007 – 4 C 12.05 – BVerwGE 128, 358 = juris Rn. 45; B.v. 4.9.2018 – 9 B 24.17 – juris Rn. 3). Die Planrechtfertigung stellt deshalb eine praktisch nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der Planungshoheit dar (BVerwG, U.v. 11.7.2001 – 11 C 14.00 – BVerwGE 114, 364 = juris Rn. 32; B.v. 23.10.2014 – 9 B 29.14 – NVwZ 2015, 79 = juris Rn. 4; B.v. 4.9.2018 – 9 B 24.17 – juris Rn. 3, jeweils m.w.N.)
75
Nach diesen Grundsätzen ist dem bedarfsgerechten Ausbau der N 4 mit Blick auf die straßenrechtlichen Planungsziele des Art. 9 Abs. 1 Satz 2 BayStrWG, wonach der Träger der Straßenbaulast die Straßen in einem dem gewöhnlichen Verkehrsbedürfnis und den Erfordernissen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung genügenden Zustand zu bauen und zu unterhalten hat, eine Planrechtfertigung nicht abzusprechen.
76
Abzustellen ist auf den ursprünglichen Plan in der Gestalt, die er durch den Änderungs- und Ergänzungsplanfeststellungsbeschluss erhalten hat. Beide Entscheidungen zusammen bilden eine einheitliche Planfeststellung, sodass die Planrechtfertigung für das geänderte Vorhaben gegeben sein muss (vgl. BVerwG, U.v. 17.12.2009 – 7 A 7.09 – NVwZ 2010, 584 = juris Rn. 28). Der streitgegenständliche Änderungs- und Ergänzungsbeschluss nimmt bezüglich der Planrechtfertigung des Vorhabens ausdrücklich Bezug auf die im Planfeststellungsbeschluss vom 28. Juni 2013 unter C.2.2 dargelegten maßgeblichen Gründe und hält an ihnen unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich geänderten Vorhabenplanung sowie der Aktualisierung verschiedener der Planung zugrundeliegender Datengrundlagen fest (vgl. ÄEPFB C.3.2.1 S. 90 f.).
77
Der kreuzungsfreie Ausbau der N 4 im Planungsabschnitt Mitte, der Anbau eines Zufahrtstreifens im Abschnitt West sowie der Neubau der Ortsstraße Neue Kohlenhofstraße sind vernünftigerweise geboten, weil zur Überzeugung des Senats entsprechend den auch vom Kläger nicht infrage gestellten Darstellungen der Planfeststellungsbehörde bereits der vorhandene Ausbauzustand nicht mehr dem gewöhnlichen Verkehrsbedürfnis gerecht wird (vgl. PFB C.2.2 S. 29; ÄEPFB C.3.2.1 S. 91).
78
Die N 4 stellt eine der wichtigsten Verkehrstrassen im Stadtgebiet der Beigeladenen dar, da sie mehrere Stadtteile miteinander verknüpft und im Süden an die Staatsstraße St 2407 und im Norden an die Bundesautobahn (BAB) A 73 anbindet (PFB C.2.2 S. 29). Im Planungsabschnitt Mitte gibt es drei signalgeregelte Kreuzungen mit den Hauptverkehrsachsen Rothenburger-, Schwabacher Straße und An den Rampen/Landgrabenstraße. Diese wirken sich leistungsmindernd aus und führen in den Hauptverkehrszeiten regelmäßig zu Stauungen weit über den Bereich Mitte hinaus. Bei Messungen ohne Baustellen oder ähnlichen Behinderungen wurden werktäglich wiederkehrende Staus mit Staulängen z.T. bis über 1.500 m in beiden Fahrtrichtungen festgestellt (vgl. PFB C.2.2 S. 29; ÄEPFB C.3.2.1 S. 91). Es kommt dadurch zu Verkehrsverlagerungen auf das nachgeordnete Straßennetz und in die Wohngebiete, da ortskundige Autofahrer zu Hauptverkehrszeiten oftmals Umwege durch angrenzende Wohngebiete wählen, um schneller an ihr Ziel zu gelangen. Damit werden zugleich Schall- und Luftschadstoffimmissionen in Straßen und Wohngebiete verlagert (vgl. PFB C.2.2 S. 29).
79
Ziel der streitgegenständlichen Planung ist die Beseitigung der Stauanfälligkeit der N 4 zur Erhöhung der Verkehrssicherheit und Reduzierung der staubedingten Zusatzbelastungen wie Lärm- und Abgasimmissionen in den beiden Planungsbereichen (vgl. PFB C.2.2 S. 30; ÄEPFB C.3.2.2 S. 92). Der Ausbau dient dazu, die derzeitigen Probleme bei der Abwicklung des Verkehrsaufkommens zu regeln und den Verkehr in den beiden Ausbauabschnitten West und Mitte zu verflüssigen, um auf Dauer die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs in diesem Bereich zu gewährleisten. Der Verkehr, der auf parallel verlaufenden Routen durch Wohngebiete verlagert wird, soll aus diesen wieder herausgezogen und auf der N 4 gebündelt werden (vgl. PFB C.2.2 S. 30; ÄEPFB C.3.2.2 S. 92). Im Bereich West soll der Anbau eines dritten Fahrstreifens für eine Kapazitätssteigerung sorgen, sodass ein stetiger Verkehrsfluss ermöglicht wird (vgl. PFB C.2.2 S. 30).
80
Der Planfeststellungsbehörde kam es vor dem Hintergrund der beschriebenen gegenwärtigen Verkehrsbelastungen insoweit nicht entscheidend darauf an, ob das Vorhaben aufgrund der zukünftig zu erwartende Verkehrsentwicklung erforderlich ist, jedenfalls soweit das Belastungsniveau des Frankenschnellwegs sowie des ihn umgebenden Straßennetzes im Jahr 2030 nicht unter das jetzige Niveau fällt (vgl. ÄEPFB C.3.2.1 S. 91). Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts musste im Rahmen der Planrechtfertigung auch nicht zwingend auf die Verkehrsprognose abgestellt werden. Denn Einschätzungen und Prognosen fließen nur dann in die Planung ein, soweit das Bedürfnis nach einer Verkehrseinrichtung mit der Vorausschau auf künftige Entwicklungen begründet wird (vgl. BVerwG, U.v. 6.12.1985 – 4 C 59.82 – BVerwGE 72, 282 = juris Rn. 17; OVG SA, U.v. 23.8.2017 – 2 K 66/16 – juris Rn. 117). Letzteres ist bei dem streitgegenständlichen Vorhaben wie beschrieben nicht der Fall. Das konkrete Bedürfnis ergibt sich – wie die Verkehrsanalyse zum Planfeststellungsbeschluss vom 28. Juni 2013 und die Verkehrsuntersuchung zum Änderungs- und Ergänzungsplanfeststellungsbeschluss zeigen – jeweils aus der (im maßgeblichen Zeitpunkt der Planfeststellung) aktuellen Verkehrslage (vgl. PFB C.2.2 S. 30; ÄEPFB C.3.2 S. 91). Die Zahlen der Verkehrsprognose 2030, an deren methodischer Richtigkeit keine durchgreifenden Zweifel bestehen (vgl. unten Rn. 89 ff.) belegen zudem, dass im Jahr 2030 das Belastungsniveau des Frankenschnellwegs nicht unter das derzeitige Niveau fallen wird. Nach der Verkehrsprognose ist – ohne dass es in diesem Zusammenhang darauf ankäme – vielmehr von einer nochmaligen Zunahme der Verkehrsbelastung insgesamt auszugehen (vgl. Planunterlage 15.1 Ä S. 11 Tabelle 2).
81
Diese fachplanerischen Ausführungen, die für das Vorhaben sprechen, hat der Kläger nicht substantiiert angegriffen. Soweit er sich auf Mängel in der Verkehrsprognose beruft, kommt es an dieser Stelle nicht auf deren Richtigkeit an. Abgesehen davon kann er mit seinen Einwendungen gegen die Verkehrsprognose nicht durchdringen (vgl. unten Rn. 89 ff.).
82
2. Die Planrechtfertigung scheitert auch nicht an der fehlenden Finanzierbarkeit des Projekts.
83
Die Art der Finanzierung eines Straßenbauvorhabens ist nicht Regelungsgegenstand des Planfeststellungsbeschlusses, sondern eine finanz- und haushaltspolitische Entscheidung (vgl. BVerwG, U.v. 20.5.1999 – 4 A 12.98 – NVwZ 2000, 555 = juris Rn. 43). Den Mangel der Finanzierbarkeit eines Vorhabens darf die Planungsbehörde dennoch nicht ignorieren; einer aus finanziellen Gründen nicht realisierbaren Planung fehlt die Planrechtfertigung, weil sie nicht vernünftigerweise geboten ist. Die Planfeststellungsbehörde hat deshalb vorausschauend zu beurteilen, ob dem geplanten Bauvorhaben unüberwindbare finanzielle Schranken entgegenstehen (stRspr, BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 6.19 – BVerwGE 170, 266 = juris Rn. 15 m.w.N.).
84
Für derartige unüberwindbare finanzielle Hürden fehlt es an konkreten Anhaltspunkten. Die Beigeladene strebt die Realisierung des Vorhabens unter erheblichem Einsatz eigener finanzieller Mittel an und hat dafür in ihren Haushalt bereits Mittel eingestellt. Hinzukommt eine durch die Bayerische Staatsregierung in Aussicht gestellte Sonderfinanzierung, sodass bei der Beigeladenen lediglich ein Eigenanteil verbleibt (vgl. PFB C.2.5.1.2 S. 86). Nach Einschätzung der von der Planfeststellungsbehörde hinzugezogenen Kommunalaufsicht erscheint auch nach aktuellem Stand eine Finanzierung der Ausbaumaßnahme nicht ausgeschlossen. Dies gilt unabhängig davon, ob die durch die Bayerische Staatsregierung konkret in Aussicht gestellten Fördermittel im Hinblick auf die in den letzten Jahren aus unterschiedlichen Gründen eingetretenen Kostensteigerungen nochmals aufgestockt werden. Selbst unter Berücksichtigung der sich aus der Corona-Pandemie ergebenden negativen Auswirkungen auf die maßgeblichen Haushaltsdaten stehen der Beigeladenen im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung ausreichend Möglichkeiten zur Verfügung, bei ihrer mittelfristigen Finanzplanung die nötigen Prioritäten zu setzen und ggf. andere Projekte zurückzustellen (vgl. ÄEPFB C.3.2.3 S. 93).
85
Die vom Kläger bezweifelte Förderfähigkeit des Baus bzw. der Erweiterung von Kreisstraßen nach § 2 des Gesetzes über Finanzhilfen des Bundes zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden (Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz – GVFG) gehört nicht zu den Voraussetzungen der Planrechtfertigung (vgl. OVG Bremen, U.v. 18.2.2010 – 1 D 599/08 – UPR 2010, 319 = juris Rn. 41, 54 m.w.N.). Unabhängig davon ist nach dem insoweit maßgeblichen Art. 2 Nr. 1 a) BayGVFG der Bau oder Ausbau von verkehrswichtigen innerörtlichen Straßen, verkehrswichtigen Zubringerstraßen zum überörtlichen Verkehrsnetz bzw. verkehrswichtigen zwischenörtlichen Straßen in der Baulast von Gemeinden weiterhin förderfähig.
86
IV. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss genügt auch dem fachplanerischen Abwägungsgebot.
87
Dieses verlangt inhaltlich, dass – erstens – eine Abwägung überhaupt stattfindet, – zweitens – in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und – drittens – weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 25.5.2023 – 7 A 7.22 – BVerwGE 179, 30 = juris Rn. 46; U.v. 15.12.2016 – 4 A 4.15 – BVerwGE 157, 73 = juris Rn. 23 f. m.w.N.). Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange sind gemäß Art. 75 Abs. 1a BayVwVfG nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur Planung ermächtigte Stelle in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. Die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und als solches der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen. Diese beschränkt sich im Rahmen des Abwägungsgebots daher auf die Frage, ob die Verwaltungsbehörde die abwägungserheblichen Gesichtspunkte rechtlich und tatsächlich zutreffend bestimmt hat und ob sie – auf der Grundlage des derart zutreffend ermittelten Abwägungsmaterials – die aufgezeigten Grenzen der ihr obliegenden Gewichtung eingehalten hat (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 656; U.v. 19.12.2017 – 7 A 7.17 – juris Rn. 20 m.w.N.).
88
Gemessen daran sind die Belange des Klägers, insbesondere sein Schutz vor schädlichem Verkehrslärm und Luftschadstoffen, rechtsfehlerfrei abgewogen worden.
89
1. Die Verkehrsprognose, auf der die Abwägung der Immissionsschutzbelange der Wohnbevölkerung im Allgemeinen und des Klägers im Besonderen beruht, vermag der Kläger nicht mit Erfolg infrage stellen.
90
Nach ständiger Rechtsprechung unterliegen Verkehrsprognosen nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Eine Prognose ist dann nicht zu beanstanden, wenn sie nach einer geeigneten Methode durchgeführt wurde, der ihr zugrundeliegende Sachverhalt zutreffend ermittelt und das Ergebnis einleuchtend begründet ist (vgl. BVerwG, U.v. 23.6.2021 – 7 A 10.20 – NVwZ 2021, 1696 = juris Rn. 28; U.v. 15.10.2020 – 7 A 9.19 – NVwZ 2021, 1145 = juris Rn. 111 m.w.N.). Diesen Maßgaben wird die der Planfeststellung zugrunde gelegte Verkehrsprognose gerecht.
91
Eine gesetzliche Vorgabe, nach welchen Methoden eine Verkehrsprognose im Einzelnen zu erstellen ist, gibt es nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist eine Verkehrsprognose mit den zu ihrer Zeit verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der dafür erheblichen Umstände sachgerecht, d.h. methodisch fachgerecht zu erstellen (vgl. BVerwG, B.v. 15.3.2013 – 9 B 30.12 – juris Rn. 10). Unterschiedliche methodische Ansätze sind, jedenfalls solange sich kein allgemein anerkannter fachlicher Standard durchgesetzt hat, hinzunehmen. Völlig deckungsgleiche Ansichten sind in der wissenschaftlichen Diskussion von vornherein nicht zu erwarten (vgl. BVerwG, U.v. 9.6.2010 – 9 A 20.08 – NuR 2010, 870 = juris Rn. 86).
92
Diesen Maßgaben wird die dem Änderungs- und Ergänzungsplanfeststellungsbeschluss zugrunde gelegte Verkehrsprognose (b.B. ingenieure GmbH [im Folgenden: B. GmbH], Verkehrsgutachten, Planunterlage M 15.1 Ä; ÄEPFB C.3.2.4 S. 94 ff.) gerecht. Der Senat hat keine Zweifel, dass die Verkehrsprognose nach einer geeigneten Methode durchgeführt wurde, der maßgebliche Sachverhalt zutreffend ermittelt und das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist. Dass dies der Fall ist, hat sich nicht zuletzt bestätigt durch die vorgelegten fachlichen Ergänzungen des Verkehrsgutachtens (vgl. B. GmbH, Fortschreibung Verkehrsgutachten vom 5.5.2020, 9.6.2020, 4.12.2020, 21.5.2021, 8.9.2021, 4.2.2022, 31.1.2024) sowie durch die gut nachvollziehbaren fachlichen Erläuterungen des Bearbeiters Dipl.-Ing. W. in der mündlichen Verhandlung. Der Beklagte sowie die Beigeladene sind zusammen mit dem Verkehrsgutachter sämtlichen Einwänden überzeugend entgegengetreten.
93
a) Der für die Planung und insbesondere für die Verkehrsprognose gewählte Prognosehorizont ist aus methodischer Sicht nicht zu bemängeln.
94
Grundlage des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses vom 28. Juni 2013 war eine Verkehrsprognose, die sich auf den Prognosehorizont 2015 bzw. 2020 bezog. Bei der Aktualisierung der Verkehrsprognose im Rahmen des Änderungs- und Ergänzungsplanfeststellungsbeschlusses wurde das Jahr 2030 als Bezugsjahr gewählt. Hintergrund war die zum damaligen Zeitpunkt zur Verfügung stehende Datenlage sowie der Umstand, dass die Bundesverkehrswegeplanung und das Landesverkehrsmodell Bayern den gleichen Zeithorizont aufwiesen (vgl. Ergebnisprotokoll vom 29.7.2015, BA I Bl. 41; ÄEPFB C.3.2.4 S. 97; B. GmbH vom 4.12.2020 S. 10).
95
Für die Prognose der Verkehrsentwicklung gibt der Gesetzgeber keinen festen Zeitrahmen vor. Der gewählte Zeitraum von zehn Jahren ab der Planfeststellung bewegt sich im Rahmen des für Verkehrsprognosen Üblichen (vgl. BVerwG, U.v. 5.10.2021 – 7 A 13.20 – BVerwGE 173, 296 = juris Rn. 86; U.v. 29.6.2017 – 3 A 1.16 – DVBl 2018, 187 = juris Rn. 87). Dass der Prognosehorizont ausgehend von der Inbetriebnahme der ausgebauten Straße bestimmt wird, kann der Kläger nicht verlangen (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 5.10.2021 – 7 A 13.20 – BVerwGE 173, 296 = juris Rn. 86; U.v. 15.10.2020 – 7 A 9.19 – NVwZ 2021, 1145 = juris Rn. 112 m.w.N.). Wie auch sonst hat die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Planfeststellungsbeschlusses auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seines Erlasses abzustellen (BVerwG, U.v. 29.6.2017 – 3 A 1.16 – DVBl 2018, 187 = juris Rn. 87). Die Wahl des Prognosehorizonts kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Übrigen nur dann gerichtlich beanstandet werden, wenn sie sich als Ausdruck unsachlicher Erwägungen werten lässt (vgl. BVerwG, U.v. 28.4.2016 – 9 A 9.15 – BVerwGE 155, 91 = juris Rn. 167; U.v. 18.12.2014 – 4 C 35.13 – juris Rn. 113; U.v. 9.6.2010 – 9 A 20.08 – NVwZ 2011, 177 = juris Rn. 74 m.w.N.). Es liegen keine Anhaltspunkte vor, nach denen sich der gewählte Prognosezeitraum bis zum Jahr 2030 als Ausdruck unsachlicher Erwägungen darstellt. Insbesondere war im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt nicht bereits verlässlich absehbar, dass das Vorhaben im Jahr 2030 noch nicht fertiggestellt und in Betrieb genommen sein wird (vgl. ÄEPFB C.3.2.4 S. 97). Verzögerungen infolge möglicher Rechtsschutzverfahren bleiben bei der Betrachtung außen vor (vgl. BVerwG, U.v. 25.5.2005 – 9 B 41.04 – juris Rn. 23).
96
b) Methodische Mängel der Verkehrsuntersuchung lassen sich auch nicht unter dem Aspekt der in das Prognosemodell eingespeisten Grundlagendaten feststellen.
97
aa) Die Bearbeitung der verkehrlichen Fragestellungen zum kreuzungsfreien Ausbau des Frankenschnellweges erfolgte zunächst auf der Grundlage der „Datenbasis für Intermodale Verkehrsuntersuchungen und Auswertungen im Großraum Nürnberg“ (DIVAN) im System VISUM (vgl. Verkehrsgutachten, Planunterlage M 15.1 Ä S.1). Dieses intermodale Verkehrsmodell wurde von der Straßenbauverwaltung und dem Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (VGN) für die gesamte Region (9 Landkreise, 5 kreisfreie Städte) erstellt. Es enthält für den gesamten Untersuchungsraum eine Vielzahl detaillierter Strukturdaten (z.B. Einwohner nach 12 verhaltenshomogenen Gruppen, Arbeitsplätzen, Einkaufsmöglichkeiten, Freizeiteinrichtungen) differenziert nach 1835 Verkehrszellen sowie Netzdaten (vgl. ÄEPFB C.3.2.4 S. 94; B. GmbH vom 4.12.2020 S. 5). Aufgebaut ist das DIVAN-Modell in den für Verkehrsnachfragemodelle üblichen vier Stufen, d.h. Verkehrserzeugung (Ermittlung des Quell- und Zielverkehrsaufkommens), Verkehrsverteilung (Zielwahl bzw. Verknüpfung von Quelle und Ziel), Verkehrsaufteilung (Wahl des Verkehrsmittels) und Verkehrsumlegung (Routenwahl im Netzmodell) (vgl. B-GmbH vom 4.12.2020 S. 2). Bedenken gegen dieses Modell sind vom Kläger weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.
98
bb) Für das Projekt Frankenschnellweg fand im Rahmen der Verkehrsuntersuchung eine projektbezogene Fortschreibung des DIVAN-Modells statt, da die dort hinterlegte Datenbasis sich auf das Jahr 2010 bezog und damit nicht die für eine Verkehrsprognose auf das Jahr 2030 erforderliche Grundlagendatenbasis enthielt (vgl. ÄEPFB C.3.2.4 S. 101; Verkehrsgutachten, Planunterlage M 15.1 Ä S. 3; B. GmbH vom 4.12.2020 S. 5; vom 4.2.2022 S. 3). Der Verkehrsgutachter extrahierte daher aus dem großräumigen Gesamtmodell DIVAN einen räumlichen Teilbereich und verfeinerte diesen auf Basis der bekannten Entwicklungen (Struktur- und Verkehrsdaten) in den Verkehrszellen des Untersuchungsraumes sowie anhand der bekannten Entwicklungen im Umfeld (vgl. Verkehrsgutachten, Planunterlage M 15.1 Ä S. 3 f.; ÄEPFB C.3.2.4 S. 94). Hinsichtlich der modalen Wirkungen wurde eine projektbezogene Abschätzung vorgenommen (vgl. B. GmbH vom 4.12.2020 S. 5). Prognoseeffekte, die mit dem Modell nicht abbildbar waren (wie veränderte Zielwahl, veränderte Verkehrsmittelwahl), berücksichtigte der Verkehrsgutachter durch fundierte Abschätzungen und Berechnungen (vgl. B. GmbH vom 4.2.2022 S. 3).
99
Es ist nicht zu beanstanden, dass die projektbezogene Fortschreibung monomodal bezogen auf den motorisierten Individualverkehr (MIV) erfolgte und von einer Gesamtfortschreibung für die Verkehrsprognose abgesehen wurde, obwohl das Modell DIVAN die Modellierung von Verkehrsverlagerungen zwischen verschiedenen Verkehrsträgern erlaubt. Es gibt keine normativen Vorgaben oder einen fachlich allgemein anerkannten Standard, demzufolge bei Straßenbauvorhaben in großstädtischen Ballungsräumen ausnahmslos verkehrsträgerübergreifende Modelle zu verwenden sind. Dass eine Modellfortschreibung eine durchaus übliche Methode für Verkehrsprognosen darstellt, bestätigt im Übrigen die vom Kläger vorgelegte Verkehrsuntersuchung zum „Frankenschnellweg (N 4) Ersatzneubau Brücke über den Main-Donau-Kanal und die Südwesttangente“ [im Folgenden: VU Hafenbrücke] der g. Ingenieurgesellschaft für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik mbH (VU Hafenbrücke, Stand 29.9.2021, S. 23).
100
Unabhängig davon hat eine Fortschreibung des gesamten DIVAN-Modells allein aus dem Grund nicht stattgefunden, dass diese eine umfangreiche Datenerhebung erfordert hätte (vgl. ÄEPFB C.3.2.4 S. 101). Bei der Frage, ob weitere aufwendige Datenerhebungen für die Beschaffung der Grundlagendaten einer Verkehrsuntersuchung notwendig sind, ist der Vorhabenträgerin zuzugestehen, dass die Verhältnismäßigkeit des für die Ermittlung geplanten Aufwands zum gewünschten Ziel kritisch geprüft wird (vgl. zum Umfang der Ermittlungen bei Grundwassermodellen BayVGH, U.v. 28.8.2019 – 8 N 17.523 – W+B 2019, 244 = juris Rn. 49; U.v. 29.10.2021 – 8 N 17.2190 – juris Rn. 32; zum notwendigen Erhebungsumfang im Rahmen des europäischen Artenschutzrechts BVerwG, U.v. 9.7.2008 – 9 A 14.07 – juris Rn. 57). Von weiteren Ermittlungen kann vor allem in den Fallkonstellationen abgesehen werden, in denen sachgerechte Alternativen bestehen, die das angestrebte Ergebnis weniger aufwändig ebenfalls erreichen. Dies ist vorliegend zu bejahen. Eine Fortschreibung des Gesamtmodells war nicht erforderlich, um die zukünftige Verkehrssituation hinreichend genau beurteilen zu können. Das DIVAN-Modell konnte mit deutlich weniger Aufwand auf Basis der bekannten Struktur- und Netzdaten fortgeschrieben werden. Dabei sind alle bis dahin absehbaren Strukturentwicklungen (unter Berücksichtigung u.a. von Einwohner- und Beschäftigtenzahlen) sowie Veränderungen an der Verkehrsinfrastruktur im Untersuchungsraum der Verkehrsuntersuchung berücksichtigt worden (vgl. ÄEPFB C.3.2.4 S. 97; Verkehrsgutachten, Planunterlage M 15.1 Ä S. 7; B. GmbH vom 4.12.2020 S. 5). Diese im Verkehrsgutachten gewählte Vorgehensweise erlaubte, das Verlagerungspotenzial korridorbezogen abzuschätzen und darauf aufbauend die möglichen Wechselwirkungen hinreichend zu ermitteln (vgl. ÄEPFB C.3.2.4 S. 99, 101; vgl. B. GmbH vom 4.12.2020 S. 5, 13). Bei der Abschätzung des Verlagerungspotenzials konnte auf belastbare und geeignete Grundlagen zurückgegriffen werden wie die Ergebnisse aus der „Standardisierten Bewertung zu Verkehrsinvestitionen im ÖPNV“ für die beiden Projekte Stadt-Umland-Bahn und Verlängerung der U3 sowie das Landesverkehrsmodell Bayern (vgl. B. GmbH vom 4.12.2020 S. 13). Zwar ermöglicht diese Methode keine ganz genaue Zuordnung der Verlagerungswirkungen zu einzelnen Verkehrsträgern (z.B. einzelne Nahverkehrslinien). Eine solche exakte Kenntnis war – wie der Verkehrsgutachter in der mündlichen Verhandlung plausibel bestätigte – für die Beantwortung der Ausgangsfrage des Verkehrsgutachtens auch nicht erforderlich (vgl. ÄEPFB C.3.2.4 S. 102).
101
cc) Die Schlussfolgerung des Klägers, wonach der Verzicht auf die vollständige Fortschreibung des DIVAN-Modells auf das Jahr 2015 der Grund dafür sei, dass eine Abbildung der aus seiner Sicht nicht eintretenden Steigerung des Verkehrsaufkommens auf dem Frankenschnellweg nicht möglich gewesen sei, drängt sich dem Senat nicht auf. Ein Vergleich der Kfz-Verkehrsstärken aus dem Bezugsjahr 2015 zum Prognosebezugsfall 2030 ohne Ausbau des Frankenschnellwegs zeigt, dass die prognostizierten Kfz-Verkehrsstärken plausibel sind und im Umfeld der N 4 keine bzw. nur geringe Verkehrszunahmen zu verzeichnen sind (vgl. ÄEPFB C.3.2.4 S. 102; Verkehrsgutachten, Planunterlage M 15.1 Ä Folien 14, 15, 20, 21). Der Gutachter erläuterte in diesem Zusammenhang, dass sich die Verkehrsbelastung gemäß den Verkehrszählungen der Beigeladenen am Frankenschnellweg in den vergangenen 10 Jahren auf einem konstant hohen Niveau bewegt haben, da in diesem Zeitraum im Umfeld des Frankenschnellweges keine maßgeblichen baulichen Veränderungen vorgenommen worden seien. Soweit im Prognosebezugsfall 2030 (ohne Ausbau) auf dem Frankenschnellweg ansteigenden Kfz-Verkehrsstärken zu verzeichnen sind, seien diese mit den im Umfeld zu erwartenden bzw. geplanten Straßennetzmaßnahmen zu erklären (vgl. B. GmbH vom 4.12.2020 S. 9).
102
c) Auch die weiteren, in Bezug auf das methodische Vorgehen erhobenen Rügen greifen unter Beachtung des Maßstabs der gerichtlichen Kontrolle nicht durch.
103
aa) Den vom Kläger unter Berufung auf die von dem beigezogenen Verkehrsplanungswissenschaftler Prof. Dr. K. geäußerten Bedenken an der Realitätstreue des Verkehrsnachfragemodells und dessen Zweifel an der ausreichenden Überprüfung der Modellergebnisse sind der Beklagte und die Beigeladene zusammen mit dem Verkehrsgutachter Dipl.-Ing. W. überzeugend entgegengetreten.
104
Der Verkehrsgutachter hat dargelegt, dass mit dem DIVAN Modell – Analysestand 2010 – ein vollständig, über alle vier Modellstufen (Verkehrserzeugung, simultane Verkehrsverteilung, Verkehrsaufteilung, Verkehrsumlegung) kalibriertes Verkehrsmodell vorlag (vgl. B. GmbH vom 4.12.2020 S. 2; vom 4.2.2022 S. 4). Das bedeutet, dass ein Abgleich der Modellwerte mit Referenzwerten stattgefunden hat, bei dem die Modellergebnisse auf ihre Wirklichkeitstreue überprüft („kalibriert“) worden sind (vgl. B. GmbH vom 4.12.2020 S. 2). Zusätzlich wird im Änderungs- und Ergänzungsplanfeststellungsbeschluss darauf hingewiesen, dass das Verkehrsmodell DIVAN in der Vergangenheit einer Qualitätssicherung unterzogen worden ist und eine Validierung stattgefunden hat (vgl. ÄEPFB C.3.2.4 S. 94; E-mail-Korrespondenz RegMfr vom 2.6.2020 BA I Bl. 6015). Da das Bestandsmodell DIVAN somit auf allen vier Berechnungsstufen bereits kalibriert war, erfolgte aufgrund der im Rahmen der Verkehrsuntersuchung aktualisierten Strukturdaten eine Neukalibrierung und Neuvalidierung der Verkehrsumlegung (vgl. B. GmbH vom 4.12.2020 S. 2). Dabei wurden die Modellergebnisse im Bereich des Frankenschnellwegs mit den Zählwerten aus 2016 verglichen (B. GmbH vom 4.2.2022 S. 4; vom 4.12.2020 S. 2, 6). Um sich den vorliegenden Sollwerten aus Verkehrsbefragungen und Verkehrszählungen anzunähern, ist eine Kalibrierung durchgeführt worden, bei der durch eine maßvolle Veränderung der Widerstandsparameter (in Strecken, Knoten, etc.) sowie durch eine maßvolle Veränderung der Quell- und Zielfahrten die Routenwahl und Fahrtenanzahl gezielt korrigiert wurden (vgl. B. GmbH vom 4.2.2022 S. 4).
105
Als Mittel der Kalibrierung wurden im Verkehrsgutachten die vom Kläger geforderten Erhebungen zu Reiseweiten- und Reisezeitverteilung sowie zu den Modal-Split-Anteilen betrachtet. Hinsichtlich der Anzahl der Fahrten erfolgte eine Überprüfung der Zielorientierung und Fahrtenanzahl. Besonderes Augenmerk wurde in der vorliegenden Untersuchung auf die Knotenpunkte am Frankenschnellweg gelegt. Daher wurden die Abbieger- und Schwerverkehrsanteile ergänzend verglichen und kalibriert (vgl. B. GmbH vom 4.12.2020 S. 6).
106
Zudem erfolgte mit der Validierung eine Überprüfung des Umlegungsergebnisses auf Funktionsfähigkeit, Plausibilität und Stabilität mit Hilfe von Sensitivitätsanalysen und Realitätstests. So dienten u.a. Spinnendarstellungen zur Überprüfung von Quelle-Ziel-Beziehungen. Des Weiteren wurden Strecken- und Knotenparameter kontrolliert sowie Abbiegeströme betrachtet (vgl. B. GmbH vom 4.12.2020 S. 2, 7). Anhand dieser Kennwerte wurde das Modell sowohl hinsichtlich seiner Aussagegenauigkeit als auch hinsichtlich seiner Funktion „Verkehrsumlegung“ umfangreich überprüft (vgl. B.Gruppe vom 4.12.2020 S. 6 f.). Dies entspricht den im Handbuch für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen [im Folgenden: HBS] – Teil S Stadtstraßen beschriebenen allgemeinen Anforderungen an Modellprognosen (vgl. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen [im Folgenden: FGSV], HBS, Ausgabe 2015 S. S2-10). Sofern der Kläger darüber hinaus eine Überprüfung der Validität des Verkehrsmodells durch unabhängige wissenschaftliche Instanzen fordert, ist weder ersichtlich, woraus sich ein solches Überprüfungserfordernis ergeben soll, noch hat der Kläger substantiiert vorgetragen, auf welche wissenschaftlichen Instanzen er sich bezieht.
107
bb) Nicht durchdringen kann der Kläger mit seinem Vorhalt, es sei ungewöhnlich, dass eine derart hohe Übereinstimmung von Zählergebnissen erzielt worden sei und der größte GEH-Wert bei 3 liege.
108
Der GEH-Faktor ist ein empirischer Qualitätsindikator zur Ermittlung der Qualität modellierter Verkehrsstärken, der sowohl relative als auch absolute Abweichungen zwischen gezählten und modellierten Zahlenwerten berücksichtigt (vgl. HBS 2015 S. S2-11). Die Qualität der modellierten Verkehrsstärken einzelner Zählstellen ist danach ausreichend, wenn der GEH-Faktor kleiner als 5,0 für alle Zählstellen im Einflussbereich der geplanten Maßnahmen, zugleich kleiner als 5,0 für 85% aller Zählstellen im gesamten Untersuchungsgebiet und außerdem kleiner als 4,0 für die Summe der Verkehrsstärken über alle Zählstellen ist (vgl. HBS S. S2-11).
109
Der im Rahmen der Verkehrsuntersuchung vorgelegte GEH-Nachweis erfüllt diese im HBS 2015 aufgestellten Anforderungen. Aus der vom Verkehrsgutachter vorgelegten GEH-Statistik ist erkennbar, dass der GEH-Faktor durchgehend deutlich unter 5 liegt und der höchste Wert 3,06 beträgt (vgl. ÄEPFB C.3.2.4 S. 95; B. GmbH vom 5.5.2020 Anlage 1.1 BA I Bl. 5936). Der von der Klägerseite bei der Umlegung einer Tagesmatrix als angemessen erachtete Wert von 10 oder sogar 20 steht demgegenüber nicht in Einklang mit den Vorgaben des HBS, bei dem es sich um ein technisches Regelwerk handelt, das anerkannte standardisierte Berechnungsverfahren u.a. auch für Verkehrsprognosen enthält (vgl. BayVGH, U.v. 24.9.2021 – 8 A 19.40006 – KommJur 2021, 424 = juris Rn. 32). Es ist nicht ersichtlich, aus welchen Quellen der Kläger seine Werte ableitet. Zudem verdeutlicht das vom Verkehrsgutachter angeführte Zahlenbeispiel, dass die vom Kläger als angemessen erachteten GEH-Werte nicht als Indikator der Wirklichkeitstreue eines Verkehrsmodells herangezogen werden können. Unter Zugrundelegung eines GEH-Wertes von 20 würde sich ein Modellwert von 2.000 Kfz/h und ein Zählwert von 1.200 Kfz/h ergeben; bezogen auf die Gesamtverkehrsstärke eines ganzen Tages entspräche dies in etwa einem modellierten Wert von 20.000 Kfz/24 h und einem Zählwert 12.000 Kfz/24 h (vgl. B. GmbH vom 4.12.2020 S. 3).
110
cc) Soweit die Klägerseite die Art und Weise bemängelt, in der die Verkehrsuntersuchung die modalen Verlagerungen vom öffentlichen Nahverkehr (ÖV) zum motorisierten Individualverkehr (MIV) berücksichtigt, konnte der Verkehrsgutachter die geäußerten Bedenken ausräumen.
111
Nach seinen nachvollziehbaren Darstellungen tritt die Bereitschaft, das Verkehrsmittel zu wechseln, erst ein, wenn der Nutzer einen Vorteil bei der Nutzung des anderen Verkehrsmittels erfährt. Messbare Vorteile sind Reisezeitverkürzungen. Neben einem möglichen Zeitgewinn spielen für einen Umstieg allerdings auch Gesichtspunkte wie Komfort, Zuverlässigkeit des ÖV-Systems, Kosten, bezahlbare Parkplätze oder eine gesteigerte Umweltsensibilität eine Rolle (vgl. B. GmbH vom 4.12.2020 S. 13 f.). Bei der Verkehrsuntersuchung sind daher zur Ermittlung des Potentials einer modalen Verlagerung vom öffentlichen Nahverkehr auf den Individualverkehr zunächst die Reisezeitdifferenzen bestimmt worden, indem die Vorher-Reisezeit (Planbezugsfall ohne Ausbau der N 4) mit der Nachher-Reisezeit (Planfall bei Ausbau der N 4) verglichen wurde. Bei der Auswertung der Reisezeitdifferenzen fand eine minutenfeine Klassifizierung statt. Vor dem Hintergrund, dass ein Umstieg erst dann erfolgt, wenn sich die Reisezeit spürbar ändert, wurde eine sog. Wahrnehmungsschwelle von 5 Minuten unterstellt; als Sicherheitszuschlag wurden zusätzlich Reisezeitdifferenzen zwischen 3 und 5 Minuten hinzugerechnet (vgl. Planunterlage M 15.1 Ä S. 15). Bei der Wahl dieser Methode und dem Umgang mit kleinen Reisezeitendifferenzen hat sich die Verkehrsuntersuchung orientiert an der „Standardisierten Bewertung von Verkehrswegeinvestitionen im öffentlichen Personennahverkehr – Version 2016“ sowie an der Bundesverkehrswegeplanung („Bundesverkehrswegeplan 2003 – Die gesamtwirtschaftliche Bewertungsmethodik“ bzw. „Grundsätzliche Überprüfung und Weiterentwicklung der Nutzen-Kosten-Analyse im Bewertungsverfahren der Bundesverkehrswegeplanung“; vgl. B. GmbH vom 4.12.2020 S. 14; vom 31.1.2024 S. 3). Aus gutachterlicher Sicht war eine weitere Einbeziehung sehr kleiner Reisezeitgewinne für das streitgegenständliche Verkehrsgutachten nicht geeignet, da ein Rückumstieg vom Öffentlichen Nahverkehr zum motorisierten Individualverkehr nicht ausschließlich und maßgeblich von einem möglichen Zeitgewinn abhängt, sondern in städtischen Agglomerationsräumen wie im Untersuchungsgebiet vielmehr von weiteren Faktoren (dichtes ÖV-Angebot, Pkw-Stellplatzangebot etc.) bestimmt wird (vgl. B. GmbH vom 31.1.2024 S. 4).
112
Dies verdeutlicht, dass die angesetzten Reisezeitdifferenzen einem fachlich allgemein anerkannten Standard entsprechen und sachliche Gründe für die im Verkehrsgutachten zugrunde gelegten Schwellenwerte vorlagen. Die gutachtliche Einschätzung wird weder durch den pauschalen Hinweis des Klägers auf das Vorhandensein von kostenfreien Parkplätzen im öffentlichen Raum noch durch die Gegenüberstellung von aus dem Zusammenhang genommenen Zitaten des Änderungs- und Ergänzungsplanfeststellungsbeschluss zum Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und der Verkehrsbelastung infrage gestellt.
113
dd) Die Kritik des Klägers, die der Verkehrsprognose zugrundeliegenden Verkehrserhebungen seien im Hinblick auf wesentliche Verkehrsaspekte unzureichend und fehlerhaft, ist ebenfalls nicht geeignet, die Datengrundlage der vorliegenden Verkehrsuntersuchung ernsthaft in Zweifel zu ziehen. Die im Vorfeld der Erstellung durchgeführten Verkehrszählungen und -befragungen entsprechen in ihrer Methodik den „Empfehlungen für Verkehrserhebungen“ (FGSV, im Folgenden: EVE, Ausgabe 2012).
114
(1) Mängel der Art und Weise der an der N 4 durchgeführten Verkehrsbefragungen sind insbesondere nicht festzustellen im Hinblick auf die vom Kläger auszugsweise herangezogenen „Hinweise für die Durchführung von Haushaltsbefragungen zum Mobilitätsverhalten – Ergänzungen zu den EVE“ (FGSV, Ausgabe 2018), da darin keine Aussagen zu Konzeption und Umsetzung von im Verkehrssystem durchgeführten Verkehrsbefragungen enthalten sind.
115
Die am Frankenschnellweg durchgeführten Verkehrsbefragungen hatten zum Ziel, die für die Erstellung des Verkehrsgutachtens erforderlichen Kenntnisse über die aktuelle Verkehrsstruktur, d.h. die Quelle-Ziel-Relationen der über den Frankenschnellweg verkehrenden Kfz, zu gewinnen (vgl. Planunterlage M 15.1 Ä S. 2). Daher erfolgte bei der vorliegenden Verkehrsuntersuchung eine Befragung im Straßennetz, da diese Art der Befragung Aufschluss gibt über die Anteile von Quell-, Ziel- und Durchgangsverkehr bezogen auf die zu untersuchende räumliche Einheit sowie über die Hauptrichtungen von Verkehrsströmen (vgl. EVE Nr. 6.5.2 S. 59, Nr. 6.5 S. 57). Davon zu unterscheiden sind die vom Kläger angesprochenen Haushaltsbefragungen, bei denen es sich um eine andere Art von Mobilitätsbefragung handelt. Haushaltsbefragungen geben Aufschluss über die Verkehrsteilnahme der Einwohner eines definierten Gebietes innerhalb eines definierten Zeitraums (z. B. ein Tag, eine Woche) und liefern damit nur Ergebnisse über die Mobilität der Einwohner aus dem Befragungsgebiet (z. B. mittlere Fahrtweite), nicht aber zum Verkehr und zur Mobilität der Nicht-Ortsansässigen (vgl. EVE Nr. 6.1 S. 45; Ergänzungen zu den EVE S. 4).
116
(2) Auch die klägerischen Bedenken, ob die zeitlich stark eingeschränkten und nur an wenigen innerörtlichen Stellen durchgeführten Befragungen ausreichend seien für die Darstellung eines hinreichend präzisen Gesamtbilds der Verkehrssituation im Binnenraum der Stadt Nürnberg, sind nicht geeignet, die gutachterliche Verkehrsuntersuchung zu erschüttern.
117
Die für die Verkehrsbefragungen gewählten Tageszeiten stehen in Einklang mit den empfohlenen Zählzeiten für verschiedene Zählungen (vgl. EVE, Tabelle 7 S. 17 f.). Danach soll an hochbelasteten Hauptverkehrsstraßen innerorts ein Erhebungszeitraum von 15.00 bis 19.00 Uhr gewählt werden (vgl. EVE, Tabelle 7 S. 18). Der Verkehrsgutachter erklärte die Wahl der nachmittäglichen Hauptverkehrszeit damit, dass auf diese Weise bei der Verkehrsbefragung die absoluten Verkehrsspitzen und alle wesentlichen Verkehrszwecke erfasst werden, da am Nachmittag nicht nur der Berufsverkehr abgebildet wird, sondern auch andere Verkehrszwecke (v.a. Einkauf- und Freizeitverkehre), die morgens nur sehr gering auftreten (vgl. B. GmbH vom 4.12.2020 S. 7; vom 21.5.2021 S. 1). Der gewählte Zeitraum der Verkehrsbefragung (14:30 Uhr bis 18:30 Uhr) wird nach der überzeugenden Aussage des Verkehrsgutachters bestätigt durch die Auswertung der Tages- und Mehrtageszählungen, welche einen breiten Spitzenstundenbereich von 15:00 Uhr bis 18.00 Uhr gezeigt hat (vgl. B. GmbH vom 21.5.2021 S. 1).
118
Das gewählte methodische Vorgehen steht zudem im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung, nach der eine vierstündige Erfassung im nachmittäglichen Zeitbereich des Verkehrs als Grundlage für eine Hochrechnung herangezogen werden darf (vgl. BVerwG, U.v. 23.4.2014 – 9 A 25.12 – BVerwGE 149, 289 = juris Rn. 32). Die vom Kläger geforderte zusätzliche Betrachtung des Wochenendverkehrs war demgegenüber nicht geboten und findet auch keinen Rückhalt in den Empfehlungen für Verkehrserhebungen (EVE).
119
(3) In örtlicher Hinsicht wurden die Verkehrsbefragungen durchgeführt am nördlichen und südlichen Frankenschnellweg, womit alle aktuell den Frankenschnellweg befahrenden Fahrzeuge (Quell-, Ziel- und Durchgangsverkehr) neu erfasst wurden. Da dies der im Jahr 2002 durchgeführten Befragung entsprach, war eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse gesichert (vgl. B. GmbH vom 4.12.2020 S. 7). Diese Vorgehensweise wird nicht infrage gestellt durch die pauschalen Vorwürfe des Klägers, die Verkehrsbefragung im Bereich der Jansenbrücke sei nicht zielführend gewesen und Befragungen in den Innenstadtbereichen seien unterblieben.
120
(4) Den klägerischen Einwand, mangels Befragungen an den Schnittstellen der umliegenden Autobahnen treffe das Verkehrsgutachten keine Aussage über potentielle Verlagerungen von Verkehrsteilnehmern, die bislang die N 4 gemieden hätten, konnte der Verkehrsgutachter überzeugend entkräften mit seinem Hinweis darauf, dass diese künftigen Fahrten bereits in dem zugrundeliegenden DIVAN-Modell enthalten sind und daher im Planfall (mit Ausbau) als potentiell verlagerte Fahrten berücksichtigt wurden (vgl. B. GmbH vom 4.12.2020 S. 8). Der Beklagte hat zu diesem Einwand richtigerweise angemerkt, dass die Befragungen von Verkehrsteilnehmern auf den Autobahnen danach, ob sie nach einem kreuzungsfreien Ausbau der N 4 diese nutzen würden, auf ein hypothetisches zukünftiges Verhalten gerichtet ist. Nach den Empfehlungen für Verkehrserhebungen erfolgen hierauf zielende Befragungen üblicherweise jedoch nur schriftlich oder telefonisch, aber nicht durch Befragungen vor Ort (vgl. EVE Nr. 7.2 S. 69; ÄEFB C.3.2.4 S. 96). Hinzukommt, dass Verkehrsbefragungen an Autobahnen aufgrund der hohen Gefährdungslage für Befrager und Verkehrsteilnehmer sowie der erheblichen Störung des Verkehrsablaufes grundsätzlich keine geeignete Methode zur Gewinnung von verkehrlichen Daten und deshalb in der Praxis auch nicht üblich sind (vgl. ÄEPFB C.3.2.4 S. 96; B. GmbH vom 4.12.2020 S. 8).
121
Soweit der Kläger dem widerspricht und alternative Datengewinnungsmethoden aufzählt, können diese die Methodik der Verkehrsbefragung nicht erschüttern. Zum einen hat das vom Kläger angeführte Beispiel aus der Praxis keine Verkehrsbefragung an oder auf einer Autobahn, sondern auf der Bundesstraße 7 zum Gegenstand. Zum anderen haben die vom Kläger genannten Möglichkeiten der Kennzeichenerfassung bzw. Auswertung anonymisierter Mobiltelefondaten andere Zielsetzungen als die durchgeführte Verkehrsbefragung. Im Übrigen geben sie auch keinen Aufschluss zu der vom Kläger aufgeworfenen Frage, ob aufgrund der ausbaubedingt erhöhten Attraktivität der N 4 künftig Verkehrsverlagerungen eintreten werden.
122
(5) In Bezug auf die vom Kläger geforderten Verkehrsbefragungen im ÖPNV und im sonstigen nicht motorisierten Individualverkehr erschließt sich nicht, inwiefern diese zielführend gewesen wären in Bezug auf die Fragestellung der Verkehrsuntersuchung, Kenntnisse über die Quelle-Ziel-Relationen der über den Frankenschnellweg verkehrenden Kfz zu gewinnen.
123
ee) Der Kritik, überregionale Verkehrsströme seien wegen der unterbliebenen Heranziehung des Landesverkehrsmodells Bayern nicht ausreichend ermittelt worden, ist der Verkehrsgutachter überzeugend entgegengetreten. Er hat zurecht darauf verwiesen, dass das Landesverkehrsmodell ebenso wie die Bundesverkehrswegplanung bei der Erstellung der Verkehrsuntersuchung berücksichtigt worden sind, um die großräumigen Verkehrsbeziehungen zu überprüfen und abzugleichen (vgl. B. GmbH vom 4.12.2020 S. 5; vom 21.5.2021 S. 2; ÄEPFB C.3.2.4 S. 97, 102).
124
Zum Verständnis erläuterte der Verkehrsgutachter, dass sich das Verkehrsmodell DIVAN und das Landesverkehrsmodell dadurch unterscheiden, dass das DIVAN-Modell ein kleinräumiges Verkehrsmodell mit einem höheren Detaillierungsgrad beim Straßennetz sowie eine zu den vorliegenden statistischen Daten passende Bezirkseinteilung aufweist, während es sich beim Landesverkehrsmodell Bayern um ein großräumiges Modell mit einer – bezogen auf den Untersuchungsraum – sehr groben Detaillierung handelt (vgl. B. GmbH vom 4.12.2020 S. 3, 5). Da das Landesverkehrsmodell Bayern für den Nachweis verkehrlicher Wirkungen im innerstädtischen Bereich als alleinige Modellgrundlage ungeeignet ist, wurde für die Verkehrsuntersuchung zur N 4 vor allem auf das Verkehrsmodell DIVAN zurückgegriffen (vgl. B. GmbH vom 21.5.2021 S. 2). Letzteres umfasst vollständig das Nürnberg umschließende Netz der Bundesautobahnen A 3, A 6, A 9 und A 73 und enthält dementsprechend die überregionalen Verkehrsströme (vgl. Verkehrsgutachten, Planunterlage M 15.1 Ä Folie 10; B. GmbH vom 21.5.2021 S. 2). Um diese großräumige Verkehrsbeziehungen zusätzlich zu überprüfen und abzugleichen, wurden Verkehrsbefragungen durchgeführt und zusätzlich die Bundesverkehrswegeplanung und das Landesverkehrsmodell Bayern herangezogen (vgl. B. GmbH vom 21.5.2021 S. 2).
125
Dem Vorwurf, überregionale Verschiebungen der Routenwahl und damit mögliche Verkehrsverlagerungen in Fernbeziehungen hätten keine Berücksichtigung gefunden, hat der Gutachter überzeugend entgegengehalten, dass aufgrund des Umstandes, dass im verwendeten Modell die überregionalen Verkehrsströme enthalten sind, sichergestellt ist, dass sich auch deren Verlagerungswirkungen grundsätzlich abbilden lassen (vgl. B. GmbH vom 4.2.2022 S. 2 f). Durch Abgleich und Anpassungen dieser Ströme auf weitere Daten (Erhebungen, Bundesverkehrswegeplan, Landesverkehrsmodell) ist zudem gewährleistet gewesen, dass sich die Verlagerungswirkungen auch hinsichtlich deren Maß (Anzahl und Quell-Ziel-Ausrichtung) sicher abbilden lassen (vgl. B. GmbH vom 21.5.2021 S. 3).
126
d) Des Weiteren ist die Entwicklung des Durchgangsverkehrs nach Verwirklichung des kreuzungsfreien Ausbaus in der Verkehrsprognose schlüssig und plausibel dargelegt. Diese Darstellung wird nicht erschüttert durch die Einwände des Klägers, dass angesichts der zu erwartenden erhöhten Attraktivität des Frankenschnellweges die Betrachtung des Durchfahrtsverkehrs widersprüchlich und die angesetzten Zahlen unrealistisch niedrig seien.
127
Das Verkehrsgutachten führt dazu nachvollziehbar aus, dass als Bewertungsgröße von Verkehrsverlagerungen in Verkehrsgutachten der durchschnittliche normalwerktägliche Verkehr (DTVW5 in Kfz/24 h) gilt. Umfahrungen, die in den Spitzenstunden bzw. zu besonderen Stauzeiten gegebenenfalls auftreten, sind daher im Verkehrsmodell als gesamttäglicher Verkehr abgebildet. Im Jahr 2015 betrug danach der Durchgangsverkehr über die N 4 zwischen dem Autobahnkreuz Fürth/Erlangen (A 3) und dem Autobahnkreuz Nürnberg-Süd (A 6) etwa 4.000 Kfz/24 h. Im Jahr 2030 werden im Prognosebezugsfall (ohne Ausbau) etwa 3.500 Kfz/24 h erwartet gegenüber etwa 4.400 Kfz/24 h im Planfall, d.h. nach Ausbau des Frankenschnellwegs (vgl. B. GmbH vom 5.5.2020 S. 8; vom 4.12.2020 S. 10; vom 21.5.2021 S. 3; ÄEPFB C.3.2.4 S. 104).
128
aa) Der Verkehrsgutachter stimmt mit der Klägerseite überein, dass sich im Planfall Durchgangsverkehr auf den Frankenschnellweg verlagern wird, da sich mit dem Entfall der bestehenden lichtsignalgeregelten Knotenpunkte und der Anhebung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 70 km/h die Fahrtzeiten verkürzen und die Kapazitäten am Frankenschnellweg erhöhen werden (vgl. B. GmbH vom 5.5.2020 S. 8). Daneben sind sich beide einig, dass sich auf das Stadtgebiet bezogene innerörtliche Umfahrungen (Quell-Ziel-Verkehr) – wie mit der Planfeststellung beabsichtigt – ebenfalls auf die N 4 zurückverlagern werden (vgl. B. GmbH vom 21.5.2021 S. 5).
129
Im Gegensatz zum Kläger geht der Verkehrsgutachter aufgrund der konkreten Randbedingungen und der schon bestehenden hohen Verkehrsbelastung im Raum Nürnberg/Fürth jedoch nur von einem geringen Rückverlagerungseffekt des Durchgangsverkehrs aus (vgl. ÄEPFB C.3.2.4 S. 104; B. GmbH vom 4.12.2020 S. 11). Dies hat er nachvollziehbar damit begründet, dass nicht nur die entfallenden Wartezeiten an den Lichtsignalen Einfluss auf die Gesamtfahrtzeit haben, sondern ein wesentlicher weiterer Aspekt die jeweilige Verkehrsdichte ist. Dies bedeutet, je höher die Anzahl der Fahrzeuge pro Streckenabschnitt ist, desto größer sind die gegenseitigen Beeinflussungen und desto länger ist damit die Fahrzeit (vgl. B. GmbH vom 21.5.2021 S. 5). Da die Verkehrsprognose für den Planfall eine Zunahme des Verkehrs auch auf den Zulaufstrecken aufzeigt (vgl. Planunterlage M 15.1 Ä Folie 30), wird sich neben der Verkehrsdichte die Fahrzeit erhöhen und zugleich die Attraktivität für den potenziellen Durchgangsverkehr sinken (vgl. B. GmbH vom 21.5.2021 S. 5). Ein weiterer Grund des relativ gering erhöhten Durchgangsverkehrs liegt laut Verkehrsgutachter darin begründet, dass die Fahrzeitverkürzung nur wenige Minuten betragen und sich gemessen an der langen Strecke – etwa 25 km zwischen dem Kreuz Fürth/Erlangen (A 3) und dem Kreuz Nürnberg-Süd (A 6) – nur wenig auswirken wird (vgl. B. GmbH vom 4.12.2020 S. 11; vom 31.1.2024 S. 5). Zudem werden geplante Ausbauten im übergeordneten Autobahnnetz ebenfalls zu Fahrzeitverkürzungen auf diesen Strecken führen (B. GmbH vom 31.1.2024 S. 5).
130
bb) Die mittleren Reisezeitgewinne aller Fahrten an einem durchschnittlichen Werktag liegen nach Einschätzung des Verkehrsgutachters bei etwa 2:30 min in Fahrtrichtung Süd und etwa 2:15 min in Fahrtrichtung Nord (vgl. B. GmbH vom 4.12.2020 S. 11; vom 31.1.2024 S. 5). In Spitzenzeiten mit derzeit höheren Wartezeiten an den Lichtsignalanlagen sind im Vergleich zum kreuzungsfreien Ausbau des Frankenschnellweges wesentlich höhere Fahrzeitverkürzungen zu erwarten als in Schwachlastzeiten (vgl. B. GmbH vom 4.12.2020 S. 11; vom 31.1.2024 S. 5). Entscheidend ist allerdings die Betrachtung des Mittelwerts, da das Verkehrsmodell auf einem 24-Stunden-Modell basiert und sich nur mittlere Fahrzeitveränderung auswerten lassen (vgl. B. GmbH vom 21.5.2021 S. 4). Der klägerische Verweis auf eigene Berechnungen in Google Maps, die derzeit schon zu höheren Reisezeitverkürzungen im Tagesverlauf führen, kann mangels Vergleichbarkeit die Verkehrsprognose in diesem Punkt daher nicht entkräften. Im Übrigen kann aus gutachterlicher Sicht ein Widerspruch zwischen den klägerischen Auswertungen und den Ergebnissen der Verkehrsuntersuchung nicht erkannt werden (vgl. B. GmbH vom 31.1.2024 S. 5 f.).
131
cc) Soweit der Kläger die prognostizierte Zunahme des Schwerlastverkehrs als höher ansieht, weil eine Betrachtung des Kostenvorteils durch die Mautersparnis und der Fahrzeitverkürzungen fehle, hat der Verkehrsgutachter dem überzeugend entgegengesetzt, dass im Rahmen der Modellkalibrierung die Mautregelung berücksichtigt wurde. So ist der Frankenschnellweg derzeit für Lkw mautfrei, wohingegen die Anschlussstrecken A 73 Nord und A 73 Süd sowie die Bundesstraßen im Stadtgebiet Nürnberg mautpflichtig sind. Da sich die Regelungen zwischen Bestand, Prognosebezugsfall und Planfall nicht unterscheiden, sind laut Verkehrsgutachter keine Veränderungen des Lkw-Aufkommens aufgrund der Mautregelung zu erwarten (vgl. B. GmbH vom 5.5.2020 S. 9). Darüber hinaus reagiert der Lkw-Verkehr aufgrund seiner Fernorientierung sowie festgelegter Routen tendenziell nur wenig sensibel auf Strecken- bzw. Fahrtzeitveränderungen (vgl. B. GmbH vom 4.12.2020 S. 11). Zudem fällt der Kostenvorteil im Vergleich zur Nutzung der um Nürnberg herumführenden Autobahnen nur gering aus (vgl. ÄEPFB C.3.2.4 S. 105).
132
Die geringe Zunahme des Lkw-Durchgangsverkehrs im Planfall kann entgegen der klägerischen Kritik auch nicht auf eine fehlende Betrachtung der überregionalen Verkehrsströme zurückgeführt werden, da überregionale Planungen und Modelle berücksichtigt worden sind (vgl. oben Rn. 123); B. GmbH vom 21.5.2021 S. 4).
133
e) Die Rüge von Klägerseite, der Verkehrsprognose sei für den Planfall die angestrebte Reduzierung der Stauanfälligkeit in den planfestgestellten Zielgebieten nicht zu entnehmen, trifft in dieser verallgemeinerten Form nicht zu, sondern erfordert eine differenziertere Betrachtung der Verkehrsströme unter Berücksichtigung der Morgen- und Abendspitzenstunden eines normalen Werktages.
134
Der Verkehrsgutachter hat dazu plausibel ausgeführt, dass die im Rahmen der Leistungsfähigkeitsberechnung zugrunde gelegten Spitzenstunden (morgens 7:00-8:00 Uhr, abends 17:00-18:00 Uhr) aus den über drei normale Werktage durchgeführten Verkehrszählungen abgeleitet und als Spitzenstundenfaktor auf die Prognoseverkehrsstärke übertragen wurden (vgl. Planunterlage M 15.1 Ä Folie 6 i.V.m. Leistungsfähigkeitsberechnung vom 9.6.2020 S. 2 f., BA I S. 5954 f.; B. GmbH, Antwort vom 30.4.2020 BA I Bl. 5903). Bei Betrachtung der Morgenspitzenstunde hat der Verkehrsgutachter bei allen Zufahrten – bis auf den Knotenpunkt Neue Kohlenhofstraße/Steinbühler Straße – eine Überstauung rückwärtiger Knotenpunkte ausgeschlossen, da die Rückstaus nicht über die verfügbaren Aufstellbereiche hinausgehen werden (vgl. Leistungsfähigkeitsberechnung vom 9.6.2020 S. 8, BA I Bl. 5960, 5995). In der Abendspitzenstunde kann grundsätzlich ebenfalls eine leistungsfähige Abwicklung des Verkehrsaufkommens an den Knotenpunkten im Zuge des Frankenschnellwegs gewährleistet werden. Nur die zu erwartenden Verkehre an den beiden Knotenpunkten Steinbühler Straße/Camerariusstraße sowie Steinbühler Straße/Frauentorgraben können gemäß den rechnerischen Annahmen nicht leistungsfähig abgewickelt werden (vgl. Leistungsfähigkeitsberechnung vom 9.6.2020 S. 10 f., BA I Bl. 5962 f.). Zudem überstaut in der Abendspitzensowie in der Morgenspitzenstunde der Rückstau in der Neuen Kohlenhofstraße vor der Steinbühler Straße kurz den östlichen Anschluss des Kohlenhofs (vgl. Leistungsfähigkeitsberechnung vom 9.6.2020 S. 8 f., BA I Bl. 5960 f.).
135
Allerdings ging der Verkehrsgutachter im Rahmen seiner Leistungsfähigkeitsberechnung davon aus, dass im Gegensatz zu der Verkehrsflusssimulation, bei der die Verkehrsströme festgelegt und nicht variabel sind, in der Realität Alternativen bestehen. Es ist daher zu erwarten, dass sich diese räumlich (auf parallele Relationen) und zeitlich verteilen, sodass von der Möglichkeit einer leistungsfähigeren Verkehrsabwicklung auszugehen ist (vgl. Leistungsfähigkeitsberechnung vom 9.6.2020 S. 11, BA I Bl. 5963).
136
Hinsichtlich der klägerseits geäußerten Besorgnis, dass sich mit Blick auf den Neuverkehr Rückstauungen nicht nur in der Neuen Kohlenhofstraße selbst, sondern auch im Bereich Süd- und Innenstadt bilden werden, verwies der Verkehrsgutachter auf die dieser Annahme widersprechenden Ergebnisse der Mikroskopischen Verkehrsflusssimulation. Der Untersuchungsraum der Verkehrssimulation erstreckt sich bis zu den Knotenpunkten am Frauentorgraben und berücksichtigt damit auch die Auswirkungen in den kritischen Randbereichen (Altadtring). Da eine leistungsfähige Abwicklung der zu erwartenden Verkehrsstärken nachgewiesen werden konnte, ist damit zugleich sichergestellt, dass auch zu den Spitzenstunden keine nennenswerten Verdrängungen ins Nebennetz zu erwarten sind (vgl. B. GmbH vom 21.5.2021 S. 5).
137
Im Übrigen ist der Verkehrssimulation nicht die Schlussfolgerung der Klägerseite zu entnehmen, dass in den Abfahrten in das Stadtgebiet keine Verkehrsverhältnisse zu erwarten seien, die einen Rückstau zum Frankenschnellweg verhindern können. Der Verkehrsgutachter hat zu diesem Aspekt klargestellt, dass der meiste Anteil des auf der Neuen Kohlenhofstraße fahrenden Neuverkehrs (ca. 18.000 Kfz/24 h) zum Frankenschnellweg hinfließende Fahrten darstellen, sodass ein Rückstau auf dem Frankenschnellweg nicht zu befürchten ist (vgl. B. GmbH vom 21.5.2021 S. 5 f.).
138
Zu keiner anderen Beurteilung führen die vom Kläger zitierten Ausführungen der Regierung von Mittelfranken zur Rückentwicklung der Immissionsbelastung in der Altstadt in der 2. Fortschreibung des Luftreinhalteplanes im Ballungsraum Nürnberg (Stand September 2017). Allein der pauschale und aus dem Zusammenhang gerissene Hinweis, eine Verkehrsreduzierung könne nur bei Ergreifen verkehrsfeindlicher und den Verkehrsfluss brechenden Maßnahmen erreicht werden, kann die Ergebnisse der Verkehrsuntersuchung nicht infrage stellen.
139
f) Nicht berechtigt ist der Einwand des Klägers, es fehle im Verkehrsgutachten an der Darlegung, dass es zu keinen unverhältnismäßigen Verkehrsverlagerungen in andere Gebiete kommen wird.
140
aa) Die in diesem Zusammenhang geäußerten klägerischen Bedenken, dass der betrachtete Untersuchungsraum zu klein gewählt worden sei und insbesondere weiter östlich gelegene Südstadtbereich oder die Innenstadt nicht erfasse, sind nicht berechtigt. Der in der Verkehrsuntersuchung beschriebene und grafisch dargestellte Untersuchungsraum umfasst neben dem Verwaltungsgebiet der Städte Nürnberg, Fürth, Erlangen und Schwabach auch Teile der umgebenden Landkreise (vgl. Planunterlage M15.1 Ä S. 3, Folie 10). Die vom Kläger herangezogenen Folien 27 bis 30 widersprechen dem nicht. Der Verkehrsgutachter hat hierzu erläutert, dass dort lediglich ein Teil des Untersuchungsraumes abgebildet wird. Die Ausschnitte in den Folien 27 bis 29 sollen den Bereich mit den stärksten Wirkungen sichtbar machen. Die Folie 30 zeigt demgegenüber, dass sich die Wirkungen außerhalb dieses Bereichs nur sehr gering darstellen (vgl. B. GmbH vom 21.5.2021 S. 7).
141
bb) Soweit der Kläger aus der Betrachtung verschiedener Folien des Verkehrsgutachtens herleitet, dass es zu massiven Verkehrsverschiebungen in Richtung Südstadt und Innenstadt kommen werde, kann dies die Aussagen der Verkehrsuntersuchung ebenfalls nicht erschüttern.
142
Die von der Klägerseite zitierten Verkehrszahlen eignen sich bereits nicht für einen Vergleich, da sie sich auf unterschiedliche Durchschnittswerte beziehen. Die für den Planfall prognostizierte Verkehrsbelastung auf Folie 27 zeigt den durchschnittlichen werktäglichen Verkehr (DTVW), während die Folie 22 für den Prognosebezugsfall den durchschnittlichen täglichen Verkehr (DTV) ausweist. Vergleicht man hingegen Folie 27 mit Folie 20, d.h. jeweils Darstellungen basierend auf DTVW-Verkehrsstärken, zeichnet sich ein anderes Bild der Verkehrsmengendifferenzen zwischen Prognosebezugsfall und Planfall, wie auch die Folie 28 veranschaulicht (vgl. Planunterlage M 15.1 Ä). Im Gegensatz zu den Schlussfolgerungen des Klägers entstehen bei Ausbau der N 4 in der Rothenburger Straße weitgehend keine bzw. nur sehr geringe Verkehrsmengensteigerungen. Ähnliches gilt für die Schwabacher Straße südlich der N 4. In der Straße „An den Rampen“ ist eine Abnahme der Verkehrsbelastung zu verzeichnen, während sich in der Landgrabenstraße die Verkehrsbelastung nicht verändern wird. Nur in der Schwabacher Straße nördlich der N 4 bzw. der Neuen Kohlenhofstraße treten größere Verkehrszunahmen auf.
143
Die von der Klägerseite aufgeworfene Frage, wie sich das hohe Verkehrsaufkommen auf der Neuen Kohlenhofstraße auf das umliegende Straßennetz räumlich verteilen wird, hat der Verkehrsgutachter überzeugend mit Hilfe einer sogenannten Spinnendarstellung beantwortet. Danach verteilen sich die im Planfall entstehenden etwa 40.000 Kfz-Fahrten/24 h (vgl. Planunterlage M15.1 Ä Folie 27) östlich der Neuen Kohlenhofstraße zu ca. 50% (etwa 20.000 Kfz/24 h) auf den Frauentorgraben und zu ca. 15% (5.000 Kfz/24 h) auf den Westtorgraben. Die übrigen etwa 35% sind Fahrten mit Zielen in den Quartieren Gostenhof, Plärrer, Altstadt, Tafelhof und Steinbühl (vgl. B. GmbH vom 21.5.2021 S. 8 f.). In Richtung Westen verteilen sich diese ca. 40.000 Kfz/24 h zu ca. 30% (ca. 13.000 Kfz/24 h) auf den südlichen Frankenschnellweg, zu ca. 20% (ca. 8.000 Kfz/24 h) auf den nordwestlichen Frankenschnellweg, zu ca. 20% auf die Rothenburger Straße und zu ca. 20% auf die Schwabacher Straße. Die verbleibenden etwa 10% verteilen sich auf das Quartier Fuggerstraße/Leonhardspark. Die auf der Neuen Kohlenhofstraße künftig zu erwartenden Verkehrsströme sind daher nach Einschätzung des Verkehrsgutachters insbesondere Fahrten mit Bezug zur Innenstadt bzw. zum Innenstadtgürtel (vgl. B. GmbH vom 21.5.2021 S. 8 f.).
144
cc) Kritisierte Widersprüchlichkeiten bei der Darstellung der Differenz Planfall zu Prognosebezugsfall (Planunterlage M 15.1 Ä Folie 30) konnte der Verkehrsgutachter überzeugend mit der Erklärung auflösen, dass sich bei der Darstellung der Be- und Entlastungen gegenläufige Wirkungen überlagern. Am Beispiel des Frauentorgraben zeigte er auf, wie sich die Zunahme in der Relation Neue Kohlenhofstraße-Frauentorgraben (ca. 7.000 Kfz/24 h) mit Abnahmen in der Relation Fürther Straße-Frauentorgraben (ca. 5.000 Kfz/24 h) überlagern. Da sich diese beiden Wirkungen gegenseitig teilweise aufheben, führt dies zu dem folgerichtigen Effekt, dass sich die Gesamtzunahme in der Neuen Kohlenhofstraße im Frauentorgraben nur teilweise fortsetzt (vgl. B. GmbH vom 21.5.2021 S. 9).
145
dd) Die Aussagen der Verkehrsprognose können auch nicht erschüttert werden durch den pauschalen Vorwurf der Klägerseite, dass die Planfeststellung eine Ausbauvariante wählt, die konträr zu den Ergebnissen und Vorschlägen des „Masterplan für die Gestaltung nachhaltiger und emissionsfreier Mobilität in Nürnberg“ (Stand Juli 2018; im Folgenden: Masterplan) eine Belastung der Innenstadt durch einen massiven Mehrverkehr herbeiführen wird.
146
Zum einen haben die Ergebnisse und Vorschläge des Masterplans eine andere Zielrichtung als das planfestgestellte Vorhaben. Zum anderen beziehen sich die Berechnungen der dort aufgeführten Stickstoffdioxid-Immissionen auf den Prognosenullfall 2020, während die Verkehrsprognose auf das Jahr 2030 abstellt. Die unter Berufung auf den Masterplan erfolgte und nicht näher erläuterte Behauptung, die Verkehrsprognose habe die Busbefahrung des Stadtgebietes Nürnberg nicht berücksichtigt, ist nicht nachvollziehbar. Im Übrigen befasst sich das Verkehrsgutachten mit Maßnahmen des Öffentlichen Verkehrs bis 2030, worunter auch das Buskonzept Nord Nürnberg und die Ringbusse Nürnberg fallen. Allerdings wird den Auswirkungen der bestehenden bzw. geplanten Busverkehre nur geringe verkehrliche Relevanz beigemessen bezogen auf die N 4 (vgl. Planunterlage M 15.1 Ä Folie 33).
147
g) Entgegen der Behauptung des Klägers hat sich die Vorhabenträgerin mit der Frage der maximalen Kapazität der N 4 insbesondere im Bereich der Tunneldurchfahrung beschäftigt. Das Zentrum für integrierte Verkehrssysteme (ZIV) hat im Rahmen der Beurteilung der Verkehrsabwicklungsqualität – Tunnel Frankenschnellweg (Stand 20.9.2019, BA I Bl. 5811 ff.) die künftige Verkehrsabwicklungsqualität ermittelt. Danach ermöglicht der geplante kreuzungsfreie Ausbau des Frankenschnellwegs zur Hauptverkehrszeit eine ausreichende Qualität der Verkehrsabwicklung. Nach den Ergebnissen der Leistungsfähigkeitsberechnungen wird in allen Bereichen einschließlich der Ein- und Ausfahrten mindestens die Verkehrsqualitätsstufe D nach dem HBS 2015 erreicht. Bei dieser Verkehrsqualitätsstufe ist der Auslastungsgrad hoch, die Möglichkeiten der individuellen Geschwindigkeits- und Fahrstreifenwahl sind erheblich eingeschränkt, der Verkehrszustand ist aber noch stabil, es gibt also keine regelmäßigen Stauerscheinungen. (vgl. ZIV, Beurteilung der Verkehrsabwicklungsqualität, S. 6, 10, BA I Bl. 5821, 5825).
148
Soweit der Kläger fordert, dass im Rahmen der Verkehrsprognose eine tiefergehende Analyse der bisherigen Ursachen für die Überstauung sowohl in der Innenstadt als auch auf der Trasse der N 4 fehle, verkennt er die Zielrichtung der Verkehrsuntersuchung. Diese hat zur Aufgabenstellung, die verkehrlichen Wirkungen des ausgebauten Frankenschnellwegs in Bezug auf den Prognosehorizont 2030 zu untersuchen (vgl. Planunterlage M 15.1 Ä S. 6), nicht aber die bisherigen Ursachen zu erforschen.
149
h) Der Einschätzung des Klägers, aufgrund rückläufiger Verkehrsentwicklungen sei eine Zielerreichung bereits im Prognosebezugsfall, also ohne den streitbefangenen Straßenausbau gegeben, vermag der Senat ebenfalls nicht zu folgen.
150
Soweit in diesem Zusammenhang auf die sinkenden Kfz-Verkehrsmengen in den letzten 30 Jahren im Binnenverkehr der Stadt Nürnberg und am Außenkordon hingewiesen wird, setzt sich die Klägerseite nicht mit den Ausführungen des Änderungs- und Ergänzungsbeschlusses auseinander, wonach die in der Vergangenheit weitestgehend stagnierende Verkehrsentwicklung keinen Rückschluss auf die im Bezugsfall prognostizierten Verkehrszunahmen zulässt. Der Prognose für das Jahr 2030 liegt zugrunde, dass im betroffenen Gebiet strukturelle Entwicklungen u.a. in Form von Siedlungsentwicklungen absehbar sind, die es in den vergangenen Jahren in diesem Umfang nicht gab (vgl. ÄEPFB C.3.2.4 S. 102). Für die Realitätsnähe dieser Einschätzung spricht zudem die Vorgehensweise des Verkehrsgutachters, der seine Prognose auf weitere übergeordnete Verkehrsprognosen (u.a. Landesverkehrsmodell Bayern und Bundesverkehrswegeplan) abgestimmt hat. Demgegenüber kann ein Aussagewert für den Prognosehorizont 2030 weder der klägerseits herangezogenen städtischen Verkehrszählung der Stadt Nürnberg aus dem Jahr 2019 noch den zitierten Passagen aus dem Masterplan der Beigeladenen zu früheren Verkehrszählungen entnommen werden. Gleiches gilt für die im Masterplan und in der 2. Fortschreibung des Luftreinhalteplanes in Nürnberg (Stand 2017) enthaltenen Hinweise zur Immissionsentlastung. Offen bleibt in diesem Zusammenhang ferner, welche genauen Rückschlüsse der Kläger erwartet, soweit er eine Untersuchung der Nürnberger Bevölkerungs- und Arbeitsplatzentwicklung für den Prognosebezugsfall 2030 fordert.
151
i) Als unbegründet erweist sich der auf die Expertise seines Fachbeistands aufbauende Vorhalt des Klägers, wonach sich die Verkehrsprognose auszeichne durch Widersprüchlichkeiten bei der Betrachtung der wechselseitigen Auswirkungen des streitbefangenen Straßenausbaus und des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV).
152
aa) Die Vorgehensweise, mögliche Wirkungen des ÖPNV-Ausbaus wie die Stadt-Umland-Bahn Nürnberg, Erlangen und Herzogenaurach in die Bewertung mitaufzunehmen (vgl. Planunterlage M 15.1 Ä Folie 33), ist nicht als methodisch fragwürdig einzustufen. Es ist vielmehr folgerichtig, bereits vorhersehbare Entwicklungen im Streckennetz, die sich auf die Verkehrsmenge der planfestgestellten Strecke auswirken können, von vornherein bei der Verkehrsprognose zu berücksichtigen, da sie auch im Planfeststellungsbeschluss zu bewältigen sind (vgl. BVerwG, B.v. 25.5.2005 – 9 B 41.04 – juris Rn. 11). Voraussehbar sind solche Wirkungen, deren Eintritt im Zeitpunkt der Entscheidung gewiss ist oder sich mit hinreichender Zuverlässigkeit prognostisch abschätzen lässt (vgl. BVerwG, U.v. 7.3.2007 – 9 C 2.06 – BVerwGE 128, 177 = juris Rn. 19; BVerwG, U.v. 15.2.2018 – 9 C 1.17 – BVerwGE 161, 180 = juris Rn. 18). Ein Planfeststellungsverfahren muss für das künftige Projekt noch nicht eingeleitet sein, allerdings sollte die Verwirklichung innerhalb des Prognosezeitraums zu erwarten sein (vgl. BVerwG, U.v. 15.2.2018 a.a.O. Rn. 14; B.v. 8.3.2018 – 9 B 25.17 – DVBl 2018, 1179 = juris Rn. 7).
153
Aus dem angegriffenen Änderungs- und Ergänzungsplanfeststellungsbeschluss geht hervor, dass die Verwirklichung der Stadt-Umland-Bahn bis zum Jahr 2030 hinreichend sicher war, um sie in der Verkehrsuntersuchung berücksichtigen zu können, da für dieses Vorhaben das Raumordnungsverfahren abgeschlossen und das Scoping-Verfahren zur Vorbereitung des Planfeststellungsverfahrens bereits eingeleitet war (vgl. ÄEPFB C.3.2.4 S. 98). Es lag zum damaligen Zeitpunkt insofern eine grobe Planungskonzeption vor, sodass die Wirkungen dieses Vorhabens bereits als voraussehbar einzustufen waren.
154
Weitere Maßnahmen des Öffentlichen Verkehrs sind ebenfalls in die Verkehrsuntersuchung miteingeflossen, soweit deren Umsetzung bis zum Prognosehorizont hinreichend verlässlich absehbar war (vgl. Planunterlage M 15.1 Ä Folie 33; ÄEPFB C.3.2.4 S. 100). Die Kritik, die Maßnahmen des Öffentlichen Verkehrs und deren verkehrliche Auswirkungen seien in der Planung nicht ausreichend berücksichtigt worden, ist unberechtigt. Eine solche Schlussfolgerung lässt sich insbesondere nicht ableiten aus der klägerseits herangezogenen Passage des angegriffenen Änderungs- und Ergänzungsbeschlusses (vgl. ÄEPFB C.3.2.4 S. 100), wonach den Einrichtungen des ÖPNV in Bezug auf das gegenständliche Vorhaben nur eine geringe Bedeutung bzgl. möglicher Wechsel- und Verlagerungswirkungen zukommt. Zum einen bezieht sich diese Aussage nur auf die im Zuge der Öffentlichkeitsbeteiligung angesprochenen Stadtbahn-, Bus- und Radverkehrspläne. Zum anderen stellen die weiteren Ausführungen des Beschlusses ausdrücklich klar, dass in der Verkehrsuntersuchung differenziert betrachtet wurde, ob die jeweilige ÖPNV-Maßnahme über den von ihr betroffenen Teilraum hinaus zu relevanten verkehrlichen Wechselwirkungen mit dem gegenständlichen Vorhaben führen kann.
155
Zu keiner anderen rechtlichen Einschätzung führt der Verweis auf die im Masterplan der Stadt Nürnberg beschriebenen Maßnahmen zur Emissionsreduzierung der Linienbusflotte der VAG, da die Aufgabenstellung der Verkehrsuntersuchung nicht darin bestand, Lösungen zur Reduzierung des Kfz-Verkehrs zu finden.
156
bb) Es ist auch nicht erkennbar, dass die Verlagerungspotenziale vom Öffentlichen Verkehr zum Motorisierten Individualverkehr nicht ausreichend tief untersucht und im Verhältnis von Planfall zu Prognosebezugsfall unterschiedlich betrachtet wurden.
157
Der Verkehrsgutachter ist dem entgegengetreten und hat nachvollziehbar dargelegt, dass in der Achse Südwest – also im Bereich Gebersdorf-Mitte – sowohl im Prognosebezugsfall als auch im Planfall Verlagerungen zugunsten des ÖPNV zu erwarten sind infolge der geplanten Verlängerung der U 3 nach Gebersdorf. Als Grund, warum diese Verlagerungen nicht im Planfall vom Motorisierten Individualverkehr abgezogen wurden, verwies der Gutachter auf eine sichere Berechnung im Sinne einer Worst-Case-Auswirkungsprognose hinsichtlich der auf das Verkehrsgutachten aufbauenden Lärm- und Schadstoffgutachten (vgl. B.-Gruppe vom 21.5.2021 S. 10).
158
cc) Soweit der Kläger bei der Betrachtung der Verlagerungswirkungen vom Öffentlichen Verkehr zum Motorisierten Individualverkehr einen methodischen Fehler im Verkehrsgutachten rügt, sind die Schlussfolgerungen des Klägers für den Senat nicht nachvollziehbar.
159
Der zitierten Passage aus der Verkehrsuntersuchung, wonach im Planfall die Verlagerungswirkungen vom Individualverkehr zum Öffentlichen Verkehr und zurück in derselben Größenordnung liegen und sich somit ausgleichen (Planunterlage M 15.1 Ä S. 15), ist an keiner Stelle zu entnehmen, dass der Ausbau des Frankenschnellwegs und die Realisierung der geplanten Maßnahmen des Öffentlichen Verkehrs voneinander abhängig und nur gemeinsam im Planfall zu betrachten sind.
160
Als Grund, warum in der ursprünglichen Verkehrsuntersuchung Maßnahmen des Öffentlichen Verkehrs nicht betrachtet wurden, gibt die Beigeladene an, dass die Verkehrsuntersuchung mit den übergeordneten Planungen für die A 73 in den Voraussetzungen übereinstimmen sollte. In der Fortschreibung des Verkehrsgutachtens vom 5. Mai 2020 wurde jedoch abgeschätzt, dass auf dem Frankenschnellweg infolge von Maßnahmen des Öffentlichen Verkehrs eine Entlastung von etwa 2.500 Kfz pro Tag bezogen auf die Werktage Montag bis Freitag zu erwarten sind (vgl. B. GmbH vom 5.5.2020 S. 4 BA I S. 5918). Zieht man diese 2.500 Fahrzeuge von den für den Prognosebezugsfall ermittelten 55.100 Fahrzeugen ab, verbleibt auf dem Frankenschnellweg eine Verkehrsbelastung von 52.600 Fahrzeugen, die in etwa der aktuellen Belastung entspricht, die die Kapazität der bestehenden N 4 übersteigt (vgl. B. GmbH vom 31.1.2024 S. 1). Insgesamt führt das planfestgestellte Vorhaben damit zu einer stärkeren Bündelung der Verkehre auf der N 4 und den auf die N 4 zulaufenden Achsen, einer Entlastung der Verknüpfungsebenen sowie der parallelen Achsen (vgl. B. GmbH vom 31.1.2024 S. 2).
161
In der Fortschreibung des Verkehrsgutachtens sind zudem für zwei ausgewählte Straßenquerschnitte modale Verlagerungen bereits im Prognosebezugsfall angesetzt worden mit dem Ergebnis, dass sich höhere Verkehrsstärke-Differenzen zwischen Planfall und Prognose ergeben (vgl. B. GmbH vom 5.5.2020 S. 4 BA I S. 5918). Die Auswirkungen der Verlagerung sind mit Zunahmen auf der N 4 um 30% (statt 24%) und mit Abnahmen auf der Fürther Straße um 18% (statt 22%) aber gering und liegen nach der plausiblen Einschätzung des Verkehrsgutachters im üblichen Schwankungsbereich der Verkehrsstärken von Tag zu Tag (vgl. B. GmbH vom 5.5.2020 S. 4; vom 4.2.2022 S. 11 f.).
162
dd) In keinem Zusammenhang zu den untersuchten modalen Verkehrsverlagerungen steht die Rüge des Klägers, der angegriffene Planfeststellungsbeschluss liefere keine Begründung zur Auswertung der täglichen Verkehrsleistung und der kumulierten Gesamtfahrtzeit. Die vom Kläger diesbezüglich herangezogene Passage betrifft vielmehr die vom Beklagten zurückgewiesene Behauptung, die Verkehrsbelastung werde mit dem Ausbau des Frankenschnellweges gegenüber heute noch zunehmen (ÄEPFB C.3.2.4 S. 108). Unabhängig davon werden die wesentlichen Ursachen für die Veränderung der Verkehrsleistung sowie der kumulierten Gesamtfahrzeit sowohl im Änderungs- und Ergänzungsplanfeststellungsbeschluss als auch in der Fortschreibung des Verkehrsgutachtens vom 5. Mai 2020 dargelegt (vgl. ÄEPFB C.3.2.4 S. 109; B. GmbH vom 5.5.2020 S. 5 f.).
163
Dasselbe gilt für den klägerischen Vortrag zu Verkehrsinduktionen infolge Reisezeitverkürzungen (vgl. ÄEPFB C.3.2.4 S. 109; B. GmbH vom 5.5.2020 S. 5; vom 21.10.2019 S. 7 BA II Bl. 5538). Um das tatsächliche Potenzial möglicher neu induzierter Fahrten einschätzen zu können, hat der Verkehrsgutachter die mittleren Reisezeiten (bezogen auf 24 h) auf dem zentralen Streckenabschnitt des Frankenschnellwegs (zwischen den Querschnitten Jansenbrücke und Otto-Brenner-Brücke) miteinander verglichen. Wie bereits beim Durchgangsverkehr ausgeführt, ergeben sich nach Ausbau des Frankenschnellwegs im Vergleich zum Prognosebezugsfall Reisezeitgewinne von ca. 2:30 min in Fahrtrichtung Süd und ca. 2:15 min in Fahrtrichtung Nord (in Spitzenverkehrszeiten ergeben sich höhere und in Schwachverkehrszeiten geringere Zeitgewinne). Das Potential möglicher neu induzierter Fahrten des motorisierten Individualverkehrs hat der Verkehrsgutachter nachvollziehbar als gering eingeschätzt, da davon ausgegangen werden kann, dass Neuverkehr erst bei starken/deutlich spürbaren Reisezeitgewinnen zu erwarten ist (vgl. B. GmbH vom 4.12.2020 S. 15).
164
j) Das im Verkehrsgutachten gewählte Vorgehen, Entwicklungen im Verkehrssektor wie Änderungen in der Fahrzeugklassifizierung nicht zu berücksichtigen, ist nicht zu beanstanden. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit die vom Kläger erwähnte Flottenzusammensetzung Auswirkungen auf die zukünftige Verkehrsbelastung haben kann. Der klägerische Hinweis auf die in diesem Kontext zu erwartende Reduktion von Lärm- und Abgasimmissionen betrifft nicht das Verkehrsgutachten, sondern die vorliegenden Berechnungen zur Luftschadstoffbelastung (vgl. ÄEPFB C.3.3.4.7 S. 152 ff.). Unabhängig davon ist der Aspekt der verringerten Schadstoffemissionen im Straßenverkehr bis zum Jahr 2030 in die Überlegungen des angegriffene Änderungs- und Ergänzungsplanfeststellungsbeschlusses miteingeflossen (vgl. ÄEPFB C.3.3.4.7.1 S. 156).
165
k) Die vom Kläger ins Verfahren eingeführte VU Hafenbrücke ist nicht geeignet, Zweifel an der Belastbarkeit der streitgegenständlichen Verkehrsprognose zu begründen. Im Gegenteil wird bei einem Vergleich der Ergebnisse deutlich, dass sich die Prognosen in den Überlappungsbereichen der Betrachtungsräume ähneln und nur geringe Abweichungen bei den Verkehrsbelastungswerten bestehen (vgl. B. GmbH vom 31.1.2024 S. 2).
166
Daraus hat der Verkehrsgutachter nachvollziehbar geschlossen, dass in beiden Untersuchungen detailliert und realitätsgetreu prognostiziert wurde (vgl. B. GmbH vom 31.1.2024 S. 2). Als Basis beider Verkehrsgutachten diente das Verkehrsmodell DIVAN, das jeweils nach derselben Methodik (Aktualisierung anhand Verkehrszähldaten und Prognosefortschreibung auf 2030) projektbezogen fortgeschrieben wurde (vgl. B. GmbH vom 31.1.2024 S. 2; VU Hafenbrücke S. 23). Die Abweichungen führt die Beigeladene nachvollziehbar darauf zurück, dass die VU Hafenbrücke auf dem DIVAN-Verkehrsmodell mit Stand 2005 aufbaut, während die streitgegenständliche Verkehrsuntersuchung vom Analysestand 2010 ausging. Hinzukommen Unterschiede aufgrund eines jeweils anderen Betrachtungsfokus bzw. Kalibrierungsschwerpunkts (vgl. B. GmbH vom 23.2.2024 S. 17 f; vom 31.1.2024 S. 2; Planfeststellungsbeschluss der RegMfr mit integrierter Umweltverträglichkeitsprüfung für den Ersatzneubau der Brücke der N 4 über den Main-Donau-Kanal und die Südwesttangente im Bereich des Kreuzes Nürnberg-Hafen im Gebiet der Stadt Nürnberg vom 23.8.2023, S. 96 f.).
167
2. Im Rahmen der planerischen Abwägungsentscheidung hat die Planfeststellungsbehörde die Lärmschutzbelange der Wohnbevölkerung im Allgemeinen und des Klägers im Besonderen fehlerfrei bewertet (vgl. PFB C.2.3.7.2 S. 51 ff.; ÄEPFB C.3.3.4.1.2 S. 133 ff.).
168
Zunächst sind im Ausbaubereich die Auswirkungen des Vorhabens durch die baulichen Veränderungen der geplanten Straße mit Verschiebungen der lärmemittierenden Quellen geprüft worden. Auf Grundlage der Immissionsberechnungen hat die Vorhabenträgerin gemäß § 41 BImSchG i.V.m. der 16. BImSchV die Zumutbarkeit der Lärmimmissionen beurteilt und ein entsprechendes Lärmschutzkonzept erarbeitet. Dieses sieht als aktive Schallschutzmaßnahmen auf einem großen Teil des Ausbauabschnitts West acht Meter hohe gebogene Lärmschutzwände beidseits der N 4 vor verbunden mit der Verwendung eines lärmreduzierenden Straßenbelages (vgl. ÄEPFB C.3.3.4.1.4 S. 139; PFB C.2.3.7.1 S. 55). In den Bereichen, in denen trotz Grenzwertüberschreitungen kein aktiver Lärmschutz vertretbar ist bzw. nicht umsetzbar ist, wird den betroffenen Grundstücks- bzw. Wohnungseigentümer passiver Lärmschutz gewährt (vgl. ÄEPFB A.3.3.1, 3.3.2 S. 16, C.3.3.4.1.5 S. 142 ff.).
169
a) Der Vorhalt des Klägers, die lärmtechnische Berechnung sei nicht tragfähig, da sie auf einer methodisch fehlerhaften Verkehrsprognose beruhe, erweist sich als unberechtigt. Die der Abwägung der Immissionsschutzbelange zugrunde gelegte Prognose der künftigen Verkehrsmenge begegnet – wie oben ausgeführt (vgl. oben Rn. 89 ff.) – keinen durchgreifenden Bedenken. Im Übrigen ist anzumerken, dass der vom Kläger ohne Ausbau des Frankenschnellwegs nach dem Jahr 2030 prognostizierte Rückgang der Verkehrsbelastung mit Minderungen des Verkehrslärms einhergehen würde.
170
b) Die für die Verkehrslärmberechnung verwendeten Ausgangsdaten begegnen keinen Bedenken (vgl. Planunterlagen M 11.1.1.2 Ä, W 11.1.1 Ä). Entgegen der Kritik des Klägers ist das Lkw-Segment mit zulässigem Gesamtgewicht zwischen 2,8 t und 3,5 t fachgerecht ermittelt worden.
171
Der Verkehrsgutachter hat zu diesem Aspekt überzeugend erläutert, dass aus Verkehrszählungen am Frankenschnellweg und aus dem DIVAN-Verkehrsmodell zunächst nur Verkehrsdaten für Pkw (Kfz ≤ 3,5 t) und Schwerverkehr (Kfz > 3,5 t) vorlagen und nicht die für die Lärmberechnung nach den Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen maßgeblichen Lkw-Anteile mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 2,8 t (vgl. FGSV, im Folgenden: RLS 90, Ausgabe 1990, Nr. 4.4.1.1.1 S. 14). Im Verkehrsgutachten wurde jedoch in der Folge ein entsprechender Aufschlag von 20% für dieses Lkw-Segment (Kfz > 2,8 t = Kfz > 3,5 t * 1,20) vorgenommen (vgl. B. GmbH vom 21.10.2019 S. 2 ff; vom 8.9.2021 S. 1). Dieser Aufschlag ist nicht zu beanstanden, zumal der Umrechnungsfaktor nicht nur auf Erfahrungen und Erkenntnissen des Verkehrsgutachters aus vergangenen eigenen Untersuchungen beruht, sondern sich an den von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) gewählten Ansätzen (Auswertungen der Straßenverkehrszählungen [im Folgenden: SVZ] 2000, Heft V 123 und SVZ 2005, Heft V 179) orientiert (vgl. B. GmbH vom 8.9.2021 S. 1). Zusätzlich verifiziert wurde der Aufschlag durch Auswertung der Daten des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) zu den in Bayern und in Mittelfranken zugelassenen Lkw > 2,8 t ≤ 3,5 t. Die Auswertung ergab für Mittelfranken einen Anteil von etwa 23,5%, für Bayern von 22,8% und stimmt damit im Wesentlichen mit dem gewählten Aufschlag von 20% überein (vgl. B. GmbH vom 8.9.2021 S. 2). Ein solches Vorgehen erscheint mangels bindender Vorgaben durch Regelwerke für den Fall nicht weiter auflösbarer Unwägbarkeiten als sachgerecht (vgl. BVerwG, U.v. 10.10.2012 – 9 A 20.11 – NVwZ 2013, 645 = juris Rn. 12; U.v. 9.7.2008 – 9 A 14.07 – BVerwGE 131, 274 = juris Rn. 159).
172
c) Der Vorhalt des Klägers, die Planfeststellungsbehörde hätte gegen die Vorgaben zur Berechnung des Beurteilungspegels für Straßen verstoßen, indem sie sich auf eine pauschal faktorisierte Umrechnung der Lkw-Verkehrsbelastung beschränkt, ist unberechtigt.
173
Anlage 1 zu § 3 der 16. BImSchV in der Fassung vom 18.12.2014 gibt vor, dass die maßgebende stündliche Verkehrsstärke M und der maßgebende Lkw-Anteil mit Hilfe der der Planung zugrundeliegenden prognostizierten durchschnittlichen täglichen Verkehrsstärke (DTV) nach Tabelle A berechnet werden, sofern keine geeigneten projektbezogenen Untersuchungsergebnisse vorliegen. Letzteres liegt jedoch – wie der Beklagte nachvollziehbar dargelegt hat – mit den in der projektbezogenen Verkehrsuntersuchung dokumentierten Ergebnissen vor, sodass die Heranziehung von Tabelle A und den dort aufgeführten pauschalen Lkw-Tag- und Nachtanteilen am Gesamtverkehr nicht geboten war (vgl. ÄEPFB C.3.3.4.1.3 S. 136). Die Ermittlung der Lkw-Anteile mit einem Gesamtgewicht von mehr als 2,8 t anhand eines Umrechnungsfaktors erweist sich demgegenüber nicht als widersprüchlich. Es ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt, dass die Ermittlung des Lkw-Segments im Wege der Umrechnung nicht gegen das Vorliegen von geeigneten projektspezifischen Untersuchungsergebnissen spricht (vgl. BVerwG, U.v. 23.2.2005 – 4 A 2.04 – Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 68 = juris Rn. 29, 30; U.v. 10.10.2012 – 9 A 19.11 – NVwZ 2013, 649 = juris Rn. 28 und 30).
174
d) Soweit der Kläger den Abzug eines Korrekturwertes für die Bauweise der Straßenoberfläche rügt, kann er mit seinem Einwand nicht durchdringen.
175
Zwar wurde bei den schalltechnischen Berechnungen grundsätzlich berücksichtigt, dass für große Teile der Fahrbahndecke der N 4 in den gegenständlichen Abschnitten ein Straßenbelag vorgesehen ist, für den bei der Berechnung ein Korrekturwert DStrO von -2 dB(A) für dauerhaft lärmmindernde Straßenoberflächen entsprechend der Fußnote zur Tabelle B der Anlage 1 zu § 3 der 16. BImSchV a.F. und der Tabelle 4 der RLS-90 angesetzt werden kann (vgl. ÄEPFB C.3.3.4.1.3 S. 136 unter Bezugnahme auf Planunterlage M 11.1.1.1 Ä S. 20 i. V. m. M 11.1.1.2 Ä sowie Planunterlage W 11.1.1 Ä S. 6). Allerdings gilt dies nicht für den Ausbauabschnitt West, in dem das klägerische Anwesen liegt (vgl. Planunterlage W 11.1.2.1 Ä). In diesem Bereich ist zwar der Einbau eines lärmmindernden Fahrbahnbelags zugesagt worden. Ein Abzug in Form eines Korrekturwertes erfolgte jedoch in den schalltechnischen Berechnungen nicht, da die Planfeststellungsbehörde die dauerhafte Lärmminderungswirkung des in Aussicht genommenen Straßenbelags als noch nicht hinreichend abgesichert einschätzte (vgl. ÄEPFB C.3.3.4.1.3 S. 137).
176
Unabhängig davon musste der Planfeststellungsbeschluss nicht regeln, welcher konkrete Belag bzw. in welcher Ausführungsform der in den Planungsunterlagen aufgeführte Splittmastixasphalt zu verwenden ist. Dieser für die Abwägung unerhebliche Aspekt der Bauausführung kann der Vorhabenträgerin überlassen werden (vgl. BVerwG, U.v. 9.6.2010 – 9 A 20.08 – NVwZ 2011, 177 = juris Rn. 109; ThürOVG, U.v. 16.8.2018 – 1 O 169/11 – DVBl 2019, 996 = juris Rn. 81), die an die Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses gebunden ist (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.2017 – 3 A 1.16 – DVBl 2018, 187 = juris Rn. 161; Neumann/Külpmann in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 73 Rn. 22, § 75 Rn. 7). Entsprechend den planfestgestellten Unterlagen ist der Einbau eines Splittmastixasphalts mit einem Lärmkorrekturwert DStrO von -2 dB(A) vorgesehen (vgl. Planunterlage M 11.1.1.1 Ä S. 20). Aufgrund dieser Angaben ist somit für die von der Planung Betroffenen sichergestellt, dass im Rahmen der Ausführungsplanung nur ein auf Dauer lärmmindernder und nicht ein Belag mit ungünstigeren Korrekturwerten ausgeschrieben werden darf. Insofern stellt sich die vom Kläger aufgeworfene Frage eines Lärmminderungsnachweises derzeit nicht.
177
e) Die klägerische Kritik, die Emissionsberechnung der Straßenabschnitte (Planunterlage W11.1.2.1Ä) sei fehlerhaft, weil sie den weiteren wesentlichen Parameter „Lärmimmissionen durch Motorradverkehr“ außer Betracht lasse, ist nicht berechtigt.
178
Motorräder gehören zu den Kraftfahrzeugen und finden daher im gleichen Umfang wie Pkw Eingang in die Verkehrszählungen und in die Berechnung der Verkehrsstärken (vgl. BVerwG, U.v. 9.6.2010 – 9 A 20.08 – NVwZ 2011, 68 = juris Rn. 105). Die durch Motorradverkehr verursachten Immissionen werden damit in den durchgeführten schalltechnischen Berechnungen hinreichend abgebildet. Der Verweis der Klägerseite auf die Ausführungen im Masterplan zur Ermittlung der Emissionsfaktoren ist in diesem Zusammenhang nicht zielführend, da sie allein die Luftschadstoffbelastung betreffen.
179
Nicht nachvollziehbar ist die Rüge des Klägers, dass den Emissionsberechnungen eine spezifische grundstücksbezogene Betrachtung fehle. Maßgeblich für die Bewertung der Betroffenheit durch Lärm sind die Immissionen, die hinsichtlich der betrachteten zahlreichen Immissionsorte bezogen auf einzelne Fassadenseiten und Stockwerke ermittelt wurden (z.B. Planunterlage W 11.1.2.2 Ä). Die vom Verkehr erzeugten Emissionen bilden hingegen neben anderen Eingangsdaten nur die Grundlage für die Ermittlung der Immissionsbelastung an den einzelnen Immissionsorten.
180
f) Der Einwand der Klägerseite, das Konzept an aktiven Lärmschutzmaßnahmen im Abschnitt West sei nicht ausreichend, kann die Abwägungsentscheidung nicht in Zweifel ziehen.
181
Nach § 41 Abs. 1 BImSchG hat die Vorhabenträgerin grundsätzlich durch Maßnahmen des aktiven Lärmschutzes sicherzustellen, dass keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden. Wie bereits dargestellt sieht die festgestellte Planung in ihrem Lärmschutzkonzept beidseits der N 4 acht Meter hohe, gebogene Lärmschutzwände vor, die einen Lärmschutz gewährleisten, der dem einer neun Meter m hohen geraden Wand entspricht (vgl. ÄEFPB C.3.3.4.1.4 S. 139).
182
In Bezug auf die Lärmsituation am Klägergrundstück hat die schalltechnische Untersuchung ergeben, dass die Verkehrslärmbelastung am Wohnhaus des Klägers (IO Nr. 127 bis 129) im Planfall, d.h. nach Errichtung der 8 m hohen gebogenen Lärmschutzwand, bei maximal 60 dB(A) tags sowie bei maximal 55 dB(A) nachts liegt (vgl. Berechnung Ausbauabschnitt – Planunterlage W 11.1.2.2 Ä S. 10). Damit werden die Immissionsschutzgrenzwerte zum Schutz der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche in reinen und allgemeinen Wohngebieten (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV) von 59 dB(A) tagsüber sowie von 49 dB(A) nachts nicht vollständig eingehalten. Die danach trotz der vorgesehenen aktiven Lärmschutzmaßnahmen teilweise zu verzeichnenden Grenzwertüberschreitungen betreffen vorwiegend die Nachtzeit und ausschließlich einzelne Fassaden im 1. und 2. Obergeschoss. Die bei zwei Immissionspunkten nachts auftretenden Grenzwertüberschreitungen liegen bei 1,9 dB(A) und 5,4 dB(A); die tagsüber auftretende Überschreitung an einem einzigen Immissionspunkt beträgt weniger als 1 dB(A). Dem Kläger wird insoweit passiver Lärmschutz gewährt (vgl. ÄEPFB A.3.3.1, 3.3.2 S. 16, C.3.3.4.1.5 S. 142 ff.).
183
Insgesamt macht die schalltechnische Untersuchung deutlich, dass sich die Lärmsituation am klägerischen Grundstück vorhabenbedingt wesentlich verbessern wird. Die Beurteilungspegel im Prognosebezugsfall, d.h. im Jahr 2030 unter Berücksichtigung der bestehenden 4 m hohen Lärmschutzwand, liegen am gesamten klägerischen Anwesen über den Immissionsschutzgrenzwerten (je nach Fassade und Geschoss tagsüber zwischen 60 dB(A) und 76 dB(A), nachts zwischen 55 dB(A) und 72 dB(A)). Beim Vergleich dieser Werte mit denen im Planfall, d.h. im Jahr 2030 nach Errichtung der 8 m hohen Lärmschutzwand, sind hingegen Pegelminderungen zwischen 8,7 dB(A) und 20,8 dB(A) zu verzeichnen (vgl. Planunterlage W 11.1.2.2 Ä S. 10).
184
Soweit der Kläger über die planfestgestellte Kombination von aktiven und passiven Lärmschutzmaßnahmen hinaus weitere aktive Lärmschutzmaßnahmen für einen Vollschutz fordert, kann sich der Beklagte auf § 41 Abs. 2 BImSchG berufen. Die von der Klägerseite zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur wirtschaftlichen Verhältnismäßigkeit von aktiven Lärmschutzmaßnahmen steht dem nicht entgegen. Der Kläger übersieht in diesem Zusammenhang, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung der Planfeststellungsbehörde einen Abwägungsspielraum zugesteht bei der Prüfung, ob die Kosten einer aktiven Schallschutzmaßnahme außer Verhältnis zum angestrebten Schutzzweck stehen würden. Dieser Spielraum gestattet, neben dem in § 41 Abs. 2 BImSchG ausdrücklich benannten Kostengesichtspunkt auch andere Belange zu berücksichtigen, die einer aktiven Schallschutzmaßnahme entgegenstehen. Dazu gehören neben öffentlichen Belangen auch private Belange negativ betroffener Dritter wie z.B. deren Interesse an der Vermeidung zu dichter Grenzbebauung und dadurch eintretender Verschattung (vgl. BVerwG, U.v. 14.4.2010 – 9 A 43.08 – Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 56 = juris Rn. 37 m.w.N.).
185
Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Planfeststellungsbehörde im Rahmen ihres Lärmschutzkonzepts die rechtlichen Bindungen ihres Abwägungsspielraums verletzt hat. Die Vorhabenträgerin hat für den Abschnitt West unterschiedliche Lärmschutzvarianten untersucht. Nicht nur Kostengründen sprachen dabei gegen eine Einhausung der N 4 bzw. gegen eine weitere Erhöhung der acht Meter hohen Lärmschutzwände im Bereich West, sondern auch Aspekte der städtebaulichen Verträglichkeit (vgl. ÄEPFB C.3.3.4.1.4 S. 139). Dies hat der Kläger nicht substantiiert angegriffen, zumal sein Vortrag in diesem Punkt widersprüchlich ist, da er einerseits eine weitere Erhöhung fordert, andererseits aber bereits hinsichtlich der planfestgestellten Wände unzumutbare Sichtverhältnisse und eine Verschattungswirkung geltend macht.
186
Im Hinblick auf die von der Klägerseite unter Bezugnahme auf die Gegenüberstellung der Ansprüche beim passiven Lärmschutz 2013 zu 2019 (Planunterlage W 11.1.5 Ä) festgestellten teils vollkommen neuen Betroffenheiten, fehlt dem Kläger die erforderliche Rügebefugnis. Seine Rechte werden dadurch nicht tangiert (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Unabhängig davon wird in der Planunterlage erläutert, dass der veränderte Kreis der Anspruchsberechtigten nicht nur auf bauliche Änderungen zurückzuführen ist, sondern auch auf die aktualisierte Datengrundlage der Verkehrsprognose und neu anzusetzende Schwellenwerte (vgl. Planunterlage W 11.1.5 Ä S. 2). Der klägerischen Schlussfolgerung, dass sich aus den Planänderungen eine grundlegend geänderte Belastungssituation im Umfeld der N 4 ergebe, fehlt insofern jegliche Grundlage.
187
g) Die zu erwartende baubedingte Lärmbelastung des Grundstücks des Klägers ist durch die Planfeststellungsbehörde abwägungsfehlerfrei bewältigt worden.
188
Der Beklagte hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Bautätigkeiten ausschließlich werktags im Zeitraum von 7:00 Uhr bis 20:00 Uhr stattfinden werden, sodass baulärmbedingte Störungen der Nachtruhe ausgeschlossen sind (vgl. ÄEPFB C.3.3.4.4 S. 151).
189
Maßstab für die Beurteilung, ob dem Kläger baulärmbedingte Beeinträchtigungen am Grundstück nach § 22 Abs. 1, § 3 Abs. 1 BImSchG zumutbar sind, sind die Lärmrichtwerte der nach § 66 Abs. 2 BImSchG fortgeltenden „Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm – Geräuschimmissionen“ (AVV Baulärm) vom 19. August 1970 (Beil. zum BAnz Nr. 160 vom 1.9.1970). Bei Gebieten, in denen vorwiegend Wohnungen untergebracht sind, liegen die Immissionsrichtwerte nach Nr. 3.1.1 AVV Baulärm tagsüber bei 55 dB(A). Eine Abweichung von diesen Immissionsrichtwerten kommt in Betracht, wenn im Einwirkungsbereich der Baustelle eine tatsächliche Lärmvorbelastung vorhanden ist, die über dem maßgeblichen Richtwert der AVV Baulärm liegt (vgl. BVerwG, U.v. 10.7.2012 – 7 A 11.11 – BVerwGE 143, 249 = juris Rn. 32).
190
Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Planfeststellungsbehörde in Bezug auf den Abschnitt West davon ausgeht, dass die Vorbelastung durch den Straßenverkehrslärm höher als der zu erwartende Baulärm ist (vgl. ÄEPFB C.2.1.4.1.1.1 S. 38, C.2.2.1.1.1 S. 72, C.3.3.4.4 S. 150). Der Kläger weist zurecht darauf hin, dass die Planunterlagen für den Bereich West keine Baulärmimmissionsberechnungen enthalten. Allerdings wird im Änderungs- und Ergänzungsplanfeststellungsbeschluss Bezug genommen auf eine emissionsseitige Betrachtung (vgl. I. Ingenieurgesellschaft mbH vom 2.9.2019 BA I Bl. 4574 f.). Danach bewegen sich die Gesamtschallleistungspegel der dortigen lärmintensivsten Baulärmszenarien zwischen 103 dB(A) und 109 dB(A), während der längenbezogene Schallleistungspegel beim Bestandsverkehr der N 4 für einen jeweils relevant zur örtlichen Lärmbelastung beitragenden Abschnitt der Straße bei 110 dB(A) bis 111 dB(A) liegt (vgl. ÄEPFB C.2.1.4.1.1.1 S. 38; C.3.3.4.4 S. 150). Dabei ist zu beachten, dass sich die dort aufgeführten Schallleistungspegel unmittelbar auf den Ort der Lärmentstehung beziehen. Die reine Betrachtung auf der Schallemissionsebene ist nicht als methodisch fehlerhaft einzuordnen, zumal der Gutachter ergänzend für einzelne Immissionsorte exemplarisch Ausbreitungsberechnungen sowohl für den Baulärm als auch für den Verkehrslärm durchgeführt hat. Diese Berechnungen führten ebenfalls zu dem Ergebnis, dass der Beurteilungspegel des Straßenverkehrslärms im Ist-Zustand über bzw. mindestens auf dem Niveau des Baustellenlärms liegt (vgl. I.mbH vom 2.9.2019 BA I Bl. 4576).
191
Insofern werden auch die zu erwartenden Baulärmimmissionen am Klägergrundstück grundsätzlich hinter der Vorbelastung aus dem Straßenverkehr zurückbleiben. Unabhängig davon ist eine Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des Klägers, die eine Vermeidung nachteiliger Wirkungen im Sinne von Art. 74 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG erforderlich machen würde, auch vor dem Hintergrund von Dauer und Zweck der lärmintensiven Arbeiten nicht gegeben. Als lärmintensiv in diesem Sinne ist die Gründung der Bohrpfähle für die Errichtung der 8 m hohen Lärmschutzwand mittels Drehbohrgerät einzuschätzen. Diese Gründung wird jedoch – soweit ein Baulärmbezug zum Klägergrundstück besteht – nach Aussage des Beklagten innerhalb einer Woche abgeschlossen sein. Die weiteren Straßenbauarbeiten finden sodann hinter der bereits errichteten Lärmschutzwand statt. Zur Klarstellung hat der Beklagte den Änderungs- und Ergänzungsplanfeststellungsbeschluss durch Protokollerklärung in der mündlichen Verhandlung dahingehend ergänzt, dass die Vorhabenträgerin sicherzustellen hat, dass die am Südrand der N 4 zwischen Baukm 1 + 511 und Baukm 2 + 597 geplante Lärmschutzwand errichtet wird, bevor Arbeiten im Straßenbereich beginnen (vgl. Sitzungsprotokoll S. 3).
192
Eine vom Kläger aus einer Standortbelegenheit in der Nähe des Tunnels abgeleitete Baulärmbetroffenheit drängt sich nicht auf, nachdem der Tunnelbereich mehr als 1,5 km vom klägerischen Grundstück entfernt im Abschnitt Mitte liegt. Ebenso wenig ist eine zusätzliche Lärmbelastung erkennbar wegen einer während der Bauzeit zu erwartenden Verkehrszunahme, da der vom Kläger in Bezug genommene Umfahrungsverkehr über die Leyher Straße / Witschelstraße nicht unmittelbar an seinem Anwesen vorbeigeführt wird, sondern Luftlinie etwa 350 m sowie mehrere Reihen Bebauung dazwischenliegen.
193
3. Es ist nicht erkennbar, dass ein Abwägungsmangel in Bezug auf die klägerischen Belange der Luftreinhaltung vorliegt.
194
Die Einhaltung der Grenzwerte der 39. BImSchV stellt keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Planfeststellung eines Straßenbauvorhabens dar, weil Grenzwertüberschreitungen nach dem System der Luftreinhalteplanung unabhängig von den Immissionsquellen zu vermeiden sind (vgl. BVerwG, U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 = juris Rn. 170). Allerdings ist das Gebot der Konfliktbewältigung als Ausformung des Abwägungsgebots verletzt, wenn die Planfeststellungsbehörde das Vorhaben zulässt, obgleich absehbar ist, dass seine Verwirklichung die Möglichkeit ausschließt, die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung in einer mit der Funktion des Vorhabens zu vereinbarenden Weise zu sichern. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die von einer planfestgestellten Straße herrührenden Immissionen bereits für sich genommen die maßgeblichen Grenzwerte überschreiten (vgl. BVerwG, U.v. 10.4.2019 – 9 A 22.18 – BVerwGE 165, 185 = juris Rn. 23). Ansonsten geht der Gesetzgeber im Grundsatz davon aus, dass sich die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung sichern lässt. Für die Annahme, dass dies nicht möglich ist, müssen deshalb besondere Umstände vorliegen (vgl. BVerwG, U.v. 10.4.2019 – 9 A 22.18 – BVerwGE 165, 185 = juris Rn. 23; U.v. 11.10.2017 – 9 A 14.16 – BVerwGE 160, 78 = juris Rn. 120; U.v. 10.10.2012 – 9 A 19.11 – NVwZ 2013, 649 = juris Rn. 38).
195
Die Ergebnisse der von der Vorhabenträgerin durchgeführten Luftschadstoffberechnungen zeigen, dass nach Verwirklichung des Vorhabens im Prognosejahr 2030 die lufthygienischen Grenzwerte der 39. BImSchV im Abschnitt West, in dem das klägerische Anwesen liegt, eingehalten werden (vgl. ÄEPFB C.2.2.1.1.2 S. 72 ff, C.3.3.4.7 S. 152 ff.; Luftschadstoffimmissionsprognose Ausbauabschnitt West, Planunterlage W11.2.1Ä). Die auf eine unzureichende Berücksichtigung der Luftschadstoffbelastung bezogenen Rügen sowie die geltend gemachten Mängel an der Gutachtenmethodik greifen nicht durch.
196
Die 39. BImSchV legt kein bestimmtes Verfahren bei der Anfertigung der Schadstoffprognosen im Rahmen von Planungsverfahren fest. Die Anlagen 3 und 6 der 39. BImSchV regeln lediglich die Lage der Probenahmestellen sowie Referenzmessmethoden (vgl. NdsOVG, U.v. 22.4.2016 – 7 KS 35/12 – juris Rn. 302).
197
a) Zu Unrecht bezweifelt der Kläger eine methodisch saubere Anwendung des im Rahmen der lufthygienischen Untersuchungen verwendeten Prognosemodells.
198
Aus der Luftschadstoffimmissionsprognose geht hervor, dass die Ausbreitungsberechnungen für die Schadstoffe Stickstoffdioxid (NO2) und Feinstaub (PM10 und PM2,5) mit dem Detailmodell MISKAM durchgeführt worden sind. Dabei handelt es sich um ein dreidimensionales nicht-hydrostatisches Strömungs- und Ausbreitungsmodell für die kleinräumige Prognose von Windverteilungen und Immissionskonzentrationen, das die vorhabenbedingten Luftschadstoffbelastungen (lufthygienischen Zusatzbelastungen) berechnet (vgl. Planunterlage W 11.2.1 Ä S. 6 f.).
199
aa) Soweit der Kläger pauschal behauptet, dass das Modell MISKAM nicht ausreichend mit den erhobenen Messwerten und Daten unterfüttert worden sei, ist bereits unklar, auf welche konkreten Messwerte er sich bezieht. Im Übrigen ist der Ersteller der Luftschadstoffimmissionsprognose, Dr.-Ing. H. der a. GmbH, dem entgegengetreten und hat erläutert, dass das am Institut für Physik der Atmosphäre der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz entwickelte Modell ständig erweitert und anhand neuester Messergebnisse validiert wird. Die Ermittlung der Immissionsbeiträge wurde in dem Rastermaß eines Würfels mit einer Kantenlänge von 2 m im Untersuchungsraum durchgeführt (vgl. a. GmbH vom 8.7.2021 S. 1).
200
Ebenso wenig sieht der Prognoseersteller die vom Kläger für unerlässlich gehaltene Überprüfung anhand von weitergehenden explorativen Messungen vor Ort sowie eine darauf aufbauende Kalibrierung des Modells als zielführend für die Aufgabenstellung einer lufthygienischen Prognose an. Er führt nachvollziehbar aus, dass den NO2-Jahresmittelwerten für die lufthygienische Bewertung eine größere Aussagekraft zukommt als den NO2-Kurzzeitwerten. Stichprobenförmige Immissionsmessungen an verschiedenen Immissionsorten könnten nur einen lufthygienischen Nachweis über die Lufthygiene in den untersuchten Kurzzeit-Messräumen liefern. Ergebnisse aus Kurzzeitmessungen in der Gegenwart seien daher nicht geeignet, die Prognoseberechnung zu kalibrieren (vgl. a. GmbH vom 8.7.2021 S. 2). Dem ist der Kläger nicht entgegengetreten.
201
bb) Die Eignung des Modells MISKAM wird nicht infrage gestellt durch den unsubstantiierten Hinweis des Klägers auf den städtischen Masterplan, der als Berechnungsverfahren das Programm PROKAS eingesetzt hat.
202
Es gibt weder normative Vorgaben dazu, nach welchen Methoden die vorgeschriebenen Messungen zur Beurteilung der Schadstoffkonzentrationen und der Luftqualität vorzunehmen sind, noch ist ein bestimmtes Verfahren bei der Anfertigung von Schadstoffprognosen im Rahmen von Planungsverfahren festgelegt (vgl. BVerwG, U.v. 9.6.2010 – 9 A 20.08 – NuR 2010, 870 = juris Rn. 124 zur 22. BImSchV).
203
Zudem setzt sich der Kläger nicht mit den Ausführungen der Planfeststellungsbehörde auseinander, wonach es sich bei dem Modell PROKAS um ein Screening-Modell handelt, das jeweils nur Einzelwerte für eine Strecke von je 100 m liefert und damit die Konzentrationsverteilung ungenauer abbildet (vgl. ÄEPFB C.3.3.4.7.1 S. 156). Das Modell MISKAM liefert demgegenüber für jeden einzelnen Volumeninhalt des Untersuchungsraumes eine strömungsmathematisch korrekt berechnete Immissionskonzentration und bildet die Realität von Straßen und Gebäudekonturen bestmöglich ab (vgl. a. GmbH S. 3). Auch das Bayerische Landesamt für Umwelt hat für das konkrete Untersuchungsgebiet mit komplizierten örtlichen und baulichen Situationen die Anwendung von MISKAM empfohlen (vgl. BayLfU vom 21.3.2014 S. 4 BA I Bl. 4629). Unabhängig davon weist der Änderungs- und Ergänzungsplanfeststellungsbeschluss auf eine ergänzende Berechnung nach dem PROKAS-Verfahren hin. Die danach für den Prognosebezugsfall 2030 ermittelten Schadstoffkonzentrationen sind in etwa deckungsgleich mit den Ergebnissen der vorhabenbezogenen Berechnungen (vgl. ÄEPFB C.3.3.4.7.1 S. 157).
204
b) Der Einwand, die städtische Hintergrundbelastung sei im Rahmen der lufthygienischen Untersuchungen unzureichend ermittelt worden, führt zu keiner anderen Bewertung.
205
Eine mittlere städtische Hintergrundbelastung (Vorbelastung) dient dazu, den Einfluss des lokalen Verkehrs an einem bestimmten Ort innerhalb eines Gebietes oder Ballungsraumes zu bestimmen. Dafür wird die Vorbelastung ohne den zu untersuchenden Verursacher, d.h. ohne den Beitrag des zu betrachtenden Straßenzuges ermittelt (vgl. BayLfU vom 2.7.2014 S. 1 BA I Bl 4631). Zu dieser gebietsspezifischen Vorbelastung werden die prognostischen Immissionsbeiträge der zu betrachtenden Straßen hinzuaddiert. Das Ergebnis bildet die zukünftige Gesamtbelastung ab.
206
Der Ersteller der Luftschadstoffimmissionsprognose hat in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass mehrere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, um die gebietstypische Vorbelastung zu bestimmen. Zum einen enthält Anhang A der „Richtlinien zur Ermittlung der Luftqualität an Straßen ohne oder mit lockerer Randbebauung“ (RLuS 2012) gebietstypische Vorbelastungswerte. Zum anderen kann die Vorbelastung aus den Werten repräsentativer Messstandorte abgeleitet werden (vgl. BVerwG, U.v. 9.6.2010 – 9 A 20.08 – NuR 2010, 870 = juris Rn. 126; BayLfU vom 14.6.2017 BA I Bl. 4635). Werte gelten als repräsentativ, wenn sie den örtlichen Verhältnissen Rechnung tragen und gegebenenfalls bestehende deutliche Unterschiede der für die Vorbelastung im Plangebiet maßgeblichen Faktoren berücksichtigen (vgl. BVerwG, U.v. 9.6.2010 – 9 A 20.08 – NuR 2010, 870 = juris Rn. 129). Dementsprechend sind die Messstationen des Lufthygienischen Landesüberwachungssystems Bayern (LÜB), an denen die Luftqualität in Bayern entsprechend den gesetzlichen Vorgaben für das gesamte bayerische Staatsgebiet erhoben werden, kategorisiert in die drei Belastungssituationen „Ländlicher Hintergrund“, „Städtischer Hintergrund“ und „Städtisch verkehrsnah“ (vgl. BayLfU vom 21.3.2014 S. 2 BA I Bl. 4626 f.).
207
Gemessen daran und unter Berücksichtigung der Vorgaben der Anlage 3 B.1.c) zur 39. BImSchV ist die streitgegenständliche Luftschadstoffimmissionsprognose nicht zu beanstanden. Der Luftschadstoffgutachter hat plausibel erläutert, dass die Werte der RLuS 2012 nicht herangezogen werden konnten, da das planfestgestellte Vorhaben durch Gebiete mit dichter Bebauung führt. Die Vorbelastungswerte für den Untersuchungsraum (städtische Hintergrundbelastung ohne Immissionsbeiträge des Frankenschnellweges) basieren daher auf den LÜB-Messwerten der drei städtischen Hintergrundstandorte Nürnberg (Muggenhof), Erlangen (Kraeplinstraße) und Schwabach (Angerstraße) für die Jahre 2014 bis 2016 (vgl. Planunterlage W 11.2.1 Ä S. 6 i.V.m. BayLfU vom 14.6.2017 BA I Bl. 4635). Dies sind Messstationen i.S.v. § 1 Nr. 22 der 39. BImSchV, da sie sich an Standorten in städtischen Gebieten befinden, an denen die Messwerte repräsentativ für die Exposition der städtischen Bevölkerung sind.
208
aa) Der klägerische Vorhalt, dass wesentliche Messbetrachtungen an Schlüsselstellen auf der N 4 unterblieben wären, trifft nicht zu. Insbesondere war für die Ermittlung der Hintergrundbelastung kein Rückgriff auf die im innerstädtischen Gebiet gelegene Messstation an der Von-der-Tann Straße geboten, da es sich dabei um eine „städtisch verkehrsnahe“ Messstelle handelt (vgl. ÄEPFB C.3.3.4.7.1 S. 155).
209
„Städtisch verkehrsnah“ steht für Messstationen, die sich typischerweise an Straßen mit entsprechend hohem Verkehrsaufkommen befinden. Hier addiert sich zum „Städtischen Hintergrund“ ein Beitrag, der durch die Emissionen des Straßenverkehrs von hochbelasteten Straßen am jeweiligen Standort entsteht. Davon zu unterscheiden ist der hier relevante „Städtische Hintergrund“, der charakteristisch ist für Gebiete, in denen die gemessenen Schadstoffkonzentrationen als typisch für die Luftqualität in der Stadt angesehen werden können. Er beschreibt die Belastung, die sich aus städtischen Emissionen (Industrie, Straßenverkehr, Hausbrand, etc.) ergibt zusammen mit dem ländlichen Hintergrund, d.h. aus Gebieten, in denen die Luftqualität weitgehend unbeeinflusst von lokalen Emissionen ist (vgl. BayLfU vom 21.3.2014 A. 2 BA I Bl. 4627).
210
Bei Heranziehung der vom Kläger bevorzugten Messstation an der Von-der-Tann Straße würde insofern nicht nur die im Plangebiet vorhandene Vorbelastung, sondern zusätzlich die Emissionen des vorbeifließenden Verkehrs gemessen werden (vgl. BayLfU vom 21.3.2014 S. 2 BA I Bl. 4627). Dies würde – ebenso wie die vom Kläger geforderten eigenen Luftqualitätsmessungen an der N 4 und an den Kreuzungen mit der Rothenburger Straße und der Landgrabenstraße – zu einer Ergebnisverzerrung führen, weil Emissionen des vorbeifließenden Verkehrs im Rahmen der Luftschadstoffberechnung doppelt berücksichtigt würden (vgl. ÄEPFB C.3.3.4.7.1 S. 155).
211
bb) Zu keiner anderen Beurteilung führt in diesem Zusammenhang der klägerische Hinweis auf die Darstellung der Hintergrundbelastung im Masterplan für die Gestaltung Nachhaltiger und Emissionsfreier Mobilität, aus der sich die Heranziehung der Messstationen am Bahnhof, in der Von-der-Tann Straße sowie am Jakobsplatz ergebe.
212
Das streitgegenständliche lufthygienische Gutachten unterscheidet sich bereits in Bezug auf Ansatz und Zielsetzung grundlegend vom Masterplan. Während für das planfestgestellte Vorhaben die Schadstoffbelastungen für das Jahr 2030 zu prognostizieren und hinsichtlich der Grenzwertfestlegung der 39. BImSchV zu bewerten waren (vgl. Planunterlage W11.2.1Ä S. 2), zielt der Masterplan aufgrund der Grenzwertüberschreitungen an der Messstation Von-der-Tann Straße auf die rechnerische Betrachtung und Bewertung von Maßnahmen im Hinblick auf ihre NO2-Minderungswirkung (vgl. Masterplan S. 3). Im Rahmen der Schadstoffprognoseberechnung wurde daher – wie dargestellt – die Gesamtbelastung gebildet, indem die städtische Hintergrundbelastung (ohne den planfestgestellten Straßenzug) zu der prognostizierten Zusatzbelastung der zu betrachtenden Straßenstrecke hinzuaddiert wurde. Demgegenüber wurden im Masterplan die wesentlichen Beiträge der Hauptverkehrsstraßen nicht isoliert ermittelt, sondern aus den verfügbaren Messdaten abgeleitet (vgl. Masterplan S. 22). Daher wurde auf städtisch verkehrsnahe Messstationen zurückgegriffen, die neben dem städtischen Hintergrund auch die Emissionen des vorbeifließenden Verkehrs beinhalten.
213
Unabhängig davon weichen entgegen dem klägerischen Vorhalt die in beiden Untersuchungen für die Hintergrundbelastung enthaltenen Stickstoffdioxid-Parameter nicht relevant voneinander ab. Der Masterplan nimmt für das Jahr 2020 einen NO2-Jahresmittelwert von 25 μg/m3 an (vgl. Tabelle 4.2 S. 25). Die Schadstoffberechnungen der Vorhabenträgerin legen demgegenüber für das Jahr 2017 eine Hintergrundbelastung von 24 μg/m3 zugrunde (vgl. Planunterlage W 11.2.1 Ä S. 13).
214
cc) Ebenso wenig zielführend ist der Verweis des Klägers auf die in der 2. Fortschreibung des Luftreinhalteplans für den Ballungsraum Nürnberg – Fürth – Erlangen (Stand September 2017) zitierte Passage zur Messstation in der Von-der-Tann Straße. Die betreffenden Ausführungen im Luftreinhalteplan stehen im Kontext mit der aktuellen Überwachung der Luftschadstoffsituation im gesamten Ballungsraum, die bezweckt, die Schadstoffbelastung dauerhaft zu mindern. Die Ergebnisse der Messstelle an der Von-der-Tann Straße wurden im Rahmen der Luftreinhalteplanung vor allem deswegen vertieft betrachtet, weil an ihr in der Vergangenheit die stärksten Überschreitungen in Bezug auf den zulässigen Jahresmittelwert für Stickstoffdioxid festgestellt wurden (vgl. 2. Fortschreibung des Luftreinhalteplans S. 7, 9). Im Luftreinhalteplan erfolgte daher keine ausschließliche Ermittlung der Vorbelastung ohne die Immissionsbeiträge einer bestimmten Straße. Dies war auch nicht erforderlich, da im Rahmen der Luftreinhalteplanung der Standort einer Messstelle in der Nähe des jeweiligen Immissionspunktes zu wählen ist. Insofern ist – ähnlich wie bei der Erstellung des Masterplans – das methodische Vorgehen im Rahmen der Luftreinhalteplanung nicht vergleichbar mit der Ermittlung der Vorbelastung in einem Plangebiet.
215
Das gleiche gilt für das vom Kläger herangezogene Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 26. Juni 2019 (C-723/17 – NVwZ 2019, 1105), das sich ebenfalls auf die Luftreinhalteplanung bezieht und allein hinsichtlich der Überschreitung lufthygienischer Grenzwerte die Bildung eines Mittelwerts aller Probenahmestellen eines bestimmten Gebiets als unzulässig ansieht. Aufgrund dieser grundsätzlich unterschiedlichen Ausgangssituation können die Ausführungen im Urteil die Methode der vorliegenden Ermittlung der Hintergrundbelastung eines Gebiets für die Durchführung von prognostischen Berechnungen nicht infrage stellen.
216
c) Auch die grundsätzliche Kritik an der Methodik der Luftschadstoffimmissionsprognose führt zu keiner anderen Bewertung.
217
Dem klägerischen Vortrag, wonach eine vertiefte Betrachtung der Auswirkungen des gegenständlichen Vorhabens auf die Feinstaubbelastung der Innenstadtbereiche sowie des Bereichs West fehle, kann nicht gefolgt werden. Die Luftschadstoffimmissionsprognose stellt ausführlich die Entwicklung der Feinstaubbelastung im Abschnitt West, in dem sich das klägerische Anwesen befindet, dar (vgl. Planunterlage W 11.2.1 Ä S. 20, 23-25, Abb. 7, 8, 9 sowie Anlagen 12, 13, 15, 16 S. 48 ff.). Im Hinblick auf die vom Kläger erwähnten Innenstadtbereiche wurde die zu erwartende zukünftige Belastung mit Feinstaub ebenfalls untersucht (vgl. PIanunterlage M 11.2.1 Ä Anlagen 12, 13, 15, 16 S. 28 ff.).
218
Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang die Feinstaubbelastung PM2,5 als nicht transparent bemängelt, da anstelle von Messungen eine Hochrechnung vorgenommen worden sei, ist diese Vorgehensweise nicht zu beanstanden. In der Prognose wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es noch keine geeignete Methode zur Ausbreitungsprognose für den Parameter PM2,5 gibt, weshalb eine Abschätzung der Konzentration des Parameters anhand gemessener Werte aus den Messungen des Luftmessnetzes des BayLfU vorgenommen wurde (vgl. Planunterlage W 11.2.1 Ä S. 20; ÄEPFB C.3.3.4.7.1 S. 158 f.). Der Kläger hat sich damit nicht auseinandergesetzt, sondern hat nur pauschal behauptet, dass eine entsprechend klare Messung der Feinstaubbelastung PM2,5 entsprechend dem technischen Stand modelliert werden müsse. Welche fachlich anerkannte Methodik einer modelltechnischen Ermittlung er damit meint, bleibt jedoch offen.
219
Es ist auch nicht zu beanstanden, dass bei der Abschätzung ein Mittelwert von 68% angesetzt wurde. Dies ist nach den überzeugenden Ausführungen in der Prognose darauf zurückzuführen, dass bei den in den Jahren 2015 und 2016 an drei städtischen Verkehrsstationen durchgeführten Messungen der PM2,5 Anteil an den PM10-Immissionen jeweils zwischen 56% und 76% schwankte. Von Intransparenz kann daher in diesem Zusammenhang nicht gesprochen werden.
220
Die vom Kläger geäußerte pauschale Befürchtung, dass auf seinem Grundstück eine weitaus höhere Feinstaubbelastung auftreten werde, ist in Bezug auf die für den Parameter PM2,5 genannte Maximalbelastung von 17 μg/m3 im Jahr 2030 im Abschnitt West (vgl. Planunterlage 16.1 Ä S. 46) nicht nachvollziehbar.
221
d) Der klägerische Einwand, wonach eine differenzierte Darstellung der motorbedingten Emissionsfaktoren fehle, führt nicht zum Erfolg.
222
Die Emissionen der untersuchten Luftschadstoffe wurden in der Luftschadstoffimmissionsprognose auf Basis des Handbuchs für Emissionsfaktoren des Straßenverkehrs (HBEFA) in der Version 3.3 ermittelt (vgl. Planunterlagen W 11.2.1 Ä S. 7; ÄEPFB C.3.3.4.7.1 S. 157). Das Handbuch enthält eine Datenbank zu den spezifischen Emissionsfaktoren für die gängigsten Fahrzeugtypen und eine Reihe von Schadstoffen. Es wurde vom Umweltbundesamt und den Umweltämtern anderer europäischer Länder entwickelt und wird stets fortgeschrieben. Insofern handelt es sich um den aktuell besten wissenschaftlichen Erkenntnisstand (vgl. BVerwG, U.v. 12.6.2019 – 9 A 2.18 – BVerwGE 166, 1 = juris Rn. 66; U.v. 11.7.2019 – 9 A 13.18 – BVerwGE 166, 132 = juris Rn. 101). Dies wird vom Kläger grundsätzlich nicht in Zweifel gezogen.
223
Die Zusammensetzung der Kfz-Flotte wurde zur Übertragung in das Untersuchungsgebiet aus dem HBEFA entnommen und beschreibt die Fahrleistungsanteile im bundesdeutschen Durchschnitt (vgl. Planunterlage W 11.2.1 Ä S. 18). Die wesentlichen Ergebnisse der Berechnung der Emissionsfaktoren sind betrachtet nach Straßenabschnitten in den Luftschadstoffprognosen dokumentiert (vgl. W 11.2.1 Ä Anlagen 9, 10 S. 42 ff.). Der klägerische Vortrag lässt offen, welche darüberhinausgehende Darstellung der Flottenzusammensetzung veranlasst gewesen wäre.
224
e) Der klägerische Verweis auf den Masterplan der Beigeladenen und die dort dargestellten Überschreitungen des Grenzwertes für NO2 an einzelnen Straßen im Stadtgebiet belegt ebenfalls nicht die Unschlüssigkeit der streitgegenständlichen Luftschadstoffuntersuchung und die dort prognostizierten Ergebnisse. Wie bereits dargestellt fehlt es bereits an der Vergleichbarkeit beider Dokumente. Der Masterplan bezieht sich auf das Jahr 2020 (vgl. S. 73), die Luftschadstoffimmissionsprognose demgegenüber auf das Jahr 2030 unter Berücksichtigung zu erwartender Verbesserungen bei der Emissionstechnik (vgl. Planunterlage W 11.2.1 Ä S. 12). Die Prognose ist auf den künftigen Zustand gerichtet, sodass nicht erkennbar ist, inwieweit sie durch Messergebnisse aus der Vergangenheit infrage gestellt werden kann.
225
4. Einen Abwägungsmangel zeigt der Kläger nicht mit seinem Vorbringen auf, eine von der geplanten Lärmschutzeinrichtung ausgehende lichtbeeinträchtigende Wirkung auf sein Grundstück sei nicht hinreichend berücksichtigt worden.
226
Rechtliche Bestimmungen zur Regelung der Frage, ab welchem Maß die von Anlagen des aktiven Lärmschutzes, d. h. von Lärmschutzwällen bzw. -wänden, verursachte Verschattung eines Grundstücks oder eines Gebäudes die Grenze des Zumutbaren übersteigt, gibt es nicht. Die Zumutbarkeit einer Verschattung durch eine geplante Lärmschutzwand ist im Planfeststellungsrecht vielmehr nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. BVerwG, U.v. 23.2.2005 – 4 A 4.04 – BVerwGE 123, 37 = juris Rn. 58; B.v. 17.1.2013 – 7 B 18.12 – juris Rn. 50; OVG NW, U.v. 24.3.2014 – 11 D 28/11.AK – juris Rn. 41 ff.).
227
Hiervon ausgehend erweist sich die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde nicht als abwägungsfehlerhaft. Nordöstlich des klägerischen Grundstücks befindet sich bereits derzeit entlang der N 4 eine 4 m hohe Schachtringwand. Nach den planfestgestellten Unterlagen wird diese abgebrochen und durch die neue 8 m hohe Lärmschutzvorrichtung ersetzt (vgl. Planunterlage W 11.1.2.3 Blatt Nr. 2 Ä). Die Entfernung der neuen Lärmschutzvorrichtung zum klägerischen Wohngebäude beträgt etwa 17 m. Damit wird sie das Doppelte ihrer Höhe als Abstand zum Gebäude einhalten.
228
Die Beeinträchtigung des Grundeigentums des Klägers durch die 8 m hohe Lärmschutzwand hat der Beklagte als abwägungserheblichen Belang erkannt und bereits im Planfeststellungsbescheid vom 28. Juni 2013 behandelt (vgl. PFB C.2.6.25 S. 109). Er hat darauf verwiesen, dass die neue Lärmschutzwand entgegen dem klägerischen Eindruck nicht näher an das Grundstück heranrückt, sondern sich tatsächlich um 0,9 m bis 1,5 m von seinem Anwesen entfernt. Damit wird sie im Mittel etwa 4,5 m von der nördlichen Grundstücksgrenze errichtet. Eine zusätzliche Verschattung oder einen Einmauerungseffekt schließt der Beklagte zudem aufgrund der gebogenen Ausführung der Lärmschutzwand aus, die dazu führt, dass sich die Wand im oberen Teil vom Grundstück des Klägers wegneigen wird. Diese Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss, mit denen sich der Kläger nicht weiter auseinandergesetzt hat, sind ausreichend für eine fehlerfreie Abwägung. Eine erneute Darstellung im Änderungs- und Ergänzungsplanfeststellungsbeschluss war nicht erforderlich, nachdem der Kläger in seinen Einwendungsschreiben gegen das ergänzende Planfeststellungsverfahren vom 29. April 2019 und 8. Mai 2019 den Belang der Verschattung und erdrückenden Wirkung nicht wiederholt hat, sondern hauptsächlich seine Bedenken wegen einer Gesundheitsgefährdung durch Luftschadstoffe zum Ausdruck gebracht hat und sich den Einwendungen des VCD sowie des BUND angeschlossen hat (vgl. BA I Bl. 3793 ff., 3821 ff.). Darüber hinaus widerspricht sich der Kläger, wenn er die Lärmschutzeinrichtung einerseits als zu hoch ansieht und andererseits in Bezug auf den aktiven Lärmschutz eine Erhöhung der Lärmschutzvorrichtung fordert (vgl. oben Rn. 180 ff.).
229
5. Die Alternativenprüfung weist ebenfalls keine Rechtsfehler auf.
230
Bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials muss die Planfeststellungsbehörde alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativlösungen berücksichtigen und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange einstellen. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit sind erst dann überschritten, wenn sich eine andere als die gewählte Lösung unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere, hätte aufdrängen müssen oder wenn der Planfeststellungsbehörde in Folge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist (vgl. BVerwG, U.v. 2.7.2020 – 9 A 19.19 – BVerwGE 169, 94 = juris Rn. 75 m.w.N.). Als zumutbare Alternative sind nur solche Planungen anzusehen, die nicht die Identität des Vorhabens berühren, d.h. nicht auf ein anderes Projekt hinauslaufen, weil mit ihnen die in zulässiger Weise verfolgten Planungsziele nicht mehr verwirklicht werden können (vgl. BVerwG, U.v. 17.1.2007 – 9 A 20.05 – BVerwGE 128, 1 = juris Rn. 143; B.v. 22.6.2015 – 4 B 61.14 – juris Rn. 17).
231
Dies zugrunde gelegt ist die Alternativenprüfung nicht abwägungsfehlerhaft. Die untersuchten Planungsvarianten sind im Planfeststellungsbeschluss vom 28. Juni 2013 (vgl. PFB C.2.3.2 S. 31 f.) sowie im Änderungs- und Ergänzungsplanfeststellungsbeschluss vom 10. Juli 2020 (vgl. ÄEPFB C.3.3.2 S. 119 ff.) dargestellt.
232
a) Die Planfeststellungsbehörde hat die Null-Variante, die der Kläger zusammen mit dem Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und einer reinen Lärmsanierung favorisiert, abwägungsfehlerfrei ausgeschieden. Insbesondere unter Berücksichtigung der schon aktuell festzustellenden Verkehrsmengen auf den gegenständlichen Abschnitten der N 4 war für die Behörde nicht erkennbar, wie auf diese Weise das wesentliche Planungsziel – Beseitigung der Stauanfälligkeit der N 4 zur Erhöhung der Verkehrssicherheit und Reduzierung der staubedingten Zusatzbelastungen in Form von Lärm- und Abgasemissionen – erreicht werden kann (vgl. ÄEFPB C.3.3.2 S. 92, 120). Damit setzt sich die Klagebegründung nicht auseinander.
233
b) Soweit der Kläger zur Reduzierung der Verkehrsbelastung auf die im Masterplan der Beigeladenen beschriebenen verkehrsabwehrende Maßnahmen verweist, stellen diese keine Alternative dar, mit denen die Planungsziele erreicht werden könnten. Wie aus dem Masterplan hervorgeht, haben in Potsdam zwar Maßnahmen wie das Entfernen einer Richtungsfahrbahn, reduzierte Höchstgeschwindigkeiten und die Einführung einer Fahrradspur zu einer Verringerung des täglichen Verkehrsaufkommens geführt, allerdings mit dem Effekt, dass ein großer Teil des Kfz-Verkehrs auf parallele, weniger attraktive Straßen verlagert wurde (vgl. Masterplan S. 45). Die angegriffene Planung verfolgt jedoch gerade die gegenteilige Zielsetzung, da durch Verflüssigung des Verkehrs der aktuell verdrängte Ausweichverkehr von den angrenzenden Wohngebieten wieder auf die N 4 zurückverlagert werden soll (vgl. ÄEPFB C.3.2.2 S. 92). Ebenso stellt die vom Kläger vorgeschlagene Einführung einer Anti-Stau-Gebühr ein aliud dar, das nicht drauf gerichtet ist, identische Planungsziele auf andere Weise zu erreichen (vgl. BVerwG, U.v. 9.2.2017 – 7 A 2.15 – BVerwGE 158, 1 = juris Rn. 412 m.w.N.).
234
6. Soweit mit der Klage ein Abwägungsfehler wegen nicht hinreichender Berücksichtigung globaler Klimabelange geltend gemacht wird, beruft sich der Kläger auf Belange der Allgemeinheit, nicht aber auf eigene Belange. Hierfür fehlt ihm die Rügebefugnis (vgl. BVerwG, U.v. 25.5.2023 – 7 A 7.22 – BVerwGE 179, 30 Rn. 47).
235
Unabhängig davon mussten diese Belange weder beim Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 28. Juni 2013 noch im Rahmen des Änderungs- und Ergänzungsplanfeststellungsbeschlusses vom 10. Juli 2020 berücksichtigt werden.
236
Eine solche Berücksichtigungspflicht ergibt sich nicht aus § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG. Diese Vorschrift begründet zwar eine Verpflichtung der Planfeststellungsbehörde, den globalen Klimaschutz und die Klimaschutzziele des Bundes-Klimaschutzgesetzes als öffentlichen Belang in die Gesamtabwägung nach § 17 Abs. 1 Satz 4 FStrG einzustellen (vgl. BVerwG, U.v. 4.5.2022 – 9 A 7.21 – BVerwGE 175, 312 = juris Rn. 59; U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 = juris Rn. 163). Allerdings handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Vorhaben nicht um eine Bundesfernstraße, sondern um eine Kreisstraße im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 BayStrWG (vgl. oben Rn. 33), deren Planfeststellung sich nach den landesrechtlichen Vorschriften der Art. 36 ff. BayStrWG, Art. 72 ff. BayVwVfG richtet. Das bundesrechtliche Berücksichtigungsgebot des § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG gilt daher nicht. Eine entsprechende landesrechtliche Regelung für Planungen und Entscheidungen der Träger öffentlicher Belange ist im Bayerischen Klimaschutzgesetz (BayKlimaG) bislang nicht enthalten (vgl. BayVGH, B.v. 19.9.2022 – 8 CS 22.1552 – juris Rn. 73; B.v. 29.12.2023 – 8 ZB 23.687 – juris Rn. 38).
237
Schließlich bleiben die hilfsweise gestellten Verpflichtungsanträge ohne Erfolg.
238
1. Nach dem vorstehend Dargelegten kann der Kläger mit seinen auf eine Verpflichtung des Beklagten gerichteten Hilfsanträgen, den streitgegenständlichen Planfeststellungsbeschluss unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts um Schutzauflagen (Art. 74 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG) im Hinblick auf die Einhaltung der Grenzwerte von Feinstaub PM10 und Stickstoffdioxid NO₂ zu ergänzen, nicht durchdringen. Nach den Ergebnissen der Luftschadstoffprognose werden die lufthygienischen Grenzwerte der 39. BImSchV im Abschnitt West eingehalten.
239
2. Dem Kläger steht hilfsweise auch kein Anspruch zu auf eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um weitergehende Maßnahmen des aktiven und passiven Schallschutzes. Bereits aus den Ausführungen zum Hauptantrag ergibt sich, dass das Lärmschutzkonzept der angefochtenen Planungsentscheidung mit den Vorgaben der §§ 41, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG i. V. m. § 2 der 16. BImSchV in Einklang steht. Der Kläger erhält bereits ausreichenden aktiven und passiven Schallschutz.
240
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dem unterlegenen Antragsteller die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, weil diese einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO).
241
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 ff. ZPO.
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E. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.