Titel:
Professuren zur Stärkung der Forschung, L2.-Universität M., Wintersemester 2023/2024, Humanmedizin (Vorklinik) 1. Fachsemester, Deputatsverringerung und Kompensation, Hightech Agenda Bayern
Normenketten:
BayHZG Art. 4 Abs. 1
§ 43 Abs. 1 S. 1 HZV.
Schlagworte:
Professuren zur Stärkung der Forschung, L2.-Universität M., Wintersemester 2023/2024, Humanmedizin (Vorklinik) 1. Fachsemester, Deputatsverringerung und Kompensation, Hightech Agenda Bayern
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 25.04.2024 – M 3 E L 23.10083
Fundstelle:
BeckRS 2024, 18897
Tenor
I. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerinnen und der Antragsteller tragen jeweils die Kosten ihres Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für die Beschwerdeverfahren wird auf jeweils 2.500 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Die Antragstellerinnen und der Antragsteller begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin (Vorklinik) im ersten Fachsemester an der L.-Universität M. (L2.) nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen des Wintersemesters 2023/2024. Sie machen geltend, die L2. habe im ersten Abschnitt des Studiums der Humanmedizin (Vorklinik) die vorhandene Ausbildungskapazität nicht ausgeschöpft.
2
Das Verwaltungsgericht München hat die Anträge mit Beschlüssen vom 25. April 2024 abgelehnt. Es werde als nicht überwiegend wahrscheinlich angesehen, dass an der L2. im Studiengang Humanmedizin, erster Studienabschnitt, im Wintersemester 2023/2024 im ersten Fachsemester über die Zahl der als kapazitätsdeckend anzuerkennenden, tatsächlich vergebenen 878 Studienplätze hinaus noch mindestens ein weiterer Studienplatz zur Verfügung stehe, der von einer der Antragstellerinnen bzw. vom Antragsteller in Anspruch genommen werden könnte.
3
Gegen diese Beschlüsse wenden sich die Antragstellerinnen und der Antragsteller mit den vorliegenden Beschwerden. Die Bevollmächtigte trägt zur Begründung der Beschwerden im Wesentlichen vor, das Verwaltungsgericht habe bei der Berechnung der Lehrnachfrage zu Unrecht Deputatsverminderungen von 5 LVS für die Stellennummer 802684 (gemeint wohl: 8026 84 75) und von 4 LVS für die Stellennummer 8803 54 30 gebilligt. Die Begründung des Verwaltungsgerichts, die zusätzliche Verminderung von 9 LVS im Studienjahr 2023/2024 resultiere aus der Schaffung einer wohl im Aufbau befindlichen neuen W3-Professur (Stellennummer 8026 84 75) im Rahmen der Hightech Agenda Bayern, die noch bis Ende 2025 um 5 LVS gemindert sei und deren verbleibende 4 LVS die Minderung bei der Stellennummer 8803 54 30 kompensierten, trage nicht. Das Lehrdeputat eines Professors betrage 9 LVS, eine gesetzliche Regelung, wonach eine Verringerung des Lehrdeputats für eine „im Aufbau befindliche“ Professur ermöglicht werde, sei nicht vorhanden. Die Stelle sei bereits eingerichtet und deshalb in vollem Umfang als kapazitätswirksam zu berücksichtigen.
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Der Antragsgegner widersetzt sich den Beschwerden mit Schriftsatz vom 13. Juni 2024 und legt ein Schreiben des Bayerischen Staatsministers für Wissenschaft und Kunst vom 15. Januar 2020 an den Präsidenten der L2. vor.
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Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
6
Die Beschwerden sind zulässig, aber unbegründet. Die von den Antragstellerinnen und dem Antragsteller innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründe, die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den gerichtlichen Prüfungsumfang bestimmen, begründen den geltend gemachten Anordnungsanspruch nicht.
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Das Verwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die L2. im Wintersemester 2023/2024 ihre Ausbildungskapazität im ersten Studienabschnitt (Vorklinik) des Studiengangs Humanmedizin ausgeschöpft hat. Der Verwaltungsgerichtshof folgt den Gründen der angefochtenen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts und nimmt hierauf Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ergänzend ist im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen zu bemerken:
8
Mit dem Vortrag, das Lehrdeputat für Professoren sei in § 3 der Ausführungsverordnung zum Hochschulinnovationsgesetz mit 9 LVS festgelegt und eine Verringerung für „im Aufbau befindliche“ Professuren sei nicht vorgesehen, können die Antragstellerinnen und der Antragsteller nicht durchdringen. Der Beklagte hat hierzu unter Bezugnahme auf entsprechende Ausführungen im Schreiben des Bayerischen Staatsministers für Wissenschaft und Kunst vom 15. Januar 2020 an den Präsidenten der L2. ausführlich dargelegt, dass es sich bei der zum Studienjahr 2023/2024 im Bereich der Physiologie innerhalb der Lehreinheit „Vorklinische Medizin“ neu eingebrachten Professorenstelle mit der Nummer 8026 84 75 um eine Stelle handele, die der L2. aufgrund der sog. Hightech Agenda Bayern („HTA-Bayern“) zugewiesen worden sei. Im Rahmen dieses Programms würden für die bayerischen Universitäten Professorenstellen zur Stärkung der Forschung veranschlagt, deren Lehrkapazität die Gesamtkapazität der Universität nicht erhöhen, sondern zur individuellen Reduzierung von Lehrdeputaten, insbesondere für besonders forschungsintensive Professuren, zur Verfügung stehen sollen. Dementsprechend habe der bayerische Haushaltsgesetzgeber im Haushaltsplan 2023 unter dem Einzelplan 15 für den Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst bei Titel 422 02 zu den Professoren die „Professoren zur Stärkung der Forschung an den Universitäten“ unter Buchst. i) regelmäßig mit dem Zusatz „kapazitätsneutral“ versehen.
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Nach Art. 4 Abs. 1 BayHZG wird die jährliche Aufnahmekapazität unter anderem auf der Grundlage des Lehrangebots ermittelt. Dem Lehrangebot liegen die Stellen für das mit Lehraufgaben betraute hauptberufliche wissenschaftliche und künstlerische Personal, die Lehraufträge und die dienstrechtlichen Lehrverpflichtungen zugrunde (vgl. auch § 43 Abs. 1 Satz 1 HZV). Die neu ausgewiesene Professur mit der Stellennummer 8026 84 75 ist, wie sich aus der Stellungnahme des Beklagten ergibt, an der zu zweifeln der Senat keine Veranlassung hat, nicht zu Lehrzwecken eingerichtet, sondern dient der Forschung. Sie ist damit nicht in die Berechnung des Lehrangebots mit einzubeziehen. Nicht zu beanstanden ist infolgedessen, wenn das nach dem Willen des Haushaltsgesetzgebers kapazitätsneutrale (Lehr-)Deputat der Professorenstelle im Umfang von nur 4 LVS statt 9 LVS angesetzt wird, um auf diese Weise eine Deputatsreduzierung bei der Professur mit der Stellennummer 8803 54 30 zu ermöglichen bzw. zu kompensieren.
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Da es – von evidenten Verfassungsverletzungen abgesehen – keinen einklagbaren Individualanspruch auf Schaffung zusätzlicher Studienplätze gibt, obliegt es der Entscheidungsfreiheit und dem Gestaltungsspielraum des (Haushalts-)Gesetzgebers, ob und in welcher Höhe er den Universitäten personelle und sachliche Haushaltsmittel für neue Studienkapazitäten zur Verfügung stellt (vgl. BayVGH, B.v. 7.5.2020 – 7 CE 19.10137 – juris Rn. 25). Wenn sich der Haushaltsgesetzgeber aufgrund politischer Schwerpunktsetzungen dazu entschließt, neue Professuren zur Stärkung der Forschungstätigkeit auszuweisen, die nicht für Aufgaben der Lehre zur Verfügung stehen, ist dies hinzunehmen.
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Soweit die Antragstellerinnen und der Antragsteller im Schriftsatz vom 24. Juni 2024 beantragen, für weitere Stellennummern die Lehrdeputatsreduktionen und ihre Begründungen vorzulegen, um deren Rechtmäßigkeit überprüfen zu können, handelt es sich um die Vorbereitung für den Vortrag neuer Beschwerdegründe. Diese könnten jedoch nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist ohnehin nicht mehr gehört werden (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 146 Rn. 19), sodass den Anträgen nicht nachzukommen war.
12
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr.1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m mit Nr. 18.1 und 1.5 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.