Titel:
Anforderungen an die Begründung einer Beschwerde im vorläufigen Rechtsschutz
Normenketten:
VwGO § 123, § 146 Abs. 4 S. 3, S. 4
GG Art. 33 Abs. 2
Leitsätze:
1. Ist die mit einer Beschwerde angegriffene Entscheidung auf mehrere selbstständig tragende Gründe gestützt, muss der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdebegründung auf jeden die Entscheidung tragenden Grund eingehen. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens kann dem Darlegungserfordernis nicht genügen. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
3. Für die Rechtmäßigkeit eines Anforderungsprofils kommt es auf den Zeitpunkt der geplanten Dienstpostenbesetzungan. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Bundesbeamtenrecht, Konkurrentenstreit (Beförderungsdienstposten), Konstitutives Anforderungsprofil, Beschwerde, Beschwerdebegründung, Darlegungserfordernis, Mehrfachbegründung, Beamte, Konkurrentenstreit, Anforderungsprofil, vorläufiger Rechtsschutz, Anordnungsanspruch, Begründung
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 16.04.2024 – M 21b E 23.5995
Fundstelle:
BeckRS 2024, 18887
Tenor
I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 16. April 2024 – M 21b E 23.5995 – wird verworfen.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 24.234,66 € festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller, der als Wissenschaftlicher Direktor (Besoldungsgruppe A 15 BBesO) im Dienst der Antragsgegnerin steht, wendet sich mit dem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Besetzung des mit der Besoldungsgruppe A 16 BBesO bewerteten Beförderungsdienstpostens der Dienststellenleitung Bundeswehr-Dienstleistungszentrum M. mit der Beigeladenen.
2
Die Antragsgegnerin nahm den Antragsteller von der Bewerberauswahl nach dem Auswahlvermerk vom 17. November 2023 mit der Begründung aus, er erfülle – anders als die Beigeladene – aus mehreren Gründen das konstitutive Anforderungsprofil nicht. Seinen Antrag, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die Stelle mit der Beigeladenen zu besetzen, solange nicht über seine Bewerbung bestandskräftig entschieden ist, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 16. April 2024 abgelehnt. Der Antrag sei unbegründet, weil der Antragsteller keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht habe. Sein Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG sei nicht verletzt. Der Antragsteller erfülle das rechtmäßige konstitutive Anforderungsprofil für den in Streit stehenden Beförderungsdienstposten in mehreren Punkten nicht, weshalb er nicht mehr in den Leistungsvergleich mit den anderen Bewerbern habe einbezogen werden müssen.
3
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, der die Antragsgegnerin entgegentritt. Die Beigeladene hat sich nicht geäußert.
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Die Beschwerde des Antragstellers ist als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht in der nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO gebotenen Weise begründet worden ist (§ 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO).
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Nach dieser Vorschrift muss die – innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des angegriffenen Beschlusses vorzulegende – Begründung insbesondere die Gründe darlegen, aus denen die erstinstanzliche Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Ist die Entscheidung auf mehrere selbstständig tragende Gründe gestützt, muss der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdebegründung auf jeden die Entscheidung tragenden Grund eingehen (BayVGH, B.v. 12.4.2016 – 6 CS 16.503 – juris Rn. 2; B.v. 22.8.2023 – 6 ZB 22.2513 – juris Rn. 8 zu § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO m.w.N.). Daran fehlt es.
6
Das Verwaltungsgericht hat seinen Beschluss darauf gestützt, dass der Antragsteller das konstitutive Anforderungsprofil für den angestrebten Beförderungsdienstposten, das die Antragsgegnerin im Rahmen ihres Organisationsermessens ohne Rechtsfehler aufgestellt habe, aus drei jeweils selbstständig tragenden Gründen nicht erfüllt und deshalb bereits auf der ersten Stufe aus dem Auswahlverfahren ausscheidet: Der Antragsteller erfülle – erstens – nicht die Voraussetzung nach Nr. 341 ZDv A-1340/16 von zwei unterschiedlichen Verwendungen von jeweils in der Regel zweijähriger Dauer in der Weiterentwicklungsphase (Rn. 32 bis 44 des Beschlusses), „unabhängig“ davon – zweitens – könne er auch nicht die gemäß Nr. 342 341 ZDv A-1340/16 erforderliche zweijährige ministerielle Verwendung vorweisen (Rn. 45 bis 50 des Beschlusses) und schließlich die Entscheidung ebenfalls selbstständig tragend fehle es – drittens – am Anforderungsmerkmal der Führungserfahrung (Rn. 51 bis 54 des Beschlusses).
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Die Beschwerde thematisiert zwar mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung alle drei Begründungsstränge, ohne aber jedenfalls für den zweiten (ministerielle Verwendung) in der gebotenen Weise Beschwerdegründe vorzutragen. Sie hält insoweit lediglich unter Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens entgegen, dass dieses bisher als konstitutiv betrachtete Kriterium im neuen Personalentwicklungskonzept, welches derzeit beim Hauptpersonalrat zur Mitzeichnung liege und voraussichtlich im Mai (2024) verabschiedet werde, keine Rolle mehr spiele. Das kann dem Darlegungserfordernis nicht genügen. Denn mit diesem Einwand hat sich bereits das Verwaltungsgericht auseinandergesetzt und hervorgehoben, dass es maßgeblich auf den Zeitpunkt der geplanten Dienstpostenbesetzung ankomme, hier auf den 1. Dezember 2023. Damit setzt sich die Beschwerde nicht auseinander und ist schon deshalb nicht ausreichend begründet.
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Davon abgesehen bringt die Beschwerde auch zum ersten Begründungsstrang (zwei Verwendungen in der Weiterentwicklungsphase) nichts Substantielles vor. Das Verwaltungsgericht hat insoweit mit seinem – schon für sich ausreichenden – Hauptargument (Rn. 42 des Beschlusses) ausgeführt, der Antragsteller erfülle das konstitutive Anforderungsprofil einer Bewährungsdauer von insgesamt vier Jahren auf einem mit A 15 BBesO bewerteten Dienstposten in zwei verschiedenen Fachverwendungen schon deshalb nicht, weil er erst mit Wirkung vom 10. Juli 2020 auf einen mit A 15 BBesO bewerteten Dienstposten befördert worden sei und zum maßgeblichen Stichtag 1. Dezember 2023 noch nicht vier Jahre in der Weiterentwicklungsphase abgeleistet habe. Die Beschwerde verhält sich hierzu nicht, sondern wendet sich nur gegen das weitere Argument des Verwaltungsgerichts (Rn. 43 des Beschlusses), bei den von Antragsteller zeitglich ausgeübten Funktionen handele es sich „auch“ nicht um zwei Verwendungen im Sinn des Anforderungsprofils.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, etwaige außergerichtliche Kosten der Beigeladenen nach § 162 Abs. 3 VwGO für erstattungsfähig zu erklären, weil sie keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG sowie § 52 Abs. 1 i.V.m. Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 bis 4 GKG. Anzusetzen ist danach im Ergebnis ein Viertel der für ein Kalenderjahr in dem angestrebten Amt zu zahlenden Bezüge der Endstufe (BayVGH, B.v. 24.10.2017 – 6 C 17.1429 – BayVBl 2018, 390).
11
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).