Inhalt

VGH München, Beschluss v. 11.07.2024 – 22 AS 24.40012
Titel:

Klage gegen Planfeststellungsbeschluss für Errichtung einer 110-kV-Erdkabelleitung

Normenketten:
GG Art. 14
EnWG § 43e Abs. 1
VwGO § 80 Abs. 5, § 80a Abs. 3
Leitsätze:
1. Zur Beurteilung der Erfolgsaussichten einer Klage gegen einen Planfeststellungsbeschluss nach dem EnWG ist das Gericht auf die Prüfung der binnen der Begründungsfrist des § 43e Abs. 1 S. 2 EnWG vorgetragenen Gründe beschränkt; nach Fristablauf ist nur noch vertiefender Vortrag möglich bzw. berücksichtigungsfähig. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Abwägungsgebot verlangt, dass – erstens – eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass – zweitens – in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und dass – drittens – weder die Bedeutung der öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. (Rn. 46) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei der Auswahl zwischen verschiedenen Trassenvarianten ist die Grenze der planerischen Gestaltungsfreiheit erst überschritten, wenn eine andere als die gewählte Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen, oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist. (Rn. 46) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung, Planfeststellungsbeschluss zur Errichtung einer 110-kV-Erdkabelleitung, Trassierungsgrundsätze, Planfeststellungsbeschluss, Erdkabelleitung, Anfechtung, Begründungsfrist, Abwägungsgebot, planerische Gestaltungsfreiheit, Trassenvarianten
Fundstelle:
BeckRS 2024, 18873

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 15.000 € festgesetzt.

Gründe

I.
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Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen einen Planfeststellungsbeschluss des Antragsgegners, welcher die Errichtung einer 110-kV-Erdkabelleitung u.a. in einem Ackergrundstück des Antragstellers zum Gegenstand hat.
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Mit Planfeststellungsbeschluss (PFB) vom 1. Februar 2024 stellte die Regierung von Oberbayern den Plan der Beigeladenen zur Errichtung einer insgesamt ca. 18,5 km langen 110-kV-Kabelleitung zwischen zwei bestehenden Umspannwerken fest. Laut Vorhabenbeschreibung soll dazu eine Erdkabeltrasse mit zwei Kabelsystemen erstellt werden. Die Erdkabel sollen zum Schutz vor Beschädigungen oder Frost in sicherer Tiefe und in Leerrohre mit einem Innendurchmesser von min. 166 mm sowie einer Länge jeweils von 10 bis 14 m soweit möglich in offener oder halboffener, im Übrigen in geschlossener Bauweise verlegt werden. Das Vorhaben diene der Netzstabilität sowie Abführung bzw. Integration der in der Region erzeugten erneuerbaren Energien. Planfestgestellt wurde dabei die sog. Trassenvariante I, die nach Gegenüberstellung mit den weiteren Trassenvarianten II und IIa im Verlauf der Planung bzw. des Planfeststellungsverfahrens als sog. Vorzugsvariante mit den Fachbehörden abgestimmt wurde. Nur diese planfestgestellte Trassenvariante I betrifft auch das im Eigentum des Antragstellers stehende, als Ackerfläche genutzte Grundstück FlNr. 360, Gemarkung H., indem sie es in Nord-Süd-Richtung in etwa mittig und auf einer Länge von aufgerundet 260 m quert. Das Leitungsrecht soll dabei durch eine Grunddienstbarkeit gesichert werden. Die anderen beiden Trassenvarianten wären ca. 1,5 km weiter östlich und damit außerhalb des Grundstücks verlaufen.
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Der Antragsteller erhob am 22. März 2024 Klage (Az. 22 A 24.40011) gegen den ihm am 27. Februar 2024 zugestellten Planfeststellungsbeschluss. Zuvor hatte er u.a. bereits am 16. Juni 2023 im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung Einwendungen gegen das Vorhaben erhoben.
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1. Mit am gleichen Tag beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenem Schriftsatz vom 27. März 2024 beantragte der Antragsteller,
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die aufschiebende Wirkung der mit Schriftsatz vom 22. März 2024 erhobenen Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss des Antragsgegners vom 1. Februar 2024 zur Errichtung einer 110-kV-Kabelleitung vom Umspannwerk K. zum Umspannwerk Ob. anzuordnen.
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Der Antragsteller begründete seinen Antrag mit Schriftsätzen vom 27. März 2024 und vom 31. Mai 2024. Er ist der Auffassung, dass sein Aussetzungsinteresse überwiege.
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1.1 Mit Schriftsatz vom 27. März 2024 führt er an, dass es an einer Vorprüfung nach § 7 UVPG i.V.m. Ziffer 19.1.2 der Anlage 1 zum UVPG fehle.
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Die Abwägung der privaten Belange untereinander bzw. der privaten Belange des Antragstellers und der öffentlichen Belange im Planfeststellungsbeschluss sei ermessensfehlerhaft. Das im Grundstück des Antragstellers vorhandene und über Jahrzehnte instandgesetzte Drainagesystem würde mit der mittig im Grundstück vorgesehenen Leitungsverlegung zerschnitten und zerstört, obwohl eine Umgehung des Drainagesystems insbesondere durch eine sich aufdrängende alternative Trassenführung möglich sei. Die Leitungsquerung solle im südlichen Grundstücksteil genau dort erfolgen, wo sich der Sammelschacht befinde und die Drainageleitungen zusammenliefen. Zwar sei das Grundstück danach noch landwirtschaftlich, allerdings nicht mehr ungehindert, etwa mit Energiewald, nutzbar. Der für die Kabelverlegung erforderliche Graben zerstöre zudem die über Jahrzehnte oder Jahrhunderte natürlich gewachsene Bodenstruktur, die auch bei sorgsamem Umgang mit dem Boden nicht in ihren ursprünglichen Zustand zurückversetzt werden könne. Dem landschaftspflegerischen Begleitplan zufolge handle es sich um besonders schutzwürdigen Boden vom Typ Hang- und Quellgleye.
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Eine alternative, bereits im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung vorgeschlagene Trassenführung entlang der östlichen Grundstücksgrenze würde dagegen das Grundstück des Antragstellers wie auch sämtliche anderen landwirtschaftlich genutzten Grundstücke nur in den Randbereichen, an der jeweiligen Grundstücksgrenze, betreffen (Anm.: Soweit der Antragsteller mit einer rein lokal bzw. kleinräumig auf sein Grundstück bezogenen alternativen Trassenführung argumentiert, wird diese – in Abgrenzung zu den o.g. Trassenvarianten I, II und IIa – im Folgenden als Alternativtrasse zur Variante I bezeichnet.). Auch wenn die Leitungstrasse dadurch ca. 273 m länger würde, müsste im Gegenzug nicht der „kritische Bereich“ des Sammelschachts aufwendig in ca. 4 m Tiefe mittels sog. HD-Bohrung unterirdisch gekreuzt werden. Unklar sei, welcher vom Antragsgegner angeführte Baumbestand durch diese Alternativtrasse gefällt werden müsse und inwieweit dies das Landschaftsbild beeinträchtige, da laut BayernAtlas im entsprechenden Bereich kein Baumbestand vorhanden sei. Die der Alternativtrasse weiter entgegengehaltene Querung einer „Altlastenverdachtsfläche“ bestehe für die festgestellte Kabeltrasse ebenso, weil auch der südliche Bereich des Grundstücks des Antragstellers aufgefüllt worden sei. Die Alternativtrasse tangiere auch nicht den Nahbereich des Landschaftsschutzgebietes und des Überschwemmungsgebietes der Glonnniederungen. Und schließlich spreche auch die Ortsrandlage des Grundstücks gegen dessen mittige Durchschneidung, weil damit eine Ausweisung als Bauland im westlichen Grundstücksteil wegen der dann einzuhaltenden Sicherheitsabstände dauerhaft vereitelt werden würde.
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Selbst wenn man zu dem Ergebnis käme, dass die Verlegung entlang der Grundstücksgrenzen zu einer Betroffenheit anderer privater und öffentlicher Belange führe, die in einer Gesamtschau die betroffenen Belange des Antragstellers überwögen, habe sich eine Umgehung der zentral im Grundstück gelegenen Drainagen als geringerer Eingriff aufdrängen müssen.
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Das betroffene Grundstück mache ca. 95% der gesamten Betriebsfläche des landwirtschaftlichen Betriebs aus, welchen der Antragsteller künftig als Hofnachfolger im Nebenerwerb führen werde. Nach aufwendiger Drainierung über Jahrzehnte komme es seit wenigen Jahren nicht mehr zu Staunässe, welche eine Bewirtschaftung v.a. im südlichen Bereich unmöglich gemacht bzw. erschwert habe. Für einen leistungsfähigen Betrieb im Nebenerwerb sei ein funktionierendes, unbeeinträchtigtes Drainagesystem Voraussetzung. Die Zusage des Vorhabenträgers, infolge der Kabelverlegung beschädigte Drainagen zu reparieren, ändere daran nichts. Komme es aufgrund einer unsachgemäßen Instandsetzung wieder zu einer Vernässung, würden die zeitintensiven Reparaturmaßnahmen die Leistungsfähigkeit des Nebenerwerbbetriebs bedrohen und seine Fortexistenz in Frage stellen. Eine ca. 275 m längere Leitungstrasse und deren Kosten seien der Öffentlichkeit zumutbar, um eine Gefährdung dieses für die Kulturlandschaft in Bayern typischen Kleinbetriebs zu verhindern.
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1.2 Mit Schriftsatz vom 31. Mai 2024 führt der Antragsteller weiter aus, dass er die Gesamtabwägung im Speziellen hinsichtlich der Auswahl der Trassenvarianten I, II und IIa als fehlerhaft erachte.
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Variante I weise aus umweltfachlicher Sicht zwar ein geringeres Konfliktpotential auf als Variante IIa. Laut umweltfachlicher Variantenuntersuchung (Anlage 08.01.01 der planfestgestellten Antragsunterlagen, S. 769 ff. der Behördenakte) sei die Gesamtlänge aller Konfliktrisiken (d.h. die Summe aus niedrigen, mittleren und hohen Konfliktrisiken) bei Variante IIa nur um 0,06 km länger als bei Variante I (10,15 km vs. 10,09 km). Die Trassenbereiche mit hohem Risiko seien aber bei Variante I um 0,5 km und somit in Relation 59,52% länger als bei Variante IIa (1,34 km vs. 0,84 km). Diese hohen Risiken hätten bei der Gesamtabwägung zulasten der Variante I schwerer gewichtet werden müssen als deren etwas besseres Abschneiden im Bereich der niedrigen und mittleren Risiken. Dennoch empfehle das beauftragte Planungsbüro die Variante I als Vorzugsvariante. Insbesondere die Relativierung der hohen Konfliktrisiken im Rahmen der weiteren Ausführungen, etwa dass lediglich Waldränder tangiert seien und keine geschlossenen Waldgebiete zerschnitten würden, sei anhand des zugrunde gelegten Karten- und Datenmaterials nicht nachvollziehbar. Im Gegensatz dazu seien die Ausführungen zu Variante IIa deutlich kritischer, wenn etwa Altlastverdachtsflächen hervorgehoben würden oder das Queren von Waldrandflächen nun als zusätzliches hohes Konfliktrisiko bezeichnet werde, obwohl auch Variante I eine Vielzahl von Gehölzen deutlich quere. Eine „Feintrassierung“ bzw. scheinbar schon bekannte Detailplanung zur Vermeidung von Konfliktpotential werde nur für Variante I herangezogen.
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Jedenfalls hätten auch die Kosten der einzelnen Varianten gegenübergestellt werden müssen. Variante I liege im Bereich der umweltfachlichen Konfliktrisiken sehr eng bei Variante IIa, verursache aber Mehrkosten in Höhe von 1.630.800 Euro (Kabelkosten 1.147 €/m und Tiefbaukosten 665 €/m für 0,9 km zusätzliche Trassenlänge).
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2. Der Antragsgegner beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Die Planfeststellungsbehörde habe eine ordnungsgemäße Abwägung der berührten öffentlichen und privaten Belange, insbesondere auch der des Antragstellers, vorgenommen.
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2.1 Der vom Antragsteller angeführte Eingriff in sein Drainagesystem sei kein Alleinstellungsmerkmal. Bei Kabelbauprojekten seien fortlaufend Drainagen anzutreffen. Entsprechend hätten sich verschiedene Baumethoden herausgebildet, um den jeweiligen örtlichen Besonderheiten Rechnung zu tragen. Das vom Antragsteller beschriebene Szenario einer unumgänglichen und unwiederbringlichen Zerstörung seines Drainagesystems sei daher rein spekulativ und nicht nachvollziehbar. Die von der Vorhabenträgerin vorgesehene Bauausführung trage dafür Sorge, dass das Drainagesystem so wenig wie möglich beeinträchtigt und etwaige Beeinträchtigungen unmittelbar behoben würden. Der gesamte fragliche Bereich des Drainagesammlers werde in einer Tiefe von 4 m unterquert, um das Risiko von dessen Zerstörung auszuschalten. Laut Zusage der Vorhabenträgerin würden der vorgelegte Drainageplan beachtet und etwaige Beeinträchtigungen repariert. Bei Unmöglichkeit der Wiederherstellung habe sie sich verpflichtet, in Abstimmung mit dem Eigentümer nach einem neuen Drainagekonzept entsprechenden funktionalen Ersatz zu schaffen (vgl. Nr. 5.3.4 /S. 70 des PFB).
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Netz(aus) bau und -sanierung würden aus den sog. Netzentgelten, welche der Endverbraucher trage, finanziert. Auch vor diesem Hintergrund folge die Behörde bei der Planfeststellung von Energieversorgungsleitungen den Optimierungsgrundsätzen einer möglichst frühzeitigen Inbetriebnahme des Vorhabens (geringe Bauzeit), eines möglichst geradlinigen Verlaufs zwischen Anfangs- und Endpunkt sowie einer möglichst wirtschaftlichen Errichtung und eines möglichst wirtschaftlichen Betriebs. Für Hochspannungsleitungen sei dies mittlerweile gesetzlich in § 43 Abs. 3c EnWG geregelt (in Kraft getreten am 29. Dezember 2023); ebenso in § 5 Abs. 5 NABEG für die Bundesfachplanung. Diesen Optimierungsgrundsätzen sei auch im Rahmen der gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EnWG auf Antrag des Vorhabenträgers durchgeführten Planfeststellung eines Erdkabels mit einer Nennspannung von 110 kV für grundsätzlich nicht planfeststellungspflichtige Kabelprojekte entsprechendes Gewicht in der Abwägung beizumessen (vgl. BVerwG, B.v. 22.6.2023 – 7 VR 3.23 – juris Rn. 32 zu einem geradlinigen Trassenverlauf einer Energietransportleitung). Eine um 275 m längere Alternativtrasse würde mangels ausreichend gewichtiger Rechtfertigungsgründe und insbesondere wegen nur unwesentlicher Auswirkungen der direkten (mittigen) Grundstücksquerung gegen alle drei Optimierungsgrundsätze verstoßen. Es entstünden Mehrkosten im mittleren sechsstelligen Bereich in Relation zu Projektkosten von insgesamt 39 Mio. Euro für 18 km Kabellänge. Die Inbetriebnahme würde sich erheblich verzögern und 275 Leitungsmeter wären zusätzlich zu unterhalten. Die Alternativtrasse würde eine Abholzung der Feldrandgehölze auf FlNr. 589 der Gemarkung W. erfordern und die sensiblen Randbereiche des Landschaftsschutzgebietes und des Überschwemmungsgebiets Glonn weiter streifen; das Vorhaben liege bei km 09+300 bis km 10+040 bereits im festgesetzten Überschwemmungsgebiet der Glonn. Über die vom Antragsteller behauptete Altlastverdachtsfläche auf seinem südlichen Grundstücksteil sei nichts bekannt, auch nicht beim Landratsamt D. (Abfallrecht).
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Der vom Antragsteller vorgetragenen Gefahr einer Zerstörung der Bodenstruktur sei durch ein in der Genehmigungsplanung entwickeltes Bodenschutzkonzept begegnet worden. Dieses sei sowohl Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses als auch Bestandteil der Beauftragung der Tiefbaufirma. Die darin u.a. vorgesehene getrennte Entnahme und Lagerung von Oberboden und Unterboden sowie deren lagegerechten Wiederbau habe die Vorhabenträgerin unter Nr. 5.2 des Planfeststellungsbeschlusses zugesichert, ebenso die Einrichtung einer Bodenkundlichen Baubegleitung. Jeder Eigentümer und Bewirtschafter erhalte ein Empfehlungsblatt sowie auf Wunsch kostenlose Beratung durch die Bodenkundliche Baubegleitung zur schonenden Folgebewirtschaftung. Etwaige Ernteausfälle oder -minderungen würden dabei während der ersten drei Jahre nach Bauausführung entschädigt. Die Maßnahmen des Bodenschutzkonzeptes seien zudem als Vermeidungsmaßnahmen in den Landschaftspflegerischen Begleitplan übernommen worden. Die vorgeschlagene Umgehungstrasse nehme zudem eine deutliche größere Grundstücksfläche in Anspruch und erhöhe daher den Mutterbodenabtrag.
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Im Hinblick auf die behaupteten Einschränkungen der Bewirtschaftung des Grundstücks habe die Planfeststellungsbehörde landwirtschaftliche Belange hinreichend beachtet, indem sie die diesbezüglichen Forderungen (z.B. geringstmöglicher Verbrauch landwirtschaftlicher Fläche, vollumfängliche Wiederherstellung der Nutzung, ansonsten Entschädigung) der beteiligten Fachbehörden im Planfeststellungsbeschluss berücksichtigt habe. Die Maßnahme schränke den Antragsteller nicht dauerhaft, sondern allenfalls in der aktiven Bauphase in der Ausübung der landwirtschaftlichen Tätigkeit ein; letzteres werde durch Entschädigungszahlungen ausgeglichen.
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Soweit der Antragsteller in seiner ursprünglichen Einwendung auch ein Energiewaldprojekt anführe, ermögliche ein solches für etwa zwei Dekaden (Aufwuchsphase des Waldes) nahezu keinerlei finanzielle Wertschöpfung und bedürfe einer erheblichen finanziellen Überbrückung dieses Zeitraums. Eine unmittelbare Existenzgefährdung aufgrund einer vorübergehenden Unterbrechung der Wertschöpfung infolge der Baumaßnahme sei vor diesem Hintergrund insoweit nicht glaubhaft. Auch im Übrigen bzw. insgesamt bestehe die vom Antragsteller behauptete Gefahr einer Existenzgefährdung oder einer erheblichen Betriebsbeeinträchtigung infolge des Vorhabens nicht. Es würden nur 2,18% der Grundstücksfläche dauerhaft in Form eines mit einer Dienstbarkeit abgesicherten Schutzstreifens für die Leitung in Anspruch genommen. Auch dieser Schutzstreifen könne aber weiter als Acker oder Grünland bewirtschaftet werden (vgl. dazu BVerwG, U.v. 6.4.2017 – 4 A 2.16 u.a. – juris Rn. 74 f.).
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Die behauptete Ortsrandlage sei nicht gegeben; der für die Bauleitplanung zuständige Markt In. habe im Rahmen der Behördenbeteiligung auch keine Verletzung von Planungszielen gerügt. Die behauptete Ausweisung von Bauland sei daher rein spekulativ.
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2.2 Mit dem weiteren Vortrag im Schriftsatz vom 31. Mai 2024 sei der Antragsteller gemäß § 43a Abs. 1 Satz 2 EnWG ausgeschlossen.
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3. Die Beigeladene beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Sie unterstützt die Argumentation des Antragsgegners.
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3.1 Für die Alternativtrasse müsste eine Eiche gefällt werden, eine trassenbezogene Umgehung dieser sei aufgrund der dortigen Feldgehölze nicht möglich. Dies sei deutlich im BayernAtlas erkennbar und habe sich auch im Rahmen der ökologischen Baubegleitung am 22. April 2024 verifiziert. Die vom Antragsteller angesprochene Aufschüttung im südlichen Grundstücksbereich sei nicht gleichzusetzen mit einer Altlastenverdachtsfläche. Laut Bodenschutzkonzept sei beim im Grundstück des Antragstellers gelegenen Bohrpunkt 71 eine Aufschüttung mit Bauschutt festgestellt worden, welcher der sog. Einbauklasse 0 zuzuordnen sei. Es handle sich also um Material, das nahezu uneingeschränkt entsorgt werden könne. Im Bereich der vom Antragsteller (zur Trassenvariante I) aufgezeigten Alternativtrasse vorgenommene Bohrungen hätten ebenfalls Aufschüttungen bis in eine Tiefe von ca. 5,80 m unter Erdoberkante ergeben, so dass die Bauverhältnisse dort wesentlich schwieriger seien.
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Der für Teilbereiche der Grundstücke FlNrn. 360, 358 und 357 festgestellte Bodentyp Hang- und Quellgleye sei im landschaftspflegerischen Begleitplan als schützenswert eingestuft, da er selten sei. Charakteristisch für die Gleye und der Grund ihrer Schutzwürdigkeit sei ihre Beeinflussung durch das Grundwasser. Da der Antragsteller seit Jahrzehnten Drainagesysteme eingebaut habe, sei aber insoweit mit einer erheblichen Vorbelastung zu rechnen. Ohnehin könnte auch durch die Alternativtrasse der Eingriff in das Grundstück FlNr. 357 nicht vermieden werden.
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Mit dem neuen Vortrag zu einer Umgehungstrasse innerhalb des Grundstücks sei der Antragsteller präkludiert, da er diese Alternative nicht im Rahmen seiner Einwendungen während des Planfeststellungsverfahrens vorgebracht habe. Ohnehin sei darauf hinzuweisen, dass das Vorhandensein der Drainage auf dem Grundstück bisher nicht nachgewiesen sei; der behauptete Sammler sei bei Voruntersuchungen nicht gefunden worden. Durch die vorsorgliche Verlegung des Kabels in 4 m Tiefe mittels Spülbohrung werde aber eine Beschädigung der behaupteten Drainage mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen.
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Die Behauptung einer Bewirtschaftungsbeeinträchtigung bzw. eines Zeitverlustes im Rahmen einer nur nebenerwerbswirtschaftlichen Tätigkeit sei nicht nachvollziehbar, zumal die Fläche derzeit nicht vom Eigentümer, sondern von einem Pächter bewirtschaftet werde.
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Für die insgesamt rund 81 m lange Spülbohrung, von der ca. 51 m auf das Grundstück des Antragstellers entfielen, sei mit ca. 80.000 Euro Kosten zu rechnen. Dem würden Kosten in Höhe von ca. 680.000 Euro für eine 375 m längere Alternativtrasse entgegenstehen (ca. 1.147 €/m Kabelkosten und 665 €/m Tiefbaukosten, jeweils für 375 m).
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3.2 Bei den Darlegungen im Schriftsatz vom 31. Mai 2024 zur Variantenauswahl handle es sich um neue, weder im Planfeststellungs- noch im Gerichtsverfahren vorgetragene Einwendungen. Neben § 43e Abs. 1 Satz 2 EnWG stehe einer Berücksichtigung dieses Vortrags auch § 5 UmwRG entgegen. Denn die nun beanstandeten Unterlagen hätten ausgelegen und seien trotz mehrfacher persönlicher Kontakte der Beigeladenen mit dem Antragsteller nicht in Zweifel gezogen worden.
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Unabhängig davon seien die Einwendungen auch inhaltlich unzutreffend, weil der Antragsteller die untersuchungsinterne Vorgehensweise bzw. vierstufig gestaltete Methodik ignoriere. Denn die vom Antragsteller bemühten Trassenlängen würden auf einer ersten Einteilung in Korridore beruhen, wobei ein Korridor den Bereich von 50 m beiderseits um die Trassenvorschläge darstelle. Innerhalb dieser Korridore seien die vorläufig betroffenen Schutzgüter ermittelt und ihnen ein entsprechendes (geringes, mittleres oder hohes) Konfliktpotential zugeordnet worden (1. und 2. Schritt). In einem 3. Schritt seien dann anhand des geschätzten Arbeitsstreifens von 30 m (jeweils 15 m beidseitig) überprüft worden, welche Schutzgüter und zugeordneten Kriterien direkt vom Vorhaben betroffen seien. Nur letzteres sei dann zur Bewertung des Konfliktrisikos herangezogen und im Gesamtbewertungsrahmen berücksichtigt worden (4. Schritt). So gebe es beispielsweise Waldränder, die zwar im Bereich des betrachteten Korridors lägen, aber nicht vom Arbeitsstreifen betroffen und daher für die Gesamtbewertung des Konfliktrisikos nicht berücksichtigt worden seien. Auch eine Feintrassierung (nur) für Variante I habe nicht vorgelegen; es gehe stattdessen darum, dass bei der Feintrassierung ein Waldeingriff durch eine Trassenverschiebung bei Variante I vermieden werden könnte. Für Variante I hätten daher zahlreiche Aspekte gesprochen, u.a. dass weniger größere Gräben und Bäche, weniger Bodendenkmäler bzw. entsprechende Verdachtsflächen und keine gesetzlich geschützten Biotope gequert würden. Auch das artenschutzrechtliche Konfliktrisiko beschränke sich bei Variante I auf zwei Konfliktbereiche, bei den Varianten II und IIa seien es dagegen sechs.
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Die Ausführungen des Antragstellers zu den Kosten seien unzutreffend. Die umweltfachliche Variantenbewertung diene einer umweltfachlichen Bewertung der Korridorfindung; eine Detailplanung von Kabeltrassen und damit ein detaillierter Kostenvergleich seien für den vorliegenden Untersuchungsraum (ca. 80 km²) nicht durchführbar. Eine Kostenbetrachtung rein auf Basis des Trassenlängenunterschieds von 0,9 km sei bei einer durchschnittlichen Gesamttrassenlänge vom 17,3 km aufgrund der höher bewerteten umweltfachlichen Konflikte als marginal einzustufen und berücksichtige zudem nicht die Mehrkosten bei den Varianten II und IIa infolge vermehrter Querungen von Bächen, Gräben, Bodendenkmälern u.ä.
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Ergänzend wird auf die in elektronischer Form vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten, auch im Verfahren 22 A 24.40011, verwiesen.
II.
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Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der am 22. März 2024 erhobenen Anfechtungsklage hat keinen Erfolg.
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Der Antrag, über welchen der Bayerische Verwaltungsgerichtshof nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VwGO im ersten Rechtszug zu entscheiden hat, ist zulässig. Er ist insbesondere aufgrund § 80a Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1, Abs. 3 Satz 1 und 2, § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Alt. 1 VwGO i.V.m. § 43e Abs. 1 Satz 1 EnWG statthaft und wurde innerhalb der Frist des § 43e Abs. 1 Satz 2 EnWG gestellt.
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1. Der Antrag ist unbegründet.
40
Die Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage steht im Ermessen des Gerichts der Hauptsache (§ 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO). In diesem Rahmen ist eine Abwägung zwischen dem Vollziehungsinteresse des Antragsgegners sowie der Beigeladenen und dem Suspensivinteresse des Antragstellers vorzunehmen. Wesentliches Element für die Interessenabwägung ist auch beim vorliegenden dreiseitigen Rechtsverhältnis der voraussichtliche Erfolg des Hauptsacheverfahrens. Zur Beurteilung der Erfolgsaussichten ist der Senat dabei auf die Prüfung der binnen der Begründungsfrist des § 43e Abs. 1 Satz 2 EnWG vorgetragenen Gründe beschränkt; nach Fristablauf ist nur noch vertiefender Vortrag möglich bzw. berücksichtigungsfähig (vgl. BVerwG, B.v. 15.6.2021 – 4 VR 6.20 – juris Rn. 6; B.v. 22.3.2023 – 4 VR 4.22 – juris Rn. 10, zur Verfassungsmäßigkeit dieser Monatsfrist vgl. BVerwG, B.v. 10.2.2023 – 7 VR 1.23 – juris Rn. 15). Zudem kann der Senat dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend seine vorläufige Entscheidung im Regelfall nur auf der Grundlage einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage treffen.
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Unter diesen Prämissen überwiegen das öffentliche und das Interesse der Beigeladenen an der Errichtung der planfestgestellten Erdkabeltrasse vorliegend das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Anfechtungsklage.
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Denn die Anfechtungsklage gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 1. Februar 2024 wird bei summarischer Prüfung anhand der innerhalb der Frist des § 43e Abs. 1 Satz 2 EnWG vorgetragenen Gründe voraussichtlich keinen Erfolg haben. Der Antragsteller kann zwar als Eigentumsbetroffener / von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung Betroffener grundsätzlich eine objektiv-rechtliche Prüfung aller seiner (fristgemäß) gegen den Planfeststellungsbeschluss vorgetragenen Einwände verlangen (sog. Vollüberprüfungsanspruch, vgl. etwa BVerwG, B.v. 23.1.2015 – 7 VR 6.14 – juris Rn. 11 f.; vgl. zusammenfassend auch BayVGH, U.v. 20.7.2023 – 8 A 20.40023 – juris Rn. 36 m.w.N.). Sollten die von ihm behaupteten Rechtsfehler vorliegen, wären sie für seine Eigentumsbetroffenheit auch allesamt nicht unerheblich (kausal). Allerdings führen die anhand dieses Maßstabs zu prüfenden Einwände voraussichtlich nicht zur Begründetheit der Hauptsacheklage.
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1.1 Mit den im Schriftsatz vom 27. März 2024 und damit innerhalb der (Begründungs-)Frist des § 43e Abs. 1 Satz 2 EnWG vorgetragenen Einwänden legt der Antragsteller voraussichtlich keine sein Eigentum betreffende Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses dar.
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1.1.1 Die Behauptung, es fehle an einer Vorprüfung nach § 7 UVPG i.V.m. Ziffer 19.1.2 der Anlage 1 zum UVPG, war bereits Gegenstand des Einwendungsschreibens vom 16. Juni 2023 und der zugehörigen, dem Antragsteller per E-Mail vom 15. November 2023 übermittelten Erwiderung der Beigeladenen vom 4. September 2023. Die Beigeladene hat in letzterer zutreffend darauf hingewiesen, dass es sich nicht um eine (Hochspannungs-)Freileitung handelt, wie es aber Ziffer 19.1.2 der Anlage 1 zum UVPG erfordert, sondern um ein Erdkabel. Ein solches erwähnt die Anlage 1 zum UVPG nur in deren Ziffer 19.11. Die Ziffer 19.11 bezieht sich allerdings ausschließlich auf Erdkabel nach § 2 Abs. 5 des Bundesbedarfsplangesetzes, was beim verfahrensgegenständlichen Erdkabel nicht zutrifft (vgl. dazu die Anlage zu § 1 Abs. 1 Bundesbedarfsplangesetz). Im Umkehrschluss dazu bzw. mangels Erwähnung in der Anlage 1 zum UPVG ist das Vorhaben daher nicht UVPvorprüfungspflichtig nach § 7 Abs. 1 und 2 UVPG.
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1.1.2 Der Planfeststellungsbeschluss ist voraussichtlich nicht zu Lasten des Antragstellers abwägungsfehlerhaft; Verstöße gegen zwingendes Recht hat der Antragsteller (innerhalb der Frist des § 43e Abs. 1 Satz 2 EnWG) ohnehin nicht vorgetragen.
46
Nach § 43 Abs. 3 Satz 1 EnWG sind bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Das Abwägungsgebot verlangt, dass – erstens – eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass – zweitens – in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und dass – drittens – weder die Bedeutung der öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Auch die Auswahl unter verschiedenen Trassenvarianten ist abgesehen von rechtlich zwingenden Vorgaben eine fachplanerische Abwägungsentscheidung. Bei der Auswahl zwischen verschiedenen Trassenvarianten ist die Grenze der planerischen Gestaltungsfreiheit erst überschritten, wenn eine andere als die gewählte Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen, oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist (stRspr, vgl. dazu BVerwG, B.v. 26.4.2023 – 4 VR 6.22 – juris Rn. 23; B.v. 22.6.2023 – 7 VR 3.23 – juris Rn. 29, jeweils m.w.N.).
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Der nach § 43e Abs. 1 Satz 2 EnWG zu berücksichtigende Vortrag rechtfertigt voraussichtlich nicht die Annahme, dass ein Abwägungsfehler vorliegt.
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Letztendlich konzentrieren sich die Einwände des Antragstellers v.a. auf das seinen Aussagen zufolge im Grundstück verlegte Drainagesystem, dessen unwiederbringliche Zerstörung oder Funktionsbeeinträchtigung (und damit auch Beeinträchtigungen des landwirtschaftlichen Betriebs) er befürchtet; daneben behauptet er den Verlust wertvollen Ackerbodens.
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Aus den Einwänden lässt sich voraussichtlich kein Ermittlungs-, Bewertungs- oder Gewichtungsfehler ableiten.
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So ist – mangels Substantiierung – bereits nicht plausibel, warum der Antragsteller von einer irreparablen Zerstörung des Drainagesystems ausgeht. Der Antragsgegner hat auf Basis der Angaben des Antragstellers und unter Berücksichtigung von dessen Drainageplan ein Bau- und Verlegeverfahren planfestgestellt, welches eine Beeinträchtigung insbesondere des – bisher nicht nachgewiesenen – im südlichen Grundstücksbereich gelegenen Sammlers wie auch des gesamten Drainagesystems möglichst ausschließen soll. Für den Fall etwaiger Beeinträchtigungen oder Zerstörungen hat sich die Beigeladene zur Behebung bzw. Wiederherstellung bis hin zur Schaffung einer Ersatzlösung verpflichtet. Damit setzt sich der Antragsteller in seinem Vortrag nicht dezidiert auseinander. Bei Drainagerohren bzw. -leitungen handelt es sich von ihrer Konstruktions- und Funktionsweise her nicht um komplexe geschlossene, wasserdichte und/oder hohe Druckbeständigkeit voraussetzende Rohrsysteme, bei welchen bereits geringe punktuelle Schäden ggf. gravierende Folgen haben können und eine Reparatur sich daher ggf. entsprechend aufwändig gestaltet. Angesichts dessen erschließt es sich nicht, warum die Beigeladene – zumal es sich beim Umgang mit Drainageleitungen ihren nachvollziehbaren Angaben zufolge um eine häufige Konstellation in der Praxis handelt – nicht in der Lage sein sollte, eine Beschädigung des Drainagesystems zu vermeiden oder im Fall der Beschädigung eine – technisch gesehen nicht besonders anspruchsvolle – Wiederherstellung durchzuführen. Schon eine (hinreichend wahrscheinliche) Gefahr der dauerhaften Beeinträchtigung des Drainagesystems und daraus folgender Betriebseinschränkungen hat der Antragsteller nicht dargelegt.
51
Daher sowie unter Berücksichtigung, dass das Drainagesystem nur in Teilbereichen des Grundstücks verlegt wurde und die Kabeltrasse diesen Bereich nur innerhalb eines (in Bezug zur Grundstücksgröße) relativ schmalen Korridors quert, liegt auch kein Fehler in der Gewichtung betreffend den Belang „Drainagesystem“ vor. Dass der Antragsgegner anhand der von ihm angeführten Belange einer möglichst frühzeitigen Inbetriebnahme, eines möglichst geradlinigen Verlaufs und damit einer möglichst wirtschaftlichen Errichtung sowie eines wirtschaftlichen Betriebs („Trassierungsgrundsätze“, vgl. Erläuterungsbericht S. 26, Anlage 01.01., S. 4237 der Behördenakte) die vom Antragsteller vorgeschlagene Alternative zur Trassenvariante I zugunsten des planfestgestellten Trassenverlaufs verworfen hat, begegnet keinen Bedenken. Ob diese Belange bzw. fachlichen Grundsätze der Trassierung (BVerwG, B.v. 22.6.2023 – 7 VR 3.23 – juris Rn. 32) auch in der vorliegenden Konstellation der Planfeststellung eines Erdkabels als Optimierungsgebote einzuordnen sind (§ 43 Abs. 3c EnWG bezieht sich seinem Wortlaut nach nur auf Vorhaben gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 EnWG, nicht aber auf fakultative Planfeststellungen nach § 43 Abs. 2 EnWG) darf offenbleiben; denn jedenfalls handelt es sich um in der Planungspraxis etablierte und entsprechend angemessen zu gewichtende Aspekte (vgl. dazu auch BT-Drs. 20/9187, S. 159). Eine Vermeidung von erheblichen zusätzlichen Bau- und Unterhaltungskosten, welche bei Realisierung der östlich verlaufenden, vom Antragsteller vorgeschlagenen Alternativtrasse angefallen wären, wurde daher zu Recht deutlich höher gewichtet als das allenfalls geringe „Restrisiko“ einer dauerhaften Beeinträchtigung des Grundstücks (selbst wenn man entgegen aller Wahrscheinlichkeit davon ausginge, dass ein komplettes Ersatzdrainagesystem herzustellen wäre). Die vom Antragsteller vorgeschlagene Alternativtrasse ist ohnehin deutlich länger als die von ihm angeführten 273 m / 275 m. Die Länge von 275 m hat der Antragsteller wohl der Erwiderung vom 4. September 2023 auf sein Einwendungsschreiben entnommen; dort heißt es allerdings, dass die Alternativtrasse 275 m nahe dem Landschaftsschutzgebiet und Überschwemmungsgebiet verlaufen würde und zu einer Verlängerung von insgesamt 375 m führe. Selbst wenn man nur von 275 m ausginge, würden Mehrkosten in einer Größenordnung von knapp unter 500.000 Euro (bei 1.147 €/m Kabelkosten und 665 €/m Tiefbaukosten wären dies 498.300‬ Euro) entstehen, so dass die Abwägung zugunsten der planfestgestellten, das Grundstück des Antragstellers geradlinig querenden Trasse nicht zu beanstanden ist. Die Alternativtrasse wurde folglich zu Recht auch unter Berücksichtigung der maßgeblichen, insbesondere naturschutzrechtlichen Belange aufgrund der entgegenstehenden Trassierungsgrundsätze ausgeschlossen. Der wiederum nur unsubstantiierte Vortrag des Antragstellers (Eingriff in schützenswerten Baumbestand, in das nahegelegene Landschaftsschutzgebiet und das Überschwemmungsgebiet) vermag dies nicht zu erschüttern.
52
Auch der Vortrag, eine Umgehung der zentral im Grundstück gelegenen Drainagen habe sich als geringerer Eingriff aufdrängen müssen, vermag keine Abwägungsfehler des Planfeststellungsbeschlusses zu begründen, unabhängig von der Frage, inwieweit der Antragsteller mit diesem Einwand präkludiert ist. Eine solche – vom Antragsteller ohnehin nicht präzise dargestellte – Trassenverlagerung (auf seinem Grundstück) nach Osten wäre angesichts der Dimensionierung des Drainagesystems – ebenso wie die von ihm konkret skizzierte Alternative zur Trassenvariante I – in jedem Fall deutlich länger, würde nicht geradlinig verlaufen und einen erheblichen Errichtungs- bzw. Unterhaltungsmehraufwand verursachen. Umgekehrt wäre der dadurch gewonnene „Vorteil“ einer Umgehung des Drainagesystems oder wesentlicher Teile davon allenfalls marginal, da – wie eben dargelegt – auch vom planfestgestellten Trassenverlauf keine erhebliche Beeinträchtigung für dieses ausgeht. Ein solcher geringer (vermeintlicher) Vorteil kann sich innerhalb der Abwägung nicht gegenüber den deutlich höher zu gewichtenden Nachteilen einer solchen Umgehung durchsetzen. Weitere Vorteile zugunsten einer solchen Alternativtrasse bzw. Umgehung vermag der Antragsteller nicht plausibel darzulegen; demgegenüber haben Antragsgegner und Beigeladene nachvollziehbar ausgeführt, warum eine solche Umgehung auch in Bezug auf die umliegenden Grundstücke keine Vorteile mit sich bringen würde.
53
So verhält es sich auch mit der Ermittlung, Bewertung und Gewichtung in Bezug auf den Belang „wertvoller Boden“ bzw. „wertvolle Bodenstruktur“. Den wenig plausiblen Angaben des Antragstellers steht wiederum eine nachvollziehbar begründete Abwägung des Antragsgegners gegenüber.
54
So ist der Vortrag des Antragstellers bereits in sich widersprüchlich, soweit er sich einerseits auf eine über Jahrzehnte oder Jahrhunderte natürlich gewachsene Bodenstruktur beruft, gleichzeitig aber eine Zerstörung seines über Jahrzehnte instandgesetzten Drainagesystem befürchtet und anführt, dass der südliche Bereich seines Grundstücks aufgefüllt worden sei. Denn sowohl die Installation eines Drainagesystems und dessen jahrzehntelanger Betrieb wie auch eine Auffüllung setzen gerade einen (erheblichen) Eingriff in die (dann nicht mehr natürlich gewachsene) Bodenstruktur voraus – zumal es sich bei der Gleye um eine grundwasserbeeinflusste Bodenklasse handelt, deren Charakteristik sich durch die Installation einer Drainage wesentlich verändern dürfte. Selbst wenn man den Vortrag des Antragstellers aber (allgemein) auf den nördlichen Grundstücksteil, d.h. auf die Bereiche ohne installiertes Drainagesystem, beziehen will, ist zu berücksichtigen, dass selbst bei offener Bauweise die maximale Breite des zur Verlegung des Erdkabels erforderlichen Grabens an der Geländeoberkante ca. 5,10 m beträgt und sich dann in Relation zur Tiefe stetig verringert (vgl. Regelgrabenprofil offene Bauweise 01 Standard, Anlage 03.01.01 der Antragsunterlagen, S. 637 der Behördenakte). Die Länge des Grabens beginnend ab der nördlichen Grundstücksgrenze bis zum Drainagesystem dürfte – grob gegriffen – ca. 150 m betragen (vgl. Anlage 04.02.02 Lage-/Profilplan Ausschnitt 14, S. 4406 der Behördenakte). D.h. nur rund 765 m² (5,10 m x 150 m bis zur Drainage) von insgesamt rund 125.000 m² (12,5 ha) Grundstücksfläche sind maximal (beim Bezugspunkt Geländeoberkante) von einem unmittelbar notwendigen Bodenaushub betroffen. Das sind nur 0,6% der Grundstücksfläche. Diese Relation ändert sich nur unwesentlich, wenn man die Gesamtlänge der offenen Bauweise von ca. 210 m heranzieht (die teilweise, auf einer Länge von ca. 60 m, auch im Bereich der beginnenden Drainage verläuft): Dann wären es 1.071 m² (= 5,10 m x 210 m) von 125.000 m² bzw. 0,8%.
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Zu Recht verweist der Antragsgegner weiter auf das von der Beigeladenen vorgelegte und verbindlich planfestgestellte Bodenschutzkonzept vom 29. September 2022 (S. 1850 ff. der Behördenakte), welches mittels verschiedener Maßnahmen (s.o.) nachteilige Auswirkungen auf das Schutzgut Boden so weit wie möglich verhindern bzw. minimieren soll. Auch dies berücksichtigt der Antragsteller nicht in seinen Einwendungen.
56
Dass der Antragsgegner vor diesem Hintergrund auch betreffend den Belang „Boden/Bodenschutz“ unter Rückgriff auf die von ihm angeführten Trassierungsgrundsätze zum Ergebnis kommt, dass Interessen des Antragstellers gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Vorhabenrealisierung zurücktreten, ist nicht abwägungsfehlerhaft.
57
Die übrigen im Schriftsatz vom 27. März 2024 vorgetragenen Einwände – auch soweit sie als eigenständige Belange neben den bereits erwähnten Belangen Drainagesystem und Boden zu verstehen sein sollten – zeigen ebenfalls kein Ermittlungs-, Bewertungs- oder Gewichtungsdefizit im Rahmen der Abwägung. Dass die Grundstücksbewirtschaftung und generell die Existenz des landwirtschaftlichen Betriebs infolge des Vorhabens erheblich und dauerhaft gefährdet sein sollen, ist nicht substantiiert dargelegt bzw. basiert, soweit vorgetragen, auf der unzutreffenden Annahme, dass das Drainagesystem wie auch der Ackerboden dauerhaft erheblich beeinträchtigt würden. Eine möglicherweise angedachte Bewirtschaftung mit einem Energiewald (unabhängig von der Frage, wie sich ein solcher überhaupt mit dem vorhandenen Drainagesystem vertragen würde) wird angesichts der Grundstücksgröße durch einen lediglich knapp 2% der Grundstücksfläche betreffenden Schutzstreifen nicht verhindert. Gleiches gilt für eine – ohnehin rein spekulative und laut Behördenakten fernliegende – Ausweisung des Grundstücks oder von Grundstücksteilen als Bauland.
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1.2 Die Ausführungen im Schriftsatz vom 31. Mai 2024 betreffend die Abwägung und Trassenentscheidung anhand der Trassenvarianten I, II und IIa sind im vorliegenden Verfahren nicht zu berücksichtigen, weil der Antragsteller den zugrundeliegenden Einwand nicht innerhalb der Begründungsfrist substantiiert erhoben hat (vgl. BVerwG, B.v. 22.3.2023 – 4 VR 4.22 – juris Rn. 10). Das Vorbringen kann daher dem Eilantrag nicht zum Erfolg verhelfen. Es handelt sich in der Sache um neuen und nicht bloß vertiefenden Vortrag, der aber erst nach dem Ablauf der Frist des § 43e Abs. 1 Satz 2 EnWG getätigt wurde. Auf diese Begründungsfrist wurde in der dem Planfeststellungsbeschluss beigefügten Rechtsbehelfsbelehrungordnungsgemäß hingewiesen.
59
Selbst wenn der Vortrag des Antragstellers zu berücksichtigen wäre, hätte sein Antrag auch insoweit in der Sache keinen Erfolg. Er kann mit der Kritik an der vorgenommenen Variantenauswahl im Rahmen des Hauptsacheverfahrens voraussichtlich nicht durchdringen, weil er – unter Berücksichtigung des eingangs aufgezeigten Prüfungsmaßstabs (vgl. BVerwG, B.v. 26.4.2023 – 4 VR 6.22 – juris Rn. 23 m.w.N.) – nicht darlegt, dass sich eine andere Trassenvariante als Lösung hätte aufdrängen müssen oder dass der Planfeststellungsbehörde im Hinblick auf die Ablehnung der Variante II oder IIa infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen wäre.
60
Der Einwand, bei der umweltfachlichen Variantenuntersuchung hätten bei der Gesamtabwägung die Nachteile der Variante I höher gewichtet werden müssen, greift, zumal er wenig substantiiert ist, nicht durch. Die Methodik zur Ermittlung, Bewertung und Gewichtung wird in der Variantenuntersuchung plausibel erläutert (vgl. dort S. 20 ff. ab 5.; S. 768 ff. der Behördenakte). Innerhalb der Gesamtabwägung wird mehrfach betont, dass Variante I in Bezug auf die hohen Konfliktrisiken einer Konfliktstrecke von 1,34 km an der Spitze liege. Dieser „Malus“ der Variante I wird also (auch entsprechend seiner Bewertung) aufgegriffen, dann aber nachvollziehbar in Relation zu weiteren Vor- und Nachteilen (auch zum übrigen Konfliktpotential) der jeweiligen Varianten gestellt. Ein solches Vorgehen ist jedenfalls nicht zu beanstanden und dürfte im Regelfall für eine ordnungsgemäße Abwägung sogar zwingend geboten sein. Würde man – wie der Antragsteller meint – bei der Gewichtung im Wesentlichen nur auf die Streckenlänge sowie die Grobeinteilung des Konfliktpotentials abstellen, ohne Berücksichtigung der näheren Umstände, so könnte das zu erheblichen Abwägungsfehlern führen, wenn etwa ein „qualitativ massiver“ Eingriff mit sehr/extrem hohem Konfliktpotential mit dem Argument als vernachlässigbar gewichtet würde, dass er nur einen relativ kurzen Trassenabschnitt betreffe. Dementsprechend verweist die Variantenuntersuchung zu Recht auch auf die artenschutzrechtliche Potenzialeinschätzung, wonach insoweit das geringste Konfliktpotenzial für die Trassenvariante I zu erwarten ist, und auf die Möglichkeit, bei Variante I Eingriffe in Waldflächen durch Feintrassierung zu vermeiden (was bei Variante II und IIa in diesem Maß nicht möglich ist). Soweit der Antragsteller hierzu einwendet, dies sei anhand des zugrunde gelegten Karten- und Datenmaterials nicht nachvollziehbar, ist dieser Vortrag zu unsubstantiiert. Vielmehr liegt der Entscheidung ein plausibles, abgestuftes Prüfungskonzept zugrunde, das aus der umweltfachlichen Variantenprüfung für die Trassenabschnitte nachvollziehbar hervorgeht und das der Beigeladenenvertreter im Schriftsatz vom 10. Juni 2024 nochmals erläutert hat.
61
Das vom Antragsteller schließlich gerügte Fehlen einer Gegenüberstellung der Kosten der einzelnen Varianten innerhalb der umweltfachlichen Variantenuntersuchung – die lediglich einen Teil der dem Planfeststellungsbeschluss zugrundeliegenden Variantenprüfung abbildet – verfängt ebenso wenig. Unabhängig von der Frage, ob und inwieweit eine Kostenabschätzung Gegenstand einer umweltfachlich ausgerichteten Variantenuntersuchung sein kann, folgt hieraus jedenfalls kein Fehler in der Abwägung hinsichtlich der Festlegung der planfestzustellenden Variante. Denn schon die zugrundeliegenden Annahmen des Antragstellers sind, wie die Beigeladene nachvollziehbar darlegt, unzutreffend und führen nicht weiter. Dass eine detaillierte Kostenbetrachtung in diesem (umweltfachlichen) Verfahrensschritt angesichts der Größe des betrachteten Untersuchungsraums ausscheidet bzw. mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden wäre, ist nachvollziehbar. Die vom Antragsteller vorgenommene „Grobbetrachtung“ allein anhand des Trassenlängenunterschieds und auf Basis grob pauschalierter Kosten ist so – jedenfalls bei derart geringen Abweichungen in den Trassenlängen – keine taugliche Grundlage für eine tragfähige Abwägung. Zudem hat die Beigeladene dargelegt, welche zusätzlichen Kostenfaktoren bei den Varianten II und IIa zu berücksichtigen sind und dass diese den möglichen Mehrkosten aufgrund eines längeren Trassenverlaufs bei Variante I gegenüberstehen.
62
2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.
63
3. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 34.2.3, 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Da der Antragsteller nicht bloß die dauerhafte Inanspruchnahme eines Grundstücks, sondern die Beeinträchtigung eines landwirtschaftlichen Nebenerwerbbetriebs vorträgt, erscheint die Anwendung von Nr. 34.2.3 sachnäher als Nr. 34.2.4.
64
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).