Inhalt

VG Regensburg, Beschluss v. 20.06.2024 – RO 4 E 24.576
Titel:

Erfolglose Konkurrentenklage im Auswahlverfahren zu Stationierung und Betrieb von zwei Krankentransportwagen wegen Unauskömmlichkeit

Normenketten:
VwGO § 123
BayRDG Art. 1 S. 2, Art. 13
GWB § 107 Abs. 1 Nr. 4, § 155, § 156 Abs. 2
BayVwVfG Art. 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 5, Art. 44 Abs. 3 Nr. 2
VgV § 60
Leitsätze:
1. Art. 13 Abs. 3 S. 1 BayRDG steht einer Anwendung vergaberechtlicher Normen nicht entgegen.  (Rn. 95) (redaktioneller Leitsatz)
2. Nach § 60 Abs. 1 VgV kann der öffentliche Auftraggeber vom Bieter Aufklärung verlangen, wenn das Angebot im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung als ungewöhnlich niedrig erscheint. Ein Angebot erscheint unter anderem dann als ungewöhnlich niedrig im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung, wenn im Vergleich die Gesamtsumme dieses Angebotes erheblich unterhalb der Konkurrenzangebote, einer qualifizierten Kostenschätzung oder Erfahrungswerten des Auftraggebers mit wettbewerblicher Preisbildung aus anderen Ausschreibungen liegt. (Rn. 96) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Beweislast für die Auskömmlichkeit des Angebotes trägt der Bieter. (Rn. 100) (redaktioneller Leitsatz)
4. Erst im gerichtlichen Verfahren vorgelegte Angaben zur Auskömmlichkeit führen nicht zu einer Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung, wenn diese Erkenntnisse und Ausführungen dem Entscheidungsträger nicht zur Verfügung standen und deshalb der Auswahlentscheidung nicht zugrunde gelegt werden konnten. (Rn. 105) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Rettungsdienstleistungen, Auswahlverfahren, Vergabeverfahren, Bietergemeinschaft, Ausschlusskriterien, Wertungsstufen, Kalkulationsgrundlage, Konzession, Zuschlagserteilung, Verbandsversammlung, Bezirksverband, Unauskömmlichkeit, Geschäftsgeheimnisse, Sonderkündigungsrecht
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 26.07.2024 – 12 CE 24.1067
Fundstelle:
BeckRS 2024, 18854

Tenor

I. Die Anträge werden abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 30.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, dass der Antragsgegner die bezweckte Zuschlagserteilung für die Lose 3 und 4 im Rahmen der Auswahlverfahren zu Stationierung und Betrieb von den zwei Krankentransportwagen (KTW) an Standorten im Rettungsdienstbereich … nicht an die Beigeladene oder einen Dritten vergibt.
2
Die Antragstellerin ist eine private Rettungsdienstanbieterin in Form einer gemeinnützigen GmbH (gGmbH).
3
Unter dem 8.12.2023 schrieb der Antragsgegner mit EU-weiter Bekanntmachung im EU-Amtsblatt das Auswahlverfahren zu Stationierung und Betrieb von zwei Notarzt-Einsatzfahrzeugen (NEF) und zwei KTW an vier Standorten im Rettungsdienstbereich … (Az. AV20ABE8-EU) aus. Für jede Konzession bzw. jeden Standort ist ein eigenes Los vorgesehen. Los 3 wurde dem … KTW 10 (Bestandsstandort; 72,5 Vorhaltwochenstunden) und Los 4 dem … KTW 11 (Bestandstandort; 60,5 Vorhaltwochenstunden) zugeteilt.
4
Ziff. 8 lit. d) in Teil A der Auswahlunterlagen lautet auszugsweise:
„In dem Angebot sind die Kosten insbesondere für Räumlichkeiten, Fahrzeuge, Material und Personal anzugeben, welche dem Bewerber bzw. der Bewerbergemeinschaft entstehen. Hierzu ist das Kostenblatt in Anlage 2 zu verwenden. […] Die Kosten der Durchführung müssen so angegeben werden, dass ihre Kalkulation durch den Konzessionsgeber überprüft werden kann. Hierzu sind die Kosten gemäß der Anlage 2 aufzugliedern.“
5
Als Kalkulationsgrundlage sind für Los 3 2.100 jährliche Einsätze und 46.000 km jährliche Fahrleistung sowie für Los 4 1.750 jährliche Einsätze und 72.000 km jährliche Fahrleistung angegeben.
„Zu beachten ist, dass die o.g. Kalkulationsgrundlage zum Zwecke der Wertung ermittelt wurde. Mit der Angabe der Kalkulationsgrundlage sind keinerlei Zusagen hinsichtlich der zu erwartenden Einsatzzahlen und Fahrstrecken getroffen. Die o.g. Kalkulationsgrundlage stellt insbesondere keine Garantie künftiger Einsatzzahlen und Fahrstrecken dar. Für die Angebotskalkulation sind diese Zahlen für die Sicherstellung vergleichbarer Angebote hingegen zwingend zugrunde zu legen. Bei der Position Personal darf maximal ein Anteil von 20% ehrenamtliches Personal/geringfügig Beschäftigte einfließen. Die jeweiligen Einzelkosten sind vollständig anzugeben. Fehlende Kostenangaben in Anlage 2 können grundsätzlich nicht nachgefordert werden und haben den Ausschluss des Angebotes zur Folge. Die Einzelkosten müssen zudem stets in der zutreffenden Höhe bei den betreffenden Kostenkategorien angegeben werden und dürfen beispielsweise nicht auf andere Kostenkategorien verteilt werden. Werden Einzelkosten im Wege einer Mischkalkulation auf andere Kostenkategorien umgelegt, kann das Angebot grundsätzlich ausgeschlossen werden. Fallen in einer Kostenkategorie keine Kosten an, ist in der betreffenden Zeile der Wert „0“ anzugeben […] Eine genauere Aufschlüsselung der Einzelkosten kann durch den Bewerber bzw. die Bewerbergemeinschaft optional auf einem gesonderten Blatt erfolgen. Der Konzessionsgeber behält sich vor, eine Kalkulation bzw. Aufschlüsselung der Kosten vom Bewerber bzw. von der Bewerbergemeinschaft nachzufordern und weitere Aufklärung zu verlangen. Eine Nachreichung fehlender Kostenangaben (siehe dazu oben) wir[d] hierdurch jedoch nicht ermöglicht. […] Die angegebenen Kosten müssen für die gesamte Vertragslaufzeit gelten. Zu beachten ist aber, dass dies keiner strikten Deckelung der Kosten über zehn Jahre gleichkommt. Vielmehr können im Rahmen der Entgeltverhandlungen mit den Kostenträgern auch von den o.g. Kalkulationsangaben abweichende Einsatzzahlen bzw. Fahrleistungen, zwischenzeitliche Kostensteigerungen o.Ä. berücksichtigt werden. Die angegebenen Kosten haben aber für die gesamte Vertragslaufzeit als verbindliche Grundlage der Entgeltverhandlung zu gelten. […] Aus der Angabe der kalkulierten Kosten kann sich kein Anspruch ableiten, dass diese Kosten auch in der angegebenen Höhe gegenüber den Kostenträgern geltend gemacht werden können. Der Konzessionsgeber als Aufgabenträger hat keinen Einfluss auf die Entgelthöhe (vgl. Art. 34 [Bayerisches Rettungsdienstgesetz] BayRDG). Die im Angebot angegebenen Kosten werden daher nicht Bestandteil des Vertrages mit dem Konzessionsgeber. Der Auftragnehmer hat allerdings in den Entgeltverhandlungen mit den Sozialversicherungsträgern die Kostenkalkulation aus seinem Angebot zugrunde zu legen; bei Nichteinhaltung steht dem Konzessionsgeber ein Sonderkündigungsrecht des Vertrages zu (siehe § 15 Abs. 2 des Vertrages). Umgekehrt besteht kein Anspruch auf einen Entgeltabschluss in Höhe der Kostenkalkulation des hier angegebenen Angebotes. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Entgeltabschluss erheblich unter der Angebotskalkulation liegen kann. Defizitausgleichsansprüche gegen den Konzessionsgeber bestehen nicht. […]“
6
In Ziff. 9 Teil A der Auswahlunterlagen sind Kriterien für Bewerbergemeinschaften/Nachunternehmer festgelegt:
„Die Abgabe von Angeboten durch Bewerbergemeinschaften ist grundsätzlich zulässig. Allerdings wird darauf hingewiesen, dass bei paralleler Bewerbung mehrerer (über eine Bewerbergemeinschaft oder anderweitig verbundener) Unternehmen sowie anderen Formen einer Mehrfachbeteiligung das Wettbewerbsprinzip verletzt sein kann. Dies kann zum Ausschluss der betroffenen Angebote führen. Zudem kann die Bildung einer Bewerbergemeinschaft eine wettbewerbsbeschränkende Abrede im Sinne des § 1 GWB darstellen und unzulässig sein. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn sich Unternehmen zusammenschließen, die als Einzelunternehmen den Auftrag allein hätten ausführen können, weil sie über die geforderten Kapazitäten, technischen Ausrüstungen und fachlichen Kenntnisse selbst verfügen (vgl. dazu beispielsweise OLG Düsseldorf, Beschlüsse vom 08.06.2016, VII-Verg 3/16 und vom 17.01.2018 – VII-Verg 39/17).“
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Im Weiteren sind weitere mit dem Angebot als Bewerbergemeinschaft abzugebende Erklärungen aufgelistet.
8
In Ziff. 10 Teil A der Auswahlunterlagen ist unter anderem die Möglichkeit einer Rüge geregelt:
„Die Bewerber bzw. Bewerbergemeinschaften haben etwaige Rechtsverstöße in diesem Auswahlverfahren unverzüglich, nachdem sie von dem (vermeintlichen) Verstoß Kenntnis erlangt haben, gegenüber dem Konzessionsgeber zu rügen. Zudem sind Rechtsverstöße, die aus diesen Unterlagen für das Auswahlverfahren und/oder der Bekanntmachung erkennbar sind, vor Ablauf der unter Ziffer 7 lit. b) dieser Bedingungen genannten Angebotsfrist [15.1.2024, 11.00 Uhr] gegenüber dem Konzessionsgeber zu rügen.“
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In Ziff. 12 Teil A der Auswahlunterlagen sind die Kriterien für die Angebotswertung festgelegt, die in fünf Stufen erfolgt:
a) Erste Stufe: Prüfung der Wertungsfähigkeit der Angebote
„Die Angebote werden auf der ersten Wertungsstufe auf Vollständigkeit sowie auf rechnerische Richtigkeit geprüft. Ferner wird auf der ersten Wertungsstufe geprüft, ob die Angebote den Bewerbungsbedingungen entsprechen. Dabei prüft der Konzessionsgeber insbesondere, ob einer der nachfolgenden Ausschlussgründe gegeben ist. Vom Auswahlverfahren ausgeschlossen werden Angebote, […]
dd) in denen die Einzelkosten nicht in der zutreffenden Höhe bei den betreffenden Kostenkategorien angegeben werden (das gilt insbesondere, aber nicht nur, wenn Einzelkosten im Wege einer Mischkalkulation auf andere Kostenkategorien umgelegt werden),
ee) bei deren Kostenkalkulation in der Position Personal mehr als ein Anteil von 20% ehrenamtliches Personals/geringfügig Beschäftigter eingeflossen ist, […]
ii) bei denen eine unzulässige Form der Mehrfachbeteiligung oder eine unzulässige Bildung einer Bewerbergemeinschaft vorliegt (siehe dazu näher oben Ziffer 9) und jj) für die auf entsprechende Anforderung die Genehmigung oder ein genehmigungsfähiger Antrag nicht oder nicht fristgerecht vorgelegt werden (siehe dazu näher unten Ziffer 13).“
b) Zweite Stufe: Feststellung der Eignung der Bewerber
c) Dritte Stufe: Prüfung Konzept Sonderbedarf – Feststellung der Fähigkeit zum Aufwuchs des Leistungspotentials
d) Vierte Stufe: Angemessenheit der Leistungskosten
„Auf Angebote, bei denen die angegebenen (Gesamt-)Kosten in offenbarem Missverhältnis zur angebotenen Leistung stehen (sog. Unterangebote), wird der Zuschlag nicht erteilt. Deshalb wird auf der vierten Stufe die Angemessenheit der in den Angeboten angegebenen Durchführungskosten geprüft. Erscheint dabei ein Angebot im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig, so wird der Konzessionsgeber vom Bewerber bzw. der Bewerbergemeinschaft Aufklärung verlangen. Der Konzessionsgeber berücksichtigt bei Prüfung des Angebotes und bei seiner Entscheidung über einen etwaigen Ausschluss eines Unterkostenangebotes die Maßgaben aus § 60 [der Verordnung der Vergabe über öffentliche Aufträge] VgV entsprechend.“
e) Fünfte Stufe: Vergleichende Angebotswertung anhand der Zuschlagskriterien.
10
Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Genehmigung nach Art. 21 Abs. 1 BayRDG sind in Ziff. 13 Teil A der Auswahlunterlagen festgelegt.
11
Die Rechtsbehelfe sind in Ziff. 15 Teil A der Auswahlunterlagen geregelt:
„Für das Verfahren zur Nachprüfung behaupteter Verstöße gegen die verwaltungsrechtlichen Bestimmungen, insbesondere diejenigen aus Art. 2 Abs. 14, Art. 13 BayRDG sowie des [Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetzes] BayVwVfG ist zuständig das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg […]. Bewerber, deren Angebot nicht berücksichtigt werden soll, werden vor Vertragsschluss über das Ergebnis der Auswahlentscheidung informiert.“
12
In § 15 Abs. 2 des öffentlich-rechtlichen Vertrags in Teil D der Auswahlunterlagen ist die Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grund geregelt:
„[…] Einen weiteren wichtigen Grund stellt schließlich auch die Nichteinhaltung der Bindung an die Preiskalkulation in den Entgeltverhandlungen mit den Kostenträger[n] (siehe § 9 Abs. 2 dieses Vertrages), die Weigerung einer Zusammenarbeit mit anderen im Rettungsdienst beteiligten Organisationen und Unternehmen gem. § 12 dieses Vertrages und die Nichterfüllung der Leistungsversprechen nach einer Abmahnung mit Kündigungsandrohung (siehe § 13 dieses Vertrages, dort insbesondere Abs. 6) dar.“
13
Die Antragstellerin reichte am 12.1.2024 u.a. Angebote für die Lose 3 und 4 ein.
14
Mit Schreiben vom 23.1.2024 forderte der Antragsgegner die Antragstellerin zur Aufklärung ihres Angebotes für die Lose 3 und 4 auf. Dem kam die Antragstellerin mit Aufklärungsschreiben vom 26.1.2024 nach. Mit Vorabinformation über die Auswahlentscheidung vom 13.2.2024 informierte der Antragsgegner die Antragstellerin darüber, dass ihre Angebote im Rahmen der Angebotswertung nach Maßgabe der Vorgaben aus Ziff. 12 Teil A der Auswahlunterlagen jeweils nicht als wirtschaftlichstes Angebot ausgewählt worden seien. Es werde beabsichtigt den Zuschlag jeweils einem anderen Bewerber zu erteilen. Das Angebot zu den Losen 3 und 4 sei nicht wertungsfähig (erste Wertungsstufe). Der in Ziff. 12 lit. a) dd) Teil A der Auswahlunterlagen genannte Ausschlussgrund sei gegeben. Die Einzelkosten „Kosten für Verwaltungspersonal und für sonstiges Personal“ seien jeweils mit 0,00 € beziffert. Die Höhe entspreche nicht den zutreffend anzugebenden Kosten. Es könne dahinstehen, ob die Funktionsstellen tatsächlich besetzt werden könnten, ohne dass hierfür entsprechende (zusätzliche) Personalkosten entstünden. Denn es sei angegeben worden, dass die weiteren Verwaltungstätigkeiten (Lohn-/Gehaltsabrechnung, Finanzbuchführung) zentral in … durchgeführt würden. Für diese Leistungen seien keine Kosten benannt worden. Es ändere sich auch nichts an dem Befund, sollten diese Verwaltungstätigkeiten durch die Muttergesellschaft, die … Holding OHG, durchgeführt werden. Denn auch diese entstehenden Kosten seien von der Antragstellerin zu tragen und könnten aufgrund des Kostendeckungsprinzips grundsätzlich auch von den Kostenträgern beansprucht werden. Die Kategorie „Kosten für Medikamente“ seien in den Losen 3 und 4 jeweils mit 0,00 € beziffert worden. Soweit ausgeführt worden sei, dass Medikamente (im klassischen Sinn) nicht benötigt würden, widerspreche das dem Konzept der Antragstellerin, in dem angegeben worden sei, dass Medikamente nach den Herstellervorgaben aufbewahrt würden. Ebenso handle es sich bei medizinischem Sauerstoff um ein Medikament. Es wird auf das Kostendeckungsprinzip verwiesen. Hinsichtlich der Angaben zu dem Punkt „Kosten für Verbrauchsmaterial“ bei den Losen 3 und 4 sei fraglich, ob die vorgenommenen Auf- bzw. Abrundungen in der Größenordnung zulässig seien. Ein Runden aus „taktischen Gründen“ sei nicht zulässig. Die Kosten seien in zutreffender Weise anzugeben. Eine „taktische Kostenangabe“ sei keine zutreffende. In den Losen 3 und 4 seien in der Kostenkategorie „Kosten für Reparaturen-Wartung“ die identischen Kostenangaben (jeweils 2.500 €) gemacht worden. Die verbindlichen Kalkulationsgrundlagen nach Ziff. 8 lit. d) Teil A der Auswahlunterlagen seien in den beiden Losen unterschiedlich. Die Einzelkosten seien nicht in der zutreffenden Höhe angegeben worden, da die variablen Kosten, abhängig von der Fahrleistung bei den Losen 3 und 4 aufgrund unterschiedlicher Kalkulationsvorgaben nicht identisch ausfallen dürften. Soweit dies mit der Ansetzung eines Puffers begründet worden sei, sei fraglich, weshalb es geboten gewesen sei, für die Lose 3 und 4 unterschiedliche Werte anzusetzen. Es bekräftige den Verstoß gegen die Bewerbungsbedingungen, die insoweit eine konkrete Kilometerzahl vorgegeben hätten und eine Kostenangabe in der zutreffenden Höhe forderten. Es bestehe die Gefahr, dass aufgrund des Kostendeckungsprinzips letztlich nicht die kalkulierten Pauschalen, sondern die möglicherweise höheren, tatsächlich angefallenen Kosten gegenüber den Kostenträgern verlangt würden. Bei den „Kosten für Energie, Wasser“ sei mit statischen Kosten gerechnet worden. Dies könnte unzutreffende Kosten nahelegen. Der Punkt „Kosten für Miete Gebäude“ sei mit 0,00 € beziffert worden. Die Ausführungen, der Inhaber der Muttergesellschaft als Vermieter habe zugesichert, die notwendigen Garagen als Sachmittelspende einzubringen und der Muttergesellschaft die Miete für den benötigten Platz (Fahrzeug, Aufenthaltsräume) für die nächsten zwei Jahre zu reduzieren, führten zu dem Schluss, dass die reduzierte Miete nur für die ersten zwei Vertragsjahre gelte und eine spätere Erhöhung nicht ausgeschlossen sei. Nach Ziff. 8 lit. d) der Bewerbungsanlagen müssten die angegebenen Kosten für die gesamte Vertragslaufzeit gelten. Ein Ausschluss nach Ziff. 12 lit. a) dd) der Auswahlunterlagen sei bereits nach einer unzutreffenden Angabe von Einzelkosten gerechtfertigt, sodass dieser im vorliegenden Fall des mehrfachen Verstoßes erst recht geboten scheine. Aufgrund des Kostendeckungsprinzips erscheine ein (mehrfacher) Verstoß gegen diese Vorgabe besonders problematisch. Für die Angebote sei die Angemessenheit der Leistungskosten nicht zu bejahen gewesen (vierte Wertungsstufe). Die Angebote für die Lose 3 und 4 seien (auch) auf der vierten Wertungsstufe auszuschließen, weil sie im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig erscheinen würden, die geringe Höhe der angebotenen Kosten nicht zufriedenstellend nach Maßgabe der § 60 Abs. 1 bis 3 VgV entsprechend habe aufgeklärt werden können und dies nach Maßgabe von § 60 Abs. 3 und 4 VgV entsprechend zur Ablehnung des Angebotes führe. Die Aufklärung der Angebotskosten sei nicht in überzeugender Weise erfolgt, die angebotenen Kosten seien nicht zufriedenstellend erklärt worden. Dies betreffe insbesondere die Kosten für das Verwaltungspersonal und das sonstige Personal sowie die Kosten für Medikamente, die jeweils mit 0,00 € beziffert seien, die „taktischen Kostenangaben“ für Verbrauchsmaterial, die „Kosten für die Reparaturen-Wartung“, die nicht (hinreichend) verbrauchsabhängig kalkuliert worden seien, die statische Berechnung der Kosten für Energie und Wasser sowie die Angabe der Mietkosten. Nachdem keine zufriedenstellende Aufklärung erfolgt sei und der Verdacht des Vorliegens eines unauskömmlichen Angebotes nicht habe ausgeräumt werden können, sei der Ausschluss nach § 60 Abs. 3 Satz 1 VgV entsprechend grundsätzlich geboten. Vorliegend sei zu beachten, dass aufgrund des preislichen Abstandes zum nächstrangigen Angebot das Vorliegen eines nicht kostendeckenden bzw. unauskömmlichen Angebotes bereits indiziert sei. Deshalb müsse nicht der Konzessionsgeber dem Bewerber nachweisen, dass dessen Angebot unangemessen niedrig sei, die Beweislast gehe auf den Bewerber über. Er habe Gründe darzulegen, die die geringe Höhe des angebotenen Preises oder der angebotenen Kosten zufriedenstellend aufklärten. Diese Beweislastverteilung sei sachgerecht, weil nur der Bewerber in der Lage sei, zur Angemessenheit seiner Kalkulation Stellung zu nehmen und die Bedenken der Vergabestelle zu entkräften. Es werde nicht verkannt, dass das Vorliegen einer einzelnen Ungewissheit in einer einzelnen Position nicht per se das Vorliegen eines unauskömmlichen Angebotes im Ganzen bedeuten müsse. Es sei zu beachten, dass vorliegend nicht nur eine einzelne Position, sondern eine Vielzahl an Kostenangaben nicht zufriedenstellend habe aufgeklärt werden können. Weiter sei festzustellen, dass auf der Grundlage der Kalkulation eine vertragskonforme Erbringung der Leistungen nicht gesichert erscheine. Die Vertragslaufzeit über zehn Jahre sei durchaus lang, ein nicht kostendeckendes Angebot könne über einen so langen Zeitraum womöglich nicht aufrechterhalten werden. Für die Prognose, ob die Leistungen auftragsgerecht erbracht werden könnten, sei auch zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin als gGmbH ein junges Unternehmen mit beschränkter finanzieller Ausstattung sei und sich aktuell auf starkem „Expansionskurs“ befinde. Auch deshalb sei zweifelhaft, ob die Antragstellerin die Leistungen zu den angebotenen Preisen über die gesamte Vertragsdauer erbringen könne. Bei nicht zufriedenstellender Aufklärung der geringen Höhe des angebotenen Preises oder der angebotenen Kosten sei das Ermessen des Konzessionsgebers rechtlich dahin gebunden, dass die Ablehnung des Zuschlags grundsätzlich geboten sei. Die Angebote für die Lose 3 und 4 seien auf der ersten Wertungsstufe und auf der vierten Wertungsstufe ausgeschlossen worden, daher sei keine vergleichende Angebotswertung mehr vorzunehmen. Zudem könne für die Angebote in den Losen 3 und 4 als jeweils kostengünstigstes, aber nicht berücksichtigungsfähiges Angebot, die Punktzahl im Hauptkriterium 1 (Leistungskosten) nicht zutreffend bestimmt werden. Weiter könne ein Ausschluss bzw. eine Nichtberücksichtigung wegen Vorlage eines nichtgenehmigungsfähigen Antrags in Betracht kommen. Die Genehmigungsfähigkeit sei unklar. Es sei seitens des Antragsgegners bei der Regierung der Oberpfalz als Aufsichtsbehörde der Genehmigungsbehörde angefragt worden. Die Frage sei dem Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration vorgelegt worden.
15
Mit Schreiben vom 29.2.2024 rügte der Antragstellerbevollmächtigte die Auswahlentscheidung.
16
Mit Schreiben vom 6.3.2024 teilte der Antragsgegner seine Nichtabhilfe hinsichtlich der Rüge der Antragstellerin mit.
17
Der Bevollmächtigte hat am 13.3.2024 Klage erhoben (RO 4 K 24.568) und gleichzeitig um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Antragstellerin einen Anspruch auf Zuschlagserteilung habe. Sie sei rechtswidrig aus dem Auswahlverfahren ausgeschlossen worden. Die Zuschlagskriterien seien 50% Preis und 50% Leistungsversprechen gewesen. Die Antragstellerin habe im Leistungsversprechen die volle Punktzahl erhalten und sei ausweislich der Vorabinformation in den Losen 3 und 4 der preisgünstigste Bieter gewesen, sodass ihr der Zuschlag hätte erteilt werden müssen. Bezüglich der Lose 3 und 4 wird ausgeführt, dass es sich im Rahmen der ersten Wertungsstufe nicht um unzutreffende Einzelkosten handle. Es handle sich um eine Kostenkalkulation mit Blick in die Zukunft, die Kosten stünden jedoch nicht jetzt bereits final und unverändert für diesen längeren Zeitraum fest. Auch hätte es für eine zutreffendere Angabe der Einzelkosten einer detaillierten Auflistung der Einsätze bedurft. Der Antragsgegner könne den Angebotsausschluss nicht darauf stützen, dass die Antragstellerin anders als andere Bewerber kalkuliere. Eine Kalkulation unterliege einer Vielzahl von Kosteneinflussfaktoren, die ein Bieter einschätzen und bewerten müsse. Angaben von fiktiven Einsatzzahlen seien ungeeignet für die Ableitung „realer Werte“. Das Kostendeckungsprinzip entspreche nicht der gelebten und anzuwendenden Praxis. Es werde nach erfolgtem Zuschlag mit den Kostenträgern verhandelt und dem Auftragnehmer ein Budget nach Art. 34 Abs. 5 Satz 4 BayRDG zur Verfügung gestellt, mit dem die nächsten zwei Jahre die Leistungen zu erbringen seien. Ein Nachreichen von Kosten sei nicht möglich. Erst nach den zwei Jahren werde ein neues Budget verhandelt. Dies sei dem Antragsgegner ausweislich der Auswahlunterlagen auch bewusst. Es liege ein Ermessensfehlgebrauch bei der Entscheidung vor, da der Antragsgegner von falschen Grundlagen ausgegangen sei. Zu dem Punkt „Kosten für Verwaltungspersonal und sonstiges Personal“ wird vorgetragen, dass der Antragsgegner annehme, dass 0,00 € nicht die zutreffende Höhe sein könne. Es sei ausweislich der Auswahlunterlagen nicht ausgeschlossen, diesen Wert in einer Kostenkategorie anzugeben, wenn keine Kosten anfielen. Bei der Bieterin und Antragstellerin entstünden keine zusätzlichen Personalkosten. Auch entstünden diese nicht zusätzlich bei Muttergesellschaft der Antragstellerin, da die weiteren Verwaltungstätigkeiten von dem bestehenden Personalstamm mitübernommen würden. Selbst wenn zusätzliche Personalkosten entstehen würden, beträfen sie nicht dieses Verfahren, da die Muttergesellschaft diese der Antragstellerin nicht in Rechnung stellen werde. Zu dem Punkt „Kosten für Medikamente“ wird ausgeführt, dass hier ebenfalls das zum Kostendeckungsprinzip Ausgeführte gelte. Der medizinische Sauerstoff sei nicht diesem Kostenpunkt, sondern den „Kosten für Verbrauchsmaterial“ zugeordnet worden. Auch wenn dies falsch gewesen sein sollte, so führe dies nicht zu einer Kostengeltendmachung in unzutreffender Höhe. Zu dem Punkt „Kosten für Verbrauchsmaterial“ wird ausgeführt, dass hier ebenfalls das zum Kostendeckungsprinzip Ausgeführte gelte. Die Kosten seien zudem zutreffend angegeben worden. Bei einer „taktischen Angabe“ handle es sich um eine berechnende Angabe von Kosten. Eine solche sei aber mit einer Schätzung für die Zukunft gefordert, die keine zutreffende Angabe sein könne. Zu dem Punkt „Kosten für Reparaturen-Wartung“ wird ausgeführt, dass hier ebenfalls das zum Kostendeckungsprinzip Ausgeführte gelte. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass unterschiedliche Fahrleistungen zu unterschiedlichen Kosten für Reparatur und Wartung führten. Es müsse auf vergangene Erfahrungswerte abgestellt werden, über die die Antragstellerin in erheblichem Umfang verfüge. Zu dem Punkt „Kosten für Energie, Wasser“ wird ausgeführt, dass die Angabe nicht zu einem Ausschluss führen könne. Es könne sich bei der Kostenfestsetzung immer nur um eine statische Angabe, beruhend auf vergangenen Kosten handeln, da unklar sei, wie sich die Kosten für Energie und Strom in den kommenden Jahren entwickelten. Zu dem Punkt „Kosten für Miete Gebäude“ wird ausgeführt, dass die Miete zunächst für die nächsten zwei Jahre reduziert worden sei. Für die folgenden Jahre sei es noch offen, ob und welche Kosten anfallen werden. Die Kostensteigerung könne derzeit nicht beziffert werden, sie könne daher beispielsweise mit der Einführung neuer Gebühren und Abgaben seitens der öffentlichen Hand verglichen werden, welche nach den Auswahlunterlagen zulässig seien. Dem Antragsgegner sei bewusst, dass die Angaben keiner strikten Deckelung der Kosten über zehn Jahre gleichkomme. Zwischenzeitliche Kostensteigerungen müssten bei den Entgeltverhandlungen mit den Kostenträgern berücksichtigt werden.
18
Es sei festzuhalten, dass dem Antragsgegner nach dem abzuschließenden öffentlich-rechtlichen Vertrag ein Sonderkündigungsrecht zustehe, das ausgeübt werden könne, wenn die Antragstellerin bei den Entgeltverhandlungen mit den Kostenträgern nach der Zuschlagserteilung und dem Vertragsschluss nicht die Kostenkalkulation des Angebotes zugrunde lege. Es liege ein Ermessensdefizit und Ermessensfehlgebrauch vor, da der Antragsgegner dies als milderes Mittel in die Erwägungen hätte miteinfließen lassen müssen. Es lägen die falschen Annahmen der ersten Wertungsstufe zugrunde, die auf der vierten Wertungsstufe zum Ausschluss geführt hätten. Eine korrekte Würdigung ergebe, dass die Kosten zufriedenstellend aufgeklärt worden seien und das Angebot der Antragstellerin nicht hätte abgelehnt werden dürfen. Selbst wenn es noch einer weiteren Aufklärung bedurft hätte, wäre dies die Pflicht des Antragsgegners gewesen. Es sei fraglich, ob niedrige Leistungskosten die Wirtschaftlichkeit eines Angebotes in Frage stellen könnten oder ob dies nicht ein wirtschaftliches Angebot ausmache. Ein wirtschaftliches Angebot sei nach § 127 Abs. 1 Satz 3 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) ein Angebot mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Das Angebot der Antragstellerin sei auskömmlich.
19
Die Unterstellung „für die Prognose, ob sie ihre Leistungen auftragsgerecht erbringen können, ist auch zu berücksichtigen, dass sie als gGmbH ein junges Unternehmen mit beschränkter finanzieller Aussatzung sind und sich aktuell auf starken „Expansionskurs“ befinden“ stelle eine Diskriminierung junger Unternehmen dar und belege die Intention des Antragsgegners, die Antragstellerin ausschließen zu wollen. Es bestehe die Gefahr der Ruf- und Geschäftsschädigung.
20
Der Antragstellerin sei im Zusammenhang mit der Vorlage eines nichtgenehmigungsfähigen Antrages nicht ersichtlich, welche Auslegungsfrage hinsichtlich Art. 24 Abs. 3 BayRDG für dieses Verfahren relevant sein könnte, da es vorliegend nicht um einen Krankentransport außerhalb des öffentlichen Rettungsdienst gehe. Zudem sei nicht der Antragsgegner oder die Regierung der Oberpfalz für die Prüfung eines Genehmigungsantrags zuständig, sondern die untere Rettungsdienstbehörde.
21
Bei der Verbandsversammlung des Antragsgegners seien u.a. die Landrätin des Landkreises R. als Verbandsvorsitzende, der Landrat des Landkreises N. als Verbandsrat sowie der Landrat des Landkreises C. als Verbandsrat anwesend gewesen. Die Landrätin des Landkreises R. sei als hinzuberufene Persönlichkeit Mitglied des Vorstandes des Kreisverbandes R. des B. (im Folgenden: B.) sowie erste stellvertretende Vorsitzende des Bezirksverbandes Niederbayern/Oberpfalz des B. Der Landrat des Landkreises N. sei Vorsitzender des Vorstandes des Kreisverbandes N. des B. Der Landrat des Landkreises C. sei als hinzuberufene Persönlichkeit Mitglied des Vorstandes des Bezirksverbandes Niederbayern/Oberpfalz des B. Sie hätten daher nach Art. 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayVwVfG nicht im Verwaltungsverfahren des Antragsgegners tätig werden dürfen. Das Verfahren leide an einem schwerwiegenden Fehler, der Verwaltungsakt sei daher gemäß Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG nichtig. Soweit der Antragsgegner vortrage, dass die Landrätin des Landkreises R. und der Landrat des Landkreises N. nicht anwesend gewesen seien, wäre die Verbandsversammlung nach § 9 Abs. 1 der Verbandssatzung für den Antragsgegner (im Weiteren: Satzung ZRF) nicht beschlussfähig. Soweit der Antragsgegner vortrage, dass der Landrat des Landkreises C. weder Mitglied der Organe des B. noch gegen Entgelt für den B. tätig sei, sei anzumerken, dass Art. 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayVwVfG nicht auf die Organe i.S.d. § 12 der Satzung des B. (im Weiteren: Satzung B.), sondern auf die Vorstandsmitglieder abstelle. Das B. gliedere sich in Verbände auf Kreis- und Bezirksebene, die dessen operative Aufgaben in dem jeweiligen Gebiet durchführten. Die Gremien seien Mitgliederversammlung und Vorstand, der den Kreis-/Bezirksverband leite. Weiter sei auch der stellvertretende Geschäftsleiter und Kontaktstelle des Auswahlverfahrens bei dem B. gegen Entgelt beschäftigt. Er sei nach § 15 Abs. 1 Satz 6 AVBayRDG als Organisatorischer Leiter in … für das B. als Verbandsmitglied bestellt worden. Aufgrund § 52 Abs. 3 der Satzung B. sei davon auszugehen, dass er für seine Tätigkeit eine Tätigkeitsvergütung erhalte oder zumindest finanziell von der Bestellung als Organisatorischer Leiter profitiere. Er erhalte aufgrund der Berechtigung zur Ausrüstung seines privaten Pkw mit Sonderwarneinrichtungen bei vielen Fahrzeugherstellern einen Rabatt auf den Kaufpreis. Zusätzlich sei mit der Auswahlentscheidung gegen die Vorgaben in Ziff. 9 Teil A der Auswahlunterlagen verstoßen worden, an die der Antragsgegner aufgrund der Selbstbindung der Verwaltung gebunden sei. Die beiden Organisationen, aus denen sich die Bewerbergemeinschaft, die den Zuschlag in beiden Losen erhalten solle, zusammensetze, hätten die beiden Aufträge auch jeweils alleine ausführen können. Daher hätte die Bewerbergemeinschaft ausgeschlossen werden müssen. Zusätzlich habe die M. gGmbH, als eine der beiden Organisationen der Bewerbergemeinschaft, nicht den geforderten Nachweis der Gemeinnützigkeit nach Ziff. 12 lit. b) bb) Teil A der Auswahlunterlagen erbracht. Die Zuschlagserteilung und der Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages, der ab dem 18.3.2024 erfolgen könne, würde die Verwirklichung des Zuschlages an die Antragstellerin vereiteln oder zumindest wesentlich erschweren. Es werde davon ausgegangen, dass der Antragsgegner eine Interimsvergabe in Betracht ziehe. Hierbei müsse es trotz der Dringlichkeit und der Gründe der Versorgungssicherheit zu einem angemessenen Bieterwettbewerb kommen. Eine Aufforderung zur Angebotsabgabe begrenzt auf drei Bieter könne ordnungsgemäß sein. Es müsse eine nachvollziehbare, willkürfreie Auswahl der aufgeforderten Unternehmen erfolgen. Es wäre ermessensfehlerhaft, die Antragstellerin nicht zu beteiligen. Ein Interimsauftrag müsse zeitlich beschränkt erteilt werden.
22
Die Antragstellerin beantragt,
1.
den Antragsgegner zu verpflichten, es vorläufig zu unterlassen, der … GbR oder einem anderen Dritten den Zuschlag in dem Auswahlverfahren zur Stationierung und Betrieb von zwei KTW im Rettungsdienstbereich … auf Basis einer Dienstleistungskonzession zu erteilen,
2.
den Antragsgegner zu verpflichten, es zu unterlassen, die interimsweise Beauftragung des Betriebs des KTW 10 und KTW 11 (Los 3 und Los 4) auszuführen/zu vollziehen, ohne die Antragstellerin an einem hierauf gerichteten Auswahlverfahren als Bewerberin/Bieterin zu beteiligen,
3.
(Antrag auf Zwischenverfügung),
4.
bis zur Entscheidung in der Hauptsache den Antragsgegner zu verpflichten, weitere die geltend gemachte Rechtsposition der Antragstellerin beeinträchtigende Handlungen einstweilen zu unterlassen und
5.
(Akteneinsicht).
23
Der Antragsgegner beantragt,
die Anträge abzulehnen.
24
Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Anträge mangels Statthaftigkeit unzulässig seien. Es handle sich bei der Vorabinformation vom 13.2.2024 um einen Verwaltungsakt, der mit aufschiebender Wirkung nach § 80 Abs. 1 VwGO angefochten werden könne, sodass für einen Eilrechtsschutz nach § 123 VwGO kein Raum sei. Daher müsse die Antragstellerin keinen Zuschlag an die Beigeladene abwarten, denn der maßgebliche Rechtsakt sei die Vorabinformation, nicht erst Zuschlag oder Vertragsabschluss.
25
Weiter bestehe auch kein Anordnungsanspruch. Der Verwaltungsakt sei nicht aufgrund der Mitwirkung ausgeschlossener Personen nichtig oder rechtswidrig. Die Landrätin des Landkreises R. sowie der Landrat des Landkreises N. seien bei der Sitzung der Verbandsversammlung am 9.2.2024 bei den das vorliegende Verfahren betreffenden Tagesordnungspunkten nicht anwesend gewesen. Der Landkreis N. sei in der Zwischenzeit durch dessen stellvertretenden Landrat vertreten worden, sodass die Verbandsversammlung auch beschlussfähig gewesen sei. Der Landrat des Landkreises C. sei zwar am Verfahren beteiligt gewesen, jedoch weder Mitglied in einem Organ des B. noch gegen Entgelt für diesen tätig. Der Bezirksverband, als Untergliederung des B., sei kein Organ i.S.v. § 12 Satzung B. und rechtlich nicht selbständig. Nur das B. selbst als Körperschaft des öffentlichen Rechts sei eine juristische Person, die sich an einem Auswahlverfahren beteiligen und Angebote abgegeben könne. Zudem sei der Landrat des Landkreises C. weder Mitglied des Vorstandes des Bezirksverbandes Niederbayern/Oberpfalz noch sei er zur Landesversammlung des B. für den Bezirksverband Niederbayern/Oberpfalz delegiert. Als sog. „hinzuberufene Persönlichkeit“ komme ihm keine Stellung als Organmitglied im Bezirksverband zu. Auch der stellvertretende Geschäftsleiter des Antragsgegners sei keine ausgeschlossene Person i.S.d. Art. 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayVwVfG. Er sei als Organisatorischer Leiter vom Antragsgegner bestellt worden und für diesen tätig und nicht für das B. Auch bekomme er für seine Tätigkeit als Organisatorischer Leiter kein Entgelt, es sei eine rein ehrenamtliche Tätigkeit.
26
Aus dem Vorbringen der Antragstellerin, die Bildung einer Bewerbergemeinschaft verstoße gegen Ziff. 9 Teil A der Auswahlunterlagen bzw. § 1 GWB, mit der Folge, dass deren Angebot der Zuschlag nicht erteilt werden dürfe, lasse sich kein Anordnungsanspruch ableiten, da das Angebot der Antragstellerin unabhängig hiervon weiterhin auszuschließen sei. Es sei aber festzuhalten, dass die Bildung der Bewerbergemeinschaft nicht gegen Ziff. 9 Teil A der Auswahlunterlagen bzw. § 1 GWB verstoße. Der Antragsgegner habe diese mit Schreiben vom 1.2.2023 (Anmerkung des Gerichts: 2024) zur Aufklärung der Zulässigkeit der Bildung der Bewerbergemeinschaft aufgefordert. Dies sei mit Schreiben vom 6.2.2024 in ausreichender Form erfolgt, jedenfalls die dritte Fallgruppe, bei der die beteiligten Unternehmen zwar für sich genommen leistungsfähig seien, aber im Rahmen einer wirtschaftlich zweckmäßigen und kaufmännisch vernünftigen Entscheidung erst der Zusammenschluss ein erfolgsversprechendes Angebot ermögliche, sei gegeben.
27
Den Angeboten der Antragstellerin für die Lose 3 und 4 könne kein Zuschlag erteilt werden. Sie seien rechtmäßig auf der ersten Wertungsstufe ausgeschlossen worden aufgrund unzutreffender Angabe von Einzelkosten nach Ziff. 12 lit. a) dd) Teil A der Auswahlunterlagen. Der Antragsgegner gehe zwar nicht davon aus, dass die tatsächlichen Kosten im Zeitpunkt der Angebotserstellung schon feststehen müssten, jedoch verlange er eine Kalkulation bzw. Kostenangabe unter Berücksichtigung der angegebenen Kalkulationsgrundlagen. Das Kostendeckungsprinzip sei nicht der angewendete Ausschlussgrund. Der Antragsgegner berufe sich hierfür auf Ziff. 12 lit. a) dd) Teil A der Auswahlunterlagen. Durch unzutreffende Kostenangaben leide die Vergleichbarkeit der Angebote und es bestünden erhebliche Nachtragsrisiken mit der Gefahr einer Kostensteigerung. Zusätzlich komme das sog. Kostendeckungsprinzip erschwerend hinzu. Nach Ablauf der ersten beiden Vertragsjahre komme es wieder zu Verhandlungen zwischen dem Durchführenden und dem Kostenträger. Hierbei gelte das Kostendeckungsprinzip dann gesetzlich und faktisch. Es bestehe hierbei die Gefahr der Spekulation, eine Kostenunterdeckung in den ersten beiden Vertragsjahren durch höhere Kosten in den restlichen acht Vertragsjahren auszugleichen, sodass das entsprechend günstig kalkulierte Angebot über die gesamte Vertragslaufzeit nicht das tatsächlich wirtschaftlichste Angebot sei. Aufgrund des Kostendeckungsprinzips bestehe hier eine abstrakte Missbrauchsgefahr. Im Hinblick darauf, dass für die vorliegende Konzession die Vergütung der Leistungen durch Dritte erfolge, müsse das wirtschaftlichste Angebot zuverlässig ermittelt werden. Die angegebenen „Kosten für Verwaltungspersonal und sonstiges Personal“ in Höhe von 0,00 € seien unzutreffend. Es führe zu keinem anderen Ergebnis, dass diese Verwaltungstätigkeiten womöglich nicht durch die Antragstellerin, sondern durch deren Muttergesellschaft, die … Holding OHG, durchgeführt würden. Es müsse sich hierbei auch nicht um „zusätzlich“ anfallende Kosten handeln. Die Antragstellerin habe mit ihrer Muttergesellschaft am 15.2.2023 einen Dienstleistungsvertrag geschlossen, in dem die Erbringung von Dienstleistungen durch die Muttergesellschaft im Auftrag der Antragstellerin geregelt sei, insbesondere nach § 2 dieses Vertrages bezüglich Leistungen in den Bereichen Verwaltung (Personal, Buchhaltung sowie Abrechnung der Tragsportbelege) und IT-Administration. Nach § 6 dieses Vertrages sei die Antragstellerin zur Vergütung der Leistungen nach Stundensätzen verpflichtet. Es handle sich um eine Aufwandsvergütung, sodass die Behauptung, es würden keine Kosten anfallen, unzutreffend sei.
28
Weiter sei auch die Angabe der „Kosten für Medikamente“ in Höhe von 0,00 € in den Losen 3 und 4 unzutreffend. Mit der Angabe, dass Medikamente (im klassischen Sinn) nicht benötigt würden, widerspreche die Antragstellerin den Angaben in ihrem eigenen Konzept, in dem es auch um die Medikamentenaufbewahrung ginge. Es hätten demnach solche anfallenden Kosten für Medikamente beziffert werden müssen. Aufgrund des Kostendeckungsprinzips bestehe die Möglichkeit der Geltendmachung der tatsächlich anfallenden Kosten. Die unzutreffende Angabe von Einzelkosten führe nach Ziff. 12 lit. a) dd) Teil A der Auswahlunterlagen zum Ausschluss des Angebotes. Aufgrund des Kostendeckungsprinzips bestehe hier eine abstrakte Missbrauchsgefahr, auch bereits bei der falschen Zuordnung von Einzelkosten zu einer Kostenkategorie. Die Angebote in den Losen 3 und 4 seien auch wegen unzutreffender Angabe der „Kosten für Verbrauchsmaterial“ auszuschließen. Ein Abrunden oder Aufrunden dürfe jedenfalls nicht aus „taktischen Gründen“ erfolgen. Es bedürfe im Hinblick auf das Kostendeckungsprinzip und der damit verbunden abstrakten Missbrauchsgefahr einer zutreffenden Kostenangabe. Es werde keine punktgenaue zukünftige Kostenangabe erwartet, sondern eine tragfähige Prognose auf Grundlage der benannten Kalkulationsgrundlagen.
29
Weiter sei auch die Angabe der „Kosten für Reparaturen-Wartung“ unzutreffend. Es seien in den Losen 3 und 4 jeweils die identischen Kostenangaben gemacht worden trotz unterschiedlicher Fahrleistungen als verbindliche Kalkulationsgrundlagen. Aufgrund des Kostendeckungsprinzips bestehe auch hier die abstrakte Gefahr der Geltendmachung höherer Kosten gegenüber den Kostenträgern in den Folgejahren. Es gebe zwar keinen Automatismus, dass nach einer bestimmten Fahrleistung diese Kostenhöhe anfalle. Jedoch handle es sich dabei um variable fahrleistungsabhängige Kosten. Ein Fahrzeug müsse nach einer bestimmten Fahrstrecke regelmäßig gewartet werden. Es gebe zwischen der Kilometerangabe in den Losen 3 und 4 eine Differenz von rund 57%. Die Wartungskosten müssten bei dem Angebot für Los 4 zwar nicht 57% höher als bei dem für Los 3 ausfallen. Die Angabe identischer Kosten sei aber auch nicht plausibel. Die Angaben in den Auswahlunterlagen seien auch nicht unzureichend. Der Antragsgegner sei sich bewusst, dass die Kosten im Zeitpunkt der Angebotserstellung noch nicht in absoluten Zahlen feststehen müssten, sondern sich dynamisch entwickeln könnten. Es werde keine punktgenaue zukünftige Kostenangabe erwartet, sondern eine tragfähige Prognose auf Grundlage der benannten Kalkulationsgrundlagen. Die Verwendung der angegebenen Kalkulationsgrundlagen diene auch der Vergleichbarkeit der abgegebenen Angebote. Es komme darauf an, dass die Kalkulation auf den richtigen Annahmen basiere und methodisch richtig durchgeführt worden sei. Die Kostenangabe gelte als verbindliche Grundlage für die Entgeltverhandlungen. Die Antragstellerin dürfte die Kalkulationsgrundlagen auch nicht eigenmächtig verwerfen bzw. unberücksichtigt lassen aufgrund vermeintlich fehlender weiterer Angaben ohne vorherige Rüge gemäß Ziff. 10 Teil A der Auswahlunterlagen.
30
Weiter sei ein Ausschluss der Angebote für die Lose 3 und 4 auch aufgrund der unzutreffenden Angabe der „Kosten für Energie, Wasser“ veranlasst. Bei der Kostenermittlung sei mit statischen Kosten gerechnet worden ohne Beachtung einer Erhöhung der Kosten bei der Unterbringung weiterer Fahrzeuge, beispielsweise durch den Betrieb der Heizlüfter, der in den Angebotsunterlagen der Antragstellerin geschildert sei. Die Antragstellerin hätte den zusätzlichen Strom- und Wasserbedarf aufgrund der Erweiterung des Betriebes bei der Kalkulation berücksichtigen müssen. Auch die „Kosten für Miete Gebäude“ seien unzutreffend in Höhe von 0,00 € angegeben worden. Die Zusicherung der Garagen als Sachmittelspende des Vermieters sei nur für die nächsten zwei Jahre erfolgt. Nach Ziff. 8 lit. d) Teil A der Auswahlunterlagen müssten aber die angegebenen Kosten für die gesamte Vertragslaufzeit als verbindliche Grundlage der Entgeltverhandlungen gelten. Es sei nicht ausgeschlossen, dass für die weiteren acht Vertragsjahre höhere Mietzahlungen anfallen und diese aufgrund des Kostendeckungsprinzip vom Kostenträger verlangt werden könnten. Es fehle darüber hinaus an der Vergleichbarkeit der Angebote.
31
Aufgrund der mehrfachen Verstöße sei ein Ausschluss nach Ziff. 12 lit. a) dd) Teil A der Auswahlunterlagen geboten gewesen. Im Hinblick auf das Kostendeckungsprinzip sei ein mehrfacher Verstoß besonders problematisch. Es bestehe auch keine vorrangige Pflicht zur Kündigung vor dem Ausschluss. Sinn und Zweck des vertraglichen Sonderkündigungsrechts sei eine nachrangige Korrekturmöglichkeit nach falscher Prognose. Die Angebote für die Lose 3 und 4 seien rechtmäßig auch auf der vierten Wertungsstufe ausgeschlossen worden mangels angemessener Leistungskosten, da das Angebot ungewöhnlich niedrig erscheine. Der Antragsgegner habe aufgrund dessen Aufklärung über die Leistungskosten von der Antragstellerin verlangt. Dies betreffe die „Kosten für das Verwaltungspersonal und das sonstige Personal“, die verbrauchsabhängigen „Kosten für Medikamente und medizinisches Verbrauchsmaterial“, die „Kosten für Reparaturen-Wartung“, die „Kosten für Energie, Wasser“ sowie die „Kosten für die Miete“. Die Aufklärung sei in nicht überzeugender Weise erfolgt, sodass ein Ausschluss nach § 60 Abs. 3 Satz 1 VgV geboten gewesen sei. Aufgrund des preislichen Abstandes sei das Vorliegen eines nicht kostendeckenden bzw. unauskömmlichen Angebotes indiziert. Der Antragsgegner gehe davon aus, dass eine vertragskonforme Erbringung der Leistungen auf Grundlage der Kalkulation der Antragstellerin nicht gesichert erscheine. Die Sozialversicherungsträger seien am 5.2.2024 gemäß Art. 13 Abs. 3 Satz 3 BayRDG über die geplante Auswahlentscheidung informiert worden und hätten keine Bedenken angemeldet. Der Antragsgegner habe nicht die Absicht, der Antragstellerin die allgemeine Eignung, Erfahrung oder Integrität abzusprechen. Vielmehr habe er diese im Rahmen der zweiten Wertungsstufe geprüft und bejaht.
32
Weiter komme ein Ausschluss bzw. eine Nichtberücksichtigung des Angebots der Antragstellerin wegen der Vorlage eines nichtgenehmigungsfähigen Antrages in Betracht. Die Genehmigungsfähigkeit des Antrags sei derzeit noch unklar. Es sei diesbezüglich eine Anfrage bei der zuständigen Aufsichtsbehörde der Genehmigungsbehörde, der Regierung der Oberpfalz, erfolgt, die diese wiederum an das Bayerische Staatsministerium des Inneren, für Sport und Integration weiterleiteten. Es gehe um die Auslegung des Art. 24 Abs. 3 BayRDG.
33
Es fehle auch für die Anträge 2. bis 4., die die Interimsvergabe beträfen, der Anordnungsanspruch. Es bestehe kein Anspruch an einem etwaigen Auswahlverfahren einer Interimsvergabe beteiligt zu werden. Ein solcher bestünde nur, wenn der Antragsgegner rechtlich zwingend verpflichtet wäre, seinen Sicherstellungsauftrag im Wege einer Interimsvergabe nach Art. 13 Abs. 2 und 3 BayRDG zu gewährleisten. Vorliegend sei es aber auch möglich seinen Interimsbedarf anderweitig ohne weiteres Auswahlverfahren zu decken. Der Bedarf könne mit einer Änderung bestehender Verträge i.S.d. Art. 13 Abs. 4 BayRDG gedeckt werden. Der Bedarf könne auch auf Grundlage der Ergebnisse des streitgegenständlichen Auswahlverfahrens für einen Interimszeitraum gedeckt werden. Im Bereich des bodengebundenen Rettungsdienstes bedürfe es zur Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung anders als im strengen Vergaberecht keines „förmliches Vergabeverfahrens“. Für die Frage, ob es überhaupt zu einer Interimsvergabe komme, komme es auch auf die gerichtliche Entscheidung bezüglich des vorläufigen Verbotes einer Zuschlagserteilung für das ausgewählte Angebot an. Wenn das Gericht diesen Anträgen stattgeben würde, wäre der Antragsgegner gezwungen eine Interimsvergabe durchzuführen, bei der er das Angebot der Antragstellerin zwingend beauftragen müsse, unabhängig davon, ob es das wirtschaftlichste sei. Es handle sich bei den Anträgen bezüglich der Interimsvergabe um eine Regelungsanordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO, deren weitere Voraussetzungen ebenso nicht vorlägen. Der vierte Antrag sei darüber hinaus zu unbestimmt. Für alle Anträge der Antragstellerin sei kein Anordnungsgrund gegeben. Dies folge aus den fehlenden Erfolgsaussichten in der Hauptsache bzw. dem fehlenden Anordnungsanspruch. Auch gehe die Interessenabwägung zwischen dem Sicherstellungsauftrag des Antragsgegners gemäß Art. 5 Abs. 1 BayRDG und dem im Rahmen der Berufsfreiheit gewährleisteten Anspruch der Antragstellerin auf Teilhabe am Wettbewerb sowie auf rechtliches Gehör bzw. effektiven Rechtsschutz zuungunsten der Antragstellerin aus.
34
Der Bevollmächtigte der Antragstellerin erwiderte mit Schriftsatz vom 10.4.2024, dass die Anträge gemäß § 123 VwGO statthaft seien. Eine Anfechtungsklage mit aufschiebender Wirkung führe nicht zu dem von der Antragstellerin verfolgten Rechtsschutzziel. Anders als für das vergaberechtliche Verfahren in § 134 Abs. 12 (Anmerkung des Gerichts: wohl Abs. 2) GWB und § 135 Abs. 1 GWB gebe es hier keine Bewerberschutzvorschriften, die eine Zuschlagserteilung verhindern könnten.
35
Die Fehlerfolge eines Verstoßes gegen Art. 20 BayVwVfG richte sich nach Art. 44 ff. BayVwVfG. Es folge nicht zwingend, sondern nur bei einem besonders groben Verstoß eine Nichtigkeit des Verwaltungsaktes. Die Landrätin des Landkreises R. sowie der Landrat des Landkreises N. seien aus Sicht des Antragsgegners vom Verfahren wegen ihrer Stellung im Vorstand des B. auszuschließen gewesen, nicht aber der Landrat des Landkreises C. Auch letzterer sei als „hinzuberufene Persönlichkeit“ gemäß § 39 der Satzung B. Mitglied des Bezirksvorstandes und für die …-Arbeit von besonderer Bedeutung. Kreis- und Bezirksverbände des B. seien nicht nur Unterabteilungen, sondern agierten in weiten Teilen selbstständig.
36
Es gebe in den Losen 3 und 4 nach Kenntnis der Antragstellerin nur jeweils zwei Angebote. Ein Ausschluss der Angebote der Beigeladenen aufgrund der unzulässig gebildeten Bewerbergemeinschaft würde zu einer Aufhebung des Verfahrens und neuen Ausschreibung führen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Beigeladene nur als Bewerbergemeinschaft zur Abgabe eines wirtschaftlich zweckmäßigen und kaufmännisch vernünftigen Angebotes in der Lage gewesen sei angesichts der Größe, Anzahl der Beschäftigten, sonstigen Leistungen und Umsätzen der beiden Organisationen. Hinsichtlich des Ausschlusses des Angebotes für die Lose 3 und 4 auf erster Wertungsstufe werde ergänzend angemerkt, dass dieser nur bei einer unrichtigen Kostenangabe möglich sei. Eine solche formelle, nicht kalkulatorische Falschangabe liege nicht vor. Die Frage der Auskömmlichkeit der Kosten und inhaltliche Prüfung betreffe die vierte Wertungsstufe. Für die Kalkulation seien keine hinreichenden Vorgaben gemacht worden. Das Kostendeckungsprinzip sei in den Auswahlunterlagen nicht als Ausschlussgrund erwähnt, obwohl der Antragsgegner bei seiner Ausschlussentscheidung auf diesen Grundsatz abgestellt habe. Es bestehe auch nicht das antragsgegnerseits befürchtete Nachtragsrisiko. Es könne zwar nach zwei Jahren nachverhandelt werden, jedoch müsse hierbei jede einzelne Kostensteigerung konkret dargelegt und begründet werden. Es werde dann einzelfallbezogen von den Kostenträgern über die Anerkennung der Kosten entschieden. Wenn man ein solches Nachtragsrisiko als gegeben ansehen würde, dann bestünde das größte Risiko bei der Beigeladenen. Alle großen Hilfsorganisationen seien tarifgebunden, sodass deren Personalkosten in den letzten Jahren um über 10% angestiegen seien. Personalkosten würden in der Notfallrettung den mit Abstand größten Kostenpunkt darstellen. Zudem komme es aufgrund des Tarifergebnisses 2024 zu einer Tabellenerhöhung von 7,5% ab dem 1.1.2025, die bei der Kalkulation nicht habe berücksichtigt werden können, da das Tarifergebnis erst nach Abgabefrist vorgestellt worden sei. Das vermeintlich wirtschaftlichste Angebot der Beigeladenen sei somit mit Sicherheit nicht über die gesamte Vertragslaufzeit das tatsächlich wirtschaftlichste Angebot. Eine Vergleichbarkeit der Wirtschaftlichkeit über den gesamten Konzessionszeitraum sei aufgrund der vielen kalkulatorische Unwägbarkeiten nicht möglich. Ein Ausschluss der Antragstellerin aufgrund einer abstrakte Gefahr eines Nachtragsrisikos, welche bei sämtlichen anderen Hilfsorganisationen auch bestehe, sei nicht vertretbar. Nach Art. 13 Abs. 3 Satz 1 BayRDG müsse das Auswahlverfahren transparent, unter Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung und Wahrung der Vertraulichkeit durchgeführt werden. Unter „unzutreffenden Kostenangaben“ könnten nur Angaben verstanden werden, die objektiv überprüfbar seien, was jedoch bei einer Kalkulation, die auch immer mit Annahmen arbeite, nie gegeben sei. Die „Kosten für das Verwaltungspersonal und sonstiges Personal“ seien korrekt und nicht irreführend, da keine zusätzlichen Personalkosten entstünden. Auch der bestehende Dienstleistungsvertrag mit der Muttergesellschaft führe zu keiner anderen Kostenangabe, denn die … Holding OHG habe zugesichert für diese Leistungen keine Vergütung zu verlangen. Auch die „Kosten für Medikamente“ in Höhe von 0,00 € seien zutreffend angegeben. Ein KTW halte keine Medikamente vor. Die Angabe im Konzept bezüglich der Aufbewahrung von Medikamenten nach den Herstellervorgaben sei nur vorsorglich erfolgt. In den Auswahlunterlagen sei nicht festgelegt, dass es sich bei „Sauerstoff“ um ein Medikament handele. Es sei der Antragstellerin überlassen, in welcher Kategorie sie diesen einordne. Zudem würde sich der Gesellschafter der … Holding OHG dazu verpflichten, die Kosten für etwaig benötigte Medikamente und die Kosten für den benötigten medizinischen Sauerstoff für die Laufzeit der Vereinbarung im Rahmen einer Spende einzubringen. Die Angaben der „Kosten für medizinisches Verbrauchsmaterial“ beruhten auf einer tragfähigen Prognose unter Berücksichtigung der Kalkulationsgrundlagen. Hinsichtlich der „Kosten für Reparaturen-Wartung“ sei festzuhalten, dass es nicht ausgeschlossen sei, bei einzelnen Losen identische Kostenangaben zu machen. Es könnten, müssten aber keine unterschiedlichen Kosten entstehen. Der Vergleich der zwei Fahrzeuge in den Losen 3 und 4 zeige, dass das Fahrzeug in Los 3 eine geringere Laufleistung, aber einen höheren Kilometerstand habe als das Fahrzeug in Los 4. Die kalkulatorischen Kosten der beiden Lose würden sich daher ausgleichen. Die „Kosten für Energie und Wasser“ seien korrekt angegeben worden. Der angesprochene Heizlüfter komme nur in einem sehr kurzen Zeitraum zum Einsatz und verursache daher nur minimale Kosten. Zudem unterstelle der Antragsgegner, dass die KTW als weitere Fahrzeuge kostensteigernd hinzukommen würden. Die Antragstellerin habe mit statischen Kosten rechnen können, da kein zusätzlicher Strom- und Wasserbedarf entstehe, da sich der Betrieb nicht erweitere, sondern gleichbleibe. Hinsichtlich der „Kosten für Miete Gebäude“ liege kein Verstoß gegen Ziff. 8 lit. d) Teil A der Auswahlunterlagen vor. Über die angegebenen Kosten in Höhe von 0,00 € müsste die Antragstellerin nach zwei Jahren mit den Kostenträgern verhandeln. Dies sei jedoch das wirtschaftliche Risiko der Antragstellerin und keine „Besonderheit des Kostendeckungsprinzips“. Auch das Argument der Unvergleichbarkeit der Angebote greife nicht, da der Antragsgegner diese an anderer Stelle durch eine Ehrenamtsquote fördere. Die Antragstellerin sei bei allen Kostenangaben von einer Geltung für die gesamte Vertragslaufzeit als verbindliche Grundlage der Entgeltverhandlungen ausgegangen. Die Kalkulationsgrundlagen des Antragsgegners hätten keinen Einfluss auf diese Verhandlungen. Eine Rüge der unzureichenden Kalkulationsgrundlagen sei rechtzeitig erfolgt. Die Unzulänglichkeiten der Auswahlunterlagen seien der Antragstellerin erst mit dem Vorabinformationsschreiben bekannt geworden. Eine Rüge vor Ablauf der Angebotsfrist sei daher nicht möglich gewesen. Zudem sei weder im BayVwVfG noch im BayRDG geregelt, dass eine Rüge nicht auch nach Ablauf der Angebotsfrist erfolgen könne. § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB sei hier nicht einschlägig.
37
In der vierten Wertungsstufe werde die Auskömmlichkeit der Kosten bewertet. Der Antragsgegner habe nicht angegeben, ob die sog. Aufgreifschwelle von 20% oder der Korridor von 10 bis 20% überhaupt erfüllt sei. Die Aufklärung der Antragstellerin sei vom Antragsgegner nicht hinreichend und korrekt gewürdigt worden. Es liege ein Ermessensfehlgebrauch vor. Es sei fraglich, weswegen der Antragsgegner die VgV ausschließe und dann § 60 VgV nutze. Dies sei zwar in den Auswahlunterlagen festgelegt worden, es führe jedoch dazu, dass im Auswahlverfahren das Vergaberecht durch die Hintertür wieder hineingebracht werde. Im Rahmen der Prüfung der Angaben eines Bieters müsse der Auftraggeber zunächst klären, ob ein auskömmliches Angebot vorliege oder das Angebot zwar unauskömmlich sei, der Bieter aber wettbewerbskonforme Ziele verfolge und er zu dem angebotenen Preis in wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht voraussichtlich leistungsfähig sei und von ihm erwartet werden könne, dass er den Vertrag ordnungsgemäß ausführen werde. Der Antragsgegner behaupte, dass die Antragstellerin die vertraglichen Leistungen über die gesamte Laufzeit zu den angebotenen Unterkosten nicht leisten könne, ohne Gründe dafür zu nennen. Die pauschale Behauptung die Antragstellerin als junges Unternehmen in Form einer gGmbH verfüge nur über beschränkte finanzielle Ausstattung zeige, dass der Antragsgegner sich mit der Prognose der Leistungsfähigkeit nicht auseinandergesetzt habe. Die aufzuklärenden Positionen seien im Vergleich zu den Gesamtkosten kleine, finanziell vernachlässigbare Positionen, die keinen die Existenz der Antragstellerin gefährdenden Anteil ausmachen würden. Die pauschalen Aussagen „junges Unternehmen“ oder „beschränkte finanzielle Ausstattung“ stehe dem Gedanken des Gesetzgebers bei der Änderung des BayRDG entgegen (vgl. Bayerischer Landtag, Drucksache 18/19306, S. 28). Mit der Antragstellerin als gemeinnützige Organisation könne diese dauerhafte Funktions- und Leistungsfähigkeit des öffentlichen Rettungsdienstes in besonderem Maße sichergestellt werden. Es handle sich bei der Antragstellerin um eine Ausgründung infolge der Gesetzesänderung hinsichtlich der „Bereichsausnahme“ aus einem Unternehmen, welches seit 1993 zuverlässig Leistungen in der Notfallrettung erbringe.
38
Auch die Verschlechterung der Rechtsposition verbiete sich im einstweiligen Rechtschutz und sei daher mit umfasst. Der Antragstellerin könne nicht zugemutet werden, jeglichen Optionen des Antragsgegners mit eigenen Anträgen im einstweiligen Rechtschutz entgegenzutreten, sodass der Antrag auf ein grundsätzliches Verbot der Verschlechterung der Rechtsposition zulässig sei. Eine Auftragsverlängerung sei unzulässig, da es sich um eine Änderung eines öffentlichen Auftrags ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens handle. Die Durchführung einer Interimsvergabe sei verpflichtend, wenn eine neue Vergabe beabsichtigt sei. Eine Auftragsänderung scheide aus. Es bedürfe zwar keines „förmliches Vergabeverfahrens“, jedoch eines Auswahlverfahrens gemäß Art. 13 Abs. 3 Satz 1 BayRDG. Bei einer Deckung des Interimsbedarfs ohne vorheriges gesondertes Auswahlverfahren müsse beachten werden, dass die Antragstellerin in dem bereits durchgeführten streitgegenständlichen Verfahren das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hätte und aufgrund der Kürze der Interimsvergabe von geschätzt zwei Jahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache die Bedenken des Antragsgegners nicht bestünden. Es würden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit auch für den Antragsgegner gelten. Bei einer Zuschlagerteilung an einen deutlich teureren Anbieter würden diese Grundsätze massiv verletzt. Es müsse daher ein gerichtlich veranlasstes Interimsverfahren durchgeführt werden, an dem die Antragstellerin beteiligt werden müsse, da ansonsten eine rechtswidrige Direktvergabe oder Auftragsänderung durch den Antragsgegner erfolge, welche die Antragstellerin massiv in ihren Rechten verletze. Es bestehe für alle Anträge ein Anordnungsgrund. Es sei keine Gefährdung der Notfallrettung ersichtlich. Die pauschale Behauptung die RTW müssten im Rahmen der Kreuzverwendung ausfallende Fahrten im Krankentransport kompensieren, sei unzutreffend. Dies sei nur eine eingeschränkt bestehende Möglichkeit. Es müsse ein ordnungsgemäßes Auswahlverfahren durchgeführt werden. Der rechtswidrige Ausschluss der Antragstellerin führe zur Überprüfung dieses Auswahlverfahrens und des Verhaltens des Antragsgegners.
39
Mit Beschluss vom 9.4.2024 wurde die … GbR zum Verfahren beigeladen.
40
Die Beigeladene beantragt,
den Antrag insgesamt abzulehnen.
41
Die Beigeladene führt aus, dass bei Rettungsdienstleistungen keine irreversiblen Zustände geschaffen würden, sodass kein qualifiziertes Rechtschutzbedürfnis für vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutz bestehe. Im Verwaltungsvergabeverfahren existiere keine zu § 168 Abs. 2 Satz 1 GWB vergleichbare Regelung, nach der in einem vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren ein wirksam erteilter Zuschlag nicht mehr aufgehoben werden könne. Zudem habe die Antragstellerin kein schützenswertes Interesse daran, dass der Rettungsdienstauftrag derzeit nicht vergeben werde im Hinblick auf den Sicherstellungsauftrag des öffentlichen Rettungsdienstes des Antragsgegners. Ein Stattgeben der Anträge der Antragstellerin würde zu einer Einstellung des Rettungsdienstes in dem Gebiet ab dem 1.7.2024 führen.
42
Eine Rechtswidrigkeit der Zuschlagserteilung folge nicht aus der Beteiligung der Landrätin des Landkreises R. sowie der Landräte der Landkreise N. und C. Nach vergaberechtlicher Rechtsprechung sei zu prüfen, ob eine Verletzung von Regeln des Auswahlverfahrens einen Bewerber um die Konzession unbillig behindere. Hierzu müsse dargelegt werden, dass es nach den Umständen des Einzelfalls die Vergabeentscheidung möglicherweise auf einer fehlerhaften Angebotsbewertung beruhe. Dies sei für die Lose 3 und 4 wegen einer möglichen Nähe der Beteiligten zum B. nicht der Fall, da sich dieses nach Kenntnisstand der Beigeladenen auf diese Lose nicht beworben habe.
43
Es liege kein Verstoß gegen Ziff. 9 Teil A der Auswahlunterlagen und § 1 GWB vor. Ein Zusammenschluss gleichartiger Unternehmen als Bietergemeinschaft sei grundsätzlich zulässig. Eine solche Beteiligung sei nach der Rechtsprechung des BGH nur dann verboten, wenn die Vereinbarung zur spürbaren Beeinflussung der Marktverhältnisse durch Beschränkung des Wettbewerbs führe. Eine spürbare Beeinflussung der Marktverhältnisse setze voraus, dass die Bietergemeinschaft zusammen eine marktbeherrschende Stellung einnehme oder eine solche durch ein einzelnes Mitglied der Bietergemeinschaft bestehe. Eine marktbeherrschende Stellung werde ab einem Marktanteil von 40% im deutschen Recht vermutet. Im EU-Recht werde in der Regel ab einem Marktanteil von 50% von einer marktbeherrschenden Stellung ausgegangen. Die Beigeladene habe nur einen kleinen Anteil am Gesamt-Rettungsdienstmarkt. Den Rettungsdienstmarkt in Bayern beherrsche mit einem Marktanteil von ca. 80% das B. Erst durch die gemeinsame Bewerbung habe die Beigeladene ein konkurrenzfähiges Angebot, insbesondere gegenüber dem B., aber auch gegenüber der Antragstellerin, die mit Unterpreisangeboten derzeit am Markt agiere, abgeben können. Durch den Zusammenschluss würden die jeweiligen Stärken in bestimmten Bereichen der ausgeschriebenen Leistung sowie wirtschaftliche Synergieeffekte genutzt. Die Beigeladene ist der Ansicht, dass bei dem Wertungskriterium „Preis“ für alle Bewerber nur ein geringer wirtschaftlicher Gestaltungsspielraum bestehe. Die Kosten des Rettungsdienstes, die vor allem durch die Personalkosten bestimmt würden, dürften bei allen Leistungserbringern in etwa gleich sein. Im vorliegenden Auswahlverfahren sei für das wirtschaftlichste Angebot das Maß an Ausfallsicherheit von Personal und Sachmitteln, das ein Bieter offerieren könne, entscheidend gewesen. Die Personalgewinnung für alle Schichten der Vorhaltezeiten der streitgegenständlichen Lose sei schwierig. Die Beigeladene profitiere hierbei aus dem Zusammenschluss als Bietergemeinschaft. Dieser sei aus unternehmerischer Sicht sinnvoll und geboten und damit kartellrechtlich zulässig. Der Antragsgegner habe dies auch im Rahmen seiner nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbaren Einschätzungsprärogative bejaht. In der Verabredung zur Bildung einer Bietergemeinschaft liege auch keine wettbewerbswidrige Absprache auf Verzicht von Einzelbewerbungen, denn eine Parallelbeteiligung wäre mit dem Wettbewerbsverbot unvereinbar und kartellrechtswidrig, nicht aber der Verzicht.
44
Die Behauptung der fehlenden (nachgewiesenen) Gemeinnützigkeit der M. gGmbH sei unsubstantiiert und falsch. Es gebe keine Konzerngemeinnützigkeit, sondern nur eine Gemeinnützigkeit der jeweiligen juristischen Person, welche im Auswahlverfahren nachgewiesen worden sei und außerdem bereits durch die Rechtsform belegt werde. Es bestehe keine Gefahr einer dauerhaften Vereitelung oder wesentlichen Erschwerung der Rechte der Antragstellerin durch die Zuschlagserteilung an die Beigeladene. Bis zu einer möglichen Hauptsacheentscheidung des Gerichts zugunsten der Antragstellerin werde ihr durch Zuschlagserteilung an die Beigeladene offensichtlich keine Rechtspositionen entzogen, weil die Antragstellerin im Falle der mit dem vorliegenden Eilantrag begehrten Unterlassung den Rettungsdienst auch nicht selbst durchführen würde. Im Anschluss an eine solche Entscheidung in der Hauptsache müsste der Antragsgegner rechtmäßige Zustände herstellen, sodass keine dauerhafte Gefährdung von Rechten der Antragstellerin ohne die begehrte Anordnung ersichtlich sei.
45
Mit Schreiben vom 29.4.2024 hat das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration eine Sperrerklärung gemäß § 99 Abs. 1 Satz 3 VwGO für Aktenbestandteile des streitgegenständlichen Auswahlverfahrens abgegeben. Unter dem 13.5.2024 hat das Gericht einen Beweisbeschluss erlassen bezüglich der Entscheidungserheblichkeit bestimmter gesperrter Informationen. Einer Offenlegung dieser Dokumente seitens des Antragsgegners haben nicht alle Beteiligten zugestimmt.
46
Mit weiterem Schriftsatz vom 2.5.2024 führte der Antragsgegner ergänzend aus, dass dem Konzessionsgeber durch die Regelung des Vergaberegimes in einer Norm des BayRDG erhebliche Spielräume eröffnet worden seien. Er habe sich im Vorfeld durch die Bewerbungsbedingungen an Bestimmungen gebunden, um die Lücken des Vergaberegimes zu schließen. Dies sei auch im Interesse der Bewerber erfolgt, um Rechtssicherheit und Transparenz zu schaffen, die dem Wettbewerb und der Gleichhandlung dienten. Hinsichtlich eines entsprechenden Interimsverfahren nach Art. 13 Abs. 3 Satz 1 BayRDG wird ausgeführt, dass ein solches noch nicht eingeleitet worden sei und sich der Antragsgegner deshalb auch noch nicht an vergaberechtliche Bestimmungen habe binden können. Daher gehe der Vorwurf der „Rosinenpickerei“ bezüglich einer Interimsvergabe schon im Ansatz fehl.
47
Weiter liege für die diesbezüglichen Anträge auch kein Anordnungsanspruch vor. Es bestehe nicht per se einen Anspruch darauf, an einem etwaigen Auswahlverfahren über die Interimsvergabe beteiligt zu werden. Der Antragsgegner sei nicht dazu verpflichtet eine Interimsvergabe durchzuführen, der Interimsbedarf könne auch anderweitig gedeckt werden. Hierbei berufe sich die Antragstellerin für einen Anspruch auf Beteiligung an einem Interimsverfahren auf die vergaberechtliche Rechtsprechung, deren Anwendung sie aber andererseits dem Antragsgegner als „Rosinenpickerei“ untersagen wolle. Der Antragsgegner berufe sich auf die Privilegien, die er im Zuge der Umsetzung der Bereichsausnahme genieße und verweise auf den Willen des Gesetzgebers auf vorrangigen Schutz der Bürger. Im Wege des Erst-Recht-Schlusses müsse ein bestimmtes Verhalten des Konzessionsgebers, welches nach den strengen Regeln des Vergaberechts zulässig sei, erst Recht auch in dem privilegierten Regime des Art. 13 BayRDG zulässig sein. Dieser Erst-Recht-Schluss funktioniere aber nur in die eine Richtung, also von dem strengen auf das privilegierte Regime. Weiter bestehe die Möglichkeit auf der Grundlage der Ergebnisse des streitgegenständlichen Auswahlverfahrens die Leistungen für den Interimszeitraum zu vergeben. Die wegen unzutreffender Kostenangaben auszuschließenden und nicht wertungsfähigen Angebote für die Lose 3 und 4 würden für eine Beauftragung für den Interimszeitraum nicht in Betracht kommen.
48
Das B. habe in den streitgegenständlichen Losen keine Angebote abgegeben. Der Landrat des Landkreises C. sei, anders als die Landrätin des Landkreises R. sowie der Landrat des Landkreises N., kein Mitglied eines Organs nach § 12 der Satzung B. Der Bezirksvorstand des Bezirksverbandes Niederbayern/Oberpfalz sei kein solches Organ des B. Der Bezirksverband als solcher hätte kein wirksames Angebot abgeben können, da er mangels eigener Rechtspersönlichkeit keinen wirksamen Vertrag schließen könne.
49
Aus dem vermeintlichen Verstoß gegen Ziff. 9 Teil A der Auswahlunterlagen bzw. § 1 GWB könne die Antragstellerin keinen Anordnungsanspruch ableiten. Es habe für beide Lose jeweils mehr als zwei wertungsfähige Angebote gegeben, sodass selbst bei einem Ausschluss der Beigeladenen der Zuschlag an das jeweils nächstplatzierte Angebot zu erteilen gewesen wäre. Es würde zu keiner Aufhebung des Verfahrens und neuen Ausschreibung führen. Die Gründe für die Bildung einer Bewerbergemeinschaft beträfen Geschäftsgeheimnisse und seien daher gesperrt worden.
50
Weiter bestehe für alle Anträge auch kein Anordnungsgrund. Ergänzend wird zur Interessenabwägung ausgeführt, dass eine Gefährdung der Notfallrettung vorliegen könne. Die Einstellung der Durchführung des Krankentransportes der beiden streitgegenständlichen KTW hätte auf die Versorgung mit Krankentransportleistungen sowie auf den Bereich der bodengebundenen Notfallrettung gemäß Art. 2 Abs. 2 BayRDG Auswirkungen. Im Wege der sog. Kreuzverwendung müssten die ausfallenden Fahrten im Krankentransport durch den Einsatz von RTW kompensiert werden, die währenddessen ihrem eigentlichen Zweck (Notfallrettung) nicht zur Verfügung stünden. Das von der Antragstellerin geltend gemachte Interesse an der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung stelle kein im Rahmen der Interessenabwägung berücksichtigungsfähiges subjektives Recht der Antragstellerin dar, sondern sei Teil einer objektiven Rechtmäßigkeitskontrolle.
51
Ergänzend führte die Antragstellerin am 12.5.2024 zum Ausschluss der Bewerbergemeinschaft aus, dass eine jahrelange rechtswidrige Praxis an der Universitätsklinik … nicht dazu führe, dass diese Praxis durch Zeitablauf legitimiert werde. Die Zusammenarbeit an der Universitätsklinik diene nur dazu, sich eine bessere Wettbewerbssituation gegenüber den noch verbliebenen infrage kommenden Krankentransportanbietern zu verschaffen. Es sei fraglich, ob das B. eine für den Rettungsdienst in Bayern marktbeherrschende Stellung einnehme, da auch eine relevante Anzahl von Einsatzfahrzeugen dritter Organisationen unterwegs sei. Auch die Annahme einer Marktbeherrschung des B. führe nicht dazu, dass im Umkehrschluss alle anderen am Rettungsdienst beteiligten Unternehmen munter Bewerbergemeinschaften bilden könnten, um den Wettbewerb in Verdrängungsabsicht unter sich auszumachen.
52
Die Antragstellerhin habe keine Unterpreisangebote abgegeben, sondern die Beigeladene schaffe unnötige (Personal-)Kosten, die sie durch vermeintliche Synergieeffekte versuche zu rechtfertigen. Daraus folge auch der auffallend hohe preisliche Abstand zwischen dem Angebot der Antragstellerin zu dem der Beigeladenen. Die angeblichen Synergieeffekte durch die Bietergemeinschaft könnten auch ein Argument für eine Wettbewerbsverzerrung sein. Zudem erfolge nicht immer eine gemeinsame Bewerbung der beiden Organisationen, so wohl in dem RTW Auswahlverfahren jeweils für Los 3.
53
Weiter sei eine zuverlässige Leistungserbringung durch die Beigeladene nicht gesichert. Im Rettungsdienst komme es bei einer Vielzahl von Einsätzen zu Verzögerungen, sodass der von der Beigeladenen geplante Schichtwechsel der Besatzung des RTW zum KTW unter keinen Umständen garantiert werden könne. In Anbracht dessen hätte der Antragsgegner die Angebote der Beigeladenen erneut bewerten und zu dem Schluss kommen müssen, dass die Angebote der Beigeladenen mangels der geforderten Sicherstellung der Leistungserbringung nicht zuschlagsfähig seien.
54
Weiter bestehe ein Anordnungsanspruch. Der Wille des Gesetzgebers könne sich nicht über das EU-Primärrecht hinwegsetzen. Auch in einem Interimsverfahren müsse der Wettbewerbsgedanke durchaus bestehen bleiben und Berücksichtigung finden.
55
Für das Vorliegen eines Anordnungsgrundes auch im Hinblick auf die Problematik einer Kreuzverwendung führt die Antragstellerin verschiedene Möglichkeiten zur Abwendung einer solchen Verwendung aus.
56
Mit weiterem Schreiben vom 17.5.2024 ergänzt der Antragsgegner, dass die Aufgreifschwelle für eine rechtmäßige Aufklärung nach § 60 Abs. 1 VgV nicht 20%, sondern 10% betrage. Es bestehe bei 20% eine Aufklärungspflicht des Konzessionsgebers. In der vergaberechtlichen Rechtsprechung sei umstritten, ob diese Pflicht nicht sogar bereits bei 10% vorliege. Jedenfalls könne der Konzessionsgeber ab einem Abstand von 10% Aufklärung verlangen. Es komme also nur darauf an, ob die Aufgreifschwelle von 10% erreicht bzw. überschritten sei. Der preisliche Abstand zwischen dem Angebot der Antragstellerin für die beiden Lose und den nächstrangigen Angeboten betrage jeweils mehr als 10%, sodass die Aufklärung des Angebotes zulässig und die Entscheidung des Antragsgegners zur Aufklärung auch nicht aus anderen Gründen rechtswidrig sei. Neben dem Abstand habe es auch weitere Gründe für die Aufklärungsaufforderung gegeben. Der vorliegende Vertragsgegenstand sei eine genau definierte Leistung, für die mehrere konkrete Vorgaben im BayRDG sowie in den Auswahlunterlagen existierten. Insbesondere für den größten Kostenfaktor, die Personalkosten, sei die Leistung eindeutig und unabänderbar nach Qualität bestimmt. Anders als bei einer offen oder funktional beschriebenen Leistung, bei der Unterschiede in der Qualität oder Quantität naheliegende Gründe für unterschiedliche Kostenangaben sein mögen, könne vorliegend auch ein geringer Preisabstand ein Anzeichen für ein unauskömmliches Angebot sein. Der Antragsgegner habe in allen Losen, in denen der preisliche Abstand zwischen den Angeboten die Aufgreifschwelle von 10% überschreiten habe, diese zur Aufklärung aufgefordert und nicht speziell zu Lasten der Antragstellerin.
57
Für die beiden Lose seien jeweils mehr als zwei wertungsfähige Angebote abgegeben worden, sodass ein Ausschluss der Angebote der Beigeladenen aufgrund einer unzulässigen Bildung einer Bewerbergemeinschaft nicht zu einer Verbesserung der Rechtsposition der Antragstellerin führe, sondern der Zuschlag auf das Angebot des nächstplatzierten Bewerbers erteilt werden müsste.
58
Der zutreffende Hinweis, dass Gesetzesmaterialien nicht immer pauschal mit dem Gesetzgeberwillen gleichgesetzt werden könnten, könne aber nicht zu der Schlussfolgerung führen, dass einer Gesetzesbegründung für die Auslegung einer Norm keinerlei Bedeutung mehr zukomme.
59
Mit Schreiben vom 14.3.2024, 10.4.2024, 10.5.2024 und 31.5.2024 gab der Antragsgegner Stillhalteerklärungen ab, in denen (zuletzt) zugesichert wurde, einen Vertrag nicht vor dem 30.6.2024 abzuschließen.
60
Für den Sachverhalt und das Vorbringen der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten mit den wechselseitigen Schriftsätzen sowie die vorgelegten Behördenakten. Die Akten der Verfahren RO 4 K 24.110, RO 4 E 24.567 (mit Ausnahme der mit Zustimmung der Verfahrensbeteiligten offengelegten Dokumente, die von der Sperrerklärung des Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration vom 29.4.2024 umfasst sind), RO 4 K 24.568 und RO 4 K 24.575 wurden beigezogen.
II.
61
1. Der zulässige Antrag in Ziff. 1 auf Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Unterlassung der Zuschlagserteilung an die Beigeladene oder einen Dritten im Auswahlverfahren AV20ABE8-EU für die Lose 3 und 4 auf Basis einer Dienstleistungskonzession hat in der Sache keinen Erfolg.
62
1.1 Der Antrag ist zulässig.
63
a) Der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist eröffnet. Bei dem hier seitens der Antragstellerin geltend gemachten Anspruch handelt es sich um einen solchen, der im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit geltend zu machen ist. Die flächendeckende Versorgung mit rettungsdienstlichen Leistungen ist nach Art. 1 Satz 2 Bayerisches Rettungsdienstgesetz (BayRDG) vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 eine öffentliche Aufgabe und durch einen öffentlichen Rettungsdienst sicherzustellen. Die streitgegenständliche Vergabe von Rettungsdienstleistungen findet ihre Rechtsgrundlage in der öffentlich-rechtlichen Vorschrift des Art. 13 BayRDG. Nach Art. 13 Abs. 5 Satz 1 BayRDG wird das Rechtsverhältnis zwischen dem Träger rettungsdienstlicher Aufgaben und den mit der Durchführung des Rettungsdienstes Beauftragten durch öffentlich-rechtlichen Vertrag geregelt. Da die Rechtsnatur des Vertrages damit kraft Gesetzes dem öffentlichen Recht zugewiesen ist, ist die Streitigkeit öffentlich-rechtlicher Natur (vgl. BGH, NZBau 2012, 248 − Rettungsdienstleistungen III; BayVGH, B. v. 23.12.2009 – 21 CE 09.3131 – juris; VG Ansbach, B. v. 10.4.2018 – AN 14 E 18.00200 – juris, Rn. 75). Der Verwaltungsrechtsweg ist auch nicht aufgrund einer abdrängenden Sonderzuweisung ausgeschlossen. Die Sonderzuweisung an die Vergabekammern nach §§ 155, 156 Abs. 2 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) findet – aufgrund der Vergabe in der Bereichsausnahme „Rettungsdienst“ ausschließlich an gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen i.S.d. Art. 2 Abs. 14 BayRDG – nach Art. 13 Abs. 1 Satz 2 BayRDG i.V.m. § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB keine Anwendung.
64
b) Der Antrag nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist auch statthaft.
65
Für vorläufigen Rechtsschutz gegen Einzelmaßnahmen stellt die Verwaltungsgerichtsordnung in § 80 Abs. 5 den Antrag auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und in § 123 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Verfügung. Rechtsschutz im Wege der letztgenannten Vorschrift kommt nach § 123 Abs. 5 VwGO nur subsidiär in Betracht. Ist daher in der Hauptsache eine Anfechtungsklage statthaft, dann ist einstweiliger Rechtsschutz regelmäßig im Wege des § 80 Abs. 5 VwGO zu gewähren; handelt es sich hingegen um ein Verpflichtungs- oder Leistungsbegehren, dann ist der Antrag nach § 123 VwGO statthaft (Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 123 Rn. 9). Welcher Eilrechtsbehelf im Einzelfall statthaft ist, richtet sich daher nach der in der Hauptsache zu erhebenden Klage. In Anfechtungsverfahren wird einstweiliger Rechtsschutz durch Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gewährt, bei Verpflichtungsbegehren und in allen anderen Streitigkeiten ist hingegen § 123 VwGO einschlägig (Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 80 Rn. 67). Im vorliegenden Verfahren wäre in der Hauptsache die Anfechtungsklage nicht statthaft. Bei der Vorabinformation des Antragsgegners an die Antragstellerin vom 13.2.2024 handelt es sich um einen Verwaltungsakt gemäß Art. 35 Satz 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) (vgl. BayVGH, B. v. 15.11.2018 – 21 CE 18.854 – juris Rn. 51). Dieser ist aber nicht Gegenstand des hiesigen Verfahrens. Die Antragstellerin begehrt hier im einstweiligen Rechtschutz vom Antragsgegner ein vorläufiges Unterlassen der Zuschlagserteilung an einen anderen Bewerber. Das Ziel des einstweiligen Rechtsschutzes könnte somit in der Hauptsache mit einer allgemeinen Leistungsklage, die auf ein Unterlassen einer (endgültigen) Zuschlagserteilung durch den Antragsgegner gerichtet ist, erreicht werden. Nicht die gleiche Reichweite hätte eine isolierte Anfechtungsklage gegen die Vorabinformation. Denn die Vorabinformation eines Bewerbers, dass er den Zuschlag nicht erhält, ist aufgrund § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB i.V.m. § 134 GWB keine Voraussetzung für eine wirksame Zuschlagserteilung an einen Dritten.
66
Selbst wenn die Frage der statthaften Antragsart rechtlich anders zu bewerten gewesen wäre, hätte im Rahmen dieser komplexen Rechtsfrage eine Umdeutung des Antrages seitens des Gerichts vorgenommen werden müssen.
67
1.2 Der Antrag ist unbegründet.
68
Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO ist begründet, wenn der Antragsteller gemäß § 123 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) die Tatsachen glaubhaft gemacht hat, aus denen sich der Anordnungsanspruch und der Anordnungsgrund ergeben. Dabei bezeichnet der Anordnungsanspruch denjenigen materiell-rechtlichen Anspruch, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird (BVerwG, B. v. 21.1.1994 – 7 VR 12/93 – NVwZ 1994, 370). Ergibt eine summarische Prüfung des betreffenden Begehrens, dass der Antragsteller in der Hauptsache mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein wird, dann ist das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs zu bejahen (BVerfG, B. v. 25.10.1998 – 2 BvR 745/88 – NJW 1989, 827; BayVGH, B. v. 23.7.2012 – 11 AE 12.1013 – juris Rn. 27). Der Anordnungsgrund ergibt sich aus der Notwendigkeit, schon vor einer gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache Rechtsschutz zu gewähren (BayVGH, B. v. 19.2.2018 – 10 CE 17.2258 – juris Rn. 7). Wird die Anordnung – wie vorliegend – zur Sicherung eines bestehenden Zustands begehrt, dann ist ein Anordnungsgrund gegeben, wenn durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Soll die gerichtliche Entscheidung hingegen zur vorläufigen Regelung eines streitigen Rechtsverhältnisses erfolgen, dann ist ein Anordnungsgrund zu bejahen, wenn die Anordnung nötig ist, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Sind Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, dann ist abschließend zu beachten, dass die einstweilige Anordnung die Entscheidung in der Hauptsache in der Regel nicht endgültig vorwegnehmen darf (Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 123 Rn. 66a).
69
Die Antragstellerin hat zwar einen Anordnungsgrund (dazu a)), aber keinen Anordnungsanspruch (dazu b)) glaubhaft machen können (§ 123 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO).
70
a) Ein Anordnungsgrund wurde für alle streitgegenständlichen Lose glaubhaft gemacht. Aus der Vorabinformation des Antragsgegners vom 13.2.2024 folgt, dass ein Vertragsabschluss mit der Beigeladenen ab dem 18.3.2024 beabsichtigt war. Durch den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages i.S.d. Art. 54 BayVwVfG mit der Beigeladenen oder einem Dritten mit einer Vertragslaufzeit von zehn Jahren wird ein möglicher Vertragsabschluss mit der Antragstellerin vereitelt oder zumindest wesentlich erschwert. Die Zusicherung im Rahmen dieses Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes seitens des Antragsgegners einen Vertragsabschluss nicht vor dem 30.6.2024 vorzunehmen, ändert nichts an dem Vorliegen eines Anordnungsgrundes, da diese Zusicherung nur vor dem Hintergrund des hiesigen Verfahrens abgegeben wurde.
71
b) Im vorliegenden Fall fehlt es der Antragstellerin an einem Anordnungsanspruch für Los 3 (dazu aa)) und für Los 4 (dazu bb)). Es wurde kein Anspruch auf Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Unterlassung der Zuschlagserteilung an die Beigeladene oder einen Dritten im Auswahlverfahren AV20ABE8-EU für die Lose 3 und 4 auf Basis einer Dienstleistungskonzession glaubhaft gemacht.
72
aa) Der Antragstellerin steht hinsichtlich Los 3 kein Anordnungsanspruch zu.
73
Voraussetzung für einen Anspruch der Antragstellerin darauf, dass der Antragsgegner die Zuschlagserteilung für Los 3 an die Beigeladene oder einen Dritten vorläufig zu unterlassen hat, ist, dass die getroffene Auswahlentscheidung nach Art. 13 Abs. 2 Satz 1 BayRDG im Auswahlverfahren AV20ABE8-EU im Rahmen der Verbandsversammlung des Antragsgegners am 9.2.2024 fehlerhaft war.
74
Im Rahmen der Durchführung des Auswahlverfahrens sind insbesondere die in Art. 13 Abs. 3 Satz 1 BayRDG festgelegten Vorgaben – rechtzeitige Bekanntmachung sowie Transparenz unter dem Grundsatz der Gleichbehandlung sowie der Wahrung der Vertraulichkeit – einzuhalten. Zusätzlich wird in der Gesetzesbegründung zum BayRDG darauf hingewiesen, dass in dem verwaltungsrechtlichen Auswahlverfahren auch die Vorschriften des BayVwVfG anzuwenden sind (vgl. Bayerischer Landtag, Drucksache 18/19306, S. 29).
75
(1) Unabhängig davon, ob sich die Antragstellerin hierauf überhaupt berufen könnte, waren im Rahmen des Auswahlverfahrens des Antragsgegners keine Personen beteiligt, die in diesem Verwaltungsverfahren nicht hätten tätig werden dürfen, sodass die Auswahlentscheidung an keinem formellen Verfahrensfehler leidet.
76
Für das Gericht ist aus dem Vergabevorschlag zwar ersichtlich, dass es für Los 3, neben der Antragstellerin und der Beigeladenen, einen dritten Bewerber gegeben hat. Es ist jedoch aufgrund der Schwärzung nicht feststellbar, ob es sich bei dem dritten Bewerber und Beteiligten im streitgegenständlichen Auswahlverfahren, um das B. gehandelt hat. Aber selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, führt dies zu keinem Verfahrensfehler.
77
Für eine Behörde darf nach Art. 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayVwVfG nicht tätig werden, wer bei einem Beteiligten gegen Entgelt beschäftigt oder bei ihm als Mitglied des Vorstands, des Aufsichtsrats oder eines gleichartigen Organs tätig ist; dies gilt nicht für den, dessen Anstellungskörperschaft Beteiligte ist. Eine solche Mitwirkung eines Beteiligten unter Verstoß gegen Art. 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayVwVfG hätte nach Art. 44 Abs. 3 Nr. 2 BayVwVfG zwar grundsätzlich nicht die Nichtigkeit der Vorabinformation als Verwaltungsakt zur Folge, jedoch im Hinblick auf Art. 46 BayVwVfG dessen Rechtswidrigkeit.
78
Der stellvertretende Geschäftsleiter des Antragsgegners, der auch als Kontaktstelle für das Auswahlverfahren benannt wurde, ist nicht gegen Entgelt bei dem B. beschäftigt. Entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin ist dieser ausweislich der Bestellungsurkunde vom 8.2.2024 nicht zum Organisatorischen Leiter des B. bestellt worden, sondern zu dem des Antragsgegners selbst. Es ist demnach weder eine Beschäftigung gegen Entgelt bei einem (möglicherweise) Beteiligten noch eine Tätigkeit als Mitglied im Vorstand, Aufsichtsrat oder einem gleichartigen Organ ersichtlich.
79
(2) Zudem liegt der Auswahlentscheidung im Rahmen der Verbandsversammlung am 9.2.2024 auch kein unwirksamer Beschluss zugrunde, da die Verbandsversammlung beschlussfähig war (dazu (a)) und die Beschlussfassung ordnungsgemäß ohne Beteiligung auszuschließender Personen erfolgte (dazu (b)).
80
(a) Entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin war die Verbandsversammlung beschlussfähig. Gemäß § 9 Abs. 1 der Satzung ZRF ist die Verbandsversammlung beschlussfähig, wenn sämtliche Verbandsräte ordnungsgemäß geladen sind und die Mehrheit der Verbandsräte anwesend und stimmberechtigt ist. Die Verbandsversammlung setzt sich nach § 6 der Satzung ZRF aus dem Verbandsvorsitzenden sowie den übrigen drei Verbandsräten, die jeweils von einem Verbandsmitglied i.S.d. § 2 der Satzung ZRF entsendet werden, zusammen. Diese vier Verbandsräte waren laut Protokoll alle ordnungsgemäß geladen. Die Landrätin des Landkreises R. und der Landrat des Landkreises N. waren zwar zwischenzeitlich auf der Verbandsversammlung am 9.2.2024 abwesend, jedoch führt deren persönliche Abwesenheit nach der Satzung ZRF nicht zwingend zur Beschlussunfähigkeit. Ausweislich des Protokolls übernahm die Vertretung des Verbandsmitgliedes Landkreis N. der stellvertretende Landrat des Landkreises. Es waren daher drei von vier Verbandsmitgliedern anwesend und stimmberechtigt.
81
(b) An der Beratung und Abstimmung der streitgegenständlichen Tagesordnungspunkte haben keine Personen teilgenommen, die bei dieser Beschlussfassung nicht hätten beteiligt werden dürfen, auch für den Fall, dass es sich bei dem dritten Bewerber für Los 3 und Beteiligten im streitgegenständlichen Auswahlverfahren, um das B. handeln sollte.
82
Ein möglicher Ausschluss von der Beschlussfassung der Verbandsversammlung am 9.2.2024 des Zweckverbandes i.S.d. Art. 2 Abs. 3 Gesetz über die kommunale Zusammenarbeit (KommZG) der nach §§ 2 und 6 der Satzung ZRF entsendeten Verbandsräte der Landkreise R., N. und C., richtet sich nach Art. 33 Abs. 4 KommZG, wonach die Vorschriften der Gemeindeordnung (GO) über den Ausschluss wegen persönlicher Beteiligung entsprechend anzuwenden sind. Demnach kann nach Art. 49 Abs. 1 GO entsprechend ein Verbandsrat an der Beratung und Abstimmung unter anderem nicht teilnehmen, wenn der Beschluss einer von ihm vertretenen juristischen Person oder sonstigen Vereinigung einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann.
83
Ausweislich des Protokolls der Verbandsversammlung vom 9.2.2024 waren die Landrätin des Landkreises R. sowie der Landrat des Landkreises N. während der das Auswahlverfahren betreffenden Tagesordnungspunkte nicht anwesend und haben somit auch nicht an der Beratung und Abstimmung der beschlossenen Auswahlentscheidung teilgenommen.
84
Der Landrat des Landkreises C. ist neben seiner Tätigkeit als Verbandsrat des Antragsgegners Vorstandsmitglied des Bezirksverbandes des B.-Landesverbandes. Gemäß § 3 Abs. 1 Satzung B. untergliedert sich dieser Landesverband als Körperschaft des öffentlichen Rechts in Kreisverbände (§§ 23 ff. Satzung B.) und Bezirksverbände (§§ 33 ff. Satzung B.) mit jeweils eigenen Gremien und Aufgaben.
85
Zwar war der Landrat des Landkreises C. bei der Beratung und Abstimmung anwesend, es ist dadurch jedoch kein unmittelbarer Vorteil oder Nachteil einer von ihm vertretenen juristischen Person oder sonstigen Vereinigung ersichtlich.
86
Hinsichtlich des Landesverbands, mit dem als juristische Person ein Vertragsabschluss erfolgen würde, ergibt sich dies daraus, dass der Landrat den B.-Landesverband nicht vertritt. Nach § 12 der Satzung B. sind die (vertretenden) Organe des Landesverbandes die Landesversammlung, der Landesvorstand sowie das Präsidium. Der Landrat des Landkreises C. ist in keinem dieser Organe zur Vertretung der Körperschaft des öffentlichen Rechts tätig.
87
Gleiches gilt für den Kreisverband …, der im Falle einer Bewerbung der künftige Betreiber des Loses 3 hätte werden können, bei dem der Landrat des Landkreises C. ebenfalls keine Funktion wahrnimmt.
88
Hinsichtlich des Bezirksverbands des B. ist der Landrat des Landkreises C. zwar Mitglied des Vorstands, insoweit fehlt es aber daran, dass dem Bezirksverband die Teilnahme des Landrates an der Beratung und Abstimmung im Rahmen der Verbandsversammlung des Antragsgegners einen rechtlichen Vor- oder Nachteil bringen könnte. Bei der Beantwortung dieser Frage ist zwischen dem Kreisverband … und dem Bezirksverband Niederbayern/Oberpfalz hinsichtlich Aufgaben und Befugnissen zu differenzieren. Ein Vergleich der Normen der Satzung B., die die Aufgaben und Befugnisse des Kreisverbandes samt seiner Gremien (vgl. §§ 24, 26 und 29 der Satzung B.) regeln, mit denen des Bezirksverbandes mit seinen Gremien (vgl. §§ 34, 37 und 40 der Satzung B.) zeigt, dass die Aufgaben des Kreisverbandes operativer Natur sind, wohingegen dem Bezirksverband in der Organisationsstruktur des B. eher eine planende und beratende überregionale Funktion zukommt. Auch aus dem Grundsatz der Subsidiarität gemäß § 3 Abs. 4 der Satzung B., der in § 34 der Satzung B. aufgegriffen ist, zeigt sich, dass der Bezirksverband die Aufgaben des … in seinem Gebiet nur subsidiär durchführt, soweit diese nicht durch die Kreisverbände übernommen werden. Insbesondere aus § 24 Abs. 1 Satz 2 der Satzung B., in dem die Durchführung des mobilen Rettungsdienstes als Aufgabe eines Kreisverbandes definiert ist, und es keine vergleichbare Aufgabenzuweisung für den Bezirksverband gibt, folgt, dass der Kreisverband im Gegensatz zu dem Bezirksverband unmittelbar von einer Auswahlentscheidung betroffen, an der Ausführung der vertraglichen Verpflichtung beteiligt ist und einen unmittelbaren Vorteil hat. Da der Bezirksverband als Gliederung des B. im Ergebnis weder einen unmittelbaren Berührungspunkt zu dem abzuschließenden öffentlich-rechtlichen Vertrag noch zu dessen Durchführung haben wird, ist insoweit allerdings kein unmittelbarer Vorteil oder Nachteil zu erkennen.
89
Im Übrigen hätte die Mitwirkung des Landrates des Landkreises C., auch wenn er ausgeschlossen hätte werden müssen, aufgrund Art. 49 Abs. 4 GO entsprechend nicht die Ungültigkeit des Beschlusses der Verbandsversammlung zur Folge, da das Abstimmungsergebnis einstimmig ausgefallen und seine Stimme somit nicht entscheidend gewesen ist.
90
(3) Weiter war keine fehlerhafte Auswahlentscheidung anzunehmen, weil das Angebot der Antragstellerin zu Recht im Rahmen des Auswahlverfahrens ausgeschlossen worden ist.
91
Es kann im Ergebnis offen bleiben, ob ein Ausschluss bereits auf erster Wertungsstufe nach Ziff. 12 lit. a) dd) Teil A der Auswahlunterlagen mangels Wertungsfähigkeit aufgrund der Angabe von Einzelkosten in unzutreffender Höhe oder nach Ziff. 12 lit. a) jj) i.V.m. Ziff. 13 Teil A der Auswahlunterlagen mangels der Vorlage eines genehmigungsfähigen Antrags i.S.d. Art. 21 Abs. 1 BayRDG erfolgen konnte, da jedenfalls ein Ausschluss auf vierter Wertungsstufe nach Ziff. 12 lit. d) Teil A der Auswahlunterlagen aufgrund der Unauskömmlichkeit des Angebotes der Antragstellerin für Los 3 rechtmäßig war.
92
Der Antragsgegner hat in den Auswahlunterlagen für alle Bewerber verbindliche und einheitliche Wertungskriterien definiert, die einer Auswahlentscheidung zugrunde zu legen sind. Auf erster Wertungsstufe erfolgt nach Ziff. 12 lit. a) Teil A der Auswahlunterlagen die Prüfung der Wertungsfähigkeit der Angebote. Ausweislich der Auswahlunterlagen und vorgelegten Wertungsbögen für Los 3 ist die Vollständigkeit des Angebotes, die rechnerische Richtigkeit, die Abgabe eines Angebotes entsprechend der Bewerbungsbedingungen sowie das Erfüllen keiner Ausschlussgründe unter diesem Punkt geprüft worden. Hierbei handelt es sich aus Sicht der Kammer um eine Art formelle Vorprüfung, ob das Angebot die Mindestbedingungen erfüllt und überhaupt einer Wertung zugänglich ist. Die materielle und inhaltliche Wertung der Angebote erfolgt dann in den nachfolgenden Stufen.
93
Selbst wenn der Antragsgegner im Rahmen seiner Bewertung des Angebotes einen solchen Ausschluss auf erster Wertungsstufe zu Unrecht angenommen haben sollte, führt dies jedoch vor dem Hintergrund des Ergebnisses auf vierter Wertungsstufe nicht zur Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung insgesamt, da er trotz der Annahme der Wertungsunfähigkeit die weitere Prüfung des Angebotes der Antragstellerin durchgeführt hat.
94
Das Angebot der Antragstellerin für Los 3 ist auf vierter Wertungsstufe rechtmäßig ausgeschlossen worden, da auf Unterkostenangebote gemäß Ziff. 12 lit. d) Teil A der Auswahlunterlagen kein Zuschlag erteilt wird.
95
Im Rahmen der vierten Wertungsstufe war die Angemessenheit des Angebots der Antragstellerin für Los 3 zu prüfen. Hierbei konnte der Antragsgegner die Maßgaben des § 60 der Verordnung der Vergabe über öffentliche Aufträge (VgV) entsprechend anwenden. Auch ein von der Antragstellerin im gerichtlichen Verfahren gerügtes „Rosinenpicken“ des Antragsgegners zwischen verwaltungs- und vergaberechtlichen Normen innerhalb dieses Auswahlverfahrens steht einer Anwendung nicht entgegen. Gemäß Art. 13 Abs. 2 Satz 1 BayRDG entscheidet der Antragsgegner über den Gegenstand der Beauftragung nach pflichtgemäßem Ermessen. Diesen hat er für alle Bewerber vorab in den Auswahlunterlagen verbindlich und einheitlich festgelegt sowie die Wertungskriterien definiert, die einer Auswahlentscheidung zugrunde zu legen sind. Vorliegend wurde in Ziff. 12 lit. d) Teil A der Auswahlunterlagen festgelegt, dass der Konzessionsgeber bei Prüfung des Angebotes und bei seiner Entscheidung über einen etwaigen Ausschluss eines Unterkostenangebotes die Maßgaben aus § 60 VgV entsprechend berücksichtigt. Damit ist der Antragsgegner den nach Art. 13 Abs. 3 Satz 1 BayRDG festgelegten Verfahrensgrundsätzen, insbesondere der Transparenz und Gleichbehandlung, im Rahmen der Durchführung des Auswahlverfahrens nachgekommen. Aus der Gesetzesbegründung des BayRDG (vgl. Bayerischer Landtag, Drucksache 18/19306, S. 29) lässt sich gerade nicht entnehmen, dass zukünftig keine vergaberechtlichen Normen mehr angewendet werden dürften. Vielmehr stellt der Hinweis auf die Anwendung von Normen des BayVwVfG im neuen verwaltungsrechtlichen Auswahlverfahren eine Information über die Besonderheiten und Neuerungen aufgrund der Gesetzesänderung dar. Darüber hinaus hätte nach Ziff. 10 Teil A der Auswahlunterlagen die Möglichkeit einer Rüge etwaiger Rechtsverstöße in dem Auswahlverfahren seitens der Antragstellerin bestanden. Diese hätte bei einem aus den Auswahlunterlagen erkennbaren Verstoß schon im Auswahlverfahren vor Ablauf der Angebotsfrist (15.1.2024, 11.00 Uhr) erhoben werden müssen. Da sich die Anwendung von vergaberechtlichen Normen und insbesondere die des § 60 VgV bereits unmittelbar aus den Auswahlunterlagen ergibt, hätte die Anwendung dieser Vorschriften bereits vor der Auswahlentscheidung im streitgegenständlichen Vergabeverfahren gerügt werden können und müssen (Ziff. 10 Teil A der Auswahlunterlagen) und nicht erst im gerichtlichen Verfahren nach getroffener Auswahlentscheidung.
96
Ziff. 12 lit. d) Teil A der Auswahlunterlagen ist zu entnehmen, dass bei Prüfung des Angebotes und bei der Entscheidung über einen etwaigen Ausschluss eines Unterkostenangebotes die Maßgaben aus § 60 VgV entsprechend berücksichtigt werden. Nach § 60 Abs. 1 VgV kann der öffentliche Auftraggeber vom Bieter Aufklärung verlangen, wenn das Angebot im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung als ungewöhnlich niedrig erscheint. Ein Angebot erscheint unter anderem dann als ungewöhnlich niedrig im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung, wenn im Vergleich die Gesamtsumme dieses Angebotes erheblich unterhalb der Konkurrenzangebote, einer qualifizierten Kostenschätzung oder Erfahrungswerten des Auftraggebers mit wettbewerblicher Preisbildung aus anderen Ausschreibungen liegt (Steck in Ziekow/Völlink, VgV § 60 Rn. 3). Die Antragstellerin konnte vorliegend nicht glaubhaft machen, dass der Antragsgegner zu Unrecht von einem ungewöhnlich niedrigen Angebot ausgegangen ist. Hierfür trägt sie die Beweislast, so dass es ihr obliegt im Rahmen dieses Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes glaubhaft zu machen, dass zu Unrecht von einem ungewöhnlich niedrigen Angebot ausgegangen und Aufklärung verlangt wurde. Gründe, die eine solche Annahme stützen würden, wurden aber nicht substantiiert vorgetragen, so dass das Gericht von einer zulässigen und rechtmäßigen Durchführung eines Aufklärungsgesuchs ausgeht.
97
Grundsätzlich wird von einer Prüfpflicht der Angemessenheit eines Angebotes bei einem prozentualen Abstand zum nächstplatzierten Angebot von 20% der Gesamtsumme ausgegangen. Demgegenüber besteht regelmäßig kein Anlass zur Aufklärung bei einem Abstand unter 10%. Im Bereich von 10% bis 20% oder wenn das nächstplatzierte Angebot keinen Vergleichsmaßstab bietet, steht dem Konzessionsgeber ein Beurteilungsspielraum zu, ob er Aufklärung des Angebotes verlangt (Steck in Ziekow/Völlink, VgV § 60 Rn. 4 ff.).
98
Vorliegend ist es dem Gericht aufgrund der wegen Geschäftsgeheimnissen geschwärzten Angaben nicht möglich nachzuprüfen, wie groß der prozentuale Abstand zwischen dem Angebot der Antragstellerin für Los 3 und dem nächstrangigen der Beigeladenen ist, und ob hierbei seitens des Antragsgegners zu Recht davon ausgegangen wurde, dass ihm ein Beurteilungsspielraum bezüglich der Aufklärung des Angebotes zusteht und er damit die Aufklärung des Angebotes der Antragstellerin für Los 3 am 23.1.2024 verlangen konnte. Für das Gericht ist demnach nicht erkennbar, ob der Antragsgegner seinen gerichtlich nur begrenzt kontrollierbaren Beurteilungsspielraum zu Recht angenommen hat.
99
Den nachträglichen Vortrag des Antragsgegners im gerichtlichen Verfahren, dass auch andere Gründe neben dem Abstand zwischen den beiden Angeboten für einen Beurteilungsspielraum sprechen würden, kann das Gericht hierbei nicht berücksichtigen, da weder aus dem Wertungsbogen noch aus der Vorabinformation der Antragstellerin ersichtlich ist, dass für den Antragsgegner andere Gründe im Auswahlverfahren im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung relevant für die Annahme des Vorliegens eines möglicherweise ungewöhnlich niedrigen Angebotes waren und Aufklärungsbedarf bestand.
100
Dass das von der Antragstellerseite im Rahmen dieses Aufklärungsverlangens vorgelegte Aufklärungsschreiben vom 26.1.2024 den Aufklärungsbedarf decken konnte, konnte die Antragstellerin nicht glaubhaft machen. Die Beweislast für die Auskömmlichkeit des Angebotes trägt die Antragstellerin als Bieterin (Steck in Ziekow/Völlink, VgV § 60 Rn. 9), so dass sie hätte darlegen müssen, dass ihr Angebot über den gesamten Vertragszeitraum auskömmlich ist.
101
Für eine zufriedenstellende Aufklärung muss seitens des Antragsgegners im Rahmen der Aufklärungsprüfung festgestellt werden, dass das Angebot entweder auskömmlich ist oder der Bewerber im Falle eines Unterkostenangebots wettbewerbskonform in der Lage ist, den Vertrag ordnungsgemäß durchzuführen. Eine zufriedenstellende Aufklärung liegt erst dann vor, wenn der Konzessionsgeber bei seiner Entscheidung, ob auf ein Unterkostenangebot der Zuschlag zu erteilen ist, Art und Umfang der im konkreten Fall drohenden Gefahren für eine wettbewerbskonforme Auftragserledigung berücksichtigt und dokumentiert hat (Steck in Ziekow/Völlink, VgV § 60 Rn. 13).
102
Vorliegend wurde nicht glaubhaft gemacht, dass eine zufriedenstellende Aufklärung erfolgt ist. Aus der Dokumentation in dem Wertungsbogen sowie der Vorabinformation an die Antragstellerin vom 13.2.2024 folgt, dass der Antragsgegner davon ausging, dass das Angebot als sog. Unterkostenangebot unauskömmlich ist. Daher war nicht zu beanstanden, dass der Konzessionsgeber im Weiteren geprüft hat, ob die geringe Höhe des angebotenen Preises oder der angebotenen Kosten zufriedenstellend aufgeklärt werden kann (Steck in Ziekow/Völlink, VgV § 60 Rn. 14b). Aus dem Vorabinformationsschreiben folgt, dass keine vollumfängliche Aufklärung aller fraglichen Kostenpunkte („Verwaltungspersonal und sonstiges Personal“, „Medikamente“, „Medizinisches Verbrauchsmaterial“, „Reparaturen-Wartung“, „Energie, Wasser“ und „Miete Gebäude“) erfolgte und somit Zweifel an der geringen Höhe des Angebotes bestehen blieben. Bei den nicht zweifelsfrei aufgeklärten Kosten handelt es sich um eine Mehrzahl von variablen sowie ungewissen Kostenpunkten, die durchaus in der Summe eine Unauskömmlichkeit begründen können. Insbesondere die angegebenen Mietkosten in Höhe von 0,00 €, die jedoch nur für die ersten zwei Vertragsjahre in dieser Höhe verbindlich zugesichert worden sind und deren Höhe für den Zeitraum danach noch nicht kalkulierbar ist, sprechen für diese Unauskömmlichkeit.
103
Da die Kostenaufklärung nicht in überzeugender Weise erfolgte, durfte gemäß § 60 Abs. 3 Satz 1 VgV eine Zuschlagserteilung auf dieses Angebot der Antragstellerin abgelehnt werden. Die Entscheidung über die Ablehnung der Zuschlagserteilung liegt nach dieser Norm im rechtlich gebundenen Ermessen des Antragsgegners als Konzessionsgeber. Ein Ermessensfehler ist insoweit nicht ersichtlich. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Verwendung des Verbs „dürfen“ in § 60 Abs. 3 Satz 1 VgV nicht so zu verstehen ist, dass es im Belieben des Konzessionsgebers stünde, den Zuschlag trotz weiterbestehender Ungereimtheiten doch an den betreffenden Bieter zu vergeben. Die Ablehnung des Zuschlags ist vielmehr grundsätzlich geboten, wenn der Auftraggeber verbleibende Ungewissheiten nicht zufriedenstellend aufklären kann. Bei der Beurteilung der Anforderungen an eine zufriedenstellende Aufklärung berücksichtigt der Auftraggeber Art und Umfang der im konkreten Fall drohenden Gefahren für eine wettbewerbskonforme Auftragserledigung (BGH, B. v. 31.1.2017 – NZBau 2017, 230 Rn. 31, beck-online; Steck in Ziekow/Völlink, VgV § 60 Rn. 15a).
104
Soweit die Antragstellerin vorträgt, in der Dokumentation der Auswahlentscheidung des Antragsgegners fehle die Angabe, ob die sog. Aufgreifschwelle von 20% oder der Korridor von 10 bis 20% überhaupt erfüllt sei, ist mangels vollständiger Offenlegung der entsprechenden Unterlagen im Rahmen dieses Verfahren schon nicht aufklärbar, ob diese Angaben tatsächlich fehlen. Selbst wenn man unterstellen würde, dass die Angabe fehlt, führt dies alleine noch zu keinem Ermessensfehler in Form eines Ermessensfehlgebrauchs. Anhaltspunkte dafür, dass aufgrund des (eventuellen) bloßen Fehlens der Angabe im Wertungsbogen eine unzureichende Würdigung erfolgt ist, bestehen nicht und wurden auch nicht substantiiert vorgetragen.
105
Die nachträglichen Erläuterungen der angegebenen Preise durch die Antragstellerin im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens können nicht zu einer anderen Bewertung der Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung führen, da im Rahmen der Verbandsversammlung am 9.2.2024 diese Erkenntnisse und Ausführungen nicht zur Verfügung standen und deshalb der Auswahlentscheidung nicht zugrunde gelegt werden konnten.
106
(4) Für das Gericht sind im Rahmen der in diesem Verfahren zur Verfügung stehenden Aufklärungsmöglichkeiten auch keine Ermessensfehler i.S.d. Art. 13 Abs. 2 Satz 1 BayRDG ersichtlich, die zu einer fehlerhaften Auswahlentscheidung geführt haben könnten.
107
Es ist kein Ermessensfehler in Form eines Ermessensfehlgebrauch mangels vorrangiger Berücksichtigung des Sonderkündigungsrechts als milderes, nachträgliches Korrekturmittel vor dem Ausschluss des Angebotes ersichtlich. Sinn und Zweck dieser Kündigungsmöglichkeit, die in § 15 Abs. 2 des Vertrages enthalten ist, ist eine nachträgliche Auflösung eines bereits abgeschlossenen Vertrages. Zur Kündigung sind beide Vertragsparteien aus wichtigem Grund berechtigt. Eine nicht abschließende Aufzählung wichtiger Gründe ist in dem abzuschließenden öffentlichen-rechtlichen Vertrag enthalten. Den genannten Gründen für ein Sonderkündigungsrecht ist zu entnehmen, dass es sich hierbei um eine nachträgliche Reaktionsmöglichkeit nach falscher Prognose handelt aufgrund schwerwiegender vertraglicher oder gesetzlicher Pflichtverletzungen, der Änderung der Sach- oder Rechtslage oder der Nichteinhaltung der Bindung an die Preiskalkulation in den Entgeltverhandlungen mit den Kostenträgern sowie der Nichterfüllung der Leistungsversprechen nach einer Abmahnung mit Kündigungsandrohung. Der Ausschluss eines Angebotes erfolgt dagegen zeitlich vorgelagert bereits im Auswahlverfahren vor Zuschlagserteilung und Vertragsabschluss, da in dieser Konstellation keine fehlerhafte Prognose erfolgt ist, die nachträglich zu korrigieren ist. Es handelt sich daher bei dem Sonderkündigungsrecht nicht um ein relativ milderes gleich geeignetes Mittel, welches der Antragsgegner nicht in ausreichender Weise in seiner Entscheidung berücksichtigt hat, sondern um eine andersartige Reaktionsmöglichkeit für den Fall, dass nach Vertragsabschluss Umstände eintreten, die ein Festhalten am Vertrag für eine bzw. beide Vertragsparteien unzumutbar machen.
108
Im Übrigen ist auch kein Ermessensfehlgebrauch aufgrund der Diskriminierung eines jungen Unternehmens oder dem Willen des Antragsgegners zum Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin ersichtlich, der eine Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung begründen würde. Allein aus der Äußerung in der Vorabinformation vom 13.2.2024, dass im Rahmen der Prognoseentscheidung bezüglich der Erbringung einer auftragsgerechten Leistung auch zu berücksichtigen sei, dass die Antragstellerin als gGmbH ein junges Unternehmen mit beschränkter finanzieller Ausstattung sei und sich aktuell auf starkem „Expansionskurs“ befinde, lässt sich noch keine Benachteiligung der Antragstellerin als junges Unternehmen oder ein Ausschlusswille durch sachfremde Erwägungen entnehmen. Vielmehr wurde die Eignung des Antragstellers auf zweiter Wertungsstufe seitens des Antragsgegners geprüft und bejaht.
109
Die Entscheidung der Verbandsversammlung ist auch nicht aufgrund einer Berücksichtigung des Kostendeckungsprinzips ermessensfehlerhaft. Es liegt kein Ermessensfehler in Form eines Ermessensfehlgebrauchs vor. Ausweislich der Auswahlunterlagen, des Wertungsbogens des Angebotes der Antragstellerin sowie der Vorabinformation der Antragstellerin hat der Antragsgegner seine Entscheidung nicht auf das Kostendeckungsprinzip als Ausschlussgrund gestützt. Es wurde zwar von dem Antragsgegner im Rahmen seiner Begründung diesbezüglich ausgeführt, worin die Problematik insbesondere aufgrund des Kostendeckungsprinzips liege, der Ausschluss wurde aber mit dem in Ziff. 12 lit. a) dd) Teil A der Auswahlunterlagen definierten Ausschlussgrund begründet. Darüber hinaus sind die Ausführungen des Antragsgegners zum Kostendeckungsprinzip im Zusammenhang mit dem Ausschluss auf erster Wertungsstufe erfolgt. Wie bereits dargelegt, war diese Entscheidung auf erster Stufe für das Gericht nicht entscheidungserheblich. Eine Fehlerhaftigkeit im Rahmen der ersten Wertungsstufe würde daher zu keiner Zuschlagserteilung an die Antragstellerin führen, da sie im Ergebnis zu Recht von dem Auswahlverfahren ausgeschlossen wurde.
110
(5) Darüber hinaus sind für das Gericht auch keine sonstigen Fehler im Rahmen des Auswahlverfahrens ersichtlich, auf die sich die Antragstellerin berufen könnte und die zu einer Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung führen würden.
111
Es liegt kein Verstoß gegen Ziff. 9 Teil A der Auswahlunterlagen und § 1 GWB vor, der zu einem Ausschluss des Angebotes der Beigeladenen im Rahmen der ersten Wertungsstufe nach Ziff. 12 lit. a) ii) Teil A der Auswahlunterlagen hätte führen müssen, da der Zusammenschluss der Beigeladenen als Bietergemeinschaft zulässig ist. Zunächst liegt für Los 3 keine nach Ziff. 9 Teil A der Auswahlunterlagen unzulässige Parallelbewerbung einer der beiden Organisationen, aus denen sich die beigeladene Bewerbergemeinschaft zusammensetzt, vor. Es gab zwar für das streitgegenständliche Los einen dritten Bewerber, es ist jedoch weder vorgetragen noch sonst für das Gericht aus den vorgelegten Unterlagen ersichtlich, dass dieser dritte Bewerber eine der beiden Organisationen oder eine andere Bewerbergemeinschaft mit Beteiligung einer dieser Organisationen ist. Unerheblich für die Bewertung einer Parallelbewertung ist der Vortrag, dass die beiden Organisationen für andere Lose getrennte Bewerbungen abgegeben haben sollen, da ein solcher Ausschluss nach Ziff. 9 Teil A der Auswahlunterlagen jeweils nur innerhalb des jeweiligen Loses zu prüfen ist. Auch liegt keine Unzulässigkeit des Zusammenschlusses aufgrund der Möglichkeit der jeweiligen alleinigen Ausführung des Auftrages vor. Die Auswahlunterlagen verweisen hierfür auf § 1 GWB. Die Vorschrift konnte nach dem oben unter (3) Gesagten vom Konzessionsgeber auch für anwendbar erklärt werden. Nach § 1 GWB sind Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, verboten. Das Gericht geht von keiner wettbewerbsbeschränkenden Abrede i.S.d. § 1 GWB durch die Bildung der beigeladenen Bewerbergemeinschaft aus. In den Auswahlunterlagen wird für mögliche Gründe einer Unzulässigkeit auf die Beschlüsse des OLG Düsseldorf vom 8.6.2016, VII-Verg 3/16 und vom 17.1.2018 – VII-Verg 39/17 als Beispiele hingewiesen. Dem Transparenzgebot nach Art. 13 Abs. 3 Satz BayRG wurde mit diesem Verweis nachgekommen. In diesen Beschlüssen wurden drei Fallgruppen gebildet, bei deren Vorliegen keine kartellrechtlichen Bedenken gegen die Bildung einer Bietergemeinschaft bestehen und diese wettbewerbsunschädlich ist. Keine Bedenken bestehen danach, wenn entweder die beteiligten Unternehmen jedes für sich zu einer Teilnahme an der Ausschreibung mit einem eigenständigen Angebot aufgrund ihrer betrieblichen und geschäftlichen Verhältnisse nicht leistungsfähig sind und erst der Zusammenschluss zu einer Bietergemeinschaft sie in die Lage versetzt, sich daran mit Erfolgsaussicht zu beteiligen (erste Fallgruppe) oder die Unternehmen für sich genommen zwar leistungsfähig sind, Kapazitäten aufgrund anderweitiger Bindung aktuell jedoch nicht einsetzbar sind (zweite Fallgruppe) oder die beteiligten Unternehmen für sich genommen leistungsfähig sind, aber im Rahmen einer wirtschaftlich zweckmäßigen und kaufmännisch vernünftigen Entscheidung erst der Zusammenschluss ein erfolgversprechendes Angebot ermöglicht (dritte Fallgruppe). Das Vorbringen der Antragstellerin, dass die beiden Organisationen den Auftrag jeweils auch alleine ausführen könnten, führt unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung und der Bewertung des Antragsgegners nicht zur Unzulässigkeit der gebildeten Bewerbergemeinschaft. Aus dem Wertungsbogen des Antragsgegners zu dem Angebot lässt sich entnehmen, dass es für ihn nicht auf die fehlende alleinige Leistungsfähigkeit i.S.d. ersten Fallgruppe ankam, da auf die dritte Fallgruppe abgestellt wird, die jedenfalls erfüllt ist. Hiervon ist der Antragsgegner zu Recht ausgegangen, insbesondere unter Berücksichtigung des in der zitierten Rechtsprechung definierten Prüfungsmaßstabes. Danach hat der öffentliche Auftraggeber im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit von Bietergemeinschaften angesichts der Eilbedürftigkeit von Vergabeverfahren die Möglichkeit der Aufforderung an diese, die Gründe für ihre Bildung darzulegen. Weitreichendere kartellrechtliche Ermittlungen, wie sie das Bundeskartellamt durchführt, sind ihm im laufenden Vergabeverfahren weder möglich noch zumutbar (OLG Düsseldorf, B. v. 17.1.2018- VII-Verg 39/17- juris Rn. 71). Mit Schreiben vom 1.2.2024 forderte der Antragsgegner die Beigeladene zur Aufklärung über die Zulässigkeit der Bildung der Bewerbergemeinschaft auf und machte von dieser Überprüfungsmöglichkeit Gebrauch. Nach Darlegung der Gründe mit Schreiben vom 6.2.2024 erschien für den Antragsgegner die Bildung zulässig. Damit ist der Antragsgegner aus Sicht des Gerichts seiner Pflicht zur Überprüfung der Zulässigkeit nachgekommen, hat diese zu Recht bejaht und das Angebot auch zu Recht nicht auf der ersten Wertungsstufe ausgeschlossen.
112
Ebenso wenig wurde substantiiert dargelegt, dass die M. gGmbH, als eine der beiden Organisationen der Bewerbergemeinschaft den geforderten Nachweis der Gemeinnützigkeit nach Ziff. 9 i.V.m. Ziff. 12 lit. b) bb) Teil A der Auswahlunterlagen nicht erbracht hat. Aus dem Wertungsbogen für das Angebot der Beigeladenen für Los 3 ergibt sich, dass diese den erforderlichen Nachweis erbracht hat. Zweifel daran, dass der Nachweis tatsächlich erbracht wurde, bestehen seitens des Gerichts nicht und wurden auch nicht substantiiert vorgetragen. Ebenso ist die Eignung der Beigeladenen im Rahmen der zweiten Wertungsstufe, in der die Gemeinnützigkeit ebenfalls geprüft wird und ein Nichtvorliegen einer solchen für ein Mitglied der Bewerbergemeinschaft die Nichtberücksichtigung der Bewerbergemeinschaft insgesamt zur Folge hätte, bejaht worden. Dem ist die Antragstellerin nicht in der Gestalt entgegengetreten, dass das Gericht Zweifel an dem Vorliegen einer gemeinnützigen Organisation haben könnte.
113
Auch der Vortrag der Antragstellerin, es sei keine zuverlässige Leistungserbringung durch die Beigeladene gesichert, führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung der Auswahlentscheidung der Verbandsversammlung am 9.2.2024. Der Antragsgegner hat im Rahmen der zweiten Wertungsstufe die Eignung der Beigeladenen sowie im Rahmen der fünften Wertungsstufe deren Konzept/Leistungsversprechen Notfallrettung geprüft und bejaht. Der Antragsgegner entscheidet gemäß Art. 13 Abs. 2 Satz 1, 2 BayRDG nach pflichtgemäßem Ermessen über die Geeignetheit des Durchführenden, der fachkundig, zuverlässig und leistungsfähig sein muss. Das Gericht kann anhand der eingereichten (nicht vollständig offengelegten) Unterlagen nicht abschließend feststellen, ob bzw. inwieweit die Beigeladene diese Ausführungen zu dem geplanten Schichtmodell, die die Antragstellerin im gerichtlichen Verfahren beanstandet, bereits im Rahmen ihrer Bewerbungsunterlagen und Konzepte im Auswahlverfahren eingereicht hat. Soweit die Prüfung des Antragsgegners für das Gericht aus den Aktenbestandteilen jedoch nachzuvollziehen ist, ist im Rahmen dieser Ermessensentscheidung des Antragsgegners weder ein Ermessensfehler ersichtlich noch konnte von Antragstellerseite ein solcher substantiiert dargelegt werden.
114
Soweit sich die Antragstellerseite auf Angaben der Beigeladenen zur Schichtplanung im gerichtlichen Verfahren beruft, kann sie hieraus nichts herleiten, weil es im Rahmen des vorliegenden Verfahrens ausschließlich auf die Unterlagen ankommt, die dem Antragsgegner im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung am 9.2.2024 vorgelegen haben und die dem Gericht nicht bekannt sind.
115
bb) Der Antragstellerin steht für Los 4 ebenfalls kein Anordnungsanspruch zu.
116
Hierzu kann vollumfänglich auf die Ausführungen zu Los 3 unter aa) Bezug genommen werden.
117
2. Der Antrag in Ziff. 2 auf Verpflichtung des Antragsgegners, es zu unterlassen, die interimsweise Beauftragung des Betriebs der KTW für die Lose 3 und 4 auszuführen/zu vollziehen, ohne die Antragstellerin an einem hierauf gerichteten Auswahlverfahren als Bewerberin/Bieterin zu beteiligen, hat keinen Erfolg.
118
Mangels fehlerhafter Auswahlentscheidung der Verbandsversammlung am 9.2.2024 im Auswahlverfahren AV20ABE8-EU für die Lose 3 und 4 bedarf es hierfür auch keiner Interimsvergabe, an der die Antragstellerin beteiligt werden könnte oder müsste.
119
Damit fehlt es bereits an einem notwendigen Anordnungsgrund.
120
3. Der Antrag in Ziff. 4 auf Verpflichtung des Antragsgegners, bis zur Entscheidung in der Hauptsache weitere die geltend gemachte Rechtsposition der Antragstellerin beeinträchtigende Handlungen einstweilen zu unterlassen, hat keinen Erfolg.
121
Durch die ordnungsgemäße Auswahlentscheidung der Verbandsversammlung am 9.2.2024 im Auswahlverfahren AV20ABE8-EU für die Lose 3 und 4 ist die Antragstellerin durch die Zuschlagserteilung an die Beigeladene nicht in ihrer geltend gemachten Rechtsposition als Bewerberin für diese Lose beeinträchtigt worden. Daher bedarf es der Anordnung des Unterlassens „weiterer“ beeinträchtigender Handlungen seitens des Antragsgegners vorliegend nicht.
122
Damit fehlt es auch insoweit bereits an einem notwendigen Anordnungsgrund.
123
Unabhängig davon hat das Gericht auch Zweifel an der Bestimmtheit des Antrags, da die Antragsgegnerseite für den Fall einer Stattgabe klar und eindeutig erkennen müsste, welche Handlungen konkret zu unterlassen wären. Dies ist für das Gericht im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes derzeit ohne weitere Aufklärung – auf die es aber aufgrund des oben Ausgeführten nicht mehr ankommt – nicht klar erkennbar.
124
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Es entspricht billigem Ermessen, der Antragstellerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese einen eigenen Antrag gestellt hat und damit das Risiko einer eigenen Kostentragungspflicht eingegangen ist (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
125
5. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m § 52 Abs. 2 GKG. Gemäß Nr. 16.5 „Beteiligung am Rettungsdienst“ des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 sind 15.000,00 € pro Fahrzeug anzusetzen. Streitgegenständlich sind in den zwei Losen jeweils der Regelvorhalt und Betrieb eines KTW pro Standort. Da die vorliegende Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutz die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnimmt, wurde der Empfehlung in Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 folgend der Streitwert auf die Höhe des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Wertes angehoben.