Titel:
Schadensersatz bei behauptetem Impfschaden
Normenkette:
§ 84 Abs. 1 AMG
Leitsätze:
1. Die im Rahmen einer Schadensersatzpflicht nach § 84 Abs. 1 AMG vorzunehmende Nutzen-Risiko-Abwägung hat abstrakt-generellen Charakter und ist nicht bezogen auf den individuell Geschädigten oder Untergruppen innerhalb der durch die Indikation angesprochenen Patientengruppe vorzunehmen. (Rn. 57) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Nutzen-Risiko-Abwägung findet jeweils für die gesamte durch die Indikationsangabe vom pharmazeutischen Unternehmer anvisierte Patientenpopulation statt. (Rn. 57) (redaktioneller Leitsatz)
3. Primär ist davon auszugehen, dass eine Zulassung als positives Ergebnis der (zulassungsrechtlichen) Nutzen-Risiko-Abwägung den Eintritt einer Haftung nach § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AMG in der Variante der Unvertretbarkeit für eine bei Zulassungserteilung bekannte Nebenwirkung ausschließt, da das positive Profil die Vertretbarkeit der schädlichen Wirkungen feststellt. (Rn. 61) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Impfschaden, Nutzen-Risiko-Abwägung, Arzneimittelzulassung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 18764
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 150.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen behaupteter gesundheitlicher Schäden, die er aufgrund einer Impfung mit dem Impfstoff Comirnaty (BNT162b2) der Beklagten erlitten haben will.
2
Außerdem macht der Kläger Auskunftsansprüche gegen die Beklagte geltend.
3
Der Impfstoff Comirnaty wurde im Zuge der im Jahr 2020 beginnenden Covid-19-Pandemie von der Beklagten entwickelt. Nach Prüfung durch die Europäische Arzneimittelagentur (im Folgenden: EMA) wurde er am 21.12.2020 von der Europäischen Kommission zunächst bedingt als Impfstoff gegen das SARS-CoV-2-Virus (nachfolgend: Corona Virus oder COVID-19) zugelassen.
4
Die Europäische Kommission erteilte dem Impfstoff am 10.10.2022 eine unbedingte Zulassung (Standardzulassung, vgl. Durchführungsbeschluss, Anlage B7).
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Am 28.10.2022 teilte der innerhalb der EMA zuständige Ausschuss für Humanarzneimittel, Committee for Medicinal Products for Human Use (im Folgenden: CHMP), im Rahmen eines Assessment Report (EMA/853699/2022) mit, dass während des Zeitraums, der von der Aktualisierung abgedeckt werde, sich neue Daten ergeben hätten, die jedoch keinen Einfluss auf das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Comirnaty in der zugelassenen Indikation hätten.
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Die EMA bestätigte als zentrale Behörde in der Europäischen Union am 30.08.2023 die Sicherheit von Comirnaty noch einmal ausdrücklich, als sie der Europäischen Kommission empfahl, den auf die COVID-19-Subvariante Omikron XBB.1.5 angepassten Comirnaty-Impfstoff zuzulassen. Der CHMP erklärte in diesem Zusammenhang, alle verfügbaren Daten zu Comirnaty, einschließlich der Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit, geprüft zu haben.
7
Comirnaty wurde seit seiner Zulassung in Deutschland und weltweit zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie eingesetzt. Stand Juni 2022 wurden weltweit über 3,5 Milliarden Dosen ausgeliefert und 2,6 Milliarden Dosen Comirnaty verimpft.
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Der Kläger wurde am .11.2021 (Chargen-Nr. und am .12.2021 (Chargen-Nr.) mit dem Impfstoff der Beklagten geimpft. Im Mai 2022 erkrankte der Kläger nach den von ihm vorgelegten Unterlagen an COVID-19 (vgl. Anlage K3, Bl. 29).
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Mit Schreiben vom 20.10.2022 (Anlage K15) forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung zum 03.11.2022 auf, vollständig über die in ihrem Wissen stehenden Impfschäden und Wirkweisen zu informieren sowie ihre Schadensersatzpflicht dem Grunde nach einzugestehen und den bereits bezifferten Schaden zu erstatten.
10
Mit Bescheid des Zentrums Familie und Soziales, Region, Versorgungsamt vom 04.05.2023 wurde beim Kläger ein Grad der Behinderung von 20, u.a. wegen einer Herzmuskelerkrankung festgestellt (Anlage K26)
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Der Kläger behauptet, er sei vor der Impfung fit und sowohl körperlich als auch mental gesund gewesen. Nach den Impfungen seien verschiedene Schäden und Beschwerden aufgetreten, nämlich eine Myokarditis, Druck auf der Brust, Schwäche, schnelle körperliche Erschöpfung, Gelenk- und Thoraxschmerzen, Dyspnoe, Belastungsdyspnoe, Luft- und Atemnot, Palpitationen und Schmerzen. Er sei nach der 2. Impfung krank geschrieben worden, habe später nochmals versucht, trotz der Schwäche und einem Druck auf der Brust wieder zu arbeiten und sein seit 01.08.2022 bis heute erneut arbeitsunfähig krank geschrieben. Des Weiteren sei ein sog. Post-Vac-Syndrom diagnostiziert worden, dessen Auswirkungen mit einer Ansteckung mit dem HI-Virus vergleichbar seien. Sein Immunsystem sei bis heute defekt, im Gegensatz zu früher sei er viel anfälliger geworden. Dies sei Folge davon, dass die Lipidhülle der Injektionslösung so ausgesucht und produziert worden sei, dass die Partikel nicht an der Injektionsstelle im Muskel verblieben, sondern die mRNA in die „zentrale Schaltstelle“ der Immunantwort transportierten und die Immunantwort modulierten bzw. ausschalteten.
12
Auch eine Reha-Maßnahme habe seine gesundheitliche Situation kaum verbessert.
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Folgende Beschwerden seien bis heute geblieben: Ein durchgehendes Druckgefühl auf der Brust, vermehrte Luftnot, Schwäche, Gelenkschmerzen und eine schnelle Erschöpfung.
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Er könne seinen Beruf als Heizungsbauer nicht mehr ausüben, Treppensteigen und Hausarbeit verrichten falle ihm schwer, Ausflüge mit der Familie seien fast unmöglich, er habe keine Ausdauer mehr und bei jeglicher körperlichen Belastung entstehe ein Druck auf der Brust und es käme zu Erschöpfungszuständen. Hinzukäme eine zunehmende Depressivität, Verlust von Lebensfreude und zunehmende schlechte Laune.
15
Der Kläger meint, Comirnaty weise ein negatives Nutzen-Risiko-Verhältnis auf. Der Impfstoff führe zu erheblichen Schäden, welche nicht in die Liste der Nebenwirkungen mit aufgenommen worden seien. Ein therapeutischer Wert des streitgegenständlichen Vakzins sei nicht ersichtlich. Zunächst sei erklärt worden, dass der Impfstoff vor Infektion schütze, dann, das er schwere Verläufe verhindere, während es jetzt nur mehr heiße, dass der das Immunsystem unterstütze.
16
Tatsächlich sei es jedoch so, dass bis zum 09.09.2022 von der EMA 12.938 Todesfälle im Zusammenhang mit der Verabreichung von Comirnaty erfasst worden seien, welche durch Hinterbliebene und Ärzte eingereicht worden seien. Bisher seien der EMA 404.082 Personen mit schweren Nebenwirkungen gemeldet worden, also solche mit bleibenden Schäden. Dabei sei von einer sehr hohen Dunkelziffer auszugehen.
17
Der Kläger habe auch nicht wirksam in die Behandlung mit einer, seiner Meinung nach, Gentherapie eingewilligt. Der Kläger sei nicht pflichtgemäß VO (EG) 507/2006 über die nur bedingte Zulassung des Impfstoffs aufgeklärt worden. Auch sei er nicht über die Risiken der Impfung aufgeklärt worden.
18
Der Impfstoff sei in Deutschland an die Arztpraxen ohne Inhaltsdeklaration und ohne Beipackzettel ausgeliefert worden. Es hätten auch abgelaufene Impfstoffe verabreicht werden dürfen.
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Die Klagepartei behauptet zudem, dass die Beklagte nachweisbar die Wirksamkeitsstudie gefälscht habe. Lediglich aufgrund von Fälschung von Daten sei eine angebliche relative Wirksamkeit des Impfstoffs von 95% errechnet worden, wovon die Beklagte auch Kenntnis gehabt habe. Aufgrund dieser Daten sei die Bundesrepublik Deutschland verleitet worden, eine darauf basierende breit angelegte Medienkampagne aufzubauen.
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Spätestens sei 30.04.2021 habe die Beklagte die Impfschäden alle gekannt und den Zulassungsbehörden eingereicht. Die Beklagte habe bewusst Falschbehauptungen aufgestellt, beispielsweise, dass Spike-Proteine innerhalb von 14 Tagen nach der Impfung vom Körper abgebaut werden, obwohl diese noch deutlich länger (mindestens vier Monate später) nachgewiesen werden konnten. Mehrere Aspekte der Wirkweise seien öffentlich bewusst wahrheitswidrig vorgetragen worden.
21
Der Kläger ist weiter der Meinung, bei dem Impfstoff Comirnaty handele es sich nicht um ein Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes, sondern ein Gentherapeutikum. Im Rahmen der Entwicklung der mRNAGentherapeutika seien zunächst Tierversuche durchgeführt worden, welche wegen der Schwere der Verletzungen der Tiere nicht beendet wurden. Die Beklagte habe alle eintretenden Impfschäden gekannt. Trotz dieses Umstands sei die Öffentlichkeit vorsätzlich entgegen § 8 AMG über wesentliche Tatsachen des Impfstoffs nicht informiert worden. Auch seien gegenüber dem Vertriebspartner zur Steigerung des Absatzes falsche Angaben über den Impfstoff gemacht worden, sodass gegenüber den Geimpften bei der Aufklärung bewusst wahrheitswidrig eine unzutreffende Aufklärung erfolgt sei. Der besondere Sittenwidrigkeitsvorwurf liege in der Gestaltung der Vertriebsverträge, da die Beklagte von der Gefährlichkeit und Schadensträchtigkeit der Vakzine überzeugt gewesen sei.
22
Die Beklagte habe auch in Schädigungsabsicht gehandelt. Die besondere Verwerflichkeit liege darin begründet, dass die Beklagte schon vor dem 30.04.2021 den Umfang der eintretenden gesundheitlichen Schäden aus der klinischen Studie Phase 3 gekannt habe und das erhebliche Schädigungspotential des Impfstoffs auch aus den Tierversuchen deutlich geworden sei. Gleichwohl sei aber von der Beklagten und erst recht nicht von seinem Vertriebspartner der Bundesrepublik Deutschland die Bevölkerung und auch der Versicherungsnehmer korrekt gem. § 8 AMG informiert worden, sondern stattdessen in die Irre geführt worden, indem wider besseres Wissen unter anderem durch den Gesundheitsminister die Impfung als „nebenwirkungsfrei“ bezeichnet worden sei. Eine Information zu den festgestellten Impfschäden habe es nicht gegeben. Die Zulassungsentscheidungen seien evident rechtswidrig und daher die Bescheide für nichtig zu erklären.
23
Der Kläger beantragt zuletzt,
- 1.
-
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, mindestens jedoch EUR 150.000,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.11.2023 zu zahlen.
- 2.
-
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klagepartei sämtliche sonstigen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die künftig noch aus der Impfung mit dem Impfstoff der Beklagten resultieren werden und derzeit noch nicht bezifferbar sind, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.
- 3.
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Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von EUR 4.633,86 nebst Zinsen in Höhe fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.11.2023 zu zahlen.
- 4.
-
Die Beklagte wird verurteilt, der Klagepartei die nachfolgend beantragten Auskünfte im Wege der Erfüllung des Auskunftsanspruchs nach § 84 a AMG schriftlich zu Händen ihrer hiesigen Prozessbevollmächtigten zu erteilen und die Vollständigkeit und Richtigkeit dieser Auskunftserteilung an Eides statt zu versichern. Die entsprechende Auskunft ist von dem vertretungsberechtigten Organ der Beklagten zu erteilen:
a. Auskunft über Art und Schwere der Toxizität der verwendeten Lipidnanopartikel ALC-0159 und ALC-0315 für den Menschen sowie über deren immunologische Auswirkungen auf den menschlichen Organismus.
b. Auskunft über den pharmazeutischen Reinheitsgrad von ALC-0159 und ALC-0315 und darüber, wie diese bestimmt werden.
c. Auskunft darüber, welcher Lieferant für die Lieferung der hier streitgegenständlichen Impf-Charge zuständig war und welche Technologie dieser für die Herstellung nutzte.
d. Erläuterung, weshalb im Spike-Protein „Wuhan 1“ der Verbau einer Furin-Schnittstelle zur Trennung des S1-Proteins vom S2-Protein erforderlich war, obwohl seit 2006 bekannt war, dass diese die Zell-Zell-Fusionsrate erhöht.
e. Erläuterung, weshalb ein P2-Lock verwendet wurde, damit das Spike-Protein S2 nicht auf geht indes aber das S1 ungesichert blieb sowie Auskunft darüber, ob experimentelle Belege existierten, die die Funktionalität des P2-Lock bestätigten.
f. Erläuterung, ob es Biarcore-Messungen (Oberflächenplasmonenresonanzspektroskopie) gibt die belegen, dass das modifizierte Spike-Protein wirklich nicht an ACE2 bindet und dieses dadurch zerstört.
g. Erläuterung, warum ein ganzes Cluster von HIV-Sequenzen und die GP-120-Sequenz im Spike-Protein verblieben sind und welche Auswirkungen diese auf das Immunsystem der Klagepartei haben.
h. Erläuterung, weshalb (noch immer) eine Neuropilin-Schnittstelle im Spike-Protein vorhanden ist.
i. Erläuterung, welche konkreten gesundheitlichen Schäden am Menschen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung vor dem 30.04.2021 durch die Beklagte oder in deren Auftrag festgestellt wurden.
j. Erläuterung wie überprüft und sichergestellt wurde, dass auf der menschlichen Zelle exponierende Spike-Proteine von der Zellwand über den sog. Membrananker gehalten und nicht etwa frei im Körper verfügbar wurden.
k. Erläuterung, ob und gegebenenfalls seit wann der Beklagten bekannt ist, dass das Spike-Protein (“Wuhan 1“) an den ACE2-Rezeptor menschlicher Zellen andocken und es dadurch Schäden in der Form der Blockade des Renin-Angiotensin-Aldosteron-System am menschlichen Organismus verursachen kann.
l. Erläuterung, welche Untersuchungen zur Genotoxizität beim Menschen durch BNT162b2 von Seiten der Beklagten unternommen worden sind.
m. Erläuterung, welche Unterschiede zwischen der Faltung des Proteins zwischen BNT162b2.8 und BNT162b2.9 bestehen und welche der Varianten die Klagepartei verimpft bekommen hat.
n. Erläuterung, welche Bewandtnis die Feststellung von Prof. Murakami von der Tokio University of Science zur Verwendung von Plasmid-DNA in dem Impfstoff BNT162b2 hat (SV40-Sequenz). Ergänzend: Seit wann wird die Sequenz von der Beklagten genutzt? Welche Funktion übt die Plasmid-DNA nach der Vorstellung der Beklagten in dem Vakzin aus?
o. Erläuterung, welche Maßnahmen gegen negative Auswirkungen des Vakzins auf die Fruchtbarkeit von geimpften Personen im Hinblick auf die Feststellungen im Abschlussgutachten zur Prä-Klinik vom 21.01.2021 (Anlage K b.b.) ergriffen wurden.
p. Erläuterung über den Inhalt des Zwischenberichts C4591022 zu Fehl- und Totgeburten (Pflichtbestandteil des EPAR-Riskmanagement der EMA) und über die Schwangerschaftsraten in PSUR #3 Tabelle 69.
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q. Erläuterung, welche Maßnahmen die Beklagte unternahm, nachdem sie gemäß folgender Gutachten (peer-reviewed) feststellte, dass ihr Vakzin BNT162b2 die Blockade/Zerstörung des P53-Protein an menschlichen Körperzellen die Krebszellenerkennung verhindert:
- Zeitliche metabolische Reaktion auf mRNA-Impfungen bei Onkologiepatienten,
Quelle: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34463888/
- Koordinierung und Optimierung von FDG-PET/CT und Impfung; Erfahrungen aus der Anfangsphase der Massenimpfung, Quelle: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34029956/
- Lymphadenopathie nach Impfung: Bericht über zytologische Befunde aus einer Feinnadelaspirationsbiopsie, Quelle:https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34432391/
- Axilläre Lymphadenopathie nach Impfung bei einer Frau mit Brustkrebs,
Quelle: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34940788/
- Feinnadelaspiration bei einer impfassoziierten Lymphadenopathie, Quelle: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34286849/
- Hypermetabolische Lymphadenopathie nach Pfizer-Impfung, Inzidenz bewertet durch FDG PET-CT und Bedeutung für die Interpretation der Studie, eine Überprüfung von 728 geimpften Patienten, Quelle:https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33774684/
r. Erläuterung, ob Oncomire – d.h. mit Krebs assoziierte miRNA – in dem streitgegenständlichen Impfstoff Comirnaty enthalten sein können.
s. Erläuterung, warum die Beklagte der Bevölkerung nicht mitteilte, dass Frauen ein dreifach höheres Risiko besitzen, gesundheitliche Schäden infolge der Impfung mit BNT162b2 zu erleiden (PSUR #1).
t. Trifft es zu, dass Ugur Şahin bereits in seinem Patent US 2015/0086612 A1 feststellt: „Bei der Immuntherapie auf RNA-Basis kann das Attackieren der Lunge oder Leber nachteilig sein, da das Risiko einer Immunreaktion bei diesen Organen besteht.“ (engl.: For RNA based immunotherapy, lung or liver targeting can be detrimental, because of the risk of an immune response against these organs.). Ergänzend: Welche Änderungen nach Einreichung des Patents liegen der Beklagten vor, die diese Einschätzung im streitgegenständlichen Vakzin widerlegen?
u. Trifft es zu, dass Ugur Şahin in seinem Patent US 10,485,884 B2 beschrieb, dass die Kombination von Salzen mit Nanolipiden keine gute Idee sei, weil diese dann ausflocken? Welcher Schaden entsteht bei Verdünnung mit ionischem Kochsalz in Verbindung mit der Tatsache, dass in einen Ca2+-haltigen Muskel injiziert wird?
v. Erläuterung, ob die Beklagte über das Spike-Protein „Wuhan 1“ die proteinbiochemischen Grundlagen erhoben hatte, wie:
- PH-Sensitivität Verhält sich bspw. ein im Fuß der Klagepartei auf 7 Grad heruntergekühltes Spike-Protein anders als bei 36,6 Grad (Kältedenaturierung)?
w. Erläuterung, was mit fehlgefalteten Proteinen geschieht. Wurde auf Einschlusskörperchen in den Zellen getestet?
x. Erläuterung, wie trotz des Verbaus von N1-Methylpseudouridin die Fehlfaltung des Spike-Proteins verhindert werden sollte, da dieses Nucleotid in der Natur dazu dient, bei Proteinen für Diversität zu sorgen.
y. In welchem Umfang und mit welchen Auswirkungen wird das N1-Methylpseudouridin in der rRNA der Ribosomen der Mitochondrien und denen der Zelle, zellulärer mRNA und tRNA eingebaut? Welche Anstrengungen wurden unternommen, eine damit einhergehende, potenzielle Auswirkung auf den Energiehaushalt und die Proteinproduktion der Zellen zu verhindern?
z. Hat die Beklagte die Menge der zu produzierenden Spike-Proteine in den jeweiligen Organen und Körperbestandteilen quantifiziert, weil das N1-Methylpseudouridin zu einer erhöhten Produktion von Spike-Proteinen im gesamten Körper führt?
aa. Für den Fall der Bejahung der vorausgegangenen Frage mag sich die Beklagte dazu äußern, wie sie sicherstellte, dass die Spike-Proteine bei zu hoher Konzentration nicht thermodynamisch instabil werden (life on the edge of solubility).
bb. Erläuterung, welche konkrete biologische/chemische/und oder physikalische Eigenschaft ihres Produktes zu einem Nutzen führen soll.
25
Die Beklagte beantragt,
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Die Beklagte bestreitet, dass die mit der Klage geltend gemachten Gesundheitsbeschwerden des Klägers überhaupt vorhanden sind und falls dies zutreffen sollte, dass diese durch die Impfung mit Comirnaty verursacht worden sind.
27
Die Beklagte behauptet, die mRNA aus dem Impfstoff verbleibe nicht im Körper, sondern werde kurz nach der Impfung abgebaut. Comirnaty weise ein durchgehend positives Nutzen-Risiko-Verhältnis auf, das heißt der Nutzen von Comirnaty überwiege die damit einhergehenden (sehr selten auftretenden) Risiken bei Weitem.
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Die Beklagte trägt weiter vor, die Fach- und Gebrauchsinformationen des Impfstoffs hätten beide zu jeder Zeit dem jeweils aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft entsprochen. Dabei enthielten sie alle erforderlichen Hinweise und Angaben, darunter auch ausdrücklich Risiken und Nebenwirkungen des Impfstoffs. Die Texte wären mit den zuständigen Zulasungsbehörden abgestimmt gewesen und stets zeitnah verfügbar gewesen. Auch hätten sämtliche Gebrauchsinformationen, die vor dem Übergang in die Standardzulassung veröffentlicht worden seien, einen Hinweis darauf enthalten, dass der Impfstoff unter „Besonderen Bedingungen“ zugelassen worden sei. Comirnaty sei damals und heute noch ordnungsgemäß und unter Einhaltung aller einschlägigen Vorschriften (d.h. die für Impfstoffe maßgeblichen Vorschriften) zugelassen. Sämtliche erforderlichen Daten und Nachweise seien den zuständigen Behörden vorgelegt worden.
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Seit seiner Zulassung werde Comirnaty, wie auch alle anderen zugelassenen Coronavirus-Impfstoffe, intensiv und fortlaufend durch die zuständigen Arzneimittelüberwachungsbehörden in europäischen und anderen Ländern auf seine Sicherheit und Nebenwirkungen hin überwacht. Die Beklagte sei verpflichtet, in Abständen von sechs Monaten Periodische Sicherheitsberichte (periodic safety update reports (im Folgenden: PSUR)) bei den Zulassungsbehörden einzureichen. Die Beklagte sei dieser Verpflichtung stets nachgekommen, der jüngste PSUR sei im Februar 2023 fristgerecht bei allen Behörden inklusive der EMA eingereicht worden.
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Der zeitliche Zusammenhang zwischen der Impfung und dem Auftreten der behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die bestritten würden, sei nicht belegt. Der Kläger habe nach wie vor keine umfassenden ärztliche Unterlagen vorgelegt, die insbesondere seinen Gesundheitszustand vor der Impfung belegen würden. Es werde bestritten, dass der Kläger an einem defekten bzw. geschwächten Immunsystem leide. Die vorgelegten ärztlichen Unterlagen würden dies nicht bestätigen. Bestritten werde auch, dass der Kläger an einem Post-Vac-Syndrom leide, was am ehesten dem Long-COVID-Syndrom entspreche. Im Übrigen sei ein Kausalzusammenhang zwischen den geschilderten gesundheitlichen Beschwerden und Beeinträchtigungen sowie den streitgegenständlichen Impfungen mit Comirnaty nicht nachgewiesen. Die Umstände würden nicht auf Comirnaty als Ursache für die geschilderten gesundheitlichen Beeinträchtigungen hindeuten, vielmehr kämen dafür eine Vielzahl anderer Ursachen in Betracht. Insbesondere seien die in einer Myokardszintigraphie vom 12.10.2022 nachgewiesenen oberflächlich narbigen Veränderungen nach einer Myokarditis wohl Folge der COVID-19 Infektion vom Mai 2022.
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Comirnaty sei kein Gentherapeutikum, weil das Erbgut der geimpften Person nicht verändert werde. Der Impfstoff komme mit der DNA der geimpften Person nicht in Berührung.
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Entgegen der Behauptung des Klägers seien auch keine ungeprüften Chargen von Comirnaty in den Verkehr gebracht worden. Das Paul-Ehrlich-Institut (im Folgenden: PEI) habe bei allen Chargen Comirnaty, die in Deutschland in Verkehr gebracht wurden, eine Chargenprüfung durchgeführt.
33
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst den jeweiligen Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 04.03.2024 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
35
Die Klage ist zulässig.
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Insbesondere ist das Landgericht i.d.OPf. nach § 32 ZPO bzw., sofern die Klage auf § 84 AMG gestützt wird, gemäß § 94a Abs. 1 AMG örtlich zuständig.
37
Die Klage ist jedoch unbegründet, da dem Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf das geltend gemachte Schmerzensgeld und den geltend gemachten Schadensersatz gegen die Beklagte wegen des Inverkehrbringens des Impfstoffs Comirnaty zusteht. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von immateriellem oder materiellem Schadensersatz aus § 84 Abs. 1 AMG, §§ 823 Abs. 1 BGB, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 5, 95 AMG, § 826 BGB, § 1 ProdHaftG, § 32 GenTG.
38
Deshalb ist auch der mit dem Klageantrag zu 2) verfolgte Feststellungsantrag unzulässig, jedenfalls unbegründet.
39
Die Klagepartei hat auch keinen Anspruch gegen die Beklagte auf die Erteilung der von ihr begehrten Auskünfte aus § 84a AMG.
40
1. Die Beklagte haftet nicht aufgrund der Gefährdungshaftung nach § 84 AMG. Die Vorschrift beinhaltet eine verschuldensunabhängige Haftung pharmazeutischer Unternehmer für Arzneimittelschäden.
41
a) Grundvoraussetzung der Arzneimittelhaftung ist, dass es sich bei dem schädlichen Stoff um ein Arzneimittel im Sinne des AMG handelt (BeckOGK/Franzki, 1.2.2024, AMG § 84 Rn. 19).
42
Bei Comirnaty handelt es sich um einen Impfstoff im Sinne von § 4 Abs. 4 AMG, sodass das AMG zur Anwendung kommt. Comirnaty ist als Impfstoff zugelassen. Anhaltspunkte dafür, dass die Zulassung von Comirnaty insoweit unter Verkennung des Impfstoffbegriffs erfolgte, bestehen nicht.
43
Nach § 4 Abs. 4 AMG sind Impfstoffe „Arzneimittel, die Antigene oder rekombinante Nukleinsäuren enthalten und die dazu bestimmt sind, beim Menschen zur Erzeugung von spezifischen Abwehr- und Schutzstoffen angewendet zu werden und, soweit sie rekombinante Nukleinsäuren enthalten, ausschließlich zur Vorbeugung oder Behandlung von Infektionskrankheiten bestimmt sind“.
44
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 07.07.2022, Az. 1 WB 2.22, festgestellt, dass objektiv betrachtet die Präparate Comirnaty und Spikevax eindeutig den arzneimittelrechtlichen Impfstoffbegriff erfüllen. Zwar enthalten die mRNA-Impfstoffe von BioNTech/Pfizer und Moderna anders als herkömmliche Impfstoffe keine Antigene. Sie arbeiten aber – wie ausgeführt – mit Boten-Ribonukleinsäuren, die mit gentechnischen Methoden neu zusammengestellt (rekombiniert) werden. Zudem sind die Präparate dazu bestimmt, beim Menschen (mittelbar) die Erzeugung bestimmter Abwehrstoffe (Antikörper) auszulösen und dienen ausschließlich zur Vorbeugung der Infektionskrankheit COVID-19 (BVerwG, aaO, Rn. 218).
45
Auch mit europarechtlichen Argumenten kann nicht bestritten werden, dass diese neuartigen Impfstoffe den arzneimittelrechtlichen Impfstoffbegriff erfüllen. b)
46
Soweit behauptet wurde, die Präparate hätten von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) als Gentherapeutika beurteilt und geprüft werden müssen, steht dem eine klare und eindeutige Regelung in der RL 2009/120/EG der Kommission vom 14. September 2009 zur Änderung der RL 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel im Hinblick auf Arzneimittel für neuartige Therapien (ABl. L 242 vom 15. September 2009, S. 4) entgegen. In dieser Richtlinie wird zunächst der Begriff des Gentherapeutikums näher definiert und dann in einem Nachsatz ausgeführt: „Impfstoffe gegen Infektionskrankheiten sind keine Gentherapeutika“. Damit hat der Normgeber klar zum Ausdruck gebracht, dass Impfstoffe unabhängig von ihrer Zusammensetzung und Wirkungsweise nicht dem Zulassungsverfahren für Gentherapeutika unterliegen. Demzufolge steht der Behauptung des Klägers, es handele sich bei Comirnaty um ein Gentherapeutikum, die gesetzliche Definition von Gentherapeutika entgegen, wonach Impfstoffe gegen Infektionskrankheiten keine Gentherapeutika sind (vgl. RL 2001/83/EG des Europäischen Parlaments, zuletzt geändert durch Art. 1 VO (EU) 2019/1243 vom 20.06.2019 (Abl. (EU) L 198/241, Anhang I, Teil IV). c)
47
An der Zulassungspflicht des Impfstoffs im Sinne des § 21 AMG bestehen keine Zweifel. Es ist auch unstreitig, dass die Beklagte den Impfstoff im Geltungsbereich des AMG in Verkehr brachte.
48
Der Kläger wurde als Verbraucher am .11.2021 und .12.2021 mit dem Impfstoff geimpft.
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2. Die weiteren anspruchsbegründenden Voraussetzungen des § 84 Abs. 1 AMG liegen jedoch nicht vor.
50
Ein Anspruch nach § 84 Abs. 1 AMG kommt vorliegend nicht in Betracht, da keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Comirnaty ein unvertretbares Nutzen-Risiko-Verhältnis im Sinne dieser Vorschrift aufweist.
51
a) Nach § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AMG haftet der pharmazeutische Unternehmer, wenn das streitgegenständliche Arzneimittel bei seiner bestimmungsgemäßen Anwendung schädigende Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen.
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Die Haftung besteht daher nur für solche Arzneimittel, die ein negatives Nutzen-Risiko-Verhältnis aufweisen. Damit trägt die Vorschrift dem Umstand Rechnung, dass es sich bei Arzneimitteln um Produkte handelt, die unvermeidbar neben ihrer therapeutischen Wirkung auch Risiken in sich bergen (Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 3. Auflage 2022, § 84 Rn. 68).
53
Die Verkehrsfähigkeit eines Arzneimittels wird trotz der zu befürchtenden Nebenwirkungen in der Zulassungsentscheidung von Amts wegen auf der Grundlage der positiven Ergebnisse einer Abwägung von zu erwartendem Nutzen und zu befürchtenden Risiken festgestellt. Als nicht ersatzpflichtig werden solche Verletzungen bewertet, die nach der Nutzen-Risiko-Bewertung als sozialadäquat eingeordnet werden, weil und soweit sie beim Gebrauch von Arzneimitteln vom Verkehr hingenommen werden.
54
Schädlich sind Wirkungen, die negativen Einfluss auf die Gesundheit des Verbrauchers haben. Eine schädliche Wirkung ist dann gegeben, wenn das Arzneimittel Reaktionen im Körper des Anwenders hervorruft, die sich negativ auf dessen Gesundheitszustand auswirken (vgl. Spickhoff/Spickhoff Rn. 16; Fuhrmann/Klein/Fleischfresser ArzneimittelR-HdB/Handorn § 27 Rn. 40).
55
Als schädliche Wirkungen sind vor allem Nebenwirkungen und Wechselwirkungen des Arzneimittels zu nennen (Besch, Produkthaftung für fehlerhafte Arzneimittel, 2000, 52; Prütting/Plaßmann Rn. 26). Bei § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AMG geht es nicht allein um die Vertretbarkeit des beim Geschädigten konkret entstandenen Schadens, sondern um eine generelle Vertretbarkeit bzw. Unvertretbarkeit des Arzneimittels (KPSS Produzentenhaftung/Koyuncu, Bd. 2, EL 1/13 Stand: 2/2013, Kz. 3810, 58 f.). Diese richtet sich nach dem positiven therapeutischen Wert des Medikaments im Vergleich zu allen seinen schädlichen Wirkungen (vgl. § 4 Abs. 28, Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 3. Auflage 2022, § 84 Rn. 78).
56
Die medizinische Vertretbarkeit ist gegeben, wenn der therapeutische Wert die schädlichen Wirkungen des Arzneimittels überwiegt (BT-Drs. 7/3060, 45 zu § 5 AMG). Dabei sind Art, Gefahr und Häufigkeit der schädlichen Nebenwirkungen mit dem potentiellen Nutzen und der Dringlichkeit der Behandlung in Beziehung zu setzen (BGH, NJW 2015, 2502), wobei Behandlungsalternativen mit in Rechnung zu stellen sind. Insbesondere das Risiko des Todes oder des Eintritts schwerer oder schwerster, gar irreparabler Gesundheitsschäden im Fall der nicht erfolgten Verwendung des Arzneimittels kann ein höheres Arzneimittelrisiko als vertretbar erscheinen lassen (Spickhoff/Spickhoff, 4. Auflage 2022, AMG, § 84 Rn. 18). Sowohl das europäische als auch das bundesdeutsche Recht machen die Zulassung eines Arzneimittels davon abhängig, dass kein ungünstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis besteht (vgl. Art. 26 RL 2001/83/EG, § 25 Abs. 2 Nr. 5 AMG).
57
Die Nutzen-Risiko-Abwägung hat dabei abstrakt-generellen Charakter (OLG Schleswig-Holstein, NJW-RR 2014, 805, 806). Sie ist nicht bezogen auf den individuell Geschädigten oder Untergruppen innerhalb der durch die Indikation angesprochenen Patientengruppe vorzunehmen. Die Nutzen-Risiko-Abwägung findet jeweils für die gesamte, durch die Indikationsangabe vom pharmazeutischen Unternehmer anvisierte Patientenpopulation statt (Klügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, 3. Auflage 2022, § 84 Rn. 82).
58
Im Hinblick auf das Vorliegen von schädlichen Wirkungen hat nach herrschender Meinung, welcher sich die Kammer anschließt, eine retrospektive Beurteilung der Vertretbarkeit zu erfolgen (Rehmann Rn. 5; Kügel/Müller/Hofmann/Brock Rn. 88; Sander Bd. 2, 45. EL Stand: 11/2007, Anm. 12; Spickhoff/Spickhoff Rn. 18; Fuhrmann/Klein/Fleischfresser ArzneimittelR-HdB/Handorn § 27 Rn. 53; vgl. auch LG Kleve, Urteil vom 25.01.2023, Az. 2 O 83/22). Dabei sind die aktuellen Erkenntnisse über die schädlichen Wirkungen des Arzneimittels auf den Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Arzneimittels zurück zu prognostizieren und es ist zu prüfen, ob unter Berücksichtigung des damaligen pharmazeutischen Umfelds die schädlichen Wirkungen hätten hingenommen werden dürfen oder nicht (BeckOGK/Franzki, 1.2.2024, AMG § 84 Rn. 92 f.; vgl. auch OLG Schleswig-Holstein, Urteil vom 20.12.2013, Az. 4 U 121/11).
59
Nach dem Schutzzweck der Haftungsnorm geht es letztlich darum, eine Haftung für den Fall zu begründen, dass schädliche, unvertretbare Wirkungen eintreten, die, wenn sie im Zulassungsverfahren bereits bekannt gewesen wären, eine Versagung der Zulassung nach § 25 Abs. 2 Nr. 5 AMG begründet hätten (OLG Karlsruhe, Urteil vom 08.10.2008, Az. 7 U 200/07). Im Regelfall können daher solche schädlichen Arzneimittelwirkungen, die im Rahmen der umfangreichen Prüfung der Arzneimittelzulassung als vertretbar eingestuft wurden, nicht zu einer Haftung nach § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG führen (BeckOGK/Franzki, 1.2.2024, AMG § 84 Rn. 66; vgl. auch OLG Karlsruhe, Urteil vom 08.10.2008, Az. 7 U 200/07).
60
Vorliegend besteht jedoch kein Anhaltspunkt für ein negatives Nutzen-Risiko-Profil. In diesem Zusammenhang ist nicht entscheidend, ob für den Kläger persönlich ein negatives Nutzen-Risiko-Verhältnis bestand, da es für die Beurteilung auf die Gesamtheit der potentiellen Anwender ankommt.
61
Primär ist davon auszugehen, dass eine Zulassung als positives Ergebnis der (zulassungsrechtlichen) Nutzen-Risiko-Abwägung den Eintritt einer Haftung nach § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG in der Variante der Unvertretbarkeit für eine bei Zulassungserteilung bekannte Nebenwirkung ausschließt, da das positive Profil die Vertretbarkeit der schädlichen Wirkungen feststellt (Kügel/Müller/Hofmann, aaO Rn. 69). Die Nutzen-Risiko-Abwägung kann sich bei § 84 AMG demzufolge nur auf schädliche Wirkungen beziehen, die nach der Zulassung entdeckt wurden und zu einer Unvertretbarkeit führen.
62
Im Rahmen der Zulassung von Comirnaty wurde ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis festgestellt, welches Voraussetzung für die Zulassung ist. Dieses positive Nutzen-Risiko-Verhältnis wurde auch nach der Zulassung wiederholt durch die zuständige Aufsichts- und Zulassungsbehörde in der Europäischen Union bestätigt. Am 16.09.2022 hat der CHMP aufgrund des fortbestehenden positiven Nutzen-Risiko-Verhältnisses von Comirnaty empfohlen, die bedingte Zulassung von Comirnaty in eine Standardzulassung umzuwandeln, welche nicht jährlich erneuert werden muss. Diese Empfehlung wurde mit Durchführungsbeschluss der Europäischen Kommission vom 10.10.2022 rechtlich umgesetzt. Am 28.10.2022 wurde das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis durch das CHMP der EMA auf Basis sämtlicher vorliegender Daten erneut bestätigt. Hier wurde explizit festgestellt, dass sich trotz der Tatsache, dass sich neue Daten ergeben haben, diese keinen Einfluss auf das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Comirnaty in der zugelassenen Indikation haben. Vielmehr bestätigen die erhobenen Daten das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis in der zugelassenen Indikation.
63
Demzufolge scheitern Ansprüche des Klägers wegen der behaupteten Myokarditis bereits daran, dass eine Myokarditis bereits im August 2021 als mögliche Nebenwirkung bekannt gegeben wurde und gleichwohl dem Impfstoff im Anschluss hieran, nämlich wie bereits dargelegt am 10.10.2022 im Rahmen der Standardzulassung ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis attestiert wurde.
64
b) Ganz grundsätzlich ist die Zulassungsfähigkeit und Übereinstimmung mit den Zulassungsvoraussetzungen Gegenstand der in dem Verwaltungsakt der Zulassung ausgesprochenen Rechtsfolge. Diese entfaltet in einem Zivilprozess grundsätzlich wie alle Verwaltungsakte Tatbestandswirkung mit der Folge, dass, solange der Verwaltungsakt nicht durch die zuständige Behörde oder durch ein Verwaltungsgericht aufgehoben worden oder nichtig ist, nicht nur der Erlass des Bescheids als solcher, sondern auch sein Ausspruch von den Zivilgerichten hinzunehmen und ihren Entscheidungen zugrunde zu legen ist (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 03.03.2023 – 19 U 222/22 –, juris, Rn. 113; NJW 2023, 2259). Der Umfang der Tatbestandswirkung richtet sich nach dem Regelungsgehalt, der gegebenenfalls durch Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont zu bestimmen ist (Schoch/Schneider/Goldhammer, 3. EL August 2022, VwVfG, § 43 Rn. 75). Ergänzend entfalten aber auch die tatsächlichen Feststellungen, auf denen ein Verwaltungsakt beruht, Bindungswirkung (Feststellungswirkung), was im jeweiligen Einzelfall nach Maßgabe des Fachrechts zu bestimmen ist.
65
Hiervon ausgehend ist die Feststellung der arzneimittelrechtlichen Unbedenklichkeit von einer Genehmigung erfasst. Dies folgt insbesondere daraus, dass eine Genehmigung nach Art. 26 RL 2001/83/EG ebenso wie nach deutschem Recht nach § 25 Abs. 2 AMG zu versagen ist, wenn das Nutzen-Risiko-Verhältnis nicht als günstig anzusehen ist. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Erteilung einer Genehmigung nach außen hin und damit mit Feststellungswirkung das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis verlautbart (vgl. Auch LG Frankfurt am Main, Urteil vom 14.02.2024, Az. 2-12 O 264/22).
66
Eine grundsätzliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Behördenentscheidung obliegt den Zivilgerichten nicht (vgl. auch BGH, Urteil vom 02.12.2015 – I ZR 239/14). Nichts anderes gilt, wenn es sich um einen hoheitlichen Akt der Europäischen Kommission handelt.
67
Die Zulassungsentscheidung erfolgte durch die Europäische Kommission nach Empfehlung der EMA. Da es sich um eine europäische Zulassungsentscheidung der Europäischen Kommission handelt, kann diese nach allgemeinen europarechtlichen Bestimmungen alleinig angefochten werden. Im Unionsrecht gilt dabei der Grundsatz der Vermutung der Rechtmäßigkeit von Gemeinschaftsakten. Nach diesem Grundsatz entfalten Rechtsakte einer Europäischen Behörde, hier der Europäischen Kommission, Rechtswirkungen, solange sie nicht zurückgenommen, im Rahmen einer Nichtigkeitsklage für nichtig erklärt oder infolge eines Vorabentscheidungsersuchens oder einer Rechtswidrigkeitseinrede für ungültig erklärt worden sind. Der Grundsatz gestattet es insbesondere anderen europäischen und nationalen Behörden sowie Gerichten in nachfolgenden Verfahren von der Tatbestandswirkung dieses europäischen Rechtsakts auszugehen, das heißt in nachfolgenden Verfahren bei einer Rechtsprüfung das tatbestandliche Vorliegen einer rechtswirksamen Zulassung festzustellen (BVerwG, Beschluss vom 07.07.2022 – 1 WB 2/22, juris Rn. 205 f. m.w.N.).
68
Der Tatsache, dass wiederholt ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis festgestellt wurde, hält die Klagepartei entgegen, dass für den Kläger eine Myokarditis mit persistierender Leistungseinschränkung und Post-Vac-Syndrom eine unverhältnismäßige Folge der Impfung darstellt, welche auch zum Tode führen kann. Unabhängig davon, dass – wie bereits dargestellt – für die Betrachtung auf die Gesamtheit der potentiellen Anwender abzustellen ist, ist darüber hinaus anzuführen, dass es von der Indikation des Arzneimittels sowie seiner therapeutischen Wirksamkeit abhängt, welches Risiko sich als vertretbar einstufen lässt. Je besser die therapeutische Wirksamkeit des Arzneimittels und je gravierender die Indikation, desto schwerere schädliche Wirkungen können toleriert werden. Wird das Arzneimittel zum Beispiel zur Behandlung einer Krankheit mit hoher Sterblichkeitsrate eingesetzt, sind unter Umständen auch besonders schwerwiegende und möglicherweise tödliche Nebenwirkungen hinzunehmen, solange deren Eintrittswahrscheinlichkeit eher gering ist (vgl. hierzu Kügel/Müller/Hofmann, aaO Rn. 83). Eine Impfung mit Comirnaty schützt mit einer sehr hohen Wirksamkeit gegen Covidbedingte Hospitalisierung und Tod. Risiken traten hingegen im Hinblick auf die Menge der verabreichten Impfungen nur sehr selten auf.
69
Bei Gesamtwürdigung aller Umstände besteht für die Kammer kein Anlass, an den Entscheidungen der zuständigen Behörden zu zweifeln. Der Kläger hat vorliegend keine konkreten Tatsachen aufgezeigt, die geeignet wären, hieran Zweifel zu wecken und die eine Beweiserhebung über das Nutzen-Risiko-Verhältnis des Impfstoffs erfordern würden. Der Sachvortrag der Klagepartei erschöpft sich in Spekulationen, wonach sich die zuständigen Gremien und Behörden bei ihren Entscheidungen von sachfremden Erwägungen hätten leiten lassen und aufgrund dessen wissenschaftliche Erkenntnisse außer Acht gelassen oder falsch bewertet hätten. c)
70
Schlussendlich bestimmt sich die Zulassung von Comirnaty wie bereits dargelegt nach dem Arzneimittelrecht und nicht nach Gentechnikrecht (siehe oben unter I. 1.). Gemäß RL 2001/83/EG des Europäischen Parlaments, zuletzt geändert durch Art. 1 VO (EU) 2019/1243 vom 20.06.2019 (Abl. (EU) L 198/241) heißt es in Anhang I, Teil IV unter 2. „Begriffsbestimmungen“, Punkt 2.1 wörtlich:
„Impfstoffe gegen Infektionskrankheiten sind keine Gentherapeutika.“
71
Aufgrund der Tatbestands- bzw. Feststellungswirkung der Zulassung kann demnach ein ungünstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis nicht zur Überzeugung der Kammer festgestellt werden. d)
72
Darüber hinaus ist zu sehen, dass die Sicherheit von Comirnaty am 30.08.2023 durch Empfehlung der EMA erneut bestätigt wurde, indem sie der Europäischen Kommission empfahl, den auf die COVID-19-Subvariante Omikron XBB.1.5 angepassten Comirnaty Impfstoff zuzulassen.
73
Der innerhalb der EMA zuständige Ausschuss für Humanarzneimittel (Committee for Medicinal Products for Human Use, „CHMP“) erklärte ausdrücklich, alle verfügbaren Daten zu Comirnaty, einschließlich Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit, geprüft zu haben, woraufhin die Europäische Kommission am 01.09.2023 die Zulassung erteilte (vgl. Anlage B7).
74
Der Einwand der Klagepartei, dass sich das interne Empfehlungsschreiben des CHMP auf einen anderen Omikron Impfstoff beziehe, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Feststellungen des CHMP vom 30.08.2023 beschränkten sich nicht auf den Omikron-Impfstoff, sondern es wurden bei der Entscheidung alle verfügbaren Daten zu Comirnaty und seinen anderen adaptierten Impfstoffen berücksichtigt. Infolgedessen greift die Argumentation der Klagepartei ins Leere. e)
75
Das weitere Vorbringen des Klägers, es handle sich um einen anderen, nicht vergleichbaren Impfstoff, steht im Übrigen auch im Widerspruch zu seiner Behauptung, die Toxizität der Impfung ergebe sich daraus, dass die mRNA in eine Hülle aus Fetten (Lipidnanopartikel, LNP) verpackt werde und das Verwenden dieser LNP seit Jahren wegen gefährlicher Nebenwirkungen als kritisch eingestuft werde. An dieser Funktionsweise ändert sich auch bei dem modifizierten Impfstoff nichts. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass ausweislich der von beklagter Seite vorgelegten Anlage B2 keine Zweifel daran bestehen, dass die Substanzen ALC-0159 und ALC-0315 zulässigerweise in Comirnaty vewendet wurden, was durch das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) ausdrücklich bestätigt wurde. Das PEI stellte klar, dass es sich bei diesen Substanzen um pharmazeutische Hilfsstoffe handelt. Bei der Zulassung der mRNA-Impfstoffe erfolgte eine sorgfältige Prüfung hinsichtlich der Eignung für die Anwendung am Menschen. f)
76
Ferner liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der EMA nicht alle erforderlichen Informationen erteilt wurden, um das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Comirnaty richtigerweise zu bewerten.
77
Die Beklagte ist verpflichtet, in Abständen von sechs Monaten periodische Sicherheitsberichte (PSUR) bei den Zulassungsbehörden einzureichen. Bei den PSUR handelt es sich um wissenschaftliche Dokumente mit einer statistischen und epidemiologischen Aufbereitung der Daten in einem standardisierten, von den Behörden vorgegebenen Format. Hierbei fehlt bereits ein etwaiger substanziierter Vortrag der Klagepartei, dass die Beklagte diesen umfänglichen Berichtspflichten nicht ordnungsgemäß nachgekommen sei. Grundsätzlich wäre ausgehend von den Feststellungen der europäischen Behörden daher nur dann eine neue Begutachtung der der Beurteilung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses zugrundeliegenden Sachfragen geboten, wenn die Klagepartei dargelegt hätte, dass nach der Zulassungsentscheidung der Europäischen Kommission vom 01.09.2023 neue Erkenntnisse aufgetreten sind, bei deren Berücksichtigung eine andere Zulassungsentscheidung veranlasst gewesen wäre (vgl. OLG Bamberg, Urteil vom 14.08.2023, Az. 4 U 15/23; LG Saarbrücken, Urteil vom 01.12.2023, Az. 16 O 33/23).
78
Auch hierzu fehlt jeglicher Vortrag des Klägers. Insbesondere hat der Kläger keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die europäischen Behörden bei ihren fortlaufenden Prüfungen Tatsachen unbeachtet gelassen hätten, die bei ihrer Beachtung zu einem anderen abweichenden Ergebnis geführt hätten.
79
Vor dem Hintergrund der laufenden Überwachung, der Erteilung der Standardzulassung sowie der Zulassung für den adaptierten Impfstoff kommt es auf das Vorbringen der Klagepartei dahingehend, dass vor der Erteilung der bedingten Zulassung nicht die erforderlichen Studien durchgeführt worden seien, nicht an. Die Ausführungen der Klagepartei, dass relevante Tests, beispielsweise in Form von Genexpressionsgutachten der Immunzellen vor und nach der Injektion, seitens der Zulassungsbehörden nicht durchgeführt worden seien, sind unsubstantiiert. Insbesondere wird nicht vorgetragen, weshalb die Zulassungsbehörden hierzu verpflichtet gewesen sein sollen und welche abstrakten Risiken hierdurch aufgezeigt worden wären.
80
Auch befindet sich Comirnaty entgegen der Behauptungen der Klagepartei nicht immer noch in der Zulassungsstudie Phase III. Die Beklagte hat hierzu nicht schlüssig vorgetragen, weshalb dies der Fall sein sollte.
81
Der Vortrag des Klägers, der nunmehr verwendete Impfstoff sei mit der in der Testphase verwendeten Version nicht mehr vergleichbar, sodass es sich letztlich um einen nicht zugelassenen Impfstoff handele, entbehrt jeglicher Grundlage. Konkrete Anhaltspunkte dafür, warum es sich bei der dem Kläger verabreichten Impfung um eine von der aus der Testphase verwendeten abweichende Version handeln soll, zeigt die Klagepartei nicht auf. Sofern klägerseits vorgetragen wird, das zuvor verwendete BNT162b2.8 habe eine andere Proteinfaltung und wirke daher chemisch anders und ferner, dass die BNT162b2.9 Impfchargen oberhalb des Grenzwertes von 10 ng pro Impfdosis mit DNA kontaminiert seien, ist dies nicht ansatzweise belegt. Gegen die Behauptung sprechen die mehrfachen Überprüfungen und dadurch Kontrollmechanismen seitens der EMA für die einzelnen Zulassungen. (vgl. hierzu auch LG Düsseldorf, Urteil vom 16.11.2023, Az. 3 O 151/22). Hierbei ist nicht erkennbar, auf welcher Tatsachengrundlage die aufgestellten Behauptungen beruhen.
82
Unerheblich sind auch die Ausführungen zur Wirkweise von Comirnaty. g)
83
Seitens der Klagepartei ist darüber hinaus ein nicht vertretbares Nutzen-Risiko-Verhältnis auch nicht dargelegt.
84
Sofern sich im Nachhinein schädliche Wirkungen eines Arzneimittels zeigen, ist für die Abwägung, ob ein nicht vertretbares Nutzen-Risiko-Verhältnis vorliegt, auf die Umstände im Zeitpunkt der Geltendmachung des Schadens abzustellen (str.; zum Meinungsstand Kullmann in Kullmann/Pfister Rn. 33 m.w.N; Brock/Stoll in Kügel/Müller/Hofmann § 84 Rn. 83 f.m.w.N). Maßgebend ist der Stand der letzten mündlichen Verhandlung. Allerdings ist dieser so gewonnene Erkenntnisstand auf den Zeitpunkt des Inverkehrbringens zurück zu projizieren. Es muss geprüft werden, ob bei den nunmehr bestehenden Erkenntnissen, wenn sie auch damals bekannt gewesen wären, ein Inverkehrbringen des Arzneimittels unter Berücksichtigung der damals zur Verfügung stehenden Behandlungsalternativen im Rahmen einer Nutzen-Risiko-Abwägung gerechtfertigt gewesen wäre oder nicht (Rehmann, Arzneimittelgesetz, § 84 Rz. 6).
85
Im Rahmen der Frage nach der „Unvertretbarkeit“ ist eine Abwägung zwischen dem therapeutischen Nutzen und den Risiken einer schädlichen Nebenwirkung vorzunehmen (BT-Drucks. 7/3060, S. 45 (zu § 5 AMG); Rehmann, AMG, 5. Aufl. 2020, § 84 Rn. 5). Dabei kommt es auf gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse an – die schädlichen Wirkungen müssen bewiesen sein (Brock in Kügel/Müller/Hoffmann, AMG, 3. Aufl. 2022, § 84 Rn. 82). Bloße Spekulationen genügen nicht.
86
Die Beweislast für das Vorliegen eines negativen Nutzen-Risiko-Verhältnisses trägt stets der Anspruchsteller (Koyuncu in Kullmann/Pfister/Stöhr/Spindler, Produzentenhaftung, Lfg. 2/13, Kennzahl 3812, S. 3).
87
Der Kläger hat insoweit weder fehlenden Nutzen noch nicht vertretbare Risiken dargelegt. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass es einer Partei nicht verwehrt werden darf, eine tatsächliche Aufklärung auch hinsichtlich solcher Punkte zu verlangen, über die sie selbst kein zuverlässiges Wissen besitzt. Sie kann deshalb genötigt sein, eine von ihr nur vermutete Tatsache zu behaupten und unter Beweis zu stellen. Unzulässig wird ein solches prozessuales Vorgehen jedoch dort, wo die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen „aufs Geratewohl“ oder „ins Blaue hinein“ aufstellt.
88
Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist zwar Zurückhaltung geboten; in der Regel wird sie nur beim Fehlen jeglicher tatsächlichen Anhaltspunkte gerechtfertigt werden können (BGH, Beschluss vom 16.04.2015, Az. IX ZR 195/14). Das Recht, Tatsachen aufs Geratewohl oder ins Blaue hinein zu behaupten, steht aber nach der zitierten Rechtsprechung unter dem Vorbehalt, dass die Partei das erforderliche Wissen nicht erlangen kann. Um im Anwendungsbereich des Arzneimittelrechts Tatsachenbehauptungen ins Blaue hinein zu vermeiden und das Gericht damit zu einer grund- und grenzenlosen Überprüfung von Arzneimitteln veranlassen zu können, steht einer Partei aber gerade der Auskunftsanspruch aus § 84a AMG zur Seite (s.a. OLG Koblenz, Urteil vom 16.02.2004 – 12 U 160/03; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 10.04.2003, Az. 3 U 30/00). Vor dem Hintergrund des erst im Jahr 2009 eingeführten § 84a AMG, der das Informationsdefizit des Arzneimittelgeschädigten kompensieren soll (BeckOGK, § 84a AMG Rz. 2), können die Feststellungen des Bundesgerichtshofs im Urteil vom 19.03.1991 – VI ZR 248/90, es reiche aus, wenn der Kläger vorträgt, dass ein Medikament zu so schweren Schädigungen führen kann, wie sie bei ihm später aufgetreten sind (Schrumpfung des Gehirns), keinen Bestand mehr haben. Nach Maßgabe dieser Voraussetzungen ist das Klagevorbringen als „ins Blaue hinein“ und damit unerheblich zu bewerten.
89
aa) Die Klagepartei stellt ohne Erfolg bereits einen Nutzen des Impfstoffs in Abrede. Es trifft schon nicht zu, dass ein Impfstoff gegen SarsCov2 schon deswegen überflüssig – und damit im Ergebnis nutzlos – gewesen sein soll, weil im Jahr 2020 – so der Kläger – niemand gewusst habe, wie die Risiken von SarsCov2 einzuschätzen gewesen seien.
90
Die Risiken des Virus – insbesondere in seiner Wildform zur Beginn der Pandemie – sind allgemein bekannt und stehen insbesondere vor dem Hintergrund, dass zunächst die WHO im Januar 2020 eine gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite und im März 2020 der Bundestag eine epidemische Lage nationaler Tragweite nach § 5 IfSG ausgerufen haben, unabweisbar fest.
91
Die Kammer schließt sich insoweit den Ausführungen des Landgerichts Hannover in seinem Urteil vom 04.12.2023, Seite 7 f., Az. 2 O 76/23, an. Hierin heißt es:
92
Im Vordergrund der Abwägungen steht hier die pandemische Lage, die es 2020 erforderlich machte, unter Einhaltung medizinischer Standards, auf dennoch schnellstem Wege eine Impfung herzustellen, die die weitere Verbreitung des Corona Virus verhindern, die Anzahl der schwerwiegenden Verläufe eindämmen und vor allem die Zahl der Coronatoten weltweit verringern sollte. Bereits wenige Wochen und Monate nach dem weltweiten Ausbruch des Corona Virus zählte man Millionen Tote weltweit. Die Gesamtzahl der schweren Verläufe einer Coronainfektion stieg von Tag zu Tag und endete in vielen Fällen auf den Intensivstationen. Die Kapazitäten in den Kliniken, sowohl hinsichtlich der verfügbaren Betten als auch des verfügbaren Ärzte- und Pflegepersonals, waren schnell ausgeschöpft. Schlussendlich war die Lage so kritisch, dass ein deutschlandweiter Lockdown ausgesprochen wurde. Schulen, Kitas, Universitäten, Restaurants und nahezu der gesamte Einzelhandel mussten zunächst auf unbestimmte Zeit schließen. Lediglich Geschäfte des täglichen, dringenden Bedarfs wie Supermärkte, Drogerien und Apotheken waren unter Einhaltung strenger Zutrittsregelungen geöffnet. Als die größte Chance, dieser nicht weiter kalkulierbaren Erkrankung entgegenzuwirken, wurde die Herstellung und baldige Verabreichung eines Impfstoffs an die Bevölkerung angesehen. Nicht zuletzt, weil es sich bei dem Corona Virus um ein – zum entscheidenden Zeitpunkt – neuartiges Virus gehandelt hat und dementsprechend Alternativpräparate weder vorhanden noch verfügbar waren. In einer Zeit, in der sich Gedanken über eine grundgesetzlich verbotene Abwägung „Leben gegen Leben“ gemacht wurden, weil es in den Kliniken nicht mehr möglich war, jeden Patienten gleichermaßen gut zu versorgen und diese sogar deutschlandweit transportiert und in umliegende Krankenhäuser verlegt werden mussten, weil keine Betten mehr frei und/oder Beatmungsgeräte verfügbar waren, ist der Grad des Nutzens des entwickelten Impfstoffes hoch anzusetzen.
93
An dieser Bewertung hat sich bis heute – auch rückblickend – nichts geändert. Angesichts dessen ist es unerheblich, dass im Nachhinein Prof. Dr. I. festgestellt haben will, dass die Sterblichkeitsraten letztlich niedriger als geschätzt lagen. Der Impfstoff sollte nicht nur vor Todesfällen, sondern auch vor schweren Verläufen schützen.
94
Vor diesem Hintergrund ist auch die Behauptung des Klägers, SarsCoV2 lasse sich hervorragend konventionell als grippaler Infekt ohne vergleichbare Nebenwirkungen therapieren, als unerheblich zurückzuweisen. Dies mag zum jetzigen Zeitpunkt offenkundig sein, trifft aber nicht für die Jahre 2020 und 2021 zu.
95
Ein fehlender Nutzen ergibt sich auch nicht daraus, dass der Impfstoff die Übertragung des Virus von Mensch auf Mensch nicht verhindert. Dies muss ein Impfstoff nicht gewährleisten. § 2 Nr. 9 IfSG definiert eine Schutzimpfung als „die Gabe eines Impfstoffes mit dem Ziel, vor einer übertragbaren Krankheit zu schützen“ und nicht – wie die Klagepartei meint – als Schutz vor Übertragung einer Krankheit. Die Beklagte behauptet selbst nicht, dass COMIRNATY® vor einer Ansteckung i.S.v. einer Übertragung des Virus von Mensch auf Mensch schütze. Im Übrigen ist offenkundig und kann wissenschaftlich nicht ernstlich bestritten werden, dass der streitgegenständliche Impfstoff vor einer schweren Erkrankung mit dem Corona Virus schützen konnte und kann, wobei das genaue Maß des Schutzes hier dahinstehen kann.
96
Die vom Kläger aufgestellten Behauptungen zum fehlenden Nutzen des Impfstoffes, u.a. dass er über vier Monate hinaus keinen Infektionsschutz biete, sind ebenso unsubstantiiert wie die Behauptung, der immunologische Zustand des Geimpften sei sechs Monate nach der Impfung schlechter als vorher. Die Klagepartei trägt keine Umstände vor, die diese Behauptung auch nur ansatzweise stützen.
97
Auch die klägerische Behauptung, es seien Probanden aus der Studie im Rahmen des Zulassungsverfahrens herausgenommen und damit das Ergebnis verfälscht worden, ist unerheblich. Irrelevant sind auch die Ergebnisse von Tierversuchen, besagen diese doch nichts über etwaig bei Menschen auftretende Risiken.
98
Zweifel am Nutzen des Impfstoffs im Sinne fehlender Wirksamkeit ergeben sich auch nicht aus den Berechnungen der Klagepartei, die sie aufgrund der ihr nicht vorliegenden Wirksamkeitsstudie anstellt. Da sie die Daten der Wirksamkeitsstudie nicht kennt, ist nicht nachvollziehbar, auf welcher tatsächlichen Grundlage sie die „RRR“ (Relative Risikoreduktion) und ARR (Absolute Risikoreduktion) berechnet. Es kann insbesondere nicht festgestellt werden, dass die Angaben der Beklagten zur Wirksamkeit des Impfstoffes nur dadurch erreicht wurden, dass die Beklagte „störende Daten aus der Studie entfernt“ hat. Die Behauptung erfolgt offensichtlich ins Blaue hinein, zumal sich aus der von der Klagepartei selbst vorgelegten Liste über die Studienabbrecher entsprechendes nicht ergibt. Wie die Beklagte zutreffend vorgetragen hat, reichten die Abbruchgründe von schlichter Unerreichbarkeit der Teilnehmer, Umzug oder berufliche Neuorientierung bis zur COVID19 Erkrankung, die eine Teilnahme an der Studie unmöglich machte. Hinweise darauf, dass die Beklagte in unzulässiger Weise auf die Studie Einfluss genommen hat, liegen nicht vor.
99
bb) Der Kläger hat auch nicht hinreichend zu etwaigen Risiken vorgetragen.
100
Insbesondere ist sein Vorbringen zu Verdachtsfällen und Todesfällen unbeachtlich, weil es sich – wie der Begriff bereits sagt – nur um den Verdacht eines Impfschadens handelt. Die Meldung eines Verdachtsfalles besagt nichts über das tatsächliche Aufkommen von Impfschadensfällen.
101
Wie sich aus der beklagtenseits vorgelegten Anlage B5 ergibt, können Verdachtsfälle von jedermann gemeldet werden. Allein ihre Meldung besagt nichts über die Richtigkeit der Meldung. Es wird durch das PEI ausdrücklich klargestellt, dass Meldungen von Verdachtsfällen nicht identisch mit Nebenwirkungen sind und die Anzahl von Verdachtsfallmeldungen keinen Rückschluss auf die tatsächliche Häufigkeit der gemeldeten Reaktion in der geimpften Population erlaubt, da die Anzahl der geimpften Personen je Region nicht bekannt ist. Ein Rückschluss auf einen ursächlichen Zusammenhang zwischen einem gemeldeten Verdachtsfall einer Nebenwirkung und einer Impfung kann auf Grund dieser Darstellung daher nicht getroffen werden. Auch ist bei der Betrachtung der Verdachtsmeldung auch die Anzahl durchgeführter Impfungen mit dem jeweiligen Impfstoff zu beachten. Gemessen an den bislang verimpften Dosen von COVID-19-Impfstoffen und der Anzahl der gemeldeten Verdachtsfälle, in den Beschwerden berichtet wurden, ergibt sich eine Melderate von weniger als einem Verdachtsfall pro 100.000 Impfungen. Somit werden solche Verdachtsfälle extrem selten im zeitlichen Zusammenhang mit COVID-19-Impfungen berichtet.
102
Die Beklagte hat nach ihrem unbestrittenen Vortrag weltweit über 2,6 Milliarden Dosen des Impfstoffs verabreicht. Angesichts dieser Vielzahl an verabreichten Dosen wäre selbst dann, wenn sich die bei der EMA gemeldeten Verdachtsmeldungen als tatsächlicher Impfschaden erwiesen, von einem positiven Nutzen-Risiko Verhältnis auszugehen, da bekanntermaßen COMIRNATY® vor schweren Verläufen, wie sie bekanntermaßen zu Beginn der Corona-Pandemie auftraten, schützt.
103
Soweit der Kläger behauptet, es habe Mängel in der Herstellung und Entwicklung des Impfstoffs gegeben, ist dieser Vortrag zum einen unsubstantiiert, zum anderen wäre er, falls man seine Substantiierung unterstellen sollte, unerheblich. Denn dieser besagt nichts über ein etwaiges negatives Nutzen-Risiko-Verhältnis. Zudem ist auch nicht substantiiert dargelegt, dass eine mangelhaft produzierte Charge die Gesundheitsschäden des Klägers verursacht haben könnte. Auch der Vortrag zu vorliegenden etwaigen Chargendifferenzen erfolgt nicht substantiiert.
104
Die Haftung nach § 84 Abs. S. 2 Nr. 1 AMG greift daher nicht ein.
105
3. Ein Anspruch nach § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AMG kommt ebenfalls nicht in Betracht, da keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Produktinformation zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprach und sich darüber hinaus die Kammer keine Überzeugung bilden konnte, dass die Rechtsgutsbeeinträchtigung infolge der unzureichenden Information eingetreten ist.
106
Voraussetzung für eine Haftung nach § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AMG ist, dass die Verletzung auf der Anwendung des Arzneimittels beruht. Darüber hinaus muss die Rechtsgutsbeeinträchtigung infolge der unzureichenden Arzneimittelinformation eingetreten sein. a)
107
Die Fach- und Gebrauchsinformation sind Teil der Zulassungsunterlagen (§ 22; Art. 6 VO (EG) Nr. 726/2004, Art. 19 RL 2001/83/EG). Sie werden daher von der zuständigen Behörde vor Zulassung des Arzneimittels daraufhin geprüft, ob sie mit den Ergebnissen der analytischen, pharmakologisch-toxikologischen und klinischen Prüfungen übereinstimmen.
108
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob die Arzneimittelinformationsträger (Kennzeichnung, Fach- und Gebrauchsinformationen) mit den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft übereinstimmen, ist der Zeitpunkt des Inverkehrbringens (BGH, Urteil vom 24.01.1989, Az. VI ZR 112/88; OLG Schleswig, Urteil vom 20.12.2013, Az. 4 U 121/11; OLG Frankfurt, NJW-RR 1995, 406, Brock in Kügel/Müller/Hoffmann, § 84 Rn. 104; Franzki in BeckOGK AMG, § 84 Rn. 104).
109
Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht jede vage Möglichkeit etwaiger Nebenwirkungen in die Produktinformation aufgenommen werden muss. Ausreichend ist ein ernst zu nehmender Verdacht, um eine Pflicht zur Aufnahme zu begründen (BGH, Urteil vom 24.01.1989, Az. VI ZR 112/88; LG Hof, Urteil vom 03.01.2023, Az. 15 O 22/21 m.w.N.; BeckOGK/Franzki, 1.2.2024, AMG § 84 Rn. 1032 f.), solange dieser auf validen, wissenschaftlichen Daten beruht.
110
Selbst wenn man auf den Zeitpunkt der Anwendung bzw. Abgabe an den Verbraucher abstellt (vgl. hierzu BeckOGK/Franzki, 1.2.2024, AMG § 84 Rn. 103), ändert sich nichts an der Beurteilung. Die erste Impfung des Klägers erfolgte am .11.2021, also zu einem Zeitpunkt, als das Risiko einer Myokarditis bereits in der Fach- und Gebrauchsinformation von Comirnaty aufgeführt war. Es ist vorliegend auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte, trotz Anhaltspunkten für Herzerkrankungen dieses Risiko systematisch verharmlost hat. b)
111
Die Haftung nach § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AMG besteht nur, wenn der Schaden infolge einer fehlerhaften Instruktion eingetreten ist. Es genügt dabei jedoch nicht, dass der Schaden durch das Arzneimittel verursacht wurde und die Arzneimittelinformation fehlerhaft war. Vielmehr muss der Schaden gerade auf die fehlerhafte Arzneimittelinformation zurückgehen (doppelte Kausalität).
112
Auch wenn es auf die Kausalität nicht (mehr) ankommt, ist anzumerken, dass sich die Kammer keine Überzeugung, gemessen am Maßstab des § 286 ZPO, diesbezüglich bilden kann. Hinsichtlich der haftungsbegründenden Kausalität im Rahmen der Haftung nach § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AMG muss die Verletzung zum einen auf der Anwendung des Arzneimittels beruhen. Zum anderen muss die Rechtsgutbeeinträchtigung infolge der unzureichenden Arzneimittelinformation eingetreten sein (BeckOGK/Franzki, 1.2.2024, AMG § 84 Rn. 105). Ein Ursachenzusammenhang zwischen der fehlerhaften Information und der Gesundheitsverletzung ist nur zu bejahen, wenn diese bei ordnungsgemäßer Information mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermieden worden wäre (BGH, Urteil vom 24.01.1989, Az. VI ZR 112/88; Kügel/Müller/Hofmann, aaO Rn. 110) .
113
Die Klagepartei trägt hierfür die Beweislast, wobei die Darlegung eines echten Entscheidungskonflikts genügt (BeckOGK/Franzki, 1.2.2024, AMG § 84 Rn. 105) und an die Substantiierungspflicht zur Darlegung eines solchen Konflikts keine zu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen (BGH, Urteil vom 18.05.2021, Az. VI ZR 401/19).
114
c) Jenseits vorstehender Ausführungen scheitern Ansprüche des Klägers aber auch daran, dass er die Voraussetzungen für die Kausalitätsvermutung nicht dargelegt hat.
115
Nach § 84 Abs. 2 AMG kommt dem Arzneimittelanwender die Kausalitätsvermutung zugute, wenn er nachweisen kann, dass das Arzneimittel dazu geeignet war, den eingetretenen Schaden zu verursachen (Vermutungsgrundlage). Die Vermutung bezieht sich auf die haftungsbegründende und nicht auf die haftungsausfüllende Kausalität (BeckOGK/Franzki, 1.11.2023, AMG § 84 Rn. 108).
116
Die Kausalitätsvermutung setzt voraus, dass die Anwendung des Arzneimittels geeignet war, die eingetretene Rechtsgutverletzung zu verursachen. Erforderlich ist dabei nicht lediglich eine abstrakt-generelle, sondern eine konkrete Verletzungseignung des Arzneimittels. Eine Verletzungseignung kann angenommen werden, wenn die konkrete Möglichkeit besteht, dass das Arzneimittel die Rechtsgutverletzung verursacht hat. Es genügt allerdings nicht, wenn nur eine ungesicherte Hypothese für den ursächlichen Zusammenhang spricht.
117
Die Tatsachen, die bezüglich der Verletzungseignung vom Geschädigten vorgebracht werden, müssen im Fall des Bestreitens zur vollen richterlichen Überzeugung bewiesen werden. Der Kläger kann sich nicht darauf beschränken, nur die für ihn günstigen Tatsachen vorzutragen, sondern muss jedwede Tatsachen vortragen, die im Einzelfall für oder gegen eine Schadensverursachung sprechen. Im Arzneimittelhaftungsverfahren obliegt dem Geschädigten hinsichtlich des ihm entstandenen Gesundheitsschadens eine sogenannte erweiterte Darlegungslast, die insbesondere auch Informationen über Grund- und Parallelerkrankungen, Risikofaktoren sowie die Einnahme anderer Arzneimittel (Brock in Kügel/Müller/Hoffmann, AMG, 3. Aufl. 2022, § 84 Rn. 125, 128) einschließt.
118
Insbesondere zur Schadenseignung anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls, zum zeitlichen Zusammenhang der Arzneimittelanwendung mit dem Schadenseintritt, dem Schadensbild und seinem gesundheitlichen Zustand im Zeitpunkt der Anwendung sowie zu allen sonstigen Gegebenheiten, die im Einzelfall für oder gegen die Schadensverursachung sprechen, hat der Anspruchsteller im Einzelnen vorzutragen (amtl. Begründung BT-Drucks. 14/7752, S. 19; KG Berlin, Urt. v. 05.11.2007 – Az.: 10 U 262/06, BeckRS 2008, 25143).
119
Hintergrund der umfassenden Darlegungspflicht ist die zu Lasten des pharmazeutischen Unternehmers begründete Kausalitätsvermutung. Da der Hersteller mangels Auskunftsanspruchs gegen den Geschädigten keine Möglichkeit hat, der Kausalitätsvermutung entgegenzutreten, ist er auf die umfassenden Angaben des Geschädigten angewiesen (s.a. Wagner, NJW 20022, 2049, 2051).
120
Der Kläger hat vorliegend nicht hinreichend dargetan, dass eine nicht unerhebliche Verletzung seines Körpers oder der Gesundheit, mithin ein Gesundheitsschaden, ursächlich auf die am .11. und .12.2021 erfolgten Impfungen mit dem Impfstoff der Beklagten beruht. Dabei schließt die Kammer nicht aus, dass der Impfstoff der Beklagten Nebenwirkungen auslösen kann. Die Kammer schließt auch weiterhin nicht a priori aus, dass es vorstellbar wäre, dass der Kläger unter Nebenwirkungen des Impfstoffes der Beklagten leiden könnte.
121
4. Die Klagepartei ist jedoch ihrer erweiterten Darlegungslast, ihren Gesundheitszustand vor und nach der Impfung substantiiert darzulegen, nur unzureichend nachgekommen. Zu etwaigen Vorerkrankungen etc. fehlt jeglicher Vortrag der Klagepartei. Der Kläger hat weder Krankheitsunterlagen von Untersuchungen vor der Impfung vorgelegt, noch zur zeitlichen Entwicklung der behaupteten Beschwerden substantiiert vorgetragen oder hierzu aussagekräftige Unterlagen vorgelegt. Ärztliche Unterlagen aus der Zeit vor dem .11.2021 im Hinblick auf die Abklärung von Herzerkrankungen und entsprechende Behandlungen fehlen vollständig. Dokumentiert ist durch den Arztbrief von vom 24.12.2021, dass beim Kläger im Jahr 2014 eine Beinvenenthrombose gegeben war. Der weitere Arztbrief von vom 25.01.2022 enthält zwar als Diagnose eine „diskrete dilatative Kardiomyopathie und einen Verdacht auf stattgehabte Myokarditis, wobei wohl irrtümlich auf eine Impfung mit Moderna am xx.12.2021 Bezug genommen wurde. Nach Darstellung der behandelnden Ärztin sprächen Anamnese und erhobene Befunde für eine stattgehabte Myokarditis, ohne dass ein eindeutiger Zusammenhang mit der Impfung belegt sei. Die Ärztin bezog sich in ihrem Bericht allerdings auf eine „subjektiv ausgeprägte Symptomatik“. Im weiteren Arztbrief vom 14.03.2022 wird dieser Diagnose jedoch nicht wiederholt, sondern es ist nur von einer „geringen obstruktiven Ventilationsstörung“ die Rede. Im Arztbrief vom 09.05.2022 spricht die untersuchende Ärztin dann allerdings von einer „im Dezember des vergangenen Jahres erlittenen Myokarditis“. Die weiteren Untersuchungen, insbesondere eine im Oktober durchgeführte Myokardszintigraphie, ergaben den Nachweis oberflächlicher, wohl postentzündlicher narbiger Veränderungen der Hinterwand ohne Ischämiereaktion unter Belastung.
122
In den vorliegenden Befunden wurden lediglich „postentzündliche narbige Veränderungen“ festgestellt, die auch auf eine zurückliegende Myokarditis hindeuten könnten. Eine aktive Myokarditis (oder entsprechende Entzündungszeichen) wurde in keinem der vorgelegten medizinischen Dokumente festgestellt. Auch wurde bei keiner Untersuchung durch eine mehr als nur leichte Einschränkung der Herzfunktion des Klägers festgestellt.
123
Ebenso unzureichend sind die Darlegungen des Klägers zu seinem angeblichen Defekt des Immunsystems. Der als Teil von Anlage K 3 vorgelegte Laborbericht des IMD Berlin vom .02.2023 belegt gerade kein defektes Immunsystem beim Kläger. Der Bericht des IMD Berlin enthält zwar Hinweise auf eine reduzierte zelluläre Immunkompetenz, benennt allerdings für die nicht normgerechten Ergebnisse verschiedene mögliche Alternativursachen. Zudem datiert der Befund 15 Monate nach der streitgegenständlichen Impfung. Soweit der Kläger darauf abstellt, dass die TH1/TH2-Ratio auf eine defekte Interferonkommunikation hinweise, ergibt sich dies bereits zur Überzeugung der Kammer nicht aus dem vorgelegten Laborbericht, dass die Interferonkompetenz defekt ist. In dem Bericht ist als Erläuterung aufgeführt, dass die verminderte TH1/TH2-Ratio typisch für eine atopische Immundeviation sei, wobei in Klammern der Hinweis auf „Parasistose“, d.h. einen Befall mit Parasiten oder eine chronisch entzündliche Erkrankung genannt sind. Der Befund gibt jedoch ausweislich keinen Defekt an.
124
Darüber hinaus sind die Befunde, die erst 1 1/4 Jahre nach der Impfung erstellt wurden, schon mangels zeitlichen Zusammenhangs nicht geeignet, irgendwelche Veränderungen aufgrund der Impfung auch nur ansatzweise zu belegen.
125
Überdies wird von dem Kläger kein hinreichender Bezug zwischen den vorgetragenen Beschwerden und der streitgegenständlichen Impfung hergestellt. Soweit der Kläger vorträgt, er sei vor der Impfung gesund gewesen, lässt sich dies bereits mit den (lückenhaft) vorgelegten Krankenunterlagen widerlegen, in denen beispielsweise auch die Beinvenenthrombose des Klägers und Bluthochdruck, eine traumatische LWK 1-Fraktur 2013, ein Zustand nach Nikotinkonsum und eine Fettleber erwähnt werden.
126
Ein diesbezüglicher Hinweis der Kammer an den Kläger nach § 139 ZPO war prozessual nicht veranlasst. Nach § 139 Abs. 1 S. 2 ZPO hat das Gericht darauf hinzuwirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu geltend gemachten Tatsachen ergänzen. Nach § 139 Abs. 2 S. 1 ZPO darf das Gericht auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Ein Hinweis hat demnach im Interesse einer sachgerechten Entscheidung zu ergehen, wenn das Vorbringen einer Partei unklar oder lückenhaft ist oder sonstige Mängel aufweist und anzunehmen ist, dass der Mangel auf einem Versehen oder einem Irrtum beruht und die Partei auf den Hinweis hin den Mangel beseitigen wird (Fritsche in: MüKo ZPO, 6. Auflage 2020, § 139 Rn. 9 ff.). Diese normativen Voraussetzungen liegen nicht vor. Da der Kläger durch eingehenden und von ihm erfassten Vortrag der Beklagten zutreffend über die Sach- und Rechtslage unterrichtet wurde, bedurfte es keines erneuten richterlichen Hinweises (vgl. Greger in: Zöller, ZPO, § 139 Rn. 7 m.w.N).
127
Vorliegend hat bereits die Beklagte im Rahmen der Klageerwiderung darauf hingewiesen, dass seitens des Klägers zunächst keinerlei Nachweise dafür vorgelegt wurden, dass er überhaupt an den behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen leidet, oder dass ein Zusammenhang zur Impfung besteht. Auch wies die Beklagte darauf hin, dass belastbare Aussagen zur Krankengeschichte des Klägers fehlen und dass auf Grundlage des Klagevortrages völlig unklar ist, ob der Kläger zum Zeitpunkt der angeblichen Impfung gesund gewesen sei oder ob die behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen bereits vorbestehend gewesen seien und darüber hinaus die gesundheitlichen Beeinträchtigungen größtenteils unklar blieben. Im Rahmen der Duplik wurde der Kläger von der Beklagten erneut und eindeutig darauf hingewiesen, dass der Vortrag zu den Erkrankungen mangels Vorlage vollständiger Krankenunterlagen weiterhin unsubstantiiert sei. Ebenso wurde erneut darauf verwiesen, dass ein Vortrag zum Gesundheitszustand des Klägers vor der Impfung erforderlich sei sowie Unterlagen aus der Zeit vor der streitgegenständlichen Impfung, um seiner Darlegungslast gerecht zu werden.
128
4. a) Auch aus sonstigen Anspruchsgrundlagen ist kein Anspruch des Klägers ersichtlich, insbesondere nicht aus § 823 Abs. 1 BGB, da weder eine Verkehrssicherungspflichtverletzung noch ein Verschulden ersichtlich ist.
129
b) Ein Anspruch besteht auch nicht nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 5 AMG, da kein bedenkliches Arzneimittel im Sinne des § 5 AMG vorliegt und auch hier kein Verschulden ersichtlich ist. Eine Haftung wegen des Inverkehrbringens des Impfstoffs scheitert bereits daran, dass dieses – wie bereits ausgeführt – nicht rechtswidrig war. Aus demselben Grund besteht auch kein Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB.
130
Soweit die Klagepartei auf §§ 95, 96, 8 AMG gestützte Schadensersatzansprüche geltend macht, fehlt es hinsichtlich § 8 AMG bereits insoweit am Schutzgesetzcharakter. § 8 AMG betrifft irreführende Informationen zu dem Arzneimittel. Eines Rückgriffs auf § 823 Abs. 2 BGB bedarf es nicht, weil § 84 Abs. 1 Nr. 2 AMG die Haftung für fehlerhafte Arzneimittelinformation regelt. Im Übrigen hat die Beklagte nicht irreführende Angaben (§§ 95 ff, 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG) über die Wirksamkeit des Impfstoffs gemacht.
131
Selbst wenn die Beklagte fälschlicherweise behauptet haben sollte, der Impfstoff werde durch das Paul-Ehrlich Institut engmaschig überwacht, resultierte hieraus kein Schadensersatzanspruch. Der Straftatbestand des § 96 Nr. 3 AMG betrifft das Herstellen und Inverkehrbringen von Arzneimitteln mit irreführenden Bezeichnungen, Angaben oder Aufmachungen (Rehmann, 5. Aufl. 2020, AMG § 96 Rn. 5). Aussagen zur Arzneimittelüberwachung sind hiervon bereits tatbestandlich nicht erfasst.
132
Darüber hinaus fehlen jedwede Anhaltspunkte für einen Vorsatz nach §§ 823, 826 BGB. Jenseits der Tatsache, dass bereits der objektive Tatbestand nicht dargelegt ist, ist insbesondere nicht ersichtlich, dass die Beklagte – wie klägerseits behauptet -bewusst und gewollt das Immunsystems als Voraussetzung dafür, fremde mRNA einbringen zu können, der zu impfenden Personen ausgeschaltet hat und dass sie wusste und hinnahm, dass der von ihr entwickelte und produzierte Impfstoff in hoher Häufigkeit zu erheblichen Nebenwirkungen bis hin zum Tod der Impflinge führt, dass sie die klinischen Studien manipuliert und diese bei der Aufsichtsbehörde eingereicht hat, um so in den Genuss einer Notfallzulassung zu gelangen, die einen Vertrieb des Impfstoffs in der EU ermöglichte.
133
c) Die Regelungen des Produkthaftungsrechts sind auf Arzneimittel nicht anwendbar, § 15 Abs. 1 ProdHaftG. Eine Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz scheitert gemäß § 15 ProdHaftG daran, dass nach diesem Gesetz Ansprüche dann ausgeschlossen sind, wenn in Folge der Anwendung eines zum Gebrauch beim Menschen bestimmten Arzneimittels, dass im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes an den Verbraucher abgegeben wurde und der Pflicht der Zulassung unterliegt, jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt wurde. d)
134
Ansprüche nach dem Gentechnikgesetz bestehen nicht. Die Ausführungen des Klägers dazu, dass COMIRNATY ein Gentherapeutikum sei, gehen an der Sache vorbei (s.o.).
135
5. Der Kläger hat auch keinen Auskunftsanspruch gemäß § 84a AMG.
136
Gemäß § 84a Abs. 1 S. 1 AMG kommt ein Auskunftsanspruch in Betracht, wenn Tatsachen vorliegen, die die Annahme begründen, dass ein Arzneimittel einen Schaden verursacht hat, es sei denn, dies ist zur Feststellung eines Schadensersatzanspruchs nicht erforderlich.
137
Nach § 84a Abs. 1 S. 2 AMG richtet sich der Anspruch auf dem pharmazeutischen Unternehmer bekannte Wirkungen, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie ihm bekannt gewordene Verdachtsfälle von Nebenwirkungen und Wechselwirkungen und sämtliche weiteren Erkenntnisse, die für die Bewertung der Vertretbarkeit schädlicher Wirkungen von Bedeutung sein können.
138
Voraussetzung für einen Auskunftsanspruch ist ebenso wie im Anwendungsbereich des § 84 AMG, dass der angeblich Geschädigte in einem ersten Schritt Tatsachen vorträgt und beweist, nach denen die Arzneimittelanwendung den in Rede stehenden Gesundheitsschaden verursacht hat. Diese Tatsachen müssen in einem zweiten Schritt die Kausalität der Arzneimittelanwendung für die behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen jedenfalls plausibel erscheinen lassen.
139
Der Anspruchsteller muss Tatsachen vortragen, die den Schluss auf eine Ursache-Wirkung-Beziehung zwischen dem Arzneimittel, das der auf Auskunft in Anspruch genommene Unternehmer in Verkehr gebracht hat, und dem individuellen Schaden des Auskunftsersuchenden zulassen (BGH NJW 2015, 2502; NJOZ 2015, 1319). Auch im Rahmen des Auskunftsanspruchs sind einunbestimmter Verdacht oder bloße Spekulationen, dass der aufgezeigte Schaden durch das Arzneimittel verursacht worden ist, nicht ausreichend (BGH NJW 2015, 2502 (2503)). Stattdessen sind konkrete Tatsachen vorzutragen, aus denen sich ergibt, dass die Herbeiführung des Schadens durch das Arzneimittel plausibel erscheint. Für diese Tatsachen trägt der Anspruchsteller die volle Darlegungs- und Beweislast (BGH NJW 2015, 2502 (2503); BGH NJOZ 2015, 1319 (Rn. 13); Brock in Kügel/Müller/Hoffmann, AMG, 3. Aufl. 2022, § 84a Rn. 13; Handorn in Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, Arzneimittelrecht, 3. Aufl. 2020, § 27 Rn. 140; Hieke, PharmR 2005, 35 (36); vgl. auch BT-Drucks. 14/7752, S. 20 rechte Spalte; LG Berlin, NJW 2007, 3584 (3858)). Beweiserleichterungen kommen dem Anspruchsteller insoweit nicht zugute. Hieran fehlt es, wie oben dargestellt.
140
Auch hier gilt die erweiterte Darlegungslast des Geschädigten zu seinem Gesundheitszustand vor und nach der Impfung. Vor dem Hintergrund, dass die Klagepartei dieser erweiterten Darlegungslast nicht genügt hat, unterliegen die Auskunftsansprüche bereits der Abweisung.
141
Im Übrigen sind sie die Auskunftsanträge überwiegend nach ihrem Inhalt nicht von § 84a AMG gedeckt. Die Kammer schließt sich hierbei vollumfänglich den Ausführungen des Landgerichts Frankfurt am Main vom 14.02.2024, Az. 2-12 O 264/22 an.
142
Die Auskunftspflicht umfasst nur eine Wissenserklärung des pharmazeutischen Unternehmers über Tatsachen, nicht über Schlussfolgerungen oder Wertungen (Kügel/Müller/Hofmann/Brock, 3. Aufl. 2022, AMG § 84a Rn. 32).
143
Soweit darüber hinaus über sämtliche weiteren Erkenntnisse, die für die Bewertung der Vertretbarkeit schädlicher Wirkungen von Bedeutung sein können, Auskunft zu erteilen ist, ist anerkannt, dass die Vorschrift dahingehend restriktiv auszulegen ist und nur solche Informationen zu offenbaren sind, die einen Bezug zum Krankheitsbild des Geschädigten aufweisen (Brock in Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, 3. Auflage 2022, § 84a Rn. 35, 38 m.w.N.). Der Kläger hat schon den erforderlichen Bezug nicht dargelegt. Es fehlt an einer Begründung.
144
Soweit der Kläger mit der unter a) gestellten Frage Auskunft über Art und Schwere der Toxizität der verwendeten Lipidnanopartikel ALC-0159 und ALC-0315 für den Menschen sowie über deren immunologische Auswirkungen auf den menschlichen Organismus begehrt, ist dieser Anspruch jenseits seiner fehlenden Bestimmtheit nicht von dem Sinn und Zweck des Auskunftsanspruchs aus § 84a AMG gedeckt.
145
Der Begriff „Toxizität“ ist nicht mit einer Maßeinheit verbunden, sodass vollkommen unklar ist, worüber die Beklagte Auskunft erteilen soll. Im Übrigen zielt die Frage nicht auf die Mitteilung einer bestimmten, nur der Beklagten bekannten Tatsache, wie es etwa die Art der verwendeten Nanopartikel sein könnte, sondern auf die Bewertung der Folgen der Verwendung ebendieser Lipidnanopartikel. Eine solche Frage wäre allenfalls, hier indes prozessual nicht veranlasst, sachverständig zu beantworten. Zudem wird kein Zusammenhang zu denen von dem Kläger unzureichend behaupteten Gesundheitsbeeinträchtigungen dargelegt.
146
Im Hinblick auf die von dem Kläger unter b) gestellte Frage bezüglich einer Auskunft über den pharmazeutischen Reinheitsgrad von ALC-0159 und ALC-0315 und darüber, wie dieser bestimmt werde, fehlt ein Bezug zu den von dem Kläger dargelegten Gesundheitsbeeinträchtigungen. Einzelheiten zur Qualitäts und Sicherheitsbewertung von Comirnaty und der Hilfsstoffe ALC-0159 und ALC-0315 durch die EMA sind zudem in ihrem öffentlichen Beurteilungsbericht enthalten und damit für die Klägerin anderweitig beschaffbar. Welche zusätzlichen, nicht anderweitig beschaffbaren Informationen mit Relevanz für den konkreten Fall von der Beklagten vorgelegt werden sollen, wird aus der gestellten Frage nicht deutlich (s.a. LG Düsseldorf, Urteil vom 16.11.2023, Az. 3 O 151/22). Darüber hinaus liegt die Stellungnahme des PEI zu ALC-0159 und ALC-0315 (Anlage B7 zum Schriftsatz vom 15.06.2023) vor, aus der sich ergibt, dass diese Stoffe in der Arzneimittelherstellung zulässig sind. Vor diesem Hintergrund fehlt es dem Antrag bereits an einem Rechtsschutzbedürfnis.
147
Unklar ist auch, welchen Erkenntniswert die unter lit. c) beantragte Auskunft zum Lieferanten der streitgegenständlichen Impfcharge bzw. die Anträge zu t), u) und v) haben sollen. Darüber hinaus ist der Auskunftsanspruch auf Tatsachen beschränkt, die als „Erkenntnisse“ erforderliche Grundlage für die eigene Bewertung durch den Kläger zur Vorbereitung eines möglichen Haftungsprozesses sind (Kügel/Müller/Hofmann/Brock, AMG § 84a Rn. 32).
148
Soweit der Kläger daher im Rahmen des Auskunftsbegehrens Erläuterungen (Anträge zu d) – s), v), w), x), y) und z) verlangt, sind die Anträge daher nicht von § 84 Abs. 1 AMG („Tatsachen“) gedeckt und damit jenseits der Frage ihrer Relevanz unbegründet.
149
Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.
150
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.