Titel:
Informationsanspruch des Personalrats - Stellenbewertungsgutachten für neue Entgeltordnung
Normenketten:
BayPVG Art. 6 Abs. 3, 5, Art. 80 Abs. 3 S. 1, Abs. 2
GO Art. 88
Leitsätze:
1. Im bayerischen Personalvertretungsrecht bestimmt Art. 80 Abs. 3 Satz 1 (i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Art. 55 Satz 2, Art. 6 Abs. 5 Satz 2) BayPVG, dass die Abgrenzung der Zuständigkeiten von örtlichem Personalrat einer verselbständigten Dienststelle einerseits und Gesamtpersonalrat andererseits davon abhängt, welche Dienststelle (verselbständigte oder Gesamt-Dienststelle) zur jeweiligen Maßnahme „befugt“ ist – es kommt mithin auf die nach den jeweils einschlägigen gesetzlichen und ortsrechtlichen Vorschriften bestehenden Zuständigkeiten der jeweiligen Dienststellenleitung an. Abweichungen von diesem Zuständigkeitskriterium sind nur möglich, soweit das Gesetz selbst dies vorsieht. (Rn. 12)
2. Gemäß dem Art. 80 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BayPVG zugrundeliegenden sog. Partnerschaftsgrundsatz ist der Gesamtpersonalrat als Ansprechpartner der Leitung einer Gesamtdienststelle stets zur Beteiligung berufen, wenn es um Maßnahmen geht, für die die Gesamtdienststellenleitung (vorliegend der Oberbürgermeister) zuständig ist, und ist in solchen Fällen die Beteiligung des örtlichen Personalrats eines kommunalen Eigenbetriebs (hier eines städtischen Theaters) auch dann ausgeschlossen, wenn die Maßnahme ausschließlich den Eigenbetrieb bzw. allein dessen Beschäftigte betrifft (vgl. BVerwG, B.v. 13.9.2010 – 6 P 14.09 – PersV 2011, 103 Rn. 16 ff. m.w.N.). (Rn. 13)
1. Ist gemäß Art. 80 Abs. 3 S. 1 BayPVG der Gesamtpersonalrat zur Beteiligung berufen, ist der örtliche Personalrat nach Art. 80 Abs. 2 S. 2 (iVm Abs. 3 S. 1) BayPVG nicht von der Dienststellenleitung, sondern lediglich innerhalb der Personalvertretungen vom Gesamtpersonalrat einzubinden, indem dieser dem örtlichen Personalrat Gelegenheit zur Äußerung gibt. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2. Dass der örtliche Personalrat in der bisherigen Verwaltungspraxis der Stadt bei Ein- bzw. Höhergruppierungen faktisch eingebunden worden ist, hat keinen Einfluss auf die gesetzliche Zuständigkeit des Gesamtpersonalrats. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Zur Abgrenzung der Zuständigkeiten von örtlichem und Gesamtpersonalrat bei verselbständigten kommunalen Eigenbetrieben (hier eines städtischen Theaters) nach bayerischem Personalvertretungsrecht., Personalvertretung
Vorinstanz:
VG Ansbach, Beschluss vom 25.09.2023 – AN 8 P 22.2182
Fundstellen:
BayVBl 2024, 680
FDArbR 2024, 018633
LSK 2024, 18633
DÖV 2024, 933
BeckRS 2024, 18633
NZA-RR 2024, 557
Tenor
I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 25. September 2023 wird aufgehoben.
II. Der Antrag wird abgelehnt.
Gründe
1
Das Verfahren betrifft die Frage, ob der Antragsteller – der örtliche Personalrat des Theaters einer kreisfreien Stadt, das als Eigenbetrieb organisiert ist und eine verselbständigte Dienststelle darstellt – vom Oberbürgermeister als Dienststellenleitung verlangen kann, ihm ein Stellenbewertungsgutachten des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbands (Stellenbewertungsgutachten), das die Eingruppierung handwerklich tätiger Beschäftigter des Theaters betrifft, zur Verfügung zu stellen.
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Der örtliche Personalrat des Theaters meint, auf das Stellenbewertungsgutachten in seiner Gänze ein Anrecht zu haben wegen seiner Mitwirkung bei der Überprüfung von Eingruppierungen und Höhergruppierungen im Bereich des technischen Theaterpersonals anlässlich der Überleitung in die neue Entgeltordnung für Beschäftigte mit handwerklichen Tätigkeiten in Bayern.
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Das Verwaltungsgericht hat einem entsprechenden Antrag des örtlichen Personalrats mit Beschluss vom 25. September 2023 stattgegeben und den Oberbürgermeister als Dienststellenleitung verpflichtet, dem örtlichen Personalrat das Stellenbewertungsgutachten zur Verfügung zu stellen. Die Eingruppierung und Höhergruppierung der Beschäftigten unterlägen der Mitbestimmung des Personalrats (Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a und Nr. 4 BayPVG), wobei vorliegend ein untrennbarer innerer Bezug zwischen der begehrten Information und der vom Personalrat konkret zu erfüllenden Aufgabe gegeben sei.
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Dagegen richtet sich die Beschwerde der Dienststellenleitung, die beantragt,
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den verwaltungsgerichtlichen Beschluss vom 25. September 2023 aufzuheben und den Antrag zurückzuweisen.
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Der örtliche Personalrat des Theaters beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
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Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Schreiben vom 15. April 2024 den am Verfahren Beteiligten mitgeteilt, dass nicht der antragstellende örtliche Personalrat, sondern der Gesamtpersonalrat als zuständiger Ansprechpartner des Oberbürgermeisters antragsbefugt wäre, wobei er den Oberbürgermeister bereits mit Schreiben vom 11. April 2024 für zuständig für die inmitten stehende Maßnahme (Überprüfung von Eingruppierungen und Höhergruppierungen im Bereich des technischen Theaterpersonals anlässlich der Überleitung in die neue Entgeltordnung für Beschäftigte mit handwerklichen Tätigkeiten in Bayern) gehalten hatte.
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Dem hat der örtliche Personalrat mit Schriftsatz vom 26. April 2024 entgegengehalten, er sei antragsberechtigt, weil der „Werkausschuss“ zuständig sei, sodass der Oberbürgermeister in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Werkausschusses beteiligt sei, also auf Ebene der Dienststelle des Eigenbetriebs, und weil der örtliche Personalrat aufgrund der Tatsache zuständig geworden sei, dass er durch eine Dienststellenleitung – auf welcher Ebene auch immer angesiedelt und unabhängig davon, ob mit zutreffender rechtlicher Beurteilung durch diese – mit der Eingruppierung befasst worden sei und ihm dann auch ein entsprechendes Informationsrecht zugutekomme.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
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Auf die zulässige – insbesondere von der Dienststellenleitung fristgerecht eingelegte und begründete – Beschwerde (Art. 82 Abs. 2 Satz 1 BayPVG, § 87 ArbGG) hin ist der stattgebende verwaltungsgerichtliche Beschluss aufzuheben, weil der Antrag mangels Antragsbefugnis des örtlichen Personalrats des Theaters unzulässig und deshalb abzulehnen ist. Dem örtlichen Personalrat fehlt die Antragsbefugnis, weil nach bayerischem Personalvertretungsrecht der Gesamtpersonalrat der alleinige personalvertretungsrechtliche Ansprechpartner für Maßnahmen des Oberbürgermeisters ist (sog. Partnerschaftsgrundsatz; siehe 1.), wobei vorliegend im Bereich der Eingruppierung gerade keine Zuständigkeit der Werkleitung besteht (siehe 2.) und der Oberbürgermeister in allen denkbaren Varianten alleiniger Ansprechpartner der Personalvertretung ist, sodass als Personalvertretungsgremium nicht der örtliche Personalrat des Theaters, sondern der Gesamtpersonalrat zuständig und antragsbefugt ist (siehe 3.). Dass der örtliche Personalrat faktisch in der Vergangenheit bei hier inmitten stehenden Ein- bzw. Höhergruppierungen beteiligt worden ist, ändert daran nichts (siehe 4.).
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1. Nach Art. 80 Abs. 3 Satz 1 (i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Art. 55 Satz 2, Art. 6 Abs. 5 Satz 2) BayPVG hängt die Abgrenzung der Zuständigkeiten von örtlichem Personalrat eines verselbständigten Dienststellenteils einerseits und Gesamtpersonalrat andererseits davon ab, welche Dienststelle zur jeweiligen Maßnahme „befugt“ ist – es kommt mithin auf die nach den jeweils einschlägigen gesetzlichen und ortsrechtlichen Vorschriften bestehenden Zuständigkeiten der jeweiligen Dienststellenleitung an, die es deshalb in jedem einzelnen Fall zu bestimmen gilt. Denn für die Verselbständigung eines Dienststellenteils ist es nicht erforderlich, dass alle bzw. wesentliche Entscheidungskompetenzen auf diese übertragen werden (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, B.v. 26.11.2008 – 6 P 7.08 – BVerwGE 132, 276 Rn. 33; B.v. 3.7.2013 – 6 PB 15.13 – PersV 2013, 464 Rn. 5 m.w.N.; BayVGH, B.v. 26.11.1997 – 17 P 97.1167 – VGH n.F. 51, 17; Hebeler in Ballerstedt/Schleicher/Faber/Hebeler/Resch, BayPVG, Stand März 2024, Art. 6 Rn. 27 ff., 54), sodass es auf die konkrete Zuständigkeitsverteilung zwischen der Leitung der Gesamtdienststelle und der Leitung des verselbständigten Dienststellenteils ankommt. Dieses normative Abgrenzungskriterium hat der bayerische Gesetzgeber sowohl in Absatz 2 als auch Absatz 1 des Art. 80 BayPVG verwendet. Abweichungen von diesem Zuständigkeitskriterium sind nur möglich, soweit das Gesetz selbst dies vorsieht (vgl. auch BVerwG, B.v. 13.9.2010 – 6 P 14.09 – PersV 2011, 103 Rn. 18).
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Gemäß dem Art. 80 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BayPVG zugrundeliegenden sog. Partnerschaftsgrundsatz ist der Gesamtpersonalrat als Ansprechpartner der Leitung einer Gesamtdienststelle stets zur Beteiligung berufen, wenn es um Maßnahmen geht, für die die Gesamtdienststellenleitung (vorliegend der Oberbürgermeister) zuständig ist, und ist in solchen Fällen die Beteiligung des örtlichen Personalrats eines kommunalen Eigenbetriebs (hier des städtischen Theaters) auch dann ausgeschlossen, wenn die Maßnahme ausschließlich den Eigenbetrieb bzw. allein dessen Beschäftigte betrifft (vgl. BVerwG, B.v. 13.9.2010 – 6 P 14.09 – PersV 2011, 103 Rn. 16 ff. m.w.N.). In solchen Fällen hat der örtliche Personalrat des Eigenbetriebs auch keinen Informationsanspruch, weil solche Ansprüche nur streng aufgabenbezogen bestehen (vgl. BVerwG, B.v. 13.9.2010 a.a.O. Rn. 15).
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Ist gemäß Art. 80 Abs. 3 Satz 1 BayPVG der Gesamtpersonalrat zur Beteiligung berufen, ist der örtliche Personalrat nach Art. 80 Abs. 2 Satz 2 (i.V.m. Abs. 3 Satz 1) BayPVG nicht von der Dienststellenleitung, sondern lediglich innerhalb der Personalvertretungen vom Gesamtpersonalrat einzubinden, indem dieser dem örtlichen Personalrat Gelegenheit zur Äußerung gibt.
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Angesichts dieser im Verhältnis zwischen Personalvertretung und Dienststellenleitung bestehenden ausschließlichen Partnerschaft von personalvertretungsrechtlich jeweils verantwortlichem Dienststellenleiter und jeweils zugehöriger Personalvertretung (vgl. BVerwG, B.v. 1.4.1986 – 6 P 7.82 – Buchholz 238.3 A § 82 BPersVG Nr. 12) sind Anträge eines insoweit unzuständigen Personalvertretungsgremiums im gerichtlichen Beschlussverfahren mangels Antragsbefugnis unzulässig (BVerwG, B.v. 1.4.1986 a.a.O.).
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2. Vorliegend ergibt sich aus der städtischen Betriebssatzung des Theater-Eigenbetriebs jedenfalls keine Zuständigkeit der Werkleitung im Hinblick die Überprüfung von Eingruppierungen und Höhergruppierungen im Bereich des technischen Theaterpersonals (anlässlich der Überleitung in die neue Entgeltordnung für Beschäftigte mit handwerklichen Tätigkeiten in Bayern), in deren Kontext sich die Frage der Zurverfügungstellung des Stellenbewertungsgutachtens stellt.
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Denn § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a der Betriebssatzung überträgt der Werkleitung nur für das „künstlerische“ Personal die Eingruppierung, gerade nicht aber hinsichtlich anderer Beschäftigter und damit auch nicht hinsichtlich des „handwerklich“ tätigen Personals.
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3. Mangels Zuständigkeit der Werkleitung des Theaters ist der Oberbürgermeister in allen denkbaren Varianten – sei es nach der allgemeinen kommunalrechtlichen Zuständigkeitsverteilung (Art. 37, 43 GO), sei es im Fall einer Zuständigkeit des Werkausschusses als eines beschließenden Ausschusses, wie der örtliche Personalrat des Theaters annimmt – der zuständige Ansprechpartner der Personalvertretung im Rahmen der hier im Raum stehenden Mitbestimmungstatbestände (Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a und Nr. 4 BayPVG), sodass als Personalvertretungsgremium nicht der örtliche Personalrat des Theaters, sondern der Gesamtpersonalrat zuständig und antragsbefugt ist.
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Dabei ist zu sehen, dass nicht etwa der Stadtrat oder der Werkausschuss als beschließender Ausschuss (Art. 88 Abs. 4 Satz 2 GO) „Dienststelle“ i.S.v. Art. 2 Abs. 1, Art. 6 BayPVG sein können, sodass alleiniger Partner der Personalvertretung der Oberbürgermeister als Leiter der Gemeindeverwaltung ist (vgl. BVerwG, B.v. 14.1.1983 – 6 P 93.78 – BVerwGE 66, 347/348 f.). Dies wird bestätigt durch Art. 70 Abs. 1 Satz 4 und 5 BayPVG (siehe dazu Resch in Ballerstedt/Schleicher/Faber/Hebeler/Resch, BayPVG, Art. 70 Rn. 141 ff.). Wenn nämlich gemäß Art. 70 Abs. 1 Satz 4 BayPVG die Mitbestimmung der Personalvertretung „vor“ der Entscheidung des jeweils zuständigen Gremiums (Stadtrat oder Werkausschuss) und gemäß Art. 70 Abs. 1 Satz 5 BayPVG nach der Personalratsentscheidung nur noch deren Kenntnisgabe an das zuständige Gremium erfolgen soll, so setzt dies in der Zeit „vor“ dem Stadtrats- oder Ausschussbeschluss ein Tätigwerden der Gemeindeverwaltung voraus, deren Dienststellenleiter wiederum der Oberbürgermeister ist, sodass in beiden Varianten dieser der Ansprechpartner der Personalvertretung ist. Dies führt zur Zuständigkeit des Gesamtpersonalrats als desjenigen Personalvertretungsgremiums, das auf der Ebene der Leitung der Gemeindeverwaltung gemäß Art. 80 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BayPVG dieser zuständigerweise als Partner gegenübersteht. Letzteres kommt auch dem Ziel vertrauensvoller Zusammenarbeit (Art. 2 Abs. 1 BayPVG) entgegen – denn es trägt zur vertrauensvollen Zusammenarbeit bei, wenn dem Oberbürgermeister regelmäßig dieselbe Personalvertretung, nämlich der Gesamtpersonalrat, partnerschaftlich gegenübersteht.
20
Ist aber vorliegend der Oberbürgermeister in allen möglichen Varianten der zuständige Ansprechpartner der Personalvertretung und korrespondierend wiederum der Gesamtpersonalrat, nicht aber der örtliche Personalrat des Eigenbetriebs als Ansprechpartner des Oberbürgermeisters zuständig, so fehlt dem vorliegenden Antrag des örtlichen Personalrats die Antragsbefugnis.
21
4. Dass der örtliche Personalrat in der bisherigen Verwaltungspraxis der Stadt bei Ein- bzw. Höhergruppierungen, wie sie hier inmitten stehen, faktisch eingebunden worden ist, ist nicht geeignet, an der dargestellten Zuständigkeitsordnung (siehe oben) etwas zu ändern. Dem stünde die gesetzliche Bestimmung des normativen Befugniskriteriums in Art. 80 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BayPVG (siehe 1.) und damit der Vorrang des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG) entgegen.
22
5. Eine Kostenentscheidung ist nicht erforderlich (Art. 82 Abs. 2 Satz 1 BayPVG i.V.m. § 2 Abs. 2 GKG).
23
6. Diese Entscheidung ist endgültig (Art. 82 Abs. 2 Satz 2 BayPVG).