Inhalt

VG Augsburg, Beschluss v. 05.07.2024 – Au 8 S 24.1257, Au 8 S 24.1258, Au 8 S 24.1259, Au 8 S 24.1261
Titel:

Erfolgloser Eilantrag gegen Beiträge für die Herstellung der Entwässerungs- und   Wasserversorgungsanlage

Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, Abs. 4, Abs. 5 S. 1, Abs. 6
KAG Art. 5 Abs. 1 S. 1
BGS-EWS § 4 Abs. 1 Nr. 1
BGS-WAS § 4 Abs. 1 Nr. 1
Leitsatz:
Durch die (endgültige) Schaffung der Leitungen zur Abwasserentsorgung bzw. zur Wasserversorgung auf einem Grundstück und der Möglichkeit des Anschlusses dieser Leitungen an das öffentliche Entwässerungs- bzw. Wasserversorgungsnetz entsteht die Beitragsschuld. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Vorläufiger Rechtsschutz, Herstellungsbeiträge für Entwässerungs- und Wasserversorgungsanlage, Zeitpunkt der Entstehung der Beitragsschuld, neu erschlossenes Grundstück, Eigentumsübergang, Eilantrag, Kommunalabgabenrecht, Entwässerungsanlage, Wasserversorgungsanlage, Entwässerungssatzung, Wasserabgabensatzung, Entstehung der Beitragspflicht, Anschlussmöglichkeit
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 26.08.2024 – 20 CS 24.1243 , 20 CS 24.1267
Fundstelle:
BeckRS 2024, 18403

Tenor

I. Die Verfahren Au 8 S 24.1257, Au 8 S 24.1258, Au 8 S 24.1259 und Au 8 S 24.1261 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II. Die Anträge werden abgelehnt.
III. Der Antragsteller trägt die Kosten der Verfahren.
IV. Die Kosten des Verfahrens werden vor der Verbindung im Verfahren Au 8 S 24.1257 auf 25.176,50 EUR, im Verfahren Au 8 S 24.1258 auf 10.586,82 EUR, im Verfahren Au 8 S 24.1259 auf 21.456,63 EUR und im Verfahren Au 8 S 24.1261 auf 8.804,40 EUR, ab der Verbindung auf insgesamt 66.024,35 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die Festsetzung von Herstellungsbeiträgen für die Entwässerungsanlage und die Wasserversorgungsanlage für ein von ihm erworbenes Grundstück.
2
1. Der Antragsgegner war Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. …, Gemarkung … Mit notariellem Tauschvertrag vom 19. Juli 2018 tauschte der Antragsteller mehrere ihm gehörende Grundstücke unter anderem mit dem vorgenannten Grundstück des Antragsgegners.
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Im Tauschvertrag war unter anderem vereinbart, dass der Antragsgegner beabsichtigt, für eine Teilfläche des vorgenannten Grundstücks Fl.Nr. …, Gemarkung …, einen Bebauungsplan für ein Gewerbegebiet aufzustellen, nach dessen Regelungen der Antragsteller einen Betriebssitz für seinen Gewerbebetrieb sowie ein Betriebsleiterwohnhaus errichten kann (Ziffer I.4 des Tauschvertrags). Der Tauschvertrag sollte volle Wirksamkeit erst erlangen, wenn der vom Antragsgegner aufzustellende Bebauungsplan in Kraft getreten ist (Ziffer II.5 des Tauschvertrags). Für die Teilflächen des Grundstücks Fl.Nr. …, Gemarkung …, für die der Bebauungsplan aufzustellen ist, sollen nach Ziffer V.3 des Tauschvertrags die Herstellungsbeiträge nach KAG mittels eines Ablösevertrags abgerechnet werden. Der Antragsteller verpflichtete sich zum Abschluss dieses Ablösevertrags, die Konditionen des Ablösevertrags sollten sich nach der jeweils gültigen Beitragssatzung bemessen.
4
Der Bebauungsplan für die Teilflächen des Grundstücks Fl.Nr. …, Gemarkung … ist am 9. August 2019 in Kraft getreten. Der Bebauungsplan sieht auf einer sog. „Gewerbefläche 1“ Gewerbebauten des Antragstellers und dessen Betriebsleiterwohnhaus vor, für die sog. „Gewerbefläche 2“ sind Festsetzungen für gewerbliche Nutzungen enthalten.
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Die endgültige Herstellung der Anschlussleitungen für Entwässerung und Wasserversorgung auf dem Grundstück Fl.Nr. …, Gemarkung … datiert auf den 10. Dezember 2020 mit der Abnahme der errichteten Leitungen.
6
Nach dem Inkrafttreten des Bebauungsplans und dem Eigentumsübergang, der durch die Eintragung des Antragstellers im Grundbuch am 12. Oktober 2020 eintrat, schloss der Antragsteller keinen Ablösevertrag mit dem Antragsgegner für die Herstellungsbeiträge nach KAG ab. Eine letztmalige Aufforderung vom 13. Oktober 2021 durch den Bevollmächtigten des Antragsgegners an den Bevollmächtigten des Antragstellers, dass der Antragsteller den Entwurf des Ablösevertrags unterzeichnet, blieb erfolglos.
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2. Mit vier Bescheiden vom 10. Januar 2022 erhob der Antragsgegner Herstellungsbeiträge für die Entwässerungsanlage und die Wasserversorgungsanlage. Die Beitragsberechnung beruht auf den jeweiligen Beitragsmaßstäben der BGS/EWS bzw. BGS/WAS des Antragsgegners und ist nach den beitragspflichtigen Grundstücks- bzw. den Geschossflächen der o.g. „Gewerbefläche 1“ und „Gewerbefläche 2“ aufgeteilt.
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Die Flächen- und Beitragsberechnungen sind für alle Bescheide zwischen den Beteiligten unstreitig.
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Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 9. Februar 2022 ließ der Antragsteller Widerspruch gegen die vier Bescheide erheben.
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Zur Begründung wurde mit Schreiben vom 2. März 2022 und 8. Mai 2023 im Wesentlichen vorgetragen, dass die Herstellungsbeiträge nicht mit Bescheid abgerechnet werden dürften. Im Tauschvertrag hätten sich die Vertragsparteien geeinigt, einen Ablösevertrag abzuschließen. Der Antragsgegner könne den Anspruch auf Abschluss dieses Ablösevertrags zwar gerichtlich durchsetzen. Er hätte damit aber gleichzeitig darauf verzichtet, die Festsetzung der Herstellungsbeiträge durch Bescheid zu regeln. Weiter habe der Antragsgegner bei der Beitragsbemessung nicht berücksichtigt, dass der Antragsteller die Erschließungsleitungen in den beiden Gewerbeflächen auf eigene Kosten erstellt habe. Wenn der Antragsgegner nunmehr Herstellungsbeiträge für die vom Antragsteller errichteten Leitungen verlange, führe dies zu einer ungerechtfertigten Doppelbelastung des Antragstellers. Gleichzeitig habe der Antragsgegner dem Antragsteller auch die Einleitung des Regenwassers in den Schmutzwasserkanal untersagt. Die insoweit notwendigen Aufwendungen des Antragstellers für die Errichtung einer Regenwasserrückhalteanlage müssten ebenfalls in Abzug gebracht werden. Offen sei auch, ob der Antragsteller im Zeitpunkt der Abnahme der Erschließungsanlagen überhaupt bereits Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. …, Gemarkung …, gewesen sei. Sollte dies nicht der Fall gewesen sein, könne der Antragsgegner dem Antragsteller gegenüber keine Herstellungsbeiträge erheben.
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Mit vier (identischen) Widerspruchsbescheiden vom 19. Mai 2023, dem Bevollmächtigten des Antragstellers jeweils zugestellt am 22. Mai 2023, wurden die Widersprüche zurückgewiesen.
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Der Antragsteller sei durch die Bescheide rechtmäßig zu den Herstellungsbeiträgen herangezogen worden. Mit der vertraglichen Vereinbarung zum Abschluss eines Ablösevertrags habe der Antragsgegner nicht auf die Geltendmachung der Herstellungsbeiträge durch Bescheid verzichtet. Die Erschließungsanlagen seien nach dem Abnahmeprotokoll am 10. Dezember 2020 endgültig hergestellt gewesen, erst damit sei das Grundstück erschlossen und die Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Entwässerungs- und Wasserversorgungseinrichtung eröffnet gewesen. Zu diesem Zeitpunkt sei die Beitragspflicht gemäß § 5 BGS-EWS bzw. § 5 BGS-WAS entstanden. Der Antragsteller sei zu diesem Zeitpunkt bereits Eigentümer des Grundstücks gewesen, er sei somit der richtige Beitragsschuldner.
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3. Am 22. Juni 2023 erhob der Bevollmächtigte des Antragstellers jeweils Klage gegen den zugrundeliegenden Beitragsbescheid (Au 8 K 23.960 – Herstellungsbeitrag für die Entwässerungsanlage, Gewerbefläche 1; Au 8 K 23.961 – Herstellungsbeitrag für die Wasserversorgungsanlage, Gewerbefläche 1; Au 8 K 23.962 – Herstellungsbeitrag für die Entwässerungsanlage, Gewerbefläche 2; Au 8 K 23.963 – Herstellungsbeitrag für die Wasserversorgungsanlage, Gewerbefläche 2) mit dem Ziel der Aufhebung des (jeweiligen) Beitragsbescheids des Antragsgegners vom 10. Januar 2022 in der Fassung des (jeweiligen) Widerspruchsbescheids.
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Über die Klagen ist noch nicht entschieden.
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Nach der Aufforderung des Antragsgegners an den Antragsteller, die ausstehenden Herstellungsbeiträge zu begleichen und einem erfolglosen Antrag des Bevollmächtigten des Antragstellers vom 21. März 2024 auf Aussetzung der Vollziehung erhob des Bevollmächtigte des Antragstellers in den vorliegenden Verfahren am 23. Mai 2024 Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes und beantragt,
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die aufschiebende Wirkung der (jeweiligen) Klage gegen den (jeweiligen) Heranziehungsbescheid des Antragsgegners vom 10. Januar 2022 in der Fassung des (jeweiligen) Widerspruchsbescheids vom 19. Mai 2023 anzuordnen.
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Der Antragsgegner könne gegenüber dem Antragsteller keine Herstellungsbeiträge geltend machen. Für das neu ausgewiesene Baugebiet sei der Antragsgegner zur Errichtung der Erschließungsanlagen verpflichtet. Diese Erschließungsanlagen hätte aber nicht der Antragsgegner errichtet, vielmehr hätte der Antragsteller auf eigene Kosten deren Planung und Errichtung veranlasst. Der Antragsteller sei deshalb auch Eigentümer der Erschließungsanlagen geworden, es existiere insoweit keine öffentliche Einrichtung des Antragsgegners. Der Anschluss dieser Anlagen an das öffentliche Entwässerungs- bzw. Wasserversorgungsnetzes löse keine Beitragspflicht aus. Im Übrigen würde der Antragsteller aufgrund der von ihm getragenen Kosten für die Errichtung der Erschließungsanlagen und der gleichzeitigen Erhebung der Herstellungsbeiträge doppelt belastet. Dies stelle eine unangemessene Benachteiligung dar. Die Herstellungsbeiträge seien damit offensichtlich rechtswidrig, an ihrem Vollzug könne kein öffentliches Interesse bestehen.
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Unter teilweiser Wiederholung und Vertiefung der Antragsbegründung wurde ergänzend mit Schriftsätzen vom 1. Juni 2024, 3. Juni 2024 und vom 1. Juli 2024 vorgetragen, dass bereits mit der Aufstellung des Bebauungsplans für das Grundstück Fl.Nr. …, Gemarkung …, die Beitragspflicht entstanden sei, da zu diesem Zeitpunkt die in § 3 der jeweiligen Beitrags- und Gebührensatzung geregelte weitere Beitragspflicht aufgrund der erstmaligen Bebaubarkeit des Grundstücks entstanden sei. Der Bebauungsplan sei im Jahr 2019 aufgestellt worden, zu diesem Zeitpunkt sei jedoch der Antragsgegner noch Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. …, Gemarkung …, gewesen. Der Eigentumsübergang habe erst im Oktober 2020 stattgefunden. Nach § 5 der jeweiligen Beitrags- und Gebührensatzung sei beitragspflichtig, wer im Zeitpunkt der Entstehung der Beitragspflicht Eigentümer des Grundstücks sei. Dem Antragsteller gegenüber könnten somit keine Herstellungsbeiträge geltend gemacht werden.
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Auf die Begründung und die ergänzenden Schriftsätze wird im Einzelnen verwiesen.
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Der Antragsgegner lässt beantragen,
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den Antrag (jeweils) abzulehnen.
22
Unter Verweis zunächst auf die Ausführungen in den Widerspruchsbescheiden wird zur Begründung vorgetragen, dass an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen (jeweiligen) Herstellungsbeitragsbescheids keine durchgreifenden Zweifel bestünden, die (jeweiligen) Klagen werden voraussichtlich erfolglos bleiben. Der Antragsgegner betreibe eine öffentliche Entwässerungs- bzw. Wasserversorgungsanlage, für deren Herstellung der Antragsteller für das von ihm erworbene Grundstück Fl.Nr. …, Gemarkung …, beitragspflichtig sei. Die Regelung in § 3 der jeweiligen Beitrags- und Gebührensatzung sei vorliegend nicht einschlägig, diese Regelung erfasse nur Nacherhebungstatbestände bei Flächenmehrungen. Vorliegend sei aber mit der Aufstellung des Bebauungsplans erstmals eine Bebaubarkeit des Grundstücks geschaffen worden. Die Beitragspflicht sei mit der Herstellung der Leitungen für den Anschluss an die öffentliche Entwässerungs- bzw. Wasserversorgungsanlage entstanden, diese Leitungen auf dem Grundstück seien im Dezember 2020, mit der Abnahme der Leitungen, abschließend hergestellt worden. Zu diesem Zeitpunkt sei der Antragsteller Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. …, Gemarkung …, gewesen. Dass der Antragsteller die Kosten der Herstellung der leitungsgebundenen Einrichtungen auf seinem Grundstück selbst getragen habe, stelle keine unzulässige Doppelbelastung des Antragstellers dar. Der in den Bescheiden festgesetzte Herstellungsbeitrag stelle einen angemessenen Ausgleich für den Vorteil dar, der dem Grundstückseigentümer, vorliegend der Antragsteller, aus der Möglichkeit des Anschlusses an die öffentliche Wasserversorgungs- bzw. Entwässerungsanlage erwachse.
23
Auf die Antragserwiderung wird verwiesen.
24
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten in allen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ebenso wie auf den Inhalt der Gerichtsakten der Klageverfahren Au 8 K 23.960, Au 8 K 23.961, Au 8 K 23.962 und Au 8 K 23.963, sowie auf den Inhalt der beigezogenen Behördenakten des Antragsgegners und der Widerspruchsbehörde Bezug genommen.
II.
25
Über die vier (gleichlautenden) Anträge konnte nach § 93 Satz 1 VwGO vorliegend gemeinsam entschieden werden.
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Der (jeweilige) Antrag, mit denen der Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner (jeweiligen) Klage gegen den (jeweiligen) Beitragsbescheid des Antragsgegners vom 10. Januar 2022 begehrt, ist zulässig erhoben (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO), er ist jedoch (jeweils) nicht begründet. Soweit der (jeweilige) Herstellungsbeitrag für die Entwässerungs- bzw. Wasserversorgungsanlage hinsichtlich der Geschossflächen der beiden Flächenteile („Gewerbefläche 1“ und „Gewerbefläche 2“) auf dem (ungeteilten) Grundstück Fl.Nr. …, Gemarkung …, angefochten worden ist, erweist sich die (jeweilige) Klage voraussichtlich als erfolglos.
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1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist statthaft, insbesondere wurde ein vom Antragsteller beim Antragsgegner gestellter Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach § 80 Abs. 4 VwGO vom Beschlussorgan des Antragsgegners am 25. April 2024 abgelehnt, dem Bevollmächtigten des Antragstellers wurde dies mit Schreiben vom 29. April 2024 mitgeteilt (§ 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO).
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2. Die grundsätzlich mit der Klageerhebung verbundene aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 1 VwGO) tritt kraft Gesetzes nicht ein, wenn ein Verwaltungsakt die Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten betrifft (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Dies ist vorliegend hinsichtlich der streitgegenständlichen Beitragsbescheide vom 10. Januar 2022, da diese öffentlichen Abgaben betreffen (vgl. statt vieler: Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 80 Rn. 26), der Fall.
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Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache gemäß § 80 Abs. 5 VwGO jedoch die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen, was bei entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO dann zu geschehen hat, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen und deshalb seine Aufhebung oder Abänderung im Hauptsacheverfahren mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist oder wenn – wozu im vorliegenden Verfahren nichts vorgetragen worden ist – die sofortige Vollziehung des Bescheides für den Abgabeschuldner eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die vorliegend von der Antragstellerseite alleine geltend gemachte Rechtswidrigkeit der Beitragsbescheide ist zu verneinen, eine Aufhebung oder Änderung der angefochtenen Bescheide im Hauptsacheverfahren ist nicht zu erwarten. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Beitragsbescheide.
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Zur Vermeidung von Wiederholungen kann zunächst auf die Begründung der angefochtenen Bescheide vom 10. Januar 2022 und auf die Begründung der Widerspruchsbescheide vom 19. Mai 2023, denen das Gericht folgt, Bezug genommen werden (§ 117 Abs. 5 VwGO analog).
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Ergänzend wird zum Vorbringen der Antragstellerseite im Klage- und Antragsverfahren ausgeführt:
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a) Nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG können die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen (Investitionsaufwand) Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Hierzu zählen auch öffentlich-rechtlich betriebene Entwässerungs- bzw. Wasserversorgungsanlagen.
33
Von dieser Ermächtigung hat der Antragsgegner durch den Erlass der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung (BGS-EWS) vom 31. Juli 2019 sowie der Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabensatzung (BGS-WAS) vom 2. März 2020 wirksam Gebrauch gemacht. Im Eilverfahren, in dem nur eine summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage stattfinden kann, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs grundsätzlich von der Gültigkeit einer Norm auszugehen, sofern nicht deren Unwirksamkeit offensichtlich ist (BayVGH, B.v. 6.9.2005 – 23 CS 05.2024 – juris; BayVGH, B.v. 10.6.2005 – 23 CS 05.927 – juris; BayVGH, B.v. 6.11.2002 – 23 CS 02.2091 – juris). Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit der jeweiligen Beitrags- und Gebührensatzung liegen nicht vor und wurden auch nicht geltend gemacht.
34
b) Entgegen der Auffassung der Antragstellerseite besteht auch eine öffentliche Entwässerungs- bzw. Wasserversorgungsanlage des Antragsgegners.
35
Mit der Möglichkeit des Anschlusses des Grundstücks an die Entwässerungs- bzw. Wasserversorgungsanlage entsteht die Beitragsschuld (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 BGS-EWS bzw. § 4 Abs. 1 Nr. 1 BGS-WAS). Diese Möglichkeit ist vorliegend durch die (endgültige) Schaffung der Leitungen zur Abwasserentsorgung bzw. zur Wasserversorgung auf dem Grundstück des Antragstellers und der Möglichkeit des Anschlusses dieser Leitungen an das öffentliche Entwässerungs- bzw. Wasserversorgungsnetz entstanden. Der Abschluss dieser Maßnahmen fand unstreitig – mit der Schlussabnahme der Maßnahmen – am 10. Dezember 2020 statt (vgl. „Abnahmeniederschrift“ vom 10.12.2020 – Behördenakte des Antragsgegners, Heftung 2).
36
Dass der Antragsteller auf seinem (ungeteilten) Grundstück die Leitungen für die Entwässerung bzw. die Wasserversorgung der auf dem Grundstück bestehenden bzw. noch zu errichtenden Gebäude auf eigene Kosten hat erstellen lassen, lässt die Möglichkeit des Anschlusses an die vom Antragsgegner betriebene öffentliche Entwässerungs- bzw. Wasserversorgungsanlage unberührt. Insbesondere wird die bestehende öffentliche Entwässerungs- bzw. Wasserversorgungsanlage des Antragsgegners damit nicht zu einer privaten Anlage. Das Eigentum des Antragstellers an den Leitungen auf seinem Grundstück ändert daran nichts.
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c) Zum Zeitpunkt der (erstmaligen) Entstehung der Beitragsschuld am 10. Dezember 2020 war der Antragsteller Eigentümer des (ungeteilten) Grundstücks Fl.Nr. …, Gemarkung … …. Er wurde am 12. Oktober 2020 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Damit ist er nach § 5 Satz 1 BGS-EWS bzw. § 5 Satz 1 BGS-WAS als Eigentümer im Zeitpunkt der Entstehung der Beitragsschuld der zur Zahlung des Herstellungsbeitrags verpflichtete Beitragsschuldner.
38
d) Der Antragsteller wird mit dieser Zahlungsverpflichtung auch nicht unangemessen doppelt belastet.
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Soweit die Antragstellerseite insoweit auf die Entscheidung des VG Augsburg vom 1. Dezember 2021 (Au 4 K 19.2180) verweist, verkennt sie den Inhalt dieser Entscheidung. Unabhängig von der Frage der Vergleichbarkeit der beiden Fallgestaltungen – vorliegend liegt gerade kein Durchführungsvertrag für einen vorhabensbezogenen Bebauungsplan vor – wurde entgegen dem Vorbringen im Antragsschriftsatz in der genannten Entscheidung eine unangemessene Doppelbelastung des Vorhabenträgers gerade verneint (VG Augsburg, U.v. 1.12.2021 – Au 4 K 19.2180 – juris Rn. 43 ff.). Hintergrund dieser Bewertung ist insbesondere, dass mit der Möglichkeit des Anschlusses an die öffentliche Entwässerungs- bzw. Wasserversorgungsanlage eine Erschließung des (ungeteilten) Grundstücks des Antragstellers gesichert ist. Für diesen Vorteil im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG kann der Antragsteller – unabhängig von der Errichtung der Leitungen auf seinem Grundstück auf eigene Kosten – zum Herstellungsbeitrag herangezogen werden.
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3. Für den (jeweils) erfolglosen Antrag trägt der Antragsteller nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des (jeweiligen) Verfahrens.
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Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3 GKG, wobei nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichthofs (BayVGH, B.v. 15.1.2001 – 23 CS 00.3350 – juris) und unter Berücksichtigung von Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit bei der Streitwertfestsetzung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren von einem Viertel der Hauptsacheforderung auszugehen ist. Vorliegend ergeben sich damit die jeweils im Einzelnen berechneten Beträge aus den im Klageverfahren insgesamt angefochtenen Herstellungsbeiträgen in Höhe von einem Viertel des jeweils streitgegenständlichen Gesamtbetrags.