Titel:
Erfolgreiche auf Gewährung subsidiären Schutzes beschränkte Klage (Eritrea)
Normenketten:
AsylG § 4
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7
Leitsätze:
1. Einem eritreischen Staatsangehörigen im nationaldienstfähigen Alter droht bei einer zwangsweisen Rückführung nach Eritrea mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Inhaftierung mit anschließender Einberufung in den Nationaldienst und das Aufgebot in den Nationaldienst kann nicht durch Erlangung des sog. Diasporastatus abgewendet werden. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Dauer und Ausgestaltung des Nationaldienstes verletzt aufgrund der in Eritrea herrschenden Willkürherrschaft ohne unabhängiges Justizwesen mit willkürlichen Inhaftierungen und körperlichen Misshandlungen massiv elementare Rechtsgrundsätze und Menschenrechte. (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Eritrea, teilweise Klagerücknahme, subsidiärer Schutz wegen drohender Einziehung zum Nationaldienst, Asylklage, subsidiärer Schutz, Rückkehr, Einziehung, Nationaldienst, umenschliche Behandlung, erniedrigende Behandlung, drohende Bestrafung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 18402
Tenor
I. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt.
II. Im Übrigen wird der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 30. August 2023 (Gz. ...) in Nrn. 3 und 4 aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger den subsidiären Schutz zuzuerkennen.
III. Der Kläger und die Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
IV. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht zuvor der jeweilige Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt mit seiner Klage im Asylfolgeverfahren zuletzt die Gewährung subsidiären Schutzes bzw. hilfsweise die Feststellung von nationalen Abschiebungsverboten nach Eritrea bzw. einen anderen aufnahmebereiten Staat.
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Der am ... .1993 in ... (Eritrea) geborene Kläger ist eritreischer Staatsangehöriger mit Volkszugehörigkeit der Afar und protestantisch-christlichem Glauben.
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Seinen Angaben zufolge reiste der Kläger am 16. Januar 2016 auf dem Landweg erstmalig in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er unter dem 16. August 2016 Asylerstantrag stellte.
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Mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) vom 11. Januar 2018 (Gz. ... ) wurde der Asylantrag des Klägers abgelehnt und nach der Feststellung, dass Abschiebungsverbote zugunsten des Klägers nicht vorliegen, dem Kläger die Abschiebung in den Sudan angedroht. Das hiergegen zum Bayerischen Verwaltungsgericht ... angestrengte Klageverfahren (Az. ... ) wurde mit Gerichtsbeschluss vom 31. Oktober 2019 wegen Nichtbetreibens des Verfahrens eingestellt.
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Am 4. Januar 2022 stellte der Kläger einen Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens (Folgeantrag). In seinen schriftlichen Ausführungen zum Folgeantrag verweist der Kläger auf die Situation in seinem Heimatland Eritrea. Eritrea befinde sich mit Äthiopien im Krieg. Zudem werde die Gleichheit der Religionen nicht akzeptiert. Weiter verwies der Kläger darauf, dass er in ... (Eritrea) geboren sei und bereits im Alter von drei Jahren mit seiner Mutter in den Sudan gereist und dort aufgewachsen sei. Seine Mutter sei gestorben, als er acht Jahre alt gewesen sei. Er habe im Anschluss allein als Flüchtling in ... (Sudan) gelebt. Seit Juni 2010 sei er traditionell verheiratet und habe mit seiner Frau ein Kind, lebe aber von ihr und dem Kind getrennt.
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Mit Bescheid des Bundesamts vom 30. August 2023 (Gz. ... ) wurden die Anträge des Klägers auf Asylanerkennung bzw. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft abgelehnt (Nrn. 1 und 2 des Bescheids). Nr. 3 des Bescheids bestimmt, dass dem Kläger auch der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt wird. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) liegen nicht vor (Nr. 4 des Bescheids). In Nr. 5 des Bescheids wird die im bestandskräftigen Bescheid vom 11. Januar 2018 festgestellte Abschiebungsandrohung in den Sudan aufgehoben.
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Zur Begründung seiner Entscheidung führt das Bundesamt aus, dass im Falle des Klägers die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens gegeben seien. Aufgrund der Staatsangehörigkeit des Klägers sei eine Sachlagenänderung gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) gegeben. Beim Kläger lägen jedoch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes (Flüchtlingseigenschaft und subsidiärer Schutz) nicht vor. Der Kläger sei kein Flüchtling im Sinne des § 3 Asylgesetz (AsylG). Der Kläger habe nicht vorgetragen, dass er in Eritrea wegen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner politischen Überzeugung oder wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt werde. Der Kläger sei seinen eigenen Angaben zufolge bereits im Alter von drei Jahren aus Eritrea ausgereist und fortan im Sudan aufgewachsen. Eine persönliche Vorverfolgung sei nicht festzustellen. Auch die Voraussetzungen für die Gewährung subsidiären Schutzes seien nicht gegeben. Dem Kläger drohe in Eritrea kein ernsthafter Schaden. Dies gelte auch unter Berücksichtigung der lediglich abstrakt bestehenden Möglichkeiten, bei einer Rückkehr nach Eritrea in den Nationaldienst einberufen zu werden. Auch eine Schutzfeststellung nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG scheide aus. Im Herkunftsland des Klägers bestehe kein derartiger Konflikt. Abschiebungsverbote zugunsten des Klägers seien ebenfalls nicht gegeben. Auch die Verletzung anderer Menschenrechte oder Grundfreiheiten der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) komme nicht in Betracht. Es drohe dem Kläger auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG führe. Die im bestandskräftigen Bescheid vom 11. Januar 2018 (Gz.... ) festgestellte Abschiebungsandrohung in den Sudan werde aufgehoben, da es sich beim Kläger um einen eritreischen Staatsangehörigen handle und eine Abschiebung daher nur nach Eritrea in Betracht komme. Die Voraussetzungen für den Erlass einer Ausreiseaufforderung oder Abschiebungsandrohung nach Eritrea lägen nicht vor, weil nach der Erkenntnislage des Bundesamts im Zeitpunkt der Asylentscheidung ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis gemäß Art. 5 RL 200/115/EG zugunsten des Klägers vorliege.
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Auf die weiteren Ausführungen im Bescheid des Bundesamts vom 30. August 2023 wird ergänzend verwiesen.
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Der Kläger hat gegen den vorbezeichneten Bescheid mit Schriftsatz vom 20. September 2023 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben und zunächst beantragt,
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Die Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 30. August 2023, verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen;
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Die Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 30. August 2023, verpflichtet, dem Kläger den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen;
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Die Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 30. August 2023, verpflichtet, für den Kläger ein Abschiebungsverbot festzustellen.
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Zur Begründung der Klage ist mit Schriftsatz vom 13. Mai 2024 ausgeführt, dass dem Kläger zumindest der subsidiäre Schutzstatus zuzuerkennen sei. Dem Kläger drohe trotz seiner Ausreise als Minderjähriger bei einer Rückkehr nach Eritrea die Einziehung in den militärischen Teil des Nationaldienstes und dort eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung und damit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein ernsthafter Schaden. Einem als minderjährig aus Eritrea ausgereistem und zwischenzeitlich im wehdienstfähigen Alter befindlichen Mann drohe bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland die Einziehung in den lebenslangen militärischen Teil des Nationaldienstes. Der 30-jährige Kläger sei im dienstpflichtigen Alter. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger nicht mehr in den Nationaldienst einberufen werde, nur, weil er nicht mehr schulpflichtig sei. Es sei dem Kläger auch nicht möglich, den Nationaldienst durch Erlangung des Diaspora-Status zu entkommen. Dieser Status schütze nicht vor der Einberufung in den Nationaldienst. Zudem könne dieser nur durch freiwillige Rückkehr erlangt werden. Der Verweis des Klägers auf den Diaspora-Status sei unzumutbar. Die Einberufung des Klägers in den militärischen Teil des Nationaldienstes wäre bei dessen Rückkehr unvermeidbar. Daher drohe dem Kläger ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AsylG. Dem Kläger sei deswegen der subsidiäre Schutzstatus zuzuerkennen.
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Auf die weiteren Ausführungen im Klagebegründungsschriftsatz vom 13. Mai 2024 wird ergänzend verwiesen.
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Mit Schriftsatz vom 5. Juni 2024 wurde die Klage auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes bzw. die Feststellung von nationalen Abschiebungsverboten beschränkt.
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Das Bundesamt ist für die Beklagte der Klage mit Schriftsatz vom 22. September 2023 entgegengetreten und beantragt,
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Zur Begründung wurde auf die mit der Klage angegriffene Entscheidung Bezug genommen.
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Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 21. Februar 2024 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
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Am 10. Juni 2024 fand die mündliche Verhandlung statt. Für den Hergang der Sitzung wird auf das hierüber gefertigte Protokoll verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und auf die von der Beklagten vorgelegten Verfahrensakten betreffend das Asylerst- und Folgeverfahren Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Der Einzelrichter (§ 76 Abs. 1 AsylG) konnte über die Klage des Klägers verhandeln und entscheiden, ohne dass die Beteiligten an der mündlichen Verhandlung vom 10. Juni 2024 teilgenommen haben. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten ausweislich der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO). Der Kläger und die Beklagte sind zur mündlichen Verhandlung vom 10. Juni 2024 form- und fristgerecht geladen worden.
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1. Soweit die Klage im Schriftsatz vom 5. Juni 2024 beschränkt und sinngemäß der ursprünglich gestellte Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) zurückgenommen wurde, war das Verfahren nach § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Nach teilweiser Klagerücknahme verbliebener Gegenstand des Verfahrens ist damit nur mehr der Anspruch des Klägers auf Gewährung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylG bzw. hilfsweise auf Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots auf der Grundlage des § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
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2. Soweit die Klage im Schriftsatz vom 5. Juni 2024 aufrechterhalten wurde, ist sie zulässig und begründet. Der Kläger besitzt einen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG. Insoweit war der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamts vom 30. August 2023 in den Nrn. 3 und 4 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger den subsidiären Schutzstatus gemäß § 4 AsylG zuzuerkennen (§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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3. Der Kläger besitzt nach Überzeugung des Gerichts einen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG.
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a) Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt dabei die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder eine Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines bewaffneten Konflikts. Dabei ist es stets Sache des Ausländers, seine guten Gründe für die Befürchtung des Eintritts eines ernsthaften Schadens in schlüssiger Form vorzutragen. Er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung seine Furcht vor dem Eintritt eines ernsthaften Schadens begründet ist, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Herkunftsland zu verbleiben oder dorthin zurückzukehren.
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b) Nach Überzeugung des Gerichts bestehen stichhaltige Gründe im Sinn von § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG für die Annahme, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Eritrea durch die Einziehung in den Nationaldienst mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Folter oder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG) droht.
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Das Bild der Beurteilung der für nach Eritrea zurückkehrende Ausländer drohenden unmenschlichen bzw. erniedrigenden Behandlung ist allerdings in der Rechtsprechung heterogen. Während einige Entscheidungen unter Hinweis darauf, dass es den Betroffenen möglich und zumutbar sei, einen ggf. drohenden Schaden durch Erlangung des sog. Diasporastatus abzuwenden, eine beachtlich wahrscheinlich drohende unmenschliche bzw. erniedrigende Behandlung verneinen (vgl. OVG MV, U.v. 17.8.2023 – 4 LB 145/20 OVG – juris Rn. 54 ff.; OVG Hamburg, U.v. 27.10.2021 – 4 Bf 106/20.A – juris Rn. 65 ff.), sehen andere Entscheidungen in dem Umstand, dass nach Eritrea Zurückkehrende unmittelbar nach Ankunft zur Überprüfung ihres Nationaldienststatus mehrere Tage inhaftiert werden und in der Haft Folter und entwürdigende Behandlung zu erwarten haben, für sich genommen als ausreichende Grundlage für die Annahme einer drohenden unmenschlichen bzw. erniedrigenden Behandlung (NdsOVG, U.v. 18.7.2023 – 4 LB 8/23 – juris Rn. 101 f.). Andere Gerichte wiederum sehen die unmenschliche bzw. erniedrigende Behandlung (auch) in der drohenden Bestrafung, die einem eritreischen Staatsbürger bei Rückkehr nach Eritrea droht, wenn er im nationaldienstfähigen Alter illegal aus Eritrea ausgereist ist (VG Gelsenkirchen, U.v. 17.5.2017 – 1a K 1931/16.A – juris Rn. 33; VG Magdeburg, U.v. 25.5.2023 – 6 A 219/21 MD – juris Rn. 73 ff.; VG Regensburg, U.v. 11.8.2020 – RO 2 K 19.32345 – juris Rn. 63). Insoweit berichten die Erkenntnisquellen davon, dass jedenfalls dann, wenn ein Betroffener (illegal) ausreist, um dem Nationaldienst zu umgehen, willkürliche Bestrafungen drohen, die von einer Belehrung bis hin zu Haftstrafen unter unwürdigen Bedingungen reichen können (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Eritrea, 3. Januar 2022, S. 22 f.).
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aa) Als 30-jähriger eritreischer Staatsangehöriger unterliegt der Kläger der Pflicht zur Ableistung des Nationaldienstes, der zum Teil in einer unmenschlichen Art und Weise umgesetzt ist.
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Gemäß der Proklamation Nr. 82/1995 über den Nationaldienst (Proclamation on National Service No. 82/1995) vom 23. Oktober 1995 sind in Eritrea Männer und Frauen vom achtzehnten bis zum vierzigsten Lebensjahr nationaldienstpflichtig („active national Service“) und gehören bis zum fünfzigsten Lebensjahr der Reservearmee („reserve military service“) an (Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH), Eritrea: Nationaldienst, Themenpapier der SFH Länderanalyse vom 30.6.2017, S. 4). Nach abweichenden Angaben soll sich das Höchstalter für den Wehr- und Nationaldienst seit 2009 für Männer auf 50 bzw. 57 und für Frauen auf 27 bzw. 47 Jahre belaufen (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Eritrea vom 3.1.2022 (Stand November 2021), S. 14; Amnesty International (AI) an VG Magdeburg vom 2.8.2018). Der Nationaldienst unterteilt sich in einen aktiven Dienst von offiziell achtzehn Monaten und in einen Reservistendienst. Der aktive Nationaldienst besteht aus einer sechs Monate dauernden militärischen Ausbildung und einem sich daran anschließenden zwölfmonatigen Militärdienst oder einer entsprechend langen Verwendung im Bereich von Tätigkeiten zur Landesentwicklung. Ungeachtet der in der Proklamation Nr. 82/1995 festgelegten Dauer der Dienstpflicht und der vorgesehenen Altersobergrenzen ist der Nationaldienst in Eritrea in der Praxis jedoch grundsätzlich unbefristet und dauert oftmals mehrere Jahre (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Eritrea vom 3.1.2022 (Stand: November 2021), S. 14). Im Jahr 2002 verlängerte die eritreische Regierung die Nationaldienstpflicht faktisch auf unbestimmte Zeit. Diese Maßnahme wurde bislang mit der proklamierten „no war no peace“-Situation im Verhältnis zu Äthiopien begründet und trotz mehrfacher Bekundungen, die Dauer des Nationaldienstes wieder auf 18 Monate zu beschränken, weiter aufrechterhalten (vgl. European Asylum Support Office (EASO), Bericht über Herkunftsländerinformationen, Länderfokus Eritrea, Mai 2015, S. 40 f).
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Inwieweit die jüngsten Entwicklungen hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Eritrea und Äthiopien zu Veränderungen beim Nationaldienst, insbesondere bei der unbefristeten Dienstpflicht, führen werden, lässt sich nach gegenwärtiger Erkenntnisquellenlage nicht verlässlich beurteilen. Der Nationaldienst kann sich jedenfalls oftmals über mehrere Jahre erstrecken, wobei die Dienstverpflichteten entweder für eine zivile oder eine militärische Verwendung eingeteilt werden. Ebenso kommt es vor, dass Wehrpflichtige bereits nach Ableistung des achtzehnmonatigen Wehrdienstes nicht nur aus dem Militär-, sondern auch aus dem Nationaldienst insgesamt entlassen werden, etwa um dem Dienstpflichtigen bei guten schulischen Leistungen einen frühzeitigen Zugang zu weiterführenden Bildungseinrichtungen zu ermöglichen. Frauen werden in der Regel bei Heirat oder Schwangerschaft aus dem Militär- bzw. aus dem Nationaldienst entlassen (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Eritrea vom 3.1.2022 (Stand: November 2021), S. 15). Generell ausgenommen vom Nationaldienst sind lediglich Personen, die ihre Dienstpflicht bereits vor Inkrafttreten der Proklamation Nr. 82/1995 erfüllt haben, sowie ehemalige Unabhängigkeitskämpfer (Art. 12 der Proklamation Nr. 82/1995). Gesundheitliche Beeinträchtigungen führen in der Regel nur dazu, dass die militärische Ausbildung oder der aktive Nationaldienst erlassen sind (Art. 13 ff. der Proklamation Nr. 82/1995), nicht jedoch die Dienstverpflichtung als solche. Ein Recht auf Wehrdienstverweigerung bzw. einen Ersatzdienst gibt es nicht (zur Nationaldienstverpflichtung insgesamt EASO, Bericht über Herkunftsländerinformationen, Länderfokus Eritrea, Mai 2015, S. 32 ff.; EASO, Bericht über Herkunftsländerinformationen, Eritrea: Nationaldienst und illegale Ausreise, November 2016, S. 11 ff.; EASO, Eritrea, National Service, exit and return, Country of Origin Information Report, September 2019, S. 22 ff.).
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bb) Dies zugrunde gelegt, unterliegt der volljährige (30) Kläger als eritreischer Staatsangehöriger wegen seines Alters in seinem Heimatland der Nationaldienstpflicht. Das Gericht hat keinen Zweifel daran, dass der Kläger im Falle einer zwangsweisen Rückkehr in sein Heimatland dort mit zumindest beachtlicher Wahrscheinlichkeit zum Nationaldienst herangezogen werden würde.
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Unter Auswertung der Erkenntnismittel ist davon auszugehen, dass der Kläger im Falle der zwangsweisen Rückführung nach Eritrea mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zunächst inhaftiert und einer Überprüfung im Hinblick auf den Nationaldienststatus unterzogen werden würde und anschließend mit Blick darauf, dass er den Nationaldienst in Eritrea bislang nicht angetreten hat, in den Nationaldienst einberufen werden würde. EASO berichtet unter Hinweis auf überwiegend aus dem Sudan über die Landesgrenze stattgefundenen Rückführungen, dass die meisten Betroffenen unmittelbar nach ihrer Ankunft in Eritrea inhaftiert, insbesondere einem unterirdischen Gefängnis bei Tesseney zugeführt und dort auf den Nationaldienststatus überprüft würden. Die weitere Behandlung hänge von dem Profil des Betroffenen ab: Personen, die – wie der Kläger – noch nicht in den Nationaldienst eingezogen wurden, müssten eine militärische Ausbildung absolvieren und sodann ihren Dienst bei einer Militäreinheit aufnehmen (vgl. EASO, Eritrea, Nationaldienst, Ausreise und Rückkehr, Herkunftsländer-Informationsbericht, September 2019, S. 69). Laut Amnesty International bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass jeder, der im (annähernd) dienstfähigen Alter nach Eritrea zurückgeführt wird, willkürlicher Festnahme ohne Anklage unterliege und Folter und anderen Misshandlungen begegne. Ziel sei der Informationsgewinn darüber, wie und in wessen Begleitung die Personen das Land verlassen haben. Anschließend würden diese Personen – erstmalig oder erneut – dem Nationaldienst zugeführt. Aufgrund der zum Teil unmenschlichen Art und Weise der Umsetzung des eritreischen Nationaldienstes sowie der prekären Lebensbedingungen im Nationaldienst (so auch NdsOVG, U.v. 18.7.2023 – 4 LB 8.23 – juris Rn. 31 ff; BayVGH, U.v. 5.2.2020 – 23 B 18.31593 – juris Rn. 35, 55), droht dem Kläger daher eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung.
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cc) Der Kläger kann der Nationaldienstpflicht auch nicht durch die Erlangung eines sogenannten Diasporastatus entgehen. Das Gericht schließt sich ausdrücklich der Beurteilung des Oberverwaltungsgericht Niedersachsen in seiner Entscheidung vom 18. Juli 2023 an (NdsOVG, U.v. 18.7.2023 – 4 LB 8.23 – juris). Das Oberverwaltungsgericht kommt nach umfassender Auswertung zahlreicher Erkenntnismittel zur Beurteilung, dass einem eritreischen Staatsangehörigen im nationaldienstfähigen Alter bei einer zwangsweisen Rückführung nach Eritrea mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Inhaftierung mit anschließender Einberufung in den Nationaldienst droht und das Aufgebot in den Nationaldienst auch nicht durch Erlangung des sogenannten Diasporastatus nicht abgewendet werden kann. Die Gegenauffassung (vgl. OVG MV, U.v. 17.8.2023 – 4 LB 145/20 OVG – juris) vermag demgegenüber nicht zu überzeugen.
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Die Erlangung des Diaspora-Status kommt im Falle der zwangsweisen Rückführung nach Eritrea von vornherein nicht in Betracht (NdsOVG, U.v. 18.7.2023 – 4 LB 8.23 – juris Rn. 54). Der Kläger kann aber auch nicht darauf verwiesen werden, die aus einer zwangsweisen Rückführung resultierende Gefahr der Inhaftierung und Einberufung in den Nationaldienst durch freiwillige Ausreise und Rückkehr nach Eritrea abwenden zu können. Da eine freiwillige Ausreise und Rückkehr nach Eritrea für den Kläger nicht zumutbar ist, ist diese Möglichkeit bei der Gefahrenprognose nicht in den Blick zu nehmen, um die Gefahr der Inhaftierung, verbunden mit der Überprüfung des Nationaldienststatus und der Einberufung in den Nationaldienst, abzuwenden.
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Passlose nationaldienstverpflichtete Exil-Eritreer, wie der Kläger, können nur dann freiwillig aus- und unbehelligt nach Eritrea einreisen, wenn sie im Bedarfsfall zuvor die „Reueerklärung“ unterzeichnet haben. Zu Verhören und Inhaftierungen kommt es, wenn die Einreisedokumente unvollständig sind, etwa bei Fehlen der eritreischen Identitätskarte, des Nachweises der Entrichtung der Diaspora-Steuer oder der Reueerklärung oder bei Anzeichen regierungspolitischer Aktivitäten oder politischem Dissens (vgl. EASO, Eritrea, Nationaldienst, Ausreise und Rückkehr, Herkunftsländer-Informationsbericht, September 2019, S. 61). Das „Reueformular“ muss von allen Eritreern unterzeichnet werden, die das Land illegal verlassen haben, ohne den Nationaldienst abzuschließen. EASO stellt im Hinblick auf den Vorwurf der Dienstpflichtverletzung unmissverständlich klar, dass von dem Erfordernis der Unterzeichnung des Reueformulars nur Personen befreit seien, die vom Nationaldienst ausgenommen sind oder die den Dienst bereits abgeschlossen haben (EASO, Eritrea, Nationaldienst, Ausreise und Rückkehr, Herkunftsländer-Informationsbericht, September 2019, S. 60 f.). Soweit es in der Praxis in Einzelfällen vorkommen sollte, dass bei eritreischen Staatsangehörigen für die Inanspruchnahme konsularischer Leistungen auf die Unterzeichnung des „Reueformulars“ verzichtet worden ist, rechtfertigt dies keine Rückschlüsse auf die regelmäßige Vorgehensweise der eritreischen Auslandsvertretungen.
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Der Kläger hat nach seinen glaubhaften Angaben in der mündlichen Verhandlung Eritrea ohne die erforderlichen Ausreisedokumente illegal verlassen. Nach Art. 10 Abs. 1 der Proklamation Nr. 24/1992 kann keine Person Eritrea über andere Stellen verlassen als über die vom Sekretär für innere Angelegenheiten genehmigten. Nach Art. 11 der Proklamation Nr. 24/1992 kann niemand Eritrea verlassen, wenn er nicht im Besitz eines gültigen Reisedokuments, eines gültigen Ausreisevisums und eines gültigen internationalen Gesundheitszeugnisses ist. Die vorgenannten Voraussetzungen für eine legale Ausreise muss jede Person, unabhängig von dem Alter, erfüllen. Da dies beim Kläger nicht der Fall ist, liegt eine illegale Ausreise vor.
40
Da der Kläger die Voraussetzungen einer legalen Ausreise offensichtlich nicht erfüllt, wäre er im Fall einer Rückkehr zur Abgabe einer Reueerklärung verpflichtet. Eine solche ist dem Kläger aber zur Überzeugung des Gerichts nicht zumutbar, da die Abgabe der „Reueerklärung“ wegen der darin enthaltenen Selbstbezichtigung mit grundlegenden rechtsstaatlichen Anforderungen nicht vereinbar ist (vgl. BVerwG, U.v. 11.10.2022 – 1 C 9.21 – juris Rn. 26). Die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts erfolgten zwar in Anwendung ausländerrechtlicher Vorschriften über die Ausstellung eines Reiseausweises für Ausländer, sind aber auf die Zumutbarkeit der Abgabe einer Reueerklärung im Asylverfahren übertragbar. Auch hier stellt sich die Frage, ob die Abgabe einer Reueerklärung mit grundlegenden rechtsstaatlichen Anforderungen vereinbar ist. Nur dann kann von einem Betroffenen die vom Herkunftsstaat geforderte Mitwirkungshandlungen verlangt werden. Angesichts der dem eritreischen Staat attestierten gravierenden Menschenrechtsverletzungen und der willkürlichen Strafverfolgung kann ein Eritreer gegen seinen Willen auf die Unterzeichnung einer Selbstbezichtigung mit bedingungsloser Akzeptanz einer wie auch immer gearteten Strafmaßnahme nicht verwiesen werden (so auch NdsOVG, U.v. 18.7.2023 – 4 LB 8.23 – juris Rn. 78). Angesichts der Willkürherrschaft des eritreischen Staates ist eine Unterzeichnung einer Reueerklärung dem Kläger nicht zumutbar.
41
Auch zeugen die Erkenntnisquellen dafür, dass der Diasporastatus allenfalls zwölf Monate Schutzwirkung entfaltet, weil der eritreische Staat anschließend die Betroffenen nicht mehr als Auslandseritreer, auf die der Diasporastatus bezogen ist, sondern vielmehr (wieder) als Inlandseritreer ansieht. Dieser vergleichsweise kurze Schutzzeitraum vermag die an sich bestehende beachtliche Wahrscheinlichkeit eines drohenden Schadens nicht in relevantem Umfang zu verkürzen (vgl. VG Gelsenkirchen, U.v. 31.1.2024 – 1a K 1134/19.A – juris Rn. 86; VG Köln, U.v. 3.8.2023 – 8 K 7155/17.A – juris Rn. 221 ff.). Letztlich bedarf dies keiner Entscheidung, weil die Abgabe der Reueerklärung zur Erlangung eines „Diasporastatus“, selbst wenn sie ein taugliches Mittel zur Vermeidung eines drohenden Schadens sein sollte, aus Sicht des Einzelrichters jedenfalls keine zumutbare Handlungsoption darstellt. Was zumutbar ist, hängt von einer einzelfallbezogenen Abwägung der gegenläufigen Interessen ab (vgl. BVerwG, B.v. 19.4.2018 -1 B 8.18 – juris Rn. 17).
42
Es ist mit rechtsstaatlichen Prinzipien auch aus Sicht des erkennenden Gerichts unvereinbar und damit unzumutbar vom Kläger zu verlangen, dass dieser eine bedingungslose und uneingeschränkte Unterwerfung unter die eritreische Staatsgewalt erklärt und damit selbst die Voraussetzungen für seine Rückführung schafft, während ihm die Abgabe dieser Erklärung keinerlei Gewähr dafür bietet, dass der eritreische Staat, der gerade auch für seine Willkür bekannt ist, ihn nicht gleichwohl – jedenfalls nach Ablauf eines beschränken Zeitraum – einer erniedrigenden unmenschlichen Behandlung unterzieht, namentlich ihn (willkürlich) strafrechtlich verfolgt oder ihn in den Militärdienst einberuft. Dies kann bei Gesamtbetrachtung der Umstände deshalb nicht zumutbar sein, weil der eritreische Staat gerade auch für seine Willkür vornehmlich im Umgang mit vermeintlichen Straftätern bekannt ist, wie sich aus den bereits zitierten Erkenntnismitteln ergibt. Insoweit gibt es auch keine rechtstaatliche Grundlage, die den eritreischen Staat dazu (selbst-)verpflichten würde, bei Abgabe der Reueerklärung und innerhalb eines beachtlichen Zeitraumes keine – §§ 3 ff. bzw. § 4 AsylG widersprechende – Strafen zu verhängen oder nicht in den Militärdienst einzuberufen. Insofern ist nicht ausgeschlossen, dass trotz der Abgabe der Reueerklärung willkürliche Bestrafungen und Einberufungen in den Nationaldienst erfolgen können. (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Eritrea, 3. Januar 2022, S. 25; EASO, Eritrea: Nationaldienst, Ausreise und Rückkehr, September 2019, S. 64 f.; SFH, Eritrea: Reflexverfolgung, Rückkehr und „Diaspora-Steuer“, 30. September 2018, S. 10).
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dd) Es erscheint auch beachtlich wahrscheinlich, dass der Kläger alsbald nach Einberufung in den Nationaldienst Folter und unmenschlicher und erniedrigender Behandlung und Bestrafung im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG ausgesetzt sein wird. Bereits die zeitlich unbefristete Dauer des Nationaldienstes stellt für sich genommen eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung dar (ebenso NdsOVG, U.v. 18.7.2023 – 4 LB 8.23 – Rn. 53; VG Münster, U.v. 11.2.2020 – 9 K 1564/17.A – juris Rn. 57). Darüber hinaus sind die Arbeitsbedingungen sowohl im militärischen als auch im zivilen Teil des Dienstes extrem hart, die Arbeitstage dauern bis zu 12 Stunden, ein Urlaubsanspruch scheint nicht geregelt zu sein, Feiertage oder Urlaub werden – wie Angaben des Klägers zu den Bemühungen seines Vaters belegen – willkürlich und nur selten gewährt. Besoldung, Bekleidung, Lebensmittel- und medizinische Versorgung sind schlecht und ermöglichen den Betroffenen und ihren Familien keine menschenwürdige Existenz (VG Bremen, U.v. 4.5.2021 – 7 K 1409/19 – juris). Immer wieder kommt es beim Militärdienst zudem zu Menschenrechtsverletzungen (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Eritrea vom 3. Januar 2022, Stand: November 2021, S. 15).
44
Insgesamt verletzt die Dauer und Ausgestaltung des Nationaldienstes aufgrund der in Eritrea herrschenden Willkürherrschaft ohne unabhängiges Justizwesen, mit willkürlichen Inhaftierungen und körperlichen Misshandlungen nach Auffassung des Gerichts massiv elementare Rechtsgrundsätze und Menschenrechte. Dies erfordert nach Überzeugung des Gerichts die Gewährung subsidiären Schutzes, weshalb der Klage, soweit sie im Schriftsatz vom 5. Juni 2024 noch aufrechterhalten wurde, stattzugeben war.
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4. Aufgrund der ausgesprochenen Verpflichtung, dem Kläger den subsidiären Schutzstatus nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG zuzuerkennen, war auch die Ablehnung von nationalen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG aufzuheben (Nr. 4 des Bescheids).
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5. Die Kostenentscheidung in dem nach § 83b AsylG gerichtskostenfreien Verfahren beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO, wobei das Gericht zugrunde gelegt hat, dass die Beschränkung des ursprünglichen Klageantrags des Klägers betreffend die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) die Hälfte des ursprünglichen Streitgegenstandes betrifft, während der Kläger hinsichtlich der weiter aufrechterhaltenen Klage betreffend die Gewährung subsidiären Schutzes vollständig obsiegt.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).