Titel:
Immaterieller Schadensersatz nach DS-GVO
Normenkette:
DS-GVO Art. 82 Abs. 1
Leitsätze:
1. Art. 82 Abs. 1 DS-GVO ist dahingehend auszulegen, dass der bloße Verstoß gegen die Bestimmungen der DS-GVO nicht ausreicht, um einen Schadenersatzanspruch zu begründen. Vielmehr muss der Kläger einen konkreten immateriellen oder materiellen Schaden darlegen und beweisen, ebenso wie das Vorliegen eines Verstoßes gegen die DS-GVO und eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Schaden und dem Verstoß, wobei diese drei Voraussetzungen kumulativ sind. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
2. Auch ein Kontrollverlust kann einen Schaden nach Art. 82 Brüssel Ia-VO darstellen. Das angerufene nationale Gericht hat dann, wenn sich eine Person auf eine Befürchtung beruft, dass ihre personenbezogenen Daten in Zukunft missbräuchlich verwendet werden, jedoch zu prüfen, ob diese Befürchtung unter den gegebenen besonderen Umständen und im Hinblick auf die betroffene Person als begründet angesehen werden kann. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Schadenersatzanspruch, personenbezogene Daten, Befürchtung, EuGVO, VO (EU) Nr. 1215/2012
Fundstelle:
BeckRS 2024, 18335
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Der Kläger macht gegen die Beklagte Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche wegen Verstoßes gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) geltend.
2
Der Kläger schloss mit der Beklagten im Jahr 2020 einen Telekommunikationsvertrag mit Vertragsbeginn am 24.8.2020 und einer Mindestvertragslaufzeit von 2 Jahren zu einem Basispreis von 73,10 € monatlich ab. Ferner sind in dem Vertrag folgende Einmalzahlungen genannt:
- Anschlusspreis: 48,73 €
- Preis für das Gerät Vodafone GigaCube Cat 19: 0,97 €.
3
Im Rahmen des Vertragsabschlusses wurde der Kläger wie folgt informiert:
„Bonitätsprüfung: Vodafone Kabel Deutschland/Vodafone tauscht Ihre personenbezogenen Daten zur Durchführung von Bonitätsprüfungen („Bonitätsdaten“) vor Auftragsannahme mit der SCHUFA Holding AG sowie mit sonstigen Auskunfteien gern. Ziff. 7 der Datenschutz-Hinweise aus.“
4
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage B1 Bezug genommen.
5
Am 25.08.2020 meldete die Beklagte der SCHUFA den Abschluss eines Telekommunikationsvertrages und übermittelte hierzu das Servicekonto unter der Nummer 114413xxx.
6
Mit Schreiben vom 26.8.2023 (Anlage K1) übersandte die SCHUFA dem Kläger eine Kopie der am 26.8.2023 gespeicherten personenbezogenen Daten des Klägers. Diese enthält folgende Einträge:
„Barclays Bank Ireland PLC Hamburg Branch hat unter der Nummer 0310722xxx darüber informiert, dass ein nicht grundpfandrechtlich gesicherter Kreditvertrag oder Blankobauspardarlehen mit Ratenzahlung über 33.000 Euro abgeschlossen wurde. Der Kredit ist in 84 Raten (Zahlweise: monatlich) ab dem 01.03.2023 zurückzuzahlen. Gespeichert am 27.02.2023.
Am 27.02.2023 hat Barclays Bank Ireland PLC Hamburg Branch Barclaycard Loans EC eine Konditionenanfrage zu einer Kreditanfrage gestellt.
Am 15.11.2022 hat Barclays Bank Ireland PLC Hamburg Branch Barclaycard Loans EC eine Konditionenanfrage zu einer Kreditanfrage gestellt.
Am 14.11.2022 hat UniCredit Bank AG Marke: HypoVereinsbank eine Konditionenanfrage zu einer Kreditanfrage gestellt.
Am 14.11.2022 hat Süd-West-Kreditbank Finanzierung GmbH eine Konditionenanfrage zu einer Kreditanfrage gestellt.
Am 14.11.2022 hat 1822direkt Gesellschaft der Frankfurter Sparkasse mbH eine Konditionenanfrage zu einer Kreditanfrage gestellt.
Am 13.11.2022 hat CreditPlus Bank AG eine Konditionenanfrage zu einer Kreditanfrage gestellt.
Am 13.11.2022 hat norisbank GmbH eine Konditionenanfrage zu einer Kreditanfrage gestellt.
Am 13.11.2022 hat Degussa Bank AG eine Konditionenanfrage zu einer Kreditanfrage gestellt.
Am 13.11.2022 hat Santander Consumer Bank AG Financial Factory unter der Nummer KUNDECENTER DIREKTGESCH eine Konditionenanfrage zu einer Kreditanfrage gestellt.
Am 13.11.2022 hat Postbank – eine Niederlassung der Deutsche Bank AG eine Konditionenanfrage zu einer Kreditanfrage gestellt.
Am 13.11.2022 hat Deutsche Kreditbank AG eine Konditionenanfrage zu einer Kreditanfrage gestellt.
Am 13.11.2022 hat TARGOBANK AG Kostenstelle 0609 eine Konditionenanfrage zu einer Kreditanfrage gestellt.
Barclays Bank Ireland PLC Hamburg Branch hat unter der Nummer 0001030254726 darüber informiert, dass ein Blankobauspardarlehen oder nicht grundpfandrechtlich gesicherter Kredit über 1.400 Euro unbefristet abgeschlossen wurde.
MCE Bank GmbH hat unter der Nummer 1009404xxx darüber informiert, dass ein Blankobauspardarlehen oder nicht grundpfandrechtlich gesicherter Kredit über 27.010 Euro mit Endfälligkeit am 01.03.2027 abgeschlossen wurde.
Am 16.11.2021 hat C24 Bank GmbH mitgeteilt, dass ein Girokonto unter der Kontonummer DE...1 eröffnet wurde. Diese Information wird gespeichert, solange die Geschäftsbeziehung besteht.
Barclays Bank Ireland PLC Hamburg Branch hat unter der Nummer 0305470xxx darüber informiert, dass ein nicht grundpfandrechtlich gesicherter Kreditvertrag oder Blankobauspardarlehen mit Ratenzahlung über 10.000 Euro abgeschlossen wurde. Der Kredit ist in 72 Raten (Zahlweise: monatlich) ab dem 01.10.2021 zurückzuzahlen. Gespeichert am 21.09.2021.
Es wurde mitgeteilt, dass der vorbezeichnete Vorgang am 27.02.2023 seine Erledigung gefunden hat. Im Falle eines positiven Vertragsverlaufs wurden die vertraglichen Vereinbarungen vollständig erfüllt und das Vertragsverhältnis daher ordnungsgemäß beendet. Im Falle einer Zahlungsstörung (Abwicklungskonto) wurde die offene Forderung zum angegebenen Datum durch Zahlung ausgeglichen.
Am 25.08.2020 hat Vodafone GmbH Abteilung VDB den Abschluss eines Telekommunikationsvertrages gemeldet und hierzu das Servicekonto unter der Nummer 114413003 übermittelt. Diese Information wird gespeichert, solange die Geschäftsbeziehung besteht.
MCE Bank GmbH hat unter der Nummer 1008701071 darüber informiert, dass ein Blankobauspardarlehen oder nicht grundpfandrechtlich gesicherter Kredit über 14.706 Euro mit Endfälligkeit am 01.10.2024 abgeschlossen wurde.
Es wurde mitgeteilt, dass der vorbezeichnete Vorgang am 30.12.2021 seine Erledigung gefunden hat. Im Falle eines positiven Vertragsverlaufs wurden die vertraglichen Vereinbarungen vollständig erfüllt und das Vertragsverhältnis daher ordnungsgemäß beendet. Im Falle einer Zahlungsstörung (Abwicklungskonto) wurde die offene Forderung zum angegebenen Datum durch Zahlung ausgeglichen. Am 02.08.2019 hat Landesbank Berlin AG unter der Nummer 9170014xxx den Abschluss eines Kreditkartenvertrages gemeldet. Diese Information wird gespeichert, solange die Geschäftsbeziehung besteht. Gespeichert am 18.09.2022.“
7
Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 15.9.2023 (Anlage K2) forderte der Kläger die Beklagte wegen Übermittlung der sog. Positivdaten an die SCHUFA zum Ersatz eines ihm entstandenen immateriellen Schadens in Höhe von 5.000,- € und zur Unterlassung auf.
8
Die SCHUFA Holding AG teilte in einer Pressemitteilung am 19.10.2023 (Anlage B2) mit, dass sie am 20. Oktober 2023 damit beginnen werde, die von ihr gespeicherten Positivdaten aus dem Telekommunikationsbereich zu löschen.
10
Ihm stehe ein Anspruch auf Ersatz des ihm entstandenen immateriellen Schadens gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO zu. Die Übermittlung seiner personenbezogenen Daten an die SCHUFA sei unrechtmäßig erfolgt. Insbesondere könne sie nicht auf ein berechtigtes Interesse gemäß Art. 6 Abs. 1 a), b) und f) DSGVO gestützt werden.
11
Als er die Kopie der SCHUFA Daten erhalten habe, habe sich bei ihm unmittelbar ein Gefühl des Kontrollverlustes und der großen Sorge, insbesondere hinsichtlich der eigenen Bonität, eingestellt. Seitdem lebe er mit der ständigen Angst vor – mindestens – unangenehmen Rückfragen in Bezug auf die eigene Bonität, das allgemeine Verhalten im Wirtschaftsverkehr oder einer Verfälschung des SCHUFA-Scores.
12
Der dargelegte Rechtsverstoß sei auch kausal für den dem Kläger entstandenen Schaden.
13
Infolge der unrechtmäßigen Weitergabe seiner personenbezogenen Daten an die SCHUFA stehe ihm auch der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB und §§ 1004 analog, 823 Abs. 1 und aus Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 6 Abs. 1 DSGVO sowie Art. 17 DSGVO zu.
14
Die Wiederholungsgefahr werde durch die Rechtsverletzung indiziert. Sie sei auch nicht nachträglich entfallen. An den Wegfall der Wiederholungsgefahr seien strenge Anforderungen zu stellen. Die Beklagte könne als Verantwortliche nach der DSGVO, die zu vermutende Wiederholungsgefahr nach dem Verstoß nur durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung beseitigen.
15
Es sei festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, auch künftige materielle und immaterielle Schäden zu ersetzen. Es sei noch nicht abzusehen, ob und inwieweit aus der unrechtmäßigen Übermittlung an die SCHUFA künftige Schäden resultieren werden.
16
Seine Anträge aus der Klage vom 18.10.2023 hat der Kläger in der Replik vom 21.3.2024 bezüglich der Anträge Ziffer 2.) (Unterlassungsantrag) und Ziffer 3.) (Feststellungsantrag) konkretisiert.
17
Der Kläger beantragte zuletzt,
- 1.
-
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite immateriellen Schadensersatz in angemessener Höhe zu zahlen, dessen Höhe in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch EUR 5.000,00 nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.
- 2.
-
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 EUR, ersatzweise an ihrem gesetzlichen Vertreter zu vollstreckender Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, Positivdaten des Klägers, also personenbezogene Daten, die keine Zahlungserfahrungen oder sonstiges nicht vertragsgemäßes Verhalten zum Inhalt haben, sondern Informationen über die Beauftragung, Durchführung und Beendigung eines Vertrags, an Kreditauskunfteien, namentlich Schufa Holding AG, Kormoranweg 5, 65201 Wiesbaden, zu übermitteln, ohne dass eine Einwilligung des Klägers vorliegt, also insbesondere nicht auf der Basis von Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO zur Verbesserung der Qualität der Bonitätsbewertungen oder zum Schutz der beteiligten Wirtschaftsakteure vor kreditorischen Risiken.
- 3.
-
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle künftigen materiellen Schäden und künftigen derzeit noch nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden zu ersetzen, die dem Kläger durch die unbefugte Verarbeitung personenbezogener Daten entstehen.
- 4.
-
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 325,47 € zu zahlen.
18
Die Beklagte beantragt
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Die Beklagte trägt vor:
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Es sei schon nicht zutreffend, dass sie gegen datenschutzrechtliche Vorgaben verstoßen habe.
21
Die Einmeldung von sog. Positivdaten durch Telekommunikationsanbieter diene dem Schutz der Telekommunikationsanbieter und der redlichen Kunden gleichermaßen und sei zur Wahrung berechtigter Interessen gerechtfertigt. Konkret diene sie dabei der Betrugsprävention, schütze Verbraucher vor Überschuldung, ermögliche eine präzisere Ausfallrisikoprognose und gewährleiste die Funktionalität der Auskunfteien, die für den Wirtschaftsverkehr unerlässlich sei.
22
Der Beklagten sei auch nicht die Nutzung einer branchenspezifischen Datenbank als milderes Mittel zumutbar, da dies die Nutzung des in der DSGVO vorgesehenen Gestaltungsspielraums im Hinblick auf den Umgang mit Positivdaten unzulässig beeinträchtige.
23
Jedenfalls sei ein Schaden nicht gegeben. Die vom Kläger geschilderten Reaktionen und Ängste seien abwegig und konstruiert. Denn im Schnitt verfüge jeder Bundesbürger über mehr als einen Mobilfunkvertrag. Die Information, dass der Kläger einen Mobilfunkvertrag abgeschlossen habe, hebe ihn folglich in keiner Weise von den übrigen Mitbürgern ab und gebe anderen Teilnehmern am Wirtschaftsverkehr wie Banken und Versicherungen folglich auch keinen Anlass zu kritischer Nachfrage. Die Übermittlung der Positivdaten habe keinen nachteiligen Einfluss auf die Bonitätsbewertung des Klägers gehabt. Negative Auswirkungen als unmittelbare Konsequenz seien nur zu befürchten, wenn ein Kunde zahlreiche Verträge von Telekommunikationsunternehmen abgeschlossen habe. Dann könne es zu einer Ablehnung eines erneuten Vertragsschlusses kommen.
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Der Anspruch auf Unterlassung sei schon nicht hinreichend bestimmt. Für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch fehle es im Übrigen auch an einer Anspruchsgrundlage, da die Regelungen der DSGVO abschließend seien und keinen Unterlassungsanspruch vorsehen würden. Ein Anspruch auf Unterlassung der Datenübermittlung ergebe sich insbesondere nicht aus Art. 17 DSGVO.
25
Im Übrigen sei der geltend gemachte Unterlassungsanspruch mangels Verstoßes der Beklagten gegen die DSGVO und mangels Bestehens einer Wiederholungsgefahr nicht begründet. Die Beklagte melde keine Positivdaten mehr an die SCHUFA.
26
Auch der Feststellungsantrag sei nicht hinreichend bestimmt. Es fehle auch an einem Feststelungsinteresse, da mit zukünftigen Schäden bei gewöhnlichem Lauf der Dinge mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht zu rechnen sei. Die SCHUFA habe die Positivdaten mittlerweile gelöscht.
27
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.6.2024 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
28
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
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Dem Kläger steht weder ein Anspruch auf Ersatz eines ihm entstandenen immateriellen Schadens (vgl. Antrag zu 1.; hierzu unter 1.) noch der begehrte Unterlassungsanspruch (vgl. Antrag zu 2., hierzu unter 2.) zu. Auch der Antrag auf Feststellung des Ersatzes künftiger materieller und immaterieller Schäden (Antrag zu 3.) ist jedenfalls unbegründet (hierzu 3.).
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1. Ein Anspruch des Klägers auf Ersatz ihm entstandener immaterieller Schäden gemäß Antrag zu 1.) besteht nicht. Der Kläger hat keine Beeinträchtigung erlitten, die einen immateriellen Schaden begründet.
31
Art. 82 Abs. 1 DSGVO ist dahingehend auszulegen, dass der bloße Verstoß gegen die Bestimmungen der DSGVO nicht ausreicht, um einen Schadenersatzanspruch zu begründen (vgl. EuGH, Urteil vom 04.05.2023, Rs. C-300/21). Vielmehr muss der Kläger nach der Rechtsprechung des EuGH einen konkreten immateriellen oder materiellen Schaden darlegen und beweisen, ebenso wie das Vorliegen eines Verstoßes gegen die DSGVO und eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Schaden und dem Verstoß, wobei diese drei Voraussetzungen kumulativ sind (vgl. EuGH, Urteil vom 04.05.2023, Rs. C-300/21, Rn. 32).
32
Nach dem Urteil des EuGH vom 14.12.2023 (Rs. C-340/21) kann auch ein Kontrollverlust einen Schaden nach Art. 82 EuGVO darstellen. Das angerufene nationale Gericht hat nach dieser Entscheidung des EuGH dann, wenn sich eine Person auf eine Befürchtung beruft, dass ihre personenbezogenen Daten in Zukunft missbräuchlich verwendet werden, jedoch zu prüfen, ob diese Befürchtung unter den gegebenen besonderen Umständen und im Hinblick auf die betroffene Person als begründet angesehen werden kann. Unbegründete Befürchtungen erkennt der EuGH somit nicht als Schaden an.
33
Die vom Kläger vorgetragenen Sorgen und Ängste, als er die Kopie seiner bei der SCHUFA gespeicherten Daten erhalten habe, haben sich hier unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalles und im Hinblick auf die Person des Klägers als unbegründet erwiesen.
34
Dabei war zu berücksichtigen, dass die Kopie der am 26.8.2023 gespeicherten personenbezogenen Daten des Klägers (Anlage K1) eine Vielzahl von Einträgen aufweist, die zeitlich nach dem Eintrag zu dem mit der Beklagten abgeschlossenen Telekommunikationsvertrag liegen:
„Barclays Bank Ireland PLC Hamburg Branch hat unter der Nummer 0310722xxx darüber informiert, dass ein nicht grundpfandrechtlich gesicherter Kreditvertrag oder Blankobauspardarlehen mit Ratenzahlung über 33.000 Euro abgeschlossen wurde. Der Kredit ist in 84 Raten (Zahlweise: monatlich) ab dem 01.03.2023 zurückzuzahlen. Gespeichert am 27.02.2023.
Am 27.02.2023 hat Barclays Bank Ireland PLC Hamburg Branch Barclaycard Loans EC eine Konditionenanfrage zu einer Kreditanfrage gestellt.
Am 15.11.2022 hat Barclays Bank Ireland PLC Hamburg Branch Barclaycard Loans EC eine Konditionenanfrage zu einer Kreditanfrage gestellt.
Am 14.11.2022 hat UniCredit Bank AG Marke: HypoVereinsbank eine Konditionenanfrage zu einer Kreditanfrage gestellt.
Am 14.11.2022 hat Süd-West-Kreditbank Finanzierung GmbH eine Konditionenanfrage zu einer Kreditanfrage gestellt.
Am 14.11.2022 hat 1822direkt Gesellschaft der Frankfurter Sparkasse mbH eine Konditionenanfrage zu einer Kreditanfrage gestellt.
Am 13.11.2022 hat CreditPlus Bank AG eine Konditionenanfrage zu einer Kreditanfrage gestellt.
Am 13.11.2022 hat norisbank GmbH eine Konditionenanfrage zu einer Kreditanfrage gestellt.
Am 13.11.2022 hat Degussa Bank AG eine Konditionenanfrage zu einer Kreditanfrage gestellt.
Am 13.11.2022 hat Santander Consumer Bank AG Financial Factory unter der Nummer KUNDECENTER DIREKTGESCH eine Konditionenanfrage zu einer Kreditanfrage gestellt.
Am 13.11.2022 hat Postbank – eine Niederlassung der Deutsche Bank AG eine Konditionenanfrage zu einer Kreditanfrage gestellt.
Am 13.11.2022 hat Deutsche Kreditbank AG eine Konditionenanfrage zu einer Kreditanfrage gestellt.
Am 13.11.2022 hat TARGOBANK AG Kostenstelle 0609 eine Konditionenanfrage zu einer Kreditanfrage gestellt.
Barclays Bank Ireland PLC Hamburg Branch hat unter der Nummer 0001030254726 darüber informiert, dass ein Blankobauspardarlehen oder nicht grundpfandrechtlich gesicherter Kredit über 1.400 Euro unbefristet abgeschlossen wurde.
MCE Bank GmbH hat unter der Nummer 1009404690 darüber informiert, dass ein Blankobauspardarlehen oder nicht grundpfandrechtlich gesicherter Kredit über 27.010 Euro mit Endfälligkeit am 01.03.2027 abgeschlossen wurde.
Am 16.11.2021 hat C24 Bank GmbH mitgeteilt, dass ein Girokonto unter der Kontonummer DE...1 eröffnet wurde. Diese Information wird gespeichert, solange die Geschäftsbeziehung besteht.
Barclays Bank Ireland PLC Hamburg Branch hat unter der Nummer 0305470xxx darüber informiert, dass ein nicht grundpfandrechtlich gesicherter Kreditvertrag oder Blankobauspardarlehen mit Ratenzahlung über 10.000 Euro abgeschlossen wurde. Der Kredit ist in 72 Raten (Zahlweise: monatlich) ab dem 01.10.2021 zurückzuzahlen. Gespeichert am 21.09.2021.
Es wurde mitgeteilt, dass der vorbezeichnete Vorgang am 27.02.2023 seine Erledigung gefunden hat. Im Falle eines positiven Vertragsverlaufs wurden die vertraglichen Vereinbarungen vollständig erfüllt und das Vertragsverhältnis daher ordnungsgemäß beendet. Im Falle einer Zahlungsstörung (Abwicklungskonto) wurde die offene Forderung zum angegebenen Datum durch Zahlung ausgeglichen.“
35
Unter anderem hat der Kläger nach dem Eintrag des mit der Beklagten abgeschlossenen Telekommunikationsvertrages insgesamt vier grundpfandrechtlich nicht gesicherte Kredite erhalten, von denen einer mittlerweile erledigt ist:
1. Barclays Bank Ireland PLC Hamburg Branch: nicht grundpfandrechtlich gesicherter Kreditvertrag oder Blankobauspardarlehen über 10.000 Euro (21.09.2021); nach positivem Vertragsverlauf am 27.2.2023 erledigt).
2. MCE Bank GmbH: Blankobauspardarlehen oder nicht grundpfandrechtlich gesicherter Kredit über 27.010 Euro
3. Barclays Bank Ireland PLC Hamburg Branch: ein Blankobauspardarlehen oder nicht grundpfandrechtlich gesicherter Kredit über 1.400 Euro unbefristet
4. Barclays Bank Ireland PLC Hamburg Branch: ein nicht grundpfandrechtlich gesicherter Kreditvertrag oder Blankobauspardarlehen mit Ratenzahlung über 33.000 Euro (27.02.2023).
36
Die vom Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 20.6.2024 bei Erhalt der Kopie geschilderte Sorge, dass der Eintrag des Telekommunikationsvertrages für ihn nachteilig sei (S.2 des Protokolls vom 20.6.2024) erscheint dem Gericht hier bezogen auf die Person des Klägers vor dem Hintergrund der nach der Eintragung an den Kläger gewährten grundpfandrechtlich nicht gesicherten Kredite völlig unbegründet.
37
2. Auch der geltend gemachte Unterlassungsantrag ist nicht begründet. Es kann insoweit dahinstehen, ob ein Verstoß der Beklagten gegen die Vorschriften der DSGVO vorliegt. Selbst wenn man von einem solchen Verstoß gegen die Vorschriften der DSGVO ausgehen würde, stünde dem Kläger jedenfalls der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu.
38
Ein solcher Unterlassungsanspruch ergibt sich nicht aus der DSGVO (vgl. hierzu insbesondere Sydow/Marsch DS-GVO/BDSG/Kreße DSGVO Art. 79 Rn. 10). Insbesondere normiert Art. 17 DSGVO nach vielfach vertretener Auffassung (vgl. nur OLG Stuttgart, Urteil vom 22. November 2023, Az 4 U 20/23 Rn 576 zitiert nach juris; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 30. März 2023, Az. 16 U 22/22), welcher sich das Gericht anschließt, lediglich ein Löschungsrecht bezüglich personenbezogener Daten, jedoch keine weitergehenden Rechte bezüglich des Datenverarbeitungsvorganges an sich. Hier begehrt der Kläger von der Beklagten ein Unterlassen der Weiterleitung personenbezogener Daten; der Antrag ist nach richtiger Auffassung somit nicht vom Schutzumfang des Art.17 DSGVO umfasst.
39
Unterlassungsansprüche des nationalen Rechts, soweit dies auf Verstöße gegen Regeln zur Verarbeitung personenbezogener Daten und anderer Regelungen der DSGVO gestützt sind, finden keine Anwendung, weil die Vorschriften des DSGVO eine abschließende voll harmonisierende europäische Regelung bilden (vgl. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 30. März 2023, Az. 16 U 22/22). Eine Öffnung für Anspruchsgrundlagen des nationalen Rechts ergibt sich auch nicht aus Art. 79 Abs. 1 DSGVO. Denn dem eindeutigen Wortlaut dieser Norm ist zu entnehmen, dass sie betroffenen Personen allein das Recht auf einen „gerichtlichen Rechtsbehelf“ einräumt. Damit sind lediglich verfahrensmäßige Rechtsbehelfe gemeint, nicht aber materiell-rechtliche Ansprüche (vgl. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 30. März 2023, Az. 16 U 22/22).
40
Eine Vorlage der hiermit in Zusammenhang stehenden Rechtsfragen an den EuGH ist durch das erstinstanzliche Gericht nicht veranlasst (vgl. Art. 267 Abs. 1 AEUV).
41
3. Der geltend gemachte Antrag auf Feststellung zukünftiger Schäden ist jedenfalls nicht begründet, da künftige Schäden bei verständiger Würdigung auch nicht wenigstens entfernt möglich sind (vgl. Musielak/Voit/Foerste ZPO § 256 Rn 29). Bei verständiger Würdigung kommen hier weder zukünftige materielle noch zukünftige immaterielle Schäden in Betracht.
42
a) Materielle Schäden für die Vergangenheit hat der Kläger nicht geltend gemacht. Für die Zukunft sind materielle Schäden ausgeschlossen aufgrund der zwischenzeitlichen Löschung der von der Beklagten an die SCHUFA übermittelten Daten durch die SCHUFA. Der Vortrag der Beklagten, dass die Daten gelöscht sind, ist im Hinblick auf die Pressemitteilung der SCHUFA (Anlage B2) nicht ins Blaue hinein erfolgt. Er gilt als zugestanden (§ 138 Abs. 3 ZPO), da der Kläger diesen Vortrag in unzulässiger Weise mit Nichtwissen bestritten hat (vgl. § 138 Abs. 4 ZPO). Der Kläger hätte Informationen zur Löschung der Daten unproblematisch durch eine erneute Anforderung einer Kopie der zu seiner Person gespeicherten Daten bei der SCHUFA erlangen können. Dieser Informationsbeschaffungspflicht ist er nicht nachgekommen.
43
b) Immaterielle Schäden scheiden schon aus dem Grunde aus, da die vorgetragenen Befürchtungen angesichts der zahlreichen Folgeeinträge unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls unbegründet sind (vgl. hierzu bereits oben Ziffer 1). Hinzu kommt die zwischenzeitliche Löschung der von der Beklagten übermittelten Daten, die solche potentiellen Sorgen für die Zukunft entfallen lässt (vgl. hierzu Ziffer 3a).
44
4. Da ein Schadensersatzanspruch und ein Unterlassungsanspruch des Klägers nicht gegeben sind, steht ihm auch ein Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten außergerichtlichen Kosten nicht zu.
45
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt § 709 S. 2 ZPO.