Titel:
Erforderlichkeit einer Vollstreckungsklausel im gerichtlichen Vollstreckungsverfahren; verfahrensrechtliche Unzulässigkeit von bestimmten Anträgen
Normenketten:
VwGO § 167 Abs. 1, § 168 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1, § 171
ZPO § 888, § 891 S. 1
Leitsätze:
1. Richtet sich ein Vollstreckungsverfahren nach § 167 Abs. 1 VwGO iVm § 888 ZPO und kommt somit § 171 VwGO nicht zur Anwendung, ist eine Vollstreckungsklausel nicht entbehrlich. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ist ein im Hauptantrag gestellten Vollstreckungsantrag im Vollstreckungsverfahren durch Beschluss zu entscheiden (§ 891 S. 1 ZPO; vorliegend: Vollstreckung eines Leistungsurteils durch Festsetzung des Zwangsgeldes gem. § 167 Abs. 1 VwGO iVm § 888 ZPO), und werden daneben noch im Hilfsantrag Verpflichtungs-, Leistungs- bzw. Untätigkeitsklagen gestellt, über die im Hauptsacheverfahren durch Urteil grundsätzlich aufgrund mündlicher Verhandlung zu entscheiden ist, sind die Hilfsanträge unzulässig. Eine Verbindung dieser unterschiedlichen Prozessarten und Begehren zu einem Verfahren, über das eine Entscheidung ergeht, ist nicht zulässig. Wegen der Stellung als Hilfsantrag ist auch eine Abtrennung der Eventualanträge nicht möglich. (Rn. 53 – 54) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Zwangsvollstreckung, rechtskräftige gerichtliche Entscheidung, Zwangsgeld gegen Behörde, Vollstreckung aus Leistungsurteil, Umdeutung des Vollstreckungsantrags, fehlende Vollstreckungsklausel, hinreichende Bestimmtheit (verneint), Verwirkung (bejaht), unzulässige Eventualklagehäufung, Vollstreckung, Leistungsurteil, Zwangsgeld, Verpflichtungsklage, Leistungsklage, Untätigkeitsklage, Klagehäufung, Eventualklagehäufung, Abtrennung, Verbindung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 18330
Tenor
I. Der Antrag auf Ruhen des Verfahrens wird abgelehnt.
II. Der Hauptantrag und die Hilfsanträge werden abgelehnt.
III. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
IV. Der Streitwert wird auf 20.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller begehrt die Festsetzung eines Zwangsgeldes im Rahmen der Vollstreckung eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils. Dieses Urteil betraf die Sicherstellung der Wasserversorgung des Grundstücks Fl.Nr. …96 der Gemarkung H* …, dessen Eigentümer zum damaligen Zeitpunkt der Antragsteller war.
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1. Die Wasserversorgung des Grundstücks Fl.Nr. …96 der Gemarkung H* … erfolgt über eine Wasserleitung, welche von dem Übergabepunkt im H.-S.-W. auf dem gemeindeeigenen Grundstück Fl.Nr. …51 der Gemarkung H* … über die gemeindeeigenen Grundstücke Fl.Nrn. …49 und …92 der Gemarkung H* … hin zum im Eigentum eines Dritten stehenden Grundstück Fl.Nr. …94 der Gemarkung H* … verläuft. Von dort durchläuft die abzweigende Leitung das ebenfalls im Eigentum eines Dritten stehende Grundstück Fl.Nr. …95 der Gemarkung H* … und endet sodann auf dem streitgegenständlichen Grundstück. Auf dem Grundstück Fl.Nr. …94 der Gemarkung H* … befinden sich von der Mainfranken Netze GmbH hergestellte Wasserzähler, die eine Berechnung des Wasserverbrauchs für die einzelnen Grundstücke näherungsweise ermöglichen.
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Der Antragsteller erhob am 27. August 1987 gegen die Antragsgegnerin Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg wegen Sicherstellung der Wasserversorgung seines Grundstücks Fl.Nr. …96 der Gemarkung H* … (Az. W 2 K 90.39). Mit Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 10. April 1991 wurde die Antragsgegnerin klageantragsgemäß in Ziffer I. verpflichtet, die Wasserversorgung zum Grundstück des Antragstellers Fl.Nr. …96 der Gemarkung H* … tatsächlich und rechtlich sicherzustellen und mit der Stadtwerke W* … AG eine Vereinbarung dahin zu treffen, dass für das genannte Grundstück eine eigene Messeinrichtung geschaffen wird. In den Entscheidungsgründen wird unter anderem ausgeführt: „Die nach Einstellung der Versorgung über den seit 1912 bestehenden Anschluß erteilte Ersatzleitung ist nicht als unmittelbarer Anschluß des Grundstücks des Klägers [hier: Antragstellers] an die öffentliche Versorgungseinrichtung anzusehen. Die Leitungsführung ist auch nicht rechtlich gesichert, denn die Trasse führt ab dem Übergabeschacht auf dem Grundstück Fl.Nr. …51 über nicht der Allgemeinheit gewidmete Grundstücke der Beklagten [hier: Antragsgegnerin]. Privatrechtliche Dienstbarkeiten sind insoweit dem Kläger [hier: Antragsteller] nicht eingeräumt. […] Unter diesen Voraussetzungen ist es nicht mehr Aufgabe des Klägers [hier: Antragstellers], sich um die Sicherung der Wasserversorgung zu bemühen, sondern wird es zur Verpflichtung der Beklagten [hier: Antragsgegnerin], Sorge dafür zu tragen, daß die von ihr genehmigte Nutzung zu Wohnzwecken unter dem Gesichtspunkt der Wasserversorgung auch tatsächlich und rechtlich gesichert ist. Hieraus folgt, dass die Beklagte [hier: Antragsgegnerin] zumindest verpflichtet ist, den Teil der Leitung vom Übergabeschacht Fl.Nr. …91 bis zum Schacht auf dem Grundstück Fl.Nr. …94 in den eigenen Aufgaben- und Verantwortungsbereich zu übernehmen.“ Das Urteil wurde am 4. Juli 1991 rechtskräftig.
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Mit Vereinbarung vom 6. August 2002 einigten sich der Antragsteller einerseits sowie die Stadtwerke W* … AG andererseits darauf, dass im Hinblick auf die in der Vereinbarung vorstehend getroffenen Feststellungen zu den tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten des Grundstücks Fl.Nr. …96 der Gemarkung H* … der Antragsteller die Auffassung vertrete, dass die Wasserversorgung des Grundstücks tatsächlich und rechtlich gesichert sei. Weiter wurde vereinbart, dass sich die Stadtwerke W* … AG verpflichte, für das Grundstück Fl.Nr. …96 der Gemarkung H* … eine eigene Messeinrichtung zu schaffen, über die künftig die verbrauchten Wassermengen zu ermitteln und unmittelbar dem Antragsteller in Rechnung zu stellen seien. Schließlich bestehe zwischen den Vertragsschließenden Einigkeit darüber, dass das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 3. Juni 1991 [richtig: 10. April 1991] (Az. W 2 K 90.39) durch die vorliegende Vereinbarung seine Erledigung gefunden habe, wenn und sobald die Stadtwerke W* … AG für das Grundstück Fl.Nr. …96 der Gemarkung H* … eine eigene Messeinrichtung geschaffen habe, über die künftig der Wasserverbrauch für eben dieses Grundstück festgestellt werden könne. Weitergehende Rechte mache der Antragsteller aus dem vorbezeichneten Urteil nicht – nicht mehr – geltend.
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Mit Schreiben vom 27. Oktober 2021 führte die Mainfranken Netze GmbH, die nunmehr anstelle der Stadtwerke W* … AG zuständige Gesellschaft, gegenüber dem Antragsteller aus, dass die Vorgaben des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 10. April 1991 umgesetzt worden seien. Im März 2009 seien hierzu auf Kosten der Mainfranken Netze GmbH zwei Wasserzählerschächte zur Abrechnung der Wasserverbräuche installiert worden. Die Wasserversorgung für das Anwesen sei gegeben und der Wasserverbrauch könne auch sicher ermittelt werden.
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In einer E-Mail der Fachabteilung Bauaufsicht der Antragsgegnerin vom 8. April 2022 ist ausgeführt, dass es laut einem längeren Telefonat mit dem Antragstellerbevollmächtigten dessen eigentliches Ziel sei, dass die gemeinsame Leitung vom Übergabepunkt im H.-S.-W. [Anm.: auf Grundstück Fl.Nr. …51 der Gemarkung H* …] bis zum Grundstück Fl.Nr. …94 der Gemarkung H* … in das Versorgungsnetz der Mainfranken Netze GmbH übernommen werde, wohl damit die Unterhaltskosten von dort zu tragen seien. Man habe dem Antragstellerbevollmächtigten erklärt, dass nach Ansicht der Fachabteilung Bauaufsicht dem Urteil vom 10. April 1991 damit Rechnung getragen sei, dass die Antragsgegnerin dem betreffenden Grundstück ein Leitungsrecht über die gemeindeeigenen Grundstücke Fl.Nr. …49 und Fl.Nr. …51 der Gemarkung H* … einräume.
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Der Antragsteller hat das Grundstück Fl.Nr. …96 der Gemarkung H* … zwischenzeitlich seinem Sohn übereignet und ist daher nicht mehr im Grundbuch bzw. Liegenschaftskataster ausgewiesen.
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Eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 10. April 1991 (Az. W 2 K 90.39) liegt dem Gericht nicht vor.
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2. Mit Schreiben vom 8. Juli 2022, eingegangen bei Gericht am selben Tag, stellte der Bevollmächtigte des Antragstellers bei Gericht folgenden Antrag:
1. Zur Vornahme der im vollstreckbaren Urteil vom 10. April 1991, Az. W 2 K 90.39, niedergelegten Verpflichtung, in der es wörtlich heißt:
„Die Beklagte wird verpflichtet, die Wasserversorgung zum Grundstück des Klägers Fl.Nr. …96 der Gemarkung H* … tatsächlich und rechtlich sicherzustellen und mit den Stadtwerken W* … AG eine Vereinbarung dahin zu treffen, daß für das genannte Grundstück eine eigene Messeinrichtung geschaffen wird.“
wird der Antragsgegnerin ein der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gesetztes Zwangsgeld von bis zu 10.000 EUR angedroht, wenn diese nicht [in] einer vom Gericht zu setzenden Frist ihrer Verpflichtung aus dem Urteil nachkommt.
2. Kommt die Antragsgegnerin ihrer Verpflichtung nicht innerhalb der von dem Gericht zu setzenden Frist nach Ziff. 1 nach, ist das Zwangsgeld festzusetzen und von Amts wegen zu vollstrecken.
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Mit Schreiben vom 10. April 2024 ergänzte der Bevollmächtigte des Antragstellers seinen bisherigen Antrag um die folgenden Anträge:
1. Hilfsweise für den Fall, dass der Hauptantrag abgewiesen wird, wird die Antragsgegnerin verpflichtet, über den Anschluss des Grundstücks Fl.Nr. …96 der Gemarkung H* … an die Wasserversorgung von einem geeigneten Übergabepunkt der Beklagten im S. zum Hausanschluss auf dem oben genannten Grundstück unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
2. Hilfsweise für den Fall, dass rein tatsächliches Behördenhandeln Gegenstand des Antrages ist oder die Verpflichtungsklage unzulässig oder unbegründet sein sollte, wird die Antragsgegnerin verpflichtet, den Anschluss des Grundstücks Fl.Nr. …96 der Gemarkung H* … an die Wasserversorgung von einem geeigneten Übergabepunkt der Beklagten zum Hausanschluss auf dem oben genannten Grundstück zu gewähren.
3. Hilfsweise für den Fall, dass diese Verlegung der Leitung nicht möglich sein sollte oder die Leistungsklage unzulässig oder unbegründet sein sollte, wird die bestehende Leitung so angepasst, dass die bestehende Hauptabsperrvorrichtung auf dem Grundstück mit der Fl.Nr. …96 der Gemarkung H* … liegt.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Es werde die Vollstreckung aus dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 10. April 1991 (Az. W 2 K 90.39) beantragt. Es sei für die zugrundeliegende allgemeine Leistungsklage und wegen des Vorliegens einer planwidrigen Regelungslücke der Vollstreckungsantrag nach § 172 VwGO analog statthaft. Die Übereignung des Grundstücks stehe einer Antragstellung durch den im Titel ausgewiesenen Gläubiger nicht entgegen. Bei einer Vollstreckung nach § 172 VwGO analog sei der im Titel genannte Gläubiger neben dem Rechtsnachfolger weiterhin antragsberechtigt. Auch bei gegenteiliger Auffassung sei das Vollstreckungsverfahren nach hier zulässiger und prozessökonomischer Rubrumsberichtigung wie beantragt fortzuführen. Weiter sei der Rechtsstreit auch bei Annahme einer (notwendigen) subjektiven Klageänderung unverändert fortzusetzen. Ferner sei auch zu berücksichtigen, dass der Antragsteller zur Durchsetzung der Rechte im Zusammenhang mit dem Grundstück Fl.Nr. …96 der Gemarkung H* … durch notarielle Generalvollmacht bevollmächtigt sei. Die Antragsgegnerin sei der Verpflichtung aus dem Urteil bis heute nicht nachgekommen. Die Wasserversorgung sei zum heutigen Zeitpunkt weder tatsächlich noch rechtlich gesichert, ausschließlich der Verpflichtung zur Schaffung gesonderter Messeinrichtungen sei bisher nachgekommen worden. Dazu seien im März 2009 durch die Netzbetreiberin Mainfranken Netze GmbH zwei Wasserzählerschächte auf dem Grundstück Fl.Nr. …94 der Gemarkung H* … hergestellt worden, die eine gesonderte Ermittlung des Wasserverbrauchs der Grundstücke Fl.Nr. …94 und Fl.Nr. …96 der Gemarkung H* … ermöglichten. In Bezug auf das Eigentum an der über die gemeindeeigenen Grundstücke Fl.Nrn. …51, …49 und …92 der Gemarkung H* … laufenden Leitung werde seitens der Mainfranken Netze GmbH die Auffassung vertreten, dass es sich um eine Privatleitung handele, für welche sie keine Betriebspflichten sehe (Schreiben der Mainfranken Netze GmbH vom 1. April 2015 und vom 27. Oktober 2021). Bis dahin sei der Antragsteller aufgrund eines von ihm gegengezeichneten Vertragsangebots der Stadtwerke W* … AG vom 15. Mai 1995 aber davon ausgegangen, dass die Antragsgegnerin das Eigentum an der Leitung übernommen habe und daher die Wasserversorgung rechtlich gesichert sei. Mehrere daraufhin durch den Antragsteller angestoßene Einigungsversuche mit der Mainfranken Netze GmbH sowie der Stadt Würzburg seien ohne Erfolg geblieben. Da dem Antragsteller auch keine Rechte an der Leitung, welche das gemeindeeigene Grundstück Fl.Nr. …51 der Gemarkung H* … durchlaufe, oder an dem Grundstück Fl.Nr. …51 der Gemarkung H* … selbst eingeräumt seien, stehe fest, dass das streitgegenständliche Urteil vom 10. April 1991 nicht umgesetzt worden sei. Fakt sei, dass das Grundstück (nur) tatsächlich erschlossen sei, jedoch jegliche rechtliche Sicherung der Wasserversorgung über die bestehende Leitung fehle. Streitpunkt sei, ob die private Kundenanlage bereits am Übergabepunkt mit Wasserzähler auf dem Grundstück Fl.Nr. …51 der Gemarkung H* … beginne oder ob die Versorgungsleitung noch so lange öffentlich sei, bis sie sich auf dem Grundstück Fl.Nr. …94 der Gemarkung H* … verzweige. Nur in letzterem Fall sei der Wasseranschluss nach dem Urteil vom 10. April 1991 (Az. W 2 K 90.39) gesichert. Eine weitere Möglichkeit zur Sicherung der Wasserversorgung sei das Verlegen der Wasserleitung wie im ursprünglichen Bestand bis 1955 durch Leitungen aus dem S.-Tal. Der Antragsteller begehre den sicheren und zukunftsfähigen öffentlichen Wasseranschluss des Grundstücks Fl.Nr. …96 der Gemarkung H* … durch das Verlegen einer Zuleitung vom Übergabepunkt im S.-Tal zum Grundstück samt Setzen einer Wasseruhr durch die Mainfranken Netze GmbH. Wegen umfassender Umbaumaßnahmen bestehe dringlicher Handlungsbedarf. Das Urteil sei in Verbindung mit der derzeitigen Sach- und Rechtslage und den Urteilsgründen hinreichend bestimmt. Insbesondere bestehe auch nach der heutigen Rechtslage ein Anschlussrecht für den Antragsteller. Das Rechtsschutzbedürfnis sei durch die Vereinbarung vom 6. August 2002 nicht entfallen. Die Vereinbarung sei nicht vollständig vollzogen worden, zudem sei die Vereinbarung nicht mit der Antragsgegnerin, sondern mit der Stadtwerke W* … AG als Rechtsvorgängerin der Mainfranken Netze GmbH geschlossen worden. Der Antragsteller sei beim Unterzeichnen des Vertrages davon ausgegangen, dass die Gegenleistungen auch vollständig erfüllt worden seien und beispielsweise eine öffentliche Wasserleitung verlegt werde. Der Vorwurf des treuwidrigen Verhaltens sei ungerechtfertigt. Die Frage der Erschließung sei eine Rechtsfrage und im Rahmen des Prüfkatalogs des Art. 59 BayBO zuletzt in der Baugenehmigung des Jahres 2017 durch die Antragsgegnerin zu prüfen gewesen. Die Antragsgegnerin habe mit der positiven Entscheidung über den Bauantrag selbst eine Erklärung zur Frage der Erschließung getroffen. Eine Verjährung sei nicht eingetreten. Einerseits fänden die Verjährungsregeln bereits keine Anwendung. Andererseits sei die Verjährung bei anderer Beurteilung in Folge der Hemmung nicht eingetreten. Zudem sei die Berufung auf die Verjährung treuwidrig. Zusätzlich sei die Einrede der Verjährung ausgeschlossen, weil der (Wieder-)Erschließungsanspruch fortbestehe. Es sei daher bereits im Vollstreckungsverfahren inzident über den Anspruch des Antragstellers auf (Wieder-)Herstellung einer gesicherten Wasserversorgung zu entscheiden. Für die Begründung einer Verwirkung seien weder Zeit- noch Umstandsmoment gegeben. Die Antragsgegnerin habe mit internen Zuständigkeitsverweisen zwischen ihr und der Mainfranken Netze GmbH sowie zuletzt des Fachbereichs Immobilien die Angelegenheit immer wieder verzögert und letztlich im Sande verlaufen lassen. Es stehe auch bis heute noch eine Entscheidung der Antragsgegnerin über einen förmlichen Antrag des Antragstellers auf Wasseranschluss vom 4. Februar 2021 aus. Schon der Urteilsinhalt aus dem Wasseranschlussrecht sei typischerweise ein zeitlich dauerndes Thema, weil der Anschluss erst errichtet werden müsse. Zudem sei seit der Rechtskraft des Urteils bereits mehrfach zwischen dem Antragsteller, der Antragsgegnerin und verschiedenen Netzbetreibern verhandelt und Verträge seien entworfen oder vorbereitet worden.
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Die Antragsänderung sei als gesetzlich privilegierte stets zulässig. Zudem sei sie sachdienlich. Die Klageänderung zu einer Leistungsklage auf Verlegung einer sicheren Wasserleitung sei zulässig, weil sie im Kern das Begehren des Antragstellers auf den tenorierten Wasseranschluss stütze. Die Streitgrundlage bleibe im Wesentlichen dieselbe und die Umstellung fördere die tatsächliche Beilegung des Streits durch die zwischenzeitlich angebotene Vereinbarung. Wenn der Verlegung der Wasserleitung ein Verwaltungsakt vorangehen sollte, sei die Verpflichtungsklage aus dem ersten Hilfsantrag statthaft. Die Leistungsklage sei bei der Neuverlegung einer Leitung als schlicht-hoheitlichem Handeln statthaft.
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3. Die Antragsgegnerin beantragte mit Schreiben vom 29. September 2022, den Antrag abzulehnen.
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Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Es werde bestritten, dass der Antragsteller mehrere Einigungsversuche mit der Antragsgegnerin angestoßen habe. Der Antragsteller sei mangels Eigentums an dem Grundstück Fl.Nr. …96 der Gemarkung H* … nicht (mehr) zur Vollstreckung aus dem Titel befugt. Die Erteilung der Baugenehmigung vom 18. August 2020 sei auch auf der Grundlage der Angaben des Antragstellers als damaligem Bauherrn erfolgt, dass für das Grundstück die Erschließung auch hinsichtlich der Wasserversorgung gesichert sei. Der Antragsteller müsse sich hier den Grundsatz „venire contra factum proprium“ entgegenhalten lassen. Es sei rechtsmissbräuchlich, erst mit entsprechenden Angaben die Erteilung der Baugenehmigung zu erwirken und sodann mit gegenteiliger Aussage die Vollstreckung des Urteils vom 10. April 1991 (Az. W 2 K 90.39) zu verlangen. Das eigentlich verfolgte Ziel der Übernahme der Leitung vom Übergabepunkt im H.-S.-W. auf dem Grundstück Fl.Nr. …51 der Gemarkung H* … bis zum Grundstück Fl.Nr. …94 der Gemarkung H* … in das Versorgungsnetz der Mainfranken Netze GmbH könne mit dem vorliegenden Antrag nicht erreicht werden. Denn das Urteil vom 10. April 1991 regele nicht, wie die Wasserversorgung konkret sicherzustellen sei. Weiter sei der titulierte Anspruch aufgrund des Grundsatzes des „venire contra factum proprium“ als erfüllt anzusehen. Der Anspruch sei zudem spätestens seit dem 4. Juli 2021 und damit 30 Jahre ab Eintritt der Rechtskraft nach § 197 Nr. 4 i.V.m. § 201 Satz 1 BGB verjährt. Schließlich sei der Anspruch verwirkt. Der derzeitige Zustand bestehe seit vielen Jahren unbeanstandet. Der Antragsteller habe selbst die Sicherung der Erschließung im Baugenehmigungsverfahren behauptet und aufgrund dessen zu seinen Gunsten die Baugenehmigung vom 18. August 2020 erwirkt und mache von dieser auch Gebrauch.
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4. Mit Antrag vom 4. Juni 2024 beantragte der Antragsteller das Ruhen des Verfahrens mit Verweis auf einen bei der Mainfranken Netze GmbH anhängigen Antrag auf Erstellung eines Angebots zum Anschluss an das öffentliche Wasserversorgungsnetz sowie der stattfindenden Verhandlungen der Parteien in der Sache. Die Antragsgegnerin wurde hierzu bereits mit gerichtlichem Schreiben vom 20. März 2024 sowie nochmals mit gerichtlichem Schreiben vom 4. Juni 2024 angehört. Mit Schreiben vom 7. Juni 2024 führte die Antragsgegnerin aus, dass sie geneigt sei, ebenfalls das Ruhen zu beantragen. Die erforderliche interne Abstimmung hierzu sei jedoch noch nicht abschließend möglich gewesen. Zwar fänden keine Vergleichsgespräche über den hier eigentlich anhängigen Streitgegenstand statt. Gleichwohl scheine es nicht ausgeschlossen, dass sich im Rahmen der Prüfung des neuen Antrags als Nebeneffekt auch dafür noch eine Lösung finden könne. Eine weitere Äußerung der Antragsgegnerin erfolgte trotz zweifacher und schließlich letztmaliger Fristverlängerung nicht.
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Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten, auch diejenigen der Verfahren W 5 K 20.1264 und W 2 K 11.156, sowie auf das Protokoll über den nicht öffentlichen Erörterungstermin am 21. Februar 2024 Bezug genommen.
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Der Rechtsstreit ist entscheidungsreif. Dem Gericht liegen alle für die Entscheidung erforderlichen Grundlagen vor. Ein Ruhen des Verfahrens ist mangels Antrags der Antragsgegnerseite gemäß § 251 ZPO i.V.m. § 173 Satz 1 VwGO nicht angezeigt. In dem Schreiben vom 7. Juni 2024 ist keine solche Antragstellung zu sehen. Vielmehr kündigt die Antragsgegnerin hierin an, dass sie möglicherweise – nach noch erforderlichen internen Abstimmungen – das Ruhen des Verfahrens beantragen wird. Eine Antragstellung erfolgte dann aber nicht mehr. Auch ist es für diese Entscheidung nicht erforderlich, die Entscheidung der Antragsgegnerin über die Anträge des Antragstellers auf Wasseranschluss oder Verhandlungen hierüber abzuwarten. Denn während der Vollstreckungsantrag das Urteil vom 10. April 1991 (Az. W 2 K 90.39) und dessen Vollstreckungsvoraussetzungen zum Gegenstand hat, erfordern die Anträge auf Wasseranschluss bei der Antragsgegnerin eine Würdigung der Sach- und Rechtslage zur Wasserversorgung des Grundstücks Fl.Nr. …96 der Gemarkung H* … zum jetzigen Zeitpunkt. Schließlich wurden die Beteiligten mit gerichtlichem Schreiben vom 13. Mai 2024 auf die nun zu treffende Entscheidung mit angemessener Frist hingewiesen.
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Der Hauptantrag auf Vollstreckung der Ziffer I. des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 10. April 1991 (Az. W 2 K 90.39) hat keinen Erfolg.
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Der Hauptantrag ist als Antrag nach § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 888 ZPO zwar zulässig, aber unbegründet.
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1. Der Hauptantrag ist als Antrag nach § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 888 ZPO zulässig.
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Der Antragsteller hat ausweislich seines Antrags und der diesbezüglichen Antragsbegründung einen Vollstreckungsantrag nach § 172 VwGO analog auf Festsetzung eines Zwangsgeldes unter Fristsetzung gestellt. Die Vollstreckung des Leistungsurteils vom 10. April 1991 (Az. W 2 K 90.39) richtet sich jedoch nach § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 888 ZPO, wonach die Festsetzung des Zwangsgeldes ohne Fristsetzung erfolgt. Das Antragsbegehren wird daher in einen Vollstreckungsantrag nach § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 888 ZPO umgedeutet (vgl. BayVGH, B.v. 6.4.2009 – 7 C 09.763 – juris Rn. 13).
22
Die Vollstreckung der Ziffer I. des Urteils vom 10. April 1991 (Az. W 2 K 90.39) richtet sich nach § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 888 ZPO, weil es zwischen den Parteien unstreitig und mangels anderer Anhaltspunkte um die Vollstreckung von mit der allgemeinen Leistungsklage zu verfolgenden Handlungen geht, nämlich die tatsächliche und rechtliche Sicherstellung der Wasserversorgung des Grundstücks Fl.Nr. …96 der Gemarkung H* … sowie das Treffen einer Vereinbarung mit der Stadtwerke Würzburg AG, dass für dieses Grundstück eine eigene Messeinrichtung geschaffen wird. Die Unvertretbarkeit der Handlung folgt daraus, dass die öffentliche Wasserversorgung eine Aufgabe der Daseinsvorsorge (§ 50 Abs. 1 WHG) und eine Pflichtaufgabe der Antragsgegnerin im eigenen Wirkungskreis ist (Art. 57 Abs. 2 GO). Die Antragsgegnerin ist zudem die Alleingesellschafterin der W* … … … …GmbH, die die Tochtergesellschaft Stadtwerke W* … AG hat und hundertprozentige Anteilseignerin der Mainfranken Netze GmbH ist.
23
Dabei bestimmt sich die Vollstreckung von nicht dem Anwendungsbereich des § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO unterfallenden Leistungsurteilen nach den §§ 887 f. ZPO (vgl. BayVGH, B.v. 27.2.2017 – 22 C 16.1427 – juris Rn. 67 m.V.a BayVGH, B.v. 14.1.1999 – 8 C 98.2131 – juris Rn. 2; B.v. 2.4.2001 – 8 C 01.587 – VGH n.F. 54, 74/75; B.v. 7.3.2002 – 4 C 02.188 – BayVBl 2003, 375; B.v. 9.3.2009 – 7 C 08.3151 – juris Rn. 17 f.; B.v. 6.4.2009 – 7 C 09.763 – juris Rn. 13; siehe auch BayVGH, B.v. 3.4.2018 – 22 S 17.2080). § 172 VwGO findet nach seinem Wortlaut lediglich Anwendung auf Fälle, in denen mit dem Vollstreckungsbegehren die Verpflichtung zum Erlass eines Verwaltungsakts oder zur Neubescheidung gemäß § 113 Abs. 5 VwGO, die Rückgängigmachung von Folgen des Vollzugs eines Verwaltungsakts (§ 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO) oder in den Fällen des § 123 VwGO der in einer einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung durchgesetzt werden soll (vgl. VG Regensburg, B.v. 15.10.2020 – RO 7 V 19.1978 – juris Rn. 19; siehe zu den in der Literatur hierzu vertretenen Auffassungen Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 172 Rn. 4 f.; Schmidt-Kötters in Posser/Wolff/Decker, BeckOK VwGO, Stand: 1.1.2024, § 172 Rn. 16; Kopp/Schenke, VwGO, 22. Auflage 2022, § 172 Rn. 1 m.w.N.). Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Vorliegend weist das Vollstreckungsverfahren schließlich auch keinen mit der Verpflichtung zum Erlass oder zur Fortschreibung von Luftreinhalteplänen vergleichbaren Grad an Komplexität auf (vgl. BayVGH, B.v. 27.2.2017 – 22 C 16.1427 – juris Rn. 65 ff.), sodass § 172 VwGO auch nicht ausnahmsweise zur Anwendung kommt.
24
Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs (§ 167 Abs. 1 Satz 2 VwGO) und mithin die Kammer des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg, die durch Beschluss entscheidet (§ 891 Satz 1 ZPO). Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist freigestellt (Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, 44. Auflage 2023, § 891 Rn. 2). Auf eine solche haben die Beteiligten im Erörterungstermin am 21. Februar 2024 verzichtet, zudem ist eine solche mit Blick auf den bereits durchgeführten Erörterungstermin nicht weiter sachdienlich.
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Vor dem Hintergrund, dass der Antragsteller selbst im zu vollstreckenden Urteil vom 10. April 1991 (Az. W 2 K 90.39) genannt ist und darüber hinaus keine Vollstreckungsklausel vorliegt, hält das Gericht eine Rubrumsberichtigung oder eine subjektive Klageänderung im Hinblick auf den zwischenzeitlich erfolgten Eigentumsübergang am Grundstück Fl.Nr. …96 der Gemarkung H* … nicht für sachdienlich.
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2. Der Vollstreckungsantrag ist jedoch unbegründet, weil teilweise (im Hinblick auf die tatsächliche und rechtliche Sicherstellung der Wasserversorgung) weder die allgemeinen (2.1.) noch die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen (2.2.) vorliegen und im Übrigen (im Hinblick auf die Schaffung einer Messeinrichtung) bereits unstreitig Erfüllung eingetreten ist (2.3.).
27
2.1. Soweit der Antragsteller die Vollstreckung der Ziffer I. des Urteils vom 10. April 1991 (Az. W 2 K 90.39) im Hinblick darauf beantragt und begehrt, dass die Antragsgegnerin die Wasserversorgung zum Grundstück Fl.Nr. …96 der Gemarkung H* … tatsächlich und rechtlich sicherstellt, liegen bereits die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen nicht vor.
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Dem Gericht liegen zunächst keine Vollstreckungsklausel und damit auch keine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils vor (§ 724 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Die Vollstreckungsklausel ist auch nicht entbehrlich. Ein Fall des § 171 VwGO, wonach es in den Fällen der §§ 169, 170 Abs. 1 bis 3 VwGO einer Vollstreckungsklausel nicht bedarf, ist nicht gegeben. § 171 VwGO ist auch nicht analog anzuwenden. Dies wird zwar für das Vollstreckungsverfahren nach § 172 VwGO (analog) diskutiert (vgl. Kraft in Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 171 Rn. 4 m.w.N.; BayVGH, B.v. 12.7.2007 – 11 C 06.868, BeckRS 2007, 30073). Das hiesige Vollstreckungsverfahren richtet sich aber nach § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 888 ZPO (s. oben unter 1.), sodass § 171 VwGO auch nach den Befürwortern dieser Ansicht nicht zur Anwendung gelangt.
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Im streitgegenständlichen Fall kommt hinzu, dass die Antragsgegnerin das Fehlen der Vollstreckungsklausel beanstandet hat und vorträgt, dass der Antragsteller mangels Eigentums an dem Grundstück Fl.Nr. …96 der Gemarkung H* … nicht (mehr) zur Vollstreckung aus dem Titel befugt sei. Tatsächlich ist das Eigentum an dem Grundstück zwischenzeitlich unstreitig auf den Sohn des Antragstellers übergangen. Der Antragsteller ist daher nicht mehr im Grundbuch bzw. Liegenschaftskataster für dieses Grundstück ausgewiesen, während das Urteil vom 10. April 1991 (Az. W 2 K 90.39) weiterhin auf ihn lautet. Es ist somit eine Klauselumschreibung gemäß § 727 Abs. 1 ZPO erforderlich, weil für eine andere, im Vollstreckungstitel nicht genannte Person vollstreckt werden soll (vgl. zu alledem auch BayVGH, B.v. 12.7.2007 – 11 C 06.868, BeckRS 2007, 30073).
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Es ist schließlich auch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Vollstreckungsklausel der Antragsgegnerin zugestellt wurde (§ 750 Abs. 2 ZPO).
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Weiter liegt auch kein hinreichend bestimmter und damit vollstreckbarer Titel vor.
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Hierzu ist zunächst auszuführen, dass auch der Vollstreckungsantrag inhaltlich bestimmt sein muss und darin die zu vollstreckende Handlung bestimmt oder doch wenigstens bestimmbar bezeichnet sein muss (Stürner in Vorwerk/Wolf, BeckOK ZPO, Stand: 1.3.2024, § 888 Rn. 13). Auf die Frage, auf welche konkrete Handlung der Vollstreckungsantrag gerichtet sei, erklärte der Antragsteller im Rahmen des Erörterungstermins am 21. Februar 2024, die Stadt solle in Verhandlungen eintreten, um die öffentlich-rechtliche Sicherung der Leitung sicherzustellen; dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass auf Seiten der Antragsgegnerin kein konkreter Ansprechpartner vorhanden sei. Der Antragstellerbevollmächtigte gab zur Konkretisierung des Antrages darüber hinaus an, dass die bestehende Leitung so angepasst werden solle, dass die bestehende Hauptabsperrvorrichtung auf dem Grundstück Fl.Nr. …96 die Bedingungen einer öffentlichen Wasserversorgung erfülle. Alternativ solle eine Neuverlegung der Wasserzuleitung vom Übergabepunkt im S.-Tal aus erfolgen. Damit lässt sich bereits weder dem Vollstreckungsantrag im Schriftsatz vom 8. Juli 2022 noch den Ausführungen der Antragstellerseite im Rahmen des Erörterungstermins eine bestimmte oder bestimmbare zu vollstreckende Handlung entnehmen. Dabei wurden die Beteiligten mit gerichtlichem Schreiben vom 16. Januar 2024 auf die Zweifel an der Bestimmtheit und Vollstreckbarkeit des Urteils vom 10. April 1991 (Az. W 2 K 90.39) hingewiesen.
34
Zudem muss der zu vollstreckende Titel hinreichend bestimmt sein. Das Erfordernis der Bestimmtheit bedingt, dass sich aus einem Titel, der eine Handlungsverpflichtung begründet, selbst der Inhalt der Handlung, die gegebenenfalls erzwungen werden soll, eindeutig ergeben muss. Gegebenenfalls ist der Vollstreckungstitel auszulegen (Stürner in Vorwerk/Wolf, BeckOK ZPO, Stand: 1.3.2024, § 888 Rn. 15 m.w.N.). Umstände, die außerhalb des Titels liegen, sind bei der Auslegung wegen der Formalisierung des Vollstreckungsverfahrens allerdings grundsätzlich nicht zu berücksichtigen (Stürner in Vorwerk/Wolf, BeckOK ZPO, Stand: 1.3.2024, § 888 Rn. 13). Maßgebend für die Bestimmtheit ist bei gerichtlichen Entscheidungen in erster Linie der Tenor; ergänzend sind die Entscheidungsgründe zur Auslegung heranzuziehen (Kraft in Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 167 Rn. 8a).
35
Ziffer I. des Urteils vom 10. April 1991 (Az. W 2 K 90.39) lautet auf die Verpflichtung der Antragsgegnerin, die Wasserversorgung zum Grundstück des Antragstellers Fl.Nr. …96 der Gemarkung H* … tatsächlich und rechtlich sicherzustellen. Wie dies genau zu erfolgen hat bzw. eine oder mehrere bestimmte oder bestimmbare Handlungen, zu denen die Antragsgegnerin hierdurch konkret verpflichtet wird, ergeben sich hieraus nicht.
36
Auch bei einer zur Auslegung ergänzenden Heranziehung der Entscheidungsgründe ergibt sich keine hinreichend bestimmte oder bestimmbare Handlung, zu der die Antragsgegnerin konkret verpflichtet wird. In den Entscheidungsgründen wird unter anderem ausgeführt: „Die nach Einstellung der Versorgung über den seit 1912 bestehenden Anschluß erteilte Ersatzleitung ist nicht als unmittelbarer Anschluß des Grundstücks des Klägers [hier: Antragstellers] an die öffentliche Versorgungseinrichtung anzusehen. Die Leitungsführung ist auch nicht rechtlich gesichert, denn die Trasse führt ab dem Übergabeschacht auf dem Grundstück Fl.Nr. …51 über nicht der Allgemeinheit gewidmete Grundstücke der Beklagten [hier: Antragsgegnerin]. Privatrechtliche Dienstbarkeiten sind insoweit dem Kläger [hier: Antragsteller] nicht eingeräumt. […] Unter diesen Voraussetzungen ist es nicht mehr Aufgabe des Klägers [hier: Antragstellers], sich um die Sicherung der Wasserversorgung zu bemühen, sondern wird es zur Verpflichtung der Beklagten [hier: Antragsgegnerin], Sorge dafür zu tragen, daß die von ihr genehmigte Nutzung zu Wohnzwecken unter dem Gesichtspunkt der Wasserversorgung auch tatsächlich und rechtlich gesichert ist. Hieraus folgt, dass die Beklagte [hier: Antragsgegnerin] zumindest verpflichtet ist, den Teil der Leitung vom Übergabeschacht Fl.Nr. …91 bis zum Schacht auf dem Grundstück Fl.Nr. …94 in den eigenen Aufgaben- und Verantwortungsbereich zu übernehmen.“
37
So ergibt sich einerseits nicht konkret, ob die rechtliche Sicherstellung der Wasserversorgung des betreffenden Grundstücks über eine Widmung der Grundstücke der Antragsgegnerin für die Allgemeinheit oder über die Einräumung privatrechtlicher Dienstbarkeiten herzustellen ist oder die rechtliche Sicherstellung der Wasserversorgung im Hinblick auf die Übernahme des Teils der Leitung vom Übergabeschacht Fl.Nr. …91 bis zum Schacht auf dem Grundstück Fl.Nr. …94 in den eigenen Aufgaben- und Verantwortungsbereich gänzlich hinfällig ist. Andererseits ergibt sich aber auch aus der Verpflichtung „zumindest“ der Übernahme des Teils der Leitung vom Übergabeschacht Fl.Nr. …91 bis zum Schacht auf dem Grundstück Fl.Nr. …94 in den eigenen Aufgaben- und Verantwortungsbereich der Antragsgegnerin keine hinreichend bestimmte oder bestimmbare Handlung, die vollstreckbar wäre. So ist insbesondere nicht klar, in welcher konkreten Form und mit welchen Konsequenzen eine solche Übernahme stattfinden soll und ob dem Antragsteller darüber hinaus bzw. alternativ noch etwas anderes zugesprochen werden sollte.
38
Die nicht hinreichende Bestimmtheit des vorliegenden Titels wird schließlich auch dadurch ersichtlich, dass der Antragstellerbevollmächtigte in seinen Schriftsätzen teilweise davon ausgeht, dass die Wasserversorgung bis „zum heutigen Zeitpunkt weder tatsächlich noch rechtlich gesichert“ sei (Schriftsatz vom 8.7.2022, S. 3). Teilweise nimmt er demgegenüber an, dass Fakt sei, „dass das Grundstück (nur) tatsächlich erschlossen“ sei, „jedoch jegliche rechtliche Sicherung der Wasserversorgung über die bestehende Leitung“ fehle (Schriftsatz vom 3.2.2023, S. 12). Weiter äußerte der Antragstellerbevollmächtigte laut E-Mail der Fachabteilung Bauaufsicht der Antragsgegnerin vom 8. April 2022 gegenüber der Antragsgegnerin, dass es eigentliches Ziel sei, dass die gemeinsame Leitung vom Übergabepunkt im H.-S.-W. [Anm.: auf Grundstück Fl.Nr. …51 der Gemarkung H* …] bis zum Grundstück Fl.Nr. …94 der Gemarkung H* … in das Versorgungsnetz der Mainfranken Netze GmbH übernommen werde, wohl damit die Unterhaltungskosten von dort zu tragen seien. In seinem Schriftsatz vom 30. Januar 2024 führt der Antragstellerbevollmächtigte zudem aus, eine weitere Möglichkeit zur Sicherung der Wasserversorgung sei das Verlegen der Wasserleitung wie im ursprünglichen Bestand bis 1955 durch Leitungen aus dem S.-Tal. Der Antragsteller begehre den sicheren und zukunftsfähigen öffentlichen Wasseranschluss des Grundstücks Fl.Nr. …96 der Gemarkung H* … durch das Verlegen einer Zuleitung vom Übergabepunkt im S.-Tal zum Grundstück samt Setzen einer Wasseruhr durch die Mainfranken Netze GmbH. Auf die fehlende Konkretisierung des Vollstreckungsantrags durch die Antragstellerseite im Rahmen des Erörterungstermins am 21. Februar 2021 wird verwiesen (s. oben). Die Antragsgegnerin geht demgegenüber von dem Vorliegen einer tatsächlichen Sicherstellung der Wasserversorgung aus. Hinsichtlich der rechtlichen Sicherstellung wisse sie das nicht. Von Seiten der Antragsgegnerin seien mit dem Antragsteller Verhandlungen hinsichtlich der dinglichen Sicherung auf den städtischen Grundstücken geführt worden. Allerdings seien diese im Sand verlaufen (vgl. Protokoll über den Erörterungstermin am 21. Februar 2024).
39
Diese aufgeworfenen Fragestellungen lassen sich weder anhand des Tenors der Ziffer I. des Urteils vom 10. April 1991 (Az. W 2 K 90.39) noch unter ergänzender Heranziehung der Entscheidungsgründe beantworten, weil sich hieraus keine bestimmte oder bestimmbare und damit vollstreckbare Handlungsverpflichtung ergibt.
40
2.2. Selbst wenn man davon ausginge, dass der Vollstreckungstitel hinreichend bestimmt sei, liegen aber auch die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen nicht vor, soweit der Antragsteller die Vollstreckung der Ziffer I. des Urteils vom 10. April 1991 (Az. W 2 K 90.39) im Hinblick darauf beantragt und begehrt, dass die Antragsgegnerin die Wasserversorgung zum Grundstück Fl.Nr. …96 der Gemarkung H* … tatsächlich und rechtlich sicherstellt.
41
Denn der Antragssteller hat etwaige in Ziffer I. des Urteils vom 10. April 1991 (Az. W 2 K 90.39) zugesprochene und über die Herstellung einer eigenen Messeinrichtung für das Grundstück Fl.Nr. …96 der Gemarkung H* … hinausgehende Ansprüche verwirkt. Die Rechtsfigur der Verwirkung gilt dabei für sämtliche materiellen und verfahrensrechtlichen Rechte (vgl. BayVGH, B.v. 6.4.2009 – 7 C 09.763 – juris Rn. 17 m.V.a. BVerwG, B.v. 26.5.1999 – 6 B 75/98 – juris).
42
Mit Vereinbarung vom 6. August 2002 einigten sich der Antragsteller einerseits sowie die Stadtwerke W* … AG andererseits darauf, dass im Hinblick auf die in der Vereinbarung getroffenen Feststellungen zu den tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten des Grundstücks Fl.Nr. …96 der Gemarkung H* … und der weiteren betroffenen Grundstücke der Antragsteller die Auffassung vertrete, dass die Wasserversorgung des Grundstücks tatsächlich und rechtlich gesichert sei. Dabei wird in der Vereinbarung einerseits auf die Lage der betroffenen Grundstücke und die Eigentumsverhältnisse an diesen sowie andererseits auf die tatsächlichen Umstände der Wasserleitungsführung und die Tatsache eingegangen, dass die Grundstücke Fl.Nrn. …95 und …94 der Gemarkung H* … jeweils zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Grundstücks Fl.Nr. …96 der Gemarkung H* … mit einem Wasserleitungsrecht belastet sind. Nicht Gegenstand dieser Vereinbarung ist demgegenüber, dass es sich bei dem Teil der Leitung vom Übergabeschacht Fl.Nr. …91 der Gemarkung H* … bis zum Schacht auf dem Grundstück Fl.Nr. …94 der Gemarkung H* … um eine öffentliche Leitung handele, dass die Stadtwerke W* … AG diesen in ihr Versorgungsnetz übernehme oder für dessen Unterhaltungslast aufkomme. Soweit der Antragsteller vorträgt, er sei bis zu einem Wasserrohrbruch in den Jahren 2014 oder 2015 und damit auch bei Abschluss der Vereinbarung vom 6. August 2002 dem Irrtum unterlegen, dass es sich bei diesem Leitungsteil um eine öffentliche Leitung handele, ist dies für die heutige Bewertung der Rechtslage nicht (mehr) von Relevanz. Dabei hat das vom Antragsteller genannte Vertragsangebot der Stadtwerke W* … AG vom 15. Mai 1995, weil es nicht von allen Vertragsparteien unterzeichnet wurde, keine Rechtsverbindlichkeit erlangt.
43
Weiter wurde vereinbart, dass sich die Stadtwerke W* … AG verpflichte, für das Grundstück Fl.Nr. …96 der Gemarkung H* … eine eigene Messeinrichtung zu schaffen, über die künftig die verbrauchten Wassermengen zu ermitteln und unmittelbar dem Antragsteller in Rechnung zu stellen seien. Schließlich bestehe zwischen den Vertragsschließenden Einigkeit darüber, dass das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 3. Juni 1991 [richtig: 10. April 1991] (Az. W 2 K 90.39) durch die vorliegende Vereinbarung seine Erledigung gefunden habe, wenn und sobald die Stadtwerke W* … AG für das Grundstück Fl.Nr. …96 der Gemarkung H* … eine eigene Messeinrichtung geschaffen habe, über die künftig der Wasserverbrauch für eben dieses Grundstück festgestellt werden könne. Weitergehende Rechte mache der Antragsteller aus dem vorbezeichneten Urteil nicht – nicht mehr – geltend.
44
Die Vereinbarung diente offensichtlich dem Zweck, das Urteil vom 10. April 1991 (Az. W 2 K 90.39) zu konkretisieren und umzusetzen. Dabei ist das Gericht der Überzeugung, dass die Stadtwerke W* … AG im Namen der Antragsgegnerin tätig geworden ist, um deren Verpflichtungen aus dem Urteil zu erfüllen. Das ergibt sich einerseits aus der Stellung der Stadtwerke W* … AG als damalige Verantwortliche für das Versorgungsnetz und andererseits aus der mehrmaligen Bezugnahme auf eben dieses Urteil in der Vereinbarung. Weiter ist die Erfüllung der Verpflichtung zur Schaffung einer eigenen Messeinrichtung für das Grundstück Fl.Nr. …96 der Gemarkung H* …, über die künftig die verbrauchten Wassermengen zu ermitteln und unmittelbar dem Antragsteller in Rechnung zu stellen sind, zwischen den Beteiligten unstreitig eingetreten. Damit besteht zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerseite Einigkeit darüber, dass das Urteil vom 10. April 1991 (Az. W 2 K 90.39) seine Erledigung gefunden hat und der Antragsteller weitergehende Rechte aus dem vorbezeichneten Urteil nicht – nicht mehr – geltend macht.
45
Hinzu kommt, dass seit dem Urteil vom 10. April 1991 (Az. W 2 K 90.39) bis zur Vollstreckungsantragserhebung am 8. Juli 2022 knapp 31 Jahre und seit der Vereinbarung vom 6. August 2002 bis zur Vollstreckungsantragserhebung knapp 20 Jahre vergangen sind. Dafür, dass die Antragsgegnerin über diesen gesamten Zeitraum oder über einen relevanten Teil dieses Zeitraums mit internen Zuständigkeitsverweisen zwischen ihr und der Mainfranken Netze GmbH sowie zuletzt des Fachbereichs Immobilien die Angelegenheit immer wieder in hier rechtserheblicher Weise verzögert hat, liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte vor. Dies gilt vor allem auch vor dem Hintergrund, dass für die Vollstreckungsantragserhebung eine Mitwirkung der Antragsgegnerin nicht erforderlich ist.
46
Aufgrund dieser erheblichen Zeit- und Umstandsmomente sind etwaige in Ziffer I. des Urteils vom 10. April 1991 (Az. W 2 K 90.39) zugesprochene und über die Herstellung einer eigenen Messeinrichtung für das Grundstück Fl.Nr. …96 der Gemarkung H* … hinausgehende Ansprüche verwirkt.
47
Der Vollstreckungsantrag ist daher im Hinblick auf die tatsächliche und rechtliche Sicherstellung der Wasserversorgung abzulehnen.
48
2.3. Soweit der Antragsteller die Vollstreckung der Ziffer I. des Urteils vom 10. April 1991 (Az. W 2 K 90.39) im Hinblick darauf beantragt und begehrt, dass die Antragsgegnerin mit der Stadtwerke W* … AG bzw. nunmehr mit den Mainfranken Netze GmbH eine Vereinbarung dahin zu treffen hat, dass für das Grundstück Fl.Nr. …96 der Gemarkung H* … eine eigene Messeinrichtung geschaffen wird, bleibt dieses Begehren erfolglos.
49
Zunächst ist darauf hinzuwiesen, dass auch insoweit die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen, namentlich die Vollstreckungsklausel und die Zustellung dieser, nicht vorliegen (s. oben unter 2.2.1).
50
Weiter wurde eine Messeinrichtung, die eine Berechnung des Wasserverbrauchs für das Grundstück Fl.Nr. …96 der Gemarkung H* … ermöglicht, zwischen den Parteien unstreitig im März 2009 durch die Netzbetreiberin Mainfranken Netze GmbH auf dem Grundstück Fl.Nr. …94 der Gemarkung H* … hergestellt. Diesbezüglich hat der Antragsteller im Erörterungstermin am 21. Februar 2024 auch ausgeführt, dass hinsichtlich der Schaffung der Messeinrichtung nichts mehr offen sei, dass diese auf dem Grundstück Fl.Nr. …94 der Gemarkung H* … errichtet worden sei und dass das insoweit in Ordnung sei.
51
Eine Vollstreckung der Ziffer I. des Urteils vom 10. April 1991 (Az. W 2 K 90.39) kommt damit auch diesbezüglich wegen der bereits unstreitig eingetretenen Erfüllung nicht in Betracht.
52
3. Die erhobenen Hilfsanträge im Schriftsatz vom 10. April 2024 sind bereits unzulässig und daher abzulehnen.
53
Während über den im Hauptantrag gestellten Vollstreckungsantrag im Vollstreckungsverfahren durch Beschluss zu entscheiden ist (§ 891 Satz 1 ZPO), ist über die im Hilfsantrag gestellten Verpflichtungs-, Leistungs- bzw. Untätigkeitsklagen im Hauptsacheverfahren durch Urteil grundsätzlich aufgrund mündlicher Verhandlung zu entscheiden. Eine Verbindung dieser unterschiedlichen Prozessarten und Begehren zu einem Verfahren, über das eine Entscheidung ergeht, ist nicht zulässig.
54
Der Antragstellerbevollmächtigte hat in seinem Schriftsatz vom 10. April 2024 den formulierten Hilfsanträgen nach explizit Verpflichtungs- und Leistungsklagen bzw. Untätigkeitsklagen erhoben. Einer hiervon abweichenden Auslegung entgegen dem klaren Wortlaut sind die gestellten Hilfsanträge nicht zugänglich. Denn einerseits verbietet § 88 VwGO es dem Gericht, mehr oder etwas anderes („aliud“) zuzusprechen, als der Antragsteller begehrt, ebenso verboten ist, hinter dem Antragsbegehren zurückzubleiben, also Teile des erhobenen Antrags als nicht erhoben zu behandeln (Wöckel in Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 88 Rn. 6 m.V.a. BVerwGE 158, 296 Rn. 7 und BVerwG NVwZ 1993, 62). Antragsbegehren ist dabei das Rechtsschutzziel (BVerwGE 60, 144,149; NVwZ 1993, 62), wie es der Antragsteller mit dem Antrag bezeichnen muss, § 82 Abs. 1 Satz 1 (Wöckel in Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 88 Rn. 7). Dementsprechend kann sich das Gericht auch nicht mittels Auslegung über den explizit und mehrfach in seinem Schriftsatz vom 10. April 2024 geäußerten Willen des Antragstellerbevollmächtigten hinwegsetzen, den Haupt- und die Hilfsanträge in Form der Eventualklagehäufung miteinander zu verbinden. Einer Abtrennung der Hilfsanträge und Fortführung im Rahmen eines selbstständigen Klageverfahrens steht schließlich die dann für die Hilfsanträge entstehende und unzulässige außerprozessuale Bedingung der Ablehnung des Vollstreckungsantrags entgegen.
55
Dass der Antragstellerbevollmächtigte hingegen an anderer Stelle im Schriftsatz vom 10. April 2024 ausführt „Die Klageänderung vom Vollstreckungsantrag nach § 172 VwGO zu einer Leistungsklage nach auf Verlegung einer sicheren Wasserleitung ist nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO zulässig.“, wertet das Gericht demgegenüber als missverständliche Ausdrucksweise, die an den dem Wortlaut nach gestellten Hilfsanträgen zusätzlich zum Hauptantrag im Vollstreckungsverfahren nichts ändert.
56
Schließlich stehen der Vollstreckungsantrag im Hauptantrag und die im Hilfsantrag gestellten Verpflichtungs-, Leistungs- bzw. Untätigkeitsklagen auch nicht gemäß § 44 VwGO analog im Zusammenhang. Denn während der Vollstreckungsantrag im Hauptantrag das Urteil vom 10. April 1991 (Az. W 2 K 90.39) und dessen Vollstreckungsvoraussetzungen zum Gegenstand hat, erfordern die im Hilfsantrag gestellten Verpflichtungs-, Leistungs- bzw. Untätigkeitsklagen eine Würdigung der Sach- und Rechtslage zur Wasserversorgung des Grundstücks Fl.Nr. …96 der Gemarkung H* … zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
57
Da die Verbindung aller erhobenen Hilfsanträge mit dem Vollstreckungsantrag im Hauptantrag demgemäß bereits unzulässig ist und eine Abtrennung der Hilfsanträge nicht in Betracht kommt, sind alle Hilfsanträge als unzulässig abzulehnen. Hierauf wurde der Antragstellerbevollmächtigte mit gerichtlichem Schreiben vom 13. Mai 2024 auch hingewiesen.
58
Damit sind die Anträge des Antragstellers auch insgesamt abzulehnen.
59
4. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO (Kraft in Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 167 Rn. 7).
60
5. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 und 2, § 45 Abs. 1 Satz 2 und 3 GKG in Verbindung mit Ziffern 1.7.1 und 1.1.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327). Für den Vollstreckungsantrag im Hauptantrag wird ein Streitwert von 10.000 EUR festgesetzt, der sich nach der Höhe des beantragten Zwangsgeldes richtet. Für die Hilfsanträge zu 1. und 2., die jeweils denselben Gegenstand bestreffen, wird ein Streitwert von 5.000 EUR und für den Hilfsantrag zu 3. wird ein Streitwert von 5.000 EUR festgesetzt.