Titel:
Erfolgloser Eilantrag eines Iraners gegen Ablehnung seines Asylantrags als offensichtlich unbegründet
Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
AsylG § 30 Abs. 1 Nr. 1, § 34 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, Nr. 5, § 36 Abs. 3, Abs. 4 S. 1
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7, § 60a Abs. 2c
Leitsätze:
1. Bei der gerichtlichen Überprüfung der Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unbegründet ist für das Eilverfahren erschöpfend zu untersuchen, ob das Bundesamt aufgrund einer umfassenden Würdigung der ihm vorgetragenen oder sonst erkennbaren maßgeblichen Umstände unter Ausschöpfung aller ihm vorliegenden Erkenntnismittel entschieden und in der Entscheidung klar zu erkennen gegeben hat, weshalb der Antrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden ist, sowie, ob die Ablehnung als offensichtlich unbegründet auch weiterhin Bestand haben kann. Ferner darf die Verneinung relevanter inlandsbezogener Abschiebungshindernisse nach § 34 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 oder Nr. 5 AsylG keinen ernstlichen Zweifeln unterliegen (BVerfG BeckRS 2019, 2694). (Rn. 16) (red. LS Clemens Kurzidem)
2. Bei einem offensichtlich unbegründeten Asylantrag ist die Prüfung des Vorbringens entbehrlich, wenn der Asylantragsteller angibt, er habe sein Herkunftsland aus rein wirtschaftlichen Erwägungen verlassen, für bessere Bildungschancen, um in Deutschland mit weiteren Familienmitgliedern vereint zu sein oder aufgrund von Schwierigkeiten, die nicht die Schwelle von Verfolgungshandlungen überschreitet (VG Hannover BeckRS 2024, 14035). (Rn. 20) (red. LS Clemens Kurzidem)
3. Nach der aktuellen Erkenntnislage ist die Grundversorgung im Iran gewährleistet. Dazu trägt neben staatlichen Hilfen auch ein enger Familienzusammenhalt sowie das islamische Spendensystem bei. (Rn. 24) (red. LS Clemens Kurzidem)
4. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis kann sich aus der Krankheit eines Ausländers ergeben, wenn diese sich im Heimatstaat verschlimmert, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind. Eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein im Zielstaat zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist. (Rn. 31) (red. LS Clemens Kurzidem)
5. Bei einer Fiktionsbescheinigung handelt es sich um keinen nach § 34 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 AsylG relevanten Aufenthaltstitel, weil gesetzlich fingierte vorläufige Aufenthaltsrechte nach § 81 Abs. 3 und Abs. 4 AufenthG nicht dem förmlichen Besitz eines schon erteilten Aufenthaltstitels gleichgestellt sind. (Rn. 42) (red. LS Clemens Kurzidem)
Schlagworte:
Iran, Sofortantrag, 18-jähriger Iraner, geboren und aufgewachsen in Kuwait, rudimentäre Persischkenntnisse, langjähriger Aufenthalt bei Mutter in Kuwait, 2022 Familienzusammenführung mit Vater in Deutschland, Ablehnung des Asylantrages als offensichtlich unbegründet, keine ernstlichen Zweifel an Rechtmäßigkeit, vorgebrachte Umstände für Zuerkennung internationalen Schutzes ohne Belang, nur wirtschaftliche und soziale Gründe, Sicherstellung des Existenzminimums im Iran gewährleistet, Großfamilie im Iran, Unterstützungsmöglichkeit durch Familienmitglieder in In- und Ausland, Gesundheitsversorgung gewährleistet, zurückliegende Krebserkrankung, mittelgradige Depression, keine relevanten inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse aufgrund familiärer Bindungen, Fiktionsbescheinigung kein der Abschiebungsandrohung entgegenstehender Aufenthaltstitel, iranischer Staatsangehöriger, offensichtlich unbegründeter Asylantrag, wirtschaftliche Fluchtgründe, Grundversorgung, islamisches Spendensystem, inlandsbezogene Abschiebungshindernisse, Erkrankung, Behandlungsmöglichkeiten im Iran, Fiktionsbescheinigung, vorläufiger Rechtsschutz
Fundstelle:
BeckRS 2024, 18329
Tenor
I. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
1
Der Antragsteller wendet sich gegen den Sofortvollzug der Androhung der Abschiebung in den Iran infolge der Ablehnung seines Asylantrages als offensichtlich unbegründet.
2
Der Antragsteller ist ein 18-jähriger iranischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben am 7. Juli 2022 im Wege der Familienzusammenführung aus Kuwait nach Deutschland zu seinem Vater ein und stellte am 31. August 2023 einen Asylantrag.
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Zur Begründung des Asylantrages gab er im Wesentlichen an: Er sei in Kuwait geboren und habe dort mit seiner Mutter gelebt. Er sei dort bis zur 10. Klasse in die Schule gegangen. Im Iran habe er nie gelebt. Drei Mal sei er besuchsweise mit seiner Mutter im Iran gewesen. Im Iran lebe seine Großfamilie. Seine Mutter habe ihn in die Bundesrepublik Deutschland geschickt, damit er dort eine Ausbildung beginnen und arbeiten könne. Nach einer Rückkehr in den Iran befürchte er, dass seine Zukunft ruiniert werde. Iran sei kein guter Platz zum Leben. Sein Persisch sei nicht wirklich gut. In Deutschland lebten sein Vater und sein Bruder. In Kuwait sei er 2016 an Leukämie erkrankt und behandelt worden. Er leide an Depressionen. Er müsse täglich Sertralin einnehmen.
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Mit Bescheid vom 7. Juni 2024 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1), den Antrag auf Asylanerkennung (Nr. 2) und den Antrag auf subsidiären Schutz (Nr. 3) als offensichtlich unbegründet ab. Weiter stellte es fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4). Der Antragsteller wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen. Die Abschiebung in den Iran bzw. in einen anderen Staat wurde angeordnet. Die Vollziehung der Abschiebungsandrohung und der Lauf der Ausreisefrist wurden bis zum Ablauf der einwöchigen Klagefrist und, im Falle einer fristgerechten Stellung eines Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage, bis zur Bekanntgabe der Ablehnung des Eilantrags durch das Verwaltungsgericht ausgesetzt (Nr. 5). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde angeordnet und auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6).
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Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Eine dem Antragsteller bei Rückkehr in den Iran mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohende Verfolgung im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylG habe dieser weder vorgetragen, noch sei dies sonst ersichtlich. Familienflüchtlingsschutz komme nicht in Betracht, da er zum Zeitpunkt seiner Asylantragstellung bereits volljährig gewesen sei. Ebenso lägen auch die Voraussetzungen eines subsidiären Schutzstatus nicht vor. Aufgrund der erkennbar fehlenden asylrechtlichen Relevanz der vom Antragsteller allgemein geäußerten Zukunftsangst aufgrund eines Lebens im Iran werde der Asylantrag zudem als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 1 AsylG sei ein unbegründeter Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn der Ausländer im Asylverfahren nur Umstände vorgebracht habe, die für die Prüfung des Asylantrags nicht von Belang seien. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. In Betracht käme § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK. Dem Antragsteller drohe keine durch staatliche oder nichtstaatliche Akteure verursachte unmenschliche oder erniedrigende Behandlung. Schlechte humanitäre Verhältnisse könnten nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bewertet werden. Die derzeitigen Bedingungen führten nicht zu einer solchen Annahme. Das Auswärtige Amt gehe davon aus, dass die Grundversorgung im Iran gesichert sei, wozu neben staatlichen Hilfen auch ein enger Familienzusammenhalt sowie das islamische Spendensystem beitrügen. Zudem existierten soziale Absicherungsmechanismen, wie Armenstiftungen sowie Heime und Hilfen auch für Bedürftige, auch durch Wohlfahrtsorganisationen, Moscheen, religiösen Stiftungen, Armenstiftungen und Nichtregierungsorganisationen. Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller bei einer Rückkehr nicht imstande sein werde, das Existenzminimum zu erwirtschaften, seien aufgrund der dargestellten Gegebenheiten im Iran nicht ersichtlich. Dabei sei er insbesondere, gegebenenfalls übergangsweise und/oder ergänzend, auf seine Arbeitskraft sowie die familiäre Unterstützung, wenn auch aus dem Ausland und notfalls auf die vorhandenen sozialen Absicherungsmaßnahmen zu verweisen. Auch etwaige Einschränkungen im Gebrauch der Landessprache könne der junge Antragsteller im Alltagsleben im Iran zügig überwinden. Damit stelle sich seine Situation nicht als außergewöhnlicher Einzelfall dar, der zu einer umgehenden Verelendung im Land führen würde. Eine Verletzung des Art. 3 EMRK liege nicht schon vor, wenn Versorgungsleistungen, die im abschiebenden Staat Deutschland gewährt würden, im Zielstaat der Abschiebung, im Iran, nicht zur Verfügung stünden und sich der Lebensstandard deswegen etwa deutlich verschlechtere. Dem Antragsteller drohe auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 AufenthG führen würde. Eine erhebliche Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sei nicht gegeben, da es sich bei der dem Antragsteller attestierten mittelgradigen depressiven Episode nicht um eine lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankung handele. Unabhängig davon existierten im Iran diverse Behandlungsmöglichkeiten für derartige Erkrankungen. Inlandsbezogene Abschiebungshindernisse im Sinne von Art. 5 Halbsatz 1 Buchstabe 1 a) und/oder b) der RL 2008/115/EG könnten nicht festgestellt werden. Ferner lägen im Zeitpunkt der Asylentscheidung keine Anhaltspunkte zum Gesundheitszustand des Antragstellers vor, die dem Erlass einer Abschiebungsandrohung entgegenstehen würden, weil bei einer künftigen Vollstreckung der Rückkehrverpflichtung die Realisierung einer unmenschlichen Behandlung bzw. einer Suizidgefährdung drohen könnte. Gemäß § 43 Abs. 3 Satz 1 AsylG entscheide die Ausländerbehörde über die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung zur Ermöglichung einer gemeinsamen Ausreise zusammen mit Familienangehörigen. Auch für weitere aufenthaltsrechtliche Maßnahmen sei die Ausländerbehörde zuständig.
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Am 18. Juni 2024 ließ der Antragsteller im Verfahren W 8 K 24.30986 Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid erheben und im vorliegenden Sofortverfahren b e a n t r a g e n:
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung im Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge gegen anzuordnen.
7
Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Der angefochtene Bescheid sei offensichtlich rechtswidrig. Aus der Rückkehrverpflichtung ergebe sich eine erhebliche Beeinträchtigung der schutzwürdigen Belange des Antragstellers. Der Antragsteller sei iranischer Staatsangehöriger, habe jedoch ganz überwiegend seit seiner frühesten Kindheit mit seiner Mutter in Kuwait gelebt. Dort habe er eine englischsprachige Schule besucht. Der Antragsteller sei nie in Farsi geschult worden. Er verstehe diese Sprache nur rudimentär und könne sie nicht schreiben und lesen. Er habe keine Erinnerung an den Iran und dort auch keinerlei Verwandte. Im Jahr 2016 sei er an Leukämie erkrankt und sei dort über drei Jahre in Kuwait chemotherapeutisch und medikamentös behandelt worden. In dem Zusammenhang sei zudem eine schwerwiegende Depression eingetreten. Der Antragsteller leide auch heute noch an einer mittelgradigen Depression. Der Antragsteller bedürfe täglich der Medikation mit Sertralin. Er befinde sich nach wie vor in psychiatrischer Behandlung. Der Antragsteller gehöre zur Gruppe der vulnerablen Personen. Hinsichtlich des Antragstellers lägen insbesondere Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 5 und 7
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AufenthG vor, insbesondere zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse. Aufgrund der Erkrankungen des Antragstellers bedürfe dieser einer medizinischen Behandlung in der Bundesrepublik, insbesondere bedürfe er der Unterstützung seines Vaters und dessen Familie in der Bundesrepublik. Der Antragsteller sei erst 18 Jahre alt. Aufgrund seiner Erkrankung könne er im Iran kein eigenständiges Leben führen. Im Hinblick auf die Unionsrecht geltende Altersgrenze von 21 Jahren sei er schutzwürdig. Mit Erlangung der Volljährigkeit könne der Antragsteller auch nicht nach Kuwait zu seiner Mutter zurück. Auf Seiten seiner Mutter bestehe auch keine faktische Möglichkeit mehr, den Antragsteller finanziell oder in tatsächlicher Hinsicht zu unterstützen. Der Antragsteller besitze eine Fiktionsbescheinigung der Stadt Würzburg, gültig bis 12. August 2024. Der Vater sei bereit, für diesen eine Verpflichtungserklärung abzugeben und für seinen Unterhalt aufzukommen. Es sei beabsichtigt, eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 16f AufenthG zu beantragen.
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Die Antragsgegnerin b e a n t r a g t e mit Schriftsatz vom 20. Juni 2024,
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten (einschließlich der Akten der Verfahren W 8 K 24.30986) sowie die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
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Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage W 8 K 24.30986 gegen die unter Nr. 5 des streitgegenständlichen Bescheides vom 7 Juni 2024 verfügte Abschiebungsandrohung ist zulässig, aber unbegründet.
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Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist nach § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alt. VwGO in Verbindung mit § 30 Abs. 1 Nr. 1, § 36 Abs. 3 AsylG statthaft und auch sonst zulässig. Die Klage entfaltet nach Maßgabe von § 75 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO keine aufschiebende Wirkung. Sofortantrag und Klage wurden innerhalb der Wochenfrist des § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG eingelegt.
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Der Antrag ist jedoch unbegründet, weil keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheides bestehen.
14
Das Gericht folgt den Feststellungen und der Begründung im angefochtenen Bescheid und sieht, auch zur Vermeidung von Wiederholungen, von einer nochmaligen Darstellung ab (§ 77 Abs. 3 AsylG). Die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid decken sich mit der bestehenden Erkenntnislage (vgl. insbesondere BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformation der Staatendokumentation, Iran, vom 26.1.2024; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran, Stand: 18.11.2022, vom 30.11.2022). Das Vorbringen des Antragstellers rechtfertigt keine andere Beurteilung.
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Im Rahmen des Aussetzungsverfahrens nach § 36 Abs. 3 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO ordnet das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich der gemäß § 36 Abs. 3, § 75 Abs. 1 AsylG sofort vollziehbaren Abschiebungsandrohung an, wenn das persönliche Interesse des Asylsuchenden, von der sofortigen Aufenthaltsbeendigung vorerst verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an ihrer sofortigen Durchsetzung übersteigt. Dabei darf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 16a Abs. 4 Satz 1 GG, § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG nur bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes erfolgen. „Ernstliche Zweifel“ im Sinne der genannten Vorschrift liegen nur dann vor, wenn erhebliche Gründe dafürsprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – BVerfGE 94, 166, 189 ff. – juris Rn. 99).
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Bei der gerichtlichen Überprüfung der Ablehnung eines Asylantrages als offensichtlich unbegründet ist für das Eilverfahren erschöpfend zu prüfen, ob die Antragsgegnerin aufgrund einer umfassenden Würdigung der ihr vorgetragenen oder sonst erkennbaren maßgeblichen Umstände unter Ausschöpfung aller ihr vorliegenden und zugänglichen Erkenntnismittel entschieden und in der Entscheidung klar zu erkennen gegeben hat, weshalb der Antrag offensichtlich unbegründet abgelehnt worden ist, sowie, ob die Ablehnung als offensichtlich unbegründet auch weiterhin Bestand haben kann (vgl. BVerfG, B.v. 25.2.2019 – 2 BvR 1193/18 – juris Rn. 21). Des Weiteren darf die Verneinung relevanter inlandsbezogener Abschiebungshindernisse gemäß § 34 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 oder Nr. 5 AsylG keinen ernstlichen Zweifel unterliegen.
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Ausgehend von diesen Grundsätzen fällt die vorzunehmende Interessenabwägung zulasten des Antragstellers aus. Denn unter Würdigung des vorliegenden Akteninhalts und der sonstigen Erkenntnisse bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung und der ihr zugrundeliegenden Entscheidung der Antragsgegnerin hinsichtlich der Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet.
18
Eine eindeutige Aussichtslosigkeit des Asylantrages (vgl. VG Hamburg, B.v. 11.4.2024 – 10 AE 1473/24 – juris Rn. 15 mit Bezug auf BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – BVerfGE 94, 166, 189 ff. – juris Rn. 89 f.) ist zu bejahen.
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Der Antragsteller hat offensichtlich weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG noch einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter (vgl. Art. 16 Abs. 4 AsylG) noch einen subsidiären Anspruch gemäß § 4 Abs. 1 AsylG. Wie das Bundesamt für zutreffend angeführt hat, ist schon allein aufgrund der eigenen Angaben des Antragstellers, der bislang nicht im Iran gelebt hat, sondern überwiegend in Kuwait und zuletzt in der Bundesrepublik Deutschland, und auch im Ausland von keinerlei relevanten Maßnahmen in Bezug auf den iranischen Staat berichtet hat, geschweige denn von Maßnahmen des iranischen Staats ihm gegenüber, offensichtlich nicht gegeben.
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Denn die Ablehnung als offensichtlich unbegründet folgt aus § 30 Abs. 1 Nr. 1 AsylG, weil der Antragsteller im Asylverfahren nur Umstände vorgebracht hat, die für die Prüfung des Asylantrages nicht von Belang sind, so dass sich die Ablehnung geradezu aufdrängt (vgl. VG Düsseldorf, B.v. 5.6.2024 – 28 L 1283/24.A – juris Rn. 12 ff., 16 f. m.w.N.). Die Voraussetzung der Ablehnung als offensichtlich unbegründet ist nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 AsylG ein Offensichtlichkeitsurteil in Form der Entbehrlichkeit einer Prüfung des Vorbringens mangels – auch nur potenzieller – Asylrelevanz. In die Prüfung des Vorbringens einzusteigen ist etwa entbehrlich, wenn der Asylantragsteller angibt, er habe sein Herkunftsland aus rein wirtschaftlichen Gründen verlassen, für bessere Bildungschancen, um in Deutschland wieder mit Familienmitgliedern vereint zu sein, oder aufgrund von Schwierigkeiten, welche nicht die Schwelle von Verfolgungshandlungen bzw. die eines ernsthaften Schadens oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung überschreiten (VG Hannover, B.v. 13.6.2024 – 10 B 1953/24 – juris Rn. 25). Der Antragsteller hat angegeben, im Wege der Familienzusammenführung und wegen der beruflichen Perspektive nach Deutschland eingereist zu sein, von seiner Mutter zu seinem Vater. Seine Mutter habe ihn nach Deutschland geschickt, damit er hier studieren und eine Ausbildung machen könne und hier arbeiten könne. Diese Umstände können einen Asylantrag offensichtlich nicht zu tragen, weil sie bei Wahrunterstellung keinen Schutzstatus nach Art. 16a GG, §§ 3 oder 4 AsylG begründen können. Der Antragsteller hat vielmehr sein Begehren ausschließlich auf asylfremde Gründe gestützt. Er begehrt damit erkennbar ein anderweitig begründetes Bleiberecht – hier etwa insbesondere auf der ausländerrechtlichen Schiene gemäß § 16f AufenthG; dieser Weg bleibt ihm unbenommen – (vgl. auch Heusch in BeckOK Ausländerrecht, Kluth/Heusch, 61. Ed. Stand 1.4.2024, § 30 AsylG Rn. 14 ff.).
21
Insoweit sei weiter anzumerken, dass der Antragsteller in seiner Klage W 8 K 24.30086 – laut Nr. 1 seines Klageantrags im Schriftsatz vom 18. Juni 2024 – ausdrücklich nicht das Klagebegehren verfolgt, die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung subsidiären Schutzes zu erhalten, sondern beantragt, das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG festzustellen.
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Des Weiteren bestehen aber im Rahmen des Sofortverfahrens auch keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Feststellung in Nr. 4 des angefochtenen Bescheides, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen. Dies hat auch schon das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im streitgegenständlichen Bescheid ausführlich dargelegt.
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Ergänzend ist dazu anzumerken:
24
Nach der Erkenntnislage ist die Grundversorgung im Iran gewährleistet. Dazu trägt neben staatlichen Hilfen auch ein enger Familienzusammenhalt sowie das islamische Spendensystem bei. Selbst der nichtverdienende Teil der iranischen Bevölkerung erhält zur Sicherung der Grundversorgung einen gewissen Geldbetrag. Ins Gewicht fallen soziale Absicherungsmechanismen wie Armenstiftungen, Kinder-, Alten-, Frauen- und Behindertenheime, Hilfe für Bedürftige sowohl durch den Staat als auch durch Moscheen, religiöse Stiftungen, Armenstiftungen oder durch Nichtregierungsorganisationen oder sonstige private Organisationen. Nicht zuletzt gibt es Rückkehr- und Integrationsprogramme und -projekte, auf die der Antragsteller ebenfalls zu verweisen ist (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran, Stand 18.11.2022, vom 30.11.2022, S. 24).
25
Auch wenn im Iran von einem dramatischen Währungsverfall und einer äußerst schwierigen wirtschaftlichen Situation auszugehen ist, nicht zuletzt durch die Sanktionen, ist nichts dafür ersichtlich, dass sich der Antragsteller sein Existenzminimum nicht sichern könnte. Dabei sind insbesondere auch die umfangreichen Sozialbeihilfen einzubeziehen einschließlich eines gesetzlich gewährten Mindestlohns. Soziale Absicherungsmechanismen sowie Hilfen an Bedürftige werden – wie schon ausgeführt – durch vielfältige Stellen behördlicherseits wie auch privat organisiert. Als Teil des Sozialwesens haben alle Bürger das Recht auf kostenfreie Bildung und Gesundheitsversorgung. Der Kampf gegen die Armut wird vor allem auch unter religiösen Vorzeichen geführt. Die großen religiösen Stiftungen haben hier auch ihren Aufgabenbereich. Außerdem liegt die Versorgung der Armen in der Verantwortung der Gesellschaft; das Almosengeben ist eine Säule des Islam (vgl. zum Ganzen BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformation der Staatendokumentation Iran, vom 26.1.2024, S. 156 f, 161 ff.).
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Der Antragsteller ist zudem arbeitsfähig, hat eine Schulbildung erhalten und spricht auch Persisch, wenn auch – nach seinen Worten – „nicht wirklich gut“. Zudem spricht er die englische Sprache gut, was im Iran bei der Jobsuche auch von Vorteil sein könnte, ebenso wie seine Kenntnisse aus Kuwait. Hinzu kommt, dass er schon drei Mal besuchsweise im Iran gewesen ist und insoweit durchaus anzunehmen ist, dass er bei einer Rückkehr in den Iran nicht auf sich allein gestellt wäre bzw. allein und ohne Unterstützung bleiben müsste, so dass die Gewährleistung des Existenzminimums und auch die notwendige medizinische Versorgung einerseits über die Großfamilie im Iran, durch die mögliche Erlangung von Sozialleistungen bzw. -hilfen dort, durch die Möglichkeit eigener Arbeit, durch die Unterstützung durch Familienangehörige im Ausland, konkret durch seinen Vater in Deutschland, der auch hier für seinen Unterhalt aufkommen will, oder seine Mutter in Kuwait und nicht zuletzt durch die Reintegrations- und Rückführungsprojekte des deutschen Staates.
27
Dass der Antragsteller aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeitsfähig wäre, ist den vorliegenden ärztlichen Unterlagen nicht zu entnehmen. Selbst wenn der Antragsteller keinen näheren Kontakt zu seiner Großfamilie im Iran hätte oder erreichen könnte, wäre ihm eine Rückkehr in den Iran nicht unzumutbar. Insofern stellt sich die Lage anders dar, als insbesondere bei einer alleinstehenden Frau, die ohne Rückbindung in den Iran zurückkehrt (vgl. VG Würzburg, U.v. 2.1.2023 – W 8 K 22.30758 – juris Rn. 26 ff.) oder einer hilflosen, auf Betreuung angewiesenen Person (vgl. VG Würzburg, U.v. 12.9.2022 – W 8 K 21.31212 – juris Rn. 25 ff.).
28
Das Gericht verkennt nicht die schwierigen Lebensverhältnisse im Iran und die schwierigen Startbedingungen für den Antragsteller in seiner speziellen Situation, jedoch begründen diese kein Abschiebehindernis mit Blick auf die Grundversorgung nach § 60 Abs. 5 AufenthG.
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Schließlich begründet auch die gesundheitliche Situation des Antragstellers kein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 AufenthG.
30
Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht (§ 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG). Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 i.V.m. § 60a Abs. 2c Satz 2 und 3 muss der Ausländer eine Erkrankung, die eine Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierende ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose) den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich in der ärztlichen Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Nach § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG liegt eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur bei einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung vor, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (§ 60 Abs. 7 Satz 4 AufenthG).
31
Dabei erfasst die Regelung in § 60 Abs. 7 AufenthG nur solche Gefahren, die in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat begründet sind. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis kann sich auch aus der Krankheit eines Ausländers ergeben, wenn diese sich im Heimatstaat verschlimmert, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind. Eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein im Zielstaat zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist. In die Beurteilung miteinzubeziehen und bei der Gefahrenprognose zu berücksichtigen sind sämtliche zielstaatsbezogenen Umstände, die zu einer Verschlimmerung der Erkrankung führen können. Hierbei muss eine beachtliche Wahrscheinlichkeit bestehen, dass dem Ausländer bei einer Rückkehr die in der Vorschrift genannte Gefahr droht. Dabei ist eine einzelfallbezogene Betrachtung der individuell bestimmten und erheblichen Gefährdungssituation anzulegen. Eine wesentliche Verschlechterung liegt nicht schon bei jeder zu befürchtenden ungünstigen Entwicklung des Gesundheitszustands vor. Erforderlich ist, dass die Gefahr der Krankheitsverschlechterung erheblich und konkret ist. Sie ist erheblich, wenn sich der Gesundheitszustand wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde, und konkret, wenn der Ausländer alsbald nach seiner Rückkehr in eine solche Lage geriete, weil er keine adäquate Behandlung bzw. sonst keine wirksame Hilfe erlangen kann (vgl. zum Ganzen BVerwG, B.v. 2.11.1995 – 9 B 710/94 – Buchholz 310, § 108 VwGO Nr. 266; U.v. 29.7.1999 – 9 C 2/99 – juris; U.v. 29.10.2002 – 1 C 1/02 – Buchholz 402.240, § 53 AuslG Nr. 66; U.v. 17.10.2006 – 1 C 18/05 – BVerwG 127, 33 sowie etwa speziell mit Bezug zum Iran etwa VG Würzburg, U.v. 30.1.2023 – W 8 K 22.30691 – juris Rn. 18 ff.; U.v. 19.12.2022 – W 8 K 22.30011 – juris Rn. 21 ff.; U.v. 12.9.2022 – W 8 K 21.31212 – juris Rn. 19 ff.; VG Minden, U.v. 10.2.2022 – 2 K 41/19.A – juris Rn. 125 ff.; VG Bayreuth U.v. 28.7.2021 – B 8 K 19.31806, 7891734 – juris S. 19). Eine solche Gefahr kann auch vorliegen durch den Wegfall der erforderlichen Betreuung und dem Fehlen der Überwachung einer notwendigen medikamentösen oder ärztlichen Behandlung durch eine Betreuungsperson oder Einrichtung im Herkunftsstaat (VG Ansbach, U.v. 2.5.2014 – AN 11 K 14.30309 – juris Rn. 17 m. Bezug auf BVerwG, U.v. 29.10.2002 – 1 C 1/02 – juris).
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Weiter ist festzuhalten, dass eine mögliche Dekompensation mit Suizidalität für sich nicht ausreicht. Der Umstand, dass suizidale Handlungen bei einer Abschiebung bzw. Unterbrechung der Behandlung nicht völlig ausgeschlossen werden können, genügt für sich nicht, sofern keine beachtliche Wahrscheinlichkeit besteht (vgl. schon VG Würzburg, U.v. 24.11.2015 – W 6 K 15.30406 – juris Rn. 25 m.w.N. sowie VG Magdeburg, U.v. 22.1.2019 – 3 A 276/17 – juris Rn. 42).
33
Ausgehend von den ärztlichen Attesten und Bescheinigungen ist auf der Basis der Vorgaben des § 60a Abs. 2c AufenthG weiter von der Vermutung auszugehen, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen (vgl. § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG). Soweit der Antragsteller seine Leukämieerkrankung anspricht und die darauffolgende Chemotherapie, ist nach dem vorliegenden Attest des Universitätsklinikums Würzburg vom 5. Januar 2023 davon auszugehen, dass die Chemotherapie im Jahr 2016 bis 2019 mittlerweile abgeschlossen ist und der Kläger sich insoweit nur zur regelmäßigen Nachsorgeuntersuchungen zum Arzt begibt. Infolgedessen ist als naheliegend anzunehmen, dass diese Problematik nunmehr behoben ist und insoweit auch kein Abschiebungshindernis mehr begründen kann (vgl. VG Bayreuth, U.v. 23.5.2022 – B 8 K 19.31797 – juris Rn. 117). Abgesehen hinreichen wären auch im Iran hinreichende Behandlungs- und Medikationsangebote bei Krebserkrankungen gegeben; einschließlich Nachuntersuchungen (siehe – zusätzlich zu den nachfolgend ausgeführten Erkenntnissen – EUAA, MedCOI, Auskunft vom 12.6.2023, vom 5.4.2022, vom, 12.3.2020, vom 30.12.2019; VG Aachen, U.v. 14.11.2022 – 10 K 1345/21.A – juris Rn. 54 f.).
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Mit Bezug auf die weiter angegebene mittelgradige depressive Episode liegen zwei ärztliche Bescheinigungen des Universitätsklinikums Würzburg vom 25. April 2023 und vom 12. Mai 2023 vor. Die Atteste sind schon ein Jahr alt und vermögen schon aus diesem Grund keine qualifizierten Aussagen zum aktuellen Gesundheitszustand des Antragstellers zu liefern, weil ein über ein Jahr altes Attest keine Erkenntnis auf den psychischen Zustand des Antragstellers zum heutigen Entscheidungszeitpunkt zulässt (vgl. VG Bayreuth, U.v. 23.5.2022 – B 8 K 19.31797 – juris Rn. 119). Hieran ändert sich auch nichts an dem mitgeteilten Termin im Universitätsklinikum Würzburg am 18. Juni 2024.
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Des Weiteren ist den ärztlichen Unterlagen aus dem Jahr 2023 entgegen der Aussagen der Bevollmächtigten des Antragstellers nicht zu entnehmen, dass der Antragsteller auf die Unterstützung von seinem Vater und dessen Familie angewiesen wäre. Im Übrigen trifft entgegen der Aussage der Prozessbevollmächtigten nicht zu, dass der Antragsteller keinerlei Verwandte im Iran hätte. Vielmehr hat er im Widerspruch dazu selbst angegeben, dass die Großfamilie noch im Iran wäre und er auch drei Mal zu Besuch dort gewesen wäre. Irgendwelche ärztlichen Aussagen dahingehend, dass der Antragsteller krankheitsbedingt nicht in den Iran reisen und dort bleiben könnte, sind den vorgelegten ärztlichen Unterlagen nicht zu entnehmen, geschweige denn in qualifizierter Weise.
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In den ärztlichen Unterlagen ist weiter die Rede davon, dass sich der Antragsteller von akuter Suizidalität distanziert habe. Der Antragsteller sei vielmehr zu seinem Vater nach Deutschland zur Verbesserung seiner beruflichen Perspektive gereist. Auch in der Vergangenheit habe es noch keinen Suizidversuch gegeben.
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Soweit vorgebracht ist, dass der Antragsteller täglich das Medikament Sertralin einnehmen muss, hindert dies seine Abschiebung ebenfalls nicht. Denn im Iran gibt es die Möglichkeit psychischer und psychiatrischer Behandlungen und auch das Medikament Sertralin sowie gegebenenfalls Ersatzmedikamente.
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Die Antragsgegnerin hat schon zutreffend ausgeführt, dass grundsätzlich die Behandlung von – auch schweren – psychischen Erkrankungen einschließlich einer posttraumatischen Belastungsstörung auch im Iran möglich und zumutbar ist, wobei kein Anspruch auf eine Behandlung mit einem speziellen Medikament besteht, sofern keine ausdrückliche Kontraindikation für sämtliche andere zur Verfügung stehenden Alternativ-Medikamente bezüglich des vorliegenden Krankheitsbildes besteht. Nach der vorliegenden Auskunftslage können psychische Erkrankungen sowohl medikamentös als auch psychotherapeutisch im Iran behandelt werden. Des Weiteren besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit einer Betreuung im Iran. Obwohl auch kostenlose Gesundheitsleistungen angeboten werden, sind selbst bei versicherten Personen immer wieder Zuzahlungen erforderlich. Dies gilt auch für Arzneimittel (vgl. grundsätzlich BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationen der Staatendokumentation – Iran, vom 26.1.2024, S. 163 ff; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Iran, Stand: 18.11.2022, vom 30.11.2022, S. 24 f.). Einschlägige Medikamente bei psychischen Erkrankungen sind im Iran erhältlich. Weiter sind Psychiater und Psychologen stationär und ambulant mit diversen Arten von Psychotherapien verfügbar. Zusätzlich sind verfügbar: Psychiatrische Kriseninterventionen bei Suizidversuch, psychiatrische klinische Behandlung (kurzfristig) durch einen Psychiater, psychiatrische ambulante Langzeitbehandlungen durch einen Psychiater, psychiatrische klinische Behandlung auf einer geschlossenen Station (nicht unbedingt Zwangseinweisung), aber auch psychiatrische Zwangseinweisung bei Bedarf (vgl. BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Anfragebeantwortung der Staatendokumentation – Iran, Posttraumatische Belastungsstörung, schwergradige depressive Episode; Medikamente Quetiapin und Mirtazapin, vom 25.6.2021; Anfragebeantwortung der Staatendokumentation – Iran, Anpassungsstörung mit depressiver Symptomatik – Mirtazapin, Alternativen Sertralin, Citalopram, Fluvoxamin, vom 9.8.2017 sowie etwa EUAA, MedCOI, Auskunft vom 14.1.2024, vom 1.4.2022, vom 12.9.2019). Demnach sind psychische Erkrankungen im Iran grundsätzlich gut behandelbar (VG Berlin, U.v. 14.7.2022 – 3 K 427.19 A – juris Rn. 20; VG Minden, U.v. 16.11.2023 – 2 K 7887/17.A – juris Rn. 134 ff.; U.v. 10.2.2022 – 2 K 41/19 A – juris Rn. 156; VG Oldenburg, U.v. 20.12.2021 – 13 A 6013/17, 6341423 – juris S. 13 ff.; VG Bayreuth, U.v. 23.5.2022 – B 8 K 19.31797 – juris Rn. 124; U.v. 28.7.2021 – B 8 K 19.31806, 7891734 – juris S. 20 ff.; VG Frankfurt, U.v. 3.9.2020 – 3 K 1414/19.F.A – juris Rn. 27; VG Sigmaringen, U.v. 15.11.2019 – A 3 K 6356/17 – juris Rn. 47; jeweils m.w.N.).
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Aufgrund dieser Behandlungsmöglichkeiten und Medikationsmöglichkeiten, die dem Antragsteller bei einer Rückkehr teilweise kostenlos zur Verfügung stehen, teilweise gegen Zuzahlung, sind unter dem gesundheitlichen Aspekt keine Abschiebungshindernisse erkennbar. Wie schon ausgeführt, bestehen aufgrund vielfältiger Hilfemöglichkeiten keine Bedenken gegen die Sicherung des Existenzminimums einschließlich der damit verbundenen medizinischen Versorgung, auch wenn es um Zuzahlungen geht, weil bei der Frage der Rückkehrprognose und der Einschätzung einer Gefahr für Leib und Leben die gesamten Unterstützungsmöglichkeiten einschließlich der Unterstützung durch Angehörige im In- und Ausland zu berücksichtigen sind (vgl. VG Minden, U.v. 16.11.2023 – 2 K 7887/17.A – juris Rn. 144 f. mit Bezug auf BVerwG, B.v. 1.10.2001 – 1 B 185.01 – juris).
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Zudem kann von einer Verschlechterung des Gesundheitszustands nicht schon bei jeder befürchteten ungünstigen Entwicklung gesprochen werden, sondern nur bei außergewöhnlich schweren und physischen und psychischen Schäden, weil § 60 Abs. 7 AufenthG nicht dazu dient, dem Ausländer die Heilung von Krankheit unter Einsatz des sozialen Netzes der Bundesrepublik Deutschland zu sichern, sondern ihn nur vor gravierender Beeinträchtigung seiner Rechtsgüter von Leib und Leben bewahren soll. Dabei muss sich der Ausländer, wie der Antragsteller, auf den in seiner Heimat üblichen Standard und Stand der Gesundheitsversorgung verweisen lassen. Eine Gleichwertigkeit der medizinischen Versorgung im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland ist gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht erforderlich. Eine ausreichende medizinische Versorgung im Heimatland ist regelmäßig auch dann gegeben, wenn die Beschaffung von Medikamenten im Einzelfall auf organisatorische Schwierigkeiten stoßen und mit nicht unerheblichem Kostenaufwand verbunden sein sollte (vgl. VG Minden, U.v. 16.11.2023 – 2 K 7887/17.A – juris Rn. 136 ff.).
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Die Abschiebungsandrohung ist auch sonst nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin hat insbesondere schon zutreffend ausgeführt, dass keine prüfungsrelevanten inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse gemäß § 34 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 AsylG vorliegen. Denn der Antragsteller ist kein Minderjähriger und auch sonst ist nicht ersichtlich, dass schützenswerten familiäre Bindungen im Sinne einer Beistandsgemeinschaft vorlägen, zumal der Antragsteller erst im Juli 2022 zu seinen Vater nach Deutschland gereist ist und vorher seit seiner Geburt in Kuwait bei seiner Mutter gelebt hat und trotz seiner Erkrankung – wie ausgeführt – auch nicht auf die unterstützende Anwesenheit seines Vaters angewiesen ist (vgl. Pietzsch in BeckOK Ausländerrecht, Kluth/Heusch, 41. Ed. Stand 1.4.2024, § 34 AsylG Rn. 24a).
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Schließlich ist die erwähnte Fiktionsbescheinigung kein relevanter Aufenthaltstitel gemäß § 34 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 AsylG, weil gesetzlich fingierte vorläufige Aufenthaltsrechte nach § 81 Abs. 3 und 4 AufenthG – wie hier nach Beantragung der Verlängerung eines Aufenthaltstitels, dessen Gültigkeit mit dem 25. Juni 2023 geendet hatte – nicht dem förmlichen Besitz eines schon erteilten Aufenthaltstitels gleichgestellt sind (Pietzsch in BeckOK Ausländerrecht, Kluth/Heusch, 41. Ed. Stand 1.4.2024, § 34 AsylG Rn. 26; Marx, AsylG, 2. Aufl. 2022, § 34 Rn. 18).
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Nach alledem war der Antrag im vollen Umfang abzulehnen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.