Titel:
Abitur: Kolloquiumsprüfung, Englisch, Methode der Notenfestsetzung bei Inhalt und Sprache bei Kolloquiumsprüfung, Kein Anwesenheitsrecht der Rechtsanwältin, Keine Befangenheit der Prüfer bei Wiederholungsprüfung, Nachträgliche Änderungen und Ergänzungen des Protokolls, Keine Rüge eines tatsächlich vom Protokoll abweichenden Prüfungsablaufs, Kein Ausschluss der geprüften Textvorlage des Referats während des Unterrichts
Normenketten:
BayEUG Art. 54 Abs. 3 S. 2
BayEUG Art. 52 Abs. 2
GSO § 47
GSO § 50
GSO § 51
Schlagworte:
Abitur: Kolloquiumsprüfung, Englisch, Methode der Notenfestsetzung bei Inhalt und Sprache bei Kolloquiumsprüfung, Kein Anwesenheitsrecht der Rechtsanwältin, Keine Befangenheit der Prüfer bei Wiederholungsprüfung, Nachträgliche Änderungen und Ergänzungen des Protokolls, Keine Rüge eines tatsächlich vom Protokoll abweichenden Prüfungsablaufs, Kein Ausschluss der geprüften Textvorlage des Referats während des Unterrichts
Fundstelle:
BeckRS 2024, 18319
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Klägerin nahm, damals noch unter dem Namen S., als Schülerin des Gymnasiums G. (im Folgenden: die Schule) ohne Erfolg an der Abiturprüfung 2020 teil.
2
Sie erhielt in den schriftlichen Prüfungen in einfacher Wertung im Fach Deutsch und Religion jeweils 8 Punkte, in Mathematik nach einer mündlichen Zusatzprüfung 2 Punkte, in Sport 13 Punkte und in der Kolloquiumsprüfung Englisch 3 Punkte.
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Auf Widerspruch der Bevollmächtigten der Klägerin erließ die Schule einen Abhilfebescheid und gestattete aufgrund einer Überschreitung der zulässigen Wortanzahl in der Textgrundlage des Referats die erneute Ablegung des Englischkolloquiums am 15. Oktober 2020. Diese Prüfung wurde mit insgesamt 2 Punkten bewertet.
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Mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2020 legte die Bevollmächtigte der Klägerin Widerspruch gegen die mündliche Mitteilung vom 16. Oktober 2020 über das Nichtbestehen der Abiturprüfung ein und rügte die Bewertung der (wiederholten) Kolloquiumsprüfung im Fach Englisch.
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Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 4. März 2021 aufgrund Beschlusses der Lehrerkonferenz vom 15. Dezember 2020 zurückgewiesen.
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Mit Schriftsatz vom 6. April 2021, bei Gericht eingegangen am selben Tag, lässt die Klägerin durch ihre Bevollmächtigte Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erheben. Sie beantragt,
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Der Beklagte wird verpflichtet, unter Aufhebung der Bewertung der von der Klägerin im Kolloquium im Fach Englisch erbrachten Leistungen vom 15. Oktober 2020 sowie unter Aufhebung des Zeugnisses über den Ausbildungsabschnitt 12/2 vom 16. Oktober 2020 und des Widerspruchsbescheids vom 4. März 2021 der Klägerin für die Kolloquiumsprüfung im Fach Englisch 2020 mindestens die Note „4 Punkte“ zu erteilen und damit die Abiturprüfung 2020 als bestanden zu werden.
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Hilfsweise: Der Beklagte wird verpflichtet, über die vorgenannte Prüfung erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
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Höchsthilfsweise: Der Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin erneut zu mündlichen Kolloquiumsprüfung im Fach Englisch zuzulassen und die Prüfungsleistung zu wiederholen.
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Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, die Kolloquiumsprüfung im Fach Englisch sei mit mindestens 4 Punkten zu bewerten mit der Folge, dass die Klägerin die Abiturprüfung bestanden habe. Die Durchführung und Bewertung der Prüfung verstoße gegen die Chancengleichheit und den Grundsatz des fairen Verfahrens.
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Die Prüfung sei durch die beiden Prüfer des ersten Englischkolloquiums abgenommen worden. Dabei sei auch die damalige stellvertretende Schulleiterin anwesend gewesen. Der Bevollmächtigten der Klägerin sei jedoch die Anwesenheit verweigert worden. Der Prüfer N. habe die Klägerin während der Prüfung nicht angesehen.
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Die für das Referat als Textgrundlage vorgelegte Passage aus Shakespeares Romeo und Julia sei von dem Prüfer N., dem Englischlehrer der Klägerin, zuvor im Unterricht für das Kolloquium ausgeschlossen worden. Darauf habe sich die Klägerin auch in der Wiederholungsprüfung verlassen dürfen. Ferner sei die Passage im Unterricht lediglich kurz thematisiert, als unwichtig eingestuft und daher nicht vertieft behandelt worden. Zur Charakterisierung von Benvolio, was die 2. Teilfrage des Referats darstellte, sei weder in der Lektüre noch als Hefteintrag etwas aufgeschrieben worden.
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Ferner seien Fragen zum Referat und den übrigen Ausbildungsabschnitten in Abweichung von den im „Bewertungsbogen“ der Prüfer aufgeführten Fragen gestellt worden, welche teilweise nicht Gegenstand des Unterrichts waren. Diese Änderung der Aufgaben stelle einen formalen Fehler dar. Die Klägerin habe während der Prüfung darauf hingewiesen und sei infolgedessen barsch zurechtgewiesen worden.
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Dieses Vorgehen begründe die Besorgnis der Befangenheit der Prüfer, was im Widerspruch vom 28. Oktober 2020 bereits geltend gemacht worden sei.
15
Nach erneuter Akteneinsicht der Klägerin sei aufgefallen, dass zwischenzeitlich im Protokoll durch den damaligen Schulleiter bestimmte Passagen mit zusätzlichen Fehlzeichen oder weiteren Bemerkungen versehen bzw. durchgestrichen worden seien. Aus diesem Grund sei das Prüfungsprotokoll nachträglich wertlos geworden und die Prüfung bereits deshalb zu wiederholen.
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Hinsichtlich des Prüfungsteils 2 entspreche das Worturteil nicht der tatsächlich vergebenen Punktzahl. Nach dem Bewertungsraster des Staatsministeriums sei grundsätzlich der mittlere Notenpunkt der Notenstufe zu vergeben, sofern sich aus den Ausführungen der Prüfer nichts für ein Abweichen nach “links oder rechts“ ergebe. Bei den Unteraspekten Gesprächsfähigkeit, Grammatik, Wortschatz und Aussprache bei der Bewertung der sprachlichen Fähigkeit würde dies zu 6,2,2 und 2 Punkten und somit einem Gesamtschnitt von 3 anstatt der vergebenen 2 Punkte im Bereich Sprache führen. Auch bei der inhaltlichen Bewertung des 2. Prüfungsteils habe die grundsätzliche Annahme des mittleren Notenpunkts der Notenstufe die um einen Punkt bessere Bewertung zur Folge.
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Die im Referat gestellten drei Fragen seien zum großen Teil beantwortet worden, was dazu führe, dass Inhalt und Sprache von Teil 1 fehlerhaft bewertet erscheinen. Bei Frage 1 zum Thema American Dream hinsichtlich des Cartoons sei nicht nachvollziehbar, wieso Herr N. komplett Fehlzeichen anmerke, während der Prüfer S. dies lediglich bei einigen Punkten notiert habe.
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Der Beklagte beantragt
20
Zur Begründung wird auf die Stellungnahmen der beiden Prüfer, der stellvertretenden Schulleitung und der Fachleitung Englisch sowie den Widerspruchsbescheid verwiesen. Aufgrund des eingeschränkten gerichtlichen Prüfungsumfangs bestehe kein Anspruch auf eine Bewertung mit mindestens 4 Punkten, sondern allenfalls die Möglichkeit der Neubewertung.
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Zur Frage des Ausschlusses der Textpassage trägt der Prüfer N. in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 13. Mail 2021 vor, dass er allenfalls angemerkt haben könnte, dass die Textstelle unverändert und für sich allein stehend und ohne jedwede Rahmenhandlung nicht Grundlage des Referats sein werde. Er führt weiter aus, dass Passagen wie Mercutios Traum dennoch verwendet werden könnten, wenn sie in wichtige Handlungen eingebettet seien. Niemals habe er gesagt, dass man sich auf bestimmte Passagen nicht vorbereiten solle. Ferner sei der Traum stark gekürzt worden und stehe nicht im Fokus der Textgrundlage. Die Handlung sei lediglich zusammenzufassen und die Szene im Drama einzuordnen gewesen. Da die auszugsweise vorgelegte Szene 4 des 1. Akts der ersten Begegnung von Romeo und Julia unmittelbar vorausgeht, sei sie durchaus eine entscheidende Passage und deshalb auch Teil des Unterrichtsgesprächs gewesen.
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Laut dem Widerspruchsbescheid vom 4. Mai 2021 würden sich die konkret gestellten Fragen nach dem Referat und zu den übrigen Ausbildungsabschnitten aus der Prüfungssituation ergeben; die vorformulierten Fragen seien dabei keinesfalls bindend oder abschließend. Der damalige Schulleiter habe nachträglich einige Ergänzungen veranlasst, um die Nachvollziehbarkeit zu erhöhen, wie beispielweise die Referatsdauer und wer das Ende des Vortrags veranlasst habe. Eine Änderung der Bewertung sei nicht erfolgt.
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Die Bestimmung des Notenpunkts stelle keine mathematische Berechnung unter Bildung von Einzelnoten für Teilaspekte von Inhalt und Sprache dar. Es sei gängige Praxis der Schule, von dem in Anlage 2a zum KMS vom 18. Juli 2018 (V.6 – BS 5500 -6b.67129) vorgegebenen Worturteil bei der Differenzierung nach Notenpunkten der jeweiligen Notenstufe sprachlich nicht abzuweichen. Seitens des Staatsministeriums bestünden für die mündliche Prüfung diesbezüglich keine weiteren Vorgaben. Man orientiere sich daher an dem Raster zur Bewertung der schriftlichen Abiturprüfung (Anlage 3a zum KMS V.6 – BS 5500 – 6b.122190 v. 28.11.2017). Darin heißt es wörtlich: „Die Leistungsbeschreibungen weisen jeweils die Notenstufen ohne Tendenz aus (z.B. 11 Notenpunkte = Note 2). Es obliegt der Lehrkraft, über die Notenpunkte eine weitere Differenzierung innerhalb einer ausgewiesenen Notenstufen vorzunehmen.“. Dieser Hinweis beinhalte keine verbindliche Verpflichtung zur Formulierung, aus der die Notentendenzen abzulesen seien.
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Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte, wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung am 18. Juni 2024 wird auf das Protokoll Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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1. Der Hauptantrag ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der allgemeinen Hochschulreife und Ausstellung des entsprechenden Zeugnisses. Ein Vornahmeurteil nach § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO setzt Spruchreife voraus, die vorliegend nicht besteht.
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Die gerichtliche Kontrolle fachlicher, wissenschaftlicher Urteile, Wertungen und Entscheidungen von Prüfern stößt an Grenzen, weil die Beurteilung von Prüfungsleistungen von Gesichtspunkten und Überlegungen bestimmt ist, die sich einer rechtlich unmittelbar subsumierbaren Erfassung mehr oder minder entziehen und jedenfalls teilweise auf nicht in vollem Umfang objektivierbaren Einschätzungen und Erfahrungen beruhen und insbesondere davon abhängig sind, was nach Meinung der Prüfer bei einem bestimmten Ausbildungsstand als Prüfungsleistung verlangt werden kann. Diese für die Bewertung von Prüfungsleistungen anzustellenden fachlichen Erwägungen lassen sich nicht regelhaft erfassen und können insbesondere im Hinblick auf das Prinzip der Chancengleichheit auch grundsätzlich nicht mit Hilfe von Sachverständigen vom Gericht ersetzt werden. Eine uneingeschränkte Ersetzung der Prüferbewertung durch das Gericht würde zu einer Verzerrung der Bewertungsmaßstäbe und zu einer Verletzung des Grundsatzes der Chancengleichheit führen (vgl. BVerfG, B.v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81, 1 BvR 213/83 – BVerfGE 84, 34/51 ff.; BVerwG, U.v. 24.2.1993 – 6 C 35/92 – BVerwGE 91, 262/265; U.v. 9.12.1992 – 6 C 3/92 – BVerwGE 92, 132/137).
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Soweit die Bewertung nicht rein fachliche Fragen betrifft, unterliegt daher die Benotung einer erbrachten Leistung dem Bewertungsspielraum der Prüfer und ist gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar (vgl. BVerfG, B.v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81, 1 BvR 213/83 – BVerfGE 84, 34/51 ff; BVerwG, U.v. 9.12.1992 – 6 C 3/92 – BVerwGE 91, 262/265; BVerwG, U.v. 24.2.1993 – 6 C 35/92 – BVerwGE 92, 132/137). Zu diesen nur eingeschränkt überprüfbaren Fragen zählen etwa die Punktevergabe und Notengebung, soweit diese nicht mathematisch determiniert sind, die Einordnung des Schwierigkeitsgrades einer Aufgabenstellung, bei Stellung verschiedener Aufgaben deren Gewichtung untereinander, die Würdigung der Qualität der Darstellung, die Gewichtung der Stärken und Schwächen in der Bearbeitung sowie die Gewichtung der Bedeutung eines Mangels und einzelner positiver Ausführungen im Hinblick auf die Gesamtbewertung (BVerwG, B.v. 2.6.1998 – 6 B 78/97 – juris Rn. 3 f.; B.v. 16.8.2011 – 6 B 18/11 – juris Rn. 16; B.v. 8.3.2012 – 6 B 36/11 – juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 3.2.2014 – 7 ZB 13.2221 – juris Rn. 8). Bei diesen prüfungsspezifischen Wertungen ist die gerichtliche Kontrolle darauf beschränkt, ob die Prüfungsbehörden Verfahrensfehler begehen, anzuwendendes Recht verkennen, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgehen, allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe verletzen oder sich von sachfremden, mit ihrem Prüfungsauftrag nicht zu vereinbarenden Erwägungen leiten lassen und ob die Bewertung in sich schlüssig und nachvollziehbar ist (ständige Rechtsprechung im Anschluss an BVerwG, U. v. 9.12.1992 – 6 C 3/92 – BVerwGE 92, 132/137; vgl. BayVGH, B.v. 5.10.2009 – 7 ZB 09.160 – juris Rn. 9).
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Verfahrensverstöße, die Fehler im Verfahren zur Ermittlung der Kenntnisse und Fähigkeiten des Prüflings betreffen, sind in der Regel nicht geeignet, einen Anspruch auf eine Neu- und Besserbewertung der Prüfungsleistung zu bewirken. Denn Verfahrensfehler können grundsätzlich nicht zu einer Neubewertung der erbrachten Prüfungsleistung führen, sondern nur zu einer erneuten Prüfung. Ein bei der Leistungserhebung unterlaufener Fehler lässt sich auch nicht durch eine Änderung des Bewertungsmaßstabes oder durch Zugrundelegung fiktiver Leistungen ausgleichen (vgl. insgesamt Jeremias in Fischer/Jeremias/Dieterich, Prüfungsrecht, 8. Aufl. 2022, Rn. 500; BVerwG, U.v. 22.6.1994 – 6 C 37/92 – juris Rn. 25; OVG NW, U.v. 25.8.2011 – 14 A 2189/09 – juris Rn. 40 ff.; BayVGH, B.v. 27.6.2018 – 22 CE 18.1073 – juris Rn. 21).
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Mit der oben dargelegten eingeschränkten Prüfungsbefugnis der Verwaltungsgerichte, aber auch mit dem prüfungsrechtlichen Gebot der Chancengleichheit ist es unvereinbar, wenn die Gerichte den Prüfern Vorgaben für die Notenvergabe, etwa in Gestalt von Mindestpunktzahlen, machen. Dies setzte eine eigenständige Bewertung der Prüfungsleistung und damit die Entwicklung eines aufgabenbezogenen komplexen Bewertungssystems durch die Gerichte voraus, wodurch ohne zwingenden Grund besondere Prüfungsbedingungen zugunsten klagender Prüflinge geschaffen würden (BVerwG, B.v. 19.5.2016 – 6 B 1/16 – juris Rn. 24).
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Die Punktevergabe und Notengebung in der Kolloquiumsprüfung im Abitur erfolgt nicht nach einem strikt mathematischen System.
32
Nach § 51 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 68 Abs. 2 Schulordnung für die Gymnasien in Bayern – Gymnasialschulordnung, GSO – vom 23. Januar 2007, zuletzt geändert durch Verordnung vom 6. April 2023 (GVBl. S. 161) sind bei der Bewertung der mündlichen Prüfung neben den fachlichen Kenntnissen und Fähigkeiten die Gesprächsfähigkeiten angemessen zu berücksichtigen. Dabei findet nach § 51 Abs. 1 Satz 1 GSO das 15-Punkte-System des § 29 Abs. 1 Satz 2 GSO Anwendung, wonach die vergebenen Punkte ggf. die jeweilige Tendenz der Notenstufe abbilden. Verstöße gegen die Sprachrichtigkeit sowie Ausdrucksmängel können angemessen bewertet werden (§ 51 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 26 Abs. 1 Satz 2 GSO). Weitere rechtssatzmäßige Anforderungen an die Notengebung bestehen nicht.
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Auch aus Anlage 2a zum KMS vom 18. Juli 2018 (V.6 – BS 5500 – 6b.67129) lässt sich – unabhängig von der Frage der Verbindlichkeit des KMS für das Gericht – keine rechnerisch bestimmbare Notenfindung ableiten. Der von der Bevollmächtigten der Klägerin vertretenen Rechtsauffassung, es habe eine Bewertung mit dem mittleren Notenpunkt der jeweiligen Notenstufe zu erfolgen, sofern die Prüfer durch sprachliche Abweichung von dem in der KMS-Tabelle vorgegebenen Worturteil keine positive oder negative Tendenz zum Ausdruck brächten, folgt das Gericht nicht. Die vorformulierten Worturteile haben das Ziel, sprachlich einheitlichere Bewertungen und so eine größere Vergleichbarkeit der Prüfungsleistungen untereinander zu erreichen. Nach Aussage der Schule entspreche es daher ihrer Praxis – auch zum Zweck der Rechtssicherheit -keine eigenen Modifikationen am Wortlaut vorzunehmen, sondern eine ggf. festgestellte Notentendenz lediglich durch die konkrete Punktzahl zum Ausdruck zu bringen, was vorliegend geschehen sei. Zutreffend verweist der Beklagte insoweit auf die Maßgabe von Anlage 3a zum KMS V.6 – BS 5500 – 6b.122190 vom 28. November 2017, das hinsichtlich der schriftlichen Abiturprüfung der Lehrkraft die Möglichkeit überträgt, über die Notenpunkte eine weitere Differenzierung innerhalb der ausgewiesenen Notenstufe vorzunehmen. Dass dies durch explizite sprachliche Klarstellung zu erfolgen hat, lässt sich daraus jedoch nicht entnehmen.
34
Es sei ferner festgehalten, dass weder die GSO noch die KMS – wovon jedoch wohl die Bevollmächtigte der Klägerin auszugehen scheint – eine separate Bepunktung der jeweiligen Unterkategorien (Grammatik, Wortschatz…) vorsehen. Vielmehr lassen sich die einzelnen Aspekte nicht trennscharf voneinander abgrenzen, womit die Gewichtung im Rahmen der Gesamtnote nicht durch mathematische Division mit der schlichten Anzahl an Einzelaspekten erfolgen kann.
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Hinzu kommt vorliegend, dass die Klägerin Einwände gegen das Prüfungsverfahren und Bewertungsrügen erhebt. Hieraus ergibt sich nach der oben zitierten Rechtsprechung kein Anspruch auf eine bestimmte Benotung, da zunächst eine erneute Bewertung bzw. Prüfungswiederholung vorzunehmen wäre.
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2. Die Klage ist auch im ersten Hilfsantrag unbegründet.
37
Eine Neubewertung der klägerischen Prüfungsleistung vom 15. Oktober 2020 scheidet aus. Die Neubewertung einer erbrachten Prüfungsleistung setzt voraus, dass eine hinreichende Grundlage für eine zutreffende materielle Beurteilung der Prüfungsleistung vorhanden und den Prüfern noch verfügbar ist (BVerwG, B.v. 11.4.1996 – 6 B 13/96 – juris Rn. 9 ff.). Hier liegt für eine Neubewertung angesichts des mittlerweile vergangenen Zeitraums von etwa dreieinhalb Jahren keine verlässliche Entscheidungsgrundlage für eine Neubewertung mehr vor. Denn nach einem derartig langen Zeitraum ist davon auszugehen, dass sich die beiden Prüfer nicht mehr an über die Inhalte des stichpunktartigen Prüfungsprotokolls wesentlich hinausreichende Details, wie sie für eine Neubewertung erforderlich wären, erinnern können (Jeremias in Fischer/Jeremias/Dieterich, Prüfungsrecht, 8. Aufl. 2022, Rn. 500 m.w.N.).
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3. Auch der weitere Hilfsantrag, der auf die (zweite) Wiederholung der Kolloquiumsprüfung gerichtet ist, ist unbegründet. Die Bewertung der Kolloquiumsprüfung im Fach Englisch ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Gemessen an der oben beschriebenen gerichtlichen Kontrolldichte von Prüfungsentscheidungen ergeben sich aus den von der Klägerin erhobenen Rügen keine Verfahrens- oder Bewertungsfehler.
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a) Die Anwesenheit der damaligen stellvertretenden Schulleiterin und die Nichtgestattung der Anwesenheit der Bevollmächtigten der Klägerin während der Prüfung sind nicht zu beanstanden.
40
Ein Prüfungsverfahrensfehler dergestalt, dass die Bewertung nicht alleine durch die beiden Prüfer des Unterausschusses, sondern durch die bei der Prüfung anwesende stellvertretende Schulleiterin erfolgt ist, ist weder gerügt noch ergibt er sich aus den Akten (vgl. dazu: VG München, U.v. 23.1.2024 – M 3 K 21.715 – n.v.). Der Schulleiter oder die Schulleiterin kann an der Beschlussfassung von Fach- und Unterausschüssen ohne Stimmrecht teilnehmen (§ 47 Abs. 2 GSO). Der Schulleiter, der den Vorsitz des Prüfungsausschusses innehat (§ 45 Abs. 2 GSO), ist sogar berechtigt, in die Prüfungsvorgänge einzugreifen und selbst Fragen zu stellen. Die stellvertretende Schulleiterin war daher – in Vertretung für den verhinderten Schulleiter – berechtigt, an der Kolloquiumsprüfung teilzunehmen. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg (U.v. 15.10.2013 – Au 3 K 13.1262 – juris Rn. 46 ff.), das auf § 78 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 GSO in der Fassung der Verordnung vom 8. Juli 2013 (nunmehr § 47 GSO) abgestellt hat, in der noch kein normiertes Anwesenheitsrecht des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses bei der Beschlussfassung von Fach- und Unterausschüssen (§ 47 Abs. 2 Satz 2 GSO) normiert war, ist insoweit überholt. Weitere Anwesenheitsberechtigte sieht § 47 GSO nicht vor. Die Prüfung ist vielmehr nichtöffentlich, womit auch der Bevollmächtigten der Klägerin die Anwesenheit nicht gestattet werden musste.
41
b) Dass die beiden Prüfer die Klägerin bereits im ersten Englischkolloquium geprüft haben, begründet keine Besorgnis der Befangenheit. Auch der fehlende Blickkontakt des Prüfers N. während der Prüfung vermag diese nicht zu begründen.
42
Ein Prüfer, der den Prüfling bereits bei dessen erstem Prüfungsversuch geprüft hat, ist nicht ohne Weiteres als Prüfer in der Wiederholungsprüfung wegen Befangenheit ausgeschlossen. Es besteht kein allgemeiner Erfahrungssatz, dass ein solcher Prüfer bei einer späteren Prüfung regelmäßig voreingenommen ist. Liegen indes im Einzelfall etwa wegen persönlicher Kontroversen besondere Umstände vor, welche objektiv die Besorgnis rechtfertigen, dass dieser Prüfer die Leistungen des Prüflings in der Wiederholungsprüfung nicht mit der gebotenen Distanz und Unvoreingenommenheit bewerten wird, darf er an der Wiederholungsprüfung nicht mitwirken (zum Ganzen: Jeremias in Fischer/Jeremias/Dieterich, Prüfungsrecht, 8. Aufl. 2022, Rn. 346 m.w.N. zur Rspr.).
43
Art. 21 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG setzt einen Grund voraus, der geeignet ist, Misstrauen gegen eine unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen; nach prüfungsrechtlichen Grundsätzen müssten hierfür Tatsachen vorliegen, die – ohne Rücksicht auf eine individuelle Empfindlichkeit – den Schluss rechtfertigen könnten, dass der Prüfer speziell gegenüber dieser Schülerin bei der Leistungsbewertung nicht die notwendige Distanz und sachliche Neutralität aufgebracht hat. Zur Befangenheit eines Lehrers hat die Rechtsprechung etwa entschieden, dass auch dessen sehr kritische Äußerungen zu Schülerleistungen im Unterricht und eine mehrere Monate vor der mündlichen Abschlussprüfung abgegebene negative Erfolgsprognose nicht ohne Weiteres die Annahme einer Voreingenommenheit bei dieser Prüfung rechtfertigen (Jeremias in Fischer/Jeremias/Dieterich, Prüfungsrecht, 8. Aufl. 2022, Rn. 355).
44
Die Klägerin trägt keine Umstände vor, die geeignet sind, die notwendige Distanz und unparteiische Amtsausübung in Frage zu stellen. Zwar mag im allgemeinen gesellschaftlichen Miteinander fehlender Blickkontakt als unhöflich interpretiert werden, jedoch lässt sich vorliegend daraus keine fehlende Neutralität ableiten. Der Prüfer N. hat nach eigener Aussage vielmehr den Blickkontakt nicht gesucht, um zu vermeiden, dass ihm jeder Blick als verunsichernd ausgelegt werde (s. Bl. 108, 219 BA). Er handelte mit dem Ziel, die für die Klägerin schwierige Situation der Wiederholungskolloquiumsprüfung möglichst angenehm und durch Blickkontakt nicht zusätzlich verunsichernd zu gestalten. Des weiteren erfolgte die Rüge nicht rechtzeitig: Der Aspekt des fehlenden Blickkontakts wurde im zweiten Schreiben des Widerspruchsverfahrens am 30. November 2020 erstmals substantiiert aufgeworfen. Zuvor wurde am 28. Oktober 2020 lediglich die Anwesenheitsproblematik und allgemein die Prüfungsatmosphäre gerügt. Von einem Prüfling muss allerdings im Regelfall erwartet werden, dass er die Besorgnis der Befangenheit geltend macht, bevor er das Ergebnis erfährt, jedenfalls wäre dieser Aspekt bereits zu Beginn des Widerspruchsverfahrens explizit vorzubringen gewesen (vgl. Jeremias in Fischer/Jeremias/Dieterich, Prüfungsrecht, 8. Aufl. 2022, Rn. 347).
45
c) Sofern durch den damaligen Schulleiter veranlasste Ergänzungen des Protokolls nach der Einsichtnahme gerügt werden, führt dies ebenso nicht zur Wiederholung der Prüfung.
46
Welchen Mindestinhalt ein Prüfungsprotokoll haben muss, ergibt sich – sofern wie hier spezielle Regelungen fehlen – aus allgemeinen prüfungsrechtlichen Grundsätzen. Danach sind in aller Regel lediglich die teilnehmenden Personen, der Prüfungsstoff oder die Prüfungsaufgaben, die Dauer und der wesentliche Verlauf der Prüfung anzugeben. Die Angaben betreffen den äußeren Ablauf des Prüfungsgeschehens. Besondere Vorgänge wie etwa Unterbrechungen wegen Lärmstörungen, Täuschungsversuche oder das Auftreten gesundheitlicher Beschwerden einzelner Prüflinge müssen protokollarisch festgehalten werden. Weitergehende verfassungsrechtliche Anforderungen sind in der Rechtsprechung bisher verneint worden. Insoweit gebietet Art. 12 Abs. 1 GG nicht die ausführliche Protokollierung der mündlichen Prüfung; ebenso wenig erfordert die Effektivität des gerichtlichen Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG eine Protokollierung mit Fragen und Antworten. Mängel des Prüfungsprotokolls haben ohnehin keinen selbständigen Einfluss auf das Prüfungsergebnis, weil die Bewertung der Prüfungsleistungen auf der Grundlage des tatsächlichen Prüfungsgeschehens und nicht anhand des Prüfungsprotokolls erfolgt. Sie machen daher das Ergebnis der Prüfung nicht fehlerhaft, sondern beeinträchtigen ggf. lediglich den Beweis des Prüfungshergangs (VG Ansbach, U.v. 16.7.2013 – AN 2 K 12.01715 – juris Rn. 40, 42; Jeremias in Fischer/Jeremias/Dieterich, Prüfungsrecht, 8. Aufl. 2022, Rn. 456 f., 466). Auch muss das Protokoll nach Abschluss der Prüfung nicht isoliert stehen bleiben. So kann etwa aufgrund von Rügen des Prüflings das Protokoll auch noch nach längerer Zeit durch eine Stellungnahme ergänzt und dadurch die stichwortartigen Anmerkungen, Abkürzungen und Korrekturzeichen allgemein verständlich gemacht werden (OVG Bremen, B.v. 22.4.2009 – 2 B 117/09 – juris Rn.17; OVG Saarl, B.v. 19.1.2007 – 3 Y 17/06 – BeckRS 2007, 20681).
47
Anders als die Bevollmächtigte der Klägerin vorträgt, können gemessen an obigen Maßstäben Mängel des Protokolls für sich genommen nicht die Wiederholung der Prüfung zur Folge haben. Die Bevollmächtigte der Klägerin beschränkt sich indes auf eine reine Protokollrüge, die nicht zu einer Prüfungswiederholung führt, ohne dass substantiiert gerügt wird, dass ein in tatsächlicher Hinsicht abweichender Prüfungshergang vorgelegen hat.
48
In der Niederschrift der Lehrerkonferenz vom 15. Dezember 2020 wurde zur Stellungnahme des damaligen Schulleiters festgehalten, dass er nachträglich einige Ergänzungen veranlasst habe, um die Nachvollziehbarkeit des Protokolls zu erhöhen. Dazu hätten die Angaben der Referatsdauer im 1. Prüfungsteil sowie die Aussage darüber, wer das Ende des Vortrags veranlasst habe, gehört. Im 2. Prüfungsteil sollten die beiden Protokolle der Prüfer angeglichen werden: Teils seien einzelne Fragen bei einem Prüfer durchgestrichen gewesen, während beim anderen dies nicht der Fall gewesen sei, dafür seien Antwortteile neben diesen nicht durchgestrichenen Fragen vorhanden gewesen. Hier sollte eine Angleichung vorgenommen werden, um die Nachvollziehbarkeit des Protokolls zu erhöhen. Eine Änderung der Bewertung sei nicht vorgenommen worden. Auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung teilt die Klägerin mit, dass in den Protokollen der Prüfer nach ihrer ersten Einsichtnahme jeweils große doppelt durchgestrichene Fehlzeichen ergänzt worden seien. Wo genau könne sie allerdings nicht sagen. Jedoch seien Anmerkung mit einem kräftiger schreibenden Stift sowie zwei unterschiedliche Schreibweisen des Fehlzeichens festzustellen. Der Prüfer N. erklärt, nachträglich nichts geändert zu haben. Der Prüfer S. führt aus, er habe lediglich auf Bitten des damaligen Schulleiters auf dem Bogen „Niederschrift über die Kolloquiumsprüfung“ die Prüfungszeiten und die Referatsbeendigung durch die Klägerin ergänzt.
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Aus Sicht des Gerichts ist es plausibel, worauf auch die Schulleiterin hingewiesen hat, dass aufgrund des zeitlichen Drucks während der laufenden Prüfung nicht beide Prüfer alle Aspekte vollumfassend festhalten können. So sei etwa die interne Aufgabenverteilung üblich, dass ein Prüfer sich auf den Inhalt, der andere vornehmlich auf die Sprache fokussiere. Dies erklärt nach Überzeugung des Gerichts ein anderes Schriftbild, zumal wenn während der anschließenden Beratung das eigene Protokoll um Aspekte ergänzt und vervollständigt wird. So ist nach Ansicht des Gerichts auch denkbar, dass tatsächlich nicht gestellte Fragen aus der linken Spalte des „Bewertungsbogens“ auch noch während der Beratung gestrichen wurden, um deutlich zu machen, dass sich die in der rechten Spalte notierten Anmerkungen auf die stattdessen gestellte Frage beziehen.
50
Sofern die Klägerin darauf verweist, dass es unklar sei, wie eine nachträgliche Ermittlung der Zeiten möglich gewesen wäre, so ergibt sich daraus kein Verfahrensmangel. Die Klägerin hat gerade nicht gerügt, dass die notierte Zeit falsch gewesen oder die vorgeschriebene Prüfungszeit missachtet worden sei.
51
Auch hinsichtlich der vermeintlich nachträglichen Ergänzung von Fehlzeichen – so diese tatsächlich nachträglich erfolgt sein sollten –, wird jedenfalls nicht dargelegt, dass diese inhaltlich unzutreffend seien und was stattdessen geantwortet worden sei. Auch wenn nachträglich im Protokoll nicht gestellte Fragen zur Erhöhung der Klarheit durchgestrichen worden sein sollten, wird jedenfalls nicht gerügt, dass gestrichene Fragen dennoch gestellt worden oder die neben diesen protokollierten Antworten der Klägerin nicht zutreffend wiedergegeben seien.
52
d) Der gerügte Austausch von Fragen aus dem „Bewertungsbogen“ der Prüfer zum Gespräch nach dem Referat und zum Prüfungsteil 2 stellt keinen Verfahrensfehler dar.
53
Die dort aufgeführten Fragen sind weder vollumfänglich zu stellen noch als abschließender Katalog anzusehen. Sie stellen vielmehr einen Fragenfundus dar, auf den die Prüfer nach Entwicklung des Prüfungsgesprächs flexibel zurückgreifen können. Auch nach dem Wortlaut des § 50 Abs. 2 Satz 5 GSO, wonach der zuständige Fachausschuss die Themen für die Kurzreferate festlegt, ergibt sich im Umkehrschluss, dass die übrigen Fragen nicht vorab fixiert werden müssen. Die Auswahl der Fragen obliegt den Prüfern. Es ist nicht ersichtlich, weshalb die gestellten Fragen so nicht hätten gestellt werden dürfen. Widersprüchlich erscheint der Vortrag, dass einerseits leichtere, auf Wissensreproduktion gerichtete Fragen nicht hätten gestrichen werden dürfen, andererseits aber eine solche nach den Provinzen Kanadas aus eben diesen Gründen nicht hätte gestellt werden dürfen. Auch ist nicht erforderlich, dass die Fragen in der konkreten Form bereits Teil des Unterrichts waren oder diesbezüglich gar ein Hefteintrag aufgeschrieben wurde. Vielmehr kann und soll die Übertragung des gelernten Wissens auf unbekannte Fragestellungen abgeprüft werden. Dass insofern Prüfungsgrundsätze missachtet wurden, ist nicht substantiiert dargelegt worden und im Übrigen auch nicht ersichtlich.
54
e) Die Auswahl der Textgrundlage des Referatsthemas ist seitens des Gerichts nicht zu beanstanden.
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Der Prüfungsteil 1 besteht nach § 50 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GSO aus einem ca. 10-minütigen Kurzreferat zum gestellten Thema aus dem gewählten Schwerpunkt sowie einem Gespräch ausgehend vom Kurzreferat von weiteren 5 Minuten. Laut dem KMS vom 18. Juli 2018 (V.6 – BS 5500 – 6b.67129) können Textgrundlagen mit einer Länge von 200-300 Wörtern zum Referatsthema vorgelegt werden. Die Prüflinge bearbeiten „anhand von gestellten Aufgaben ihnen nicht bekanntes bzw. im Fall von literarischen Vorlagen im Unterricht nicht im Sinne der Aufgabenstellung besprochenes Material auf der Grundlage eines oder gegebenenfalls mehrerer authentischer Ausgangstexte in der Fremdsprache, wobei ein erweiterter Textbegriff zugrunde gelegt wird.“ (Seite 3 des KMS vom 18.7.2018).
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Die Klägerin wählte als Schwerpunktthema „Shakespeare, Romeo and Juliet“ und erhielt einen Auszug aus der Szene 4 des 1. Akts, darunter auch ein Teil der Schilderung eines Traums durch Mercutio. Die Textgrundlage wahrte im Gegensatz zur ersten Kolloquiumsprüfung die im KMS vorgegebene maximale Wortanzahl. In dem Referat waren sinngemäß folgende drei Aufgabenstellungen zu behandeln: 1. Zusammenfassung des Dramenausschnitts und Kontextualisierung im Drama 2.) Äußerung zur Rolle Benvolios in dem Stück ausgehend von dem Textausschnitt und dem Hintergrundwissen 3.) Benennung von vier Gegenpolen in dem Drama, davon zwei detaillierte Beschreibungen.
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Die Klägerin erläutert in der mündlichen Verhandlung, dass der Prüfer N. ausnahmsweise diese Passage aufgrund der Komplexität selbst im Unterricht vorgelesen habe. Im Lektüretext habe sie dazu notiert, dass die Traumpassage insbesondere hinsichtlich der Sprache viel zu schwer sei. Inhaltlich gebe es sonst in der Szene nicht mehr viel. Der Prüfer N. bekräftigt seine Aussage aus der Stellungnahme, er habe den Schülern gesagt, dass die Passage so nicht drankommen werde. Ferner präzisiert er, dass sich dies lediglich auf die Traumpassage bezogen habe. Die Beteiligten sind sich somit nach Auffassung des Gerichts darüber einig, dass sich die Äußerung lediglich auf die Traumpassage, die nur einen Teil der Szene ausmacht, und nicht die gesamte 4. Szene des 1. Akts bezog.
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Deshalb kommt das Gericht zu der Überzeugung, dass die Aufgabenstellung des Referats – auch unter Beachtung der Äußerungen des Prüfers N. im Unterricht – nicht zu beanstanden ist.
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Die Szene wurde sogar gemeinsam im Unterricht gelesen und besprochen. Dies „entschärft“ die als besonders schwierig eingestufte Sprache der Traumpassage. Das Gericht kann auch keinen kompletten Ausschluss der Traumpassage vom Prüfungsstoff durch die Aussage des Prüfers N. erkennen. Dieser hat überzeugend dargelegt, dass er sich dahingehend geäußert habe, dass die Traumpassage isoliert und allein nicht für eine Prüfung geeignet sei. Dem hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auch nicht explizit widersprochen. Dass sie darüber erstaunt war, die Traumpasssage in der Prüfung überhaupt zu lesen, war somit ihre eigene Schlussfolgerung aus den Aussagen des Prüfers N. und den eigenen Anmerkungen in ihrem Lektüretext. Eine isolierte Prüfung der Traumstelle erfolgte in der Prüfung gerade nicht. Es wurde lediglich eine „kleine Zusammenfassung“ (Zitat Prüfer S.) erwartet, mehr sei mit der Nachfrage „explain dream“ nicht gefordert gewesen. Der Traum war zu erwähnen, ohne dass hierauf der Fokus lag, was sich auch aus den „possible answers“, dem Erwartungshorizont der Prüfer, ergibt. Daran ändert sich auch nichts durch die Anmerkung, dass der „dream’s content“ (Bl. 76 BA) gefehlt habe. Diese Inhaltszusammenfassung war gerade Teil der Aufgabe, die allerdings einen kleinen Teil des gesamten Referats ausgemacht hat, zumal der übrige Textausschnitt noch wichtige inhaltliche Aspekte enthielt. Die Klägerin hat auch eingeräumt, sich auf das Davor und Danach bezogen zu haben, weil sie zu der Traumpassage selbst nichts habe sagen können. Der Stichpunkt in den possible answers „he describes her in all details“ bezieht sich darauf, dass die Schilderung Mercutios bzgl. seines Traums sehr detailreich ist. Damit ist aber vom Prüfling keine detailreiche Schilderung der Traumpassage gefordert gewesen, wie die Bevollmächtigte der Klägerin dies zu interpretieren scheint. Auch quantitativ beziehen sich lediglich drei der neun Punkte aus dem Erwartungshorizont zur ersten Referatsfrage auf die Traumpassage. Ferner wurde in dem Ausschnitt die Traumpassage auch nur gekürzt wiedergegeben. Die Fragen 2 und 3 des Referats haben mit der gesamten Textpassage allenfalls noch geringfügige Berührungspunkte; die Traumpassage spielt darin keinerlei Rolle mehr.
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f) Auch die weiteren Rügen insbesondere der Ziff. 8 der Klagebegründung bleiben ohne Erfolg.
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Es ist nicht substantiiert dargelegt, was die Klägerin konkret geantwortet hat und inwieweit dies nicht oder als unvertretbar bewertet wurde. Die Klägerin stellt vielmehr ihre Bewertungsvorstellung (etwa „die in Teil 1 gestellten Fragen wurden zum großen Teil beantwortet“) der Bewertung der Prüfer in Form einer Behauptung gegenüber. Aus der oben dargestellten eingeschränkten gerichtlichen Kontrolldichte resultiert jedoch, dass die Prüferbewertung der gerichtlichen Kontrolle entzogen ist, solange nicht Bewertungsfehler substantiiert dargelegt worden sind. Die Einwände decken sich ferner zum Teil mit bereits zuvor erhobenen Rügen (etwa Austausch vom Fragen und die im Unterricht nicht besprochene Frage zu „Trump and the American Dream“). Auch ist festzuhalten, dass das Gericht keine erheblichen Unterschiede zwischen den Anmerkungen der Prüfer feststellen kann. Sofern die Bevollmächtigte der Klägerin diese darin erkennen will, dass der Prüfer S. relativ gesehen weniger Fehlzeichen als der Prüfer N. anmerke, ist dies dem Umstand geschuldet, dass der Prüfer N. nahezu ausschließlich die Lücken in der rechte Spalte notiert, während der Prüfer S. kleinschrittiger vorgeht und auch direkt in der Mittelspalte bei den „possible answers“ positive Aspekte kennzeichnet. Insoweit ist auch auf die Ausführungen zum Protokoll zu verweisen, wonach Lücken mangels Wortprotokoll gerade immanent sind und allein der tatsächliche Prüfungsverlauf für die Bewertung maßgeblich ist (s. 3.c)).
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4. Die Klage ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708ff. ZPO.