Titel:
Verbot der Führung der Dienstgeschäfte, Zwingende Gründe, Gesundheitliche Beeinträchtigungen, Private Belastungssituation, Objektive Gefährdungslage
Normenketten:
BeamtStG § 39
BayBG Art. 6 Abs. 4
Schlagworte:
Verbot der Führung der Dienstgeschäfte, Zwingende Gründe, Gesundheitliche Beeinträchtigungen, Private Belastungssituation, Objektive Gefährdungslage
Fundstelle:
BeckRS 2024, 18315
Tenor
I. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte wird wiederhergestellt.
II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
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Die 1991 geborene Antragstellerin steht als Polizeiobermeisterin bei einer Polizeiinspektion in M* … im Dienste des Antragsgegners.
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Sie wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit eines ihr gegenüber ausgesprochenen Verbotes der Führung der Dienstgeschäfte sowie weiterer begleitender Maßnahmen.
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Mit Schreiben vom *. Februar 2022 vergab der Antragsgegner an den Polizeiärztlichen Dienst den Auftrag, die Antragstellerin zu untersuchen und erließ mit Schreiben vom … Februar 2022 eine Untersuchungsanordnung zur Überprüfung der Polizeidienstfähigkeit der Klägerin und ordnete mit Schreiben vom … Juni 2022 eine externe psychiatrische und testpsychologische Begutachtung beim Klinikum … … … an. Mit Gesundheitszeugnis vom … Oktober 2022 schloss sich der Ärztliche Dienst der Bayerischen Bereitschaftspolizei den Feststellungen im externen psychiatrischen und testpsychologischen Gutachten vom … September 2022 an, wonach bei der Antragstellerin eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typ vorliege. In diesem externen Gutachten, das sich die Amtsärztin zu eigen macht, wurde festgestellt, dass die Antragstellerin polizeidienstunfähig sei, jedoch für den Verwaltungsdienst (Innendienst) und eine entsprechende Umschulung aktuell gesundheitlich geeignet sei. Sie solle dort einer Tätigkeit mit wenig Verantwortung und wenig Konfliktpotential mit Vorgesetzen und Kollegen nachgehen. Mit Blick auf die Diagnose und den Verlauf der letzten Jahre sei innerhalb zweier Jahre nicht mit einer vollen Verwendungsfähigkeit im Polizeivollzugsdienst zu rechnen. Diese Untersuchungsanordnung ist Gegenstand eines weiteren Eilverfahrens (M 5 E 24.1883).
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Im Rahmen eines Personalgesprächs vom *. April 2024, über das eine Niederschrift abgefasst wurde, wurde der Antragstellerin eröffnet, dass ihr aus Fürsorgegründen das Führen der Dienstgeschäfte untersagt werde. Nach dem Vortrag des zugrundeliegenden Sachverhalts bekam die Antragstellerin die Gelegenheit zur Stellungnahme. Sodann wurde der Antragstellerin gegenüber im Auftrag des Polizeipräsidenten Folgendes erklärt:
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„1. Ihnen wird aus zwingenden dienstlichen Gründen mit sofortiger Wirkung die Führung Ihrer Dienstgeschäfte nach § 39 BeamtStG i.V.m. Art. 6 Abs. 4 BayBG verboten.
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2. Ihnen wird für sämtliche Räume des Polizeipräsidiums München ein Hausverbot in Gestalt eines Betretungsverbots erteilt. Das Betreten dieser Räumlichkeiten ist Ihnen ab sofort nur nach vorheriger Genehmigung des Hausrechtsinhabers gestattet oder für den Fall, dass Ihr Erscheinen angeordnet wird, Sie nach vorheriger Anmeldung bei dem zuständigen Dienststellenleiter vorsprechen oder dass Sie eine Anzeige erstatten oder Hinweise auf anderweitige polizeilich relevante Sachverhalte geben wollen.
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3. Es wird Ihnen untersagt, Dienstkleidung zu tragen und die Dienstwaffe zu führen. Sie haben sämtliche in Ihrem Besitz befindlichen Ausrüstungsgegenstände herauszugeben, insbesondere die Dienstwaffe, das Pfefferspray, den Dienstausweis, den Polizeiführerschein, die MVV-Sondernetzkarte sowie alle Dienstschlüssel. Damit dürfen Sie auch die sog. „Freifahrtregelung“ nicht mehr in Anspruch nehmen.
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4. Die sofortige Vollziehung der in den Ziffern 1. bis 3. getroffenen Verfügungen wird angeordnet.“
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Die Antragstellerin erhielt noch am selben Tag einen Abdruck einer Niederschrift über das geführte Personalgespräch, in dem die mündlich ausgesprochenen Verbote schriftlich bestätigt wurden. Hierin heißt es unter anderem, dass zwingende dienstliche Gründe für das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte vorlägen. Denn es bestünden erhebliche Zweifel an der Dienstfähigkeit der Antragstellerin. Es stehe im Raum, dass die Antragstellerin wegen einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung polizeidienstunfähig sei. Derzeit sei eine erhebliche Auswirkung ihrer gesundheitlichen Einschränkungen und privaten Belastungssituation auf den Dienstbetrieb mit kontinuierlichen Steigerungen feststellbar. Die Freistellung der Antragstellerin vom Dienst stelle sicher, dass bis zur Klärung des Gesundheitszustandes der Dienstbetrieb weiter gewährleistet werde. Um den Vollzug des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte zu gewährleisten, seien das Hausverbot sowie das Herausgabeverlangen als flankierende Maßnahmen notwendig und erforderlich.
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Hiergegen hat die Antragstellerin am … April 2024 Widerspruch eingelegt, über den soweit ersichtlich noch nicht entschieden worden ist.
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Mit anwaltlichem Schreiben vom 18. April 2024, eingegangen bei Gericht am selben Tag, hat die Antragstellerpartei einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gegen den angeordneten Sofortvollzug gestellt. Zur Begründung wird angeführt, dass keine Umstände vorlägen, die eine weitere Ausübung der Dienstgeschäfte durch die Antragstellerin rechtfertigen würden. Der Verweis auf die polizeiärztliche Untersuchung vom … Juli 2022, in der die Antragstellerin wegen einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typ als polizeidienstunfähig eingestuft worden sei, genüge hierfür nicht. Auf diesem Untersuchungsergebnis könne die Anordnung nicht basieren, da es bereits zwei Jahre alt und damit überholt sei. Ein neues Gutachten vom *. März 2024 des Dr. med. S., Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie zeige, dass die Beamtin voll dienstfähig sei. Ein störungsfreier Dienstbetrieb sei damit auch weiterhin gewährleistet. Da bereits das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte rechtswidrig sei, seien auch die ergänzenden Maßnahmen seien nicht notwendig.
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Die Antragstellerseite hat beantragt,
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die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom … April 2024 gegen das am *. April 2024 mündlich ausgesprochene Verbot der Führung der Dienstgeschäfte, gegen das Hausverbot in Gestalt eines Betretungsverbots für sämtliche Räume des Polizeipräsidiums M* …, gegen die Untersagung Dienstkleidung zu tragen und die Dienstwaffe zu führen und gegen das Herausgabeverlangen sämtlicher in Besitz der Widerspruchsführerin befindlichen Ausrüstungsgegenstände herauszugeben, wiederherzustellen.
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Der Antragsgegner hat die Akten vorgelegt, ohne sich im Verfahren zu äußern.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegte Behördenakte in diesem Verfahren sowie im Verfahren M 5 E 24.1883 verwiesen.
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Der zulässige Antrag ist begründet.
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1. Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen einen Verwaltungsakt ganz oder teilweise wiederherstellen, wenn die sonst nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO eintretende aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs dadurch entfallen ist, dass die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten besonders angeordnet hat.
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Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO nimmt das Gericht eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage vor und trifft eine eigene originäre Entscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind – die für eine sofortige Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts oder die für die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs streitenden. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, wenn auch nicht als einziges Indiz zu berücksichtigen (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 80 Rn. 89 ff.). Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Rechtmäßigkeit ist der Zeitpunkt der Anordnung des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte (BayVGH, B.v. 20.3.2017 – 3 ZB 16.921 – juris Rn. 12 ff. m.w.N.; OVG NW, B.v. 25.3.2021 – 6 B 2055/20 – juris Rn. 18; Conrad in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand April 2024, § 39 BeamtStG Rn. 60). Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist nur möglich, wenn nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vorzunehmenden summarischen Prüfung grundlegende Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnung bestehen (Conrad in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: April 2024, § 39 BeamtStG Rn. 59). Ergibt sich hingegen, dass der Rechtsbehelf oder die Klage voraussichtlich erfolglos sein werden, scheidet eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung aus.
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2. Hiervon ausgehend war die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherzustellen, weil die summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage im vorliegenden Fall ergibt, dass durchgreifende Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des mündlich ausgesprochen und schriftlich niedergelegten für sofort vollziehbar erklärten Verbotes der Führung der Dienstgeschäfte vom *. April 2024 bestehen.
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a) Gemäß § 39 Satz 1 Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz – BeamtStG) i.V.m. Art. 6 Abs. 4 Satz 1 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG) kann die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde einem Beamten aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verbieten.
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Zwingende dienstliche Gründe liegen vor, wenn bei einer weiteren Ausübung des Dienstes durch den Beamten auf seinem bisherigen Dienstposten der Dienstbetrieb erheblich beeinträchtigt würde oder andere gewichtige dienstliche Nachteile ernsthaft zu besorgen wären. Die zu befürchtenden Nachteile müssen so gewichtig sein, dass dem Dienstherrn die Führung der Dienstgeschäfte durch den Beamten bis zur abschließenden Klärung und Entscheidung nicht zugemutet werden kann (BayVGH, B.v. 20.3.2017 – 3 ZB 16.921 – juris Rn. 5 f.; OVG NW, B.v. 30.7.2015 – 6 A 1454/13 – juris Rn. 4 ff.; B.v. 17.6.2013 – 6 A 2586/12 – juris Rn. 11 ff.). Dies kann bereits bei Vorliegen des bloßen Verdachtes einer Straftat oder einer Dienstpflichtverletzung oder auch auf einem durch wesentliche Unstimmigkeiten gestörten Vertrauensverhältnis der Fall sein, wenn dadurch eine ernsthafte Beeinträchtigung des Dienstbetriebes zu befürchten ist (Conrad, a.a.O., § 39 BeamtStG Rn. 26).
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Ob zwingende Gründe für ein Amtsführungsverbot aufgrund einer objektiven Gefährdungslage für die Aufgabenerfüllung durch die Verwaltung gegeben sind, die es dem Dienstherrn unzumutbar machen, dass der Beamte weiterhin bis zur abschließenden Klärung des Sachverhalts und Entscheidung über disziplinarrechtliche Maßnahmen, die Rücknahme der Ernennung oder Beendigung des Beamtenverhältnisses die Dienstgeschäfte führt, kann nur aufgrund der Umstände des Einzelfalles entschieden werden. Als unbestimmter Rechtsbegriff unterliegt das Vorliegen „zwingender dienstlicher Gründe“ der vollen gerichtlichen Kontrolle (vgl. OVG NW, B.v. 14.9.2021 – 6 B 1198/21 – juris Rn. 12; B.v. 25.3.2021 – 6 B 2055/20 – juris Rn. 19; B.v. 30.7.2015 – 6 A 1454/13 – juris Rn. 7).
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Auch ein schuldloses, nicht dienstwidriges Verhalten kann einen zwingenden Grund bilden, etwa, wenn begründete Zweifel am Geisteszustand oder der dringende Verdacht der fehlenden gesundheitlichen Eignung besteht. Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn bei einer weiteren Dienstausübung erhebliche Gefährdungen entstehen können (vgl. Conrad in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: April 2024, § 39 BeamtStG Rn. 26).
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b) Hiervon ausgehend bestehen durchgreifende Bedenken an der materiellen Rechtmäßigkeit des für sofort vollziehbar erklärten Verbotes der Führung der Dienstgeschäfte vom … April 2024. Denn der Dienstherr hat in der Niederschrift zum Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nicht dargelegt, dass bei einer Weiterbeschäftigung der Antragstellerin eine ernsthafte bzw. erhebliche Beeinträchtigung des Dienstbetriebs zu erwarten steht.
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Der Antragsgegner begründet das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte mit erheblichen Auswirkungen der gesundheitlichen Einschränkungen und der privaten Belastungssituation auf den Dienstbetrieb mit einer kontinuierlichen Steigerung. Der Niederschrift über das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte sind jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass eine ernsthafte Störung des Dienstbetriebs zu befürchten wäre.
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aa) Soweit der Antragsgegner das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte auf erhebliche Zweifel an der Dienstfähigkeit der Antragstellerin stützt, können zwar begründete Zweifel am Geisteszustand oder der dringende Verdacht der fehlenden gesundheitlichen Eignung dazu führen, dass sogar ein schuldloses, nicht dienstwidriges Verhalten einen zwingenden Grund für ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte bildet. Dies gilt jedoch nur dann, wenn bei einer weiteren Dienstausübung erhebliche Gefährdungen entstehen können (vgl. Conrad in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: April 2024, § 39 BeamtStG Rn. 26).
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Die in der Niederschrift genannten Sachverhalte vermögen einen dringenden Verdacht der fehlenden gesundheitlichen Eignung nicht zu begründen. Im zuletzt erstellten amtsärztlichen Gutachten vom … Oktober 2022 wird der Antragstellerin – trotz der diagnostizierten Persönlichkeitsstörung – die generelle Eignung für den Verwaltungsdienst attestiert. Der Dienstherr hat keine Umstände vorgetragen, die auf eine neuerliche Verschlechterung des psychischen Leidens hinweisen und dementsprechend auch einen Einsatz im Verwaltungsdienst ausschließen würden. Ein Vortrag in diese Richtung wäre besonders vor dem Hintergrund zu erwarten gewesen, da die Antragstellerseite ein privatärztliches Gutachten vom *. März 2024 des Dr. med. S., Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie vorgelegt hat, das der Beamtin die volle Dienstfähigkeit, auch die Polizeivollzugsdienstfähigkeit attestiert. Es ist aufgrund des vorgetragenen Sachverhalts nicht erkennbar, dass sich die gesundheitlichen Auswirkungen seit der Erstellung des Gutachtens vom … Oktober 2022 verschlechtert hätten. In diesem Zusammenhang reicht es für den dringenden Verdacht der fehlenden gesundheitlichen Eignung nicht aus, dass sich eine Beamtin ggf. durch ihre Beschwerden an verschiedenste Stellen, unter anderem beim Polizeipräsidenten, „unbeliebt“ gemacht haben könnte.
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Darüber hinaus hat der Dienstherr nicht dargelegt, wie sich etwaige gesundheitliche Einschränkungen in einer Weise auf die Erfüllung der Dienstaufgaben auswirken, dass eine erhebliche Gefährdung der Dienstgeschäfte zu befürchten wäre. Es ist nicht erkennbar, wieso dem Dienstherrn die Führung der Dienstgeschäfte durch die Beamtin bis zu einer weiteren Klärung des Gesundheitszustandes nicht zugemutet werden könnte.
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Die Kammer verkennt nicht, dass das Arbeitsumfeld durch die emotional instabile Persönlichkeit der Antragstellerin belastet sein mag. Es ist jedoch Sache des Dienstherrn, auf Grundlage objektiver Tatsachen die Befürchtung einer erheblichen Gefährdung der Dienstgeschäfte zu begründen. Die Feststellungen in der Niederschrift zum Verbot der Führung der Dienstgeschäfte vom *. April 2024 tragen die Prognose einer ernsthaften Beeinträchtigung des Dienstbetriebs nicht. Die vorgetragenen Sachverhalte lassen – auch in einer Gesamtbetrachtung – erhebliche Auswirkungen der gesundheitlichen Einschränkungen und der privaten Belastungssituation auf den Dienstbetrieb nicht erkennen. Angesichts der hohen Schwelle für ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte müssen hierzu konkrete Sachverhalte mitgeteilt werden, die eine Gefährdung des ordnungsgemäßen Dienstbetriebs durch die Beamtin nahelegen. Das Gericht verkennt nicht, dass die Zusammenarbeit mit der Antragstellerin mitunter konfliktträchtig sein mag. Es sind jedoch keine Umstände konkret dargelegt, dass dadurch die Schwelle der Gefährdung eines ordnungsgemäßen Dienstbetriebs überschritten wird.
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Wenn beispielsweise im Persönlichkeitsbild der Antragstellerin vom … Januar 2024 angegeben wird, dass sie bei Gesprächen mit Dienststellenleitern und Kollegen Sachargumenten oft nicht zugänglich sei, auf ihrer Meinung beharre und bei bestimmten Trigger-Wörtern stark emotional reagiere, sodass sie ihr entgegenkommende Maßnahmen als Gängelung empfinde, sie selten konzentriert arbeite und Hinweise und Kritik als persönlichen Angriff auffasse, mag es durchaus sein, dass diese Verhaltensweisen die Zusammenarbeit mit der Antragstellerin unter Umständen stark belasten. Gleichwohl ist für die Kammer nicht erkennbar, inwieweit bei einem Einsatz der Antragstellerin im Verwaltungsdienst als Erhebungsbeamtin erhebliche Gefährdungen für den ordnungsgemäßen Dienstbetrieb entstehen könnten.
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Auch wenn dargelegt wird, dass Qualität und Quantität der Arbeitsergebnisse unterdurchschnittlich seien und Vorgänge über Monate hinweg nicht zu Ende bearbeitet worden seien, sodass bei zwei Vorgängen möglicherweise Verjährung eingetreten sei, kann hieraus nicht per se abgeleitet werden, dass der Dienstbetrieb ernsthaft beeinträchtigt wäre. Gleiches gilt für den Vortrag, dass einige Vorgänge der Antragstellerin an Kollegen zur Bearbeitung übertragen worden seien. Hierdurch wird die Schwelle einer ernsthaften Beeinträchtigung des Dienstbetriebs nicht erreicht. Denn gewisse und im Einzelfall erforderliche Entlastungsmaßnahmen einzelner Mitarbeiter sind in der Praxis nicht unüblich und rechtfertigen ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nicht. Dafür, dass die notwendigen Entlastungsmaßnahmen so außergewöhnlich umfangreich gewesen wären, dass durch die Minderleistung der Antragstellerin der ordnungsgemäße Dienstbetrieb gefährdet gewesen wäre, ist von Antragsgegnerseite konkret nichts vorgetragen.
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bb) Es gelingt dem Antragsgegner auch nicht, darzulegen, dass die private Belastungssituation die Erfüllung der Dienstaufgaben in einer Weise beeinträchtigt, dass bei einer weiteren Dienstausübung mit erhebliche Gefährdungen zu rechnen wäre.
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Soweit der Antragsgegner auf den Vorfall vom … Februar 2024 Bezug nimmt, als die Antragstellerin ihre kranke Tochter mit auf die Dienststelle genommen habe und sich daraufhin zum Bayerischen Staatsministerium des Inneren, für Sport und Integration begeben habe, vermag dieser Vorfall das uneinsichtige und überzogene Verhalten der Antragstellerin verdeutlichen; erhebliche Gefährdungen für den Dienstbetrieb sind aus diesem einmaligen Vorfall jedoch nicht ableitbar.
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Wenn der Antragstellerin vorgehalten wird, sie habe bei einer Verhandlung vor dem Amtsgericht Fürstenfeldbruck nach einem schriftlichen Vermerk der zuständigen Richterin bedrohlich gewirkt, als die Antragstellerin gesagt habe, sie werde sich wieder in den Polizeidienst versetzen und Maßnahmen ergreifen, wenn gegen sie hier weiter in denunzierender Weise vorgegangen werde, wird auch hier eine erhebliche Gefährdung des Dienstbetriebs nicht erkennbar. Dieses Verhalten ist in den Kontext eines privaten Sorgerechtsstreits einzuordnen. Die Formulierung, „Maßnahmen“ ergreifen zu wollen, ist so unbestimmt, dass hieraus nicht abgeleitet werden kann, dass die Antragstellerin beabsichtigt, ihre dienstliche Stellung für private Zwecke zu missbrauchen. Es kann kein zwingender Zusammenhang hergestellt werden, dass die sachgerechte Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben der Antragstellerin durch das im privaten Sorgerechtsstreit gezeigte Verhalten beeinträchtigt werden könnte.
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c) Da bereits das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach summarischer Prüfung rechtswidrig ist, gilt dies entsprechend auch für die das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte flankierenden Maßnahmen. Dahinstehen kann, ob das Verbot des Führens einer Dienstwaffe vor dem Hintergrund, dass ein amtsärztliches Gutachten vom *. Oktober 2022 die Polizeidienstfähigkeit festgestellt hat, rechtmäßig ist, auch wenn der Dienstherr die Antragstellerin nie für polizeidienstunfähig erklärt hat und seit der Begutachtung nahezu zwei Jahre vergangen sind. Denn eine Teilung der in Nr. 3 der Anordnung genannten Maßnahmen ist nicht möglich.
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3. Der Antragsgegner hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.
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Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes – GKG – i.V.m. der Empfehlung in Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.