Titel:
Anordnung zur Wiederherstellung eines zerstörten Feldgehölzes nebst Zwangsgeldandrohung
Normenketten:
BayNatSchG Art. 6 Abs. 4 S. 1
VwZVG Art. 29 Abs. 1, Art. 31 Abs. 2 S. 1
Leitsätze:
1. Bei einem Feldgehölz handelt es sich um einen kleinflächigen Baum- oder Strauchbestand in der Feldmark, der meist unregelmäßig begrenzt ist. Ein Feldgehölz befindet sich in der freien Natur, wenn es auf einer Fläche außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile wächst, die nicht durch bauliche oder sonstige Anlagen verändert ist. Dabei können auch größere Flächen innerhalb von bebauten Gebieten Bestandteil der freien Natur sein. Entscheidend für die Beurteilung sind die tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort. Von einer Rodung ist auszugehen, wenn die ganze Pflanze einschließlich ihrer Wurzeln beseitigt wird. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ausgleichsmaßnahmen liegen vor, wenn und sobald die beeinträchtigenden Funktionen des Naturhaushalts in gleichartiger Weise wiederhergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wiederhergestellt oder neu gestaltet ist. Die Maßnahme muss so beschaffen sein, dass in dem betroffenen Natur- bzw. Landschaftsraum ein Zustand herbeigeführt wird, der den früheren Zustand in der gleichen Art und mit der gleichen Wirkung fortführt. Erforderlich ist die Schaffung eines gleichartigen Biotops vom selben Typ, das in der spezifischen Standorteigenschaft und der Flächenausdehnung mit dem zerstörten oder beeinträchtigten Biotop im Wesentlichen übereinstimmt. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei der Anordnung von Maßnahmen nach § 17 Abs. 8 BNatSchG hat die Behörde grundsätzlich die Wahl, ob sie sich für Kompensationsmaßnahmen nach § 15 BNatSchG oder für die Anordnung der Wiederherstellung entscheidet. Bei der Auswahl sind in erster Linie die Erfordernisse des Naturschutzes und der Landschaftspflege maßgebend. Die Wiederherstellung des früheren Zustands ist jedoch im Sinne des Prinzips der Erhaltung des Status quo primäres Instrument zur Beseitigung der Folgen eines illegalen Eingriffs. Ist sie tatsächlich möglich und erfordert einen verhältnismäßigen Aufwand, kann der Betroffene nicht einwenden, dass Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen billiger wären. Lediglich wenn die Wiederherstellung nicht sachgerecht ist, weil sie zum Beispiel die eingetretene Beeinträchtigung vergrößern würde, sind Kompensationsmaßnahmen vorzuziehen. (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Naturschutzrechtliche Anordnung zur Wiederherstellung eines Feldgehölzes, gesetzlich geschütztes Biotop, Eingriff in Natur und Landschaft, Verhältnismäßigkeit, Feldgehölz, Rodung, Ausgleichsmaßnahme, Kompensationsmaßnahme, Wiederherstellung, Zwangsgeldandrohung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 1756
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in der Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen eine Anordnung zur Wiederherstellung eines zerstörten Feldgehölzes und damit verbundene Zwangsgeldandrohungen.
2
Der Kläger ist Eigentümer des Hanggrundstücks Fl.Nr. ... Gemarkung .... Der südöstliche Bereich dieses Grundstücks grenzt unmittelbar an die ... Straße an. Im nördlichen Bereich des Grundstücks befindet sich eine Geländeerhöhung, die mit Bäumen und Sträuchern bewachsen ist und die an den ...weg angrenzt. Dieser Bereich ist amtlich unter der Nummer ... (Biotopkartierung Bayern) als Feldgehölz kartiert. Im September 2021 stellte die Beklagte fest, dass die Geländeerhöhung auf einer Länge von ca. sieben Metern und einer Breite von ca. fünf Metern abgegraben und die darauf wachsenden Gehölze gerodet worden waren.
3
Nach dem Hinweis, dass es sich bei dem Gelände um ein Bodendenkmal handele, stellte der Kläger am 29. September 2021 nachträglich einen Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis nach dem Denkmalschutzgesetz (DSchG) auf Abtrag der Geländeerhöhung als Grundlage für eine Zufahrt am ...weg zu seinem Grundstück.
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Am 19. Oktober 2021 fand eine Besprechung zwischen dem Kläger und der Beklagten statt. Im Zuge der Besprechung teilte der Kläger zur Beseitigung des Feldgehölzes mit, dass er beabsichtige, auf seinem Grundstück eine Wohnbebauung zu errichten. Nachdem seitens des Stadtplanungsamtes darauf hingewiesen wurde, dass sich das Grundstück im Außenbereich befinde und somit eine Wohnbebauung nicht zulässig sei, gab der Kläger an, dass er im nördlichen Bereich des Grundstücks einen Stadel mit Strom- und Wasseranschluss errichten wolle, um das Grundstück landwirtschaftlich mit einer Viehhaltung zu nutzen.
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Am 4. November 2021 bezog eine Fachkraft für Naturschutz und Landschaftspflege zu der vom Kläger vorgenommenen Maßnahme Stellung und führte aus, dass Feldgehölze von großer Bedeutung für den Naturhaushalt und das Landschaftsbild seien, da diese für eine Vielzahl von Pflanzen- und Tierarten Lebensraum bieten würden. Durch das Entfernen der Bäume und Sträucher entfalle diese ökologische Funktion. Außerdem würden Feldgehölze natürliche Geländekanten und Hangbereiche sichern, weshalb bei der hier betroffenen Fläche durch das Entfernen der Bäume und Sträucher der Schutz des Oberbodens vor Wasser- und Winderosion beeinträchtigt sei. Das Feldgehölz solle in Lage und Qualität in den Zustand vor dem Eingriff wiederhergestellt werden, da es so die verbleibenden Restbereiche vernetzen und sinnvoll wieder ergänzen würde.
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Am 10. November 2021 nahm seitens der Beklagten das Amt 56 Umwelt und Klima (damals Amt 60.1 Umweltschutzverwaltung) Stellung. Bei der Rodung handele es sich um eine verbotene Beseitigung eines Feldgehölzes nach Art. 16 Abs. 1 BayNatSchG. Eine Ausnahme nach Art. 23 Abs. 3 BayNatSchG sei nicht gegeben, da Gründe für ein überwiegendes öffentliches Interesse nicht vorliegen würden. Ein Ausgleich des beseitigten Feldgehölzes an einer anderen Stelle des Grundstücks sei nicht möglich und allein die Wiederherstellung an derselben Stelle sinnvoll. Außerdem würde eine nachträgliche Erteilung der naturschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung zu einer negativen Vorbildwirkung dergestalt führen, dass durch die Schaffung vollendeter Tatsachen gesetzliche Verbote umgangen werden könnten.
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Der Antrag vom 29. September 2021 auf Erteilung einer Erlaubnis nach dem Denkmalschutzgesetz zum Abtrag der Geländeerhöhung wurde mit Bescheid vom 9. Dezember 2021 abgelehnt, weil sich im antragsgegenständlichen Bereich das Bodendenkmal ... (mittelalterliche und frühneuzeitliche Befunde im Bereich von Schloss ... und seinen Vorgängerbauten, darunter die mittelalterliche Burg) befinde. Eine Erlaubnis nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Denkmalschutzgesetz (BayDSchG) könne nicht erteilt werden, da Versagungsgründe i.S.d. Art. 7 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG vorliegen würden. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 11. Januar 2022 beim Verwaltungsgericht Augsburg Klage (Au 4 K 22.76). Nach Rücknahme des Antrags auf Erteilung einer Erlaubnis nach dem Denkmalschutzgesetz wurde das Verfahren nach übereinstimmender Erledigungserklärung mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 18. Januar 2023 eingestellt.
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Mit Schreiben vom 17. Dezember 2021 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass es sich bei den vorgenommenen Rodungsarbeiten um die verbotene Beseitigung bzw. Zerstörung eines geschützten, amtlich kartierten Feldgehölzes handele. Da nach Ansicht der Beklagten auf andere Weise kein rechtmäßiger Zustand hergestellt werden könne, beabsichtige sie die Herstellung des früheren Zustands anzuordnen. Dem Kläger wurde hierzu Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 21. Januar 2022 gegeben. Eine solche erfolgte zunächst nicht.
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Mit Schreiben vom 7. November 2022 an die Beklagte führte der Kläger sodann aus, dass das streitgegenständliche Grundstück mit einem landwirtschaftlichen Stadel bebaut werden solle, der zur Unterbringung von Gegenständen und dem vorübergehenden Schutz von Tieren dienen solle. Dieser sei im nordöstlichen Bereich des Grundstücks geplant, da hier eine bessere Zufahrt zum Gelände möglich sei. Die Zufahrt über den ...weg sei grundbuchrechtlich gesichert. Die alternative Zufahrt über die ...straße würde zu einer unübersichtlichen, gefährlichen Verkehrssituation führen. Die Abtragung des Erdwalls sei zumutbar, da dieser bereits von allen Nachbarn abgetragen worden sei und es sich lediglich um Ablagerungen aus der Neuzeit handele. Außerdem würden sich dort keine schützenswerten Bodendenkmäler feststellen lassen.
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Mit Schreiben vom 19. Januar 2023 nahm die Beklagte erneut Bezug auf ihr Schreiben vom 17. Dezember 2021. Dabei wurde dem Kläger nochmals Gelegenheit zur Stellungnahme in Bezug auf die beabsichtigte Anordnung zur Wiederherstellung des zerstörten Feldgehölzes bis zum 28. Februar 2023 gegeben.
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Mit E-Mail des Klägers vom 28. Februar 2023 führte dieser aus, dass er das Grundstück als Landwirtschaftsfläche erworben habe und dieses somit auch entsprechend nutzen werde. Dafür sei eine Zufahrt, Strom, Wasser und Abwasser nötig. Entsprechende Anträge habe er gestellt und den Bau des Stadels bei der Stadt angezeigt. Die Zufahrt vom ...weg stehe ihm grundbuchrechtlich gesichert zu. Bei dem „Wall“ handele es sich lediglich um in der Neuzeit aufgeschütteten Vogelsand. Das Feldgehölz habe außerdem ausschließlich aus ca. fünf „Haselnussboschen“ bestanden. Werde Wert daraufgelegt, dass diese an anderer Stelle auf dem Grundstück neu gepflanzt werden, so komme er dem nach.
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Am 15. März 2023 erging ein Bußgeldbescheid wegen unerlaubtem Eingriffs in das Bodendenkmal D..., in dem der Kläger zur Zahlung von 6.307,00 EUR verpflichtet wurde.
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Die Beklagte holte ein Angebot für die Beschaffung von fünf Haselsträuchern, fünf Sträuchern Blutroter Hartriegel und zwei Sträuchern Eingriffeliger Weißdorn von der Firma ... ein. Diese legte am 12. April 2023 einen Kostenvoranschlag in Höhe von 634,51 EUR vor.
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Mit Bescheid vom 10. Mai 2023 (Az.: ...) verpflichtete die Beklagte den Kläger, das bei den Rodungsarbeiten im Bereich der nördlichen Grundstücksgrenze der Fl.Nr. ... Gemarkung ... zerstörte Feldgehölz entsprechend dem beigefügten Pflanzenplan wiederherzustellen (Nr. 1). Der beseitigte Wall ist wiederherzustellen, wobei Höhe und Neigungswinkel durch die bestehenden Enden vorgegeben sind. Zur Herstellung ist das Abraummaterial wiederzuverwenden bzw. falls dies nicht mehr möglich ist, entsprechendes Bodenmaterial zu verwenden (Nr. 1.1). Nach Nr. 1.2 ist die Pflanzfläche mit 4 x Haselsträucher, 4 x Blutrote Hartriegel und 2 x Eingriffeliger Weißdorn zu bepflanzen. Die auf dem Grundstück stehende Rosskastanie ist dabei als Bestandteil des Feldgehölzes zu erhalten (Nr. 1.3) und die Wiederherstellung innerhalb von 12 Monaten ab Bestandskraft des Bescheids vorzunehmen (Nr. 1.4). Die Bepflanzung ist mit einem Wildschutzzaun zu schützen (Nr. 1.5), die Arbeiten der Gehölzpflanzung sind nach dem Stand der Technik durchzuführen (Nr. 1.6), ausgefallene Bepflanzung von mehr als 10% ist zu ersetzen (Nr. 1.7) und die Durchführung zur Abnahme anzuzeigen (Nr. 1.8). In Nr. 2 wurde die sofortige Vollziehung der Nr. 1 angeordnet. Für den Fall der nicht vollständigen oder nicht fristgerechten Erfüllung wurde hinsichtlich der Nr. 1.1 bis 1.5 Zwangsgelder jeweils in Höhe von 750,00 EUR (Nr. 3.1) und hinsichtlich der Nr. 1.6 bis 1.8 jeweils in Höhe von 250,00 EUR (Nr. 3.2) angedroht.
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Zur Begründung wird ausgeführt, dass es sich bei den vorgenommenen Rodungsarbeiten um die verbotene Beseitigung bzw. Zerstörung des nach Art. 16 Abs. 1 Nr. 1 Bayerisches Naturschutzgesetz (BayNatSchG) geschützten amtlich kartierten Feldgehölzes handele. Nach § 17 Abs. 8 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) solle die Behörde entweder Maßnahmen nach § 15 BNatSchG oder die Herstellung des früheren Zustandes anordnen, soweit nicht auf andere Weise ein rechtmäßiger Zustand hergestellt werden könne. Eine nachträgliche Legalisierung der Rodung des Feldgehölzes sei in diesem Fall nicht möglich. Eine Ausnahme nach Art. 16 Abs. 2 BayNatSchG i.V.m. Art. 23 Abs. 3 Satz 1 BayNatSchG könne auch nachträglich nicht erteilt werden, da die Beeinträchtigungen nicht ausgeglichen werden könnten und die Maßnahme auch nicht aus Gründen des überwiegenden Interesses notwendig sei. Es bestehe bei der entsprechenden Anwendung des § 17 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG aufgrund der Verweisung in Art. 16 Abs. 2 BayNatSchG keine das Ermessen beschränkende Rangfolge zwischen Anordnung von Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen nach § 15 BNatSchG und der Anordnung der Wiederherstellung. Ein Ausnahmefall, bei dem die Anordnung der Wiederherstellung nicht gerechtfertigt wäre, liege nicht vor. Die landwirtschaftliche Bewirtschaftung des Grundstücks sei auch nach Wiederherstellung des Feldgehölzes möglich. Ein weniger belastendes geeignetes Mittel sei nicht ersichtlich. Da die Wiederherstellung des früheren Zustandes erfordere, dass ein Gehölz vergleichbar der früheren Ausdehnung geschaffen werde, gehöre auch die Wiederherstellung der Aufwallung sowie die Bepflanzung mit den in der Kartierung genannten Pflanzenarten zu den erforderlichen Maßnahmen. Der Sofortvollzug werde im öffentlichen Interesse angeordnet. Aufgrund der im Verlauf des Verfahrens vom Kläger gemachten Äußerungen sei damit zu rechnen, dass vor einer gerichtlichen Entscheidung durch die Herstellung einer befestigten Zufahrt vollendete Tatsachen geschaffen würden. Die Anordnung sei deshalb geeignet und erforderlich, um dies bis zu einer gerichtlichen Entscheidung zu verhindern und keine negativen Vorbilder entstehen zu lassen. Die Androhung der Zwangsgelder stütze sich auf Art. 29, 30, 31 und 36 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG). Die Höhe der Zwangsgelder sei geeignet, erforderlich und angemessen, um sicherzustellen, dass den getroffenen Anordnungen nachgekommen werde.
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Am 24. Mai 2023 erhob der Kläger beim Verwaltungsgericht Augsburg Klage mit dem Antrag:
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Der Bescheid der Stadt ... vom 10. Mai 2023 wird aufgehoben.
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Der Kläger führt hierzu aus, dass er ein notariell beglaubigtes Wege- und Fahrtrecht vom ...weg zu seinem Grundstück in Anspruch genommen habe, als er den neuzeitlichen Wall beseitigte. Er habe das Grundstück seit dem Jahr 2015 nachweislich landwirtschaftlich genutzt. Davor sei das Grundstück verpachtet und ebenfalls landwirtschaftlich genutzt worden. Eine Zerstörung eines Biotops sei nicht erfolgt, da das komplette Grundstück als Grünland genutzt werde.
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Die Beklagte ist dem mit Schreiben vom 1. Juni 2023 entgegengetreten und beantragt,
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Der Bescheid sei sowohl formell als auch materiell rechtmäßig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 17 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG i.V.m. Art. 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG lägen vor. Nach der Biotopkartierung liege unzweifelhaft ein Feldgehölz vor. Die Lage des Grundstücks und des Feldgehölzes erfülle die Tatbestandsvoraussetzung der „freien Natur“. Eine auf Antrag zu erteilende mögliche Ausnahme nach Art. 16 Abs. 2, Art. 23 Abs. 3 Satz 1 BayNatSchG komme nicht in Betracht. Hierfür fehle es bereits an einem entsprechenden Antrag und der Darlegung eines entsprechenden Ausgleichs. Die Wiederherstellungsanordnung sei ermessensfehlerfrei, da sie geeignet, erforderlich und angemessen sei, den verbotswidrigen Zustand zu beseitigen und dadurch das Biotop wieder vernetzt werde. Des Weiteren greife das Landwirtschaftsprivileg des Art. 6 Abs. 4 BayNatSchG nicht zugunsten des Klägers ein. Standortverbessernde Maßnahmen, mit dem die landwirtschaftliche Nutzung der Fläche erst ermöglicht oder effektiver gestaltet werden sollen, würden nicht unter die Regelung des Art. 6 Abs. 4 BayNatSchG fallen.
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Der ebenfalls am 24. Mai 2023 gestellte Antrag auf Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gem. § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) (Au 9 S 23.792) wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 4. September 2023 abgewiesen. Gegen den Beschluss erhob der Kläger am 22. September 2023 Beschwerde (Az. ...). Nach Rücknahme der Beschwerde wurde das Verfahren mit Beschluss vom 10. Oktober 2023 eingestellt.
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Mit Schreiben vom 20. Dezember 2023 nahm der Bevollmächtigte des Klägers Stellung. Der Kläger habe das Grundstück in den letzten acht Jahren landwirtschaftlich als Grünland genutzt. Der Zutritt zum Grundstück aus südlicher Richtung sei zwar im Sinne von reinem Betreten möglich. Eine Anfahrt des oberen, nördlichen Teils sei aufgrund der Topografie jedoch unmöglich. Es sei außerdem zu berücksichtigen, dass Teile des Walls, die sich auf den Nachbargrundstücken befanden, bereits abgetragen wurden. Hiergegen hätte die Beklagte keine Bedenken geäußert. Der Kläger strebe eine im Außenbereich privilegierte landwirtschaftliche Nutzung des Grundstücks an. Für diese Nutzung seien weder Eingriffe in die Bodensubstanz, noch in die Flora nötig. Es sei zu beachten, dass der Kläger bereit sei, einen Ausgleich für die fünf beseitigten Haselnusssträucher zu schaffen. Der Kläger sei auch bereit, darüberhinausgehenden weiteren Ausgleich durch entsprechende Bepflanzung zu schaffen, sofern dies mit der landwirtschaftlichen Nutzung zu vereinbaren sei. Somit bestünde eine Bereitschaft, ein gem. § 15 BNatSchG gleichartiges „Biotop“ zu schaffen. Es läge aufgrund § 14 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG schon kein Eingriff vor, der gem. § 17 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG genehmigungsbedürftig wäre. Jedenfalls seien die Voraussetzungen der § 17 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG i.V.m. Art. 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG nicht erfüllt, da bereits kein Feldgehölz vorliegt. Außerdem sei der Ausnahmetatbestand des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 BayNatSchG gegeben. Ebenso könnten nicht ohne weiteres Wiederherstellungsmaßnahmen angeordnet werden. Es liege ein Ermessensausfall der Behörde vor. Ebenso sei das Landwirtschaftsprivileg des Art. 6 Abs. 4 Satz 1 BayNatSchG bzw. § 14 Abs. 2 BNatSchG einschlägig, da die Beseitigung des Walles gerade der Durchführung der Tierhaltung diene.
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Mit Schreiben vom 24. Januar 2024 führte die Beklagte aus, im Hinblick auf die bereits in der Vergangenheit erfolgte landwirtschaftliche Nutzung des Grundstücks bestehe kein vernünftiger Anlass für den erfolgten Eingriff in Natur und Landschaft. Ebenso sei eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht gegeben, da das vom Kläger vorgebrachte Nachbargrundstück nicht mehr Teil des Biotops sei. Da der Kläger entgegen der sofort vollziehbaren naturschutzfachlichen Wiederherstellungsanordnung mittlerweile auch den östlichen Restwall beseitigt habe, sei der Bescheid dahingehend anzupassen, dass der Kläger den an der westlichen Grundstücksecke bestehenden Erdwall bis zur östlichen Grundstücksgrenze fortzuführen und den ergänzend beigefügten Pflanzplan zu beachten hat.
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Mit Schriftsatz vom 26. Januar 2024 führt der Klägerbevollmächtigte weiter aus, der Wall sei weder denkmalschutzrechtlich noch naturschutzrechtlich schützenswert. Im Übrigen sei der vorgenommene Eingriff gem. § 39 Abs. 5 Nr. 3 i.V.m. § 15 Abs. 1, Abs. 2 BNatSchG zulässig und gerechtfertigt. Außerdem bilde das Biotop ...-... nicht mehr die momentan tatsächlich bestehende Vor-Ort-Situation ab.
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Am 29. Januar 2024 fand die mündliche Verhandlung statt. Auf das hierüber gefertigte Protokoll wird verwiesen.
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Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte sowie die von der Beklagten vorgelegte Behördenakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage hat keinen Erfolg.
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Die Klage ist zwar zulässig, jedoch unbegründet, da sich die streitgegenständliche Wiederherstellungsanordnung als rechtmäßig erweist und den Kläger damit nicht in seinen Rechten verletzt, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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1. Formelle Fehler des streitgegenständlichen Bescheids wurden nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich. Insbesondere wurde der Kläger vor Erlass des Bescheids gem. Art. 28 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) angehört.
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2. Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig, da alle Tatbestandsvoraussetzungen der Rechtsgrundlage vorliegen und die getroffene Maßnahme verhältnismäßig ist.
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a) Die dem Kläger auferlegte Verpflichtung zur Wiederherstellung des Feldgehölzes in Nr. 1 des Bescheids findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 BayNatSchG i.V.m. § 17 Abs. 8 BNatSchG.
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aa) Gem. Art. 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG ist es verboten, in der freien Natur Hecken, lebende Zäune, Feldgehölze oder -gebüsche einschließlich Ufergehölze oder -gebüsche zu roden, abzuschneiden, zu fällen oder auf sonstige Weise erheblich zu beeinträchtigen. Bei einem Feldgehölz handelt es sich dabei um einen kleinflächigen Baum- oder Strauchbestand in der Feldmark, der meist unregelmäßig begrenzt ist (vgl. Fischer-Hüftle/Egner/ Meßerschmidt/Mühlbauer, Naturschutzrecht in Bayern, 48. EL, Mai 2021, Art. 16 Rn. 7). Ein Feldgehölz befindet sich in der freien Natur, wenn es auf einer Fläche außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile wächst, die nicht durch bauliche oder sonstige Anlagen verändert ist. Dabei können auch größere Flächen innerhalb von bebauten Gebieten Bestandteil der freien Natur sein. Entscheidend für die Beurteilung sind die tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort (vgl. Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt/Mühlbauer, Naturschutzrecht in Bayern, 44. EL, März 2019, Art. 26 Rn. 7ff.). Von einer Rodung ist auszugehen, wenn die ganze Pflanze einschließlich ihrer Wurzeln beseitigt wird.
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bb) Gemessen an diesen Anforderungen handelt es sich bei der Beseitigung des Walls samt der darauf befindlichen Bepflanzung um eine solche verbotene Beseitigung von Feldgehölzen, für die keine Ausnahmegenehmigung vorlag.
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Ausweislich der Biotopkartierung Bayern liegt der streitgegenständliche Teil des klägerischen Grundstücks im Bereich des Biotops ...-..., dessen vorhandener Bewuchs zu 92% aus Feldgehölzen besteht und sich durch eine etwa 25 m hohe Baumschicht und eine unterschiedlich dichte Strauchschicht auszeichnet. Wie auf den in den Akten enthaltenen Bildern zu erkennen ist, handelt es sich bei der entfernten Bepflanzung um Feldgehölz und nicht, wie vom Kläger vorgetragen, um lediglich fünf „Haselnussboschen“. Der betroffene Bereich stellt sich auch als Teil der freien Natur dar. Indiz hierfür ist, dass es sich bei dem Grundstück um eine freie Wiesenfläche mit vor allem im nördlichen Bereich vorkommender Bepflanzung handelt und eine Bebauung nicht vorhanden ist. Für die Einstufung als freie Natur ist unschädlich, dass sich in der näheren Umgebung bebaute Grundstücke befinden, weil sich jedenfalls das Grundstück des Klägers nicht in einem Bebauungszusammenhang befindet. Da der Wall samt seiner Bepflanzung auf einer Länge von circa 7 Metern vollständig entfernt wurde, liegt auch eine Rodung dieses Feldgehölzes vor. Diese Rodung stellt einem Eingriff in Natur und Landschaft i.S.d. § 14 Abs. 1 BNatSchG dar, weil eine Veränderung der Gestalt von Grundflächen vorgenommen wurde, die nach der naturschutzfachlichen Stellungnahme des Beklagten die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts erheblich beeinträchtigt. Die persönliche Einschätzung des Klägers ist nicht geeignet, die fachliche Beurteilung der Naturschutzfachkraft der Beklagten in Zweifel zu ziehen.
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cc) Der Kläger kann sich für die vorgenommene Rodung auch nicht auf die Ausnahmeregelung des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 BayNatSchG stützen, da es sich nicht um bestandserhaltende Pflegemaßnahmen (Nr. 1 und 2) gehandelt hat. Eine Maßnahme zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit öffentlicher Verkehrswege ist ebenfalls offensichtlich nicht gegeben (Nr. 3).
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dd) Ebenso liegt keine zugelassene Ausnahme i.S.d. Art. 23 Abs. 3 BayNatSchG vor. Eine solche kann nur auf Antrag erteilt werden, an dem es im vorliegenden Fall jedoch bereits fehlt. Zwar hat sich der Kläger in seiner E-Mail vom 28. Februar 2023 bereit erklärt, an einer anderen Stelle auf seinem Grundstück fünf „Haselnussboschen“ zu pflanzen, wenn darauf Wert gelegt werde. Ein solches „Angebot“ erweist sich jedoch als nicht ausreichend für einen Ausnahmeantrag nach Art. 23 Abs. 3 BayNatSchG (vgl. Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt/Mühlbauer, Naturschutzrecht in Bayern, 36. EL August 2014, Art. 23 Rn. 40).
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ee) Entgegen der Ansicht des Klägers greift auch nicht die Vorschrift des Art. 6 Abs. 4 Satz 1 BayNatSchG. Hiernach ist eine landwirtschaftliche Bodennutzung nicht als Eingriff anzusehen, soweit dabei die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege berücksichtigt werden. Diese Vorschrift will lediglich die tägliche Wirtschaftsweise des Landwirts von naturschutzrechtlichen Anordnungen freistellen. Maßnahmen, die nur mittelbar der Gewinnung landwirtschaftlicher Erzeugnisse dienen, fallen hingegen nicht darunter, wie beispielsweise der Bau eines Weges oder die Umwandlung bisher nicht genutzter Flächen in landwirtschaftliche Flächen (vgl. Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt/Mühlbauer, Naturschutzrecht in Bayern, 40. AL Januar 2017, Art. 6 Rn. 22). Die teilweise Beseitigung der Geländeerhöhung samt Feldgehölz stellt eindeutig keine landwirtschaftliche Bodennutzung dar, da sie zur Herstellung einer Zufahrt zum Grundstück erfolgt ist und damit nicht unmittelbar der Gewinnung landwirtschaftlicher Erzeugnisse dient.
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Der Kläger trägt weiter vor, er beabsichtige den Bau eines baurechtlich verfahrensfreien Stadels, weshalb eine Zufahrt im nördlichen Bereich des Grundstücks benötigt werde. Der Bau des Stadels, dessen baurechtliche Verfahrensfreiheit im Übrigen noch nicht abschließend geklärt ist, entbindet den Kläger allerdings nicht davon, andere öffentlich-rechtliche Rechtsvorschriften, wie die des Naturschutzes, einzuhalten.
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b) Art. 16 Abs. 2 BayNatSchG verweist bezüglich der möglichen Folgen eines Verstoßes gegen Art. 16 Abs. 1 BayNatSchG auf die Bestimmung zur naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung in § 17 Abs. 8 BNatSchG. Danach sollen, wenn ein Eingriff nicht auf andere Weise auszugleichen ist, dieser aber gleichwohl durchgeführt wird, entweder Maßnahmen nach § 15 BNatSchG oder die Wiederherstellung des früheren Zustandes angeordnet werden. Mit der Verwendung des Wortes „soll“ gibt der Gesetzgeber zu erkennen, dass im Regelfall eine Anordnung getroffen werden muss und nur in Ausnahmefällen der Behörde ein Ermessensspielraum eröffnet wird (vgl. VG Ansbach, U.v. 20.3.2013 – AN 11 K 12.00109 – juris Rn. 25). Der Eingriff muss jedoch aus materiellen Gründen dem Gesetz widersprechen, da eine rein formelle Illegalität nicht ausreicht (vgl. Fischer-Hüftle in Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 2. Aufl., § 17 Rn. 49). Anordnungen scheiden daher aus, wenn eine nachträgliche Legalisierung der Rodung in Betracht käme. Eine solche kommt hier jedoch nicht in Betracht.
41
aa) Vorliegend ist der gerodete Teil des Feldgehölzes ausweislich der Biotopkartierung Bayern Bestandteil des Biotops ...-.... Nach Art. 16 Abs. 2 i.V.m. Art. 23 Abs. 3 BayNatSchG kann für eine Maßnahme eine Ausnahme zugelassen werden, wenn die Beeinträchtigungen ausgeglichen werden können oder die Maßnahme aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig ist. Diese Anforderungen sind vorliegend jedoch nicht erfüllt.
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(1) Da der Kläger den Wall beseitigt hat, um selbst einen Zugang zu seinem Grundstück zu erhalten, ist nicht ersichtlich, inwieweit die Maßnahme aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig gewesen sein sollte.
43
(2) Auch Ausgleichsmaßnahmen sind nicht möglich. Hinsichtlich der Anforderungen an eine Ausgleichung gelten die Grundsätze des § 15 BNatSchG. Ausgleichsmaßnahmen liegen nach § 15 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG vor, wenn und sobald die beeinträchtigenden Funktionen des Naturhaushalts in gleichartiger Weise wiederhergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wiederhergestellt oder neu gestaltet ist. Die Maßnahme müsste so beschaffen sein, dass in dem betroffenen Natur- bzw. Landschaftsraum ein Zustand herbeigeführt wird, der den früheren Zustand in der gleichen Art und mit der gleichen Wirkung fortführt (vgl. P. Fischer-Hüftle in Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 2. Aufl. § 17 Rn. 49). Erforderlich ist demnach die Schaffung eines gleichartigen Biotops vom selben Typ, das in der spezifischen Standorteigenschaft und der Flächenausdehnung mit dem zerstörten oder beeinträchtigten Biotop im Wesentlichen übereinstimmt (vgl. Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt/ Mühlbauer, Naturschutzrecht in Bayern, 48. AL Mai 2021, Art. 23 Rn. 33). Der Stellungnahme der Fachkraft für Naturschutz und Landschaftspflege zufolge erfüllt das biotopkartierte Feldgehölz zahlreiche ökologische Funktionen und zählt zu den besonders erhaltenswerten Landschaftselementen. Da die Wirksamkeit eines Feldgehölzes mit steigender Größe zunehme, sei die ökologische Funktion des momentan abgetrennten östlichen Teils zusätzlich beeinträchtigt. Außerdem sichere das Feldgehölz natürliche Geländekanten und Hangbereiche, da es Schutz vor Wasser- und Winderosionen biete. Die fachliche Einschätzung der Fachkraft für Naturschutz und die Beurteilung der Beklagten, dass der Wall samt dem Feldgehölz in Lage und Qualität in den Zustand vor dem Eingriff wiederherzustellen ist und Ausgleichsmaßnahmen nicht möglich sind, hat der Kläger nicht substantiiert in Zweifel ziehen können. Der auf einer Breite von sieben Metern gerodete Feldgehölzstreifen war Bestandteil eines längeren Walls. Die durch diese Vernetzung entstandenen Funktionen als Lebensraum für Tiere, Deckungsort, Nahrungsraum und Überwinterungsort wurden erheblich beeinträchtigt. Ein hinreichender Ausgleich, der der dortigen Standorteigenschaft und Flächenausdehnung entsprechen würde, ist nicht ersichtlich.
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bb) Die Anordnung der Wiederherstellung des früheren Zustandes ist auch nicht ermessensfehlerhaft.
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Bei der Anordnung von Maßnahmen nach § 17 Abs. 8 BNatSchG hat die Behörde grundsätzlich die Wahl, ob sie sich für Kompensationsmaßnahmen nach § 15 BNatSchG oder für die Anordnung der Wiederherstellung entscheidet. Eine feste Rangfolge der aufgeführten Optionen gibt es nicht. Bei der Auswahl sind in erster Linie die Erfordernisse des Naturschutzes und der Landschaftspflege maßgebend. Die Wiederherstellung des früheren Zustands ist jedoch im Sinne des Prinzips der Erhaltung des Status quo primäres Instrument zur Beseitigung der Folgen eines illegalen Eingriffs. Ist sie tatsächlich möglich und erfordert einen verhältnismäßigen Aufwand, kann der Betroffene nicht einwenden, dass Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen billiger wären. Lediglich wenn die Wiederherstellung nicht sachgerecht ist, weil sie zum Beispiel die eingetretene Beeinträchtigung vergrößern würde, sind Kompensationsmaßnahmen vorzuziehen (vgl. Fischer-Hüftle in Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 2. Aufl., § 17 Rn. 52). Es ist nicht erkennbar, dass ein Wiederherstellen des Walls und eine Neubepflanzung mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wären. Das Wiederherstellen des ursprünglichen Zustandes führt voraussichtlich am effektivsten zur Wiederherstellung der ursprünglichen ökologischen Funktionen. Dabei ist die Wiederherstellung auch nicht gleichbedeutend mit „authentischer Rekonstruktion“. Sie bezieht sich vielmehr auf die Funktion des betroffenen Teiles von Natur und Landschaft, mit dem Ziel der Wiedergutmachung einer Beeinträchtigung im Rahmen des praktisch Möglichen (vgl. Fischer-Hüftle in Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 2. Aufl., § 17 Rn. 54).
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c) Die Anordnung erweist sich auch als verhältnismäßig. Die Wiederherstellung des Walls und dessen Bepflanzung mit vier Haselnusssträuchern, vier Blutroten Hartriegeln und zwei Eingriffeligen Weißdorn erweist sich als erforderlich und angemessen. Den in der Akte enthaltenen Bildern ist zu entnehmen, dass auf dem gerodeten Bereich aller Voraussicht nach mehr Pflanzen vorhanden gewesen sind, weshalb der Umfang der angeordneten Bepflanzung nicht unverhältnismäßig ist. Der Wildschutzzaun ist im Hinblick auf die effektive Wiederbepflanzung zweckmäßig, da durch diesen Wildbiss vorgebeugt werden kann, zumal der Kläger das Grundstück auch als Weide nutzt bzw. nutzen will. Im Ergebnis stellt sich der durch die Anordnung erfolgende Eingriff in das Eigentum des Klägers als eher gering dar. Eine Zufahrt zum Grundstück erfolgte bisher über die ...straße, weshalb davon auszugehen ist, dass dies auch in Zukunft möglich ist. Somit wird der Kläger durch die Wiederherstellung des Walls nicht in der von ihm bezweckten landwirtschaftlichen Nutzung seines Grundstücks gehindert. Im Hinblick auf die mittlerweile erfolgte, unzulässige Errichtung eines Zauns und mit Kies befestigter Parkplätze im Bereich des wiederherzustellenden Walls macht der in den ungenehmigten Eingriff investierte Aufwand die Anordnung nicht unzumutbar bzw. unverhältnismäßig (vgl. Fischer-Hüftle in Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 2. Aufl., § 17 Rn. 58). Diesbezüglich ist der Kläger nicht schutzbedürftig, da er in Kenntnis der sofort vollziehbaren Anordnung zur Wiederherstellung die Umsetzung seines Vorhabens fortgesetzt hat. Ein derartiger Aufwand oder eine Kostenlast, die die Wiederherstellung des Walls unverhältnismäßig erscheinen lassen würden, hat der Kläger im Übrigen nicht vorgebracht und sind für das Gericht auch nicht ersichtlich. Soweit sich der Kläger auf das für den ...weg eingeräumte Wege- und Fahrtrecht beruft, für dies zu keiner anderen Beurteilung. So wird ihm zwar das Recht gegeben, auf dem ...weg zu gehen und zu fahren. Jedoch beinhaltet diese Grunddienstbarkeit nicht den Anspruch auf Schaffung eines Zugangs vom ...weg auf das Grundstück des Klägers.
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d) Die Anordnung erweist sich auch im Hinblick auf die im Schriftsatz vom 24. Januar 2024 erfolgte Anpassung der Ziffer 1.1 des Bescheids als rechtmäßig. Diese stellt lediglich eine Konkretisierung der Wiederherstellungsmaßnahmen als Reaktion auf die vom Kläger während des Klageverfahrens weiter vorgenommene Abtragung des Walls dar. Mit dieser wird lediglich den vom Kläger selbst veränderten Umständen Rechnung getragen, weshalb es sich nicht um eine eigenständige Anordnung handelt.
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e) Die in Nr. 3. ausgesprochene Zwangsgeldandrohung im Falle der Nichterfüllung oder der nicht vollständigen Erfüllung der in Nr. 1 getroffenen Anordnungen begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
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Die Zwangsgeldandrohung findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 29 Abs. 1, Abs. 2, 30, 31 und 36 VwZVG. Die Höhe des Zwangsgelds hält sich im gesetzlich eröffneten Rahmen von Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG, wonach das Zwangsgeld mindestens 15 und höchstens 50.000,00 EUR beträgt. Mit der für sofort vollziehbar erklärten Nr. 1 des Bescheids vom 10. Mai 2023 liegt auch ein nach Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG vollstreckbarer Verwaltungsakt vor. Die Bestimmtheit der Zwangsgeldandrohung ist ebenfalls gewahrt, da hinsichtlich der jeweiligen Pflichten des Klägers Zwangsgelder in unterschiedlicher Höhe angedroht wurden. Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes ist unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung und der Dringlichkeit der zu erfüllenden Pflichten als angemessen zu betrachten.
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Nach allem war die Klage daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Als im Verfahren unterlegen hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).